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1 500 Jahre Johannes Calvin – Leben und Werk eines europäischen Reformators Der junge Johannes Calvin (1509-1564)

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500 Jahre Johannes Calvin – Leben und Werk eines europäischen Reformators

Der junge Johannes Calvin (1509-1564)

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1. Kindheit und Studium

Johannes Calvin wurde am 10. Juli 1509 im nordfranzösischen Noyon geboren. Sein VaterVater, Gérard Cauvin, stammte aus bescheidenen Verhältnissen. Er arbeitete sich hoch und wurde apostolischer Notar des Domkapitels in Noyon. Später war er Steuerverwalter der Grafschaft Vermandois und schließlich Sekretär des Bistums und Kirchenanwalt des Domkapitels. Calvins Mutter, Jeanne Le Franc, starb schon sehr früh – Calvin war damals 5 oder 6 Jahre alt.Die Eltern hatten vier Söhne. Der älteste, Charles, starb 1537. Ein jüngerer Bruder Calvins, François, wurde wahrscheinlich nur wenige Jahre alt. Der andere Bruder, Antoine, lebte später mit Calvin in Genf – ebenso Marie, eine der beiden Schwestern aus der zweiten Ehe des Vaters.

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1. Kindheit und Studium

Calvins Elternhaus in Noyon, 1927-30 rekonstruiert. Heute Calvin-Museum

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1. Kindheit und Studium

Calvin war von Natur aus eher schüchtern, zurückhaltend und von gebrechlicher Gesundheit. Sein Vater erkannte aber früh die intellektuelle Begabung des Sohnes und besorgte seinem Sohn mehrere kirchliche Pfründen. Calvin erhielt die Erträge aus den dazugehörigen Ländereien und konnte dadurch sein Studium finanzieren.

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1. Kindheit und Studium

In Paris absolvierte Calvin das Grundstudium der freien Künste. Danach sollte das Studium der Theologie folgen, aber Calvins Vater hielt die Rechtswissenschaft für aussichtsreicher und schickte seinen Sohn 1528 an die Hochschulen von Orléans und Bourges. Als Calvins Vater 1531 starb, ging Calvin erneut nach Paris, um sich dort der Theologie und humanisti-schen Studien zu widmen.

Paris 1550

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1. Kindheit und Studium

»So sehr ich dem Willen meines Vaters »So sehr ich dem Willen meines Vaters gehorsam war und versuchte, mich treu dem gehorsam war und versuchte, mich treu dem Studium der Rechte zu widmen, so hat doch Studium der Rechte zu widmen, so hat doch Gott schließlich durch den verborgenen Gott schließlich durch den verborgenen Zügel seiner Vorsehung meinen Weg in eine Zügel seiner Vorsehung meinen Weg in eine andere Richtung gelenkt.« andere Richtung gelenkt.« (Calvin im Vorwort zu seinem Psalmenkommentar 1557)

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2. Durchbruch zur Reformation

Schon früh hatte Calvin Zweifel, ob er mit seinem altherge-brachten Glauben vor Gott bestehen könne. Als sein Vater 1531 starb, erlebte Calvin, wie gnadenlos die römische Kirche sein konnte: Wegen einer ungeklärten Erbschaftsfrage war über den Vater der kleine Kirchenbann verhängt worden; er sollte des-wegen nicht kirchlich beerdigt werden. Auch Calvins Bruder Charles, der Priester war, geriet in Konflikt mit den kirchlichen Behörden und starb 1537 als Exkommunizierter. Bibliothek der Kathe- drale von Noyon

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2. Durchbruch zur Reformation

Calvin selbst geriet erstmals in Gefahr, als er 1533 in Paris die SemestereröffnungsredeSemestereröffnungsrede des Universitätsrektors Nicolas Cop mitverfasste. Wegen der darin erkennbaren Sympathien für die Reformation wurde Cop angeklagt und musste fliehen. Auch Calvin sah sich genötigt, Paris vorerst zu verlassen. Er floh zu seinem Freund Louis du Tillet nach Angoulême; dort wandte er sich dem humanistischen Studium der Bibel zu und las reforma-torische Schriften. Er brach mit seiner Heimatkirche und verzichtete im Mai 1534 auf seine kirchlichen Pfründen. Cop-Rede in der Abschrift Calvins

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2. Durchbruch zur Reformation

Reste der Kirche Mathurins, wo Cop 1533 seine Rede hielt

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2. Durchbruch zur Reformation

Ende 1534 musste Calvin Frankreich verlassen. Denn in Paris waren PlakatePlakate gegen die römische Messe erschienen, die sogar im Schlafgemach des Königs auftauchten. Margarete von Na-varra, die mit der Reformation sympathisierte, hatte bis dahin mäßigenden Einfluss auf ihren Bruder, König Franz I., ausgeübt, doch nach der Plakataffäre gab der König das Signal zur Verfolgung der Protestan-ten. Calvin floh nach Basel und war im Mai 1536 das letzte Mal in seiner Heimat. Franz I. und seine Schwester Margarethe 1511

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2. Durchbruch zur Reformation

»Zuerst war ich dem Aberglauben des »Zuerst war ich dem Aberglauben des Papsttums so hartnäckig erlegen, dass es Papsttums so hartnäckig erlegen, dass es nicht leicht war, mich aus diesem tiefen nicht leicht war, mich aus diesem tiefen Sumpf herauszuziehen. Darum hat Gott Sumpf herauszuziehen. Darum hat Gott mein junges, aber schon verstocktes Herz mein junges, aber schon verstocktes Herz durch eine unerwartete Bekehrung gefügig durch eine unerwartete Bekehrung gefügig und gelehrig gemacht.« und gelehrig gemacht.« (Calvin im Vorwort zu seinem Psalmenkommentar 1557)

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3. Anfänge in Genf

Alban-Vorstadt (hier lebte Calvin 1536) in Basel 1550

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3. Anfänge in Genf

Bei seiner Rückreise von Noyon nach Straßburg wurde Calvin 1536 durch den Krieg zwischen Franz I. und Kaiser Karl V. ge-zwungen, über Genf zu reisen. Dort erfuhr der Reformator Wil-helm Farel von Calvins Aufenthalt und beschwor ihn, an den Reformen in Genf mitzuarbeiten. Cal-vin erklärte sich wider-strebend bereit und über-nahm die neutestamentli-chen Vorlesungen am Collège.Farel beschwört Calvin

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3. Anfänge in Genf

Genf 1550

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3. Anfänge in Genf

Als Calvin und Farel alle Genfer Bürger per EidEid auf ein Glau-bensbekenntnis verpflichten wollten, um zu zeigen, dass die Genfer den alten Glauben abgelegt hatten, erhob sich Wider-stand. Auch die von Farel und Calvin vorgesehene gemeind-liche Selbstdisziplinierung (Kirchenzucht) wurde vom Genfer Rat zugunsten einer städtischen Sittenzucht abgelehnt. Ende 1537 unternahm der Genfer Rat auf Druck Farels und Calvins einen erneuten Versuch, das Glaubensbekenntnis durchzuset-zen. Das Anliegen fand jedoch nicht genügend Rückhalt in der Bevölkerung. Zudem verbot der Genfer Rat, Gemeindeglieder im Rahmen der Kirchenzucht vom Abendmahl auszuschließen. Diese Querelen führten dazu, dass die Reformgegner im Febru-ar 1538 bei den jährlichen Ratswahlen die Mehrheit erlangten.

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3. Anfänge in Genf

Der neue Rat beschloss auf Druck Berns und ohne Rücksprache mit den Pfarrern die Angleichung der Kirchenordnung an die Berner Vorlage. Calvin und Farel bestanden jedoch auf der Un-abhängigkeit der Kirche vom Stadtrat; sie weigerten sich, das Abendmahl in der Kirche St. Pierre nach Berner Ritus auszutei-len, wurden daraufhin per Rats-beschluss ihres Amtes enthoben und mussten innerhalb von drei Tagen die Stadt verlassen. Ver-mittlungsversuche scheiterten. Farel ging nach Neuchâtel, Cal-vin nach Basel, um dort als Pri-vatgelehrter zu arbeiten.

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3. Anfänge in Genf

Kathedrale St. Pierre in Genf

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3. Anfänge in Genf

Farel und Calvin auf dem Reformationsdenkmal in Genf

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4. Straßburger Lehrjahre

In Basel hatte Calvin nicht lange seine Ruhe. Der oberdeutsche Reformator Martin Bucer drängte ihn 1538, das Pfarramt der französischen Flüchtlingsgemeinde in Straßburg zu überneh-men. Zugleich wurde Calvin an der Hohen Schule Professor für Biblische Theologie. Eine Fruchtseiner Vorlesungen war der Rö-merbriefkommentar von 1539. Und auch sein dogmatisches Hauptwerk, die Institutio, wuchs zu einem richtigen Lehrbuch heran.

Martin Bucer

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4. Straßburger Lehrjahre

Kirche Saint-Nicolas in Straßburg, wo Calvin von 1538-41 Pfarrer der franz. Flüchtlingsgemeinde war.

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4. Straßburger Lehrjahre

Calvin lernte viel von Bucer und wurde an dessen Seite zum eu-ropäischen Reformator. Bucer beteiligte ihn an den Religions-gesprächen mit römischen Theologen in Hagenau, Worms und Regensburg (1540/41) und machte ihn mit deutschen Reformatoren bekannt. 1539 reiste Calvin mit ihm nach Frankfurta. M., um die versammelten deutschen Fürsten auf die Verfolgungen in Frank-reich aufmerksam zu machen. Dort lernte er Philipp Melanchthon kennen, den eng-sten Mitarbeiter Luthers, und schloss mit ihm Freundschaft. Philipp Melanchthon

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4. Straßburger Lehrjahre

Auch persönlich fand Calvin in der Straßburger Zeit sein Glück. Durch die Vermittlung Bucers heiratete er 1540 die junge Witwe Idelette de Bure. Idelette brachte zwei Kinder mit in die Ehe. Das einzige gemeinsame Kind Jacques lebte nur wenige Wochen und starb 1542 in Genf. Idelette selbst starb nach längerer Krankheit 1549 in Genf.

Idelette de Bure

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4. Straßburger Lehrjahre

Calvin & Idelette

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4. Straßburger Lehrjahre

»Genommen ist mir die beste Lebensge-»Genommen ist mir die beste Lebensge-fährtin. Wäre mir etwas Schlimmes fährtin. Wäre mir etwas Schlimmes widerfahren, sie hätte nicht nur willig widerfahren, sie hätte nicht nur willig Verbannung und Armut mit mir geteilt, Verbannung und Armut mit mir geteilt, sondern auch den Tod. Solange sie lebte, sondern auch den Tod. Solange sie lebte, war sie mir eine treue Helferin in meinem war sie mir eine treue Helferin in meinem Amt.« Amt.« (Calvin nach dem Tod seiner Frau 1549) (Calvin nach dem Tod seiner Frau 1549)

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Mit den Erfahrungen aus Straßburg ging Calvin 1541 an die Neuordnung der Genfer Kirche. Er reformierte den Gottesdienst und führte den Psalmengesang ein. Außerdem schuf er eine Kirchenordnung, in der die Gemeindeleitung auf vier biblisch begründete Ämter verteilt wurde: PastorenPastoren

LehrerLehrer

ÄltesteÄlteste

DiakoneDiakone

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Die PastorenPastoren und LehrerLehrer kamen wöchentlich in der Congréga-tion zusammen, um über Fragen von Bibel und Lehre zu dis-kutieren. Im Anschluss daran tagte unter dem Vorsitz Calvins der Pfarrkonvent (Compagnie des pasteurs), bei der die Pfarrer die laufenden Angelegenheiten besprachen.

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Die DiakoneDiakone übernahmen die Verwaltung der Armenkasse bzw. kümmerten sich um die Speisung und Pflege der Bedürftigen und Kranken.

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Zudem wurde ein KonsistoriumKonsistorium geschaffen, ein zentrales Beratungsgremium, das wöchentlich unter der Leitung eines Bürgermeisters tagte. Es bestand aus zwölf Ratsherren (ÄltesteÄlteste) sowie den Pastoren. Das Konsistorium sollte Bürger, die vom Weg eines christlichen Lebens abgekommen waren, zurück-bringen. Sie taten dies durch Anhörung und gütliche Ermah-nung sowie – in seltenen Fällen – durch zeitweiligen Ausschluss vom Abendmahl. In den weltlichen Machtbereich und in die Gerichts-barkeit durfte das Konsistorium nicht eingreifen.

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

»Einige behaupten, es müsse in der Kirche »Einige behaupten, es müsse in der Kirche Gottes eine solche Vollkommenheit herr-Gottes eine solche Vollkommenheit herr-schen, sodass eigentlich gar keine Ordnun-schen, sodass eigentlich gar keine Ordnun-gen und Gesetze mehr nötig wären. Aber die gen und Gesetze mehr nötig wären. Aber die Vorstellung einer solchen Vollkommenheit ist Vorstellung einer solchen Vollkommenheit ist töricht, da sie niemals in der Gemeinschaft töricht, da sie niemals in der Gemeinschaft von Menschen zu finden ist.« von Menschen zu finden ist.« (Institutio IV, 20,2)(Institutio IV, 20,2)

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Die Frage des AbendmahlsausschlussesAbendmahlsausschlusses führte immer wieder zu Spannungen. Calvin wollte keine Einmischung der politischen Behörden in kirchliche Entscheidungen. Der Genfer Rat wollte jedoch die Kontrolle über diese Vorgänge behalten. Als der in Genf angesehene Philibert Berthelier 1552 vom Abend-mahl ausgeschlossen wurde,hob der Rat den Beschluss des Konsistoriums 1553 auf. Calvin drohte damit, Genf erneut zu verlassen, konnte sich aber schließlich durch-setzen.

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5. Neuordnung der Genfer Kirche

Ort, wo in Genf Calvin Pfarrhaus stand

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6. Die Institutio

Nach seiner Flucht aus Frankreich verfasste Calvin 1535/36 in Basel eine Verteidigung des evangelischen Glaubens. Seine Absicht war es, die gefangenen, verbannten und ermor-deten französischen Protestanten gegenüber dem Vorwurf zu recht-fertigen, sie seien gefährliche Auf-rührer. Zu diesem Zweck schrieb er die »Institutio Christianae Religionis« (Unterricht in der christlichen Religion).

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6. Die Institutio

Dem Werk war eine Vorrede an König Franz I. vorangestellt. Calvin hoffte, den König von einer Duldung der Protestanten überzeugen zu können. Dieser hat die Vorrede aber wahrscheinlich nie gele-sen. Die Institutio wurde in Frankreich verboten und im Februar 1544 in Parisverbrannt.

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6. Die Institutio

Zunächst war die 1536 in Basel gedruckte Institutio nur ein kleines Handbuch. Mit den späteren Auflagen wuchs die Institutio zu Calvins Hauptwerk heran. Sie enthielt eine systematische Zusammenstellung seiner Lehre und war zugleich eine Anleitung zum christlichen Leben. 1541 übersetzte Calvin das lateinische Werk erstmals ins Französische. Die Endfassung gab Calvin 1559 in den Druck. Die Institutio wurde ein Bestseller. Sie machte Calvin zu einem der meistgelesenen Autoren des 16. Jahrhunderts. Bis 1599 er-schienen 52 Ausgaben, darunter Übersetzungen ins Französi-sche, Italienische, Niederländische, Englische, Deutsche und Spanische. Außerdem hat Calvin fast alle biblischen Bücher kommentiert (bis auf Offenbarung und Hohelied)

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6. Die Institutio

Heute ist die Institutio in min-destens 14 Sprachen übersetzt und für viele Reformierte eines der grundlegenden Werke ihrer Tradition. Wegen ihres klaren Stils wird sie aber auch außerhalb des reformierten Protestantismus geschätzt.

niederländische Übersetzung der Institutio

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6. Die Institutio

»Die ganze Summe unserer Weisheit, soweit »Die ganze Summe unserer Weisheit, soweit man sie als wahr und fest ansehen darf, man sie als wahr und fest ansehen darf, besteht in zwei Stücken, nämlich in der besteht in zwei Stücken, nämlich in der Erkenntnis Gottes und unserer selbst.« Erkenntnis Gottes und unserer selbst.« (Institutio I,1,1)(Institutio I,1,1)

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7. Abendmahlsstreit

Luther und Zwingli hatten sich 1529 nicht auf ein gemeinsames Abendmahlsverständnis einigen können. Seitdem gab es einen Dissens zwischen den Wittenberger und den Schweizer Theo-logen. Calvins Lehrer Bucer hatte versucht, zwischen den beiden Positionen zu vermitteln. Auch Calvin war der Auffas-sung, dass die Unterschiede nicht kirchentrennend waren.

Zwingli Luther

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7. Abendmahlsstreit

Mit Melanchthon hatte er sich deshalb 1539 in der Abendmahls-frage verständigt. Und auch mit dem Nachfolger Zwinglis in Zürich, Bullinger, kam eine Verständigung zustande. Beide unterzeichneten 1549 in Zürich den Consensus Consensus TigurinusTigurinus. Diese Übereinkunft in der Abendmahlsfrage legte den Grund-stein für die reformierte Konfession.

Consensus Tigurinus

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7. Abendmahlsstreit

»Das Brot wird uns zum Zeichen und Pfand »Das Brot wird uns zum Zeichen und Pfand der Gemeinschaft, die wir mit Christus der Gemeinschaft, die wir mit Christus haben, dargereicht. Aber das ist trotzdem ein haben, dargereicht. Aber das ist trotzdem ein Zeichen und nicht die Sache selbst, noch ist Zeichen und nicht die Sache selbst, noch ist diese Sache dem Zeichen eingeschlossen diese Sache dem Zeichen eingeschlossen oder ihm angeheftet. Wer denkt, dass oder ihm angeheftet. Wer denkt, dass Christus im Brot anzubeten sei, der macht Christus im Brot anzubeten sei, der macht daraus einen Götzen.« daraus einen Götzen.« (Consensus Tigurinus, 1549)(Consensus Tigurinus, 1549)

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7. Abendmahlsstreit

Durch den Consensus Tigurinus wurden die Gräben zu den Lutheranern weiter aufgerissen. Denn Luthers Vorstellungen von der Präsenz Christi im Abendmahl wurden deutlich zurückgewiesen. Der Hamburger Theologe Joachim WestphalJoachim Westphal nahm dies zum Anlass, den Schweizern 1552 eine wider-sprüchliche und schwärmerische Abendmahlslehre vorzu-werfen. Calvin weigerte sich zunächst, darauf zu antworten. 1554 aber wurden Calvins Anhänger unter der katholischen Königin Maria I. (Bloody Mary) aus England vertrieben. Im lutherischen Dänemark und in einzelnen norddeutschen Städten wurden die Flüchtlinge aufgrund ihres reformierten Abend-mahlsverständnisses nicht aufgenommen.

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7. Abendmahlsstreit

Joachim Westphal (1510-1574)

Maria I. Tudor (1516-1558) war von 1553 bis 1558 Königin von England und Irland.

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7. Abendmahlsstreit

Calvin war empört über diese innerprotestantische Ent-solidarisierung und griff zur Feder. Daraufhin kam es zum zweiten Abendmahlsstreitzweiten Abendmahlsstreit, in dem der Ton auf beiden Seiten immer unversöhnlicher wurde. Melanchthon, der in eigenen Reihen als Kryptocalvinist verdächtigt wurde, hielt sich zur Enttäuschung Calvins lange zurück. Als Calvin 1556 in Frankfurt weilte, wurde ihm aufgrund der Auseinander-setzungen von lutherischer Seite das Gespräch verweigert.

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7. Abendmahlsstreit

»Von der Grausamkeit der Dänen zu »Von der Grausamkeit der Dänen zu erfahren war mir sehr schmerzlich und bitter. erfahren war mir sehr schmerzlich und bitter. Guter Gott, muss denn die Barbarei unter Guter Gott, muss denn die Barbarei unter den Christen sogar die Wut des Meeres den Christen sogar die Wut des Meeres übersteigen?« übersteigen?« (Calvin an a Lasco, 1554)(Calvin an a Lasco, 1554)

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8. Prädestinationslehre

Die PrädestinationslehrePrädestinationslehre ist Calvins Antwort auf Luthers Frage, wie der Mensch vor Gott gerecht wird. Zusammen mit Luther stellte Calvin fest, dass das Heil eines Menschen allein in Gottes Gnade stehe und der Mensch selbst dazu nichts beitragen könne. Gott habe einige vor aller Zeit zum Heil erwählt; und auch die schlimmste Verfolgung könne diese Gnade nicht ungültig machen. Für die verfolgten Protestanten wurde diese Lehre von der Prädestination (Erwählung) zu einem Fundament des Trostes im Leben und im Sterben. Auf Schwierigkeiten stieß Calvin bei der Frage, ob es auch zu Gottes Ratschluss gehöre, einige Menschen nicht zu erwählen. Calvin bejahte diese Frage, denn für ihn lag dieser »furchtbare Ratschluss« in der Konsequenz der unbedingten Freiheit Gottes.

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8. Prädestinationslehre

Wie funktioniert die Prädestinationslehre Calvins?Worauf gibt die Prädestinationslehre Antworten?

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8. Prädestinationslehre

Wenn ich ausgewählt werde, bin ich dann ein besserer Mensch?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, der Grund für meine Erwählung ist nicht meine Leistung, sondern Gottes Gnade.

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8. Prädestinationslehre

Wählt Gott gerecht aus?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Ja, Gott ist in seiner Wahl immer gerecht, auch wenn wir Menschen das noch nicht begreifen können.

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8. Prädestinationslehre

Wenn ich nicht erwählt bin, können das dann alle erkennen?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, niemand war bei Gottes Wahl dabei.

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8. Prädestinationslehre

Kann Gott seine Erwählung rückgängig machen?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, einmal erwählt lässt mich Gott nicht mehr fallen.

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8. Prädestinationslehre

Erwählt Gott jemanden nicht, weil er dessen Fehler voraussieht?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, der Grund für Gottes Erwählung ist dem Menschen verborgen.

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8. Prädestinationslehre

Kann ich meine Erwählung erkennen?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, die Erwählung ist nicht zu erkennen.

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8. Prädestinationslehre

Wenn mir etwas misslingt, bin ich dann nicht erwählt?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Nein, das habe ich mit allen Menschen gemeinsam.

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8. Prädestinationslehre

Warum erwählt Gott Menschen?

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8. Prädestinationslehre

Antwort:Weil er sie durch den menschgewordenen Christus liebt.

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8. Prädestinationslehre

»Ziel der Erwählung ist die Heiligung. Dies »Ziel der Erwählung ist die Heiligung. Dies muss uns umso mehr zu einem heiligen muss uns umso mehr zu einem heiligen Leben anspornen, statt uns als Vorwand für Leben anspornen, statt uns als Vorwand für unsere Faulheit zu dienen. (...) Weil wir nicht unsere Faulheit zu dienen. (...) Weil wir nicht wissen, wer erwählt ist und wer nicht, sollen wissen, wer erwählt ist und wer nicht, sollen wir von dem Wunsch geprägt sein, es wir von dem Wunsch geprägt sein, es möchten alle selig werden.« möchten alle selig werden.« (Institutio III, 23,12.14)(Institutio III, 23,12.14)

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9. Der Prozess gegen Servet

Im französischen Vienne lebte der spanische Arzt Michael Servet. Er hatte 1531/32 in Hagenau zwei Bücher gegen die Trinitätslehre veröffentlicht und war vor der Inquisition nach Frankreich geflohen. Dort lebte er unter dem Decknamen Michel de Villeneuve. 1545 nahm er brieflichen Kontakt zu Calvin auf. Der versuchte vergeblich, Servet von sei-nen Anschauungen abzubringen. Servet versah Calvins Institutio mit abfälligen Bemerkungen und schickte ihm das Ma-nuskript seiner »Christianismi Restitutio« (1553). Calvin hielt Servet für unbelehr-bar und brach den Briefkontakt ab. Servet

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9. Der Prozess gegen Servet

1553 wurden in Vienne fünf Berner Studenten wegen ihres reformierten Glaubens hingerichtet. Das empörte den Genfer Guillaume de Trie sehr. Er schrieb sei-nem katholischen Vetter in Lyon, dass in Vienne ein Arzt namens Villeneuve ungehindert Ketzereien veröffentlichen könne. Der Vetter wandte sich sofort an den Großinquisitor Matthieu Ory und erbat von De Trie Beweise, die Calvin ihm widerwillig gab. Servet wurde angeklagt, konnte aber fliehen und wurde in Vienne in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

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9. Der Prozess gegen Servet

Vier Wochen später erschien Servet in Genf. Er wurde erkannt und von Calvin wegen Ketzerei angezeigt. Im Prozess lieferte Calvin der Anklage die Beweise. Servet glaubte sich durch Cal-vins Gegner unterstützt und forderte seinerseits die Verhaftung Calvins. Doch der tatsächlich mehrheitlich von Calvin-Gegnern besetzte Rat holte auswärtige Gutachten ein und verur-teilte Servet daraufhin zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Servets Kritik ander Trinitätslehre und der Kindertaufe wurde als Gefahr für die christliche Gesellschaft eingestuft.

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9. Der Prozess gegen Servet

»Ich hoffe, dass das Urteil auf Todesstrafe »Ich hoffe, dass das Urteil auf Todesstrafe ausfällt; aber mein Wunsch ist, dass die ausfällt; aber mein Wunsch ist, dass die Grausamkeit des Strafvollzugs gemildert Grausamkeit des Strafvollzugs gemildert wird.« wird.« (Calvin an Farel 1553)(Calvin an Farel 1553)

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9. Der Prozess gegen Servet

Im Fall Servet trägt Calvin Mitverantwortung für die Verfol-gung eines sog. Ketzers, obwohl er wusste, dass seine eigenen Anhänger in Frankreich unter dem zweifelhaften Vorwurf der Ketzerei hingerichtet wurden. Calvin aber beharrte darauf, dass auch auf evangeli-scher Seite nicht jede Ketzerei ungestraft geduldet werden dürfe.

Hinrichtung von franz. Hugenotten in Amboise 1560

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10. Letzte Jahre und Tod

Durch den Zustrom von französischen FlüchtlingenFlüchtlingen war die Genfer Einwohnerzahl von 1535 bis 1562 um das Doppelte, d.h. auf 22.000 angewachsen. Soziale Spannungen, Konkurrenz im Geschäftsleben und Verteuerung der Lebensmittel waren die Folge. Zusammen mit dem Genfer Rat versuchte Calvin, die Spannungen einzudämmen. Der Rat erließ Luxusbeschränkungen, verbot Wucherzinsen und ging gegen Trunk- und Spielsucht vor. Zudem setzte sich Calvin für Kleinkredite an Arme ein und verbesserte das Diakoniewesen. Trotzdem führte die starke Zuwanderung bei den Genfern zu einer offenen Fremdenfeindlichkeit, die auch vor Calvin nicht Halt machte.

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10. Letzte Jahre und Tod

Unter der Führung des Generalkapitäns und ersten Bürgermeisters Ami PerrinAmi Perrin bildete sich 1547 eine Opposition Genfer Patrizierfamilien, die gezielt gegen die Beschränkungen verstießen. Die Prediger wurden bedroht, Beschlüsse des Konsistoriums wurden unterlaufen. 1555 verloren die Gegner Calvins jedoch die Mehrheit im Rat. Drei Monate später kam es zu einem nächtlichen Tumult gegen die französischen Zuwanderer, bei dem Perrin zwei Bürgermeistern den Amtsstab entriss. Dies wurde als Hochverrat betrachtet. Acht Beteiligte konnten fliehen (darunter Perrin), vier wurden verurteilt und hingerichtet. Nach diesem Vorfall konnte Calvin seine Vorstellungen zur Unabhängigkeit der Genfer Kirche vom Stadtrat durchsetzen.

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10. Letzte Jahre und Tod

Zu seinem 50. Geburtstag erhielt Calvin 1559 das Genfer Bür-gerrecht. Außerdem gründete er im selben Jahr die Genfer Aka-demie, die schon bald großen Zulauf fand. Bis kurz vor seinem Tod hielt Calvin Predigten und Vorlesungen und veröffentlichte weitere Bibelkommen-tare. Nach längerer Krankheit starb er am 27. Mai 1564 im Altervon 54 Jahren.

Calvins Abschied von den Kollegen, Bürger- meistern, Professoren

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10. Letzte Jahre und Tod

Von Calvin 1559 begründete Genfer Akademie

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10. Letzte Jahre und Tod

Auf eigenen Wunsch wurde Calvin ohne Grabstein beigesetzt.

Heute markiert ein Gedenkstein mit den InitialenJ.C. Calvins Grab in Genf.

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9. Der Prozess gegen Servet

»Meine Fehler haben mir stets missfallen, »Meine Fehler haben mir stets missfallen, und (...) ich bitte euch, mir das Schlechte zu und (...) ich bitte euch, mir das Schlechte zu verzeihen. Wenn es aber Gutes gegeben verzeihen. Wenn es aber Gutes gegeben hat, so richtet Euch danach und befolgt es!« hat, so richtet Euch danach und befolgt es!« (Calvins Abschiedsrede an die Kollegen, (Calvins Abschiedsrede an die Kollegen, kurz vor seinem Tod)kurz vor seinem Tod)

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10. Letzte Jahre und Tod

Ausbreitung des reformierten Pro-testantismus sowie seiner Akademien und Gymnasien amEnde des 16. Jahr-hunderts

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10. Letzte Jahre und Tod

»Kein gräulicheres Schimpfwort finden sie, »Kein gräulicheres Schimpfwort finden sie, um Deine Hoheit, durchlauchtigster Fürst, um Deine Hoheit, durchlauchtigster Fürst, anzugreifen, als die Bezeichnung Calvinis-anzugreifen, als die Bezeichnung Calvinis-mus! Woher dieser bittere Hass gegen mich mus! Woher dieser bittere Hass gegen mich stammt, ist klar zu sehen [nämlich], dass sie stammt, ist klar zu sehen [nämlich], dass sie erzürnt sind, wenn nun dieser Nebel der erzürnt sind, wenn nun dieser Nebel der Unwissenheit, auf den sie sich so sicher und Unwissenheit, auf den sie sich so sicher und vergnügt verließen, durchbrochen wird.« vergnügt verließen, durchbrochen wird.« (Calvin an Kurfürst Friedrich III. 1563) (Calvin an Kurfürst Friedrich III. 1563)

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10. Letzte Jahre und Tod

Junger und alter Calvin

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Bildnachweis

(außer zu den Reproduktionsaufnahmen gemeinfreier Abbildungen):

3. Calvin Museum Noyon – Foto von ›Leo‹ 2007, aus: Picasa-Webalbum7. Bibliothek Noyon, Foto von ›Leo‹ 2007, aus: Picasa-Webalbum9. Kirche Mathurins, Foto Klaus Vogler 200817. St. Pierre Genf, Foto Klaus Vogler 200818. Calvin/Farel, Foto Ian M. Church 2008, aus: http://reformedphilosophy.com20. St. Nikolas, Foto Hans-Peter Scholz 2007, aus: Wikipedia commons31. Calvins Pfarrhaus, Foto Klaus Vogler 200874. Karte, Copyright Ilka Crimi, Garbsen

Junger und alter Calvin