38
1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen Unfallversicherung beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement i.S.d. SGB IX Christoph Matthias Paridon Friedrich-Schiller-Universität Jena 24. April 2007

1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

1

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit

Die Rolle der gesetzlichen Unfallversicherung

beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement i.S.d. SGB

IX

Christoph Matthias Paridon

Friedrich-Schiller-Universität Jena24. April 2007

Page 2: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

2

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Eine Vision?

„Nach Einschätzung des Verbandes der Betriebs- und Werksärzte können in Betrieben, die ein solches Management praktizieren, auf diese Weise bis zu 90 Prozent der chronisch kranken oder behinderten Menschen wieder eingegliedert werden.“  

Markus Kurth MdB24. Oktober 2003

Erste Beratung des „Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen “Bundestags- Plenarprotokoll 15/70, S.6066

Page 3: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

3

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Gliederung

1) Rechtsgrundlagen des Eingliederungsmanagements:

Wer? Wann? Für wen? Mit wem?

2) Wie kann ein Eingliederungsmanagement aussehen?

3) Wie kann das Eingliederungsmanagement im Betrieb installiert werden?

4) Und das alles über die Köpfe der Betroffenen hinweg?

5) Was kann die Unfallversicherung zum Eingliederungsmanagement beitragen?

6) Drei Jahre gesetzliche Verpflichtung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement: Eine Einschätzung

Page 4: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

4

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Rechtsgrundlagen eines betrieblichen EingliederungsmanagementsBetriebliches Eingliederungsmanagement§ 84 Abs. 2 SGB IX

Ziele:

Arbeitsunfähigkeit überwinden

erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugen

Arbeitsplatz erhalten

Hintergrund:

„Win-Win-Situation“ für Beschäftigte, Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger und öffentliche Haushalte

Page 5: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

5

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX

Grundvoraussetzung:

Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten

länger als sechs Wochen

innerhalb eines Jahres

Umstritten, ob abhängig von

(Schwer)Behinderteneigenschaft

gleicher Ursache der Arbeitsunfähigkeit

Page 6: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

6

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX

Weitere Voraussetzungen:

Information des Betroffenen über Ziele und Datenverwendung

Zustimmung des Betroffenen

Vorgehen:

Klärung mit betrieblicher Interessenvertretung (i.d.R. Betriebsrat)

- Und wenn der Betrieb keine Interessenvertretung hat? -

Beteiligung des Betroffenen

keine näheren gesetzlichen Vorgaben

Page 7: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

7

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX

Vorgehen:Klärung mit betrieblicher Interessenvertretung unter Beteiligung des BeschäftigtenUnter weiteren Voraussetzungen werden hinzugezogen:

Schwerbehindertenvertretung

Werks- oder Betriebsarzt

örtliche gemeinsame Servicestelle

Integrationsamt

Page 8: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

8

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX

Schwer-behinderten-vertretung

Betriebs-arzt

Service-stelle

Integrations-amt

Betriebliches Eingliederung

s-management

Arbeitg

eber Betriebsrat

Beschäftigter

Page 9: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

9

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Argwohn und Bedenken auf allen Seiten

Arbeitgeber:

Staatliche Einmischung und gesetzliche Überregulierung!

Bürokratischer Aufwand!

Arbeitnehmer:

„Ich muss mich krank zur Arbeit schleppen!“

Eingliederungsmanagement macht Kündigung „wasserdicht“!

Page 10: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

10

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Was bedeutet Eingliederungsmanagement ?

strukturiertes Vorgehen

generelle Regelung

Zielbestimmung

planmäßige Entscheidungsfindung

Kontrolle der Entscheidungsdurchsetzung

Evaluation

Page 11: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

11

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Schritte eines Eingliederungsmanagements I

Bildung eines Integrationsteams Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsarzt, Personalstelle, Disability Manager, Sicherheitsfachkraft Erfassung der Fehlzeiten durch den ArbeitgeberFrühwarnsystem, Datenschutz Information des Betroffenen durch ArbeitgeberEinladung zu Gespräch; Hinweis auf Freiwilligkeit, Ziele, Datenverwendung; Zustimmung des Betroffenen einholen

Page 12: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

12

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Schritte eines Eingliederungsmanagements II

Strukturiertes Erstgespräch„Runder Tisch“ mit Integrationsteam, auf Wunsch des Betroffenen zuvor Einzelgespräch mit betrieblicher Vertrauensperson Erhebung des Ist-Zustandes; Prognose; Klärung des Unterstützungsbedarfs; Erörterung von pragmatischen Lösungsmöglichkeiten, Festlegung des weiteren Vorgehens (Formulierung von Zielen, Zeitplan)

Umsetzung der vereinbarten Schritte

Weiterführende GesprächeFeststellung der Zielerreichung (Wirksamkeitskontrolle), ggf. Anpassung der Ziele und des Eingliederungsplanes 

Abschluss; EvaluationNachsorge; Qualitätssicherung und - optimierung

Page 13: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

13

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Wie kann ein Eingliederungsmanagement installiert werden?Ziele:

Pragmatische Lösungen statt bürokratische Hürden

Rechtssicherheit

Integrationsvereinbarungzwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung§ 83 Abs. 2a Nr. 5 SGB IX

Betriebsvereinbarungzwischen Arbeitgeber und Betriebsrat

Umstritten, ob Betriebliches Eingliederungsmanagement mitbestimmungspflichtig, mögliche Grundlagen: Gestaltung des betrieblichen Ablaufs (§ 87 Abs. 1 Nr. BetrVG) und Regelung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)

Page 14: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

14

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Und das alles über den Kopf des Betroffenen hinweg?

„mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person“, § 84 SGB IX

Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik:

Von der fremdbestimmten Versorgung zur selbstbestimmten TeilhabeHilfe zur SelbsthilfeStärkung der EigenverantwortungEinbeziehung des Umfeldes

Ansatz der „Salutogenese“Umsetzung in der Behindertenpolitik

Page 15: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

15

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Von der Fremd- zur Selbstbestimmung: Ein Konzept

Salutogenese

Aaron Antonovsky, Medizinsoziologe (1923 – 1994)Zentrale Frage: Was erhält den Menschen gesund?Hoher Stellenwert des Individuums bei Heilungschancen;Kohärenzgefühl bestimmt die Fähigkeit des Individuums, wieder gesund zu werden

Gegenbegriff: PathogeneseGesundheit und Krankheit schließen einander ausEntstehung und Behandlung von KrankheitenErforschung schädigender Lebensbedingungen und krankmachender FaktorenPatient als ObjektPassivität

Page 16: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

16

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Salutogenetische Betrachtung

Alle Menschen sind gleichzeitig mehr oder weniger gesund und mehr oder weniger krank

Gesundheit

Körperliches Wohlbefinden

Gesundheit

Körperliches Wohlbefinden

Krankheit

Körperliches Missempfinden

Krankheit

Körperliches Missempfinden

Kontinuum

Page 17: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

17

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Kohärenzgefühl (sense of coherence)

Gesundheitszustand und Chancen zur Gesundheitsverbesserung sind abhängig von der Grundhaltung des Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben.

Seine Grundeinstellung (kognitiv, affektiv) hat Einfluss darauf, wie vorhandene Ressourcen zum Erhalt ihrer Gesundheit genutzt werden können.

Menschen mit hohem Kohärenzgefühl

1)können psychomentale Beanspruchungen besser

kompensieren

2)mobilisieren vorhandene Ressourcen leichter

3)können leichter für gesundheitsförderliche Verhaltensweisen

gewonnen werden

Page 18: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

18

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Kohärenzgefühl (sense of coherence)

Verstehbarkeitkognitiv

Verstehbarkeitkognitiv

Grundhaltung, die Welt als

zusammenhängend und sinnvoll zu erleben

Grundhaltung, die Welt als

zusammenhängend und sinnvoll zu erleben

SinnhaftigkeitSinnhaftigkeit

Handhabbarkeit/Bewältigbarkeitkognitiv-emotional

Handhabbarkeit/Bewältigbarkeitkognitiv-emotional

Page 19: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

19

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

In der Rehabilitation sind charakteristisch für Menschen mit

hohem Kohärenzgefühl:

Sie sind aktiv handelndes Subjekt des

Rehabilitationsprozesses,

nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und

verstehen sich als Partner des Rehabilitationsberaters.

geringem Kohärenzgefühl:

Sie müssen stärker geführt und betreut werden,

empfinden sich als Objekt des Rehabilitationsprozesses und

verharren eher in einer passiven Rolle des „Patienten“.

Page 20: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

20

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Paradigmenwechsel: Eckpunkte

1994 Grundgesetz: Einführung des Benachteiligungsverbots von behinderten Menschen in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG

2001 „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ ("International Classification of Functioning, Disability, and Health", ICF)

2001 Sozialgesetzbuch IX: Vorarbeiten (ICF), Titel (Teilhabe)

2003 Europäisches Jahr der Menschen mit BehinderungenMotto: „Nicht über uns ohne uns!“

2007 UN-Abkommen

zur Umsetzung des rechtspolitischen Verständnisses von Rehabilitation

Page 21: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

21

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

ICF: "International Classification of Functioning, Disability, and Health"

„Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“, verabschiedet 2001von der WHOzentraler Begriff: Teilhabe (participation)Konzept der funktionalen Gesundheitstandardisierte Beschreibung funktionaler Aspekte von Gesundheitkomplexes bio-psycho-sozialen Wechselwirkungsmodell Kontextfaktoren (Gesundheit, Lebenshintergrund, Umwelt)ressourcenorientierter Ansatz (vs. defizitorientierter Ansatz)

Behinderung ist nicht identisch mit der Gesundheitsstörung, sondern wird erst durch deren Zusammentreffen mit persönlichen und gesellschaftlichen Kontextfaktoren verursacht Behinderung = Beeinträchtigung der Teilhabe, die sich aus einer Gesundheitsstörung ergibt.

Page 22: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

22

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Paradigmenwechsel: Rechtliche Grundlagen

Grundgesetz„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG

Sozialgesetzbuch I (Allgemeiner Teil)Bei der Ausgestaltung von Rechten und Pflichten sind die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten,sein Bedarfseine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnissezu berücksichtigen. Angemessenen Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten soll entsprochen werden.

§ 33 SGB I

Page 23: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

23

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

§ 1 Abs. 1 SGB I – Allgemeiner Teil

Aufgaben des SozialgesetzbuchsVerwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit

Das Recht des Sozialgesetzbuchs (aller Sozialgesetzbücher) soll

ein menschenwürdiges Dasein sicherngleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit schaffendie Familie schützen und fördernden Erwerb des Lebensunterhalts  ermöglichen undbesondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abwenden oder ausgleichen.

Page 24: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

24

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

§ 1 SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe Behinderter

Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen, umihre Selbstbestimmung undgleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.

Page 25: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

25

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Grundannahmen des SGB IX

Leistungen zur Teilhabe sollen

die Behinderung abwenden, beseitigen, mindern, ihre Verschlimmerung verhüten oder ihre Folgen zu milderndie persönliche Entwicklung ganzheitlich förderndie Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichternmöglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung der Lebensumstände gebendie Selbstbestimmung fördern.Die Leistungen bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten.

(§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und 4, Abs. 4, § 9 Abs. 3 SGB IX)

Die Grundannahmen des SGB IX gelten auch für den Beschäftigten, dem ein betriebliches Eingliederungsmanagement zusteht!

Page 26: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

26

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Implementierung des Eingliederungsmanagements

1) Information und Aufklärung

2) Professionalisierung der Unterstützung (Disability Management)

3) Beratung

4) Praktische Unterstützung auf beiden Ebenen:Managementsystem und konkreter Einzelfall

Was tragen die Unfallversicherungsträger zum Eingliederungsmanagement bei?

Page 27: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

27

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Unfallversicherung: Der gesetzliche Auftrag des SGB VII

Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist es § 1 SGB VII

1) mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten

2) nach Eintritt von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten mit allen geeigneten Mitteln Leistungsfähigkeit und Gesundheit des Versicherten wiederherzustellen

3) Versicherte und Hinterbliebene durch Geldleistungen zu entschädigen. § 1 SGB VII

Dabei gelten die Grundsätze Prävention vor Rehabilitation Rehabilitation vor Entschädigung

Page 28: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

28

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Struktur der Unfallversicherungsträger

25 Gewerbliche Berufs-genossenschaften

- Handel & Verwaltung

- Gesundheitsdienst

- Chemie

- Nahrungs – & Genussmittel

- Gas & Wasser

- ...

32 Unfallkassen der öffentlichen Hand

- 13 Unfallkassen im Landes- u. kommu- nalen Bereich

- 6 Gemeindeunfallver-sicherungsverbände

- 4 Landes-UK

- 1 Eisenbahn-UK

- ...

9 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschafte

n

- 8 regionale Träger

- Gartenbau-Berufs- genossenschaft

Page 29: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

29

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Unternehmen und Versicherte (Anzahl in Millionen)

3,21,7

0,5

gewerblicheBerufsgenossenschaften

landwirtschaftlicheBerufsgenossenschaften

Unfallkassen

42,5

4,2

28,3

Unternehmen Versicherte

Page 30: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

30

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Leistungen der Sozialversicherungen 2004 (in Millionen Euro)

140000

252000

14500

17500 48000 11292

KrankenversicherungRentenversicherungUnfallversicherungPflegeversicherungArbeitslosengeld und -hilfeSozialhilfe

Quelle: Statistisches Jahrbuch 2006, S. 190

Page 31: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

31

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Ausgaben für Rehabilitation und Teilhabe 2005 (in Millionen Euro)

2437

4782

33942641461

11292

KrankenversicherungRentenversicherungUnfallversicherungBundesanstalt für ArbeitIntegrationsämterSozialhilfe

Quelle:

Behindertenrecht 2007 (Heft 2), S. 56

Page 32: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

32

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Unfallversicherung: Aufwendungen zur Rehabilitation (in Mio EUR)

2507

290

597

gewerblicheBerufsgenossenschaften

landwirtschaftlicheBerufsgenossenschaften

Unfallkassen

216

10 26

davon Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Ausgaben Rehabilitation

Quellen:

www.hvbg.de; www.lsv.de; www.unfallkassen.de

Page 33: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

33

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Zu den Leistungen der beruflichen Rehabilitation zählen

Maßnahmen, um den alten Arbeitsplatz zu sichern oder einen neuen zu erlangenBerufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung, UmschulungWiedereingliederungsbeihilfen an die UnternehmenBetreuung durch den Berufshelfer

Diese Leistungen setzen einen Versicherungsfall voraus!Unabhängig von einem Versicherungsfall ist die Unfallversicherung zu einer umfassenden Beratung der Unternehmen zur betrieblichen Prävention verpflichtet.

(§§ 14, 17 SGB VII)

Page 34: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

34

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Weiterbildung zum Certified Disability Management ProfessionalGrundlagen: ILO-Übereinkommen über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten (Nr. 159 von 1983 und Empfehlung Nr. 168)

Richtlinie „Umgang mit Behinderungen am Arbeitsplatz“der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf (ILO)

NIDMAR:NationalInstitute ofDisabilityManagementandResearch

Victoria,British Columbia,Kanadagegründet 1994

Page 35: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

35

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Zielsetzung und Aspekte des Disability Management:

„Gesunder Mitarbeiter im gesunden Betrieb“: Wirtschaftliches und soziales Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Professionelle Unterstützung von Betroffenen und Arbeitgebern

Beschäftigungsfähigkeit erhalten (demographischer Wandel!)

Eingliederungsmanagement/Arbeitsfähigkeit wiederherstellen

mit betrieblicher Gesundheitsförderung und -management kooperieren

Umfassender Ansatz mit an der Schnittstelle von Prävention und Rehabilitation

Page 36: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

36

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Beratungsangebote

der einzelnen Träger derGesetzlichen Unfallversicherung:

branchenspezifisch ausgerichtetHauptziel: Installieren eines Eingliederungsmanagement- systemsMaß der Beteiligung am Ein- gliederungsmanagement abhängig davon, ob Versicherungs- fall oder nicht

Page 37: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

37

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Drei Jahre nach Einführung des EingliederungsmanagementsDas betriebliche Eingliederungsmanagement als arbeitsplatzsicherndes Instrument: Vision oder Wirklichkeit?

Ziele der gesetzlichen Regelung erreicht?„Win-Win-Situation“ für Arbeitgeber, Beschäftigte, Sozialversicherung? Kündigungen vermieden? Arbeitsplätze erhalten?

Gesetzliche Regelung erforderlich?Umdenken angestoßen!Diskussion auf den Weg gebracht!Gemeinsame Verantwortung gestärkt!

Page 38: 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit Die Rolle der gesetzlichen

38

Betriebliches Eingliederungsmanagement und gesetzliche Unfallversicherung

Sozialreform zwischen Visionen und Wirklichkeit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!