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1. Deutsch-Sri-lankischen Workshop zum Hochwasserrisikomanagement
13. und 14. März 2017
General Sir John Kotelawala Defence University (KDU)
Colombo, Sri Lanka
1. Hintergrund
Sri Lanka ist durch seine exponierte Lage im Indischen Ozean in besonderem Maße der Naturgefahr Hochwasser ausgesetzt. Sowohl heftige Binnenniederschläge während der Regenzeit als auch Sturmfluten und Tsunamis stellen eine ernsthafte Bedrohung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes dar. Allein der Tsunami von 2004 kostete schätzungsweise 50.000 Menschen in Sri Lanka das Leben und verursachte immense wirtschaftliche Schäden. Im Jahr 2016 nahm Herr Prof. Dr. Robert Jüpner (TU Kaiserslautern) am 20. Kongress der
Asian-Pacific Division der International Association for Hydro-Environment Engineering and
Research (IAHR) in Colombo, Sri Lanka, teil. Dort hielt er einen Vortrag über aktuelle
Entwicklungen im bundesdeutschen Hochwasserrisikomanagement nach den großen
Hochwasserereignissen 2013. Diese Thematik fand große Aufmerksamkeit bei sri-lankischen
Kolleginnen und Kollegen, die Herrn Prof. Dr. Jüpner daraufhin zu einem Besuch der General
Sir John Kotelawala Defence University (KDU) in Colombo, Sri Lanka, einluden. Dort wurde
intensiv die fachliche Thematik besprochen und gemeinsam die Idee entwickelt, während
eines zweitägigen Workshops sri-lankischer und deutscher Kollegen Ideen und Erfahrungen
auf dem Gebiet des Hochwasserrisikomanagements und der Hochwasservorsorge
auszutauschen.
2. Herausforderung und Zielsetzung
Das Wissen um moderne Ansätze zum Hochwasserrisikomanagement und interdisziplinäre Lösungsstrategien ist im universitären Bereich nicht weit verbreitet. Nach Aussagen der sri-lankischen Partner besteht ein großer Bedarf an Know-How-Transfer bei der wissenschaftlichen und praxisorientierten Forschung im Bereich des Hochwasserrisikomanagements. Mehr als einzelne regional ausgerichtete Vorhaben sind nicht bekannt. Die General Sir John Kotelawala Defence University in Colombo will innerhalb des Fachbereiches Bauingenieurwesen einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der Hochwasserforschung aufbauen. Dieser soll den gesamten Bereich der Katastrophenvorsorge und -bewältigung durch wissenschaftliche Arbeiten unterstützen und weiterentwickeln. Der 1. Deutsch-Sri-lankische Workshop zum Hochwasserrisikomanagement zielte daher auf einen intensiven fachlichen Austausch und die Vernetzung von Wissen ab und sollte den Grundstein für eine zukünftige fundierte wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen sri-lankischen und deutschen Universitäten legen. Dabei wurde der aktive Austausch mit Vertretern aus der Praxis gefördert und Bezug zu aktuellen Problemstellungen vor Ort genommen.
3. Projekt
Vorbereitungen zum Workshop und Projektorganisation
Die Idee zur Durchführung eines „1. Deutsch-Sri-lankischen Workshops zum
Hochwasserrisikomanagement“ wurde im Vorfeld mit verschiedenen Kolleginnen und
Kollegen erörtert, für eine aktive Teilnahme wurde ebenfalls geworben. Erfreulicherweise
konnte eine kleine „deutsche Delegation“ gebildet werden, die aus folgenden Personen
bestand:
Herr Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit vertritt an der Technischen Universität Kaiserslautern das
Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen und leitet das Materialprüfamt. Seine Expertise liegt vor
allem im Bereich der Auswahl geeigneter Baustoffe von technischen Anlagen für
unterschiedliche Anforderungen und deren spezifischer Entwicklung.
Herr Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jensen leitet das Forschungsinstitut Wasser und Umwelt der
Universität Siegen und befasst sich mit den Folgen des Meeresspiegelanstiegs in Bezug auf
Hochwasserereignisse (Extremereignisse) und der Bemessung von Küstenschutzanlagen.
Herr Prof. Dr. Robert Jüpner leitet das Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft an der
Technischen Universität Kaiserslautern und befasst sich seit mehr als 15 Jahren vorrangig mit
der Hochwasservorsorge und dem Hochwasserrisikomanagement im Binnenland.
Herr Prof. Dr. Achim Schulte leitet den Arbeitsbereich Umwelthydrologie und Ressourcen-
management am Fachbereich Geowissenschaften der Freien Universität Berlin. Seine
Expertise liegt im Bereich der Analyse von hydrologischen Extremereignissen und der
Modellierung von Szenarien integrierter Hochwasservorsorgemaßnahmen.
Im Laufe mehrerer Monate wurde der Workshop unter Federführung des Fachgebietes
Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität Kaiserslautern organisatorisch
vorbereitet, wobei ein enger Kontakt zur KDU bestand. Namentlich sind hier vor allem Frau Dr.
Kumari Fernando (Dean of Engineering Faculty), ihre Mitarbeiterin Frau Dr. Nilupul
Gunasekara und Herrn Kollegen Prof. Dr. Sunil Wickramasuriya (ehemals University of
Muratowa, jetzt als Berater an der KDU tätig) zu nennen. Die Vorbereitungen liefen sehr
effektiv und waren die Grundlage einer nahezu reibungslosen und in diesem Maße
beispielgebenden Veranstaltung. Das ist aus Sicht der deutschen Professoren auch ein
wesentlicher Verdienst der sri-lankischen Kolleginnen und Kollegen.
Fachexkursion am 11. März 2017 zur aktuellen Hochwassersituation in Colombo
Dem Workshop vorangestellt war eine eintägige Fachexkursion, die es den deutschen
Teilnehmern erlauben sollte, wichtige Aspekte der Hochwassersituation im Großraum
Colombo zu verstehen. Dazu erläuterte Herr Dr. Missaka Hettiarachchi vom World Wildlife
Fund sehr anschaulich vor Ort die Probleme der Hochwassersituation der Millionenstadt, die
sich vor allem durch die Umwandlung früherer Feuchtgebiete (wetlands) sowie den
Siedlungsdruck ergeben (siehe Bilder 1 und 2). In der Konsequenz führen große
Hochwasserereignisse wie zuletzt im Mai 2016 zu immer größeren Schäden, wobei
insbesondere die ärmere Bevölkerung in den Slumgebieten (informal settlements) betroffen
ist.
Es war beeindruckend zu sehen, dass zukunftsweisende und nachhaltige Lösungsansätze im
Hochwasserrisikomanagement der sri-lankischen Hauptstadt nur wirksam sein können, wenn
das gesamte Einzugsgebiet betrachtet wird. Insbesondere die Landnutzungsänderungen und
die Besiedlung ehemaliger Feuchtgebiete spielen dabei eine zentrale Rolle. Insofern steht
Colombo sicher auch exemplarisch für vergleichbare Städte in Schwellen- und
Entwicklungsländern.
Bild 1: Fachexkursion am 11.03.2017 zur Hochwassersituation in Colombo (Foto: Schulte)
Bild 2: Zunehmende Besiedlung in ehemaligen Feuchtgebieten der Stadt Colombo (Foto: Schulte)
Workshop on Flood Risk Management an der KDU am 13. und 14. März 2017
Der Workshop wurde mit einer feierlichen Zeremonie eröffnet. Die gesamte Universitätsleitung
der Sir General John Kotelawala Defence University (KDU) – die bereits im Vorfeld die
Veranstaltung gefördert und tatkräftig unterstützt hatte – war persönlich anwesend. Der
Präsident der KDU, Konteradmiral Jagath Ranasinghe, unterstrich dabei die besondere
Bedeutung des Themas „Flood Risk Management“ für Sri Lanka und seine Universität. Von
besonderer Bedeutung war die Tatsache, dass der deutsche Botschafter in Sri Lanka, Herr
Jörn Rohde, persönlich eine Begrüßungsrede hielt. Darin betonte er die Tatsache, dass die
Bundesrepublik Deutschland bereits seit der Tsunami-Katastrophe 2004 engagiert im Bereich
der Katastrophenvorsorge auch in Sri Lanka tätig ist. Vor diesem Hintergrund hob er die
Bedeutung vorsorgenden und nachhaltigen Handelns im Umgang mit Naturgefahren und
insbesondere mit Hochwasserereignissen hervor. Er begrüßte nachdrücklich die
Durchführung des Workshops und die davon ausgehenden Impulse für eine zukünftig
intensivere Zusammenarbeit zwischen deutschen und sri-lankischen Universitäten. Von allen
Rednern während der Eröffnungszeremonie wurde die generöse Unterstützung der Hans
Sauer Stiftung und des World Wildlife Fund (WWF) ausdrücklich hervorgehoben und
gewürdigt!
Bild 3: Prof. Breit, Prof. Jensen, Prof. Jüpner, deutscher Botschafter Rohde, Vice Chancellor
Konteradmiral Ranasinghe und Prof. Schulte bei der feierlichen Eröffnung des Workshops (von links
nach rechts; Rechteinhaber: KDU)
Am anschließenden Workshop nahmen ca. 25 Personen teil (Bild 4), die vor allem aus
wissenschaftlichen Einrichtungen (Universität Moratuwa, Universität Colombo und der KDU)
stammten, aber auch aus der staatlichen Verwaltung, u. a.
1. Ministry for Land Reclamation
2. Ministry of the Environment
3. Ministry of the Interior
Aus dem Bereich der Katastrophenvorsorge waren Vertreterinnen und Vertreter des Asian
Disaster Preparedness Center und des sri-lankischen Küsten- und Seenotrettungsdienstes
sowie der Katastrophenvorsorge des Verteidigungsministeriums beteiligt. Der detaillierte
Programmablauf des Workshops ist als Anlage beigefügt.
Bild 4: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops (Rechteinhaber: KDU)
Die anwesenden deutschen Professoren stellten in ihren Vorträgen ihre Arbeitsgruppen vor
und gaben eine vertiefende Einführung in die jeweiligen Fachthemen. Die Darstellungen
wurden durchweg mit großem Interesse verfolgt und es entwickelten sich lebhafte
Diskussionen. Diese zeigten aber auch wesentliche Unterschiede in den Herangehensweisen.
So verfügt Deutschland über ein hoch entwickeltes System der Wetterbeobachtung und -
vorhersage, welches die Grundlage für ein präzises Hochwasservorhersageinstrumentarium
für die großen deutschen Flüsse bildet. Auch der durch die Europäische
Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie geschaffene Rahmen zum Umgang mit
Hochwassergefahren hat in Europa zu einer deutlichen Verbesserung insbesondere der
Hochwasservorsorge geführt.
In Sri Lanka ist – sicher auch als Folge des mehr als dreißigjährigen Bürgerkrieges – die
allgemeine Daten- und Kenntnislage in diesem Bereich deutlich schwächer einzuschätzen.
Auch umfassende und einzugsgebietsbezogene Betrachtungen der Hochwassersituation
bleiben eher auf Teilgebiete bzw. neuralgische Punkte beschränkt. Im Ergebnis auch der
verschiedenen Gespräche in kleineren Gruppen während des Workshops wurde immer wieder
die Notwendigkeit unterstrichen, dass Sri Lanka größere Anstrengungen im Bereich des
Hochwasserrisikomanagements und der allgemeinen Katastrophenvorsorge unternehmen
sollte. Dazu wäre der Aufbau eines wissenschaftlichen „Think tanks“, wie von der KDU
angedacht, sicher sinnvoll. Eine enge Kooperation mit deutschen Partnern wurde dabei als
äußerst hilfreich betont.
Erfreulich war auch, dass über die Veranstaltung in den nationalen Medien berichtet wurde.
Bild 5: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops nach erfolgreichem Abschluss
(Rechteinhaber: KDU)
Im Ergebnis des Workshops lasst sich aus den Diskussionen schlussfolgern, dass ein großes
Interesse an einem Aufbau und einer Vertiefung der Forschungskooperation mit unseren
Universitäten besteht. Deutlich wurde das Angebot von Kurzzeitaufenthalten für deutsche
Professoren geäußert (adjunct professorships).
Gern würden die deutschen Professoren die Anregung des deutschen Botschafters in Sri
Lanka aufgreifen, für das nächste Jahr eine Themenreise zum Thema
„Hochwasserrisikomanagement und Katastrophenvorsorge“ in Deutschland zu planen. Es
wurde der Eindruck gewonnen, dass viele Dinge, die in Deutschland als selbstverständlich
erscheinen, den sri-lankischen Kolleginnen und Kollegen nahezu völlig fremd sind, u. a.
1. die Aufgabenteilung zwischen staatlichen Stellen, Privatwirtschaft und Wissenschaft,
2. die Qualität unserer Datenlage und deren Analysen im gesamten Umweltbereich
einschließlich hydrologischer und meteorologischer Vorhersagesysteme,
3. die aktuelle Situation der Forschungskooperation zwischen Universitäten und
staatlichen Stellen in Deutschland.
Zur weiterführenden Kooperation der Universitäten ist aktuell ein Aufenthalt eines
Studierenden des Bachelorstudienganges Bauingenieurwesen der TU Kaiserslautern an der
General Sir John Kotelawala Defence University (KDU) in Colombo, Sri Lanka vorgesehen.
Ziel ist es, die Abschlussarbeit durch Geländearbeiten vor Ort zu vervollständigen. Der
Aufenthalt ist für das Wintersemester 2017/2018 vorgesehen.
4. Danksagung
Wir bedanken uns ausdrücklich – auch im Namen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
1. Deutsch–Sri-lankischen Workshops zum Hochwasserrisikomanagement - bei der Hans
Sauer Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung dieser Projektidee. Wir glauben,
dass damit eine weit in die Zukunft reichende wissenschaftliche Kooperation initiiert werden
konnte, von der wir hoffen, dass sie nachhaltig im Sinne der von Hochwassergefahren
betroffenen Menschen auch praktisch wirksam werden wird.
Anlage: Programm des Workshops