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DIE JOHANNES-KIRCHE BOCHUM VON HANS SCHAROUN
SCHAROUN - KIR
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„SO IST ES HEUTE UNSER WUNSCH, DASS ES ZU KEINER ZU FRÜHEN ERSTARRUNG DER LEBENSKRÄFTIGEN BEWEGUNG, DER LEBENDIGEN WANDLUNG KOMMEN MÖGE, ZU KEINER VOREILIGEN PERFEKTION – AUCH NICHT IM BEREICH DES TECHNISCHEN. DASS VIELMEHR STATT PERFEKTION IMPROVISATION GELTEN MÖGE, DIE DEN WEG DER ENTWICKLUNG OFFEN HÄLT. DIES IST AUCH MEIN WUNSCH AUS DER SICHT DES ARCHITEKTEN.“ Hans Scharoun, 1970
3
Liebe Freunde der „Scharoun-Kirche“
Nun, eigentlich heißt sie „Johanneskirche“
und wohl die wenigsten wissen, welches
architektonische Kleinod sich hinter diesem
Namen verbirgt. In meiner Heimatstadt
Weimar gibt es die „Herderkirche“, unter
diesem Namen kennt sie jeder Weimarer –
Herder hat hier gepredigt. Eigentlich heißt
sie „Stadtkirche St. Peter und Paul“. Wenn
Sie einen Weimarer nach dieser Kirche
fragen, kommen die meisten ins Stocken.
Die „Scharoun-Kirche“ in Bochum könnte
und sollte ein stehender Begriff werden, so
wie die „Herderkirche“ in Weimar. Nun ist
Hans Scharoun kein berühmter Prediger,
aber ein Pionier der organischen Architektur
und einer der bedeutendsten Vertreter der
klassischen Moderne, der mit dem Bau der
Berliner Philharmonie Weltruhm erlangte
– und die „Johanneskirche“ in Bochum ist
die einzige von ihm erbaute Kirche! Es gab
durchaus einige Entwürfe Hans Scharouns
für Kirchenbauten an verschiedenen Orten
(siehe Seite 11) – gebaut wurde nur die
„Johanneskirche“, und sie ist es wert in
dieser Einzigartigkeit gewürdigt zu werden
– so wie etwa die „Le Corbusier-Kirche“
in Ronchamp, von der auch die wenigsten
wissen, dass sie „Chapelle Notre-Dame-
du-Haut“ heißt, und die nicht nur eine
Wallfahrtskapelle für Christen geworden
ist, sondern auch für alle architektur- und
kunstinteressierten Menschen der Welt.
Das wünschen wir Bochumer uns auch.
Doch an der vierzig Jahre alten „Scharoun-
Kirche“ nagt der Zahn der Zeit. Die 1997
als Baudenkmal des 20. Jahrhunderts
unter Denkmalschutz gestellte Kirche hat
einen erheblichen Sanierungsbedarf. So
hat sich nun der Stiftungsfonds „Initiative
Scharoun-Kirche“ zur Aufgabe gemacht, die
Kirche zu pflegen und zu erhalten. Herzlich
sind Sie alle eingeladen, an diesem Ziel
mitzuwirken. Machen Sie die Kirche auch
über die Grenzen Bochums bekannt, helfen
Sie der Initiative durch aktive Mitarbeit oder
Spenden.
Die Schirmherrschaft für dieses Projekt hat
dankenswerterweise Dr. Christoph Zöpel,
Staatsminister im Auswärtigen Amt a.D.,
Minister des Landes Nordrhein-Westfalen
a.D., übernommen, der auch als Vorsitzen-
der der „Bürgeraktion für bedrohte Bochu-
mer Kirchen e.V.“ fungiert.
Mit Zuversicht für den Erhalt der
„Scharoun-Kirche“
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DIE SCHAROUN-KIRCHE: KURZE CHARAKTERISTIK
Kaum zu glauben: Mitten im Ruhrgebiet in
Bochum wurde 1966 ein in jeder Hin-
sicht erstaunliches Projekt realisiert. Der
futuristisch und zugleich schlichte Kirchen-
bau Johanneskirche ist ein Werk von Hans
Scharoun – bedeutender Architekt des 20.
Jahrhunderts und einer der wichtigsten
Vertreter der organischen Architektur. Die
Christengemeinschaft in Bochum verdankt
Scharoun die Johanneskirche, sein einzig
realisierter Kirchenentwurf. Die Kirche
feierte am 3. Advent 1966 die Kirchweihe.
Damit entstand in Bochum ein weltweit
einzigartiger Kirchenbau, der 1997 als
Baudenkmal des 20. Jahrhunderts unter
Denkmalschutz gestellt wurde.
Scharouns wohl bekanntestes Bauwerk ist
die Philharmonie in Berlin. Aber auch mit
zahlreichen Wohnbauten empfahl sich der
Architekt. Am bekanntesten ist das „Land-
haus Schminke“ in Löbau (Sachsen).
Die Johanneskirche fügt sich in das Bau-
schaffen Scharouns ein, das zielstrebig in
steter Aufbruchstimmung Wege zu einer
funktionalen, am Menschen orientierten
Architektur suchte. Für die Bochumer
Christengemeinschaft entstand so eine
rationale, aber auf den Menschen bezogene
Architektur ohne Metaphern und Formalis-
men, die der geistlichen Komplexität des
Ortes gerecht wird.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kultur als Motor des Wandels im
21. Jahrhundert zu betonen, das ist die
Stärke und die Besonderheit der Region
Ruhr, die sich kontinuierlich in einem
dynamischen Prozess weiterentwickelt.
Dieser Aspekt war mit ausschlaggebend
dafür, dass Essen und das Ruhrgebiet zur
„Kulturhauptstadt Europas“ für das Jahr
2010 gewählt wurden. Unsere Region
wird unseren europäischen Nachbarn und
damit der europäischen Einigung wichtige
Impulse geben. Der Titel der Kulturhaupt-
stadt gibt uns die einzigartige Möglichkeit,
über 4 Millionen Besucher aus Deutsch-
land, Europa und aller Welt zu empfangen
und für unseren kulturellen Reichtum zu
begeistern.
Für die Geschichte des Ruhrgebietes und
der Stadt Bochum spielen die christlichen
Kirchen eine zentrale Rolle. Sie haben von
der Vergangenheit bis zur Gegenwart die
Kultur entscheidend mit geprägt. Dies
trifft in besonderem Maße auch auf die
Johanneskirche zu. Sie ist das einzige
Sakralbauwerk des bekannten Architekten
Hans Scharoun, der vor allem für die Phil-
harmonie in Berlin berühmt ist. Die
Johanneskirche wurde in den 60er Jahren
erbaut und steht seit 1997 unter Denkmal-
schutz. Damit ist sie ein bedeutender Bei-
trag zum regionalen und zum europäischen
Kulturerbe, den es zu erhalten gilt.
Vor diesem Hintergrund begrüße ich die
Spendenaktion der „Initiative Scharoun-
Kirche“ für die nun erforderliche Sanie-
rung der Kirche ganz ausdrücklich. Es
wäre gewiss wünschenswert, wenn eine
Unterstützung dieser Sanierung im Rah-
men des umfassenden Kulturhauptstadt-
Programms, das die Landesregierung mit
Hilfe der EU entwickelt, einen Platz finden
könnte. So könnte das Projekt „Europäische
Kulturhauptstadt“ dann auch über das
Jahr 2010 hinaus positive Wirkung für
unsere Region und für Bochum haben.
In diesem Sinne wünsche ich der Spenden-
aktion für die Johanneskirche viel Erfolg!
Dr. Christoph Konrad
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Liebe Freunde der „Scharoun-Kirche“,
als Bürger meiner Heimatstadt Bochum
habe ich mich über Ihre Initiative zur
Sanierung der Johanneskirche im Glocken-
garten sehr gefreut und erfülle Ihnen gerne
den Wunsch, Ihre Denkschrift mit einem
Grußwort zu begleiten.
Mit Recht geben Sie Ihrer Initiative den
Namen ihres Architekten Hans Scharoun,
einem der bedeutendsten Vertreter der
klassischen Moderne in der Architektur.
Vielen Menschen, wie auch mir, wird nicht
bekannt gewesen sein, dass Hans Scharoun
schon seit seiner Jugend, zu Beginn des
20. Jahrhunderts, mehrfach Entwürfe für
Kirchen erstellt hat, die Johanneskirche
aber als einzige in den 60er Jahren ver-
wirklicht wurde.
Umso mehr muss uns allen am Erhalt
dieses einzigartigen, unter Denkmalschutz
stehenden Sakralbauwerks liegen, das in
seiner schlichten, auf Funktionalität und
Raumharmonie bedachten Gestaltung
seinesgleichen sucht. Möge diese schöne
Broschüre viele Menschen dazu anregen,
mit einer Spende zum Gelingen dieser
wichtigen Aufgabe, der Sie sich nicht
allein für Ihre Gemeinde, sondern für die
Gemeinschaft gestellt haben, beizutragen.
Mit einem herzlichem Gruß von Berlin
nach Bochum
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Prof. Dr. Norbert Lammert
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Was verleiht einer Stadt Anziehungskraft
für ihre Bürgerinnen und Bürger und für
ihre Besucher? Zunächst einmal sind es
die großen Denkmäler, die überragenden
Gebäude, die so genannten Wahrzeichen,
die Theater und Museen, und hier im
Ruhrgebiet die imposanten Zeugen der
industriellen Vergangenheit.
Aber solcher „Leuchtzeichen“ gibt es nicht
viele. Sie stehen an wenigen herausragen-
den Plätzen und fallen natürlich völlig aus
dem Rahmen des Üblichen und Gewohn-
ten. Und alles andere - was ist damit?
Da, wo die vielen Menschen ihren Alltag
verbringen, ihre Sorgen und Nöte teilen,
ihre glücklichen Augenblicke erleben, was
gibt es da?
Wenn man die Augen aufmacht und sich
nicht durch das Monumentale der wenigen
Großdenkmäler blenden lässt, dann gibt es
schon einiges zu sehen, auch und gerade
in den Städten des Ruhrgebiets, die sich
nicht einer langen und reichen kulturellen
Tradition rühmen können, sondern das
Ergebnis einer kurzen und heftigen Ent-
wicklung im Zeitalter der Industrialisierung
darstellen. Das, was es da zu sehen gibt,
möchte ich die „kleinen Edelsteine“ nennen,
die Schmuckstücke der städtischen Archi-
tektur, ohne die sich die „großen Edelstei-
ne“ eher einsam und verloren ausnehmen.
Erst im Zusammenspiel der kleineren
Kostbarkeiten städtischer Architektur und
Repräsentation mit den großen ergibt sich
ein Gesamtbild dessen, was eine Stadt
lebens- und liebenswert macht.
Für Bochum ist die Johanneskirche von
Hans Scharoun ein solcher „kleiner Edel-
stein“, ein Schmuckstück moderner Kirchen-
architektur, von denen es nur wenige gibt.
Sie verkörpert ein Stück religiöser Moder-
nität, das sich buchstäblich sehen lassen
kann, von außen und von innen, und das
in seiner einzigartigen Form auch diejeni-
gen anspricht, die dem religiösen Leben,
das hier gepflegt wird, fern stehen.
Moderne und Religion, säkulare Zivil-
gesellschaft und Christentum - das steht in
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einem ausgesprochenen Spannungsverhält-
nis. Beide Seiten sind mehr aufeinander
angewiesen, als sie es sich jeweils klarge-
macht haben. Dieses Spannungsverhältnis
ist dynamisch, alles andere als abgeklärt
und abgesichert. Die Zeugnisse dafür, dass
beides ineinander übergeht, dass beides
sich zu einer überzeugenden Synthese
vereinigen kann, sind selten. Die Johannes-
kirche von Scharoun in Bochum ist ein
solches Zeugnis. Sie stellt also nicht nur
ein Stück glänzender moderner Architek-
tur dar, sondern auch eine Symbiose von
christlicher Religiosität und moderner
Formgestaltung - eine Symbiose, die unse-
re Kultur im Zeichen einer tiefgreifenden
Orientierungskrise, in der es vor allem
um den Platz der Religion im säkularen
Leben der modernen Zivilgesellschaft geht,
dringend nötig hat, um zukunftsfähig zu
werden.
Die Stadt Bochum, ja, das ganze Ruhr-
gebiet, kann stolz darauf sein, einen
solchen „kleinen Edelstein“ moderner
Kultur zu besitzen. Ihn zu pflegen, ihn im
Verbund mit den anderen Kostbarkeiten
unserer Kultur glänzen zu lassen, ist eine
Aufgabe der Gemeinschaft, die in dieser
Stadt und in diesem Revier lebt und mit
Recht stolz darauf sein will, dass es solche
Anziehungspunkte gibt wie die Johannes-
kirche von Hans Scharoun in Bochum.
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unHANS SCHAROUN:DER ARCHITEKT UND SEINE KIRCHEN
Hans Scharoun war bedeutender Architekt
des 20. Jahrhunderts und einer der wich-
tigsten Vertreter der organischen Architek-
tur. Weithin unbekannt ist geblieben, dass
Scharoun, dessen Wohnsiedlung von 1930
in Berlin im Jahre 2008 in das Weltkultur-
erbe der Unesco aufgenommen wurde, in
Bochum eine Kirche realisierte. Die Chan-
ce, in Bochum auch ein von ihm gebautes
Rathaus zu haben, hat die Stadt 1925
vergeben, als sich Scharoun mit einem Ent-
wurf an der Ausschreibung beteiligte, aber
nicht berücksichtigt wurde.
Die Johanneskirche ist keineswegs der
einzige von ihm erstellte Entwurf. Scharoun
entwickelte schon als Kind außerordent-
liche zeichnerische Fähigkeiten und fand
beim benachbarten Architekten Hoffmeyer
Förderung und Anerkennung.
So ist eine Zeichnung des Siebzehnjähri-
gen von 1910 erhalten, die einen ersten
Kirchenentwurf zeigt – „Kirche als Fels“.
Zu sehen ist ein mutiger Entwurf, gewaltig
aufstrebend, und scheinbar keiner Kirchen-
bautradition verhaftet. Um einen Innenhof
herum gruppieren sich verschiedenartige
Bauwerke, die nur in der Außenansicht
eine Einheit ergeben. Der Innenraum war
ihm wichtig. Schon ein Jahr später, noch
als Schüler, beteiligte er sich erstmalig an
einem öffentlichen Wettbewerb in Bremer-
haven – er entwarf erneut eine Kirche. Sein
Entwurf erregt beim Preisgericht „großes
Interesse“, wird aber nicht gebaut.
1919 steht der junge Scharoun mit seinen
Intentionen inmitten hoher expressio-
nistischer Ideale. Die Kirche wird zum
„Volkshaus“ als „Stadtkrone“, in dem die
Fähigkeiten der Menschen zusammen-
strömen und sich zum Geiste erheben und
vom Geiste befruchtet werden. Das höhere
und das niedere „ich“ durchdringen sich
im Innenraum. Utopische Entwürfe einer
Kirche der Zukunft – architektonisch immer
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Schon als Siebzehnjähriger entwarf Scharoun eine Kirche. Zu sehen ist ein mutiger Ent-wurf, gewaltig aufstrebend, und scheinbar in keinerlei Kirchenbautradition verhaftet
Dieses Aquarell und eine Zeichnungerstellte Scharoun 1919 inmitten hoher ex-pressionistischer Ideale. Die Kirche wird zum „Volkshaus“ als „Stadtkrone“
Dieser Entwurf von 1911 für eine Kirche in seiner Abiturstadt Bremerhafen zeigte schon sehr früh das architektonische Talent des Oberschülers Scharoun
In der weiteren Entwicklung Scharouns ver-sachlicht sich seine architektonische Sprache. Es folgten weitere Kirchenentwürfe, wie 1932 die Evangelische Kirche in Breslau
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im Spiel zwischen knospenhaft vegetabilen
und kristallinen Formen. So entstand auch
ein Entwurf für das Volkshaus Gelsenkir-
chen, dass aber auch nicht gebaut wurde.
In der weiteren Entwicklung Scharouns
versachlicht sich seine architektonische
Sprache, und wird in zunehmendem Maße
zur Dienerin des Innenraumes, immer
organisch entwickelt aus der konkreten
Funktion. Es folgten auch weitere Kirchen-
entwürfe, jedoch blieben sie alle ungebaut
– Evangelische Kirche in Breslau 1932,
Kirche St.Georgen Berlin 1933, Kirche
Verklärung Christi in Berlin-Schöneberg
1966 und Evangelische Kirche Wolfsburg-
Rabenberg 1966.
Bei der Spurensuche fand sich ein erstaun-
licher Hinweis. 1972 gründeten Gertraude
und Helmut Bleks in Namibia die Farm-
schule Baumgartsbrunn. Sie erteilt heute
500 Schülern kostenlosen Unterricht und
hat einem Berufsschulzweig, ein in Namibia
einzigartiges Sozialprojekt. Auf Wunsch der
Menschen dort wurde eine Kirche gebaut
und 1983, elf Jahre nach Scharouns Tod,
eingeweiht. Helmut Bleks soll für diesen
Kirchenbau einen verworfenen Vorentwurf
der Bochumer Johanneskirche verwendet
haben.
Die Verwendung des Scharoun-Entwurfes
lässt sich allerdings nicht belegen, und
wird durch den ehemaligen Pfarrer der
Johanneskirche Prof. Dr. Volker Harlan, der
bei seinen Forschungen versuchte, diesen
Entwurf einzusehen, in den Bereich der
Legende verwiesen. Helmut Bleks verstarb
2006 und im April 2008 auch Gertraude
Bleks.
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DIE JOHANNES-KIRCHE DIE GESCHICHTE
Die Johanneskirche in Bochum verdankt
ihren Bau einem glücklichen Umstand.
Als 1964 die Gemeinde der Christen-
gemeinschaft in Bochum einen Kirchen-
bau anstrebte, lebte in der Gemeinde
Gertraude Bleks, geb. Schminke, (ihre
Schwester Helga Zumpfe gehört bis heute
zur Gemeinde). 1933 hatte Hans Scharoun
ihr Elternhaus in Löbau erbaut, das heute
weithin berühmte „Haus Schminke“. So
kam durch sie der Kontakt zu dem Freund
der Familie – „Onkel Hans“ – zustande.
In engem Gespräch mit dem damaligen
Pfarrer der Gemeinde Dr. Diether Lauen-
stein entwickelte Scharoun die Konzeption.
Schon beim ersten Gespräch 1965 in
Berlin entstand eine Handskizze, die leider
nicht erhalten ist. Scharoun versetzte sich
imaginativ in den zu bildenden Raum, den
er nach den verschiedenen Funktionen
im Gottesdienst von innen nach außen
gestaltete. So entstand ein Gebilde aus
mehreren sich durchdringenden Räumen
in einem, der Gemeinderaum, der Altar-
raum, der Raum der Verkündigung und
Predigt, der Raum der Musiker. Durch die
Durchdringung der verschiedenen Räume
ergab sich die zeltartige Raumplastik.
„Kirche als Zelt“
Das Zeltartige tritt bei Scharoun immer
wieder in Erscheinung, und die Ähnlich-
keit mit der Dachkonstruktion der Berliner
Philharmonie und des Kammermusiksaales
– Haus des Klanges – zur Johanneskirche –
Haus des Wortes – ist schon eindrucksvoll.
Die „Berliner Schnauze“ findet ja immer
treffende Namen, für die Philharmonie
„Circus Karajani“. Der Innenraum ist das
Entscheidende. Auf die Frage eines Stu-
denten, ob Scharoun denn mit der Fassade
zufrieden sei, antwortete er: „Hat sie denn
eine?“
Die „Kirche als Zelt“ scheint nicht nur
eine architektonische Signatur zu sein,
sondern im Sinne obigen Zitates auch auf
einen zukünftigen Kirchenbegriff zu ver-
weisen. Einen Begriff, der die Wandelbar-
keit, das Bewegungselement, auch im Reli-
giösen umfasst. War doch einst die Kirche
ein Zelt und mobil – die Stiftshütte des
Alten Bundes – so scheint für die Zukunft
wohl die Zeit machtvoller Demonstrationen
im Bau – „Eine feste Burg ist unser Gott“ -
wieder vorbei zu sein. Der zeitgenössische
Gott baut sich bewegliche Häuser.
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Die Geschichte des westlichen Kirchenbaus
ist geprägt durch klare Symmetrie, die sich
aus konstruktiver Sinnfälligkeit ergab - ba-
sierend auf der Basilika, einem zunächst als
Markthalle genutzten Bautypus.
Die evolutionäre Entwicklung über die
Romanik (feste, gedrungene Bauten mit ge-
ringem Fensteranteil) und die Gotik (kühne,
vertikale, lichtdurchflutete Konstruktionen)
endete im 19. Jahrhundert mit einem Stil-
pluralismus. Jeder Bautypus war konstruktiv
machbar, aber dennoch gab es Gemeinsam-
keiten, die kulturell und liturgisch begrün-
det waren: der Duktus der Symmetrie.
Auch wenn von der Basilika über die Hallen-
kirche bestimmte Konstanten galten: der
Altar- und Chorraum nach Osten gerichtet,
der Gemeinderaum in der Mitte, das West-
werk mit Orgel und Türmen im Westen.
Die Vorgabe der Symmetrie des mensch-
lichen Körpers hat Parallelen in der Bau-
und Konstruktionsgeschichte. In der Bau-
geschichte erlebte man die Befreiung von
der Symmetrie im Manierismus, der dem
Barock folgte, und sich durch humorvolle
und die Symmetrie ignorierende Details
auszeichnete.
Im 19. Jahrhundert waren, wie erwähnt,
keine konstruktiven Fesseln mehr vorhan-
den. Mit der Arts and Crafts Bewegung in
Großbritannien, dem Jugendstil auf dem
Kontinent versuchten Architekten, sich frei
zu machen von Korsetts, auch von konstruk-
tiven. In Deutschland war es Hugo Häring,
der das organische Bauen begründete, in
den USA Frank Lloyd Wright.
Hans Scharoun wurde 1893 geboren, mit
17 Jahren (1910) zeichnete er bereits zwei
Kirchenentwürfe, allerdings mit konventio-
nellen Grundrissen. Die Ansichten sehen
VON DER SYMMETRIE ZUM ORGANISCHEN BAUEN
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allerdings futuristisch aus, wie zahlreiche
seiner späteren Architektur-Visionen.
Seinen Durchbruch erlangte er mit einem
Wohnhaus für die Weißenhofsiedlung 1927
in Stuttgart und - das machte ihn weltbe-
rühmt - einem 1933 gebautem „Landhaus“
für den Nudelfabrikanten Fritz Schminke
und seine Familie im sächsischen Löbau.
Dieses, heute restaurierte, Wohnhaus über-
traf an Kühnheit und Verzicht auf Ortho-
gonalität alles bisher Gesehene - auch das
„Neue Bauen“ der Weissenhof-Architekten.
Haus Schminke entstand 1933. Man kann
sich vorstellen, dass in den dreißiger Jahren
diese Art der Moderne in Deutschland keine
Zukunft hatte. Insofern „überwinterte“
Scharoun mit unauffälligen und wenig un-
bequemen Einfamilienhäusern und macht
erst in den fünfziger und sechziger Jahren
durch spektakuläre „organische Bauten“
wieder auf sich aufmerksam.
Romeo und Julia, ein Geschosswohnungs-
bau in Stuttgart, die berühmten, auch heute
noch wegweisenden Schulbauten in Marl
und Lünen, nicht zuletzt die Philharmonie
in Berlin machten Scharoun zu einem der
bekanntesten und bedeutendsten Architek-
ten in Deutschland.
Die Berliner Philharmonie (1959 - 1965)
ist geradezu revolutionär, durch atembe-
raubende Innenräume, durch Verzicht
auf Symmetrie, durch eine durchgängige
Gestalt- und Detailqualität.
Etwas davon ist bei der fast zeitgleich ge-
planten Johanneskirche in Bochum auch zu
spüren. Es fehlt die Symmetrie: Wichtig ist
das Erleben des Gebäudes von der Straße,
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22
die Annäherung, der sammelnde Vorraum,
der gelenkte Weg in den Kultraum.
Dieser wiederum entwickelt seinen Charme
duch vielfältige Details: die sonnendurch-
flutete Südseite, den etwas angehobenen
Musikraum, den Altarbereich, der durch
subtile Höhenversprünge emporgehoben
wird, die Lichtführung des Zeltdaches.
Scharoun hat kein so großes Repertoire
an Kirchenentwürfen vorzuweisen wie
die bekannten Kirchenarchitekten Rudolf
Schwarz, Otto Bartning, Dominikus und
Gottfried Böhm, aber er hat mit der Johannes-
kirche ein Kleinod hinterlassen, das auch
in der Zukunft einen wichtigen Beitrag zur
Kirchenbaugeschichte liefert.
Nicht vergessen werden sollte an dieser
Stelle die Rolle des Stuttgarter Architekten
Gundolf Bockemühl, der die Ideen und
Konzepte Scharouns vor Ort umgesetzt hat.
Hierzu gehört die Wahl der speziell angefer-
tigten Ziegelsteine - übrigens eine Reminis-
zenz an den Ort. Im „Glockengarten“ gab
es eine Glockengießerei und eine Ziegelei.
Auch der hochwertige Quarzit-Fußboden
und die sägerauhe Dachuntersicht unter-
streichen den eigenen Charakter dieser
Kirche.
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DIE ANSTEHENDE RENOVIERUNG DER KIRCHE
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24
FENSTERPROFILE: ABBRUCH DER VERROSTETEN UND AUFBAU EINES NEUEN FENSTERS
MIT STAHLPROFILEN EINSCHLIESSLICH EINRÜSTEN, STATISCHER BERECHNUNG UND
SANIERUNG DES SICHTBETONRAHMENS: CA. 40 000 EURO
FENSTERVERKLEIDUNG: ERNEUERUNG DER SÄGERAUEN FENSTERVERKLEIDUNG INNEN
UND DER SCHIEFERVERKLEIDUNG AUSSEN INKLUSIVE DÄMMUNG, ANSCHLÜSSEN
UND NEBENARBEITEN. ERWARTETE REPERATURKOSTEN: CA. 15 000 EUR
DACHEINDECKUNG: KOSTEN FÜR DAS URSPRÜNGLICH VON SCHAROUN VORGESEHENE
KUPFERDACH INKLUSIVE GERÜST, ABBRUCH, DÄMMUNG, KLEMPNERARBEITEN UND
STEHFALZEINDECKUNG: CA. 126 000 EURO
HEIZUNGSANLAGE: ERNEUERUNG DER HEIZUNGSANLAGE IM KIRCHENRAUM ALS FUSS-
BODENHEIZUNG INKLUSIVE ABBRUCHARBEITEN DES ALTEN BODENS:
CA. 25 000 EURO
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ELEKTROINSTALLATION: NEUE NACH DEN NEUSTEN SICHERHEITSVORSCHRIFTEN
AUSGEFÜHRTE ELEKTROINSTALLATION UND UMSTELLUNG AUF ENERGIESPARENDE
BELEUCHTUNG GESAMT: CA. 6000 EURO
BETONRAHMEN: ERNEUERUNG DER BETONARMIERUNGEN AM GESAMTEN GEBÄUDE
INKLUSIVE ABBRUCHARBEITEN UND ANSCHLUSSARBEITEN: CA. 10 000 EURO
MAUERAUSBESSERUNGEN: INSTANDSETZUNG VON SCHADHAFTEN MAUERWERKEN UND
VERHINDERUNG VON MAUERDURCHFEUCHTUNGEN EINSCHLIESSLICH EINRÜSTEN
UND ERDARBEITEN: CA. 20 000 EURO
FUSSBODEN: ABBRUCHARBEITEN DES VORHANDENEN KIRCHENFUSSBODENS UND
HERSTELLEN DES NEUEN UNTERBAUS EINSCHLIESSLICH DES NEUEN NATURSTEIN-
BELAGES: CA. 55 000 EURO
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JETZT HEISST ES ANPACKEN!Inzwischen ist die Kirche über 40 Jahre
alt, und hat einen erheblichen Sanier-
ungsbedarf. Das von Scharoun aufwän-
dig gestaltete große dreieckige Kirchen-
fenster, er nannte es „Lichtwand“,
sowie Teile der Dachkonstruktion, der
Heizung und der Lampeninstallation
sind dringend sanierungsbedürftig. Die
derzeitigen Schätzungen gehen von ei-
nem Aufwand von rund 300 000 Euro
aus. Wir werden die Baumaßnahmen in
der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit und
nach Maßgabe der jeweils verfügbaren
Mittel durchführen. Die stark verrostete
Lichtwand gehört zu den dringlichsten
Erneuerungen, gefolgt von einer neuen
Dacheindeckung, der Sanierung der
Heizungsanlage und der durch das
undichte Dach in Mitleidenschaft gezo-
genen Elektroinstallation. In weiteren
Bauabschnitten sind die Erneuerung
von Fußböden, Beseitigung von Mauer-
werkschäden und Verhinderung von
Mauerdurchfeuchtungen geplant.
All dies übersteigt die Möglichkeiten
der Gemeinde, die sich nur aus frei-
willigen Beiträgen finanziert, bei wei-
tem. Zur Finanzierung der Maßnahmen
hat sich deshalb ein Stiftungsfonds
„Initiative Scharoun-Kirche“ gebildet,
der diese Aufgabe angehen will. Ob-
jektgebundene Spenden sind herzlich
willkommen, aber auch Rat und Ideen.
Alle Spenden werden zu 100 % für die
Sanierung der Kirche eingesetzt. Der unter
dem Dach der GLS-Treuhand e. V. gegrün-
dete Stiftungsfond „Initiative Scharoun-
Kirche“ ist mit einem Startkapital von
10 000 Euro gebildet. Spendenbescheini-
gungen können ausgestellt werden.
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Der Stiftungsfonds Initiative Scharoun-
kirche ist organisatorisch an die GLS Treu-
hand e.V. angeschlossen; die GLS Treu-
hand ist eine Schwesterorganisation der
GLS Gemeinschaftsbank eG, Bochum. Die
GLS Treuhand e.V. übernimmt sämtliche
Verwaltungsaufgaben des Stiftungsfonds.
Der Stiftungsfonds ist ein Sondervermögen
innerhalb der unselbständigen Dachstif-
tung für individuelles Schenken der GLS
Treuhand e.V..
So spenden Sie:
Zuwendungen sind erbeten auf das Konto:
Dachstiftung für individuelles Schenken,
Kto-Nr.103 700 800 bei der GLS Gemein-
schaftsbank eG. (BLZ 430 609 67).
Mit Nennung des Verwendungszweckes:
Stiftungsfonds „Initiative Scharoun-Kirche“
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Schutzgebühr: 8 EUR
Kontakt:
Stiftungsfonds „Initiative Scharoun-Kirche“
Glockengarten 70
44803 Bochum
Ansprechpartner: Tom Tritschel
Tel. 0234 - 352 208
Weitere Infos: www.scharoun-kirche.de
E-mail: [email protected]
Impressum:Redaktionelle Bearbeitung: Werner Möller
Mitarbeit: Ingetraud Rüsen, Tom Tritschel, Joachim Stams, Harald Gatermann, Rolf Rieniets.
Konzept / Layout: pluszwo.de, Nikolas JanitzkiFotos: pluszwo.de, Jonas Holthaus
Druck: Color Offset Waelter, Dortmund
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NEXUS Text und Kommunikation
MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON:UNTER DER SCHIRMHERRSCHAFT VON:
Dr. Christoph ZöpelStaatsminister im Auswärtigen Amt a.D., Minister des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.