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r1 ε r1 ε > r2 ε r2 ε

1 Dielektrische Wellenleiter - hft.tu-berlin.de · r1! > r2! bzw . n 2 < n 1 r1! =n 1 2 r2! =n 2 2 " # # # " 1 1 1 2 2 reß ektierte W elle transmittierte W elle einfallende

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/1

Bisher haben wir nur Wellenleiter behandelt, die metallische Leiter beinhalten. Wie wir gesehen haben,

steigen bei derartigen Wellenleitern i. A. die Verluste mit der Frequenz an, so dass es vorteilhaft ist,

bei sehr hohen Frequenzen (z.B. > 100GHz) Wellenleiter ohne metallische Leiter zu verwenden.

Man gelangt so zu den dielektrischen Wellenleitern, die insbesondere im optischen Spektralbereich eine

sehr groÿe Bedeutung erlangt haben (Lichtwellenleiter, Glasfasern). Diese Lichtwellenleiter stellen das

Rückgrat der Optischen Nachrichtentechnik dar.

1 Dielektrische Wellenleiter

Dielektrische Wellenleiter zeichnen sich dadurch aus, dass die Wellenführung durch eine radiale Va-

riation der relativen Dielektrizitätskonstanten "r erreicht wird. In der einfachsten Form ist damit ein

dielektrischer Wellenleiter wie folgt gegeben:

r1ε r1ε >

r2ε

r2ε

Abb. 1: Prinzip eines dielektrischen Wellenleiters.

Bei dielektrischen Materialien gilt überall � = �0. Dielektrische Wellenleiter werden bevorzugt im

optischen Spektralbereich verwendet (oder im nahen Infrarot), wobei sich beispielsweise sichtbares

Licht durch den Wellenlängenbereich

�o = 0; 4 : : : 0; 8 µm (1)

bzw. den Frequenzbereich

fo =c0

�o= 750 : : : 375THz (2)

auszeichnet (Anmerkung: 1THz = 1012Hz = 1000GHz).

Lichtwellenleiter oder Glasfasern bestehen überwiegend aus Quarzglas (SiO2), und Abb. 2 zeigt den

typischen Dämpfungsverlauf einer derartigen Quarzglasfaser.

Wichtig ist dabei insbesondere die Rayleigh-Streuung �S, die durch Streuung des Lichts an kleinen

Glaspartikeln entsteht und mit 1=�40 mit zunehmender Wellenlänge abnimmt. Mit zunehmender Wel-

lenlänge nimmt die Dämpfung schlieÿlich durch die Infrarot-Absorption �IR wieder zu, die durch die

Anregung molekularer Schwingungen im Glas entsteht. Die minimale Dämpfung ergibt sich für Wel-

lenlängen im Bereich �o � 1; 5 : : : 1; 6 µm (oder f � 200THz), also im nahen Infrarot, zu Werten von

ca. 0; 2 dB/km.

Diese Dämpfung ist um ca. 3 Gröÿenordnungen niedriger als wir es von Koaxialkabeln oder Hohlleitern

im GHz-Bereich gewohnt sind. Damit stellt die Quarzglasfaser einen hervorragenden Wellenleiter dar,

der eine extrem niedrige Dämpfung (bei 0; 2 dB/km ist noch nach 15 km Faserlänge die Hälfte des

eingekoppelten Lichts vorhanden) mit einer hohen Bandbreite verbindet (allein der Wellenlängenbereich

�o = 1; 5 µm bis �o = 1; 55 µm entspricht schon einer Bandbreite von 6THz = 6000 GHz).

TU Berlin � Prof. Dr.-Ing. K. Petermann

Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/2

0

Abb. 2: Typischer Dämpfungsverlauf einer Quarzglasfaser (�S � Rayleigh-Streuung, �IR � Infrarot-

Absorption, �UV � Ultraviolett-Absorption, �OH � Absorption durch OH-Verunreinigungen) (aus:

Voges/Petermann, Handbuch Optische Kommunikationstechnik, Springer 2002).

1.1 Totalre�exion

Am einfachsten kann man sich die Wellenausbreitung in einem dielektrischen Wellenleiter vorstellen,

wenn man die Re�exion einer ebenen Welle an der Grenz�äche zwischen 2 Dielektrika betrachtet (Abb.

3):

r1ε > r2εbzw. n2 < n1

r1ε =n12

r2ε =n22

φ

θ

θ θ

φ

1

1

1 2

2

transmittierte Wellereflektierte Welle

einfallende Welle

Abb. 3: Re�exion und Transmission an dielektrischen Grenz�ächen.

Zwischen den Einfallswinkeln der einfallenden Welle und der transmittierten Welle gilt das Snellius'sche

Brechungsgesetz:cos �2

cos �1=

sin'2

sin'1

=n1

n2(3)

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/3

n1, n2 stellen dabei die Brechzahlen, n1 =p"r1, n2 =

p"r2 dar. Bei gegebenem �1 und n1 < n2 ergibt

sich aus Gl. (3) nur dann eine Lösung für �2, wenn �1 > �1g mit

cos �1g =n2

n1(4)

ist. �1g stellt den Grenzwinkel der Totalre�exion dar, für �1 < �1g wird die einfallende Welle total

re�ektiert.

2 Stufenfasern

Die einfachste Form eines Lichtwellenleiters besteht aus einem lichtführenden Faserkern mit der Brech-

zahl n1 und einem Fasermantel mit der Brechzahl n2 < n1, wobei der Unterschied im Prozentbe-

reich oder sogar darunter liegt. Der Faserkerndurchmesser liegt typischerweise in der Gröÿenordnung

2a � 10� 100 µm und der Durchmesser vom Mantel bei D � 125 µm.

��� �

Abb. 4: Schematische Darstellung einer Stufenfaser.

Die Stufenfaser weist folgendes Brechzahlpro�l auf

n(r) =

n1 für r � a

n2 für a < r � D

2

(5)

�1 sei nun der Winkel der eingekoppelten Welle zur Faserachse und 1 der Winkel, unter dem die Welle

aus dem freien Raum (n0 = 1) in die Faser eingekoppelt wird. Die Welle wird dann im Kern geführt,

wenn �1 < �1g ist. Es gilt

sin(�1g) =√1� cos2(�1g) =

1

n1

√n21 � n22 (6)

Mit dem Brechungsgesetz von Snellius folgt

sin( 1g) = n1 sin(�1g) =√n21 � n22 = AN (7)

AN wird als numerische Apertur bezeichnet und gibt den maximalen Winkel 1 an, für den die Welle

nur im Kern geführt wird. Wenn man eine Quarzglasfaser mit n1 = 1; 46 und n2 = 1; 45 annimmt,

ergibt sich AN = 0; 17, was auf einen maximalen Einfallswinkel 1g = 9; 8� führt.

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/4

2.1 Eigenwellen in schwach führenden Stufenfasern

Die Strahlenbetrachtung in Abb. 4 gilt eigentlich nur im Grenzfall �o ! 0. Zur genaueren Analyse

der Wellenausbreitung in dielektrischen Wellenleitern ist es ähnlich wie beim Hohlleiter erforderlich, die

ausbreitungsfähigen Eigenwellen zu bestimmen.

Die Brechzahlunterschiede zwischen Faserkern und -mantel sind in Glasfasern in der Regel sehr gering,

so dassn1 � n2n1

� 1 (8)

gilt. Man spricht dann von einer schwach führenden Faser. Bei Gültigkeit von Gl. (8) lassen sich dann

die Eigenwellen näherungsweise als so genannte LP-Wellen (linear polarisierte Wellen) beschreiben.

So lässt sich dann beispielsweise eine in transversaler Richtung linear polarisierte Welle annehmen mit

einer elektrischen Feldverteilung:

Ex = (r; ') exp(�j�z) (9)

mit der Phasenkonstanten � (Annahme: verlustfreier Wellenleiter) und Ey � 0.

Zunächst soll die Gröÿenordnung von � abgeschätzt werden. Aus der Strahlenbetrachtung in Abb. 4

folgt

� = k0n1 cos(�1) (10)

Für die geführte Welle ist 0 < �1 < �1g, daher ist

k0n2 < � < k0n1 (11)

Für die Feldkomponente Ex gilt die Wellengleichung (vgl. Gl. EB (25)) sowohl im Kern als auch im

Mantel.

4Ex + k20n

2i Ex = 0 (12)

mit i = 1; 2 . Es folgt aus Gl. (9)@2Ex

@z2= ��2Ex (13)

und damit erhält man aus Gl. (12) die Wellengleichung

4tEx +(k20n

2i � �2

)Ex = 0 (14)

mit dem transversalen Laplace-Operator

4t =@2

@x2+@2

@y2=

1

r

@

@r

(r@

@r

)+

1

r2@2

@'2(15)

Wenn man die skalare Feldfunktion (r; ') aus Gl. (9) im Faserkern und -mantel jeweils schreibt als

(r; ') =

1(r; ') für r � a 2(r; ') für r > a ;

(16)

ergibt sich dann für die Wellengleichung (14):

4t 1 +(k20n

21 � �2

) 1 = 0; r � a

4t 2 �(�2 � k20n22

) 2 = 0; r > a

(17)

Die Lösung von Gl. (17) führt zu den Eigenwellen der Stufenfaser, wobei noch die Randbedingungen

berücksichtigt werden müssen.

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/5

2.2 Randbedingungen

An der Grenz�äche zwischen Faserkern und Fasermantel müssen die tangentialen Feldkomponenten

stetig übergehen, d.h. E', Ez , H' und Hz müssen bei r = a stetig sein.

Aufgrund des Ansatzes entsprechend Gl. (9) müssen wir nun die Randbedingungen bezüglich Ex

formulieren. Für eine schwach führende Faser (Gl. (8)) führt die geforderte Stetigkeit von E' und H'

näherungsweise auf eine Stetigkeit auch von Ex , wie mit Abb. 5 erläutert wird.

��� �

� � � � �

� � � �

� � � �

� � � �

� � � � �

Abb. 5: Skizze zur Erläuterung der Randbedingungen.

Für ' = 90� ist in Abb. 5 o�ensichtlich, dass die geforderte Stetigkeit von E' dort auch der Stetigkeit

von Ex entspricht. Für ander eWinkel ' ist die nicht so o�ensichtlich. So ist beispielsweise für ' = 0 die

Normalkomponente der dielektrischen Verschiebung stetig (d.h. n2Ex muss dort stetig sein), wenn sich

aber n1 und n2 nur geringfügung von einander unterscheiden, ist auch bei ' = 0 Ex näherungsweise

stetig, d.h. die erste Randbedingung für Ex lautet näherungsweise:

Ex(Faserkern)

∣∣∣∣∣∣r=a

= Ex(Fasermantel)

∣∣∣∣∣∣r=a

für alle ' (18)

Es fehlt noch die Berücksichtigung der Forderung nach stetigem Verlauf von Hz bzw. Ez . Es gilt die

Maxwell'sche Gleichung

r� ~E = �j!µ0 ~H; (19)

woraus für Hz folgt (mit Ey � 0):

Hz =1

j!µ0

@Ex

@y: (20)

Die Ableitung @=@y beinhaltet in Zylinderkooordinaten sowohl die Ableitung @=@' als auch @=@r . Da

Gl. (18) für alle ' gilt, folgt aus Gl. (18) trivialerweise auch die Stetigkeit von @Ex=@'. Zusätzlich

muss allerdings noch die Stetigkeit von @Ex=@r sichergestellt werden. D.h., es muss gelten:

@Ex(Faserkern)

@r

∣∣∣∣∣∣r=a

=@Ex(Fasermantel)

@r

∣∣∣∣∣∣r=a

für alle ' (21)

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/6

Damit sind Hz (und Ez , wie auch leicht gezeigt werden kann) an der Grenz�äche zwischen Faserkern

und -mantel stetig.

Damit stellen Gl. (18) und (21) die bezüglich Ex zu erfüllenden Randbedingungen dar. Für die skalare

Feldfunktion (r; ') aus Gl. (9) und (16) heiÿt das:

1

∣∣∣∣∣∣r=a

= 2

∣∣∣∣∣∣r=a

(22)

@ 1

@r

∣∣∣∣∣∣r=a

=@ 2

@r

∣∣∣∣∣∣r=a

: (23)

2.3 Berechnung der Eigenwellen

Zunächst werden folgende Normierungen eingeführt:

Faserparameter: V = k0a√n21 � n22 = k0 � a � AN (24)

Normierte Ausbreitungskonstante: B =

�2

k20

� n22n21 � n22

=

(�k0� n2

)�(�k0+ n2

)(n1 � n2) � (n1 + n2) �

�k0� n2

n1 � n2 (25)

Kernparameter: u = Vp1� B = a

√k20n

21 � �2 (26)

Mantelparameter: v = VpB = a

√�2 � k20n22 (27)

V 2 = u2 + v2 (28)

Setzt man diese Normierungen in Gl. (17) ein, so erhält man

a24t 1 + u2 1 = 0 für r � a (29)

a24t 2 � v2 2 = 0 für r � a (30)

Die Lösungen von Gl. (29) führen zu einem oszillierenden Verhalten im Faserkern, während die Lösun-

gen von Gl. (30) zu exponentiell abklingenden Feldern im Fasermantel führen. Konkret ergibt sich:

1(r; ') = A1Jl

(ru

a

){cos(l � ')sin(l � ')

}(31)

2(r; ') = A2Kl

(rv

a

){cos(l � ')sin(l � ')

}(32)

Dabei ist Jl eine Besselfunktion und Kl eine modi�zierte Hankelfunktion ganzzahliger Ordnung.

Aus den Randbedingungen Gl. (22) und (23) folgt:

A1Jl(u) = A2Kl(v) (33)

A1u

aJ 0l (u) = A2

v

aK0

l (v); (34)

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/7

x

Jn

J0

J1J2 J3

Abb. 6: Besselfunktionen ganzzahliger Ordnung.

x

Kn

K1

K0

K2

Abb. 7: Modi�zierte Hankelfunktionen 0. bis 2. Ordnung.

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/8

wobei J 0l = dJl(x)= dx und K0

l = dKl(x)= dx bezeichnen.

Dividiert man nun beide Gleichungen durcheinander, so erhält man die charakteristische Gleichung zur

Bestimmung der Phasenkonstanten � (u und v enthalten nur � als Unbekannte).

u � J 0l (u)Jl(u)

=v �K0

l (v)

Kl(v)(35)

Für vorgegebenes V und vorgegebene Umfangsordnung l kann die Ausbreitungskonstante aus Gl.

(35) numerisch bestimmt werden. Die Gleichung hat im allgemeinen mehrere Lösungen, die mit p =

1; 2; 3::: nummeriert werden. p bezeichnet dabei die Anzahl der Feldextrema in radialer Richtung. Daher

wird die Bezeichnung LPlp-Welle mit der Umfangsordnung l und der radialen Ordnung p gewählt.

(Feldverteilungen einiger LPlp-Wellen sind in Abb. 8 dargestellt.)

Mit vorgegebener Dimensionierung (a; �0; n1; n2) der Faser folgt V , damit kann aus Gl. (35) u und v

bestimmt werden. Daraus ergibt sich mit Gl. (26) und Gl. (27) � und mit Gl. (31) und Gl. (32) auch

die Feldverteilung (r; '). Die Lösung von Gl. (35) ist in Abb. 9 dargestellt. Sie zeigt die normierte

Phasenkonstante B ( vergl. Gl. (25)) als Funktion von V .

Wie man aus Abb. 9 erkennt, ist für genügend kleine V < 2; 405 nur noch die LP01-Welle ausbrei-

tungsfähig.

Das bedeutet, dass für einen Faserparameter

V < 2; 405 (36)

eine einmodige Faser vorliegt (allerdings ist die dann verbleibende LP01-Welle noch in 2 Polarisationen

(Ex und Ey ) ausbreitungsfähig). Normalerweise wird ein Faserparameter V > 1; 5 gewählt, da die

Welle sonst zu schwach auf den Faserkern konzentriert ist.

Als Beispiel sei eine Faser folgendermaÿen dimensioniert:

Faserdurchmesser: 2a = 8 µm

Relative Brechzahldi�erenz: � =n1 � n2n1

= 3 � 10�3

Numerische Apertur: AN = 0; 116

Faserparameter: V = 2; 9µm�

Mit dieser Faser wäre ein einwelliger Betrieb also für Wellenlängen 1; 2 µm < � < 1; 9 µm möglich.

(r) des LP01-Grundmodes wird häu�g durch eine Gauÿverteilung angenähert:

(r) = A0 exp

(� r

2

w2

): (37)

w entspricht hierbei dem Fleckradius. Bei einer Stufenfaser mit V > 1; 2 ist wa� 0; 65+ 1;619

V 3=2 +2;879V 6 .

Mit steigendem V nimmt also der Fleckradius ab. Dies entspricht einer zunehmenden Konzentration

des Feldes auf den Faserkern.

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/9

Abb. 8: Feldverteilungen einiger LP-Moden. Von oben: LP01, LP11, LP25 und LP73 (aus: Vo-

ges/Petermann, Handbuch Optische Kommunikationstechnik, Springer 2002).

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Abb. 9: Normierte Phasenkonstante B von LPlp-Wellen in schwach führenden Stufenfasern (aus: Vo-

ges/Petermann, Handbuch Optische Kommunikationstechnik, Springer 2002).

2.4 Chromatische Dispersion

Auch bei einer einwelligen Faser ist zu berücksichtigen, dass die Gruppenlaufzeit der LP01-Welle wel-

lenlängenabhängig ist (chromatische Dispersion), was die Übertragungseigenschaften beein�usst. Die

Gruppenlaufzeit der Grundwelle pro Länge ist:

� =d�

d!(38)

Die Phasenkonstante � kann mit Gl. (25) ausgedrückt werden als

� = k0[B(n1 � n2) + n2] (39)

) � =dfk0[B(n1 � n2) + n2]g

d!(40)

Zur Vereinfachung wird die Annahme getro�en, dass die Abhängigkeit der Brechzahlen n1 und n2 von

! gleich ist:

dn1

d!=

dn2

d!(41)

) d(n1 � n2)d!

= 0 (42)

) dANd!

=

d

(√n21 � n22

)d!

� 0 (43)

Dadurch vereinfacht sich die Gleichung der Laufzeit Gl. (40) zu:

� = (n1 � n2)d(k0B)d!

+d(k0n2)

d!=n1 � n2c

� d(V � B)dV

+1

c

d(! � n2)d!

(44)

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/11

Die chromatische Dispersion ist die Ableitung der Laufzeit nach der Wellenlänge:

d�

d�= �n1 � n2

c � � � V d2(V � B)dV 2︸ ︷︷ ︸

DW^

=Wellenleiterdispersion

��c� d

2 n2

d�2︸ ︷︷ ︸DM

^

=Materialdispersion

(45)

Die chromatische Dispersion besteht damit im wesentlichen aus zwei Anteilen (Abb. 11)

1. der Wellenleiterdispersion DW und

2. der Materialdispersion DM .

Abb. 10: Dispersionsgröÿen der LP01-Grundwelle bei schwach führenden Stufenfasern (aus: Vo-

ges/Petermann, Handbuch Optische Kommunikationstechnik, Springer 2002).

Während die Materialdispersion durch das verwendete Quarzglas vorgegeben ist, ergibt sich die Wellen-

leiterdispersion im wesentlichen aus der Krümmung der B(V )-Charakteristik. Zur Veranschaulichung

sind in Abb. 10 die normierte Phasenkonstante B, der Term dV �BdV

, sowie der Term V � d2V �BdV 2 als

Funktion von V für die LP01-Welle einer Stufenfasern dargestellt.

Für einwellige Fasern mit einem Faserparameter V < 2; 4 ist V � d2V �BdV 2 positiv und damit die Wellenlei-

terdispersion negativ. Bei Wellenlängen von � > 1; 3 µm wird die Materialdispersion DM bei Quarzglas

(SiO2) positiv, wie in Abb. 11 dargestellt. Dies kann dafür genutzt werden, die Faser so zu dimen-

sionieren, dass die Nullstelle der Gesamtdispersion zu Wellenlängen � > 1; 3 µm verschoben wird.

Insbesondere kann die Nullstelle der gesamten chromatischen Dispersion zu � � 1; 55 µm verschoben

werden, wo die minimale Dämpfung erzielt wird.

Beispiele:

1. Standard-Einmodenfaser

Eine Standard-Einmodenfaser hat beispielsweise die folgenden Dimensionierungen: a = 4 µm ,

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/12

Abb. 11: Wellenleiterdispersion DW und Materialdispersion DM einer Standard-Einmodenfaser (aus:

Voges/Petermann, Handbuch Optische Kommunikationstechnik, Springer 2002).

� = n1�n2n1

= 3 � 10�3 , bzw. n1 � n2 = 4; 5 � 10�3 . Damit ergibt sich bei einer Wellenlänge

� = 1; 55 µm ein V = 1; 88 und damit gemäÿ Abb. 9 ein V �d2(V �B)= dV 2 = 0; 58 , woraus sich

aus Gl. (45) eine Wellenleiterdispersion DW = �5; 6 pskm�nm

ergibt, was nur zu einer teilweisen

Kompensation der Materialdispersion führt. Zur Illustration zeigt Abb. 11 für eine solche Faser

die einzelnen Anteile der chromatischen Dispersion.

2. Dispersionsverschobene Einmodenfaser

Durch Variation der Faserparameter lassen sich auch höhere Wellenleiterdispersionswerte erzie-

len, um z.B. die Materialdispersion DM = 20 pskm�nm

bei � = 1; 55 µm vollständig zu kompensie-

ren oder sogar zu überkompensieren (z.B. für eine sogenannte dispersionskompensierende Faser).

Gemäÿ Gl. (45) lassen sich höhere Werte der Wellenleiterdispersion für gröÿere Brechzahlunter-

schiede sowie kleinere V -Werte erreichen. So erhält man beispielsweise für eine Faserdimensio-

nierung mit a = 2; 4 µm , � = n1�n2n1

= 5 �10�3 , bzw. n1�n2 = 7; 5 �10�3 bei � = 1; 55 µm ein

V = 1; 46 und V �d2(V �B)= dV 2 = 1; 13 , so dass sich dann eine betragsmäÿig deutlich gröÿere

Wellenleiterdispersion von DW = �18; 2 pskm�nm

ergibt, mit der sich die Materialdispersion bei

� = 1; 55 µm im wesentlichen kompensieren lässt.

Anmerkung: Wie oben erwähnt, stellen die oben diskutierten LPlp-Wellen nur Näherungslösungen für

schwach führende Fasern dar. Bei der genauen Berechnung von dielektrischen Wellenleitern ergeben

sich ähnlich wie beim Hohlleiter E- und H-Wellen und darüber hinaus noch hybride HE- und EH-Wellen

(diese hybriden Wellen haben sowohl eine Hz- als auch eine Ez-Komponente). Abb. 12 zeigt, wie sich

beispielsweise eine LP11-Welle als Überlagerung von HE21-, E01- und H01-Wellen darstellen lässt.

Am wichtigsten ist die LP01-Grundwelle, die genau der HE11-Welle der exakten Lösung entspricht.

TU Berlin � Prof. Dr.-Ing. K. Petermann

Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/13

Abb. 12: Transversales elektrisches Feld von LP11-Wellen und ihre Überlagerung aus den eigentlichen

Wellen HE21, E01 und H01 [D. Gloge, Appl. Opt., Vol. 10, S. 2252� (1971)].

TU Berlin � Prof. Dr.-Ing. K. Petermann

Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/14

3 Gradientenfaser

Eine Einmodenfaser stellt ein nahezu ideales Übertragungsmedium dar, wegen der Forderung nach

kleinem V entsprechend Gl. (36) entspricht dies aber der Forderung nach kleinem Kerndurchmesser

2a und/oder einer kleinen numerischen Apertur AN . Dies erschwert die Licht-Einkopplung in derartige

Fasern sowie die Realisierung von Fasersteckern bzw. -spleiÿen.

Insbesondere für Kurzstreckensysteme oder die Gebäudeverkabelung ist es deshalb wünschenswert,

Vielmodenfasern mit gröÿerem Kerndurchmesser und/oder höherer numerischer Apertur zu verwenden.

Abb. 3 zeigt noch einmal den Strahlenverlauf in einer Stufenfaser. Es ist o�ensichtlich, dass die Laufzeit

der Wellen (bzw. Strahlen) mit zunehmendem �1 zunimmt. Wenn man die Laufzeitdi�erenz zwischen

dem schnellsten (�1 = 0) und dem langsamsten (�1 = �g) Strahl einer Faser der Länge L berechnet,

ergibt sich näherungsweise

�t =L

2c0n1A2N : (46)

Für eine typische Faser mit AN = 0; 2 und n1 = 1; 46 ergibt sich ein �t=L = 45 ns/km, was bei

einer Übertragungslänge von L = 1 km und binärer Übertragung nur noch eine Übertragung von ca.

20Mb/s zulässt.

Ein Trick besteht darin, statt eines Stufenpro�ls ein sog. Gradientenpro�l für den Brechzahlverlauf

wie in Abb. 3 zu verwenden:

��� �

� �

����

��

��

��

��

��

� �

����

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

Abb. 13: Strahlverlauf in a) einer Stufenfaser und b) einer Gradientenfaser.

In der Gradientenfaser gelangen die Strahlen mit höherem �1 in Bereiche mit kleinerer Brechzahl

und werden damit schneller. Durch geeignete Wahl eines Brechzahlpro�ls n(r) können sich gröÿere

Weglänge und die erreichte höhere Geschwindigkeit entlang des Strahlweges gerade aufheben. Der

Brechzahlverlauf einer Gradientenfaser wird häu�g beschrieben durch das sog. Potenzpro�l (power-

law pro�le)

n2(r) =

n21

(1� 2�

[r

a

]g)für r � a

n21(1� 2�) = n22 für r > a

(47)

mit dem Pro�lexponenten g. Beispielsweise wird mit g = 2 das parabolische Brechzahlpro�l und mit

g !1 das Stufenpro�l beschrieben.

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/15

Der optimale Pro�lexponent g = gopt hängt davon ab, mit welcher Materialvariation die Brechzahl der

Gradientenfaser variiert wird. Häu�g wird die Brechzahlvariation dadurch erreicht, dass beim Quarzglas

ein Teil des SiO2 durch GeO2 ersetzt wird; bei einer derartigen Gradientenfaser zeigt. Abb. 3 den

optimalen Pro�lexponenten gopt als Funktion der Wellenlänge. Abb. 3 zeigt schlieÿlich die erreichbare

Abb. 14: Optimaler Pro�lexponent gopt in Abhängigkeit von der Wellenlänge �0 für mit Germanium

dotiertes Quarzglas.

Bandbreite einer Gradientenfaser in Abhängigkeit davon, wie stark der realisierte Pro�lexponent g von

gopt abweicht. Man sieht, dass für hohe Bandbreiten gopt sehr genau getro�en werden muss, wobei

praktische Bandbreiten bis ca. 3GHz � km erreicht werden. Derartige Fasern haben typischerweise

Kerndurchmesser von 2a = 50 µm und eine numerische Apertur AN � 0; 2.

Für Kurzstreckensysteme lassen sich derartige Gradientenfasern vorteilhaft einsetzen. Für 10-Gigabit-

Ethernet damit ist eine Übertragung über 300m möglich, während sich für 100-Gigabit-Ethernet

immer noch eine Übertragungslänge von ca. 100m ergibt (Wellenlängen-Multiplex mit 4 Wellenlängen

à 25Gb/s).

4 Signalübertragung in Einmodenfasern

Im Vergleich zu Gradientenfasern weisen Einmodenfasern ein sehr viel besseres Signalübertragungs-

verhalten auf. Aufgrund der chromatischen Dispersion gibt es aber auch in Einmodenfasern u.U. eine

Signaldegradation, die hier genauer analysiert werden soll.

Das orts- und zeitabhängige elektrische Feld E lässt sich schreiben als

E(z; t) = A(z; t) exp(�j�0z + j!0t) (48)

A(z; t) bezeichnet dabei eine im Vergleich zur optischen Frequenz langsam variierende komplexe Ampli-

tude für ein monochromatisches optisches Feld mit der optischen Frequenz !0 und der dazugehörigen

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/16

Abb. 15: 6-dB-Bandbreite des übertragenen elektrischen Signals einer vielwelligen Gradientenfaser mit

numerischer Apertur AN = 0; 24.

Phasenkonstanten �0. Das reale elektrische Feld in der Faser (z.B. Ex für die LP01 - Welle) entspricht

dabei dem Realteil von (48).

Die Signalausbreitung entlang der Faser lässt sich sehr einfach im Frequenzbereich mit der Fourier-

Transformierten von E(z; t) beschreiben (zur Vereinfachung wird für die Dämpfung � = 0 angenom-

men):

E(z; t) � � E(z; j!) (49)

gemäÿ

E(z; j!) = E(z = 0; j!) exp(�j�(!)z) (50)

Die Phasenkonstante �(!) wird um ! = !0 in eine Taylor-Reihe entwickelt:

�(!) = �0 + �(! � !0) + 1

2�2(! � !0)2 + ::: (51)

mit �0 = �(!0) wie bereits in (48), der Gruppenlaufzeit pro Länge

� =d�

d!; (52)

und der chromatischen Dispersion

�2 =d2�

d!2=

d�

d!= � d�

d�0

(�202�c0

)(53)

Gl. (50) führt mit (51) auf:

E(z; j!) = E(z = 0; j!) � exp(�j�0z) exp[�j�z(! � !0)] exp(�j 1

2�2z(! � !0)2

)(54)

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Mit Gl. (54) ist die Signalausbreitung prinzipiell vollständig beschrieben. Uns interessiert jedoch die

Signalausbreitung bezüglich der Amplitudenfunktion A(z; t), wobei es zweckmäÿig ist, eine retardierte

Zeitachse (t 0 = t � � � z) einzuführen, da die Gruppenlaufzeit des Signals im wesentlichen durch

� � z gegeben ist. Für die Amplitudenfunktion wird nun eine Fouriertransformierte mit t = t 0 + � � zeingeführt:

A(z; t 0 + � � z) � � A(z; j) (55)

wobei die Frequenz der Di�erenz zwischen ! des Feldes in Gl. (49)-(51) und !0, d.h. = !�!0,entspricht.

Ähnlich zu Gl. (54) ergibt sich:

A(z; j) = A(z = 0; j) exp

(�j 1

2�2z

2

)(56)

Gl. (56) lässt sich als Di�erentialgleichung schreiben,

@A(z; j)

@z= A(z; j)

(�j 1

2�2

2

)(57)

Mit der retardierten Zeitachse t � t � �z und @=@t = j lässt sich (57) in den Zeitbereich transfor-

mieren:@A(z; t)

@z= j

�2

2

@2A(z; t)

@t2(58)

Die Kenntnis der Signalform A(z; t) an der Stelle z ermöglicht damit die Berechnung der Signalform

an der Stelle (z + �z).

Im Prinzip ist bereits mit der Gl. (56) die Signalübertragung entlang der Faser mit chromatischer

Dispersion vollständig beschrieben. Wenn am Faseranfang (z = 0) das Signal bekannt ist, ist auch

dessen Fourier-Transformation A(z = 0; j) bekannt, woraus sich dann A(z; j) bei beliebigem z

ergibt. Daraus ergibt sich dann durch Fourier-Rücktransformation A(z; t).

4.1 Übertragung eines Gauÿ'schen Pulses

Die Gauÿfunktion hat die Eigenschaft, dass auch deren Fourier-Transformierte wieder eine Gauÿfunk-

tion darstellt (vgl. Abschnitt S). Bei einem Gauÿförmigen Spektrum A(z = 0; j) ergibt sich wegen

Gl. (57) für alle z wieder ein Gauÿförmiges Spektrum, so dass es naheliegend ist, die Ausbreitung eines

Gauÿförmigen Pulses entlang einer dispersiven Faser zu analysieren. Die komplexe Amplitude A(z; t)

sei so normiert, dass für die optische Leistung P in der Faser

P (z; t) = jA(z; t)j2 (59)

gilt. Für z = 0 sei

P (z = 0; t) = P0 exp(�[t=t0]2

)(60)

und damit für die komplexe Amplitude

A(z = 0; t) =√P0 exp

(�1

2

[t

t0

]2)exp

(j'(t)

)(61)

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mit einer eventuellen zusätzlichen Phasenmodulation '(t). Beispielsweise führt die Modulation eines

Halbleiterlasers (aber auch von sonstigen externen Modulatoren) nicht nur zu einer Leistungsmodu-

lation, sondern auch zu einer Modulation der optischen Frequenz (chirp). Dies liegt daran, dass sich

bei einer Modulation der optischen Verstärkung auch die Brechzahl innerhalb des Halbleiterlasers und

damit die optische Emissionsfrequenz ändert. Dies lässt sich durch einen Parameter

�ch =�n0

�n00(62)

beschreiben, der die Kopplung zwischen einer Variation des Imaginärteils und des Realteils der Brech-

zahl beschreibt. Für eine Lasermodulation gilt (siehe z.B. K. Petermann, �Laser diode modulation and

noise�, Kluwer Academic 1991):

d'

dt= 2�(�(t)� �0) = �ch

2

(1

P

dP

dt

)(63)

woraus für den Gauÿförmigen Puls von Gl.(60) folgt:

d'

dt= �

(�ch=t

20

)t (64)

bzw.

'(t) = ��ch2

(t=t0)2 (65)

so dass sich die komplexe Amplitude gemäÿ Gl.(61) ergibt zu

A(z = 0; t) =√P0 exp

(�1

2(t=t0)

2(1 + j�ch)

)(66)

A(z; t) ergibt sich dann gemäÿ Gl.(57),(58).

Wie oben diskutiert bleibt die Gauÿ'sche Pulsform bei Ausbreitung entlang der Faser erhalten:

P (z; t) � exp(�[t=t1(z)]2

); (67)

wobei die Fourier-Transformation von Gl (66) mit Gl. (56) schlieÿlich auf

t1(z) = t0

√√√√(1� �ch�2zt20

)2

+

(�2z

t20

)2

(68)

führt. Abb. 16 zeigt den Verlauf der Pulsbreite für �2 < 0 (wie bei einer Standardfaser mit � =

1; 55 µm, dort ist �2 � �20 ps2=km). LD bezeichnet dabei die sog. Dispersionslänge:

LD = t20=j�2j: (69)

Ohne �Chirp� (�ch = 0) ergibt sich eine monotone Pulsverbreiterung, während sich für �ch � �2 > 0

auch eine Pulsverschmälerung ergeben kann. Aufgrund der Pulsverbreiterung eines Gauÿ-Pulses lässt

sich die maximal mögliche Übertragungsrate abschätzen.

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Abb. 16: Pulsbreite als Funktion der Faserlänge.

4.2 Maximale Übertragungsrate ohne Chirp (�ch = 0)

Ohne chirp (�ch = 0) ergibt sich die minimale Impulsbreite am Ausgang (z = L) für t20 = j�2Lj zu

t21 = 2j�2Lj; (70)

was bei binärer Modulation ungefähr eine maximale Bitrate B < 1=(2t1) ermöglicht und damit

BpL < 1=

√8j�2j =

√(2�=8) � c0j d�= d�j�20

; (71)

was beispielsweise für eine Standard-Einmodenfaser mit d�= d� = 17 ps=(nm � km) und �0 = 1; 55 µm

auf eine maximales Bitraten-pLängen-Produkt von

BpL = 75

Gb

s

pkm

führt.

Damit lässt sich ein binäres 10Gb/s-Signal immerhin über eine Strecke von ca. 50 km übertragen, was

damit die Überlegenheit einer Einmodenfaser gegenüber einer Gradientenfaser unterstreicht.

Auch deutlich längere Übertragungsstrecken sind möglich, wenn die chromatische Dispersion der Über-

tragungsfaser durch dispersionskompensierende Fasern (DCF � dispersion-compensating �bre) kom-

pensiert wird.

4.3 Nichtlineare Schrödingergleichung

Aufgrund des kleineren Faserquerschnitts sind die Leistungsdichten sehr hoch, so dass u.U. auch

nichtlineare E�ekte berücksichtigt werden müssen. Gl. (58) wird dazu erweitert einmal um einen Term,

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der die Dämpfung � in der Faser beschreibt sowie eine nichtlineare Phasenverschiebung (Kerr-E�ekt).

Es ergibt sich dann die sog. nichtlineare Schrödingergleichung:

@A(z; t)

@z= j

�2

2

@2A(z; t)

@t2� �A(z; t)� j j A j2 A(z; t); (72)

wobei die nichtlineare Phasenverschiebung durch den Parameter beschrieben wird, der bei einer

Quarzglasfaser den Wert

=1:31

W � km80 µm2

Ae�

(73)

annimmt. Aef f bezeichnet die e�ektive wirksame Fläche der LP01-Grundwelle, die bei einer Stan-

dardfaser typischerweise den Wert Ae� = 80µm2 aufweist. Die nichtlineare Phasenverschiebung kann

für ∫ P (z) dz � 1 (74)

vernachlässigt werden, wobei das Integral in Gl. (74) über die gesamte Faserstrecke (einschlieÿlich der

optischen Verstärker) zu erstrecken ist. So spielt die nichtlineare Phasenverschiebung für P (z) � 1mW

und eine Streckenlänge L = 100 km beispielsweise noch keine Rolle, für L = 1000 km jedoch muss

sie mit berücksichtigt werden. Die nichtlineare Phasenverschiebung in Gl. (72) führt insbesondere zu

folgenden E�ekten:

1. Selbstphasenmodulation

Aufgrund der intensitätsabhängigen Phasenverschiebung des Kerr-E�ekts wird die Phase des

Signals selbst moduliert, was unter Umständen zu einer erheblichen spektralen Verbreiterung

führen kann.

2. Kreuzphasenmodulation

Bei einem Wellenlängenmultiplexsystem wird die Phase eines Kanals auch durch die Intensitäts-

schwankungen der Nachbarkanäle moduliert. Dies führt zu einem Übersprechen zwischen den

verschiedenen Kanälen.

3. Vierwellenmischung

Bei 3 vorhandenen Signalen der optischen Frequenzen !i , !j , !k ergibt sich z.B. ein viertes Signal

bei der Frequenz !i � (!j �!k). Auch dies führt zu einem Übersprechen zwischen verschiedenen

Kanälen.

Eine Analyse der Signalausbreitung mit den obigen E�ekten ist im Allgemeinen nur durch numerische

Auswertung von Gl. (72) möglich. Wichtig ist dabei auch die Gröÿe der chromatischen Dispersion. Im

allgemeinen ist es vorteilhaft, wenn die lokale Dispersion j�2(z)j möglichst groÿ ist.

5 Ausblick

Moderne optische Übertragungssysteme übertragen die Datensignale in der Regel nicht nur bei einer,

sondern bei vielen Wellenlängen parallel über eine Glasfaser. Ein derartiges �1 : : : �N-Übertragungssystem

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/21

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Abb. 17: WDM-Übertragungssystem mit Faserverstärkern.

(WDM � wavelength-division multiplexing) ist in Abb. 17 skizziert. Die einzelnen Wellenlängenkanäle

�1 : : : �N werden zunächst in einem Multiplexer (MUX) zusammengeführt. Im sog. optischen Ver-

stärker (OA � optical ampli�er) können diese Wellenlängenkanäle dann gemeinsam verstärkt werden,

um dann in der Übertragungsfaser übertragen zu werden. Bei sehr groÿen Übertragungslängen werden

entlang der Strecke weitere optische Verstärker eingefügt. Auf diese Weise können Strecken bis zu

mehreren 1000 km überbrückt werden (z.B. Trans-Antlantik, Trans-Pazi�k).

Die optischen Verstärker bestehen z.B. aus Er-dotierten Fasern, die optisch �gepumpt� werden und

eine Verstärkung z.B. zwischen �0 = 1530 nm und �0 = 1565 nm ermöglichen.

YOSHIKANE AND MORITA: 1.14 b/s/Hz SPECTRALLY EFFICIENT 50 85.4-Gb/s TRANSMISSION OVER 300 km 113

Fig. 8. Signal waveforms of ch26 after 300-km transmission. (a) BeforeMZDI, (b) constructive port, (c) destructive port, and (d) after double-balancedreceiver.

Fig. 9. Optical spectrum after 300-km transmission (CW light).

EDFA repeaters. In this experiment, the optically prefilteredRZ-DQPSK signal can improve the spectral efficiency dras-

Fig. 10. -factor and OSNR after 300-km transmission. (Open circles:In-phase component; filled dots: Quadrature component).

tically in a single polarization and leads to 4-Tb/s capacity trans-mission with only the 27.6-nm bandwidth.

ACKNOWLEDGMENT

The authors would like to thank T. Asami, M. Suzuki, Y.Nagao, and N. Edagawa of KDDI R&D Laboratories for theircontinued encouragement.

REFERENCES

[1] T. Ito, T. Ono, Y. Yano, K. Fukuchi, H. Yamazaki, M. Yamaguchi, andK. Emura, “Feasibility study on over 1 bit/s/Hz high spectral efficiencyWDM with optical duobinary coding and polarization interleave multi-plexing,” in Proc. 1997 Optical Fiber Conf. (OFC’97), Dallas, TX, 1997,Paper TuJ1, pp. 43–45.

[2] H. Sotobayashi, W. Chujo, and K. Kitayama, “1.6 bit/s/Hz, 6.4 Tbit/sOCDM/WDM (4 OCDM 40 WDM 40 Gbit/s) transmission exper-iment,” in Proc. ECOC 2001, Amsterdam, The Netherlands, Sep. 2001,PD.M.1.3, pp. 6–7.

[3] S. Bigo, Y. Frignac, G. Charlet, W. Idler, S. Borne, H. Gross, R. Dischler,W. Poehlmann, P. Tran, C. Simonneau, D. Bayart, G. Veith, A. Jourdan,and J. P. Hamaide, “10.2 Tbit/s (256 42.7 Gbit/s PDM/WDM) trans-mission over 100 km TeraLight™ fiber with 1.28 bit/s/Hz spectral effi-ciency,” presented at the 2001 Optical Fiber Conf. (OFC’01), Anaheim,CA, Mar. 2001, PD25-1.

[4] C. Davidson, L. Liu, A. Lucero, B. Bakhshi, P. Corbett, H. Zhang, Y.Cai, M. Nissov, A. Pilipetskii, and N. Bergano, “Polarization trackingreceiver demonstration over transoceanic distance,” in Proc. 2003 Op-tical Fiber Conf. (OFC’03), Atlanta, GA, Mar. 2003, TuF3, pp. 179–180.

[5] Y. Yamada, H. Taga, Y. Kurosawa, and K. Goto, “Transmission exper-iment of 106% spectral efficiency over 2276 km utilizing polarizationand sideband interleaved VSB (PSI-VSB),” in Proc. ECOC 2003, Ri-mini, Italy, Sep. 2003, Th2.3.2, pp. 964–965.

[6] C. Wree, N. Hecker-Denschlag, E. Gottwald, P. Krummrich, J. Leib-rich, E. Schmidt, B. Lankl, and W. Rosenkranz, “High spectral efficiency1.6-b/s/Hz transmission (8 40-Gb/s with a 25-GHz Grid) over 200-kmSSMF using RZ-DQPSK and polarization multiplexing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 15, pp. 1303–1305, Sep. 2003.

[7] P. S. Cho, G. Harston, C. J. Kerr, A. S. Greenblatt, A. Kaplan, Y. Achiam,G. Levy-Yurista, M. Margalit, Y. Gross, and J. B. Khurgin, “Investigationof 2-b/s/Hz 40-Gb/s DWDM transmission over 4 100-km SMF-28fiber using RZ-DQPSK and polarization multiplexing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 16, pp. 656–658, Feb. 2004.

[8] Y. Zhu, K. Cordina, N. Jolley, R. Feced, H. Kee, R. Rickard, and A. Had-jifotiou, “1.6 bit/s/Hz orthogonally polarized CSRZ-DQPSK transmis-sion of 8 40 Gbit/s over 320 km NDSF,” presented at the OFC 2004,Los Angeles, CA, Feb. 2004, TuF1.

[9] T. Ito, K. Fukuchi, K. Sekiya, D. Ogasawara, R. Ohhira, and T. Ono, “6.4Tb/s (160 40 Gb/s) WDM transmission experiment with 0.8 bit/s/Hzspectral efficiency,” presented at the ECOC 2000, Munich, Germany,Sep. 2000, PD1.1.

[10] A. H. Gnauck, G. Raybon, S. Chandrasekhar, J. Leuthold, C. Doerr, L.Stulz, and E. Burrows, “25 40-Gb/s copolarized DPSK transmissionover 12 100-km NZDF with 50-GHz channel spacing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 15, pp. 467–469, Mar. 2003.

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Fig. 8. Signal waveforms of ch26 after 300-km transmission. (a) BeforeMZDI, (b) constructive port, (c) destructive port, and (d) after double-balancedreceiver.

Fig. 9. Optical spectrum after 300-km transmission (CW light).

EDFA repeaters. In this experiment, the optically prefilteredRZ-DQPSK signal can improve the spectral efficiency dras-

Fig. 10. -factor and OSNR after 300-km transmission. (Open circles:In-phase component; filled dots: Quadrature component).

tically in a single polarization and leads to 4-Tb/s capacity trans-mission with only the 27.6-nm bandwidth.

ACKNOWLEDGMENT

The authors would like to thank T. Asami, M. Suzuki, Y.Nagao, and N. Edagawa of KDDI R&D Laboratories for theircontinued encouragement.

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[1] T. Ito, T. Ono, Y. Yano, K. Fukuchi, H. Yamazaki, M. Yamaguchi, andK. Emura, “Feasibility study on over 1 bit/s/Hz high spectral efficiencyWDM with optical duobinary coding and polarization interleave multi-plexing,” in Proc. 1997 Optical Fiber Conf. (OFC’97), Dallas, TX, 1997,Paper TuJ1, pp. 43–45.

[2] H. Sotobayashi, W. Chujo, and K. Kitayama, “1.6 bit/s/Hz, 6.4 Tbit/sOCDM/WDM (4 OCDM 40 WDM 40 Gbit/s) transmission exper-iment,” in Proc. ECOC 2001, Amsterdam, The Netherlands, Sep. 2001,PD.M.1.3, pp. 6–7.

[3] S. Bigo, Y. Frignac, G. Charlet, W. Idler, S. Borne, H. Gross, R. Dischler,W. Poehlmann, P. Tran, C. Simonneau, D. Bayart, G. Veith, A. Jourdan,and J. P. Hamaide, “10.2 Tbit/s (256 42.7 Gbit/s PDM/WDM) trans-mission over 100 km TeraLight™ fiber with 1.28 bit/s/Hz spectral effi-ciency,” presented at the 2001 Optical Fiber Conf. (OFC’01), Anaheim,CA, Mar. 2001, PD25-1.

[4] C. Davidson, L. Liu, A. Lucero, B. Bakhshi, P. Corbett, H. Zhang, Y.Cai, M. Nissov, A. Pilipetskii, and N. Bergano, “Polarization trackingreceiver demonstration over transoceanic distance,” in Proc. 2003 Op-tical Fiber Conf. (OFC’03), Atlanta, GA, Mar. 2003, TuF3, pp. 179–180.

[5] Y. Yamada, H. Taga, Y. Kurosawa, and K. Goto, “Transmission exper-iment of 106% spectral efficiency over 2276 km utilizing polarizationand sideband interleaved VSB (PSI-VSB),” in Proc. ECOC 2003, Ri-mini, Italy, Sep. 2003, Th2.3.2, pp. 964–965.

[6] C. Wree, N. Hecker-Denschlag, E. Gottwald, P. Krummrich, J. Leib-rich, E. Schmidt, B. Lankl, and W. Rosenkranz, “High spectral efficiency1.6-b/s/Hz transmission (8 40-Gb/s with a 25-GHz Grid) over 200-kmSSMF using RZ-DQPSK and polarization multiplexing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 15, pp. 1303–1305, Sep. 2003.

[7] P. S. Cho, G. Harston, C. J. Kerr, A. S. Greenblatt, A. Kaplan, Y. Achiam,G. Levy-Yurista, M. Margalit, Y. Gross, and J. B. Khurgin, “Investigationof 2-b/s/Hz 40-Gb/s DWDM transmission over 4 100-km SMF-28fiber using RZ-DQPSK and polarization multiplexing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 16, pp. 656–658, Feb. 2004.

[8] Y. Zhu, K. Cordina, N. Jolley, R. Feced, H. Kee, R. Rickard, and A. Had-jifotiou, “1.6 bit/s/Hz orthogonally polarized CSRZ-DQPSK transmis-sion of 8 40 Gbit/s over 320 km NDSF,” presented at the OFC 2004,Los Angeles, CA, Feb. 2004, TuF1.

[9] T. Ito, K. Fukuchi, K. Sekiya, D. Ogasawara, R. Ohhira, and T. Ono, “6.4Tb/s (160 40 Gb/s) WDM transmission experiment with 0.8 bit/s/Hzspectral efficiency,” presented at the ECOC 2000, Munich, Germany,Sep. 2000, PD1.1.

[10] A. H. Gnauck, G. Raybon, S. Chandrasekhar, J. Leuthold, C. Doerr, L.Stulz, and E. Burrows, “25 40-Gb/s copolarized DPSK transmissionover 12 100-km NZDF with 50-GHz channel spacing,” IEEE Photon.Technol. Lett., vol. 15, pp. 467–469, Mar. 2003.

Abb. 18: Optisches Spektrum (links) und Übertragungsqualität der einzelnen Wellenlängenkanäle

(rechts) eines 50�85; 4Gb/s-WDM-Systems [aus: N. Yoshikane and I. Morita, �1:14 b/s/Hz Spec-

trally E�cient 50� 85:4-Gb/s Transmission Over 300 km Using Copolarized RZ-DQPSK Signals,�

J. of Lightwave Technol., Vol. 23, No. 1, pp. 108�114 (2005)].

In diesem Wellenlängenbereich lassen sich bereits sehr viele Wellenlängenkanäle unterbringen. Als Bei-

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Hochfrequenztechnik I Grundlagen der optischen Nachrichtentechnik ONT/22

spiel zeigt Abb. 18 die Übertragung von 50 Wellenlängenkanälen mit je 85; 4Gb/s. Damit ist die

Machbarkeit der Übertragung von hohen Datenraten > 1Tb/s (1Tb=s = 1000Gb=s) über Einmo-

denfasern gezeigt.

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