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1 Hartmut Kliemt Frankfurt School of Finance and Management, 08.04.2009, Vortrag Uni Hamburg Der Wohlfahrtsstaat, ein notwendiges Übel?

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Hartmut KliemtFrankfurt School of Finance and Management,

08.04.2009, Vortrag Uni Hamburg

Der Wohlfahrtsstaat, ein notwendiges Übel?

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1. Wohlfahrtsstaat?

2. Notwendig?

3. Staatsübel?

4. Einhegung des Übels durch liberale Politiken

5. Vertragstheoretische Übelsverleugnung

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1. Kennzeichen eines Staates überhaupt und eines Wohlfahrtsstaates I. Anwendung fundamentaler Zwangsgewalt,

die nicht auf vorheriger Zustimmung der Betroffenen beruht

II. Regulierung, da selektiv etwas erlaubt bzw. verboten wird

III. Umverteilung: Rechteschutz nicht-optional, wird nicht nach Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft angeboten

II. Feststellung: Jeder Staat auch der Minimalstaat (Nachtwächterstaat) ist ein Wohlfahrtsstaat.

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Das Kontinuum der Wohlfahrtsstaaten

Minimal-

Staat

Ultraminimal-staat

Moderner Fürsorge-Staat

Kern-Abwehrrechte werdengarantiert unabhängigvon Zahlungsbereitschaft

Anspruchsrechte umfassendgarantiert unabhängigvon Zahlungsbereitschaft

SozialistischOrdo-liberal

Ansteigende Zwangsumverteilung

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2. Notwendigkeit des Staates

I. Keine Notwendigkeit des Staates im Sinne von Unvermeidlichkeit: Menschen lebten seit Urzeiten in kleinen konventionsbasierten Gruppen (auch Island 870-1100)

II. Der Staat ist keine generell notwendige Bedingung für die Bereitstellung öffentlicher Güter: VCM‘s mit positiven Kontributionen existieren, Jasay

III. Der Staat als pfadabhängige, selbstbegründende Notwendigkeit des Selbstschutzes gegen den Staat: Wenn es einen Staat gibt, wird es notwendig, sich gegen den Staat durch einen Staat zu schützen, Anarchie-Gleichgewicht unerreichbar

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3. Der Übelcharakter des Staates

I. Konventionelles Naturrecht verletzt? Nichts zwingt dazu, dieses Naturrecht zu akzeptieren

II. Naturrecht im Sinne des Vernunftrechtes verletzt?Aber es gibt keine zwingenden Argumente für das Vernunftnaturrecht

III. Es gibt de facto nie Einmütigkeit und daher de facto immer Zwang

IV. Wenn Zwang ein Übel ist, sollte man seine Reduzierung – soweit nicht starke Gegengründe existieren – anstreben

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Die Einhegung des Staatsübels: Beispiele konkreter Politiken

Wohl oder übel mit dem Staat leben

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4. Politisch liberale Grundüberzeugungen

Liberales Grundaxiom I: Fundamentale Zwangsausübung ist in der Regel ein Übel für den, der Zwang erleidet und den, der Zwang ausübt.

Liberales Grundaxiom II: Die Ausübung fundamentaler Zwangsgewalt nach möglichst allgemeinen Regeln mit möglichst geringen diskretionären Spielräumen reduziert das Zwangsübel (zumindest c.p.).

Ordo-Liberale Hypothese: Die Produktionsfunktion für negative Abwehrrechte enthält positive Teilhaberechte als Argumente.

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Politiken 1: Friedmans negative Einkommenssteuer

I. Die Umverteilung sollte nach dem Modell der negativen Abwehrrechte möglichst alle Bürger gleich behandeln

II. Die Bürger sollten aus anti-paternalistischen und allokativen Gründen selbst bestimmen dürfen, wie sie die ihnen zugeschriebenen Mittel verwenden

III. Probleme der negativen Einkommenssteuer 1. Ausnutzung von Skalenökonomien durch Benefiziare2. Es geht nicht nur um die Bedürfnisse, der

Benefiziare Mandevilles Hühneraugen, daher zweckgebundene (in kind) Transfers

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Politiken 2: Rescue principle

I. Normatives Rescue Principle: Die mit vertretbarem Aufwand mögliche Rettung von Personen aus unmittelbar (lebens-)bedrohenden Situationen ist staatlich zu garantieren

II. Empirische Hintergrundannahme (Spezifikation der ordoliberalen Grundhypothese): Wenn man nicht den Prozess der Sicherung der freiheitlichen Kernrechte gefährden will, dann muss man aus symbolpolitischen Gründen konkrete individuelle Leben vor unmittelbarer Gefährdung retten

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Art und Umfang des Übels der Staatstätigkeit nach rescue principle

I. Minimale Garantien des Überlebens, minimale positive Teilhaberechte sind in wohlhabenden Staaten generell zu kleinen Umverteilungskosten zu haben: Wohnung, Essen, Kleidung, Heizung

II. Zunehmende Ausnahme: Medizin

1. Rescue im politischen Liberalismus keine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, sondern eine Frage politischer Stabilität

2. Bestimmung des Umfangs öffentlicher Versorgungsgarantien als Minimierungs- nicht als Maximierungsaufgabe

(Entweder handelt es sich bei medizinischen Garantien um öffentliche Aufgabe oder nicht ...)

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5. Wider die frommen Zwangsvermeidungs-Lügen der Gesellschaftsvertragstheorien Vertrag bzw. Zustimmung als Quelle der

LegitimitätI. Alle haben zugestimmt: AbsurdII. Alle hätten zustimmen können:

1. Aber realer Zwang wird faktisch ausgeübt2. Nierenlotterie?3. Heuristik, die in die Irre führt, sollte man ablehnen

Vertrags- bzw. Zustimmungsbereich als Ziel I. Ausweitung des Bereiches freiwilliger

Zustimmung und Autonomie Privatvertragsgesellschaft über Ermächtigungsregeln

II. Begrenzung des kollektiv finanzierten Handelns Subsidiarität im strengen Sinne

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Hartmut KliemtFrankfurt School of Finance and Management

Der Wohlfahrtsstaat, ein notwendiges Übel!

The End