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Sommersemester 2008 C. Preston
Seminar Topologie Homologische Algebra
Grundlage:
– Sze-Tsen Hu: Introduction to Homological Algebra (QA160 H874),
– Wolfgang Luck: Algebraische Topologie (QA630 L984 und QA080 L984).
Sei R ein fester kommutativer Ring mit Eins. Modul bedeutet stets R-Modul undHomomorphismus stets R-Homomorphismus.
1 Moduln
Lemma 1.1 Seien M1, M2, N1, N2 Moduln und f : M1 → M2, g : N1 → N2,h1 : M1 → N1 und h2 : M2 → N2 Homomorphismen mit g ◦ h1 = h2 ◦ f .
M1f
−−−→ M2
h1
y
y
h2
N1g
−−−→ N2
Dann gilt h1(Kern f) ⊂ Kern g und h2(Bild f) ⊂ Bild g.
Beweis Sei a ∈ Kern f ; dann ist g(h1(a)) = h2(f(a)) = h2(0) = 0 und darausfolgt, dass h1(a) ∈ Kern g. Sei nun a ∈ Bild f ; dann gibt es ein a′ ∈ M1 mita = f(a′) und daher ist h2(a) = h2(f(a′)) = g(h1(a
′)) ∈ Bild g. Dies zeigt, dassh1(Kern f) ⊂ Kern g und h2(Bild f) ⊂ Bild g.
Lemma 1.2 Seien f : M → N , g : N →M Homomorphismen mit g ◦ f = idM .Dann ist f injektiv, g surjektiv und es gilt N = Bild f ⊕ Kern g.
Beweis Es ist klar, dass f injektiv und g surjektiv ist. Nun kann jedes b ∈ Ndargestellt werden als b = f(g(b)) + (b− f(g(b))) und f(g(b)) ∈ Bild f und
g(b− f(g(b))) = g(b) − g(f(g(b))) = g(b) − g(b) = 0 ,
d.h. b − f(g(b)) ∈ Kern g. Folglich ist N = Bild f + Kern g. Ist andererseitsb ∈ (Bild f) ∩ (Kern g), so ist g(b) = 0 und es gibt ein a ∈ M mit b = f(a); alsoist b = f(a) = f(g(f(a))) = f(g(b)) = f(0) = 0, d.h. (Bild f) ∩ (Kern g) = {0}.Dies zeigt, dass N = Bild f ⊕ Kern g.
Sei M ein Modul; eine Teilmenge S von M heißt erzeugende Menge von M , wennM der einzige Untermodul von M ist, der die Menge S enthalt.
1 Moduln 2
Lemma 1.3 Seien f, g : M → N Homomorphismen mit f(a) = g(a) fur allea ∈ S, wobei S eine erzeugende Menge von M ist. Dann ist f = g.
Beweis Dies ist klar, da E = {a ∈ M : f(a) = g(a)} ein Untermodul von M ist,der S enthalt.
Ein Modul M heißt frei, wenn es eine Teilmenge S ⊂ M gibt, so dass Folgendesgilt: Zu jedem ModulN und jeder Abbildung f0 : S → N gibt es einen eindeutigenHomomorphismus f : M → N mit f|S = f0. Die Menge S heißt dann eine Basisvon M .
Lemma 1.4 Ist M ein freier Modul mit Basis S, so ist S eine erzeugende Mengevon M .
Beweis Sei M ′ der kleinste Untermodul von M , der die Menge S enthalt undsei λ′ : S → M ′ die Inklusion. Dann gibt es einen eindeutigen Homomorphismusf : M → M ′ mit f|S = λ′. Sei i : M ′ → M die Inklusion; also ist i ◦ f : M → Mein Homomorphismus mit (i ◦ f)|S = λ, wobei λ : S → M die Inklusion ist.Aber idM : M → M ist ein und damit der eindeutige Homomorphismus mit(idM)S = λ und folglich ist i ◦ f = idM . Insbesondere ist i surjektiv und dieszeigt, dass M ′ = M .
Satz 1.1 Zu jeder Menge S gibt es einen freien Modul mit Basis S.
Beweis Fur jede Menge X wird die Menge Abb(X,R) aller Abbildungen vonX nach R ein Modul mit Hilfe der Operationen aus R: Fur u, v ∈ Abb(X,R)und r ∈ R ist u + v definiert durch (u + v)(x) = u(x) + v(x) und ru durch(ru)(x) = ru(x) fur jedes x ∈ X.
Sei F die Teilmenge von Abb(S,R) bestehend aus allen Abbildungen u : S → R,fur die die Menge {s ∈ S : u(s)} endlich ist. Dann ist F ein Untermodul vonAbb(S,R) und als solcher ist F selbst ein Modul. Fur jedes s ∈ S sei us ∈ F dieAbbildung mit
us(t) =
{
1 falls t = s ,0 sonst .
Die Zuordnung s 7→ us ist injektiv und folglich konnen wir S mit der Teilmenge{us : s ∈ S} von F identifizieren. Auf diese Weise wird S als Teilmenge von Fangesehen.
Sei nun N ein beliebiger Modul und f0 : S → N eine Abbildung. Definiere eineAbbildung f : F → N durch
f(u) =∑
s∈S
f0(s)u(s)
1 Moduln 3
fur jedes u ∈ F . (Man beachte: Fur jedes u ∈ F ist diese Summe ‘endlich’, da{s ∈ S : u(s) 6= 0} endlich ist.) Es ist klar, dass f ein Homomorphismus istund f(us) = f0(us) fur jedes s ∈ S, d.h. f|S = f0. Sei f ′ : F → N ein weitererHomomorphismus mit f ′
|S = f0; fur u ∈ F mit A = {s ∈ S : u(s) 6= 0} ist
u =∑
s∈A u(s)us und damit ist
f ′(u) = f ′(
∑
s∈A
u(s)us
)
=∑
s∈A
u(s)f ′(us)
=∑
s∈A
u(s)f0(us) =∑
s∈A
u(s)f(us) = f(
∑
s∈A
u(s)us
)
= f(u) .
Also ist f ′ = f . Dies zeigt, dass F ein freier Modul mit Basis S ist.
Satz 1.2 Zu jedem Modul M gibt es einen freien Modul F und einen surjektivenHomomorphismus f : F →M . Insbesondere ist dann M ≈ F/Kern f und es gibteine kurze exakte Folge (mit N = Kern f)
0 −−−→ N −−−→ F −−−→ M −−−→ 0
Beweis Nach Satz 1.2 gibt es einen freien Modul F mit Basis M and dann gibtes einen eindeutigen Homomorphismus f : F →M mit f(a) = a fur alle a ∈M .Insbesondere ist f surjektiv.
Satz 1.3 Ist R ein Hauptidealring, so ist jeder Untermodul eines freien Modulsfrei.
Beweis
Eine kurze exakte Folge von Moduln
0 −−−→ M1f
−−−→ M2g
−−−→ M3 −−−→ 0
heißt spaltend, wenn es einen Untermodul N von M2 gibt, so dass
M2 = N ⊕ Kern g ( = N ⊕ Bild f) .
Satz 1.4 Fur eine kurze exakte Folge von Moduln
0 −−−→ M1f
−−−→ M2g
−−−→ M3 −−−→ 0
sind aquivalent:
(1) Die Folge ist spaltend.
(2) Es gibt einen Homomorphismus f ′ : M2 → M1 mit f ′ ◦ f = idM1.
(3) Es gibt einen Homomorphismus g′ : M3 →M2 mit g ◦ g′ = idM3.
1 Moduln 4
Beweis (1) ⇒ (2): Sei N ein Untermodul von M2 mit M2 = N ⊕ Bild f . Seia ∈ M2; es gibt also eindeutige Elemente b ∈ N , b′ ∈ Bild f mit a = b + b′, undda f injektiv ist, gibt es dann ein eindeutiges Element a′ ∈ M1 mit f(a′) = b′.Die Zuordnung a 7→ a′ definiert eine Abbildung f ′ : M2 →M1 mit f ′ ◦ f = idM1
.Ferner ist f ′ ein Homomorphismus: Seien a1, a2 ∈ M2 und r1, r2 ∈ R; sindb1, b2 ∈ N und b′1, b
′2 ∈ Bild f die eindeutigen Elemente mit a1 = b1 + b′1 und
a2 = b2 + b′2 und sind a′1, a′2 ∈ M1 die eindeutigen Elemente mit f(a′1) = b′1 und
f(a′2) = b′2, so ist r1a1 + r2a2 = (r1b1 + r2b2) + (r1b′1 + r2b
′2) mit r1b1 + r2b2 ∈ N
und r1b′1 + r2b
′2 ∈ Bild f , und f(r1a
′1 + r2a
′2) = r1b
′1 + r2b
′2. Folglich ist
f ′(r1a1 + r2a2) = r1b′1 + r2b
′2 = r1f
′(a1) + r2f′(a2) ;
d.h. f ′ : M2 →M1 ist ein Homomorphismus mit f ′ ◦ f = idM1.
(1) ⇒ (3): Sei N wieder ein Untermodul mit M2 = N ⊕Kern g. Da g : M2 →M3
surjektiv ist und N ∩ Kern g = {0}, ist die Einschrankung g|N : N → M3 einIsomorphismus. Es gibt also einen Isomorphismus g′ : M3 → N mit g|N ◦g
′ = idM3
und wenn g′ als Homomorphismus M3 →M2 angesehen wird, so ist g ◦g′ = idM3.
(3) ⇒ (1) und (2) ⇒ (1) folgen unmittelbar aus Lemma 1.2.
Satz 1.5 In einer kurzen exakten spaltenden Folge von Moduln
0 −−−→ M1f
−−−→ M2g
−−−→ M3 −−−→ 0
sind M2 und M1 ⊕M3 isomorph.
Beweis Nach Satz 1.4 gibt es Homomorphismen f ′ : M2 → M1 und g′ : M3 →M2
mit f ′ ◦ f = idM1und g ◦ g′ = idM3
und nach Lemma 1.2 ist dann
M2 = Bild f ⊕ Kern f ′ = Bild g′ ⊕ Kern g .
Aber Bild f = Kern g, und folglich ist auch
Kern f ′ ≈M2/Bild f = M2/Kern g ≈ Bild g′ .
Ferner gilt M1 ≈ Bild f und M3 ≈ Bild g′, da f und g′ injektiv sind, und darausergibt sich, dass M2 ≈M1 ⊕M3.
2 Projektive Moduln
Ein Modul P heißt projektiv, falls es zu jedem surjektiven Homomorphismusq : M → N von Moduln und zu jedem Homomorphismus f : P → N einenHomomorphismus h : P → M mit q ◦ h = f gibt.
Ist P projektiv und sind q : M → N und f : P → N Homomorphismen mitBild f ⊂ Bild q, dann gibt es einen Homomorphismus h : P →M mit q ◦ h = f .
Satz 2.1 Jeder freie Modul ist projektiv.
Beweis SeiM ein freier Modul mit Basis S, sei f : M → N ′ ein Homomorphismusund q : N → N ′ ein surjektiver Homomorphismus. Da q surjektiv ist, gibt es eineAbbildung h0 : S → N , so dass q ◦ h0 = f|S, und dann gibt es einen eindeutigenHomomorphimsus h : M → N , so dass h|S = h0. Fur jedes a ∈ S ist also
f(a) = q(h0(a)) = q(h(a)) = (q ◦ h)(a)
und folglich ist nach Lemma 1.3 f = q ◦h, da nach Lemma 1.4 S eine erzeugendeMenge von M ist. Dies zeigt, dass M projektiv ist.
Satz 2.2 Ist M = M1 ⊕M2 projektiv, dann sind M1 und M2 ebenfalls projektiv.
Beweis Sei M = M1 ⊕M2 projektiv, fur i = 1, 2 sei λi : Mi → M die Inklusionund pi : M → Mi die Projektion; sei i ∈ {1, 2} fest. Sei nun f : Mi → N ′
ein Homomorphismus und q : N → N ′ ein surjektiver Homomorphismus. Da Mprojektive ist, gibt es einen Homomorphismus h : M → N mit q ◦ h = f ◦ pi unddann ist q ◦ h ◦ λi = f ◦ pi ◦ λi = f ◦ idMi
= f , d.h. q ◦ hi = f mit hi = h ◦ λi.Dies zeigt, dass Mi projektiv ist.
Satz 2.3 Eine direkte Summe von projektiven Moduln ist wieder projektiv.
Beweis Sei M =⊕
i∈IMi, wobei jedes Mi projektiv ist, und fur jedes i ∈ Isei λi : Mi → M die Inklusion. Sei nun f : M → N ′ ein Homomorphismusund q : N → N ′ ein surjektiver Homomorphismus. Da Mi projektiv ist, gibt esfur jedes i ∈ I einen Homomorphismus hi : Mi → N mit q ◦ hi = f ◦ λi. Seih =
⊕
i∈I hi : M → N (und folglich gilt h ◦ λi = hi fur jedes i ∈ I). Fur jedesa ∈Mi, i ∈ I, gilt also
(q ◦ h)(λi(a)) = (q ◦ hi)(a) = (f ◦ λi)(a) = f(λi(a))
und damit ist nach Lemma 1.3 q ◦ h = f , da S = {λi(a) : a ∈ Mi, i ∈ I} eineerzeugende Menge von M ist.
2 Projektive Moduln 6
Satz 2.4 Fur einen Modul M sind die folgenden Aussagen aquivalent:
(1) M ist projektiv.
(2) Jede kurze exakte Folge
0 −−−→ M1 −−−→ M2 −−−→ M −−−→ 0
ist spaltend.
(3) Es gibt einen Modul N , so dass M ⊕N frei ist.
Beweis (1) ⇒ (2): Sei M projektiv und sei
0 −−−→ M1f
−−−→ M2g
−−−→ M −−−→ 0
eine kurze exakte Folge. Da die Abbildung g : M2 → M surjektiv ist, gibt eseinen Homomorphismus g′ : M → M2, so dass g ◦ g′ = idM und damit ist nachSatz 1.4 die Folge spaltend.
(2) ⇒ (3): Nach Satz 1.2 gibt es eine kurze exakte Folge
0 −−−→ Nf
−−−→ Fg
−−−→ M −−−→ 0
wobei F ein freier Modul ist. Nach Voraussetzung ist diese Folge spaltend unddamit gibt es nach Satz 1.4 einen Homomorphismus g′ : M → F mit g ◦g′ = idM .Folglich ist nach Lemma 1.2 g′ injektiv und F = Bild g′ ⊕ Kern g und daher istF ≈ M ⊕ Kern g, da M ≈ Bild g′.
(3) ⇒ (1): Sei N ein Modul, so dass M ⊕ N frei ist. Dann ist nach Satz 2.1M ⊕N projektiv und folglich ist nach Satz 2.2 M projektiv.
Satz 2.5 Ist R ein Hauptidealring, so ist jeder Untermodul eines projektivenModuls projektiv.
Beweis Sei M ′ ein Untermodul des projektiven Moduls M . Nach Satz 2.4 gibtes ein Modul N , so dass M ⊕N frei ist und da R ein Hauptidealring ist, ist nachSatz 1.4 der Untermodul M ′ ⊕N von M ⊕N auch frei. Folglich ist nach Satz 2.4M ′ projektiv.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln
Seien M1, M2 und N Moduln. Eine Abbildung s : M1 ×M2 → N heißt bilinear,wenn fur jedes a1 ∈ M1 die Abbildung s(a1, ·) : M2 → N und fur jedes a2 ∈ M2
die Abbildung s(·, a2) : M1 → N Homomorphismen sind.
Ein Paar (N, σ) bestehend aus einem Modul N und einer bilinearen Abbildungσ : M1 ×M2 → N heißt ein Tensor-Produkt von M1 und M2, wenn es zu jedemModul N ′ und zu jeder bilinearen Abbildung s : M1×M2 → N ′ einen eindeutigenHomomorphismus f : N → N ′ gibt, so dass f ◦ σ = s.
Lemma 3.1 Seien (N, σ) und (N ′, σ′) zwei Tensor-Produkte von M1 und M2;dann gibt es einen eindeutigen Isomorphismus h : N → N ′, so dass h ◦ σ = σ′.
Beweis Diesen Beweis soll man merken; ein im Wesentlichen identischer Beweiskommt stets bei jeder Definition vor, die die gleiche Struktur hat wie in derDefinition eines Tensor-Produkts.
(1) (N, σ) ist ein Tensor-Produkt von M1 und M2 und σ′ : M1 ×M2 → N ′ isteine bilineare Abbildung. Folglich gibt es einen eindeutigen Homomorphismush : N → N ′ mit h ◦ σ = σ′.
(2) (N ′, σ′) ist ein Tensor-Produkt von M1 und M2 und σ : M1 ×M2 → N isteine bilineare Abbildung. Folglich gibt es einen eindeutigen Homomorphismush′ : N ′ → N mit h ◦ σ′ = σ.
(3) (N, σ) ist ein Tensor-Produkt von M1 und M2 und σ : M1 ×M2 → N isteine bilineare Abbildung. Folglich gibt es einen eindeutigen Homomorphismusg : N → N mit g ◦ σ = σ. Aber idN : N → N ist einen Homomorphismusmit idN ◦ σ = σ und damit ist g = idN . Dies bedeutet: idN ist der eindeutigeEndomorphismus von N mit idN ◦ σ = σ.
(4) Genauso ist idN ′ der eindeutige Endomorphismus von N ′ mit idN ′ ◦ σ′ = σ′.
(5) Andererseits ist h′ ◦ h ein Endomorphismus von N mit
(h′ ◦ h) ◦ σ = h′ ◦ (h ◦ σ) = h′ ◦ σ′ = σ
und daher ist h′ ◦ h = idN .
(6) Genauso ist h ◦ h′ = idN ′ .
(7) Da h′ ◦h = idN und h ◦h′ = idN ′, ist h : N → N ′ ein Isomorphismus, und dah der einzige Homomorphismus ist mit h ◦ σ = σ′, ist h insbesondere der einzigeIsomorphismus, so dass h ◦ σ = σ′.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 8
Lemma 3.2 Sei (N, σ) ein Tensor-Produkt von M1 und M2; dann ist
σ(M1 ×M2) = {a1 ⊗ a2 : a1 ∈ M1, a2 ∈M2}
eine erzeugende Menge von N .
Beweis Sei N ′ der kleinste Untermodul von N , der die Menge σ(M1×M2) enthaltund bezeichne mit σ′ die Abbildung σ angesehen als Abbildung von M1×M2 nachN ′. Dann ist σ′ : M1 ×M2 → N ′ bilinear und folglich gibt es einen eindeutigenHomomorphismus f : N → N ′ mit f ◦ σ = σ′. Sei i : N ′ → N die Inklusion; alsoist i ◦ f : N → N ein Homomorphismus mit (i ◦ f) ◦ σ = i ◦ (f ◦ σ) = i ◦ σ′ = σund wie im Beweis fur Lemma 3.1 ist dann i ◦ f = idN . Daraus ergibt sich, dassi surjektiv ist, d.h. N ′ = N .
Satz 3.1 Es gibt ein Tensor-Produkt von M1 und M2.
Beweis Setze S = M1×M2; nach Satz 1.1 gibt es einen freien Modul mit Basis S.Sei S∗ die Teilmenge vonM bestehend aus allen Elementen, die eine der folgendenFormen haben:
(a1 + a′1, a2) − (a1, a2) − (a′1, a2) mit a1, a′1 ∈M1 und a2 ∈M2,
(a1, a2 + a′2) − (a1, a2) − (a1, a′2) mit a1 ∈M1 und a2, a
′2 ∈M2,
(ra1, a2) − r(a1, a2) mit a1,∈M1, a2 ∈M2 und r ∈ R,
(a1, ra2) − r(a1, a2) mit a1,∈M1, a2 ∈M2 und r ∈ R.
Sei nun M ′ der kleinste Untermodul von M , der S∗ enthalt und betrachte denQuotientenmodul M/M ′ und die kanonische Projektion π : M → M/M ′.
Sei σ = π|S : S = M1 ×M2 → M/M ′ die Einschrankung von π : M → M/M ′
auf S. Die Abbildung σ : M1 ×M2 → M/M ′ ist bilinear: Seien a1, a′1 ∈ M1 und
a2 ∈ M2; dann ist (a1 + a′1, a2) − (a1, a2) − (a′1, a2) ∈ S∗ ⊂ M ′ = Kern π undfolglich ist
σ(a1 + a′1, a2) − σ(a1, a2) − σ(a′1, a2)
= π((a1 + a′1, a2)) − π((a1, a2)) − π((a′1, a2))
= π((a1 + a′1, a2) − (a1, a2) − (a′1, a2)) = 0 ;
d.h., σ(a1 + a′1, a2) = σ(a1, a2) + σ(a′1, a2). Genauso gilt
σ(a1, a2 + a′2) = σ(a1, a2) + σ(a1, a′2) fur alle a1 ∈ M1, a2, a
′2 ∈M2,
σ(ra1, a2) = rσ(a1, a2) fur alle a1,∈M1, a2 ∈M2 und r ∈ R, und
σ(a1, ra2) = rσ(a1, a2) fur alle a1,∈M1, a2 ∈M2 und r ∈ R.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 9
Damit ist σ bilinear. Sei nun s : M1×M2 → N eine beliebige bilineare Abbildung.Da S = M1×M2 undM ein freier Modul mit Basis S ist, gibt es einen eindeutigenHomomorphismus g : M → N , so dass g|S = s, und es gilt M ′ ⊂ Kern g: Seiena1, a
′1 ∈M1 und a2 ∈M2; dann ist
g((a1 + a′1, a2) − (a1, a2) − (a′1, a2))
= g((a1 + a′1, a2)) − g((a1, a2)) − g((a′1, a2))
= s(a1 + a′1, a2) − s(a1, a2) − s(a′1, a2) = 0 ;
d.h., (a1 + a′1, a2) − (a1, a2) − (a′1, a2) ∈ Kern g. Genauso gilt
(a1, a2 + a′2) − (a1, a2) − (a1, a′2) ∈ Kern g fur alle a1 ∈M1, a2, a
′2 ∈M2,
(ra1, a2) − r(a1, a2) ∈ Kern g fur alle a1 ∈ M1, a2 ∈M2 und r ∈ R, und
(a1, ra2) − r(a1, a2) ∈ Kern g fur alle a1 ∈ M1, a2 ∈M2 und r ∈ R.
Folglich ist S∗ ⊂ Kern g und daher ist M ′ ⊂ Kern g.
Da M ′ ⊂ Kern g, gibt es einen eindeutigen Homomorphismus f : M/M ′ → Nmit f ◦π = g. Daraus ergibt sich insbesondere, dass f ◦π|S = g|S, d.h., f ◦σ = s.
Sei schließlich f ′ : M/M ′ → N ein beliebiger Homomorphismus mit f ′ ◦ σ = s.Dann ist f ′◦π : M → N ein Homomorphismus mit (f ′◦π)|S = f ′◦π|S = f ′◦σ = s.Aber g ist der eindeutige Homomorphimsus mit g|S = s und also ist f ′ ◦ π = g.Aber f ist der eindeutige Homomorphismus mit f ◦ π = g und damit ist f ′ = f .Folglich ist f : M/M ′ → N der eindeutige Homomorphismus, so dass f ◦ σ = s,und dies zeigt, dass (M/M ′, σ) ein Tensor-Produkt von M1 und M2 ist.
Ein Tensor-Produkt von M1 und M2 wird meistens mit (M1⊗M2,⊗) bezeichnet,also ist M1⊗M2 ein Modul und ⊗ : M1×M2 → M1⊗M2 eine bilineare Abbildung(und man schreibt a1 ⊗ a2 statt ⊗(a1, a2)). Es gibt zu jeder bilinearen Abbildungs : M1×M2 → N einen eindeutigen Homomorphismus f : M1⊗M2 → N , so dassf ◦ ⊗ = s. Man redet hier meistens von dem Tensor-Produkt M1 ⊗M2, obwohlM1 ⊗M2 nur im Sinne von Lemma 1 eindeutig ist.
Lemma 3.3 Betrachte R als R-Modul, sei M ein Modul und σ : R ×M → MMultiplikation mit Skalaren (also ist σ(r, a) = ra fur alle r ∈ R, a ∈ M). Dannist (M,σ) ein Tensor-Produkt von R und M , und daher kann man M = R⊗Mschreiben (mit r ⊗ a = ra).
Beweis Zunachst ist es klar, dass die Abbildung σ : R ×M → M bilinear ist.Sei also N ein Modul und s : R ×M → N eine bilineare Abbildung. Definieref : M → N durch f(a) = s(1, a); also ist f ein Homomorphismus
(f ◦ σ)(r, a) = f(σ(r, a)) = f(ra) = rf(a) = rs(1, a) = s(r, a)
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 10
fur alle r ∈ R, a ∈ M , d.h., f ◦ σ = s. Ist umgekehrt f ′ : M → N eine beliebigeAbbildung mit f ′ ◦ σ = s, so ist f ′(a) = f ′(1a) = f ′(σ(1, a)) = s(1, a) = f(a) furalle a ∈M , d.h., f ′ = f . Insbesondere ist f der eindeutige Homomorphismus mitf ◦ σ = s.
Seien M, N Moduln; da (a, b) 7→ a⊗ b bilinear ist, gilt
(r1a1 + r2a2) ⊗ b = r1(a1 ⊗ b) + r2(a2 ⊗ b) ,
a⊗ (r1b1 + r2b2) = r1(a⊗ b1) + r2(a⊗ b2)
fur alle a1, a2, a ∈M , b1, b2, b ∈ N und alle r1, r2 ∈ R. Insbesondere gilt
(ra) ⊗ b = r(a⊗ b) = a⊗ (rb)
fur alle a ∈M , b ∈ N und r ∈ R. Folglich ist
0 ⊗ b = a⊗ 0 = 0 ,
(−a) ⊗ b = −(a⊗ b) = a⊗ (−b)
fur alle a ∈M , b ∈ N .
Es gilt M ⊗ 0 = 0 ⊗ M = 0 fur jeden Modul M , da 0 : M × 0 → N (bzw.0 : 0 ×M → N) die einzige bilineare Abbildung ist.
Seien M1, M2, N1 und N2 Moduln und seien f1 : M1 → N1 und f2 : M2 → N2
Homomorphismen. Dann ist die Abbildung ⊗ ◦ (f1 × f2) : M1 ×N1 → M2 ⊗N2
bilinear und folglich gibt es einen eindeutigen Homomorphismus
f1 ⊗ f2 : M1 ⊗N1 → M2 ⊗N2 ,
so dass ⊗ ◦ (f1 × f2) = (f1 ⊗ f2) ◦ ⊗.
M1 ×N1⊗
−−−→ M1 ⊗N1
f1×f2
y
y
f1⊗f2
M2 ×N2 −−−→⊗
M2 ⊗N2
(Hier ist f1 × f2 : M1 × N1 → M2 × N2 die Abbildung, die definiert ist durch(f1 × f2)(a1, a2) = (f1(a1), f2(a2)) fur alle (a1, a2) ∈M1 ×M2.)
Lemma 3.4 (1) Fur Moduln M und N gilt idM ⊗ idN = idM⊗N .
(2) Fur Homomorphismen f : M1 → M2, f′ : M2 → M3, g : N1 → N2 und
g′ : N2 → N3 gilt (f ′ ◦ f) ⊗ (g′ ◦ g) = (f ′ ⊗ g′) ◦ (g ⊗ f).
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 11
Beweis (1) Da idM × idN = idM×N , ist
⊗ ◦ (idM × idN ) = ⊗ ◦ idM×N = ⊗ = idM⊗N ◦ ⊗
und damit ist idM ⊗ idN = idM⊗N .
M ×N⊗
−−−→ M ⊗N
idM×idN=idM×N
y
y
idM⊗N
M ×N −−−→⊗
M ⊗N
(2) Da (f ′ ◦ f) × (g′ ◦ g) = (f ′ × g′) ◦ (f × g), ist
⊗ ◦ ((f ′ ◦ f) × (g′ ◦ g)) = ⊗ ◦ (f ′ × g′) ◦ (f × g)
= (f ′ ⊗ g′) ◦ ⊗ ◦ (f × g) = (f ′ ⊗ g′) ◦ (f ⊗ g) ◦ ⊗
und damit ist (f ′ ◦ f) ⊗ (g′ ◦ g) = (f ′ ⊗ g′) ◦ (g ⊗ f).
M1 ×N1⊗
−−−→ M1 ⊗N1
f×g
y
y
f⊗g
M2 ×N2 −−−→⊗
M2 ⊗N2
f ′×g′
y
y
f ′⊗g′
M3 ×N3 −−−→⊗
M3 ⊗N3
Lemma 3.5 Seien M1, M2, N1, N2 Moduln; dann ist die Abbildung
⊗ : Hom(M1,M2) × Hom(N1, N2) → Hom(M1 ⊗N1,M2 ⊗N2)
(f, g) 7→ f ⊗ g
bilinear.
Beweis Seien f1, f2 : M1 → M2, g : N1 → N2 Homomorphismen und r1, r2 ∈ R;fur alle a ∈M1, b ∈ N1 ist dann
(⊗ ◦ (r1f1 + r2f2, g))(a, b)
= (r1f1(a) + r2f2(a)) ⊗ g(b) = r1(f1(a) ⊗ g(b)) + r2(f2(a) ⊗ g(b))
= r1(⊗ ◦ (f1, g))(a, b) + r2(⊗ ◦ (f2, g))(a, b)
= r1((f1 ⊗ g) ◦ ⊗)(a, b) + r2((f2 ⊗ g) ◦ ⊗)(a, b)
= r1(f1 ⊗ g)(a⊗ b) + r2(f2 ⊗ g)(a⊗ b) = ((r1(f1 ⊗ g) + r2(f2 ⊗ g))(a⊗ b)
= ((r1(f1 ⊗ g) + r2(f2 ⊗ g)) ◦ ⊗)(a, b) ,
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 12
und folglich ist ⊗ ◦ (r1f1 + r2f2, g) = (r1(f1 ⊗ g) + r2(f2 ⊗ g)) ◦ ⊗. Daraus ergibtsich, dass (r1f1 + r2f2) ⊗ g = r1(f1 ⊗ g) + r2(f2 ⊗ g). Genauso gilt
f ⊗ (r1g1 + r2g2) = r1(f ⊗ g1) + r2(f ⊗ g2)
fur Homomorphismen f : M1 →M2, g1, g2 : N1 → N2 und r1, r2 ∈ R. Dies zeigt,dass die Abbildung (f, g) 7→ f ⊗ g bilinear ist.
Nach Lemma 3.5 gilt insbesondere, dass f ⊗ 0 = 0⊗ g = 0 fur Homomorphismenf : M1 →M2 und g : N1 → N2.
Satz 3.2 Fur direkte Summen M =⊕
i∈IMi und N =⊕
j∈J Nj gilt
M ⊗N ≈⊕
(i,j)∈I×J
Mi ⊗Nj .
Beweis Fur i ∈ I, j ∈ J sei µi : Mi → M und νj : Nj → N die Inklusionen undpi : M →Mi und qj : N → Nj die Projektionen. Dann gibt es Homomorphismen
h :⊕
(i,j)∈I×J
Mi ⊗Nj →M ⊗N und h′ : M ⊗N →⊕
(i,j)∈I×J
Mi ⊗Nj
mit h(ai⊗ bj) = (µi⊗ νj)(ai⊗ bj) fur alle ai ∈Mi, bj ∈ Nj und (i, j) ∈ I ×J undh′ =
⊕
(i,j)∈I×J pi⊗qj (und hier ist⊕
(i,j)∈I×J(pi⊗qj)(c) eine endliche Summe fur
jedes c ∈M ⊗N). Man sieht leicht, dass h′(h(ai⊗ bj)) = ai⊗ bj fur alle ai ∈Mi,bj ∈ Nj und (i, j) ∈ I×J , und h(h′(a⊗ b)) = a⊗ b fur alle a ∈M , b ∈ N . Darausergibt sich nach Lemma 1.3 und Lemma 3.2, dass h′ ◦ h = id und h ◦ h′ = id unddamit ist h′ ein Isomorphismus.
Lemma 3.6 Seien f : M1 → M2 und g : N1 → N2 surjektive Homomorphismen;dann ist f ⊗ g : M1 ⊗N1 → M2 ⊗N2 surjektiv und Kern (f ⊗ g) ist der kleinsteUntermodul K von M1 ⊗N1, der die Menge
K0 = {a⊗ b ∈M1 ⊗N1 : a ∈ Kern f oder b ∈ Kern g}
enthalt.
Beweis Sei a2 ∈M2, b2 ∈ N2. Da f und g surjektiv sind, gibt es a1 ∈M1, b1 ∈ N1
mit a2 = f(a1) und b2 = g(b1). Dann ist a2⊗b2 = g(a1)⊗g(b1) = (f⊗g)(a1⊗b2),und damit ist {a2 ⊗ b2 : a2 ∈ M2, b2 ∈ N2} ⊂ Bild (f ⊗ g) Folglich ist nachLemma 3.4 Bild (f ⊗ g) = M2 ⊗N2, da Bild (f ⊗ g) ein Untermodul von M2 ⊗N2
ist. Dies zeigt, dass f ⊗ g surjektiv ist.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 13
Ist a ∈ Kern f oder b ∈ Kern g, so ist f(a) = 0 oder g(b) = 0 und folglich istnach Lemma 3.5 (f ⊗ g)(a ⊗ b) = f(a) ⊗ g(b) = 0. Also ist K0 ⊂ Kern (f ⊗ g)und damit K ⊂ Kern (f ⊗ g).
Setze Q = (M1 ⊗N1)/K; da K ⊂ Kern (f ⊗ g), gibt es einen Homomorphismus(f ⊗ g)∗ : Q→M2 ⊗N2, so dass (f ⊗ g)∗ ◦π = f ⊗ g, wobei π : M1 ⊗N1 → Q dieProjektion ist. Man beachte, dass K = Kern (f ⊗ g) genau dann gilt, wenn dieAbbildung (f ⊗ g)∗ injektiv ist, und es wird jetzt gezeigt, dass dies der Fall ist.
Seien a1, a′1 ∈M1 und b1, b
′1 ∈ N1 mit f(a1) = f(a′1) und g(b1) = g(b′1); dann ist
a1 − a′1 ∈ Kern f , b1 − b′1 ∈ Kern g und damit ist
a1 ⊗ b1 − a′1 ⊗ b′1 = (a1 − a′1) ⊗ b1 + a′1 ⊗ b1 − a′1 ⊗ b′1= (a1 − a′1) ⊗ b1 + a′1 ⊗ (b1 − b′1) ∈ K0 ⊂ K .
Folglich ist π(a1 ⊗ b1) = π(a′1 ⊗ b′1). Ferner gibt es fur jede a2 ∈ M2, b2 ∈ N2
Elemente a1 ∈ M1, b1 ∈ N1 mit f(a1) = a2 und g(b1) = b2, da f und g surjektivsind. Also gibt es eine Abbildung τ : M2 ×N2 → Q, so dass
τ(f(a1), g(b1)) = π(a1 ⊗ b1)
fur alle a1 ∈ M1, b1 ∈ N1 und diese Abbildung τ ist bilinear: Seien a2, a′2 ∈ M2,
b2 ∈ N2, r, r′ ∈ R, und wahle a1, a
′1 ∈ M1, b1 ∈ N1 mit f(a1) = a2, f(a′1) = a′2
und g(b1) = b2. Dann ist
τ(ra2 + r′a′2, b2) = τ(rf(a1) + r′f(a′1), g(b1)) = τ(f(ra1 + r′a′1), g(b1))
= π((ra1 + r′a′1) ⊗ b1) = π(r(a1 ⊗ b1) + r′(a′1 ⊗ b1))
= rπ(a1 ⊗ b1) + r′π(a′1 ⊗ b1)
= rτ(f(a1), g(b1)) + r′τ(f(a′1), g(b1)) = rτ(a2, b2) + r′τ(a′2, b2)
und genauso gilt τ(a2, rb2 + r′b′2) = rτ(a2, b2) + r′τ(a2, b′2) fur alle b2, b
′2 ∈ N2,
a2 ∈ M2 und alle r, r′ ∈ R. Da τ : M2 × N2 → Q bilinear ist, gibt es nun einenHomomorphismus h : M2 ⊗N2 → Q mit τ = h ◦ ⊗, und dann gilt
π(a1 ⊗ b1) = τ(f(a1), g(b1)) = h(f(a1) ⊗ g(b1)) = h((f ⊗ g)(a1 ⊗ b1))
fur alle a1 ∈M1, b1 ∈ N1. Nach Lemma 1.3 und Lemma 3.2 ist also π = h◦(f⊗g)und daher ist h ◦ (f ⊗ g)∗ ◦ π = h ◦ (g ⊗ g) = π. Daraus ergibt sich, dassh ◦ (f ⊗ g)∗ = idQ, da π surjektiv ist, und insbesondere ist (f ⊗ g)∗ injektiv.
Dies zeigt, dass Kern (f ⊗ g) = K.
Satz 3.3 Fur Isomorphismen f : M1 → M2 und g : N1 → N2 ist die Abbildungf ⊗ g : M1 ⊗N1 →M2 ⊗N2 ebenfalls ein Isomorphismus.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 14
Beweis Da f und g surjektiv sind, ist nach Lemma 3.6 f ⊗ g ebenfalls surjektiv.Ferner gilt hier
{a⊗ b ∈ M1 ⊗N1 : a ∈ Kern f oder b ∈ Kern g} = {0} ,
da a ⊗ 0 = 0 ⊗ b = 0 fur alle a ∈ M1, b ∈ N1 und folglich ist nach Lemma 3.6f ⊗ g auch injektiv.
Satz 3.4 Fur jede exakte Folge von Moduln
M1f
−−−→ M2g
−−−→ M3 −−−→ 0
und fur jeden Modul N sind die Folgen
M1 ⊗Nf⊗idN−−−−→ M2 ⊗N
g⊗idN−−−−→ M3 ⊗N −−−→ 0
und
N ⊗M1idN⊗f−−−−→ N ⊗M2
idN⊗g−−−−→ N ⊗M3 −−−→ 0
exakt.
Beweis Nach Lemma 3.6 ist g⊗ idN surjektiv, da g und idN beide surjektiv sind,und Kern (g ⊗ idN) ist der Untermodul von M2 ⊗ N erzeugt durch die MengeK = {a ⊗ b ∈ M2 ⊗ N : a ∈ Kern g, b ∈ N}. Sei a ∈ Kern g und b ∈ N ; daBild f = Kern g, gibt es ein a′ ∈M1 mit f(a′) = a und dann ist
a⊗ b = f(a′) ⊗ idN(b) = (f ⊗ idN)(a′ ⊗ b) ∈ Bild (f ⊗ idN) .
Also ist K ⊂ Bild (f⊗ idN ) und folglich ist Kern (g⊗ idN ) ⊂ Bild (f⊗ idN). NachLemma 3.4 (2) und Lemma 3.5 ist aber
(g ⊗ idN) ◦ (f ⊗ idN) = (g ◦ f) ⊗ (idN ◦ idN) = 0 ⊗ idN = 0
und daraus ergibt sich, dass Bild (f ⊗ idN) ⊂ Kern (g ⊗ idN). Dies zeigt, dassBild (f ⊗ idN) = Kern (g ⊗ idN ) und damit ist die Folge
M1 ⊗Nf⊗idN−−−−→ M2 ⊗N
g⊗idN−−−−→ M3 ⊗N −−−→ 0
exakt. Genauso ist die Folge
N ⊗M1idN⊗f−−−−→ N ⊗M2
idN⊗g−−−−→ N ⊗M3 −−−→ 0
exakt.
3 Das Tensor-Produkt von Moduln 15
Satz 3.5 Fur jede kurze exakte spaltende Folge von Moduln
0 −−−→ M1f
−−−→ M2g
−−−→ M3 −−−→ 0
und fur jeden Modul N sind
0 −−−→ M1 ⊗Nf⊗idN−−−−→ M2 ⊗N
g⊗idN−−−−→ M3 ⊗N −−−→ 0
und
0 −−−→ N ⊗M1idN⊗f−−−−→ N ⊗M2
idN⊗g−−−−→ N ⊗M3 −−−→ 0
beide kurze exakten spaltenden Folgen.
Beweis Nach Satz 1.4 gibt es einen Homomorphismus f ′ : M2 → M1, so dassf ′ ◦ f = idM1
und dann ist nach Lemma 3.4
(f ′ ⊗ idN) ◦ (f ⊗ idN) = (f ′ ◦ f) ⊗ (idN ◦ idN) = idM1⊗ idN = idM1⊗N .
Insbesondere ist f ⊗ idN injektiv; zusammen mit Satz 3.4 zeigt dies, dass
0 −−−→ M1 ⊗Nf⊗idN−−−−→ M2 ⊗N
g⊗idN−−−−→ M3 ⊗N −−−→ 0
exakt ist und nach Satz 1.4 ist diese kurze exakte Folge spaltend. Genauso ist
0 −−−→ N ⊗M1idN⊗f−−−−→ N ⊗M2
idN⊗g−−−−→ N ⊗M3 −−−→ 0
eine kurze exakte spaltende Folge.
4 Kettenkomplexe
Ein Kettenkomplex ist ein Paar C∗ = (C∗, c∗) bestehend aus einer Folge vonModuln C∗ = {Cn}n∈Z und einer Folge von Homomorphismen c∗ = {cn}n∈Z mitcn : Cn → Cn−1, so dass cn ◦ cn+1 = 0 fur alle n ∈ Z.
· · ·cn+2
−−−→ Cn+1cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
Da cn ◦ cn+1 = 0, gilt Bild cn+1 ⊂ Kern cn fur alle n ∈ Z. Der Modul
Hn(C∗) = Kern cn/
Bild cn+1
heißt die n-te Homologie von C∗.
Seien C∗, D∗ Kettenkomplexe. Eine Kettenabbildung f∗ : C∗ → D∗ ist eine Folgef∗ = {fn}n∈Z von Homomorphismen mit fn : Cn → Dn, so dass dn◦fn = fn−1◦cnfur alle n ∈ Z.
· · ·cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
fn
y
fn−1
y
· · ·dn+1
−−−→ Dndn−−−→ Dn−1
dn−1
−−−→ · · ·
Sind f∗, g∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen, so ist f∗ + g∗ = {fn + gn}n∈Z aucheine Kettenabbildung; ferner ist rf∗ = {rfn}n∈Z eine Kettenabbildung fur jedesr ∈ R. Mit diesen Operationen ist die Menge der Kettenabbildungen C∗ → D∗
ein Modul.
Sind f∗ : C∗ → D∗ und g∗ : D∗ → E∗ Kettenabbildungen, so ist g∗ ◦ f∗ : C∗ → E∗
ebenfalls eine Kettenabbildung, wobei g∗ ◦ f∗ = {gn ◦ fn}n∈Z.
Lemma 4.1 Sei f∗ : C∗ → D∗ eine Abbildung von Kettenkomplexen. Dann gibtes fur jedes n ∈ Z einen Homomorphismus Hn(f∗) : Hn(C∗) → Hn(D∗), so dass
Hn(f∗)([a]) = [fn(a)]
fur alle a ∈ Kern cn.
Beweis Nach Lemma 1.1 gilt fn(Kern cn) ⊂ Kern dn, fn(Bild cn+1) ⊂ Bild dn+1.Es gibt also eine Abbildung Hn(f∗) : Hn(C∗) → Hn(D∗) mit Hn(f∗)([a]) = [fn(a)]fur alle a ∈ Kern cn, und es ist klar, dass Hn(f∗) ein Homomorphismus ist.
Lemma 4.2 Seien f∗ : C∗ → D∗ und g∗ : D∗ → E∗ Kettenabbildungen. Danngilt Hn(g∗ ◦ f∗) = Hn(g∗) ◦ Hn(f∗) : Hn(C∗) → Hn(E∗) fur jedes n ∈ Z. Fernergilt Hn(idC∗
) = id : Hn(C∗) → Hn(C∗) fur jedes n ∈ Z.
4 Kettenkomplexe 17
Beweis Sei a ∈ Kern cn; dann gilt
Hn(g∗ ◦ f∗)([a]) = [(gn ◦ fn)(a)]
= [gn(fn(a))] = Hn(g∗)([fn(a)]) = Hn(g∗)(Hn(f∗)([a]))
und folglich ist Hn(g∗ ◦ f∗) = Hn(g∗) ◦ Hn(f∗) fur jedes n ∈ Z. Ferner giltHn(idC∗
)([a]) = [idCn(a)] = [a] fur alle a ∈ Kern cn, d.h. Hn(idC∗
) = id.
Seien f∗, g∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen. Eine Kettenhomotopie h∗ = {hn}n∈Z
von f∗ nach g∗ ist eine Folge von Homomorphismen hn : Cn → Dn+1, n ∈ Z, furdie gilt:
dn+1 ◦ hn + hn−1 ◦ cn = fn − gn
fur jedes n ∈ Z.
· · · // Cn+1
��
// Cn
hnyyy
||yyy
gnfn
��
cn// Cn−1
��
hn−1
yyy
||yyy
// · · ·
· · · // Dn+1dn+1
// Dn// Dn−1
// · · ·
f∗ g∗ : C∗ → D∗ heißen homotop, wenn es eine Kettenhomotopie von f∗ nach g∗gibt und in diesem Fall schreibt man f∗ ≃ g∗.
Lemma 4.3 Seien f∗, g∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen mit f∗ ≃ g∗ Dann giltHn(f∗) = Hn(g∗) fur jedes n ∈ Z.
Beweis Es gibt eine Kettenhomotopie h∗ von f∗ nach g∗. Sei a ∈ Kern cn (unddamit ist cn(a) = 0); dann gilt
Hn(f∗)([a]) = [fn(a)] = [gn(a) + dn+1(hn(a)) + hn−1(cn(a)]
= [gn(a) + dn+1(hn(a))] = [gn(a)] + [dn+1(hn(a))]
= Hn(g∗)([a]) + 0 = Hn(g∗)([a])
und folglich ist Hn(f∗) = Hn(g∗).
Eine Kettenabbildung f∗ : C∗ → D∗ heißt Kettenhomotopieaquivalenz, wenn eseine Kettenabbildung g∗ : D∗ → C∗ gibt mit g∗ ◦ f∗ ≃ idC∗
und f∗ ◦ g∗ ≃ idD∗.
Lemma 4.4 Ist f∗ : C∗ → D∗ eine Kettenhomotopieaquivalenz, so ist fur jedesn ∈ Z die Abbildung Hn(f∗) : Hn(C∗) → Hn(D∗) ein Isomorphismus.
Beweis Es gibt eine Kettenabbildung g∗ : D∗ → C∗, so dass g∗ ◦ f∗ ≃ idC∗und
f∗ ◦ g∗ ≃ idD∗. Daraus folgt nach Lemma 4.2 und Lemma 4.3, dass
Hn(g∗) ◦Hn(f∗) = Hn(g∗ ◦ f∗) = Hn(idC∗) = id ,
und genauso gilt Hn(f∗) ◦ Hn(g∗) = id. Folglich ist Hn(f∗) : Hn(C∗) → Hn(D∗)ein Isomorphismus fur jedes n ∈ Z.
4 Kettenkomplexe 18
Lemma 4.5 Kettenhomotopie definiert eine Aquivalenzrelation auf dem Modulaller Kettenabbildungen von C∗ nach D∗.
Beweis Fur jede Kettenabbildung f∗ : C∗ → D∗ ist 0∗ (mit 0n = 0 fur jedesn ∈ Z) eine Kettenhomotopie von f∗ nach f∗ und damit gilt f∗ ≃ f∗. Ist h∗eine Kettenhomotopie von f∗ nach g∗, so ist −h∗ (mit (−h)n = −hn fur jedesn ∈ Z) eine Kettenhomotopie von g∗ nach f∗; also gilt g∗ ≃ f∗, falls f∗ ≃ g∗. Istschließlich p∗ eine Kettenhomotopie von f∗ nach g∗ und q∗ eine Kettenhomotopievon g∗ nach h∗, so ist p∗ + q∗ = {pn + qn}n∈Z eine Kettenhomotopie von f∗ nachh∗, da fur alle n ∈ Z
fn − hn = (fn − gn) + (gn − hn)
= (dn+1 ◦ pn + pn−1 ◦ cn) + (dn+1 ◦ qn + qn−1 ◦ cn)
= dn+1 ◦ (pn + qn) + (pn−1 + qn−1) ◦ cn .
Lemma 4.6 Seien f∗, f′∗, g∗, g
′∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen mit f∗ ≃ f ′
∗ undg∗ ≃ g′∗. Dann gilt rf∗ + sg∗r1 ≃ rf ′
∗ + sg′∗ fur alle r, s ∈ R.
Beweis Es gibt Kettenhomotopien p∗ von f∗ nach f ′∗ und q∗ von g∗ nach g′∗. Seien
r, s ∈ R; dann gilt
(rfn + sgn) − (rf ′n + sg′n) = r(fn − f ′
n) + s(gn − g′n)
= r(dn+1 ◦ pn + pn−1 ◦ cn) + s(dn+1 ◦ qn + qn−1 ◦ cn)
= dn+1 ◦ (rpn + sqn) + (rpn−1 + sqn−1) ◦ cn
fur jedes n ∈ Z und folglich ist rp∗ + sq∗ = {rpn + sqn}n∈Z eine Kettenhomotopievon rf∗ + sg∗ nach rf ′
∗ + sg′∗.
4 Kettenkomplexe 19
Satz 4.1 (1) Fur jeden Kettenkomplex C∗ = (C∗, c∗) und fur jeden Modul M istC∗⊗M = (C∗⊗M, c∗⊗ idM) ein Kettenkomplex, wobei C∗⊗M = {Cn⊗M}n∈Z
und c∗ ⊗ idM = {cn ⊗ idM}n∈Z.
· · ·cn+2⊗idM−−−−−−→ Cn+1 ⊗M
cn+1⊗idM−−−−−−→ Cn ⊗M
cn⊗idM−−−−→ Cn−1 ⊗Mcn−1⊗idM−−−−−−→ · · ·
(2) Fur jede Kettenabbildung f∗ : C∗ → D∗ und fur jeden Homomorphismusg : M → N ist f∗ ⊗ g : C∗ ⊗M → D∗ ⊗N ebenfalls eine Kettenabbildung, wobeif∗ ⊗ g = {fn ⊗ g}n∈Z.
· · ·cn+1⊗idM−−−−−−→ Cn ⊗M
cn⊗idM−−−−→ Cn−1 ⊗Mcn−1⊗idM−−−−−−→ · · ·
fn⊗g
y
fn−1⊗g
y
· · ·dn+1⊗idN−−−−−−→ Dn ⊗N
dn⊗idN−−−−→ Dn−1 ⊗Ndn−1⊗idN−−−−−−→ · · ·
(3) Sind f∗, f′∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen und ist h∗ eine Kettenhomotopie
von f∗ nach f ′∗, so ist h∗ ⊗ g eine Kettenhomotopie von f∗ ⊗ g nach f ′
∗ ⊗ g furjeden Homomorphismus g : M → N , wobei h∗ ⊗ g = {hn ⊗ g}n∈Z.
(4) Ist f∗ : C∗ → D∗ eine Kettenhomotopieaquivalenz, so ist es ebenfalls dieKettenabbildung f∗ ⊗ idN : C∗ ⊗N → D∗ ⊗N .
Beweis (1) Nach Lemma 3.4 (2) und Lemma 3.5 gilt
(cn ⊗ idM) ◦ (cn+1 ◦ idM) = (cn ◦ cn+1) ⊗ (idM ◦ idM) = 0 ⊗ idM = 0
und damit ist C∗ ⊗M ein Kettenkomplex,
(2) Nach Lemma 3.4 (2) gilt
(dn ⊗ idN ) ◦ (fn ⊗ g) = (dn ◦ fn) ⊗ (idN ⊗ g)
= (fn−1 ◦ cn) ⊗ (g ⊗ idM) = (fn−1 ⊗ g) ◦ (cn ⊗ idM)
und damit ist f∗ ⊗ g : C∗ ⊗M → D∗ ⊗N eine Kettenabbildung.
(3) Nach Lemma 3.4 und Lemma 3.5 gilt
(dn+1 ⊗ idN) ◦ (hn ⊗ g) + (hn−1 ⊗ g) ◦ (cn ⊗ idM)
= (dn+1 ◦ hn) ⊗ (idN ◦ g) + (hn−1 ◦ cn) ⊗ (g ◦ idM)
= (dn+1 ◦ hn) ⊗ g + (hn−1 ◦ cn) ⊗ g = (dn+1 ◦ hn + hn−1 ◦ cn) ⊗ g
= (fn − f ′n) ⊗ g = (fn ⊗ g) − (f ′ ⊗ g)
und damit ist h∗ ⊗ g eine Kettenhomotopie von f∗ ⊗ g nach f ′∗ ⊗ g.
4 Kettenkomplexe 20
(4) Es gibt eine Kettenabbildung g∗ : D∗ → C∗, so dass g∗ ◦ f∗ ≃ idC∗und
f∗ ◦ g∗ ≃ idD∗. Daraus folgt nach (3) und Lemma 3.4, dass
(f∗ ⊗ idN ) ◦ (g∗ ⊗ idN) = (f∗ ◦ g∗) ⊗ (idN ◦ idN)
= (f∗ ◦ g∗) ⊗ idN ≃ idC∗⊗ idN = idC∗⊗N
und genauso gilt (g∗ ⊗ idN) ◦ (f∗ ⊗ idN) ≃ idD∗⊗N . Damit ist die Abbildungf∗ ⊗ idN : C∗ ⊗N → D∗ ⊗N eine Kettenhomotopieaquivalenz.
Lemma 4.7 (1) Sind f∗ : C∗ → C ′∗ und f ′
∗ : C ′∗ → C ′′
∗ Kettenabbildungen undg : N → N ′ und g′ : N ′ → N ′′ Homomorphismen, so ist
(f ′∗ ◦ f∗) ⊗ (g′ ◦ g) = (f ′
∗ ⊗ g′) ◦ (f∗ ⊗ g) .
(2) Fur jeden Kettenkomplex C∗ und jeden Modul N gilt
idC∗⊗ idN = idC∗⊗N .
Beweis (1) Fur jedes n ∈ Z gilt nach Lemma 3.4 (2), dass
((f ′∗ ◦ f∗) ⊗ (g′ ◦ g))n = (f ′
∗ ◦ f∗)n ⊗ (g′ ◦ g)
= (f ′n ◦ fn) ⊗ (g′ ◦ g) = (f ′
n ⊗ g′) ◦ (fn ⊗ g)
= (f ′∗ ⊗ g′)n ◦ (f∗ ⊗ g)n = ((f ′
∗ ⊗ g′) ◦ (f∗ ⊗ g))n
und damit ist (f ′∗ ◦ f∗) ⊗ (g′ ◦ g) = (f ′
∗ ⊗ g′) ◦ (f∗ ⊗ g).
(2) Fur jedes n ∈ Z gilt nach Lemma 3.4 (1), dass
(idC∗⊗ idN)n = idCn
⊗ idN = idCn⊗N = (idC∗⊗N)n
und damit ist idC∗⊗ idN = idC∗⊗N .
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen
Seien f∗ : B∗ → C∗ und g∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen. Dann gibt es folgendeskommutative Diagramm:
· · ·bn+2
−−−→ Bn+1bn+1
−−−→ Bnbn−−−→ Bn−1
bn−1
−−−→ · · ·
fn+1
y
fn
y
fn−1
y
· · ·cn+2
−−−→ Cn+1cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
gn+1
y
gn
y
gn−1
y
· · ·dn+2
−−−→ Dn+1dn+1
−−−→ Dndn−−−→ Dn−1
dn−1
−−−→ · · ·
Gilt zusatzlich, dass im folgenden Diagramm
0 0 0
y
y
y
· · ·bn+2
−−−→ Bn+1bn+1
−−−→ Bnbn−−−→ Bn−1
bn−1
−−−→ · · ·
fn+1
y
fn
y
fn−1
y
· · ·cn+2
−−−→ Cn+1cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
gn+1
y
gn
y
gn−1
y
· · ·dn+2
−−−→ Dn+1dn+1
−−−→ Dndn−−−→ Dn−1
dn−1
−−−→ · · ·
y
y
y
0 0 0
jede Spalte eine kurze exakte Folge ist, dann sagen wir, dass
0 −−−→ B∗f∗
−−−→ C∗g∗
−−−→ D∗ −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen ist. Naturlich ist dies nicht die‘richtige’ Definition: Dafur muss man eigentlich den Kern und das Bild voneiner Kettenabbildung einfuhren. Aber die obige Definition ist aquivalent zu derRichtigen.
Im Folgenden sei
0 −−−→ B∗f∗
−−−→ C∗g∗
−−−→ D∗ −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen.
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 22
Lemma 5.1 Fur jedes n ∈ Z gibt es einen eindeutigen Homomorphismus
∂n : Hn(D∗) → Hn−1(B∗)
mit folgender Eigenschaft: Sei u ∈ Kern dn; fur jedes v ∈ Cn mit gn(v) = u ist∂n([u]) = [w], wobei w ∈ KernBn−1 das eindeutige Element mit fn−1(w) = cn(v)ist.
Beweis Sei n ∈ Z und sei u ∈ Kern dn. Dann gilt:
(1) Es gibt ein v ∈ Cn mit gn(v) = u, da gn surjektiv ist.
(2) Zu jedem v ∈ Cn mit gn(v) = u gibt es ein eindeutiges w ∈ Bn−1, so dassfn−1(w) = cn(v), und es gilt bn−1(w) = 0 (d.h. w ∈ Kern bn−1).
(Sei v ∈ Cn mit gn(v) = u; dann gilt gn−1(cn(v)) = dn(gn(v)) = dn(u) = 0, unddamit ist cn(v) ∈ Kern gn = Bild fn−1. Es gibt also ein eindeutiges w ∈ Bn−1 mitfn−1(w) = cn(v), da fn−1 injektiv ist. Ferner ist
fn−2(bn−1(w)) = cn−1(fn−1(w)) = cn−1(cn(v)) = 0 ,
da cn−1 ◦ cn = 0, und folglich ist bn−1(w) = 0, da fn−2 injektiv ist.)
(3) Sind v1, v2 Elemente aus Cn mit gn(v1) = gn(v2) = u und sind w1, w2 ∈ Bn−1
die eindeutigen Elemente mit fn−1(w1) = cn(v1) und fn−1(w2) = cn(v2), so istw1 − w2 ∈ Bild bn.
(Es gilt gn(v1 − v2) = u− u = 0, d.h. v1 − v2 ∈ Kern gn = Bild fn, und also gibtes ein w′ ∈ Bn mit fn(w
′) = v1 − v2. Folglich ist
fn−1(bn(w′)) = cn(fn(w
′)) = cn(v1 − v2)
= cn(v1) − cn(v2) = fn−1(w1) − fn−1(w2) = fn−1(w1 − w2)
und damit ist bn(w′) = w1 − w2, da fn−1 injektiv ist, d.h. w1 − w2 ∈ Bild bn.)
Nach (1), (2) und (3) gibt es eine eindeutige Abbildung ψ : Kern dn → Hn−1(B∗),fur die gilt: Ist c ∈ Kern dn and ist v ∈ Cn mit gn(v) = u, so gibt es ein eindeutigesElement w ∈ Kern bn−1 mit fn−1(w) = cn(v) und dann ist ψ(u) = [w] ∈ Hn−1(B∗).Wir zeigen nun, dass ψ ein Homomorphismus ist und Bild dn+1 ⊂ Kernψ:
Seien u1, u2 ∈ Kern dn und v1, v2 ∈ Cn mit gn(v1) = u1 und gn(v2) = u2. Es gibteindeutige Elemente w1, w2 ∈ Bn−1 mit fn−1(w1) = gn(v1), fn−1(w2) = gn(v2),und dann sind w1, w2 ∈ Kern bn−1 und ψ(u1) = [w1] und ψ(u2) = [w2]. Nun istgn(r1v1 + r2v2) = r1u1 + r2u2 und fn−1(r1w1 + r2w2) = cn(r1v1 + r2v2) fur aller1, r2 ∈ R und daraus ergibt sich, dass
ψ(r1u1 + r2u2) = [r1w1 + r2w2] = r1[w1] + r2[w2] = r1ψ(u1) + r2ψ(u2) .
Dies zeigt, dass ψ ein Homomorphismus ist.
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 23
Sei u ∈ Bild dn+1; also ist u = dn+1(u′) fur ein u′ ∈ Dn+1 und da gn+1 surjektiv
ist, gibt es dann ein v′ ∈ Cn+1 mit gn+1(v′) = u′. Setze v = cn+1(v
′); es gilt
gn(v) = gn(cn+1(v′)) = dn+1(gn+1(v
′)) = dn+1(u′) = u
und cn(v) = cn(cn+1(v′)) = 0. Damit ist ψ(u) = [0] = 0, da fn−1(0) = 0 = cn(v),
d.h. u ∈ Kernψ. Damit ist Bild dn+1 ⊂ Kernψ.
Da ψ : Kern dn → Hn−1(B∗) ein Homomorphismus ist und Bild dn+1 ⊂ Kernψ,gibt es einen Homomorphismus ∂n : Hn(D∗) → Hn−1(B∗), so dass ∂n([u]) = ψ(u)fur alle u ∈ Kern dn. Damit hat ∂n die gewunschte Eigenschaft und es ist klar,dass ∂n durch diese Eigenschaft eindeutig bestimmt ist.
Fur jedes n ∈ Z gibt es also Homomorphismen
Hn(f∗) : Hn(B∗) → Hn(C∗) ,
Hn(g∗) : Hn(C∗) → Hn(D∗) ,
∂n : Hn(D∗) → Hn−1(B∗) .
Satz 5.1 Die Folge
· · ·∂n+1
−−−→ Hn(B∗)Hn(f∗)−−−−→ Hn(C∗)
Hn(g∗)−−−−→ Hn(D∗)
∂n−−−→ Hn−1(B∗)Hn−1(f∗)−−−−−→ Hn−1(C∗)
Hn−1(g∗)−−−−−→ · · ·
ist exakt.
Beweis (1) BildHn(f∗) ⊂ KernHn(g∗) (in Hn(C∗)):
Da g∗ ◦ f∗ = 0, ist nach Lemma 4.2 Hn(g∗) ◦Hn(f∗) = Hn(g∗ ◦ f∗) = Hn(0) = 0und damit ist BildHn(f∗) ⊂ KernHn(g∗).
(2) BildHn(g∗) ⊂ Kern ∂n (in Hn(D∗)):
Sei v ∈ Kern cn (und also ist cn(v) = 0); dann ist Hn(g∗)([v]) = [gn(v)] und damitist ∂n(Hn(g∗)([v])) = ∂n([gn(v)]). Aber ∂n([gn(v)]) = 0, da fn−1(0) = 0 = cn(v)(und gn(v) = u, wenn u = gn(v)). Dies zeigt, dass ∂n ◦ Hn(g∗) = 0 und folglichist BildHn(g∗) ⊂ Kern ∂n.
(3) Bild ∂n ⊂ KernHn−1(f∗) (in Hn−1(B∗)):
Sei u ∈ Kern dn; dann ist ∂n([u]) = [w], wobei w ∈ Bn−1 mit fn−1(w) = cn(v)und v ∈ Cn mit gn(v) = u. Folglich ist
Hn−1(f∗)(∂n([u]) = Hn−1(f∗)([w]) = [fn1(w)] = [cn(v)] .
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 24
Aber [cn(v)] = 0 in Hn−1(C∗), da cn(v) ∈ Bild cn und also ist Hn−1(f∗) ◦ ∂n = 0,d.h. Bild ∂n ⊂ KernHn−1(f∗).
(4) KernHn(g∗) ⊂ BildHn(f∗) (in Hn(C∗)):
Sei [v] ∈ KernHn(g∗) mit v ∈ Kern cn. Dann ist Hn(g∗)([v]) = [gn(v)] = 0 (inHn(D∗)) und damit ist gn(v) ∈ Bild dn+1. Sei also u′ ∈ Dn+1 mit gn(v) = dn+1(u
′);da gn+1 surjektiv ist, gibt es ein v′ ∈ Cn+1 mit gn+1(v
′) = u′. Nun ist
gn(cn+1(v′)) = dn+1(gn+1(v
′)) = dn+1(u′) = gn(v)
und folglich ist gn(v − cn+1(v′)) = gn(v) − gn(cn+1(v
′)) = gn(v) − gn(v) = 0, d.h.v − cn+1(v
′) ∈ Kern gn = Bild fn. Sei w ∈ Bn mit fn(w) = v − cn+1(v′); da fn−1
injektiv ist und fn−1(bn(w)) = cn(fn(w)) = cn(v− cn+1(v′)) = cn(v) = 0, ist dann
bn(w) = 0, d.h. w ∈ Kern bn. Aber Hn(f∗)([w]) = [fn(w)] = [v − cn+1(v′)] = [v]
(da [cn+1(v′)] = 0 in Hn(C∗)) und dies zeigt, dass [v] ∈ BildHn(f∗).
(5) Kern ∂n ⊂ BildHn(g∗) (in Hn(D∗)):
Sei [u] ∈ Kern ∂n mit u ∈ Kern dn. Dann ist ∂n([u]) = [w], wobei w ∈ Bn−1 mitfn−1(w) = cn(v) und v ∈ Cn mit gn(v) = u, und da [w] = 0 in Hn−1(B∗), istw ∈ Bild bn. Sei also w′ ∈ Bn mit w = bn(w
′). Setze v′ = v − fn(w′); dann ist
cn(v′) = cn(v − fn(w
′))
= cn(v) − cn(fn(w′)) = cn(v) − fn−1(bn(w
′)) = fn−1(w) − fn−1(w) = 0 ,
d.h. v′ ∈ Kern cn, und
gn(v′) = gn(v − fn(w
′)) = gn(v) − gn(fn(w′)) = gn(v) − 0 = gn(v) = u
(da gn ◦ fn − 0). Damit ist Hn(g∗)([v′]) = [gn(v
′)] = [u] und dies zeigt, dass[u] ∈ BildHn(g∗).
(6) KernHn−1(f∗) ⊂ Bild ∂n (in Hn−1(B∗)):
Sei [w] ∈ KernHn−1(f∗) mit w ∈ Kern bn−1. Es ist Hn−1(f∗)([w]) = [fn−1(w)] = 0in Hn−1(C∗) und folglich ist fn−1(w) ∈ Bild cn. Es gibt also ein v ∈ Cn mitcn(v) = fn−1(w). Setze u = gn(v); da gn−1 ◦ fn−1 = 0, ist
dn(u) = dn(gn(v)) = gn−1(cn(v)) = gn−1(fn−1(w)) = 0 ,
d.h. u ∈ Kern dn und nach der Definition von ∂n : Hn(D∗) → Hn−1(B∗) ist dann∂n([u]) = [w]. Dies zeigt, dass [a] ∈ Bild ∂n.
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 25
Satz 5.2 Sei
0 −−−→ B∗f∗
−−−→ C∗g∗
−−−→ D∗ −−−→ 0
β∗
y
γ∗
y
δ∗
y
0 −−−→ B′∗
f ′∗−−−→ C ′∗
g′∗−−−→ D′∗ −−−→ 0
ein kommutatives Diagramm von Kettenkomplexen, wobei jede Zeile eine kurzeexakte Folge ist. Dann gibt es folgendes kommutative Diagramm:
∂n+1
−−−→ Hn(B∗)Hn(f∗)−−−−→ Hn(C∗)
Hn(g∗)−−−−→ Hn(D∗)
∂n−−−→ Hn−1(B∗)Hn−1(f∗)−−−−−→
Hn(β∗)
y
Hn(γ∗)
y
Hn(δ∗)
y
Hn−1(β∗)
y
∂′n+1
−−−→ Hn(B′∗)
Hn(f ′∗)−−−−→ Hn(C
′∗)
Hn(g′∗)−−−−→ Hn(D
′∗)
∂′n−−−→ Hn−1(B′∗)
Hn−1(f ′∗)−−−−−→
Beweis Da γ∗ ◦ f∗ = f ′∗ ◦ β∗ und δ∗ ◦ g∗ = g′∗ ◦ γ∗ kommutiert nach Lemma 4.2
folgendes Diagramm fur jedes n ∈ Z:
Hn(B∗)Hn(f∗)−−−−→ Hn(C∗)
Hn(g∗)−−−−→ Hn(D∗)
Hn(β∗)
y
Hn(γ∗)
y
Hn(δ∗)
y
Hn(B′∗)
Hn(f ′∗)−−−−→ Hn(C
′∗)
Hn(g′∗)−−−−→ Hn(D
′∗)
Sei nun u ∈ Kern dn; dann ist ∂n([u]) = [w], wobei w ∈ Bn−1 mit fn−1(w) = cn(v)und v ∈ Cn mit gn(v) = u. Setze v′ = γn(v); es gilt
f ′n−1(βn−1(w)) = γn−1(fn−1(w)) = γn−1(cn(v)) = c′n(γn(v)) = c′n(v
′)
und g′n(v′) = g′n(γn(v)) = δn(gn(v)) = δn(u) und folglich ist
∂′n(Hn(δ∗)[(u)]) = ∂′n([δn(u)]) = [βn−1(w)] = Hn−1(β∗)([w]) = Hn−1(β∗)(∂n([u])) ,
d.h. ∂′n ◦Hn(δ∗) = Hn−1(β∗) ◦ ∂n. Damit kommutiert auch das Diagramm
Hn(D∗)∂n−−−→ Hn−1(B∗)
Hn(δ∗)
y
Hn−1(β∗)
y
Hn(D′∗)
∂′n−−−→ Hn−1(B′∗)
Satz 5.1 ordnet jeder kurzen exakten Folgen von Kettenkomplexen eine langeexakte Folge von Moduln zu. Nach Satz 5.2 ist diese Zuordnung naturlich.
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 26
Satz 5.3 Sei
0 −−−→ B∗f∗
−−−→ C∗g∗
−−−→ P∗ −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen mit P∗ projektiv (d.h. Pn ist einprojektiver Modul fur jedes n ∈ Z) und sei N ein Modul. Dann sind
0 −−−→ B∗ ⊗Nf∗⊗idN−−−−→ C∗ ⊗N
g∗⊗idN−−−−→ P∗ ⊗N −−−→ 0
und
0 −−−→ N ⊗ B∗idN⊗f∗−−−−→ N ⊗ C∗
idN⊗g∗−−−−→ N ⊗ P∗ −−−→ 0
ebenfalls kurze exakten Folgen von Kettenkomplexen.
Beweis Sei n ∈ Z; da Pn projektiv ist, ist nach Satz 3.5
0 −−−→ Bnfn
−−−→ Cngn
−−−→ Pn −−−→ 0
eine kurze exakte spaltende Folge und damit ist nach Satz 3.5
0 −−−→ Bn ⊗Nfn⊗idN−−−−→ Cn ⊗N
gn⊗idN−−−−→ Pn ⊗N −−−→ 0
ebenfalls eine kurze exakte spaltende Folge. Nach Satz 3.4 gilt ferner
(fn−1 ⊗ idN) ◦ (bn ⊗ idN) = (fn−1 ◦ bn) ⊗ (idN ◦ idN)
= (cn ◦ fn) ⊗ (idN ◦ idN) = (cn ⊗ idN) ◦ (fn ⊗ idN)
und genauso gilt (gn−1 ⊗ idN) ◦ (cn ⊗ idN ) = (pn ⊗ idN) ◦ (gn ⊗ idN). Folglichkommutiert das Diagramm
0 −−−→ Bn ⊗Nfn⊗idN−−−−→ Cn ⊗N
gn⊗idN−−−−→ Pn ⊗N −−−→ 0
bn⊗idN
y
cn⊗idN
y
pn⊗idN
y
0 −−−→ Bn−1 ⊗Nfn−1⊗idN−−−−−−→ Cn−1 ⊗N
gn−1⊗idN−−−−−−→ Pn−1 ⊗N −−−→ 0
und dies zeigt, dass
0 −−−→ B∗ ⊗Nf∗⊗idN−−−−→ C∗ ⊗N
g∗⊗idN−−−−→ P∗ ⊗N −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen ist. Genauso ist
0 −−−→ N ⊗ B∗idN⊗f∗−−−−→ N ⊗ C∗
idN⊗g∗−−−−→ N ⊗ P∗ −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen.
5 Kurze exakte Folgen von Kettenkomplexen 27
Man beachte: Ist
B∗f∗
−−−→ C∗g∗
−−−→ D∗
β∗
y
γ∗
y
δ∗
y
B′∗
f ′∗−−−→ C ′∗
g′∗−−−→ D′∗
ein kommutatives Diagramm von Kettenkomplexen, so kommutiert nach Satz 3.4auch die Diagramme:
B∗ ⊗Nf∗⊗idN−−−−→ C∗ ⊗N
g∗⊗idN−−−−→ D∗ ⊗N
β∗⊗idN
y
γ∗⊗idN
y
δ∗⊗idN
y
B′∗ ⊗N
f ′∗⊗idN−−−−→ C ′
∗ ⊗Ng′∗⊗idN−−−−→ D′
∗ ⊗N
und
N ⊗ B∗idN⊗f∗−−−−→ N ⊗ C∗
idN⊗g∗−−−−→ N ⊗D∗
idN⊗β∗
y
idN⊗γ∗
y
idN⊗δ∗
y
N ⊗ B′∗
idN⊗f ′∗−−−−→ N ⊗ C ′∗
idN⊗g′∗−−−−→ N ⊗D′∗
Die Zuordnungen in Satz 5.3 sind also naturlich.
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra
Ein Kettenkomplex C∗ heißt projektiv, wenn jeder Modul Cn projektiv ist; C∗
heißt positiv, wenn Cn = 0 fur jedes n < 0.
Satz 6.1 Sei C∗ ein positiver projektiver Kettenkomplex und sei D∗ ein Ketten-komplex mit Hn(D∗) = 0 fur alle n ≥ 1. Dann gilt:
(1) Fur jeden Homomorphismus u : H0(C∗) → H0(D∗) gibt es eine Kettenab-bildung f∗ : C∗ → D∗ mit H0(f∗) = u.
(2) Sind f∗, g∗ : C∗ → D∗ Kettenabbildungen mit H0(f∗) = H0(g∗), so sind f∗und g∗ homotop.
Beweis (1) Sei u : H0(C∗) → H0(D∗) ein Homomorphismus. Seien
p1 : C0 → H0(C∗) = C0/Bild c1 und p2 : Kern d0 → H0(D∗) = Kern d0/Bild d1
die Projektionen (Kern c0 = C0, da C−1 = 0). Da C0 projektiv ist und p2 surjektiv,gibt es einen Homomorphismus f0 : C0 → Kern d0 mit p2 ◦ f0 = u ◦ p1.
C0p1
−−−→ H0(C∗)
f0
y
y
u
Kern d0 −−−→p2
H0(D∗)
Wir sehen f0 als Homomorphismus f0 : C0 → D0 an; sei fn = 0 : Cn → Dn furjedes n < 0. Dann gilt dn ◦ fn = 0 = fn−1 ◦ cn fur jedes n < 0, da fn = 0 undfn−1 = 0, und d0 ◦ f0 = 0 = f−1 ◦ c0, da f0(C0) ⊂ Kern d0.
C0c0−−−→ C−1
c−1
−−−→ C−2c−2
−−−→ · · ·
y
f0
y
f−1
y
f−2
D0 −−−→d0
D−1 −−−→d−1
D−2 −−−→d−2
· · ·
Es gilt p1 ◦ c1 = 0 und damit ist p2 ◦ f0 ◦ c1 = u ◦ p1 ◦ c1 = 0.
C1c1−−−→ C0
p1
−−−→ H0(C∗)
y
f0
y
u
D0 −−−→p2
H0(D∗)
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 29
Folglich ist Bild (f0 ◦ c1) ⊂ Kern p2 = Bild d1. Da C1 projektiv ist, gibt es einenHomomorphismus f1 : C1 → D1 mit d1 ◦ f1 = f0 ◦ c1.
C1c1−−−→ C0
c−1
−−−→ C−1c−1
−−−→ · · ·
y
f1
y
f0
y
f−1
D1 −−−→d1
D0 −−−→d−1
D−1 −−−→d−1
· · ·
Sei nun n ≥ 1 und nehme an, es gibt Homomomorphismen fk : Ck → Dk,k = 2, . . . , n, so dass dk ◦ fk = fk−1 ◦ ck fur jedes k ≤ n.
Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ Cn−2cn−2
−−−→ · · ·
y
fn
y
fn−1
y
fn−2
Dn −−−→dn
Dn−1 −−−→dn−1
Dn−2 −−−→dn−2
· · ·
Da dn ◦ fn ◦ cn+1 = fn−1 ◦ cn ◦ cn+1 = 0 und Hn(D∗) = 0,
Cn+1cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
y
fn
y
fn−1
Dn −−−→dn
Dn−1
ist Bild (fn ◦cn+1) ⊂ Kern dn = Bild dn+1, und da Cn+1 projektiv ist, gibt es danneinen Homomorphismus fn+1 : Cn+1 → Dn+1, so dass dn+1 ◦fn+1 = fn ◦ cn+1, unddaher gilt dk ◦ fk = fk−1 ◦ ck fur jedes k ≤ n+ 1.
Cn+1cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
y
fn+1
y
fn
y
fn−1
Dn+1 −−−→dn+1
Dn −−−→dn
Dn−1 −−−→dn−1
· · ·
Per Induktion nach n erhalten wir also eine Kettenabbildung f∗ : C∗ → D∗.
· · ·cn+1
−−−→ Cncn−−−→ Cn−1
cn−1
−−−→ · · ·
y
fn
y
fn−1
· · · −−−→dn+1
Dn −−−→dn
Dn−1 −−−→dn−1
· · ·
Sei a ∈ Kern c0 = C0; da p2 ◦ f0 = u ◦ p1, ist
H0(f∗)([a]) = [f0(a)] = p2(f0(a)) = u(p1(a)) = u([a]) ,
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 30
d.h. H0(f∗) = u. Die zeigt, dass H0 : [C∗, D∗] → HomR(H0(C∗), H0(D∗)) surjektivist.
(2) Nach Lemma 4.6 konnen wir annehmen, dass g∗ = 0∗. Wir haben also eineKettenabbildung f∗ : C∗ → D∗ mit H0(f∗) = 0 und mussen zeigen, dass f∗ ≃ 0∗.Dafur muss eine Folge von Homomorphismen hn : Cn → Dn+1, n ∈ Z, definiertwerden, so dass dn+1 ◦ hn + hn−1 ◦ cn = fn fur jedes n ∈ Z.
· · · // Cn+1
��
// Cn
hnyyy
||yyy
fn
��
cn// Cn−1
��
hn−1
yyy
||yyy
// · · ·
· · · // Dn+1dn+1
// Dn// Dn−1
// · · ·
Fur n < 0 setze hn = 0 : Cn → Dn+1. Da H0(f∗) = 0, ist Bild f0 ⊂ Bild d1,und da C0 projektiv ist, gibt es einen Homomorphismus h0 : C0 → D1, so dassd1 ◦ h0 = f0. Dann gilt dn+1 ◦ hn + hn−1 ◦ cn = fn fur jedes n ≤ 0. (Fur n < 0 gilthn = 0, da Cn = 0.)
Sei nun n ≥ 0 und nehme an, es gibt Homomomorphismen hk : Ck → Dk+1,k = 1, . . . , n, so dass dk+1 ◦ hk + hk−1 ◦ ck = fk fur jedes k ≤ n. Es gilt
dn+1 ◦ hn ◦ cn+1 = (fn− hn−1 ◦ cn) ◦ cn+1 = fn ◦ cn+1 − hn−1 ◦ cn ◦ cn+1 = fn ◦ cn+1
und damit ist
dn+1 ◦ (fn+1 − hn ◦ cn+1) = dn+1 ◦ fn+1 − dn+1 ◦ hn ◦ cn+1
= dn+1 ◦ fn+1 − fn ◦ cn+1 = 0 .
Cn+1
fn+1
��
cn+1// Cn
hnyyy
||yyy
fn
��
cn// Cn−1
��
hn−1
yyy
||yyy
Dn+1dn+1
// Dn// Dn−1
Daraus ergibt sich, dass
Bild (fn+1 − hn ◦ cn+1) ⊂ Kern dn+1 = Bild dn+2 .
Da Cn+1 projektiv ist, gibt es einen Homomorphismus hn+1 : Cn+1 → Dn+2 mitdn+2 ◦ hn+1 = fn+1 − hn ◦ cn+1, d.h. mit dn+2 ◦ hn+1 + hn ◦ cn+1 = fn+1.
Cn+2
fn+2
��
// Cn−1
hn+1
{{vvvvvvvvv
fn+1
��
cn+1// Cn
��hn||yy
yyyyyy
Dn+2dn+2
// Dn+1// Dn
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 31
Per Induktion nach n erhalten wir also eine Kettenhomotopie h∗ von f∗ nach 0∗.Damit ist [f∗] = 0 und dies zeigt, dass H0 : [C∗, D∗] → HomR(H0(C∗), H0(D∗))injektiv ist.
Sei C∗ ein positiver Kettenkomplex mit Hn(C∗) = 0 fur alle n ≥ 1. Dann istH0(C∗) = Kern c0/Bild c1 = C0/Bild c1; sei c′0 : C0 → H0(C∗) die Projektion. Esgibt also eine exakte Folge von Moduln
· · ·c3−−−→ C2
c2−−−→ C1c1−−−→ C0
c′0−−−→ H0(C∗) = C0/Bild c1 −−−→ 0
Sei M ein Modul. Ein Paar (P∗, ϕ) bestehend aus einem positiven projektivenKettenkomplex P∗ mit Hn(P∗) = 0 fur alle n ≥ 1 und einem Isomorphismusϕ : H0(P∗) → M heißt eine projektive Auflosung von M .
Ist P ein projektiver Modul, so ist der positive projektive Kettenkomplex
· · · −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ P −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ · · ·
(mit P0 = P ) zusammen mit dem Isomorphismus idP : H0(P∗) = P → P eineprojektive Auflosung von P .
Lemma 6.1 Sei M ein Modul. Ist (P∗, ϕ) eine projektive Auflosung von M , sogibt es eine exakte Folge von Moduln
· · ·p3
−−−→ P2p2
−−−→ P1p1
−−−→ P0ϕ0
−−−→ M −−−→ 0
mit ϕ0 = ϕ ◦ p′0 und p′0 : P0 → P0/Bild p1 = H0(P∗) die Projektion. Ist umgekehrt
· · ·p3
−−−→ P2p2
−−−→ P1p1
−−−→ P0ϕ0
−−−→ M −−−→ 0
eine exakte Folge von Moduln mit Pn projektiv fur jedes n ≥ 0, so ist P∗ (mitPn = 0 fur alle n < 0) ein positiver projektiver Kettenkomplex mit Hn(P∗) = 0fur alle n ≥ 1 und H0(P∗) = P0/Bild p1 = P0/Kernϕ0. Damit ist (P∗, ϕ) eineprojektive Auflosung von M , wobei ϕ : H0(P∗) = P0/Kernϕ0 →M der durch densurjektiven Homomorphismus ϕ0 : P0 →M induzierte Isomorphismus ist.
Beweis Dies ist klar.
Analog zu einer projektiven Auflosung wird eine freie Auflosung von M definiertund nach Satz 2.1 ist eine freie Auflosung eine projektive Auflosung.
Satz 6.2 Jeder Modul M besitzt eine freie Auflosung (und damit eine projektiveAuflosung).
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 32
Beweis Nach Satz 1.2 gibt es einen freien Modul F0 und eine kurze exakte Folge
0 −−−→ M0h0−−−→ F0
g0−−−→ M −−−→ 0
Wieder nach Satz 1.2 gibt es einen freien Modul F1 und eine kurze exakte Folge
0 −−−→ M1h1−−−→ F1
g1−−−→ M0 −−−→ 0
Sei n ≥ 1 und nehme an, fur k = 1, . . . , n gibt es einen freien Moduln Fk undeine kurze exakte Folge
0 −−−→ Mkhk−−−→ Fk
gk−−−→ Mk−1 −−−→ 0
Nach Satz 1.2 gibt es dann einen freien Modul Fn+1 und eine kurze exakte Folge
0 −−−→ Mn+1hn+1
−−−→ Fn+1gn+1
−−−→ Mn −−−→ 0
Durch Induktion nach n gibt es also fur jedes n ≥ 1 einen freien Modul Fn undeine kurze exakte Folge
0 −−−→ Mnhn−−−→ Fn
gn−−−→ Mn−1 −−−→ 0
Setze Fn = 0 fur n < 0. Fur n ≥ 1 setze fn = hn−1 ◦ gn : Fn → Fn−1 und furn ≤ 0 sei fn = 0 : Fn → Fn−1.
Sei n ≥ 1; da gn+1 surjektiv und hn−1 injektiv ist, ist dann
Bild fn+1 = Bild (hn ◦ gn+1) = Bildhn = Kern gn = Kern (hn−1 ◦ gn) = Kern fn
und damit ist (F∗, f∗) ein positiver freier Kettenkomplex mit Hn(F∗) = 0 fur allen ≥ 1. Schließlich ist
H0(F∗) = Kern f0/Bild f1 = F0/Bild (h0 ◦ g1) = F0/Bildh0
und F0/Bildh0 ≈M , da g0 surjektiv ist und Bildh0 = Kern g0.
Satz 6.3 Ist R ein Hauptidealring, so besitzt jeder Modul M eine freie Auflosung(P∗, ϕ) mit Pn = 0 fur jedes n ≥ 2.
Proof Nach Satz 1.2 gibt es einen surjektiven Homomorphismus f : F →M mitF frei und also gibt es eine kurze exakte Folge
0 −−−→ N −−−→ F −−−→ M −−−→ 0
mit N = Kern f . Nach Satz 1.3 ist der Untermodul N auch frei und folglichinduziert nach Lemma 6.1 die exakte Folge
· · · −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ N −−−→ F −−−→ 0
eine freie Auflosung (P∗, ϕ) von M mit P0 = F , P1 = N und mit Pn = 0 fur allen /∈ {1, 2}.
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 33
Satz 6.4 Seien (P∗, ϕ) bzw. (Q∗, ψ) projektive Auflosungen von Moduln M bzw.N . Dann gibt es zu jedem Homomorphismus f : M → N eine bis auf Homotopieeindeutige Kettenabbildung u∗ : P∗ → Q∗, so dass H0(u∗) = ψ−1 ◦ f ◦ ϕ.
Beweis Dies folgt unmittelbar aus Satz 6.1
Folgendes heißt (bei Luck) der Fundamentalsatz der homologischen Algebra:
Satz 6.5 Sind (P∗, ϕ), (Q∗, ψ) zwei projektive Auflosungen des Moduls M , sogibt es eine Kettenhomotopieaquivalenz f∗ : P∗ → Q∗ mit ψ ◦H0(f∗)◦ϕ
−1 = idM .Ist g∗ : P∗ → Q∗ eine weitere Kettenabbildung mit ψ ◦ H0(g∗) ◦ ϕ
−1 = idM , sosind f∗ und g∗ homotop.
Beweis Nach Satz 6.1 gibt es Kettenabbildungen f∗ : P∗ → Q∗ und f ′∗ : Q∗ → P∗
mit H0(f∗) = ψ−1 ◦ ϕ und H0(f′∗) = ϕ−1 ◦ ψ; dann ist f ′
∗ ◦ f∗ : P∗ → P∗ eineKettenabbildung mit
H0(f′∗ ◦ f∗) = H0(f
′∗) ◦H0(f∗) = ϕ−1 ◦ ψ ◦ ψ−1 ◦ ϕ = idH0(P∗) .
Aber idP∗: P∗ → P∗ ist auch eine Kettenabbildung mit H0(idP∗
) = idH0(P∗) undnach Satz 6.1 ist die Abbildung H0 : [C∗, C∗] → HomR(H0(C∗), H0(C∗)) injektiv.Folglich ist f ′
∗ ◦ f∗ ≃ idP∗und genauso gilt f∗ ◦ f
′∗ ≃ idQ∗
. Dies zeigt, dass f∗ eineKettenhomotopieaquivalenz f∗ : P∗ → Q∗ ist.
Sei g∗ : P∗ → Q∗ eine weitere Kettenabbildung mit ψ ◦H0(g∗) ◦ϕ−1 = idM ; dann
ist H0(g∗) = ψ−1 ◦ ϕ = H0(f∗) und wieder nach der Injektivitat der AbbildungH0 : [C∗, D∗] → HomR(H0(C∗), H0(D∗)) ist g∗ ≃ f∗.
Satz 6.6 Sei
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Modulen und seien (P∗, ϕ) bzw. (Q∗, ψ) projektiveAuflosungen von M0 bzw. M2. Dann gibt es eine projektive Auflosung (S∗, µ) vonM1 zusammen mit einer kurzen exakten Folge von Kettenkomplexen
0 −−−→ P∗f∗
−−−→ S∗g∗
−−−→ Q∗ −−−→ 0
so dass folgendes Diagramm kommutiert:
0 −−−→ H0(P∗)H0(f∗)−−−−→ H0(S∗)
H0(g∗)−−−−→ H0(Q∗) −−−→ 0
y
ϕ
y
µ
y
ψ
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 34
Beweis Nach Lemma 6.1 gibt es exakte Folgen von Moduln
· · ·p3
−−−→ P2p2
−−−→ P1p1
−−−→ P0ϕ0
−−−→ M0 −−−→ 0
· · ·q3
−−−→ Q2q2
−−−→ Q1q1
−−−→ Q0ψ0
−−−→ M2 −−−→ 0
wobei ϕ0 = ϕ ◦ p′0 und ψ0 = ψ ◦ q′0, und p′0 : P0 → P0/Bild p1 = H0(P∗) undq′0 : Q0 → Q0/Bild q1 = H0(Q∗) die Projektionen sind. Fur jedes n ≥ 0 setzeSn = Pn ⊕ Qn und sei fn : Pn → Pn ⊕Qn die Inklusion und gn : Pn ⊕ Qn → Qn
die Projektion. Es gibt also folgendes Diagramm, wobei jede Zeile eine kurzeexakte Folge ist und die linken und rechten Spalten exakt sind:
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0x
p1
x
q1
0 −−−→ P1f1
−−−→ S1g1
−−−→ Q1 −−−→ 0x
p2
x
q2
......
Da j surjektiv ist und Q0 projektiv, gibt es einen Homomorphimsus h : Q0 →M1
mit j ◦ h = ψ0. Setze µ0 = (i ◦ ϕ0) ⊕ h : P0 ⊕Q0 = S0 → M1. Dann kommutiertdas folgende Diagramm:
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
µ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0
Es ist klar, dass µ0 ◦ f0 = i ◦ ϕ0. Fur a ∈ P0, b ∈ Q0 ist
j(µ0(a⊕ b)) = j(i(ϕ0(a)) + h(b)) = j(i(ϕ0(a))) + j(h(b))
= 0 + j(h(b)) = j(h(b)) = ψ0(b) = ψ0(g0(a⊕ b))
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 35
und damit ist j ◦ µ0 = ψ0 ◦ g0.
Ferner ist µ0 surjektiv (und damit ist die mittlere Spalte exakt): Sei a ∈ M1;da ψ0 surjektiv ist, gibt es b ∈ Q0 mit j(a) = ψ0(b) = j(h(b)). Folglich ista − h(b) ∈ Kern j = Bild i und da ϕ0 surjektiv ist, gibt es dann ein c ∈ P0, sodass i(ϕ0(c)) = a− h(b). Also ist
µ0(c⊕ b) = i(ϕ0(c)) + h(b) = a− h(b) + h(b) = a .
Sei nun n ≥ 0 und nehme an, es gibt folgendes kommutative Diagamm, in demauch die mittlere Spalte exakt ist:
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
µ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0x
p1
x
s1
x
q1
......
...x
pn−1
x
sn−1
x
qn−1
0 −−−→ Pn−1fn−1
−−−→ Sn−1gn−1
−−−→ Qn−1 −−−→ 0x
pn
x
sn
x
qn
0 −−−→ Pnfn
−−−→ Sngn
−−−→ Qn −−−→ 0
Dann gilt gn(Kern sn) = Kern qn: Da gn−1 ◦ sn = qn ◦ gn, folgt unmittelbar, dassgn(Kern sn) ⊂ Kern qn. Sei also a ∈ Kern qn; da gn surjektiv ist, gibt es einb ∈ Sn, so dass gn(b) = a. Folglich ist 0 = qn(a) = qn(gn(b)) = gn−1(sn(b)), d.h.sn(b) ∈ Kern gn−1 = Bild fn−1 und damit gibt es ein c ∈ Pn−1 mit fn−1(c) = sn(b).Nun ist fn−2(pn−1(c)) = sn−1(fn−1(c)) = sn−1(sn(b)) = 0 und da fn−2 injektivist, ist c ∈ Kern pn−1 = Bild pn und daher gibt es ein d ∈ Pn, so dass pn(d) = c.Setze b′ = fn(d); dann ist gn(b− b′) = gn(b) − gn(fn(d)) = a− 0 = a und
sn(b− b′) = sn(b) − sn(fn(d))
= sn(b) − fn−1(pn(d)) = sn(b) − fn−1(c) = sn(b) − sn(b) = 0 .
Folglich ist a ∈ gn(Kern sn) und also ist Kern qn ⊂ gn(Kern sn). Dies zeigt, dassgn(Kern sn) = Kern qn. (Man beachte, dass mit den offensichtlichen Anderungendieser Beweis auch gilt, wenn n = 0 und n = 1.)
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 36
Da gn(Kern sn) = Kern qn, Bild qn+1 = Kern qn und Qn+1 projektiv ist, gibt eseinen Homomorphismus h : Qn+1 → Kern sn, so dass gn ◦ h = qn+1. Setze
sn+1 = (fn ◦ pn+1) ⊕ h : Pn+1 ⊕Qn+1 = Sn+1 → Sn .
Dann kommutiert das folgende Diagramm:
0 −−−→ Pnfn
−−−→ Sngn
−−−→ Qn −−−→ 0x
pn+1
x
sn+1
x
qn+1
0 −−−→ Pn+1fn+1
−−−→ Sn+1gn+1
−−−→ Qn+1 −−−→ 0
Es ist klar, dass sn+1 ◦ fn+1 = fn ◦ pn+1. Fur a ∈ Pn+1, b ∈ Qn+1 ist
gn(sn+1(a⊕ b)) = gn(fn(pn+1(a)) + h(b)) = gn(fn(pn+1(a))) + gn(h(b))
= 0 + gn(h(b)) = gn(h(b)) = qn+1(b) = qn+1(gn+1(a⊕ b))
und damit ist gn ◦ sn+1 = qn+1 ◦ gn+1.
Ferner gilt Bild sn+1 = Kern sn: Fur a ∈ Pn+1, b ∈ Qn+1 ist
sn(sn+1(a⊕ b)) = sn(fn(pn+1(a)) + h(b)) = sn(fn(pn+1(a))) + sn(h(b))
= fn−1(pn(pn+1(a))) + sn(h(b)) = 0 + sn(h(b)) = 0 + 0 = 0 ,
da Bild h = Kern sn, und damit ist sn ◦ sn+1 = 0, d.h. Bild sn+1 ⊂ Kern sn.
0 −−−→ Pn−1fn−1
−−−→ Sn−1gn−1
−−−→ Qn−1 −−−→ 0x
pn
x
sn
x
qn
0 −−−→ Pnfn
−−−→ Sngn
−−−→ Qn −−−→ 0x
pn+1
x
sn+1
x
qn+1
0 −−−→ Pn+1fn+1
−−−→ Sn+1gn+1
−−−→ Qn+1 −−−→ 0
Sei nun a ∈ Kern sn und setze b = gn(a); da qn(b) = qn(gn(a)) = gn−1(sn(a)) = 0,ist b ∈ Kern qn = Bild qn+1 und also gibt es ein c ∈ Qn+1 mit qn+1(c) = b, und dagn+1 surjektiv ist, gibt es ein d ∈ Sn+1 mit gn+1(d) = c. Setze a′ = sn+1(d); es gilt
gn(a′) = gn(sn+1(d)) = qn+1(gn+1(d)) = qn+1(c) = b = gn(a) ,
d.h. a − a′ ∈ Kern gn = Bild fn und daher gibt es ein e ∈ Pn mit fn(e) = a− a′.Aber fn−1 ist injektiv und
fn−1(pn(e)) = sn(fn(e)) = sn(a− a′) = sn(a) − sn(sn+1(d)) = 0 − 0 = 0
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 37
und folglich ist e ∈ Kern pn = Bild pn+1; sei e′ ∈ Pn+1 mit pn+1(e′) = e und setze
d′ = fn+1(e′). Es gilt
sn+1(d− d′) = sn+1(d) − sn+1(d′) = a′ − sn+1(fn+1(e
′))
= a′ − fn(pn+1(e′)) = a′ − fn(e) = a′ + a− a′ = a
und insbesondere ist a ∈ Bild sn+1. Dies zeigt, dass auch Kern sn ⊂ Bild sn+1 unddamit ist Bild sn+1 = Kern sn.
Es gibt also folgendes kommutative Diagamm, in dem auch die mittlere Spalteexakt ist:
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
µ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0x
p1
x
s1
x
q1
......
...x
pn+1
x
sn+1
x
qn+1
0 −−−→ Pn+1fn+1
−−−→ Sn+1gn+1
−−−→ Qn+1 −−−→ 0
Durch Induktion nach n gibt es nun folgendes kommutative Diagamm, in demauch die mittlere Spalte exakt ist:
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
µ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0x
p1
x
s1
x
q1
0 −−−→ P1f1
−−−→ S1g1
−−−→ Q1 −−−→ 0x
p2
x
s2
x
q2
......
...
6 Fundamentalsatz der homologischen Algebra 38
Nach Satz 2.3 ist Sn = Pn ⊕ Qn ein projektiver Modul fur jedes n ≥ 0. Folglichist nach Lemma 6.1 (S∗, µ) (mit Sn = 0 fur alle n < 0) eine projektive Auflosungvon M1, wobei µ : H0(S∗) = S0/Kernµ0 → M1 der durch den surjektiven Homo-morphismus µ0 : S0 → M1 induzierte Isomorphismus ist. Ferner ist
0 −−−→ P∗f∗
−−−→ S∗g∗
−−−→ Q∗ −−−→ 0
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen, wobei fn = gn = 0 fur n < 0, undaus dem kommutativen Diagramm
0 0 0x
x
x
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ0
x
µ0
x
ψ0
0 −−−→ P0f0
−−−→ S0g0
−−−→ Q0 −−−→ 0
folgt, dass
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0x
ϕ
x
µ
x
ψ
0 −−−→ H0(P∗)H0(f∗)−−−−→ H0(S∗)
H0(g∗)−−−−→ H0(Q∗) −−−→ 0
kommutiert.
7 Der Tor-Funktor
Seien M und N Moduln und seien P∗ und Q∗ zwei projektive Auflosungen vonM . Nach Satz 6.4 gibt es eine Kettenhomotopieaquivalenz f∗ : P∗ → Q∗ und nachSatz 4.1 (4) ist dann f∗⊗idN : P∗⊗N → Q∗⊗N eine Kettenhomotopieaquivalenz.Folglich ist nach Lemma 4.4 die Abbildung
Hn(f∗ ⊗ idN ) : Hn(P∗ ⊗N) → Hn(Q∗ ⊗N)
ein Isomorphismus fur jedes n ∈ Z. Bis auf Isomorphie hangt also der ModulHn(P∗ ⊗N) nicht von der Wahl der projektiven Auflosung von M ab. Fur jedesn ≥ 0 wird der Modul Hn(P∗ ⊗ N) mit Torn(M,N) bezeichnet. (Fur n < 0 istHn(P∗ ⊗N) = 0, da Pn = 0.) Fur n ≥ 0 gilt also
Torn(M,N) = Hn(P∗ ⊗N) .
Seien f : M1 → M2, g : N1 → N2 Homomorphismen und (P∗, ϕ) bzw. (Q∗, ψ∗)projektive Auflosungen von M1 bzw. M2. Nach Satz 6.4 gibt es dann eine Ketten-abbildung u∗ : P∗ → Q∗ mit ψ ◦H0(u∗) ◦ ϕ
−1 = f , nach Satz 4.1 (2) gibt es alsodie Kettenabbildung u∗⊗g : P∗⊗N1 → Q∗⊗N2 und nach Lemma 4.1 gibt es furjedes n ∈ Z den Homomorphismus Hn(u∗ ⊗ g) : Hn(P∗ ⊗ N1) → Hn(Q∗ ⊗ N2),d.h. einen Homomorphismus Hn(u∗ ⊗ g) : Torn(M1, N1) → Torn(M2, N2). Istv∗ : P∗ → Q∗ eine weitere Kettenabbildung mit ψ ◦ H0(u∗) ◦ ϕ
−1 = f , so sindnach Satz 6.4 u∗ und v∗ homotop. Damit sind nach Satz 4.1 (3) u∗⊗ g und v∗⊗ gauch homotop und daher ist nach Lemma 4.3 Hn(u∗ ⊗ g) = Hn(v∗ ⊗ g) fur jedesn ∈ Z. Dies zeigt: Fur jedes n ∈ Z gibt es einen eindeutigen Homomorphismus
Torn(f, g) : Torn(M1, N1) → Torn(M2, N2) ,
so dass Torn(f, g) = Hn(u∗ ⊗ g) gilt fur jede Kettenabbildung u∗ : P∗ → Q∗ mitψ ◦H0(u∗) ◦ ϕ
−1 = f .
Satz 7.1 Seien f1 : M1 → M2, f2 : M2 → M3, g1 : N1 → N2, g2 : N2 → N3
Homomorphismen; fur alle n ∈ Z gilt dann
Torn(f2 ◦ f1, g2 ◦ g1) = Torn(f2, g2) ◦ Torn(f1, g1) .
Ferner gilt Torn(idM , idN) = idTorn(M,N) fur alle Moduln M, N .
Beweis Fur j = 1, 2, 3 sei (Pj∗, ϕj) eine projektive Auflosung von Mj und seienu∗ : P1∗ → P2∗, v∗ : P2∗ → P3∗ Kettenabbildungen mit ϕ2 ◦H0(u∗)◦ϕ
−11 = f1 und
ϕ3 ◦H0(v∗) ◦ ϕ−12 = f2. Dann ist v∗ ◦ u∗ : P1∗ → P3∗ eine Kettenabbildung mit
ϕ3 ◦H0(v∗ ◦ u∗) ◦ ϕ−11 = ϕ3 ◦H0(v∗) ◦H0(u∗) ◦ ϕ
−11
= ϕ3 ◦H0(v∗) ◦ ϕ−12 ◦ ϕ2 ◦H0(u∗) ◦ ϕ
−11 = f2 ◦ f1
7 Der Tor-Funktor 40
und damit ist nach Lemma 4.7 (1)
Torn(f2 ◦ f1, g2 ◦ g1) = Hn((v∗ ◦ u∗) ⊗ (g2 ◦ g1)) = Hn((v∗ ⊗ g2) ◦ (u∗ ⊗ g1))
= Hn(v∗ ⊗ g2) ◦Hn(u∗ ⊗ g1) = Torn(f2, g2) ◦ Torn(f1, g1) .
Ist ferner (P∗, ϕ) eine projektive Auflosung von M , dann ist idP∗: P∗ → P∗ eine
Kettenabbildung mit ϕ ◦H0(idP∗) ◦ ϕ−1 = ϕ ◦ idH0(P∗) ◦ϕ
−1 = idM und damit istnach Lemma 4.7 (2)
Torn(idM , idN) = Hn(idP∗⊗ idN) = Hn(idP∗⊗N) = idHn(P∗⊗N) = idTorn(M,N) .
Satz 7.1 zeigt, dass Torn( · , · ) in beiden Variablen ein kovarianter Funktor ist.
Satz 7.2 Fur alle Moduln M, N gibt es einen naturlichen Isomorphismus
σM,N : Tor0(M,N) →M ⊗N .
Hier bedeutet naturlich: Fur jeden Homomorphsimus f : M → M ′ kommutiertdas Diagramm:
Tor0(M,N)σM,N
−−−→ M ⊗N
Tor0(f,idN )
y
y
f⊗idN
Tor0(M′, N) −−−→
σM′,N
M ′ ⊗N
Beweis Sei (P∗, ϕ) eine projektive Auflosung von M ; nach Lemma 6.1 gibt eseine exakte Folge von Moduln
P1p1
−−−→ P0ϕ0
−−−→ M −−−→ 0
mit ϕ0 = ϕ ◦ p′0 und p′0 : P0 → P0/Bild p1 = H0(P∗) die Projektion. Folglich gibtes nach Satz 3.4 die exakte Folge
P1 ⊗Np1⊗idN−−−−→ P0 ⊗N
ϕ0⊗idN−−−−→ M ⊗N −−−→ 0
Also ist ϕ0 ⊗ idN surjektiv mit Kern (ϕ0 ⊗ idN) = Bild (p1 ⊗ idN ). Ferner istH0(P∗ ⊗N) = P0/Bild (p1 ⊗ idN), da P−1 ⊗N = 0 und daher induziert ϕ0 ⊗ idNeinen Isomorphismus
σM,N : Tor0(M,N) = P0/Kern (ϕ0 ⊗ idN) →M ⊗N .
Sei nun f : M →M ′ ein Homomorphismus, sei (Q∗, ψ) eine projektive Auflosungvon M ′ und sei u∗ : P∗ → Q∗ eine Kettenabbildung mit ψ ◦ H0(u∗) ◦ ϕ
−1 = f .Dann kommutiert folgendes Diagramm:
7 Der Tor-Funktor 41
P1p1
−−−→ P0p′0−−−→ H0(P∗)
ϕ−−−→ M
y
u1
y
u0
y
H0(u∗)
y
f
Q1q1
−−−→ Q0q′0−−−→ H0(Q∗)
ψ−−−→ M ′
Also gibt es ein kommutatives Diagramm mit exakten Zeilen:
P1p1
−−−→ P0ϕ0
−−−→ M −−−→ 0
y
u1
y
u0
y
f
Q1q1
−−−→ Q0ψ0
−−−→ M ′ −−−→ 0
und folglich ist nach Satz 3.4
P1 ⊗Np1⊗idN−−−−→ P0 ⊗N
ϕ0⊗idN−−−−→ M ⊗N −−−→ 0
y
u1⊗idN
y
u0⊗idN
y
f⊗idN
Q1 ⊗Nq1⊗idN−−−−→ Q0 ⊗N
ψ0⊗idN−−−−→ M ′ ⊗N −−−→ 0
ein kommutatives Diagramm mit exakten Zeilen. Daraus ergibt sich, dass
Tor0(M,N) = H0(P∗ ⊗N)σM,N
−−−→ M ⊗N
Tor0(f,idN )=H0(u∗⊗idN )
y
y
f⊗idN
Tor0(M′, N) = H0(Q∗ ⊗N)
σM′,N
−−−→ M ′ ⊗N
ein kommutatives Diagramm ist.
Satz 7.3 Ist P ein projektiver Modul, so gilt Torn(P,N) = 0 fur alle n ≥ 1 furjeden Modul N .
Beweis Der positive projektive Kettenkomplex
· · · −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ P −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ · · ·
(mit P0 = P ) zusammen mit dem Isomorphismus idP : H0(P∗) = P → P ist eineprojektive Auflosung von P und dann ist P∗ ⊗N der Kettenkomplex
· · · −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ P ⊗N −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ · · ·
Damit ist Torn(M,N) = Hn(P∗ ⊗N) = 0 fur alle n ≥ 1.
7 Der Tor-Funktor 42
Satz 7.4 Ist R ein Hauptidealring, so gilt Torn(M,N) = 0 fur alle n ≥ 2 furalle Moduln M, N .
Beweis Nach Satz 6.3 gibt es eine freie Auflosung (P∗, ϕ∗) von M mit Pn = 0 furalle n ≥ 2. Dann ist P∗ ⊗N der Kettenkomplex
· · · −−−→ 0 −−−→ P1 ⊗Np1⊗idN−−−−→ P0 ⊗N −−−→ 0 −−−→ 0 −−−→ · · ·
und damit ist Torn(M,N) = Hn(P∗ ⊗N) = 0 fur alle n ≥ 2.
Satz 7.5 Zu jeder kurzen exakten Folge von Moduln
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0
und zu jedem Modul N gibt es eine lange exakte Folge von Moduln
· · ·∂n+1
−−−→ Torn(M0, N)Torn(i,idn)−−−−−−→ Torn(M1, N)
Torn(j,idN )−−−−−−→ Torn(M2, N)
∂n−−−→ Torn−1(M0, N)Torn−1(i,idN )−−−−−−−−→ Torn−1(M1, N)
Torn−1(j,idN )−−−−−−−−→ · · ·
· · ·∂2−−−→ Tor1(M0, N)
Tor1(i,idN )−−−−−−→ Tor1(M1, N)
Tor1(j,idN )−−−−−−→ Tor1(M2, N)
∂′1−−−→ M0 ⊗N
i⊗idN−−−→ M1 ⊗Nj⊗idN−−−→ M2 ⊗N −−−→ 0
Beweis Seien (P∗, ϕ) bzw. (Q∗, ψ) projektive Auflosungen von M0 bzw. M2. Danngibt es nach Satz 6.6 eine projektive Auflosung (S∗, µ) von M1 zusammen miteiner kurzen exakten Folge von Kettenkomplexen
0 −−−→ P∗f∗
−−−→ S∗g∗
−−−→ Q∗ −−−→ 0
so dass folgendes Diagramm kommutiert:
0 −−−→ H0(P∗)H0(f∗)−−−−→ H0(S∗)
H0(g∗)−−−−→ H0(Q∗) −−−→ 0
y
ϕ
y
µ
y
ψ
0 −−−→ M0i
−−−→ M1j
−−−→ M2 −−−→ 0
Es gilt also µ ◦H0(f∗) ◦ ϕ−1 = i und ψ ◦H0(g∗) ◦ µ
−1 = j, und nach Satz 5.3 ist
0 −−−→ P∗ ⊗Nf∗⊗idN−−−−→ S∗ ⊗N
g∗⊗idN−−−−→ Q∗ ⊗N −−−→ 0
7 Der Tor-Funktor 43
eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen. Folglich gibt es nach Satz 5.1 einelange exakte Folge von Moduln
· · ·∂n+1
−−−→ Hn(P∗ ⊗N)Hn(f∗⊗idN )−−−−−−−→ Hn(S∗ ⊗N)
Hn(g∗⊗idN )−−−−−−−→ Hn(Q∗ ⊗N)
∂n−−−→ Hn−1(P∗ ⊗N)Hn−1(f∗⊗idN )−−−−−−−−→ Hn−1(S∗ ⊗N)
Hn−1(g∗⊗idN )−−−−−−−−→ · · ·
· · ·∂2−−−→ H1(P∗ ⊗N)
H1(f∗⊗idN )−−−−−−−→ H1(S∗ ⊗N)
H1(g∗⊗idN )−−−−−−−→ H1(Q∗ ⊗N)
∂1−−−→ H0(P∗ ⊗N)H0(f∗⊗idN )−−−−−−−→ H0(S∗ ⊗N)
H0(g∗⊗idN )−−−−−−−→ H0(Q∗ ⊗N) −−−→ 0
(Man beachte, dass Hn(P∗⊗N) = Hn(S∗ ⊗N) = Hn(Q∗ ⊗N) = 0 fur alle n < 0und daher hort die Folge in der Stelle H0(Q∗ ⊗N) → 0 auf.) Nun ist
Hn(f∗ ⊗ idN) = Torn(i, idN) und Hn(g∗ ⊗ idN ) = Torn(j, idN)
fur jedes n ≥ 0, da µ◦H0(f∗)◦ϕ−1 = i und ψ◦H0(g∗)◦µ
−1 = j. Die lange exakteFolge kann also geschrieiben werden als
· · ·∂n+1
−−−→ Torn(M0, N)Torn(i,idN )−−−−−−→ Torn(M1, N)
Torn(j,idN )−−−−−−→ Torn(M2, N)
∂n−−−→ Torn−1(M0, N)Torn−1(i,idN )−−−−−−−−→ Torn−1(M1, N)
Torn−1(j,idN )−−−−−−−−→ · · ·
· · ·∂2−−−→ Tor1(M0, N)
Tor1(i,idN )−−−−−−→ Tor1(M1, N)
Tor1(j,idN )−−−−−−→ Tor1(M2, N)
∂1−−−→ Tor0(M0, N)Tor0(i,idN )−−−−−−→ Tor0(M1, N)
Tor0(j,idN )−−−−−−→ Tor0(M2, N) −−−→ 0
Schließlich kann man nach Satz 7.2 die letzte Zeile
∂1−−−→ Tor0(M0, N)Tor0(i,idN )−−−−−−→ Tor0(M1, N)
Tor0(j,idN )−−−−−−→ Tor0(M2, N) −−−→ 0
ersetzen durch
∂′1−−−→ M0 ⊗N
i⊗idN−−−→ M1 ⊗Nj⊗idN−−−→ M2 ⊗N −−−→ 0
wobei ∂′1 = σM0,N ◦ ∂1.
In Luck wird folgender Satz Universelles Koeffiziententheorem fur die Homologievon Kettenkomplexen genannt.
7 Der Tor-Funktor 44
Satz 7.6 Sei R ein Hauptidealring, sei C∗ ein projektiver Kettenkomplex und seiN ein Nodul. Dann gibt es fur jedes n ∈ Z eine exakte Folge von Noduln
0 −−−→ Hn(C∗) ⊗Nαn−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
βn−−−→ Tor1(Hn−1(C∗), N) −−−→ 0
Ferner gibt es einen Homomorphismus sn : Hn(C∗ ⊗N) → Hn(C∗)⊗N , so dasssn ◦αn = idHn(C∗)⊗N ; also ist die Folge spaltend und die Moduln Hn(C∗⊗N) und(Hn(C∗) ⊗N) ⊕ Tor1(Hn−1(C∗), N) sind isomorph.
Beweis Zunachst wird der Homomorphismus αn definiert. Sind a ∈ Kern cn undb ∈ N , so ist (cn ⊗ idN)(a ⊗ b) = cn(a) ⊗ idN(b) = 0 ⊗ b = 0 und damit ista⊗ b ∈ Kern (cn ⊗ idN) ⊂ Cn ⊗N . Ist ferner a′ ∈ Kern cn mit a − a′ = cn+1(a
′′)fur ein a′′ ∈ Cn+1, so ist
a⊗ b− a′ ⊗ b = (a− a′) ⊗ b = cn+1(a′′) ⊗ idN (b) = (cn+1 ⊗ idN )(a′′ ⊗ b)
d.h. a ⊗ b − a′ ⊗ b ∈ Bild (cn+1 ⊗ idN ), falls a − a′ ∈ Bild cn+1 und folglich gibtes eine Abbildung α′
n : Hn(C∗) × N → Hn(C∗ ⊗ N) mit α′n([a], b) = [a ⊗ b] fur
alle a ∈ Kern cn, b ∈ N . Man sieht leicht, dass α′n bilinear ist, und daher gibt es
einen Homomorphismus αn : Hn(C∗) ⊗N → Hn(C∗ ⊗N) mit αn ◦ ⊗ = α′n.
Als nachstes wird der Homomorphismus sn : Hn(C∗ ⊗ N) → Hn(C∗) ⊗ N mitsn ◦ αn = idHn(C∗)⊗N definiert. Es gibt eine kurze exakte Folge
0 −−−→ Kern cnin−−−→ Cn
cn−−−→ Bild cn −−−→ 0
wobei in die Inklusionsabbildung ist. Da R Haupidealring ist, ist nach Satz 2.5der Untermodul Bild cn des projektiven Moduls Cn auch projektiv und folglich istnach Satz 2.4 diese Folge spaltend. Nach Satz 1.4 gibt es einen Homomorphismustn : Cn → Kern cn mit tn ◦ in = idKern cn . Setze
s′n = ([ · ] ◦ tn) ⊗ idN : Cn ⊗N → Hn(C∗) ⊗N ,
wobei [ · ] : Kern cn → Hn(C∗) die Projektion ist. Es gilt [tn(a)] = [a] = 0 fur allea ∈ Bild cn+1 und damit ist nach Lemma 3.6 Kern s′n ⊂ Bild (cn+1 ⊗ idN). Alsoinduziert die Einschrankung von s′n auf Kern (cn ⊗ idN) einen Homomorphismussn : Hn(C∗ ⊗N) → Hn(C∗)⊗N mit sn([v]) = s′n(v) fur alle v ∈ Kern (cn⊗ idN),und fur alle a ∈ Kern cn, b ∈ N gilt
sn(αn([a] ⊗ b)) = sn(α′n([a], b) = sn([a⊗ b]) = s′n(a× b) = [tn(a)] ⊗ b = [a] ⊗ b .
Nach Lemma 3.2 ist dann sn ◦ αn = idHn(C∗)⊗N und insbesondere ist αn injektiv.
Sei n ∈ Z; es gibt eine kurze exakte Folge
0 −−−→ Bild cnjn−1
−−−→ Kern cn−1pn−1
−−−→ Hn−1(C∗) −−−→ 0
7 Der Tor-Funktor 45
wobei jn−1 die Inklusion und pn−1 : Kern cn−1 → Kern cn−1/Bild cn = Hn−1(C∗)die Projektion ist. Da R Haupidealring ist, sind nach Satz 2.5 die UntermodulnBild cn und Kern cn−1 des projektiven Moduls Cn−1 auch projektiv. Folglich gibtes nach Lemma 6.1 eine projektive Auflosung (Q∗, ψ) von Hn−1(C∗) mit Qn = 0und qn = 0 fur alle n ≥ 2, Q0 = Kern cn−1, Q1 = Bild cn und q1 = jn−1. Damit istTor1(Hn−1(C∗), N) = H1(Q∗ ⊗ idN) = Kern (jn−1 ⊗ idN). Nun ist nach Satz 3.4die Folge
(Bild cn) ⊗Njn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1) ⊗N
pn−1⊗idN−−−−−−→ Hn−1(C∗) ⊗N −−−→ 0
exakt und folglich gibt es eine kurze exakte Folge
0 −−−→ Tor1(Hn−1(C∗), N)kn−1
−−−→ (Bild cn) ⊗N
jn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1) ⊗N
pn−1⊗idN−−−−−−→ Hn−1(C∗) ⊗N −−−→ 0
wobei kn−1 die Inklusion ist.
Es wird nun gezeigt, es gibt auch eine exakte Folge
(Kern cn) ⊗Nδn−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
γn−−−→ (Bild cn) ⊗N
jn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1 ⊗N)
mit δn = αn ◦ [ · ], wobei [ · ] : (Kern cn) ⊗N → Hn(C∗) ⊗N die Projektion ist.
Nehme aber zunachst an, dass es diese exakte Folge gibt. Dann gibt es folgendeskommutative Diagramm mit exakten Zeilen:
Hn(C∗ ⊗N)γn
−−−→ (Bild cn) ⊗Njn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1 ⊗N)
id
yid
y
Tor1(Hn−1(C∗), N)kn−1
−−−→ (Bild cn) ⊗Njn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1) ⊗N
Also gibt es einen eindeutigen surjektiven Homomorphismus βn, so dass folgendesDiagramm kommutiert:
Hn(C∗ ⊗N)γn
−−−→ (Bild cn) ⊗Njn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1 ⊗N)
βn
yid
yid
y
Tor1(Hn−1(C∗), N)kn−1
−−−→ (Bild cn) ⊗Njn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1) ⊗N
Ferner ist Kern βn = Kern γn = Bild δn = Bildαn, da δn = αn ◦ [ · ] und dieProjektion [ · ] surjektiv ist.
7 Der Tor-Funktor 46
Damit haben wir die gewunschte kurze exakte spaltende Folge
0 −−−→ Hn(C∗) ⊗Nαn−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
βn−−−→ Tor1(Hn−1(C∗), N) −−−→ 0
Es muss noch gezeigt werden, dass es die exakte Folge
(Kern cn) ⊗Nδn−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
γn−−−→ (Bild cn) ⊗N
jn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1 ⊗N)
gibt. Sei n ∈ Z; wie oben ist die kurze exakte Folge
0 −−−→ Kern cnin−−−→ Cn
cn−−−→ Bild cn −−−→ 0
spaltend (da R Haupidealring ist, ist der Untermodul Bild cn des projektivenModuls Cn auch projektiv). Daher ist nach Satz 3.5
0 −−−→ (Kern cn) ⊗Nin⊗idN−−−−→ Cn ⊗N
cn⊗idN−−−−→ (Bild cn) ⊗N −−−→ 0
eine kurze exakte spaltende Folge. Fur jedes n ∈ Z kommutiert das Diagramm
(Kern cn) ⊗Nin⊗idN−−−−→ Cn ⊗N
cn⊗idN−−−−→ (Bild cn) ⊗N
0
y
cn⊗idN
y0
y
(Kern cn−1) ⊗Nin−1⊗idN−−−−−→ Cn−1 ⊗N
cn−1⊗idN−−−−−−→ (Bild cn−1) ⊗N
da nach Lemma 3.4
(cn ⊗ idN ) ◦ (in ⊗ idN) = (cn ◦ in) ⊗ (idN ◦ idN) = 0 ⊗ idN = 0 ,
(cn−1 ⊗ idN) ◦ (cn ⊗ idN) = (cn−1 ◦ cn) ⊗ (idN ◦ idN) = 0 ⊗ idN = 0 .
Folglich gibt es eine kurze exakte Folge von Kettenkomplexen
0 −−−→ K∗i∗⊗idN−−−−→ C∗ ⊗N
c∗⊗idN−−−−→ B∗ −−−→ 0
wobei Kn = (Kern cn)⊗N , kn = 0, Bn = (Bild cn)⊗N und bn = 0 fur alle n ∈ Z,und also gibt es nach Satz 5.1 eine exakte Folge
· · ·∂n+1
−−−→ Hn(K∗)Hn(i∗⊗idN )−−−−−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
Hn(c∗⊗idN )−−−−−−−→ Hn(B∗)
∂n−−−→ Hn−1(K∗)Hn−1(i∗⊗idN )−−−−−−−−→ Hn−1(C∗ ⊗N)
Hn−1(c∗⊗idN )−−−−−−−−→ · · ·
Aber Hn(B∗) = (Bild cn)⊗N , Hn(K∗) = (Kern cn)⊗N und ∂n = jn−1 ⊗ idN unddamit sieht die exakte Folge so aus
· · ·jn⊗idN−−−−→ (Kern cn) ⊗N
Hn(i∗⊗idN )−−−−−−−→ Hn(C∗ ⊗N)
Hn(c∗⊗idN )−−−−−−−→ (Bild cn) ⊗N
jn−1⊗idN−−−−−−→ (Kern cn−1) ⊗N
Hn−1(i∗⊗idN )−−−−−−−−→ · · ·
Schließlich stellt man fest, dass Hn(i∗ ⊕ idN) = αn ◦ [ · ].