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1 Ulrich Baumgärtner (Hg.): Geschichte mit Szenischem Spiel lebendig gestalten © Auer Verlag Das Zeremoniell der Lehnsübergabe 7/8 Klasse 1 Unterrichtsstunde Inszenierung einer Quelle Sachkompetenz (Lehnswesen als Ordnungsprinzip im Personenverbandsstaat erkennen), Methodenkompetenz (Bildquelle analysieren und interpretieren), Deutungs- / Orientierungs- kompetenz (Reflexion über die Bedeutung ritualisierter Verhaltensweisen in vormodernen Gesellschaften, auch im Vergleich zu deren Bedeutung in der heutigen Zeit) Kopiervorlage (Arbeitsanweisung, Bildquelle: Darstellungen zum Lehnswesen aus dem Sachsenspiegel), Smartphone / Tablet mit Barcode-Scan-App, Requisiten wie z. B. Krone, Hüte, Bündel Ähren, Zweig, Fahne, Zepter Die benötigten Requisiten sollten die Schüler von zu Hause mitbringen. Hierfür wird in der vorausgehenden Unterrichtsstunde kurz besprochen, wer welche Materialien mitbringt. Inhaltlicher Bezug Mittelalter (Struktur der mittelalterlichen Agrar- und Feudalgesellschaft, Lehnswesen) Vorwissen Die Schüler sollten bereits Grundkenntnisse über die mittelalterliche Herrschafts- und Gesellschafts- struktur (Ständewesen / Personenverbandsstaat) haben. Kurzbeschreibung Die Schüler untersuchen verschiedene Abbildungen zur Lehnsübergabe aus dem Sachsenspiegel genauer und stellen diese mithilfe geeigneter Requisiten nach. Auf diese Weise lernen sie das Zeremoniell der Lehnsübergabe kennen. Durchführung • Die Klasse wird in Gruppen eingeteilt (zwei Sechsergruppen, die restliche Klasse in Dreier- oder Vierergruppen). Immer zwei Gruppen erhalten die gleiche Abbildung aus dem Sachsenspiegel zugeteilt. • Die Schüler einer Gruppe untersuchen ihre Abbildung genauer, überlegen sich eine mögliche Inszenierung, verteilen die Rollen und stellen die Abbildung mit passenden Requisiten nach. Hinweis: Die Schüler sollten sich die Abbildungen unbedingt in Farbe anschauen. Die farbigen Abbildungen können über den entsprechenden QR-Code® aufgerufen werden. • Die Gruppen stellen ihre Inszenierung im Plenum vor, ggf. unterstützt durch lenkende Hinweise und Nachfragen des Lehrers. Es sollten jeweils die Gruppen, die die gleiche Abbildung untersucht haben, nacheinander auftreten. • Reflexion: Die Zuschauer werden jeweils nach ihren Eindrücken gefragt. Sie schildern ihre Beobach- tungen und stellen einen Vergleich der Inszenierungen an. Die darstellenden Schüler sprechen über ihre Empfindungen und Gedanken und reflektieren ihre Rolle. • Transfer: Die Schüler diskutieren im Plenum über die Bedeutung ritualisierter Handlungen in der vormodernen Gesellschaft wie auch vergleichend in der modernen Gesellschaft (Gegenwarts- bezug). Mirjam Blumrich

1 Unterrichtsstunde Inszenierung einer Quelle

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Das Zeremoniell der Lehnsübergabe7/8

Klasse

1 Unterrichtsstunde

Inszenierung einer Quelle

Sachkompetenz (Lehnswesen als Ordnungsprinzip im Personenverbandsstaat erkennen), Methodenkompetenz (Bildquelle analysieren und interpretieren), Deutungs- / Orientierungs-kompetenz (Reflexion über die Bedeutung ritualisierter Verhaltensweisen in vormodernen Gesellschaften, auch im Vergleich zu deren Bedeutung in der heutigen Zeit)

Kopiervorlage (Arbeitsanweisung, Bildquelle: Darstellungen zum Lehnswesen aus dem Sachsenspiegel), Smartphone / Tablet mit Barcode-Scan-App, Requisiten wie z. B. Krone, Hüte, Bündel Ähren, Zweig, Fahne, ZepterDie benötigten Requisiten sollten die Schüler von zu Hause mitbringen. Hierfür wird in der vorausgehenden Unterrichtsstunde kurz besprochen, wer welche Materialien mitbringt.

Inhaltlicher Bezug

Mittelalter (Struktur der mittelalterlichen Agrar- und Feudalgesellschaft, Lehnswesen)

Vorwissen

Die Schüler sollten bereits Grundkenntnisse über die mittelalterliche Herrschafts- und Gesellschafts-struktur (Ständewesen / Personenverbandsstaat) haben.

Kurzbeschreibung

Die Schüler untersuchen verschiedene Abbildungen zur Lehnsübergabe aus dem Sachsenspiegel genauer und stellen diese mithilfe geeigneter Requisiten nach. Auf diese Weise lernen sie das Zeremoniell der Lehnsübergabe kennen.

Durchführung

• Die Klasse wird in Gruppen eingeteilt (zwei Sechsergruppen, die restliche Klasse in Dreier- oder Vierergruppen). Immer zwei Gruppen erhalten die gleiche Abbildung aus dem Sachsenspiegel zugeteilt.

• Die Schüler einer Gruppe untersuchen ihre Abbildung genauer, überlegen sich eine mögliche In szenierung, verteilen die Rollen und stellen die Abbildung mit passenden Requisiten nach. Hinweis: Die Schüler sollten sich die Abbildungen unbedingt in Farbe anschauen. Die farbigen Abbildungen können über den entsprechenden QR-Code® aufgerufen werden.

• Die Gruppen stellen ihre Inszenierung im Plenum vor, ggf. unterstützt durch lenkende Hinweise und Nachfragen des Lehrers. Es sollten jeweils die Gruppen, die die gleiche Abbildung untersucht haben, nacheinander auftreten.

• Reflexion: Die Zuschauer werden jeweils nach ihren Eindrücken gefragt. Sie schildern ihre Beobach-tungen und stellen einen Vergleich der Inszenierungen an. Die darstellenden Schüler sprechen über ihre Empfindungen und Gedanken und reflektieren ihre Rolle.

• Transfer: Die Schüler diskutieren im Plenum über die Bedeutung ritualisierter Handlungen in der vormodernen Gesellschaft wie auch vergleichend in der modernen Gesellschaft (Gegenwarts-bezug).

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K VDas Zeremoniell der Lehnsübergabe

Arbeitsanweisung

1. Findet euch in Gruppen zusammen (zwei Sechsergruppen, sonst Dreier- oder Vierergruppen). 2. Betrachtet die euch zugeteilte Abbildung genau und beschreibt die Figuren in ihrer Kleidung, ihrer

Haltung und ihrem Verhältnis zueinander sowie die dargestellten symbolischen Gegenstände und Handlungen. Nehmt die Erläuterungen zu Hilfe.

Über den QR-Code® könnt ihr euch eure Abbildung in Farbe anschauen. 3. Überlegt gemeinsam, wie und mit welchen Requisiten ihr die Abbildung inszenieren möchtet. 4. Stellt die abgebildete Szene nach.

Eike von Repgow, Ritter aus Sachsen, verfasste Anfang des 13. Jahrhunderts eine Darstellung der Rechtsgewohnheiten seiner Heimat, den sogenannten Sachsenspiegel. Farbige Abbildungen sollten die Bestimmungen für diejenigen veranschaulichen, die nicht lesen konnten. Der Sachsenspiegel enthält auch Darstellungen zum Lehnswesen.

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Erläuterung der verwendeten symbolischen Farben, Gegenstände und Gesten:• Farbe Grün = Adelszugehörigkeit; lehnsrechtliche Beziehungen• Farbe Rot und Krone = König / Kaiser• Lilienkrone = Lehnsherr• geistliche Tracht = Bischof / Abt• Ähren, Zweig, Fahne, evtl. auch Zepter = Symbole für Lehen• Ähren im Kreis = Anwartschaft auf ein Lehen• erhobener Finger = Schwurgebärde• Handreichung = vertragliches Gelöbnis • Vielzahl an Armen = Zwei Lehnsleute werden mit demselben Gut belehnt, einer mit dem

Lehnsbesitz, einer mit einer Anwartschaft darauf, falls der Lehnsnehmer ohne Lehnserben stirbt.

Das Zeremoniell der Lehnsübergabe

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7/8KlasseBesuch in der Bauernstube

1–2 Unterrichtsstunden

Inszenierung einer Quelle

Sachkompetenz (Lebens- und Herrschaftsverhältnisse innerhalb der mittelalterlichen / früh-neuzeitlichen Agrar- / Feudalgesellschaft erfassen), Methodenkompetenz (Bildquelle analysieren und interpretieren), Deutungs- / Orientierungskompetenz (Reflexion über die zwiespältigen Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb der mittelalterlichen / frühneuzeitlichen Gesellschaftsstrukturen, auch im Vergleich zur modernen Gesellschaft)

Kopiervorlage (Arbeitsanweisung, Bildquelle: Gemälde „Vornehmer Besuch in der Bauernstu-be“ von Jan Brueghel d. Ä., Rollenkarten), Smartphone / Tablet mit Barcode-Scan-App, Requi-siten wie z. B. schlichte (hölzerne) Essschüsseln, kleines Fass, Stock (alternativ Besenstiel), etwas größere Schale (Feuerschale), Puppenwiege (wenn vorhanden), Puppe, Zuckerhut, Hüte, Kopftücher, lange Mäntel, Schürzen, Einkaufskörbe, Tücher, kleiner Geldbeutel Die benötigten Requisiten sollten die Schüler von zu Hause mitbringen. Hierzu wird in der vorausgehenden Stunde kurz besprochen, wer welche Materialien mitbringt.

Inhaltlicher Bezug

Mittelalter (Struktur der mittelalterlichen Agrar- und Feudalgesellschaft, Lebenswelt der Bauern)

Vorwissen

Die Schüler sollten bereits grundlegende Kenntnisse über die Grundherrschaft bzw. über das Verhält-nis von Grundherr und Grundhörigen haben.

Kurzbeschreibung

Die Schüler stellen das um 1597 entstandene Gemälde „Vornehmer Besuch in der Bauernstube“ von Jan Brueghel d. Ä. in Form eines „lebenden Bildes“ nach bzw. vergegenwärtigen sich dieses spiele-risch und gewinnen so Erkenntnisse über die Lebenswelt der bäuerlichen Gesellschaft.

Durchführung

• Die Schüler betrachten das Gemälde „Vornehmer Besuch in der Bauernstube“. Im Unterrichtsge-spräch erfolgt ein erster Austausch über das Bild. Die Schüler bringen ihre Beobachtungen zur Bild-komposition, zur Raumgestaltung und zu den Figuren ein. Der Lehrer gibt, wenn nötig, Hin weise auf die Funktion der einzelnen Personen (z. B. Grundherr).

• Die Klasse wird in Gruppen von jeweils fünf Schülern eingeteilt. Die Gruppen bekommen jeweils einen Ausschnitt des Gemäldes zugeteilt. Jeweils zwei Gruppen erhalten den gleichen Ausschnitt:

Gruppe 1 / 2: Frau mit Baby und Kleinkind am FeuerGruppe 3 / 4: Figurengruppe rechts vorneGruppe 5 / 6: Figurengruppe links hinten

Als zusätzliche Hilfe können – zum Beispiel bei leistungsschwächeren Klassen – die Rollenkarten eingesetzt werden.

• Die Schüler einer Gruppe untersuchen ihren jeweiligen Bildausschnitt genauer und beschreiben die abgebildeten Personen, die Gegenstände sowie die Handlungen der Personen bzw. die Interaktio-nen zwischen den Personen.

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7/8Klasse

Variante 1: Erstellen eines „lebenden Bildes“ • Die Schüler einer Gruppe stellen jeweils den ihnen zugeteilten Ausschnitt in Form eines Standbilds

mit passenden Requisiten nach.• Im Anschluss stellen drei Gruppen, die unterschiedliche Ausschnitte des Gemäldes untersucht

haben (z. B. Gruppe 1, 3 und 5), das gesamte Bild in Form eines Standbilds nach. Die Schüler der anderen Gruppen geben Regieanweisungen zur Gesamtkomposition. Dann werden die Gruppen ausgewechselt, sodass alle Schüler die Gelegenheit bekommen, sich sowohl selbst in eine Person der mittelalterlichen Bauernstube zu versetzen als auch das „lebende Bild“ zu betrachten.

• Der Lehrer begleitet ggf. mit Hinweisen und gezielten Nachfragen den gesamten Prozess, bleibt aber, soweit möglich, im Hintergrund.

Variante 2: Spielerische Vergegenwärtigung der Szene • Die Schüler entwickeln in ihrer Gruppe Dialoge zu dem in ihrem Bildausschnitt Dargestellten und

üben die Szene ein. • Zwei Schüler aus den Gruppen 1 und 2 übernehmen die Regie und überlegen sich, in welcher Abfol-

ge die einzelnen Szenen zur Aufführung kommen sollen, sodass eine in sich stimmige spielerische Vergegenwärtigung entstehen kann.

• Die Schüler bauen das „Bühnenbild“ (siehe Gemälde) mit den Requisiten und unter Anleitung der Regisseure auf.

• Die Gruppen, die unterschiedliche Ausschnitte des Gemäldes untersucht haben (z. B. Gruppe 1, 3 und 5), spielen ihre Dialoge nach Vorgabe der Regisseure nacheinander vor. Dann werden die Gruppen ausgewechselt, sodass alle Schüler die Gelegenheit bekommen, sich sowohl selbst in eine Person der mittelalterlichen Bauernstube zu versetzen als auch die Wirkung der Aufführung zu erleben. Außerdem können so die entstandenen Dialoge verglichen werden.

• Der Lehrer begleitet ggf. mit Hinweisen und gezielten Nachfragen den gesamten Prozess, bleibt aber, soweit möglich, im Hintergrund.

• Hinweis zum zeitlichen Rahmen: Variante 2 erfordert deutlich mehr Zeit, da die Dialoge zunächst erarbeitet und dann die Szenen eingeübt werden müssen.

• Reflexion (gilt für beide Varianten): Die Schüler tauschen ihre Beobachtungen aus und stellen einen Vergleich der Inszenierungen an (als Zuschauer). Sie sprechen über ihre Gedanken beim Spiel und reflektieren ihre Rolle (als Darsteller).

Weiterführung

Wird im Zuge der Reflexion der zwiespältige Charakter der feudalen Verhältnisse (Abhängigkeit ver-sus Schutz / Fürsorge) herausgearbeitet, kann als Vertiefung auch der Bezug zur Gegenwart herge-stellt werden, indem z. B. heutige Abhängigkeitsverhältnisse und Fürsorgestrukturen im Unterrichts-gespräch reflektiert und verglichen werden. Mirjam Blumrich

Besuch in der Bauernstube

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K VBesuch in der Bauernstube

Arbeitsanweisung

1. Findet euch in Gruppen von fünf Schülern zusammen. 2. Untersucht den euch zugeteilten Ausschnitt des Gemäldes und beschreibt die abgebildeten Ge-

genstände sowie die Personen in ihrer Kleidung, ihrer Haltung, ihren Tätigkeiten und im Verhältnis zu den umstehenden Personen.

3. Stellt mithilfe geeigneter Requisiten die in eurem Bildausschnitt abgebildete Szene nach.Variante 1: Erstellt ein „lebendes Bild“ bzw. Standbild. Wählt passende Requisiten aus und stellt die abgebildete Szene in Hinblick auf die Figuren, ihre Haltung, Gestik und Mimik möglichst ge-nau nach. Passt alles, bleibt ihr wie eingefroren stehen. Variante 2: Erweckt das Geschehen zum Leben und stellt die Szene nach. Entwickelt hierzu kurze Dialoge, die zu der Situation eures Bildausschnitts passen und übt die Szene ein.

Jan Brueghel d. Ä.: Vornehmer Besuch in der Bauernstube, um 1597

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Gruppe 5: Figurengruppe links hinten• Drei Mitglieder der Bauernfamilie /

des Hofes verrichten verschiedene Tätigkeiten (handwerkliche Arbeit, Butter- / Krautstampfen).

• Der Mann am Tisch nimmt Nahrung ( Getreidebrei / Suppe) zu sich.

• Eine Frau verlässt mit einem Korb am Arm den Raum.

Gruppe 6: Figurengruppe links hinten• Drei Mitglieder der Bauernfamilie /

des Hofes verrichten verschiedene Tätigkeiten (handwerkliche Arbeit, Butter- / Krautstampfen).

• Der Mann am Tisch nimmt Nahrung ( Getreidebrei / Suppe) zu sich.

• Eine Frau verlässt mit einem Korb am Arm den Raum.

Gruppe 3: Figurengruppe rechts vorne• Der Grundherr und seine Frau sowie eine

weitere Begleiterin bringen Geld und eventuell weitere Gaben (im Korb).

• Der Grundherr überreicht einen Zucker-hut (wohl anlässlich der Geburt des jüngsten Kindes).

• Der Bauer nimmt den Zuckerhut ent-gegen.

• Die Frau des Grundherrn hat ein Säck-chen mit Geld in der Hand.

• Das Kind der Bauernfamilie erwartet die Geldgabe.

Gruppe 4: Figurengruppe rechts vorne• Der Grundherr und seine Frau sowie eine

weitere Begleiterin bringen Geld und eventuell weitere Gaben (im Korb).

• Der Grundherr überreicht einen Zucker-hut (wohl anlässlich der Geburt des jüngsten Kindes).

• Der Bauer nimmt den Zuckerhut ent-gegen.

• Die Frau des Grundherrn hat ein Säck-chen mit Geld in der Hand.

• Das Kind der Bauernfamilie erwartet die Geldgabe.

Gruppe 1: Frau mit Baby und Kleinkind am Feuer• Die Frau am Feuerkessel hält in einem

Arm ein Baby und wärmt die andere Hand am Feuer. Sie hat Tücher (eine Windel?) auf dem Schoß, neben ihr steht eine Schüssel mit Brei.

• Das Kleinkind sitzt am Feuer und trinkt.

Gruppe 2: Frau mit Baby und Kleinkind am Feuer• Die Frau am Feuerkessel hält in einem

Arm ein Baby und wärmt die andere Hand am Feuer. Sie hat Tücher (eine Windel?) auf dem Schoß, neben ihr steht eine Schüssel mit Brei.

• Das Kleinkind sitzt am Feuer und trinkt.

Besuch in der Bauernstube

Rollenkarten mit Informationen zu den Figuren und Tätigkeiten

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7/8KlasseWie verbreitet sich der neue Glaube?

1 Unterrichtsstunde

Inszenierung einer Quelle

Sachkompetenz (Flugschriften bzw. auch die Form des „Lesen-Hörens“ als ein Medium der Verbreitung des neuen Glaubens kennenlernen), Methodenkompetenz (Textquelle analy-sieren und interpretieren)

Kopiervorlage (Arbeitsanweisung, Textquelle „Flugschrift: Ein schöner Dialog von zwei guten Freunden, genannt Hans Tholl und Claus Lamp, über den Antichrist und seine Jünger“), ggf. zwei Gläser und ein paar Münzen (um die Wirtshausatmosphäre zu vergegenwärtigen)

Inhaltlicher Bezug

Reformation

Vorwissen

Die Schüler sollten bereits Kenntnisse über die Grundzüge der Geschichte der Reformation haben.

Kurzbeschreibung

Der neue Glaube Luthers verbreitete sich auf vielfältige Weise. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Flugschriften, die zwischen 1520 und 1525 durch den neuen Buchdruck massenhaft verbreitet wur-den. Hier wurde versucht, durch die Dialogform das mündliche Gespräch nachzuahmen. Die Texte waren daher auch zum Vorlesen gedacht und konnten so die leseunkundige Bevölkerung erreichen.Die vorliegende Flugschrift präsentiert eine Spielszene, die nur noch aufgeführt werden muss. In einem zweiten Schritt sollte mit den Schülern jedoch die zugrunde liegende Gesprächssituation the-matisiert werden: die Bibellesung, von der Hans Tholl berichtet, sowie die beabsichtigte Verwendung des Textes, also das Vorlesen vor leseunkundigen Interessierten, die zum „Lesen-Hören“ gehen – wie es zeitgenössisch genannt wurde.

Durchführung

• Der Text der Flugschrift wird zunächst im Plenum mit verteilten Rollen gelesen. Begriffe / Formulierungen, die die Schüler nicht verstehen, und offene Fragen werden im Unter-richtsgespräch geklärt.

• Die Schüler erschließen den Text im Hinblick auf die historische Bedeutung sowie auf die szenische Umsetzung. Hierfür bietet sich Partnerarbeit an.

• Einzelne Schüler spielen das Gespräch vor der gesamten Klasse, die das leseunkundige Publikum darstellt, das zum „Lesen-Hören“ geht, nach. Auf diese Weise vergegenwärtigen sich die Schüler die damalige Kommunikationssituation. Es können auch mehrere, unterschiedliche Inszenierungen ausprobiert werden.

• Reflexion: Die Spielszene wird im Plenum besprochen. Die darstellenden Schüler sprechen über ihre Gedanken und Empfindungen beim Spiel, die Mitschüler schildern ihre Empfindungen als le- seunkundiges Publikum (Leitfrage: Wie habt ihr die Kommunikationssituation wahrgenommen?).

• Alternative: Der Text wird nur bis zum Ende des Bibelzitats (bis „HANS THOLL: Claus, wie gefällt er dir? Kennst du ihn?“, Z. 46) vorgegeben, das Ende wird offengelassen. Die Schüler schreiben den Text weiter und spielen das Gespräch nach.

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7/8KlasseWie verbreitet sich der neue Glaube?

Weiterführung

Soll das Thema weiter vertieft werden, kann zusätzlich noch die zugrunde liegende Situation der Bibellesung, von der Hans Tholl kommt, nachgespielt werden. Denkbar ist auch, ein Gespräch zu fingieren, in dem Claus seine neuen Erkenntnisse zu Hause weiter-gibt.Darüber hinaus bietet sich ein Vergleich mit heutigen Kommunikationsformen an.

Ulrich Baumgärtner

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K VWie verbreitet sich der neue Glaube?

Arbeitsanweisung

1. Lest die Flugschrift mit verteilten Rollen.2. Erschließt den Text im Hinblick auf seine historische Bedeutung. 3. Spielt das Gespräch nach.

Flugschrift: Ein schöner Dialog von zwei guten Freunden, genannt Hans Tholl und Claus Lamp, über den Antichrist und seine Jünger (1523) – Auszüge Sitzend beim Wein, offensichtlich guter Laune. Aus dem Brief des [Apostels] Paulus.

Vorrede: Liebe Christen und liebe Brüder, wollen wir den Antichrist kennenlernen oder etwas über ihn wissen, so müssen wir zu den Brüdern gehen, die lesen können, und sie bitten, dass sie uns die Briefe von Paulus an die Thessalonicher vorlesen, und zwar das zweite Kapitel des zweiten Briefs. […]

Es begab sich, dass Hans Tholl und Claus Lamp sich gesucht und am Abend getroffen haben. Es sprichtCLAUS LAMP: Mein Freund Hans, wo bist du heute den ganzen Tag gewesen? Ich habe dich gesucht. Der Richter hat einen guten Wein um zwei Pfennig. Ich wollte etwa mit dir einen Krug davon trinken. HANS THOLL: Lieber Freund, ich bin an einem Ort gewesen, der ist mir mehr wert als sechs Krüge Wein.CLAUS LAMP: Lieber, sag mir, wo bist du gewesen?HANS THOLL: Ich will dir aufregende Neuigkeiten berichten.CLAUS LAMP: Lieber, was nun? Sag doch!HANS THOLL: Ich bin an einem Ort gewesen, da hat ein guter Mensch uns vieren aus der Bibel vorgelesen und zwar aus dem zweiten Brief von Paulus an Thessalonicher aus dem zweiten Kapitel vom Antichrist oder Widerchrist, wie man ihn auch nennen will.CLAUS LAMP: Lieber, o wenn ich doch dabei sein hätte können, gäbe ich einen Groschen dafür. HANS THOLL: Ich will es dir glauben; ich habe so etwas mein Lebtag nicht gehört. Nicht einmal für drei Groschen hätte ich darauf verzichten wollen.CLAUS LAMP: Lieber Hans, hast du nichts behalten, was du mir sagen könntest?HANS THOLL: Ich denke, dir wird nichts fehlen. Ich will dir fast das ganze Kapitel sagen.CLAUS LAMP: Lieber, so fang an! Wir wollen zum Weintrinken gehen. Ich will für dich die ganze Zeche zahlen.HANS THOLL: Es gilt.

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CLAUS LAMP: Wirt, bringe ein Maß Wein.HANS THOLL: Was kostet er?CLAUS LAMP: Er kostet zwei Pfennig. Nun sag! Ich will gerne hören, was du sagen willst vom Antichrist.HANS THOLL: Das will ich dir sagen und es wird dir fremd vorkommen.CLAUS LAMP: Wieso?HANS THOLL: Es ist mir auch fremd vorgekommen und seltsam, dass dieser Mensch und dieses Reich der Antichrist sein sollen.CLAUS LAMP: Lieber, sag, Du machst mir die Zeit lang.HANS THOLL: Nun, hör zu: So lautet das Kapitel: „Liebe Brüder“, schreibt Paulus zu den Thessalonichern, „wir schreiben euch über die Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, und

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unsere Vereinigung mit ihm und bitten euch: Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen, wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief, der angeblich von uns stammt, behauptet wird, der Tag des Herrn sei schon da. Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen! Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt“ – hör zu, Claus, „dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.“ Claus, wie gefällt der dir? Kennst du ihn?CLAUS LAMP: Nun müssen dich alle Teufel holen. Es ist kein anderes Tier als der Papst und sein Reich. Das hätte ich mein Leben lang nicht erfahren, wenn es nicht so gekom-men wäre. Ich will dir zwei Maß Wein kaufen. […]HANS THOLL: Es ist kaum zu glauben, dass Gott es ihnen so lang erlaubt hat, dass es nicht offenbar geworden ist, dass wir so blind gewesen sind. Das kommt davon, dass wir von der Wahrheit abgewichen sind. Lieber Bruder Claus, lass uns Gott anrufen um einen rechten Glauben! Ich sehe wohl, wohin es geht. Der jüngste Tag, er steht vor der Tür.CLAUS LAMP: Lieber Bruder Hans, ich habe schon länger daran gedacht. Wollen wir nach Hause gehen?HANS THOLL: Ja, lass uns ganz austrinken.CLAUS LAMP: Ich kann nicht mehr, so sehr bin ich von Erbarmen erfasst. Ich sehe, wie es zugeht. Hans, ich will das nächste Mal mit dir dorthin gehen, wo man vorliest. Ich muss jetzt fragen: Wie geht es zu, dass jetzt eine solche Aufregung ist wegen Luther und sei-nen Schriften.HANS THOLL: Ich glaube, das kommt daher, dass er den Antichrist aufgedeckt hat. Das kann dieser nicht leiden, und ich glaube, er wird viele Märtyrer machen. Ich habe gehört, es hat an verschiedenen Orten schon damit angefangen. In Antwerpen hat man drei ver-brannt wegen ihrem Bekenntnis zu seiner Lehre. Und ich habe gehört, an verschiedenen Orten fängt man und verjagt sie.CLAUS LAMP: Ja, wenn das wahr ist, ist er der Richtige. Ich habe mein ganzes Leben lang gehört: Der Antichrist wird Märtyrer machen und Geld dafür ausgeben, dass man diese quält, die das Wort Gottes predigen und nicht an ihn glauben wollen.HANS THOLL: Ich habe das auch gehört. Nun, demnächst, wenn ich wieder zum Lesen gehen will, so will ich es dir sagen.CLAUS LAMP: Bester Freund, ich will alles stehen und liegen lassen und dabei sein; ich sehe gewiss, was daraus werden wird. Ich sehe gewiss: Will ich selig werden, so muss ich wieder zum richtigen Glauben zurückkehren, wovon uns der Antichrist und seine Anhän-ger zweifellos weggeführt haben. Gott gebe dir eine gute Nacht.HANS THOLL: Dir auch. Schau, vergiss nicht, was ich gesagt habe.CLAUS LAMP: Mein Lebtag nicht mehr.Gelobt sei Gott.

• Antichrist: in der Bibel (Offenbarung des Johannes) beschriebene Gestalt, die als Gegenspieler Gottes den Weltuntergang ankündigt

• Brief des Apostels Paulus: Teil der Bibel. Paulus verbreitete den christlichen Glauben auf ausgedehnten Reisen und durch ausführliche Briefe an christliche Gemeinden.

• Richter: Name eines Wirts• jüngster Tag: im christlichen Glauben die Vorstellung vom Weltende

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Quellennachweis

Textquellen S. 10 / 11, Flugschrift: Ein schöner Dialog von zwei guten Freunden, genannt Hans Tholl und Claus Lamp, über den Antichrist und seine Jünger (1523)Werner Lenk (Hg.): Die Reformation im zeitgenössischen Dialog, 12 Texte aus den Jahren 1520 bis 1525, Berlin (DDR) 1968, S. 146–150, Anm. S. 278 f. Übersetzung: Ulrich Baumgärtner

Bildquellen S. 2 / 3: Abbildungen aus dem Sachsenspiegel zur LehnsübergabeDer Sachsenspiegel in Bildern. Aus der Heidelberger Bilderhandschrift, ausgewählt und erläutert von Walter Koschorrek, Frankfurt a. M. 1976, S. 39 / 41. Erläuterungen zu den Bildern: ebd., S. 13–29 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg164

S. 6, Jan Brueghel d. Ä.: Vornehmer Besuch in der Bauernstube, um 1597© bpk / Hermann Buresch