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Physikpraktikum für Pharmazeuten Universität Regensburg Fakultät Physik 1. Versuch: Fehlerrechnung - Statistik In diesem Versuch werden Sie mit den statistischen Grundlagen ver- traut gemacht. Anhand der statistischen Auswertung von Bohnenge- wicht und -länge sammeln Sie erste Erfahrungen bei der Bedienung des Programms QTI-Plot zur graphischen Darstellungen von Messer- gebnissen.

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Physikpraktikum für PharmazeutenUniversität RegensburgFakultät Physik

1. Versuch: Fehlerrechnung - Statistik

In diesem Versuch werden Sie mit den statistischen Grundlagen ver-traut gemacht. Anhand der statistischen Auswertung von Bohnenge-wicht und -länge sammeln Sie erste Erfahrungen bei der Bedienungdes Programms QTI-Plot zur graphischen Darstellungen von Messer-gebnissen.

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1 Einführung

In der Einführung zu diesem Praktikum haben wir festgestellt, dass Physiker Fakten aufquantitative Weise untersuchen. Man sagt beispielsweise nicht, dass ein Körper warmist. Stattdessen sagen wir er hat zum Beispiel eine Temperatur von 97◦C. Außerdemhängt die Gültigkeit dieser Aussage („Der Körper A hat eine Temperatur von 97◦C.“)von der Art der Messung mit welcher sie festgestellt wurde, beziehungsweise deren Fehlerab. An dem Konzept des Fehlers ist nichts falsch. Alle Messungen werden durch Fehlerbeeinflusst, die von der Präzision und Genauigkeit aller verwendeten Messinstrumenteoder von Rauschen, Störungen und Fluktuationen der Umgebung abhängen. Diese Feh-lerquellen sind unvermeidbar. Im Allgemeinen gilt: Je mehr man die Genauigkeit einesInstruments verbessert, desto wichtiger wird die Rolle von Fluktuationen der Umgebung.Andererseits erlangt das Auflösungslimit unserer Instrumente eine größere Bedeutung,wenn wir die externen Störungen reduzieren. Schlussendlich gibt es noch eine weite-re Quelle von Fehlern, die systematischen Fehler. Diese sind die einzigen Fehler durchwelche man auf eine wirkliche Fehlfunktion eines Messinstruments schließen kann. ZumBeispiel tendiert eine Uhr mit schwacher Batterie dazu zu spät gehen. Sie wird daher diegemessenen Zeiten systematisch unterschätzen. Solche Fehler lassen sich jedoch durcheine genaue Überprüfung des Experiments und der verwendeten Geräte vermeiden. Des-wegen werden wir diese Art von Fehler in unserer Analyse nicht betrachten.

Die von uns betrachteten zwei Fehlerquellen, die durch das Auflösungsvermögen un-seres Instruments, sowie die in der Umgebung verursachten Fluktuationen gegeben sind,stellen beide eine Messung der Ungenauigkeit unserer Messung dar. Ausgedrückt werdensie durch die Angabe eines Intervalls mit denselben Einheiten des gemessenen Wertes,zum Beispiel 97◦C±2◦C. In diesem Beispiel bedeutet die Angabe der 2◦C, dass wir ver-muten, dass der genaue wahre Wert der Messung, welcher nicht verfügbar ist, irgendwozwischen 95◦C und 99◦C liegt. Wie wir bereits in der Einführung zu diesem Praktikumerwähnt haben, beruht die Wahrheit in der Physik auf den Fehler der Messungen. DieAussage „der Körper A (mit einer Temperatur TA = 97◦C±2◦) ist heißer als der KörperB (mit der Temperatur TB = 96◦C±2◦C)“ ist nicht notwendigerweise richtig, da einentscheidender Überlapp zwischen den beiden Intervallen vorliegt, der beachtet werdenmuss.

Obwohl beide Fehlerarten in derselben Weise dargestellt werden, behandelt man sie un-terschiedlich. Der Fehler verursacht durch die begrenzte Auflösung des Messinstrumentsgibt einfach die Genauigkeit des Instrumentes an. Bei der anderen Sorte der Fehler, diedurch Fluktuationen in der Umwelt induziert werden, ist die Situation komplizierter.Aufgrund der Fluktuationen wird das Ergebnis der Messung zu einer zufälligen Varia-

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ble, selbst wenn unser Instrument sehr gut und präzise ist. Der einzig mögliche Umgangmit zufälligen Variablen besteht darin Statistik zu nutzen. Statistik ist ein extrem großesund wichtiges Themengebiet, das eine entscheidende Bedeutung in vielen Bereichen desmenschlichen Wissens spielt. Es ist klar, dass ein solch riesiges Thema nicht in einemAbschnitt in diesem Skript zusammengefasst werden kann. Was wir jedoch versuchenwerden, ist ein selbsterklärendes Konzept der Statistik zu vermitteln, wobei wir den Be-griff des zufälligen Fehlers einführen werden. Wir werden erklären was ein maximalerFehler ist und wir werden lernen wie man mit Fehlern umgeht, wenn wir verschiedeneMesswerte, welche alle eigene Fehler besitzen, addieren, subtrahieren, multiplizieren, di-vidieren, etc. müssen.

Nach der theoretischen Einführung wenden wir das Gelernte an einem (relativ kleinen)statistischen Ensemble an. Dieses besteht aus 100 Bohnen, deren Länge und Masse indi-viduell gemessen werden. Da wir mit zwei unterschiedlichen Größen arbeiten, die beidezur selben Population gehören, können wir mit den gelernten Konzepten der Statistikschließen, ob eine Korrelation zwischen den beiden Größen besteht oder nicht.

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2 Theorie

2.1 Mathematische Grundlagen2.1.1 MittelwertDas Ziel der Statistik ist es, Informationen über große (oder sogar unendliche) Mengenvon Objekten zu erhalten. Die untersuchte Menge heißt Grundgesamtheit und die damitverbundene Größe wird Zufallsvariable genannt. Zum Beispiel kann man die Durch-schnittskörpergröße der Studenten der Uni Regensburg bestimmen: Dazu nimmt mandie Menge der Studenten als Grundgesamtheit und die Zufallsvariable ist in diesem Falldie Größe. Leider ist es bei einer Menge von 20186 Studenten (Stand Sommersemes-ter 2014) ein immenser Aufwand, wirklich für alle Studenten die Größe zu bestimmen.Man kann allerdings eine genäherte Durchschnittsgröße ermitteln, indem wir nun alsVersuchspersonen 5 Studenten zufällig auswählen und ihre Größe messen. Die Grundge-samtheit N unserer Stichprobe ist somit N = 5. Auf diese Weise könnten wir eine Reihevon Werten wie zum Beispiel diese erhalten:

x1 = 1, 85 m; x2 = 1, 77 m; x3 = 1, 81 m; x4 = 1, 69 m; x5 = 1, 75 m

Aus dieser Stichprobe ermitteln wir nun eine Durchschnittsgröße, genannt (arithme-tischer) Mittelwert x:

x = 1N

(x1 + x2 + ...+ xN ) = 1N

N∑i=1

xi, (2.1)

In unserer Stichprobe ergibt sich

x = 1N

(x1 + x2 + x3 + x4 + x5)

= 15(1, 85 m + 1, 77 m + 1, 81 m + 1, 69 m + 1, 75 m)

= 1, 774 m

Es leuchtet ein, dass dieser Wert natürlich recht grob geschätzt ist und - je nach gewähl-ten Versuchspersonen deutliche Schwankungen haben kann und somit auch deutlich vonder Durchschnittsgröße eines Studenten der Uni Regensburg abweichen kann, je nachdemob in der Stichprobe mehr über- oder unterdurchschnittlich große Studenten enthaltensind (siehe auch Versuch „Stichprobenproblem“). Diese Abweichungen werden als Stan-dardabweichung bezeichnet.

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2.1.2 Standardabweichung der EinzelmessungBetrachtet man nun separat die Größe der einzelnen Studenten aus der Stichprobe,haben diese in der Regel nicht exakt die Durchschnittsgröße x, sondern verteilen sichmit einer gewissen Streuung um x. Die Standardabweichung s ist ein Maß für die typischeAbweichung der xi-Werte rund um den Mittelwert.

s =

√√√√ 1N − 1

N∑i=1

(xi − x)2. (2.2)

Manchmal benutzt man in der Statistik auch die Größe Varianz s2, die jedoch einfachdas Quadrat von s ist:

s2 = 1N − 1

N∑i=1

(xi − x)2. (2.3)

2.1.3 Korrelation und KovarianzWenn man zwei Grundgesamtheiten (xi und yi) hat und ihre Korrelation berechnenwill, benutzt man die sogenannte Kovarianz Cxy:

Cxy = 1N − 1

N∑i=1

(xi − x)(yi − y). (2.4)

Diese zwei Grundgesamtheiten können zum Beispiel Körpergröße (xi mit Mittelwert x)und Körpergewicht (yi mit Mittelwert y) der Regensburger Studenten sein. Die Korrela-tion zwischen den zwei Größen wird durch die Korrelationskoeffizienten rxy dargestellt:

rxy = Cxysxsy

, (2.5)

wobei sx und sy die Standardabweichungen der xi- und yi- Werte sind. Wenn rxy sehrklein ist, sind die zwei Werte nicht korreliert. Wenn rxy ≈ 1 ist, sind die zwei Werteperfekt linear korreliert (Abb. 2.1).

2.1.4 Darstellung der statistischen DatenStatistische Daten werden oft mit Hilfe eines Histogramms dargestellt. Wir entscheidenuns für die Gruppierung der möglichen Ergebnisse der Zufallsvariablen (die xi) in end-lichen Intervallen. Dann zeichnen wir einen Graphen, indem wir für jedes Intervall eineSpalte zeichnen, deren Länge proportional zur Anzahl der extrahierten xi ist, die in dasangegebene Intervall fallen. Zum Beispiel könnten wir die Körpergröße von 1000 Studen-ten messen. Ein typisches Ergebnis ist in Abb. 2.2 abgebildet. Hier haben wir willkürlichentschieden, dass jedes Intervall 10 cm breit ist. Wir beobachten, dass 0 Studenten unse-rer Testgruppe eine Größe zwischen 1,30 und 1,40 m hatten, 2 Studenten zwischen 1,40und 1,50 m waren, 56 Studenten zwischen 1,50 und 1,60 m und 354 Studenten zwischen1,60 und 1,70 m, usw.

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y

x

y

x

y

x

(a) (b) (c)

Abbildung 2.1: Korrelation der Werte xi und yi für (a) rxy ≈ 0 unkorreliert, (b) 0 <rxy < 1 und (c) rxy = 1 perfekt korreliert.

Wenn die Menge N unserer Grundgesamtheit groß genug ist, bildet das Histogrammzuverlässig die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Zufallsvariable ab. Viele Phänome-ne haben eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die wie eine Glocke aussieht. Eine solcheWahrscheinlichkeitsverteilung wird als Gauß-Verteilung bezeichnet, mathematisch wirdsie durch eine Gauß-Funktion dargestellt:

Gµ,σ(x) = 1σ√

2πe− (x−µ)2

2σ2 . (2.6)

Die Gauß-Funktion hat zwei Parameter, µ und σ. Der µ-Wert stellt den Mittelwert un-serer Verteilung dar und σ ihre Standardabweichung. Abb. 2.3 zeigt die so gennantestandardisierte Gauß-Funktion, die µ = 0 und σ = 1 hat. Die Interpretation einer Wahr-scheinlichkeitsverteilung ist die folgende: die Wahrscheinlichkeit, dass x in das Intervall[x1, x2] fällt, ist entsprechend der Fläche unter der Kurve (mathematisch betrachtet dasIntegral

∫ x2x1Gµ,σ(x)dx).

2.2 Messungen und MessfehlerMessungen können nicht mit unendlicher Genauigkeit ausgeführt werden, jede Messungist stets mit Fehlern behaftet. Zwei Messungen derselben Größe werden nie auf beliebigvielen Nachkommastellen übereinstimmen. Es ist daher unmöglich, den exakten, wah-ren Wert (der unbekannt bleibt) zu bestimmen. Die Schwankungen bei wiederholtenMessungen werden Messfehler genannt.Es gibt verschiedene Arten von Messfehlern:

• Systematische Messfehler : sie hängen von dem Messgerät ab und haben immer dengleichen Betrag und Vorzeichen. Zum Beispiel haben wir eine systematische Mess-abweichung, wenn die Batterie unserer Uhr leer ist und deswegen langsamer läuftoder wenn eine Waage nicht geeicht ist. Bekannte systematische Abweichungenkönnen durch Berichtigung ausgeschlossen werden.

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Abbildung 2.2: Histogramm über Größe der Studenten.

• Zufällige Messfehler : sie werden von Fluktuationen des Messgeräts oder der Um-gebung verursacht und können nicht durch Berichtigung ausgeschlossen werden.Zum Beispiel werden wir im Lauf des Praktikums die Periode der Schwingung ei-nes Fadenpendels messen. Dafür benutzen wir eine Stoppuhr, die eine Auflösungvon 0,01 s hat. Diese Genauigkeit bleibt jedoch unerreicht, da die Fluktuation unse-rer Reaktionszeit größer als eine solche Auflösung ist. Wie zuvor beschrieben, kanndie Verteilung der Messwerte oft durch eine Gauß-Verteilung beschrieben werden.Der Mittelwert ist unser exakter Wert und die Standardabweichung ergibt unserenMessfehler. Wenn wir die gleiche Messung zehn Mal wiederholen, hätten wir eineFolge der Perioden wie zum Beispiel:

t1 1,57 st2 1,68 st3 1,66 st4 1,60 st5 1,77 st6 1,69 st7 1,57 st8 1,54 st9 1,64 st10 1,73 s

Die ti sind Zufallswerte: ihr Mittelwert ist 1,645 s und ihre Standardabweichung

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G(x)

µ

s s

x

Abbildung 2.3: Gauß-Funktion für µ = 0 und σ = 1 (die so gennante standardisierteGauß-Funktion).

0,075 s. Das Ergebnis unserer Messung wird deswegen wie folgt dargestellt1

t+ ∆t = 1, 64± 0, 07 s.

• Maximale Fehler. Die Auflösung eines Messgeräts ist die kleinste Differenz zweierMesswerte, die das Messgerät eindeutig unterscheidet. Oft sind die Fluktuationenkleiner als die Auslösung, z.B. wenn man ein Objekt mit einer Waage mit Auflösung1 g misst. In diesem Fall kann der Messfehler nicht durch die Standardabweichung(die Null ist, weil alle Messwerte gleich sind) abgeschätzt werden. Man kann nursagen, in welchem Abstand der richtige Wert zu finden ist. Wenn unsere Waage(maximale Auflösung 0, 1g) beispielsweise eine Masse von 13,4 g darstellt, kön-nen wir nur sagen, dass der richtige Wert irgendwo zwischen 13,3 g und 13,5 gliegt. Deswegen schreiben wir m = 13, 4± 0, 1 g, wobei 0,1 g der maximale Fehlerist.

Wie bereits in der Einführung erwähnt, sind maximale und zufällige Fehler gewisserma-ßen komplementär zueinander. Die erste Fehlerart wird durch die Auflösung des Instru-ments bestimmt, während die zweite von Fluktuationen abhängig ist. Je mehr man dasMessinstrument verbessert und seine Auflösung verschmälert (wodurch der maximaleFehler verringert wird), desto wichtiger wird die Rolle der Fluktuationen, was wiederumden zufälligen Fehler vergrößert.

1Für den Fehler nimmt man nur eine signifikante Stelle. Für den Messwert sollte die letztesignifikante Stelle von der gleichen Größenordnung sein wie die letzte signifikante Stelledes Fehlers. Siehe dazu auch den Absatz „Signifikante Stellen und Runden“.

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Absolutfehler und RelativfehlerZufällige Fehler und maximale Fehler sind beide Absolutfehler. Sie stellen das Intervalldar, in dem wir den richtigen Wert erwarten. Die Größe des Intervalls kann von derAuflösung des Geräts (maximaler Fehler) oder von den Fluktuationen (zufälliger Fehler)abhängen. Der Absolutfehler ist eine positive Menge, die mit der gleichen Einheit desgemessenen Wertes angegeben wird.Oft ist es sehr nützlich, den Quotient zwischen Absolutfehler und gemessenem Wert

zu kennen. Dieser Quotient heißt Relativfehler

εx = ∆xx. (2.7)

Der Relativfehler ist eine dimensionslose Zahl, die oft in Prozent angegeben wird. Damitwird ausgedrückt, wie groß der Fehler im Vergleich zum Messwert ist.

Signifikante Stellen und RundenDie Genauigkeit einer Messung wird - wie bereits oben erklärt - durch verschiedensteArten von Messfehlern beschränkt. Bei der Angabe von Zwischen- bzw. Endergebnissensowie der Messunsicherheiten stellt sich daher stets die Frage, wie genau das erhalteneErgebnis denn tatsächlich ist, bzw. wie groß die Schwankungen bei einer wiederholtenMessung sein dürften. Aus diesem Grund muss stets überlegt werden, wie viele Stel-len des erhaltenen Ergebnisses anzugeben sind. Die Anzahl der bestätigten, belastbarenStellen des Ergebnis werden als signifikant bezeichnet. Überflüssige Stellen müssen auf-bzw. abgerundet werden. Das Runden von Zahlenangaben ist durch DIN1333 „Zahlen-angaben“ geregelt. Im Rahmen dieses Praktikums werden wir uns auf das Wesentlichebeschränken. Aus diesem Grund folgende einfache Faustregeln:

• Im Pharmazie-Praktikum beschränken wir uns bei dem Fehler auf eine signifikanteStelle (zwei, falls die erste Stelle 1 oder 2 ist). Beispielweise wäre somit 17,10 ±0,15 eine korrekte Rundung des Messergebnisses, während 191,37 ± 0,79 es nichtwäre. Im zweiten Fall wäre 191,4 ± 0,8 richtig.

• Die letzte signifikante Stelle des Fehlers bestimmt die des Messergebnisses. DasMessergebnis wird daher nur in so vielen Stellen angegeben, indenen sich der Fehlernoch bemerkbar macht. Folgende Beispiele sind richtig dargestellt: 3893,15 ± 0,01,2070 ± 30 und 15 ± 2. Falsch dagegegen wäre zum Beispiel: 1957,371 ± 0,3 oder1096 ± 10.

• Das Ergebnis wird je nach Wert der Folgestelle entweder abgerundet (Wert derFolgestelle kleiner als 5) oder aufgerundet (Wert der Folgestelle 5 oder größer).

Beispiele (Rundestelle ist fett gedruckt):

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Beispiel A Beispiel BMesswert 5,4633 132, 04633Messfehler 0, 1 0, 04

zu rundender Messwert 5,4633± 0, 1 132, 04633± 0, 04gerundetes Ergebnis 5,5± 0, 1 132, 05± 0, 04

2.2.1 Fehlerfortpflanzung• 1. Regel: Fehlerfortpflanzung für Summe und Differenz.Wenn y eine Größe

ist, die aus der Summe (oder der Differenz) anderer Größen herstammt, ist seinAbsolutfehler die Summe der Absolutfehler der Summanden.

y = x1 + x2 − x3 + ...→ ∆y = |∆x1|+ |∆x2|+ |∆x3|+ ... (2.8)

Korollar: wenn y = nx, dann∆y = n∆x, (2.9)

wobei n eine reine Zahl ist, wie z.B. 3, π, 57,√

2, e, etc. Hier ein konkretes Anwen-dungsbeispiel: Wir betrachten ein Dreieck, mit den Seitenlängen a±∆a = 10, 2±0, 1cm, b±∆b = 8, 17±0, 23 cm und c±∆c = 3, 51±0, 17 cm. Wenn wir jetzt den Um-fang dieses Dreiecks berechnen wollen, müssen lediglich alle Seitenlängen addiertwerden:

Umfang = a+ b+ c+ (|∆a|+ |∆b|+ |∆c|)= 10, 2 + 8, 17 + 3, 51± (|0, 1|+ |0, 23|+ |0, 17|)= 21, 88± 0, 50 cm

Da wir nach den gerade gelernten Regeln, die Anzahl der signifikanten Stellenbeachten müssen, runden wir das Ergebnis wie folgt: Umfang = 21, 9± 0, 5

• 2. Regel: Fehlerfortpflanzung für Produkt und Quotient. Wenn y eineGröße ist, die aus dem Produkt (oder dem Quotient) anderer Größen herstammt,ist sein Relativfehler die Summe der Relativfehler der Faktoren.

y = p1p2p3...

q1q2q3...→ εy = εp1 + εp2 + εp3 + ...+ εq1 + εq2 + εq3 ... (2.10)

Korollar : wenn y = xn, dann εy = n εx.

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3 Versuchsdurchführung

Mit einem Messschieber wird jede der einhundert Bohnen zunächst vermessen und an-schließend ihr Gewicht bestimmt. Bitte beachten Sie, dass für jede Bohne sowohlLänge als auch ihr zugehöriges Gewicht notiert werden müssen. Es ist also diefalsche Vorgehensweise zuerst alle Längen für die einhundert Bohnen zu bestimmen underst danach die Gewichte für alle zu messen. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten,müssen außerdem alle Messungen gleich ausgeführt werden. In unserem Fall bedeutetdas, dass alle Bohnen der Länge nach oder der Breite nach gemessen werden sollten.

Um eine ausreichende Genauigkeit der Messungen zu gewährleisten, werden wir mitHilfe eines Messschiebers messen. Der Messschieber besteht aus einem festen Messschen-kel, dem beweglichen Schieber, einer Messskala und einer sogenannten Nonius-Skala.Wenn man den Messschieber auseinander schiebt, kann man zwischen den beiden sichöffnenden Außenschenkeln den zu messenden Gegenstand legen und den Messschieberwieder zusammenschieben, bis er Kontakt mit dem Gegenstand hat. Nun kann man aufder Hauptskala den Millimeterwert ablesen, indem man kontrolliert, auf welchen Wertdie Null der Noniusskala fällt. Um die Mikrometer zu bestimmen, muss man nun nochden Strich der Noniusskala finden, der sich mit einem Strich der Hauptskala deckt. ImBeispiel (Abb. 3.1) ist es der Wert 24,75 mm.Die Messungen werden anschließend direkt in das Programm QTI-Plot eingetragen (ei-

ne Kurz-Anleitung über die essentiellen Funktionen finden Sie auf der Praktikums-Website im Abschnitt Downloads). QTI wird in fast jedem Praktikumsversuch ver-wendet, weshalb es sich lohnt, dass jeder Praktikant einer Gruppe damit arbeitet. QTIermöglicht eine schnelle Auswertung der Daten und ist im Internet frei 1 erhältlich, kannalso auch zu Hause für das Studium genutzt werden. In diesem Versuch werden in dieerste Spalte die Nummer der Messung eingetragen und in die zweite Spalte der jeweili-ge Messwert. Die Auswertungsmöglichkeiten für die verschiedenen Versuchsteile und dieweitere Bedienung des Programms werden Ihnen direkt vom Praktikumsbetreuer erklärt.

1zurzeit über die RZ Website nur für UR Studenten

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2,4cm + 0,075cm = 2,475cm

Hier liegt der einzige aneinandergereihte Strich (=0,75 mm)

Hier liest man die annähernde Länge (2,4 cm, Auflösung 1mm)

Abbildung 3.1: Messschieber mit Nonius-Skala

3.1 Aufgaben• Messen Sie die Länge und das Gewicht von 100 individuellen Bohnen. Bitte be-achten Sie, dass für jede Bohne sowohl Länge als auch ihr zugehörigesGewicht einzeln notiert werden müssen.

• Zeichnen Sie mithilfe QTI-Plot zwei Histogramme, eins für die Länge `i und einsfür das Gewicht mi der vermessenen Bohnen. Bestimmen Sie mithilfe QTI-Plotund der Funktion „Spaltenstatistik“ die Standardabweichung s` und sm für dieMessung des Gewichts und der Länge der Bohnen.

• Bestimmen Sie die Gauß-Kurven, die am besten die zwei Histogramme nähern(siehe QTI-Anleitung). Achten Sie beim Erstellen der Histogramme auf die richtigeIntervallgröße. Durch zu große Intervalle wird das Histogramm zu grob, da es zuwenige Intervalle gibt. Zu kleine hingegen machen es zu „verrauscht“ (nicht jedesIntervall enthält eine statistisch ausreichende Zahl von Elementen, wodurch dieWerte zwischen benachbarten Spalten stark fluktuieren.) Der Gauß-Fit kann direkt

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mit QTI-Plot erstellt werden.

• Zeichnen Sie ein Diagramm `i gegen mi. Wie sieht das Ergebnis aus? Bitte ver-gessen Sie nicht das Resultat zu kommentieren.

• Bestimmen Sie den Korrelations-Faktor für das `i gegen mi-Diagramm. Kommen-tieren Sie bitte das Ergebnis mit Bezug auf den vorherigen Punkt.

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