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10 Jahre Medienpreis Mittelstand Sonderveröffentlichung

10. Medienpreis Mittelstand

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10. Medienpreis Mittelstand

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10 Jahre Medienpreis MittelstandSonderveröffentlichung

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2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

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Grußwort

Grußwort des Parlamentarischen Staatssekretärs

beim Bundesminister für Wirtschaft und Techno-

logie und Mittelstandsbeauftragten der Bundesre-

gierung, Ernst Burgbacher, MdB:

Anglizismen gibt es viele in der deutschen

Sprache. Deutsche Lehnwörter im Engli-

schen dagegen wenige. Neben „Kindergarten“

und „Zeitgeist“ taucht aber vermehrt der Begriff

„German Mittelstand“ in englischsprachigen

Medien auf. Andernorts, jenseits des Rheins,

spricht man respektvoll von „le Mittelstand

Allemand“. Die anhaltende Stärke der deutschen

Wirtschaft selbst in Krisenzeiten hat ausländi-

sche Beobachter spürbar beeindruckt. So hat

die deutsche Wirtschaft 2010 und 2011 mit 3,7

Prozent bzw. 3,0 Prozent deutliche Zuwächse

erzielt und damit die Wirtschaftskrise besser

und schneller überwunden als erwartet. Zurecht

wird in ausländischen Medien der deutsche Mit-

telstand als maßgeblicher Treiber dieses Erfolgs

wahrgenommen.

Seine Leistungsfähigkeit und seine Stabilität ver-

dankt der deutsche Mittelstand einigen beson-

deren Qualitäten: Die überwiegend familien-

geführten Unternehmen denken langfristig, sie

handeln verantwortungsbewusst und sie fühlen

sich verbunden mit ihren Kunden, ihren Mit-

arbeitern und ihrer Region. Nicht nur, aber vor

allem der industrielle Mittelstand ist zudem sehr

innovativ und international erfolgreich. Mittel-

ständische Unternehmen bieten jungen Men-

schen attraktive Möglichkeiten. In der dualen

Ausbildung lernen sie gleichzeitig in der Schule

und im Betrieb. Für die Unternehmen sorgt die-

ses System für Fachkräfte mit Qualifikationen,

die zum Bedarf passen. Es trägt auch dazu bei,

dass Deutschland auf einem wichtigen Gebiet

Europameister ist: Die Jugendarbeitslosigkeit ist

mit 7,9 Prozent die niedrigste im EU-Vergleich.

Zugleich haben gerade die kleineren Unterneh-

men, auch die Gründer, besondere Bedürfnisse

und Nöte. Für sie muss die Politik alle Anstren-

gungen unternehmen, um Transparenz zu schaf-

fen, bürokratische Hindernisse abzubauen und

über Finanzierungshürden hinwegzuhelfen.

Die ganze Bandbreite des Mittelstands, seine

Erfolgsgeschichten, sein Potenzial als Arbeitge-

ber, aber auch seine Mühen, sollten auch in den

deutschen Medien Thema sein. Hierzu leistet

der Medienpreis Mittelstand einen wichtigen

Beitrag.

Glückwunsch zum zehnjährigen Jubiläum!

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Anliegen des Wettbewerbs

D er Medienpreis Mittelstand wird jährlich

für journalistische Beiträge vergeben,

die sich differenziert mit dem Thema Mittel-

stand in Deutschland auseinandersetzen. Träger

des Wettbewerbs sind die Wirtschaftsjunioren

Deutschland. Im Laufe der Zeit erhielten rund

50 Journalisten die Auszeichnung. Mit der kom-

menden Ausgabe blicken die Veranstalter auf

eine zehnjährige Erfolgsgeschichte zurück.

Die Vorbereitungen für die Jubiläumpreisver-

leihung im Mai 2013 laufen bereits. Die Aus-

schreibung ist gestartet. Bis zum Jahresende sind

Journalisten aus ganz Deutschland aufgerufen,

ihre Beiträge zum Thema Mittelstand einzurei-

chen. Eine hochkarätig besetzte Jury aus Jour-

nalisten und Medienfachleuten wird dann in

einem mehrstufigen Verfahren die Gewinner aus

den Bereichen Print, Online, TV und Hörfunk

ermitteln. Auch einen Nachwuchspreis wird

es wieder geben, für den sich alle Teilnehmer

automatisch qualifizieren, die bis zum Einsende-

schluss nicht älter als 30 Jahre sind. Den Vorsitz

der Jury übernimmt zum wiederholten Male

Martin Küper, Redaktionsleiter „Wirtschaft &

Verbraucher“ vom rbb Fernsehen.

Über die Jahre nahm das Interesse am Medien-

preis Mittelstand stetig zu. Bis Ende 2012 werden

mehr als 150 Einsendungen erwartet. Glückli-

cherweise entwickelte sich parallel dazu auch

die Technik weiter. Mussten in den ersten Jah-

ren noch stapelweise Einsendungen postalisch

an die Jurymitglieder verschickt werden, kön-

nen Beiträge und Bewerbungsunterlagen heute

unter www.medienpreis-mittelstand.de bequem

hochgeladen werden. Auch die Bewertungen

geben die Juroren per Knopfdruck am Compu-

ter ab. Zumindest in der Vorauswahl. Die finale

Entscheidung, wer die Gewinner in den einzel-

nen Kategorien sind, wird auch weiterhin ana-

log getroffen. In großer Runde diskutieren die

Experten über die Qualität der Einsendungen

und streiten teilweise energisch für ihre Favori-

ten.

Mitmachen lohnt sich auch 2012 wieder. Den

Gewinnern in den genannten Kategorien win-

ken jeweils 2.000 Euro Preisgeld.

www.medienpreis-mittelstand.de

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Den Mittelstand verstehen

D er Mittelstand ist das Rückgrat der deut-

schen Wirtschaft und Motor für Wachs-

tum und Beschäftigung.

Diese Aussage lässt sich mit beeindruckenden

Zahlen unterlegen. 99,7 Prozent aller Unterneh-

men in Deutschland sind Mittelständler. Nahezu

drei Viertel der Arbeitsplätze werden allein in

diesem Bereich gestellt. Zudem lernen 80 Pro-

zent der Auszubildenden in kleinen und mittle-

ren Unternehmen. Insgesamt zählt Deutschland

knapp vier Millionen Selbstständige und mit-

telständische Unternehmerinnen und Unter-

nehmer in Handwerk, industriellem Gewerbe,

Handel, Tourismus, Dienstleistungen und freien

Berufen. Diese erzielen 39 Prozent der steuer-

pflichtigen Umsätze und tragen 51 Prozent zur

Nettowertschöpfung aller Unternehmen bei.

Der Mittelstand ist in Deutschland wie folgt de-

finiert: Dazu zählen Unternehmen mit einem

Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro

und mit bis zu 500 Beschäftigten.

Doch welche Produkte und Dienstleistun-

gen verbergen sich hinter diesem Begriff? Was

zeichnet den Mittelstandsunternehmer aus

und welchen Fragen stellt er sich täglich? Die-

sem spannenden Feld haben sich die Journalis-

ten verschrieben. Sie stellen in ihren Beiträgen

besondere Leistungen und Innovationen, aber

auch Schicksale und außergewöhnliche Ent-

wicklungen dar. Damit sorgen sie für ein besse-

res Verständnis des Mittelstandes und machen

auf Probleme und Potenziale aufmerksam.

Der Medienpreis Mittelstand würdigt dieses En-

gagement seit nunmehr zehn Jahren und zeich-

net auch 2013 wieder herausragende Beiträge

aus den Bereichen Print, Online, TV und Hör-

funk aus. Alle Informationen dazu sind unter

www.medienpreis-mittelstand.de zu finden.

Träger des Preises sind die Wirtschaftsjunioren

Deutschland.

(wbpr_kommunikation)

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Martin Küper

Geboren am 16. Oktober 1962 in Wilhelmshaven. Diplom-Journalist, seit 2003

Redaktionsleiter „Wirtschaft und Verbraucher“ beim rbb-Fernsehen in Pots-

dam, vorher Reporter und Redakteur in der Aktualität beim Ostdeutschen

Rundfunk Brandenburg (ORB) und bei ARD aktuell in Hamburg (Tagesschau,

Tagesthemen). „Was mir beim Medienpreis Mittelstand gefällt: keine beengenden oder richtungswei-

senden Vorgaben, spannendes Themenspektrum, unterschiedlichste Bewerbungen, interessante Jury-

Diskussionen, Blick über den Tellerrand, wirkliche Entdeckungen machen, Talente finden.“

Detlef Gottschling

Geboren am 13. März 1961 in Gera (Thüringen), aufgewachsen in Werder

(Havel), Berufsausbildung mit Abitur, Studium Englisch und Deutsch an der

Humboldtuniversität auf Lehramt, 1985 bis 1987 Lehrer in Potsdam, 1987 bis

1990 Redakteur BNN, 1990 bis 2004 Geschäftsführer mit Prokura und Chef

vom Dienst und Lokalchef Potsdamer Neueste Nachrichten, seit 2004 Leiter der Presseabteilung und

Pressesprecher der IHK Potsdam und Chefredakteur „FORUM“ – Brandenburger Wirtschaftmagazin

der IHK (Potsdam).

Dr. Thomas Klugkist

Geboren in Lübeck und ursprünglich Literaturwissenschaftler, dann Redakteur

beim Hörfunksender „Hundert,6“ in Berlin, Leiter des Wirtschaftsressorts so-

wie stellvertretender Chefredakteur; Wechsel ins PR-Management, leitete die

Kommunikation der deutschen KPN-Tochter Planet Internet, der Wirtschaftsj-

unioren Deutschland im DIHK und der Stuttgarter Klett Gruppe; Geschäftsführer des Friedrich Ber-

lin Verlags, gründete dort die erste bundesweite Kultur-Plattform „kultiversum“, zuletzt Stellvertreter

des Verlegers bei Schott Music in Mainz; mehrere Bücher und Aufsätze, vor allem zu Thomas Mann,

Schopenhauer, Nietzsche und Wagner veröffentlicht.

Vorstellung Jurymitglieder

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Susanne Reinhardt

Geboren am 21. Juli 1961 in Homburg/Saar, Abitur am Staatlichen Mannlich-

Gymnasium in Homburg/Saar, Studium Germanistik und Anglistik an der

Hochschule des Saarlandes in Saarbrücken, Abschluß Magister Artium; Volon-

tariat beim Saarländischen Rundfunk (SR), Redakteurin, Reporterin, Modera-

torin beim SR; Erich-Voltmer-Preis für junge Journalistinnen und Journalisten und Kurt-Magnus-

Preis der ARD für Trabbi-Reportagereise durch die DDR „Von der Ostsee bis zum Erzgebirge“, seit

1995 beim Inforadio von SFB und ORB (heute RBB), Chefin vom Dienst.

Dr. Peter Strunk

Geboren am 01. September 1955 in Frankfurt/Main. Studium der Geschich-

te und Politologie an der Freien Universität Berlin, 1981/82 „Visiting Scho-

lar“ an der Stanford University, USA, 1989 Promotion zum Dr. phil. an der

FU-Berlin, 1985 bis 1988 freier Autor für den Harenberg-Verlag, Dortmund,

1988 bis 1997: Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der AEG in Frankfurt/Main, 1997 bis 1999: Pres-

sesprecher der IHK Cottbus. Seit 1999 Bereichsleiter Kommunikation der WISTA-MANAGEMENT

GMBH (Betreibergesellschaft des Wissenschafts- und Technologieparks Berlin Adlershof)

Manuela Kasper-Claridge

Geboren am 26. Oktober 1959 in Berlin, 1978 Abitur, danach Studium Volks-

wirtschaft und Soziologie an der Freien Universität Berlin; Abschluss 1984 mit

Diplom, 1985 bis 1986: Volontariat beim Sender Freies Berlin (SFB), 1986 bis

1988: Trainerin für Fernsehredakteure und Regisseure, 1988 bis 1992: Redak-

teurin RIAS-TV; Schwerpunkte der Berichterstattung über die Wiedervereinigung Deutschlands,

Mittel- und Osteuropa; zeitweise in Washington, D.C., 1992 bis 1998: Redakteurin Deutsche Welle

Fernsehen Bereich: Aktuelles und Wirtschaft; aktuell Leiterin der Hauptabteilung Wirtschaft, Multi-

mediadirektion Global bei der Deutschen Welle.

Dr. Mathias Richter

Geboren am 19. Juli 1960 in Stuttgart, Studium der Philosophie, Politikwissen-

schaften und Empirischen Kulturwissenschaften in Tübingen, Paris und Frank-

furt am Main. Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre freier Autor und Journalist,

u.a. für Stadtmagazine sowie für Tageszeitungen wie das Schwäbische Tagblatt

in Tübingen, die Heilbronner Stimme und die Berliner taz. Seit 1996 Wirtschaftsredakteur der Mär-

kischen Allgemeinen Zeitung, seit 1998 Leiter der Wirtschaftsredaktion.

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Corinna Trips

Studium der Politik- und Literaturwissenschaften in Mainz, Lausanne, Bonn

und Paris, dann im Rahmen eines Stipendiums der französischen Regierung

in der französischen Nationalversammlung tätig, anschließend Volontariat und

Redakteurin bei der RHEINPFALZ in Ludwigshafen, ab 2002 Pressereferentin

in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und seit 2007 stellvertretende Geschäftsführerin und Presse-

sprecherin der Wirtschaftsjunioren Deutschland, dem bundesweit größten Verband junger Unter-

nehmer und Führungskräfte. Corinna Trips ist Altstipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Rolf Westermann

Rolf Westermann arbeitete ab 1989 bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Nach dem Vo-

lontariat in Nordrhein-Westfalen war er Redakteur in Mainz, danach Chef vom Dienst im

Landesbüro Frankfurt a.M., später verantwortete er das Tagesgeschäft in Rheinland-Pfalz

und im Saarland, dann Leitung des Landesbüros in Leipzig. Ende 2004 wurde er Landesbü-

roleiter für die dpa im gesamten Osten Deutschlands. Seit Mitte 2012 ist Westermann stellvertretender Chefredak-

teur der dapd Nachrichten GmbH.

Jana Göbel

Jana Göbel ist Redakteurin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Die

Diplom-Betriebswirtin besuchte die Deutsche Journalistenschule in München

und arbeitete nach dem Abschluss für die Berliner Zeitung und den SFB. 1993

wurde sie Redakteurin beim ORB in Potsdam. Hier arbeitete sie als Reporterin

und Chefin vom Dienst beim täglichen TV-Regionalmagazin „Brandenburg aktuell“, zugleich war sie

viele Jahre für die Wirtschafts-Berichterstattung der Sendung verantwortlich. Ab 2008 für zwei Jahre

Wechsel nach Hamburg zu ARD aktuell (Tagesschau, tagesthemen). Heute ist sie im Reporterpool

des RBB für bi-und trimediale Berichterstattung zuständig. Sie verantwortet vor allem recherche-

aufwändige Themen und realisiert Reportagen, Magazinbeiträge sowie tagesaktuelle Berichte. Die

Themen setzt sie innerhalb des RBB parallel für Fernsehen, Radio und Online um.

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Der Juryvorsitzende Martin Küper (r.) und Dr. Peter Strunk (l.) gratulieren dem Journalisten Frank Wörner.

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Ausschreibung

„Medienpreis Mittelstand“ geht in die zehnte Runde

Die Bewerbungsfrist endet am 31. Dezember 2012! Allgemeines zum Wettbewerb

Z ur Teilnahme sind alle Journalisten des

Bundesgebietes aufgerufen, die sich in

den Bereichen Print, TV, Online und Hörfunk

mit dem Mittelstand beschäftigen. Zugelassen

wird ein Beitrag pro Bewerber. Journalisten, die

bis zum Einsendeschluss nicht älter als 30 Jahre

sind, qualifizierten sich zudem für den Nach-

wuchspreis.

Neben der Kurzvita und den journalisti-

schen Arbeitsschwerpunkten ist ein nach dem

1. Januar 2012 veröffentlichter Beitrag zum

Thema Mittelstand einzureichen. Nach der

Online-Registrierung stehen dem Bewerber

Möglichkeiten zum Upload von pdf- bzw. mpeg-

Dateien zur Verfügung. Bewerber von Hör-

funk- bzw. TV-Beiträgen müssen zusätzlich das

vollständige Textmanuskript sowie die Anmo-

deration einreichen. Einsendeschluss ist der 31.

Dezember 2012.

Einsendeschluss - wie geht es weiter?

Im Frühling 2013 tritt eine hochkarätig besetzte

Jury mit Vertretern aus Wirtschaft und Wirt-

schaftsjournalismus zusammen. In einem zwei-

stufigen Verfahren ermittelt sie die Preisträger

der jeweiligen Kategorien. Bei der Bewertung

berücksichtigt die Jury folgende Kriterien: Rele-

vanz des Themas, Qualität der Recherche und

journalistische Qualität. Die vergebenen Punkte

werden am Ende im Verhältnis 30/30/40 Prozent

gewichtet. Die Preisverleihung findet im Mai

2013 in Berlin statt.

Teilnahmebedingungen

Zugelassen werden einzelne Beiträge. Jeder der

Wettbewerbsteilnehmer darf nur einen Bei-

trag einreichen. Es werden nur Beiträge aus

den Bereichen Print, Online, Hörfunk und TV

berücksichtigt, die ab dem 1. Januar 2012 nach-

weislich veröffentlicht wurden. Anmelde- und

Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2012. Ent-

scheidend ist der Zugang der Anmeldung und

des Beitrags beim Veranstalter des Journalis-

tenwettbewerbs. Später oder unvollständig ein-

gereichte Beiträge können leider keine Berück-

sichtigung finden. Die Teilnehmer erklären sich

mit der Veröffentlichung bzw. Ausstrahlung der

eingereichten Beiträge im Rahmen der Doku-

mentation des Wettbewerbs u.a. bei der Preisver-

leihung in Berlin und im Internet einverstanden.

www.medienpreis-mittelstand.de

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Der Besucher, der an diesem

sonnigen Nachmittag das

lichtdurchflutete Chef-Büro

im sechsten Stock des Be-

luga-Towers betritt, trägt ei-

nen teuren Anzug und ein jo-

viales Lächeln. Er grüßt

freundlich, legt die Hand

auf den Unterarm von Niels Stolberg, er-

kundigt sich nach dessen Familie. Die bei-

den Herren kennen sich schon eine Weile.

Hermann Dambach vertritt den US-Kapital-

investor Oaktree Capital Management in

Deutschland. Oaktree ist neuer Geldgeber

und mächtiger Mit-Gesellschafter der von

Stolberg gegründeten Reederei.

Das Treffen ist geplant und im Terminka-

lender vermerkt. Der Oaktree-Mann will

die anstehende Restrukturierung der Ree-

derei mit Stolberg besprechen. Er hat seine

Anwälte dazu mitgebracht. Nichts Beson-

deres, reine Routine. Stolberg folgt ihm in

das Konferenzzimmer. Begleitet wird er

von seinem Anwalt.

Kaum hat der Reeder Platz genommen,

ist es mit der Freundlichkeit vorbei. Dam-

bach hat seine sechs Anwälte links und

rechts von sich positioniert. Sie kommen so-

fort zur Sache. Packen Papiere auf den

Tisch. Bilanzauszüge, Rechnungen, ausge-

druckte E-Mails. Es geht um Betrug, Fäl-

schung und kriminellen Handlungen. Mil-

lionensummen schwirren durch den Raum.

Brüllend nehmen die Anwälte Stolberg in

die Zange.

Der 50-Jährige wird weiß im Gesicht,

sackt in sich zusammen. Der Mann an sei-

ner Seite will sogar den Notarzt rufen. Zu ei-

ner Antwort ist Niels Stolberg in diesem

Moment nicht mehr fähig, auch nicht zu Wi-

derspruch. Sein Anwalt bleibt stumm.

Als Stolberg ultimativ aufgefordert wird,

sofort das Haus – seine Reederei – zu verlas-

sen, steht er auf und geht. Nach 15 Jahren

Beluga bleiben dem Firmengründer nur

zehn Minuten, um unter strenger Aufsicht

ein paar persönliche Sachen zusammenzu-

packen. Er wird später erzählen, dass er

wie in Trance gehandelt hat, zu keinem kla-

ren Gedanken mehr fähig. Dann wird ihm

der Zugangschip abgenommen, Sicher-

heitsleute geleiten den geschassten Reede-

reichef hinaus. Wie betäubt fährt er nach

Hause und ist vorerst für niemanden mehr

zu sprechen.

Es ist der 1. März 2011. Ein Dienstag. Am

Morgen war Stolberg auf einem Geschäfts-

termin, danach hat er telefoniert und Mee-

tings abgehalten. Es ist ein Tag wie so viele

andere in den Wochen und Jahren zuvor.

Oben im sechsten Stock hat er sein Eck-

büro mit dem großen Schreibtisch und den

roten Ledersofas. Von dort steuert er mehr

als 600 Mitarbeiter in dem imposanten Ree-

dereigebäude am Ufer der Weser. Beim

Blick aus den bodentiefen Panoramafens-

tern scheint es fast ein bisschen so, als ob

ihm die historische Altstadt mit den Spei-

cherfassaden und den Zwillingstürmen des

Doms zu Füßen liege. Stolberg sieht gern hi-

naus. Er genießt seinen Aufstieg, für den

die neue Unternehmenszentrale ein stein-

gewordenes Symbol ist.

Der Sohn eines Lotsen ist zu Bremens er-

folgreichstem Reeder geworden. Er hat

seine Firma binnen 15 Jahren zum globa-

len Marktführer für Schwerguttransporte

gemacht. Er hat die Stadt und ihre hansea-

tisch zurückhaltende Kaufmannschaft mit

seiner unkonventionellen Art erst über-

rascht, dann überzeugt. Zur größten Flotte

Bremens mit 72 Schiffen kommen die

höchsten gesellschaftlichen Weihen.

Er ist Schaffer und Eiswettgenosse, sitzt

im Aufsichtsrat des Fußballvereins Werder

Bremen, fördert Hochschulen, Kunst und

soziale Projekte mit Millionenbeträgen. Er

ist ganz oben angekommen.

Doch Stolberg ist unruhig. Die Öffentlich-

keit erfährt in diesen Tagen nur, dass er um

ein von Piraten entführtes Schiff bangt und

alles daran setzt, es freizubekommen. Von

den sich anbahnenden Problemen bei der

Reederei und der inneren Gemütsverfas-

sung des Unternehmers ahnt sie nichts.

Seit Wochen hat Stolberg keine Verträge

mehr unterschrieben. Und das in Zeiten, in

denen es seiner Reederei erstmals in ihrer

Geschichte schlecht geht. Schon das Jahr

2009 endet mit einem Minus im operativen

Geschäft. 2010 war noch schlimmer. Das

Jahr 2011 hat kaum besser angefangen.

Stolberg ist 15 Jahre auf einer Woge des Er-

folgs geritten und ist es gewohnt, über die

verdienten Millionen zu verfügen, wie er

will. Schon vor diesem Dienstag ist er nicht

mehr Herr im eigenen Hause. Oaktree hat

das Kommando übernommen.

Anfangs sind beide Seiten von der Zu-

sammenarbeit schwer begeistert. Oaktree,

in Deutschland bis dahin bei einem Verpa-

ckungsmittelunternehmen, einer Yacht-

Manufaktur und einem Speiseeis-Herstel-

ler aktiv, wittert ein neues und renditeträch-

tiges Geschäft bei der aufstrebenden Bre-

mer Reederei. Und Stolberg schwärmt gera-

dezu von der Professionalität der Finanzex-

perten, die seiner stetig wachsenden Be-

luga die fehlenden Firmenstrukturen ver-

passen sollen. Vor allem aber braucht er

Oaktree, um sein großes Neubaupro-

gramm und den teuren Einstieg in den Off-

shore-Markt zu finanzieren. Im Jahr 2009,

inmitten einer weltweit anhaltenden Rezes-

sion und der schwersten Schifffahrtskrise

der Nachkriegszeit, ist bei Banken und an-

deren Schiffsfinanzierern kein Geld mehr

zu bekommen. Oaktree ist der Partner, den

Stolberg für seine kühnen Pläne braucht.

Die anfängliche Begeisterung füreinan-

der ist aber schnell verflogen. Ohne Zustim-

mung der Amerikaner läuft schon seit

Ende Januar bei Beluga nichts mehr. Denn

die Reederei wirft nicht ab, was erhofft war.

Nun drängen die Oaktree-Manager kom-

promisslos darauf, das Unternehmen effek-

tiver zu machen und Kosten zu sparen. Stol-

berg hat sich darauf eingelassen, weil auch

er keine Alternative dazu sieht. In der Krise

fehlen die Frachtaufträge. Die Einnahmen

decken die immensen Ausgaben nicht

mehr. Ständig gibt es finanzielle Engpässe.

Die nötige Restrukturierung des Geschäfts

will der Bremer aber auf seine, auf die han-

seatisch-behutsame Art machen. Den Eig-

nern der von ihm gecharterten Schiffe, die

für eine gewisse Zeit Verzicht üben sollen,

will er einen späteren Ausgleich anbieten.

So hatte er es 2009 und 2010 auch gemacht.

Fortsetzung auf der nächsten Seite

VON KRISCHAN FÖRSTER

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG

DerUntergang

einerReederei

Viele Jahre sehr erfolgreich, hat Beluga-Gründer Niels Stolberg innerhalb weniger Wochen alles verloren: seine Reederei, sein Vermö-

gen, seine Reputation. Er wird beschuldigt, den US-Finanzinvestor Oaktree mit falschen Zahlen getäuscht zu haben. FOTO: FÖRSTER

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25. JUNI 2011S O N N A B E N D

DossierOaktree dagegen will eine Rosskurohne Rücksichtnahme. Und die Fi-nanzmanager fragen sich langsam,warum bei Beluga ständig neue Fi-nanzlöcher gestopft werden müs-

sen. Auch deswegen hat Dambach das Tref-

fen anberaumt. Dass es nicht mehr darum

geht, einen gemeinsamen Kurs abzustecken,

sondern um ein dramatisches Finale, weiß

nur der Oaktree-Mann. Stolberg ist ahnungs-

los. Wenig später ist er suspendiert.Was genau bei Beluga passiert, wissen zu

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

weihte. Die Öffentlichkeit erfährt nur: Stol-

berg hat sich aus persönlichen Gründen beur-

lauben lassen. Der neue Chef ist nun Oak-

tree-Vizepräsident Roger Iliffe, seit Oktober

bereits als Restrukturierungsbeauftragter im

Haus. Er wird neuer CEO – Chief Executive

Officer, zu deutsch: Geschäftsführer. Damit

übernehmen die Amerikaner endgültig das

Kommando bei Beluga. Stolberg hat ab sofort

Hausverbot.Und nicht nur das: Einen Tag nach seinem

Rausschmiss zeigt ihn Oaktree bei der Bre-

mer Staatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Be-

trug und unrichtige Darstellung von Bilan-

zen. Mit Stolberg werden weitere Führungs-

kräfte der Reederei suspendiert. Hauptsäch-

lich aus der Befrachtungsabteilung und aus

dem Controlling (Rechnungswesen).Die Bremer Öffentlichkeit ist überrascht.

Sie fragt sich: Was ist bei Beluga, diesem Vor-

zeigeunternehmen, bloß passiert?Zwei Tage darauf verbreitet Oaktree eine

offizielle Erklärung, deren Kernsatz in der

Folge noch unzählige Male wiederholt wird:

Bei der Prüfung der Geschäftszahlen, heißt in

der Stellungnahme, „wurde Oaktree auf fi-

nanzielle Unregelmäßigkeiten im Hinblick

auf Umsatz und Liquidität des Unterneh-

mens aufmerksam“. Am selben Tag kündigt

Oaktree-Deutschland-Chef Dambach in ei-

nem Telefongespräch mit dem WESER-KU-

RIER eine „fundamentale finanzielle Sanie-

rung“ der Reederei an. Sie soll auf ihr Kernge-

schäft, die Schwergutschifffahrt, zurückge-

führt werden. „Wir werden Beluga mit erheb-

lichen Ressourcen unterstützen, um das Un-

ternehmen zu stabilisieren und zu stärken.“

Oaktree sei nicht angetreten, um Probleme

zu machen, sondern um sie zu lösen, sagt er

in seinem freundlich-hessischem Dialekt.

Gern wolle man auch mit dem Bremer Senat

demnächst alles besprechen.Doch keine zwei Wochen später rollt eine

gewaltige Insolvenzwelle über das Unterneh-

men hinweg. In atemberaubendem Tempo

zerfällt Beluga zu einem einzigen Scherben-

haufen. Gerade einmal drei Monate nach

Stolbergs Abgang ist das Ende der einstigen

Erfolgsreederei besiegelt. Nicht nur rund 600

Mitarbeiter, die ihren sicher geglaubten Job

verlieren, sind geschockt. Auch die vielen

Ausbildungs-, Sport- und Kulturprojekte, die

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

dem Aus. Die Öffentlichkeit verfolgt fas-

sungslos, dass Beluga binnen weniger Tage

wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt.

Vor ihren Augen spielt sich ein Wirtschafts-

krimi ab, wie ihn die Stadt seit dem Zusam-

menbruch des Bremer Vulkan 15 Jahre zuvor

nicht mehr erlebt hat.Nun zieht der vom Amtsgericht einge-

setzte Insolvenzverwalter Edgar Grönda in

Stolbergs verwaistes Büro ein. Die roten Le-

dersofas werden zur Seite gerückt, an glei-

cher Stelle steht jetzt ein großer Arbeitstisch.

Zehn Wochen lang prüft das Bremer Anwalts-

team Geschäftsunterlagen und Finanzbe-

richte. Anschließend spricht Grönda von ei-

ner „Kriminalinsolvenz“ und einem nur

schwer durchschaubaren Geflecht aus Dut-

zenden von Gesellschaften bei Beluga. Eine

Fortführungschance sieht er nicht mehr für

das angeschlagene Unternehmen.Für Oaktree ist der Schuldige an der Krise

ohnehin ausgemacht: Niels Stolberg. In ei-

nem 23-seitigen Dossier, das Mitte März an

die Geschäftspartner von Beluga versandt

wird, haben die Oaktree-Anwälte aufgelis-

tet, was sie dem Firmengründer vorwerfen.

Ab Mitte 2009 soll bei der Befrachtungsabtei-

lung Beluga Chartering damit begonnen wor-

den sein, fiktive Umsätze zu erfassen und aus-

zuweisen, um die Bilanz zu schönen. Zu die-

sem Zweck sollen Luftbuchungen getätigt

und Scheinrechnungen an fünf Briefkasten-

firmen in Panama und auf den Britischen

Jungferninseln geschrieben worden sein.

Gut 130 Millionen Euro seien so fälschlich

auf der Einnahmeseite verbucht worden.

Ein Großteil der Scheinrechnungen wurde

offenbar aus anderen Kassen beglichen, ver-

mutlich unter anderem durch sogenannte

„kick backs“, in der Schifffahrt nicht unüb-

lich. Mit chinesischen Werften, auf denen

neue Schiffe gebaut wurden, hätte Stolberg

demnach vereinbart, einen Teil des Kaufprei-

ses, etwa die letzte Rate in Höhe von zehn

Prozent, über einen Mittelsmann an ihn zu-

rück zu überweisen. Weitere 40 Millionen

soll er privat aus seiner auf Spiekeroog ansäs-

sigen Vermögensverwaltung ins Unterneh-

men gepumpt haben.Anderes war allerdings nicht auszuglei-

chen: Treibstoffbestände sollen laut Oaktree

zu hoch deklariert worden sein. Das sei aufge-

fallen, als ein Teil verkauft werden sollte, um

Geld flüssig zu machen. Und das Orderbuch,

das die zu erwartenden Geschäfte und Ein-

nahmen ausweist, soll mit gefälschten Aufträ-

gen ebenfalls aufgebläht worden sein.Eine Woche nach seinem erzwungenen

Ausstieg meldet sich der Reeder erstmals zu

Wort: „Ich werde mich den Vorwürfen stel-

len.“ Eine weitere Woche später, am Mitt-

woch, den 16. März, betritt Stolberg um 9 Uhr

in Begleitung seines Anwalts Hanns Feigen

das Haus der Staatsanwaltschaft Bremen. In

einer gut zwei Stunden dauernden Verneh-

mung räumt er einen Teil der Vorwürfe ein.

Details werden nicht bekannt. Gerüchte

schwirren durch die Stadt. Dass es Manipula-

tionen gab, gilt als sicher. In welchem Um-

fang und mit welchen Folgen, ist unklar.

Stolberg betont immer wieder, dass es ihm

immer nur um das Unternehmen und die Ar-

beitsplätze gegangen ist. Einen persönlichen

Vorteil hat er sich, soweit bislang bekannt,

nicht verschafft.Ohne die geschönten Bilanzen hätte er ver-

mutlich keine Bankkredite mehr bekommen.

Und Oaktree wäre nicht Investor und Gesell-

schafter bei Beluga geworden. Jetzt aber füh-

len sich die Manager des US-Kapitalfonds

massiv getäuscht und hintergangen – und

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

chen Auftritten und Äußerungen hält sich

der Finanzinvestor zwar zurück. Dafür

schickt er ein ganzes Heer von Anwälten ge-

gen seinen ehemaligen Partner ins Feld.

Nach der Strafanzeige will Oaktree Stol-

berg nun auch für das investierte Geld haft-

bar machen. Vor Gericht erwirken die Oak-

tree-Anwälte fünf Dutzend Arrestbeschlüsse

in Höhe von 130 Millionen Euro gegen Stol-

bergs Privatvermögen. Gerichtsvollzieher

kleben Pfandsiegel auf sämtliche bekannten

Besitztümer des Reeders: Häuser in Dreiber-

gen, dem Hauptwohnsitz, und auf Spieker-

oog, wo Stolberg sich ein privates Urlaubsdo-

mizil und ein kleines Firmenimperium mit ei-

nem Hotel, Ferienwohnungen und Restau-

rants geschaffen hat. Desgleichen seine Fir-

men und diversen Beteiligungen. Selbst auf

seinen Emil-Nolde-Bildern und auf dem ge-

liebten Klavier der ältesten Tochter prangt

nun der Kuckuck.Wo auch immer mit Stolbergs Geld han-

tiert oder gebaut wird, kommen alle Aktivitä-

ten schlagartig zum Erliegen. In Elsfleth, wo

mit Beluga-Hilfe ein Maritimes Kompetenz-

zentrum und ein Offshore-Ausbildungszen-

trum entstehen sollen. In Oldenburg, wo Stol-

berg dem Handballverein ein Internat für

den Nachwuchs finanziert hat. Und in Drei-

bergen, auf seinem Privatgrundstück.Es liegt abseits der Hauptverkehrsstraße,

versteckt hinter einer dichten Hecke. Wie ein

schmales Handtuch verläuft es entlang einer

Kuhweide bis zum Ufer des Zwischenahner

Meeres und endet an einem massiven Holz-

steg. Im mannshohen Grillofen liegt unbe-

nutzte Holzkohle. Eine ländliche Idylle, die

Stolberg für seine Familie gefunden hat.

Hier, eine knappe Autostunde von Bremen

entfernt, hat er Ruhe und Ausgleich nach den

langen Tagen bei Beluga gefunden. In Drei-

bergen sind die drei Töchter aufgewachsen,

bodenständig und nahe der Natur.Stolberg wollte hier ein neues Haus bauen,

nachdem das alte marode geworden war und

abgerissen werden musste. Im Rohbau war

es fertig. Groß und solide, aber alles andere

als eine Villa, wie immer kolportiert wird.

Jetzt ist das Gras rings um die Baustelle knie-

hoch emporgeschossen, weil es seit Wochen

nicht mehr gemäht wurde. Ungestört von

Menschen hoppeln Hasen herum. Die Bauar-

beiter sind verschwunden. Und auch Stol-

berg wird hier nicht mehr einziehen.Nach der Reederei muss auch ihr Gründer

und einstiger Chef in die Insolvenz. Das

Grundstück samt halbfertigem Haus in Drei-

bergen soll nun ebenso verkauft werden wie

sein Spiekeroog-Imperium, ein Ferienhaus

in Spanien, seine Unternehmen wie das Res-

taurant „Outer Roads“ oder Beteiligungen,

sofern diese noch was wert sind. Und alles an-

dere. Stolberg hat persönlich für Millionen-

kredite gebürgt, nun stellen die Gläubiger

ihre Forderungen. Auch seine Anwälte wol-

len bezahlt werden.Die vergangenen Wochen haben bei Stol-

berg Spuren ins Gesicht gegraben. Die Au-

gen blicken müde, die Ringe darunter sind

tief, die Schläfen stark ergraut. Um die Mund-

winkel liegt ein herber Zug. In Gestik und

Tonfall erkennt man noch den Reeder, der

viele Leute mit seinem ansteckenden Enthu-

siasmus begeistern konnte. Jetzt aber ist der

50-Jährige abrupt abgebremst worden. Er

kann nicht mehr bestimmen, dirigieren, moti-

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleicht

im Leben, mit Selbstzweifeln.Von seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

testens seit ein Oldenburger Zivilrichter, ob-

wohl mit dem Einspruch gegen die Arrestbe-

scheide befasst, augenscheinlich seine Kom-

petenzen überschritt, indem er den Betrug

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

verfestigt, dass Stolberg schuld an der gan-

zen Misere ist.Dabei hat die Staatsanwaltschaft ihre Er-

mittlungen noch gar nicht abgeschlossen. Be-

stätigt hat sie bis dahin nur, dass sich der Ver-

dacht der Täuschung erhärtet hat. Betrug ist

bislang nicht nachgewiesen. Juristisch ist das

ein gewaltiger Unterschied. Die Fälschung

von Bilanzen wäre in jedem Fall ein kriminel-

les Delikt. Stolberg muss wohl deshalb damit

rechnen, dass Anklage gegen ihn erhoben

wird. Die Höhe des Strafmaßes in einem mög-

lichen Prozess wird entscheiden, ob und in

welchem Ausmaß ein Vermögensschaden

entstanden ist. Und davon hängt ab, ob Stol-

berg auf Bewährung und zu einer happigen

Geldstrafe verurteilt wird oder eine Haft-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Im November 2010 feiert Stolberg noch mit

Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

auch die aufkeimende Missstimmung bei

Oaktree abwettern zu können. Die Existenz

der Reederei und auch seine eigene hält er

nicht für gefährdet.Ein fataler Irrtum. Vier Monate später hat

er alles verloren. Seine Reederei, sein Vermö-

gen, zu größten Teilen auch seine Reputation

und die mühsam errungene gesellschaftliche

Anerkennung.Es ist ein rasanter Absturz des eben noch

gefeierten Unternehmers und Förderers von

Sport, Kultur und sozialen Projekten. Die

Branche ist sicher, dass sich Stolberg am

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-

ben, er möge das Wachstum abbremsen und

sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

schweres Neubau-Programm, das Experten

für viel zu teuer halten, wird für Beluga zum

größten Problem.Die Schwierigkeiten beginnen 2009. Im

Jahr zuvor präsentiert Stolberg noch die

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale auf

dem Bremer Teerhof. Es ist das letzte gute

Jahr. Wie erwartet, wird der Schwergut-

Markt gegenüber anderen Segmenten in der

Schifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-

aufträge noch abzufahren sind. Dann aber

bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginnt

sich gefährlich zu öffnen.Öffentlich wird das nicht wahrgenommen.

Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-

wegs, verdienen nicht mehr genug Geld, um

die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-

len bestellten Schiffe aufzubringen. Bereits

im Frühjahr 2009 versucht Stolberg deshalb

unter den Rettungsschirm der Kreditanstalt

für Wiederaufbau (KfW) zu schlüpfen und

n Die Beluga Shipping GmbH wurde im De-

zember 1995 in Bremen gegründet. 1998

wurde das erste eigene Schiff in Dienst ge-

stellt. In den folgenden Jahren wuchs das Un-

ternehmen rasch. Zuletzt fuhren 72 Mehr-

zweck-Schwergutfrachter für Beluga. Die

Reederei war mit 15 Niederlassungen welt-

weit vertreten und beschäftigte allein in Bre-

men 670 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

nenten, Windräder oder Aggregate für die In-

dustrie. Im Juni wurde die neue Reedereige-

bäude auf dem Bremer Teerhof bezogen, ein

gutes Jahr später erfolgte der Einstieg des

US-Investors Oaktree bei Beluga.

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali-

ger Beluga-Geschäftsführer. FOTO: KOCH

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG + + +

Beluga Shipping – Bremens einstige Vorzeige-Reederei

„Wir werden Beluga miterheblichen Ressourcenunterstützen.“Hermann Dambach (Oaktree) im März 2011

7

Dossier

demnach vereinbart, einen Teil des Kaufprei-

ses, etwa die letzte Rate in Höhe von zehn

Prozent, über einen Mittelsmann an ihn zu-

rück zu überweisen. Weitere 40 Millionen

soll er privat aus seiner auf Spiekeroog ansäs-

sigen Vermögensverwaltung ins Unterneh-

men gepumpt haben.Anderes war allerdings nicht auszuglei-

chen: Treibstoffbestände sollen laut Oaktree

zu hoch deklariert worden sein. Das sei aufge-

fallen, als ein Teil verkauft werden sollte, um

Geld flüssig zu machen. Und das Orderbuch,

das die zu erwartenden Geschäfte und Ein-

und einstiger Chef in die Insolvenz. Das

Grundstück samt halbfertigem Haus in Drei-

bergen soll nun ebenso verkauft werden wie

sein Spiekeroog-Imperium, ein Ferienhaus

in Spanien, seine Unternehmen wie das Res-

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleicht

im Leben, mit Selbstzweifeln.Von seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

n Die Beluga Shipping GmbH wurde im De-

zember 1995 in Bremen gegründet. 1998

wurde das erste eigene Schiff in Dienst ge-

stellt. In den folgenden Jahren wuchs das Un-

ternehmen rasch. Zuletzt fuhren 72 Mehr-

zweck-Schwergutfrachter für Beluga. Die

Reederei war mit 15 Niederlassungen welt-

weit vertreten und beschäftigte allein in Bre-

men 670 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

nenten, Windräder oder Aggregate für die In-

dustrie. Im Juni wurde die neue Reedereige-

bäude auf dem Bremer Teerhof bezogen, ein

Beluga Shipping – Bremens einstige Vorzeige-Reederei

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali- FOTO: KOCH

VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VO

2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand10 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Diskussion über QualitätInterview mit dem Juryvorsitzenden Martin Küper

MM: Herr Küper, seit wann arbeiten Sie schon in

der Jury zum Medienpreis Mittelstand?

Küper: Ich bin seit 2005 dabei – und seit 2009

der Vorsitzende der Jury

MM: Können Sie sich noch an einen Beitrag aus

Ihrem ersten Jahr erinnern?

Küper: Ich kann mich tatsächlich noch an viele

Beiträge gut erinnern – aber ob sie aus dem

ersten, zweiten oder dritten Jahr stammen,

kann ich jetzt nicht mehr genau unterscheiden.

Vor allem beeindruckt war ich anfangs von den

vielen guten Wirtschaft s-Reportagen in der

FTD-Beilage „enable“ - das waren Porträts und

Hintergrundbeiträge in bemerkenswert konti-

nuierlicher Qualität.

MM: Welche Entwicklung hat der Preis in den

vergangenen zehn Jahren genommen? Haben sich

auch die Beiträge tendenziell geändert?

Küper: Zum einen hat meines

Erachtens die Umbenennung

des Preises vom „Forum Mit-

telstand“ zum „Medienpreis

Mittelstand“ neuen Schwung

gebracht und der zunehmende

Bekanntheitsgrad dazu geführt,

dass die Qualität der eingereich-

ten Beiträge unterm Strich gestie-

gen ist. In den Anfangsjahren

jedenfalls schien mir der Anteil

eher schwacher Einreichungen

höher zu sein.

MM: Ist Ihnen in

all den Jahren ein

Beitrag besonders in

Erinnerung geblie-

ben?

Küper: „Gestat-

ten, Bestatter“ – ein

Film von Klaus Stern

Martin Küper ist seit 2009 der Juryvorstizende des Medi-enpreis Mittelstand es und leitet beim rbb-Fernsehen die Redaktion „Wirtschaft und Verbraucher“.

Page 11: 10. Medienpreis Mittelstand

Der Besucher, der an diesem

sonnigen Nachmittag das

lichtdurchflutete Chef-Büro

im sechsten Stock des Be-

luga-Towers betritt, trägt ei-

nen teuren Anzug und ein jo-

viales Lächeln. Er grüßt

freundlich, legt die Hand

auf den Unterarm von Niels Stolberg, er-

kundigt sich nach dessen Familie. Die bei-

den Herren kennen sich schon eine Weile.

Hermann Dambach vertritt den US-Kapital-

investor Oaktree Capital Management in

Deutschland. Oaktree ist neuer Geldgeber

und mächtiger Mit-Gesellschafter der von

Stolberg gegründeten Reederei.

Das Treffen ist geplant und im Terminka-

lender vermerkt. Der Oaktree-Mann will

die anstehende Restrukturierung der Ree-

derei mit Stolberg besprechen. Er hat seine

Anwälte dazu mitgebracht. Nichts Beson-

deres, reine Routine. Stolberg folgt ihm in

das Konferenzzimmer. Begleitet wird er

von seinem Anwalt.

Kaum hat der Reeder Platz genommen,

ist es mit der Freundlichkeit vorbei. Dam-

bach hat seine sechs Anwälte links und

rechts von sich positioniert. Sie kommen so-

fort zur Sache. Packen Papiere auf den

Tisch. Bilanzauszüge, Rechnungen, ausge-

druckte E-Mails. Es geht um Betrug, Fäl-

schung und kriminellen Handlungen. Mil-

lionensummen schwirren durch den Raum.

Brüllend nehmen die Anwälte Stolberg in

die Zange.

Der 50-Jährige wird weiß im Gesicht,

sackt in sich zusammen. Der Mann an sei-

ner Seite will sogar den Notarzt rufen. Zu ei-

ner Antwort ist Niels Stolberg in diesem

Moment nicht mehr fähig, auch nicht zu Wi-

derspruch. Sein Anwalt bleibt stumm.

Als Stolberg ultimativ aufgefordert wird,

sofort das Haus – seine Reederei – zu verlas-

sen, steht er auf und geht. Nach 15 Jahren

Beluga bleiben dem Firmengründer nur

zehn Minuten, um unter strenger Aufsicht

ein paar persönliche Sachen zusammenzu-

packen. Er wird später erzählen, dass er

wie in Trance gehandelt hat, zu keinem kla-

ren Gedanken mehr fähig. Dann wird ihm

der Zugangschip abgenommen, Sicher-

heitsleute geleiten den geschassten Reede-

reichef hinaus. Wie betäubt fährt er nach

Hause und ist vorerst für niemanden mehr

zu sprechen.

Es ist der 1. März 2011. Ein Dienstag. Am

Morgen war Stolberg auf einem Geschäfts-

termin, danach hat er telefoniert und Mee-

tings abgehalten. Es ist ein Tag wie so viele

andere in den Wochen und Jahren zuvor.

Oben im sechsten Stock hat er sein Eck-

büro mit dem großen Schreibtisch und den

roten Ledersofas. Von dort steuert er mehr

als 600 Mitarbeiter in dem imposanten Ree-

dereigebäude am Ufer der Weser. Beim

Blick aus den bodentiefen Panoramafens-

tern scheint es fast ein bisschen so, als ob

ihm die historische Altstadt mit den Spei-

cherfassaden und den Zwillingstürmen des

Doms zu Füßen liege. Stolberg sieht gern hi-

naus. Er genießt seinen Aufstieg, für den

die neue Unternehmenszentrale ein stein-

gewordenes Symbol ist.

Der Sohn eines Lotsen ist zu Bremens er-

folgreichstem Reeder geworden. Er hat

seine Firma binnen 15 Jahren zum globa-

len Marktführer für Schwerguttransporte

gemacht. Er hat die Stadt und ihre hansea-

tisch zurückhaltende Kaufmannschaft mit

seiner unkonventionellen Art erst über-

rascht, dann überzeugt. Zur größten Flotte

Bremens mit 72 Schiffen kommen die

höchsten gesellschaftlichen Weihen.

Er ist Schaffer und Eiswettgenosse, sitzt

im Aufsichtsrat des Fußballvereins Werder

Bremen, fördert Hochschulen, Kunst und

soziale Projekte mit Millionenbeträgen. Er

ist ganz oben angekommen.

Doch Stolberg ist unruhig. Die Öffentlich-

keit erfährt in diesen Tagen nur, dass er um

ein von Piraten entführtes Schiff bangt und

alles daran setzt, es freizubekommen. Von

den sich anbahnenden Problemen bei der

Reederei und der inneren Gemütsverfas-

sung des Unternehmers ahnt sie nichts.

Seit Wochen hat Stolberg keine Verträge

mehr unterschrieben. Und das in Zeiten, in

denen es seiner Reederei erstmals in ihrer

Geschichte schlecht geht. Schon das Jahr

2009 endet mit einem Minus im operativen

Geschäft. 2010 war noch schlimmer. Das

Jahr 2011 hat kaum besser angefangen.

Stolberg ist 15 Jahre auf einer Woge des Er-

folgs geritten und ist es gewohnt, über die

verdienten Millionen zu verfügen, wie er

will. Schon vor diesem Dienstag ist er nicht

mehr Herr im eigenen Hause. Oaktree hat

das Kommando übernommen.

Anfangs sind beide Seiten von der Zu-

sammenarbeit schwer begeistert. Oaktree,

in Deutschland bis dahin bei einem Verpa-

ckungsmittelunternehmen, einer Yacht-

Manufaktur und einem Speiseeis-Herstel-

ler aktiv, wittert ein neues und renditeträch-

tiges Geschäft bei der aufstrebenden Bre-

mer Reederei. Und Stolberg schwärmt gera-

dezu von der Professionalität der Finanzex-

perten, die seiner stetig wachsenden Be-

luga die fehlenden Firmenstrukturen ver-

passen sollen. Vor allem aber braucht er

Oaktree, um sein großes Neubaupro-

gramm und den teuren Einstieg in den Off-

shore-Markt zu finanzieren. Im Jahr 2009,

inmitten einer weltweit anhaltenden Rezes-

sion und der schwersten Schifffahrtskrise

der Nachkriegszeit, ist bei Banken und an-

deren Schiffsfinanzierern kein Geld mehr

zu bekommen. Oaktree ist der Partner, den

Stolberg für seine kühnen Pläne braucht.

Die anfängliche Begeisterung füreinan-

der ist aber schnell verflogen. Ohne Zustim-

mung der Amerikaner läuft schon seit

Ende Januar bei Beluga nichts mehr. Denn

die Reederei wirft nicht ab, was erhofft war.

Nun drängen die Oaktree-Manager kom-

promisslos darauf, das Unternehmen effek-

tiver zu machen und Kosten zu sparen. Stol-

berg hat sich darauf eingelassen, weil auch

er keine Alternative dazu sieht. In der Krise

fehlen die Frachtaufträge. Die Einnahmen

decken die immensen Ausgaben nicht

mehr. Ständig gibt es finanzielle Engpässe.

Die nötige Restrukturierung des Geschäfts

will der Bremer aber auf seine, auf die han-

seatisch-behutsame Art machen. Den Eig-

nern der von ihm gecharterten Schiffe, die

für eine gewisse Zeit Verzicht üben sollen,

will er einen späteren Ausgleich anbieten.

So hatte er es 2009 und 2010 auch gemacht.

Fortsetzung auf der nächsten Seite

VON KRISCHAN FÖRSTER

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG

DerUntergang

einerReederei

Viele Jahre sehr erfolgreich, hat Beluga-Gründer Niels Stolberg innerhalb weniger Wochen alles verloren: seine Reederei, sein Vermö-

gen, seine Reputation. Er wird beschuldigt, den US-Finanzinvestor Oaktree mit falschen Zahlen getäuscht zu haben. FOTO: FÖRSTER

5

25. JUNI 2011S O N N A B E N D

DossierOaktree dagegen will eine Rosskurohne Rücksichtnahme. Und die Fi-nanzmanager fragen sich langsam,warum bei Beluga ständig neue Fi-nanzlöcher gestopft werden müs-

sen. Auch deswegen hat Dambach das Tref-

fen anberaumt. Dass es nicht mehr darum

geht, einen gemeinsamen Kurs abzustecken,

sondern um ein dramatisches Finale, weiß

nur der Oaktree-Mann. Stolberg ist ahnungs-

los. Wenig später ist er suspendiert.Was genau bei Beluga passiert, wissen zu

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

weihte. Die Öffentlichkeit erfährt nur: Stol-

berg hat sich aus persönlichen Gründen beur-

lauben lassen. Der neue Chef ist nun Oak-

tree-Vizepräsident Roger Iliffe, seit Oktober

bereits als Restrukturierungsbeauftragter im

Haus. Er wird neuer CEO – Chief Executive

Officer, zu deutsch: Geschäftsführer. Damit

übernehmen die Amerikaner endgültig das

Kommando bei Beluga. Stolberg hat ab sofort

Hausverbot.Und nicht nur das: Einen Tag nach seinem

Rausschmiss zeigt ihn Oaktree bei der Bre-

mer Staatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Be-

trug und unrichtige Darstellung von Bilan-

zen. Mit Stolberg werden weitere Führungs-

kräfte der Reederei suspendiert. Hauptsäch-

lich aus der Befrachtungsabteilung und aus

dem Controlling (Rechnungswesen).Die Bremer Öffentlichkeit ist überrascht.

Sie fragt sich: Was ist bei Beluga, diesem Vor-

zeigeunternehmen, bloß passiert?Zwei Tage darauf verbreitet Oaktree eine

offizielle Erklärung, deren Kernsatz in der

Folge noch unzählige Male wiederholt wird:

Bei der Prüfung der Geschäftszahlen, heißt in

der Stellungnahme, „wurde Oaktree auf fi-

nanzielle Unregelmäßigkeiten im Hinblick

auf Umsatz und Liquidität des Unterneh-

mens aufmerksam“. Am selben Tag kündigt

Oaktree-Deutschland-Chef Dambach in ei-

nem Telefongespräch mit dem WESER-KU-

RIER eine „fundamentale finanzielle Sanie-

rung“ der Reederei an. Sie soll auf ihr Kernge-

schäft, die Schwergutschifffahrt, zurückge-

führt werden. „Wir werden Beluga mit erheb-

lichen Ressourcen unterstützen, um das Un-

ternehmen zu stabilisieren und zu stärken.“

Oaktree sei nicht angetreten, um Probleme

zu machen, sondern um sie zu lösen, sagt er

in seinem freundlich-hessischem Dialekt.

Gern wolle man auch mit dem Bremer Senat

demnächst alles besprechen.Doch keine zwei Wochen später rollt eine

gewaltige Insolvenzwelle über das Unterneh-

men hinweg. In atemberaubendem Tempo

zerfällt Beluga zu einem einzigen Scherben-

haufen. Gerade einmal drei Monate nach

Stolbergs Abgang ist das Ende der einstigen

Erfolgsreederei besiegelt. Nicht nur rund 600

Mitarbeiter, die ihren sicher geglaubten Job

verlieren, sind geschockt. Auch die vielen

Ausbildungs-, Sport- und Kulturprojekte, die

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

dem Aus. Die Öffentlichkeit verfolgt fas-

sungslos, dass Beluga binnen weniger Tage

wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt.

Vor ihren Augen spielt sich ein Wirtschafts-

krimi ab, wie ihn die Stadt seit dem Zusam-

menbruch des Bremer Vulkan 15 Jahre zuvor

nicht mehr erlebt hat.Nun zieht der vom Amtsgericht einge-

setzte Insolvenzverwalter Edgar Grönda in

Stolbergs verwaistes Büro ein. Die roten Le-

dersofas werden zur Seite gerückt, an glei-

cher Stelle steht jetzt ein großer Arbeitstisch.

Zehn Wochen lang prüft das Bremer Anwalts-

team Geschäftsunterlagen und Finanzbe-

richte. Anschließend spricht Grönda von ei-

ner „Kriminalinsolvenz“ und einem nur

schwer durchschaubaren Geflecht aus Dut-

zenden von Gesellschaften bei Beluga. Eine

Fortführungschance sieht er nicht mehr für

das angeschlagene Unternehmen.Für Oaktree ist der Schuldige an der Krise

ohnehin ausgemacht: Niels Stolberg. In ei-

nem 23-seitigen Dossier, das Mitte März an

die Geschäftspartner von Beluga versandt

wird, haben die Oaktree-Anwälte aufgelis-

tet, was sie dem Firmengründer vorwerfen.

Ab Mitte 2009 soll bei der Befrachtungsabtei-

lung Beluga Chartering damit begonnen wor-

den sein, fiktive Umsätze zu erfassen und aus-

zuweisen, um die Bilanz zu schönen. Zu die-

sem Zweck sollen Luftbuchungen getätigt

und Scheinrechnungen an fünf Briefkasten-

firmen in Panama und auf den Britischen

Jungferninseln geschrieben worden sein.

Gut 130 Millionen Euro seien so fälschlich

auf der Einnahmeseite verbucht worden.

Ein Großteil der Scheinrechnungen wurde

offenbar aus anderen Kassen beglichen, ver-

mutlich unter anderem durch sogenannte

„kick backs“, in der Schifffahrt nicht unüb-

lich. Mit chinesischen Werften, auf denen

neue Schiffe gebaut wurden, hätte Stolberg

demnach vereinbart, einen Teil des Kaufprei-

ses, etwa die letzte Rate in Höhe von zehn

Prozent, über einen Mittelsmann an ihn zu-

rück zu überweisen. Weitere 40 Millionen

soll er privat aus seiner auf Spiekeroog ansäs-

sigen Vermögensverwaltung ins Unterneh-

men gepumpt haben.Anderes war allerdings nicht auszuglei-

chen: Treibstoffbestände sollen laut Oaktree

zu hoch deklariert worden sein. Das sei aufge-

fallen, als ein Teil verkauft werden sollte, um

Geld flüssig zu machen. Und das Orderbuch,

das die zu erwartenden Geschäfte und Ein-

nahmen ausweist, soll mit gefälschten Aufträ-

gen ebenfalls aufgebläht worden sein.Eine Woche nach seinem erzwungenen

Ausstieg meldet sich der Reeder erstmals zu

Wort: „Ich werde mich den Vorwürfen stel-

len.“ Eine weitere Woche später, am Mitt-

woch, den 16. März, betritt Stolberg um 9 Uhr

in Begleitung seines Anwalts Hanns Feigen

das Haus der Staatsanwaltschaft Bremen. In

einer gut zwei Stunden dauernden Verneh-

mung räumt er einen Teil der Vorwürfe ein.

Details werden nicht bekannt. Gerüchte

schwirren durch die Stadt. Dass es Manipula-

tionen gab, gilt als sicher. In welchem Um-

fang und mit welchen Folgen, ist unklar.

Stolberg betont immer wieder, dass es ihm

immer nur um das Unternehmen und die Ar-

beitsplätze gegangen ist. Einen persönlichen

Vorteil hat er sich, soweit bislang bekannt,

nicht verschafft.Ohne die geschönten Bilanzen hätte er ver-

mutlich keine Bankkredite mehr bekommen.

Und Oaktree wäre nicht Investor und Gesell-

schafter bei Beluga geworden. Jetzt aber füh-

len sich die Manager des US-Kapitalfonds

massiv getäuscht und hintergangen – und

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

chen Auftritten und Äußerungen hält sich

der Finanzinvestor zwar zurück. Dafür

schickt er ein ganzes Heer von Anwälten ge-

gen seinen ehemaligen Partner ins Feld.

Nach der Strafanzeige will Oaktree Stol-

berg nun auch für das investierte Geld haft-

bar machen. Vor Gericht erwirken die Oak-

tree-Anwälte fünf Dutzend Arrestbeschlüsse

in Höhe von 130 Millionen Euro gegen Stol-

bergs Privatvermögen. Gerichtsvollzieher

kleben Pfandsiegel auf sämtliche bekannten

Besitztümer des Reeders: Häuser in Dreiber-

gen, dem Hauptwohnsitz, und auf Spieker-

oog, wo Stolberg sich ein privates Urlaubsdo-

mizil und ein kleines Firmenimperium mit ei-

nem Hotel, Ferienwohnungen und Restau-

rants geschaffen hat. Desgleichen seine Fir-

men und diversen Beteiligungen. Selbst auf

seinen Emil-Nolde-Bildern und auf dem ge-

liebten Klavier der ältesten Tochter prangt

nun der Kuckuck.Wo auch immer mit Stolbergs Geld han-

tiert oder gebaut wird, kommen alle Aktivitä-

ten schlagartig zum Erliegen. In Elsfleth, wo

mit Beluga-Hilfe ein Maritimes Kompetenz-

zentrum und ein Offshore-Ausbildungszen-

trum entstehen sollen. In Oldenburg, wo Stol-

berg dem Handballverein ein Internat für

den Nachwuchs finanziert hat. Und in Drei-

bergen, auf seinem Privatgrundstück.Es liegt abseits der Hauptverkehrsstraße,

versteckt hinter einer dichten Hecke. Wie ein

schmales Handtuch verläuft es entlang einer

Kuhweide bis zum Ufer des Zwischenahner

Meeres und endet an einem massiven Holz-

steg. Im mannshohen Grillofen liegt unbe-

nutzte Holzkohle. Eine ländliche Idylle, die

Stolberg für seine Familie gefunden hat.

Hier, eine knappe Autostunde von Bremen

entfernt, hat er Ruhe und Ausgleich nach den

langen Tagen bei Beluga gefunden. In Drei-

bergen sind die drei Töchter aufgewachsen,

bodenständig und nahe der Natur.Stolberg wollte hier ein neues Haus bauen,

nachdem das alte marode geworden war und

abgerissen werden musste. Im Rohbau war

es fertig. Groß und solide, aber alles andere

als eine Villa, wie immer kolportiert wird.

Jetzt ist das Gras rings um die Baustelle knie-

hoch emporgeschossen, weil es seit Wochen

nicht mehr gemäht wurde. Ungestört von

Menschen hoppeln Hasen herum. Die Bauar-

beiter sind verschwunden. Und auch Stol-

berg wird hier nicht mehr einziehen.Nach der Reederei muss auch ihr Gründer

und einstiger Chef in die Insolvenz. Das

Grundstück samt halbfertigem Haus in Drei-

bergen soll nun ebenso verkauft werden wie

sein Spiekeroog-Imperium, ein Ferienhaus

in Spanien, seine Unternehmen wie das Res-

taurant „Outer Roads“ oder Beteiligungen,

sofern diese noch was wert sind. Und alles an-

dere. Stolberg hat persönlich für Millionen-

kredite gebürgt, nun stellen die Gläubiger

ihre Forderungen. Auch seine Anwälte wol-

len bezahlt werden.Die vergangenen Wochen haben bei Stol-

berg Spuren ins Gesicht gegraben. Die Au-

gen blicken müde, die Ringe darunter sind

tief, die Schläfen stark ergraut. Um die Mund-

winkel liegt ein herber Zug. In Gestik und

Tonfall erkennt man noch den Reeder, der

viele Leute mit seinem ansteckenden Enthu-

siasmus begeistern konnte. Jetzt aber ist der

50-Jährige abrupt abgebremst worden. Er

kann nicht mehr bestimmen, dirigieren, moti-

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleicht

im Leben, mit Selbstzweifeln.Von seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

testens seit ein Oldenburger Zivilrichter, ob-

wohl mit dem Einspruch gegen die Arrestbe-

scheide befasst, augenscheinlich seine Kom-

petenzen überschritt, indem er den Betrug

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

verfestigt, dass Stolberg schuld an der gan-

zen Misere ist.Dabei hat die Staatsanwaltschaft ihre Er-

mittlungen noch gar nicht abgeschlossen. Be-

stätigt hat sie bis dahin nur, dass sich der Ver-

dacht der Täuschung erhärtet hat. Betrug ist

bislang nicht nachgewiesen. Juristisch ist das

ein gewaltiger Unterschied. Die Fälschung

von Bilanzen wäre in jedem Fall ein kriminel-

les Delikt. Stolberg muss wohl deshalb damit

rechnen, dass Anklage gegen ihn erhoben

wird. Die Höhe des Strafmaßes in einem mög-

lichen Prozess wird entscheiden, ob und in

welchem Ausmaß ein Vermögensschaden

entstanden ist. Und davon hängt ab, ob Stol-

berg auf Bewährung und zu einer happigen

Geldstrafe verurteilt wird oder eine Haft-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Im November 2010 feiert Stolberg noch mit

Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

auch die aufkeimende Missstimmung bei

Oaktree abwettern zu können. Die Existenz

der Reederei und auch seine eigene hält er

nicht für gefährdet.Ein fataler Irrtum. Vier Monate später hat

er alles verloren. Seine Reederei, sein Vermö-

gen, zu größten Teilen auch seine Reputation

und die mühsam errungene gesellschaftliche

Anerkennung.Es ist ein rasanter Absturz des eben noch

gefeierten Unternehmers und Förderers von

Sport, Kultur und sozialen Projekten. Die

Branche ist sicher, dass sich Stolberg am

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-

ben, er möge das Wachstum abbremsen und

sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

schweres Neubau-Programm, das Experten

für viel zu teuer halten, wird für Beluga zum

größten Problem.Die Schwierigkeiten beginnen 2009. Im

Jahr zuvor präsentiert Stolberg noch die

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale auf

dem Bremer Teerhof. Es ist das letzte gute

Jahr. Wie erwartet, wird der Schwergut-

Markt gegenüber anderen Segmenten in der

Schifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-

aufträge noch abzufahren sind. Dann aber

bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginnt

sich gefährlich zu öffnen.Öffentlich wird das nicht wahrgenommen.

Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-

wegs, verdienen nicht mehr genug Geld, um

die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-

len bestellten Schiffe aufzubringen. Bereits

im Frühjahr 2009 versucht Stolberg deshalb

unter den Rettungsschirm der Kreditanstalt

für Wiederaufbau (KfW) zu schlüpfen und

n Die Beluga Shipping GmbH wurde im De-

zember 1995 in Bremen gegründet. 1998

wurde das erste eigene Schiff in Dienst ge-

stellt. In den folgenden Jahren wuchs das Un-

ternehmen rasch. Zuletzt fuhren 72 Mehr-

zweck-Schwergutfrachter für Beluga. Die

Reederei war mit 15 Niederlassungen welt-

weit vertreten und beschäftigte allein in Bre-

men 670 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

nenten, Windräder oder Aggregate für die In-

dustrie. Im Juni wurde die neue Reedereige-

bäude auf dem Bremer Teerhof bezogen, ein

gutes Jahr später erfolgte der Einstieg des

US-Investors Oaktree bei Beluga.

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali-

ger Beluga-Geschäftsführer. FOTO: KOCH

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG + + +

Beluga Shipping – Bremens einstige Vorzeige-Reederei

„Wir werden Beluga miterheblichen Ressourcenunterstützen.“Hermann Dambach (Oaktree) im März 2011

7

Dossier

gen, zu größten Teilen auch seine Reputation

und die mühsam errungene gesellschaftlicheEs ist ein rasanter Absturz des eben noch

gefeierten Unternehmers und Förderers von

Sport, Kultur und sozialen Projekten. Die

Branche ist sicher, dass sich Stolberg am

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-

ben, er möge das Wachstum abbremsen und

sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

schweres Neubau-Programm, das Experten

für viel zu teuer halten, wird für Beluga zumDie Schwierigkeiten beginnen 2009. Im

Jahr zuvor präsentiert Stolberg noch die

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale auf

dem Bremer Teerhof. Es ist das letzte gute

Jahr. Wie erwartet, wird der Schwergut-

Markt gegenüber anderen Segmenten in der

Schifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-

aufträge noch abzufahren sind. Dann aber

bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginntÖffentlich wird das nicht wahrgenommen.

Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-

wegs, verdienen nicht mehr genug Geld, um

die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale aufSchifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginntÖffentlich wird das nicht wahrgenommen.

Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-unter den Rettungsschirm der Kreditanstalt

Geld aus dem „Deutschlandsfonds“ zu ergat-

tern. Er braucht einen Betriebsmittelkredit

und das fehlende Eigenkapital für die Schiffs-

finanzierung. Mit einem Gutachten will er be-

legen, dass Beluga nicht einfach nur eine Ree-

derei ist, sondern wegen ihrer Größe und we-

gen ihrer Ausbildungsbemühungen quasi

systemrelevant für den Schifffahrtsstandort

Deutschland.Die Bundesbanker machen Stolberg zu-

nächst auch Hoffnung. Dann aber kommt die

Bundestagswahl dazwischen. Sie bringt die

FDP in die Regierung und mit ihr eine stär-

kere an der freien Marktwirtschaft ausgerich-

tete Politik. Nicht der Staat soll um jeden

Preis retten, was Unternehmen auch aus eige-

ner Kraft schaffen könnten, heißt es seither.

Fast ein Jahr nach den ersten Gesprächen be-

kommt Beluga von der KfW eine Absage. Für

Stolberg ein herber Schlag. Fast zeitgleich

gibt es den ersten Kontakt zu Oaktree.

Während der Krise sind auch Private-

Equity-Fonds in Deutschland kaum Ab-

schlüsse gelungen. Das ist schlecht fürs Ge-

schäft. Mehr als 80 Milliarden Dollar verwal-

tet der US-Kapitalinvestor Oaktree Capital

Management mit Sitz in Los Angeles. Geld

von privaten und institutionellen Anlegern,

die satte Gewinne erwarten. Spezialisiert ist

Oaktree darauf, bei Unternehmen einzustei-

gen, die in finanzielle Not geraten sind. Eine

der gebräuchlichsten Methoden ist die Über-

nahme von Problemkrediten. Anschließend

folgt oft ein Debt-Equity-Swap – der Tausch

von Krediten gegen Anteile.In den Fokus gerät jetzt zunehmend die

deutsche Schifffahrt, die stark unter der Krise

leidet. Hier und da kaufen Investmentfonds

wie der Northern Shipping Funds einige

Schiffe auf, es gibt zahlreiche Gespräche

über längerfristige Investments, auch mit Bre-

mer Reedereien. Die meisten winken ab. Zu

groß ist die Skepsis gegenüber den als „Heu-

schrecken“ gebrandmarkten Investoren. Bei

Beluga aber öffnen sich die Türen.Beide Seiten kommen schnell zueinander.

Stolberg, der nach der Absage der KfW noch

dringender frisches Geld braucht, ist gera-

dezu euphorisch. Das klassische und über

Jahre erfolgreiche System der Schiffsfinan-

zierung in Deutschland, bei der die Banken

einen Neubau finanzieren und private Anle-

ger über Emissionshäuser das nötige Eigen-

kapital beisteuern, ist in der Krise zusammen-

gebrochen. Ein Hamburger Emissionshaus

steht sogar selbst vor dem Kollaps. Beluga

übernimmt die Garantien – und gerät da-

durch selbst in Schieflage.Stolberg glaubt, mit Oaktree als Investor

bei Beluga einen Ausweg aus dem Dilemma

gefunden zu haben. Er glaubt sogar, ein wei-

teres Mal der Konkurrenz enteilen zu kön-

nen. „Während andere noch ihre Wunden le-

cken, greifen wir an“, sagt er noch im Som-

mer vergangenen Jahres.Auch Oaktrees Deutschland-Chef Her-

mann Dambach sieht offenbar Potenzial und

braucht vielleicht eine Erfolgsmeldung für

seine Chefs ins Los Angeles. Beluga erfüllt

die Kriterien, die einen Einstieg lohnend er-

scheinen lassen: Erfolgreich zwar, aber finan-

ziell klamm. Innovativ, aber längst noch

nicht auf Effizienz getrimmt. Noch von einem

eher mittelständisch geprägten und denken-

den Firmengründer geführt und nicht von

kühl rechnenden Managern. Investoren wie

Oaktree wittern da ihre Chance, mit wenig

Mühe und harten Einschnitten hohe Rendi-

ten erzielen zu können. 2014 soll das Invest-

ment bei einem Börsengang Belugas versil-

bert werden. So zumindest der Plan. Für die

übliche Betriebsprüfung („due diligence“)

schwirren ab April vergangenen Jahres wo-

chenlang Anwälte der international renom-

mierten Kanzlei Freshfields-Bruckhaus-De-

ringer und Wirtschaftsprüfer von Ernst &

Young durchs Haus, die bis in die späten

Abendstunden mehrere Beluga-Büros bele-

gen und tausende Seiten Geschäftsunterla-

gen, Bilanzzahlen und Business-Pläne prü-

fen. „Die haben unheimlich Druck ge-

macht“, erinnert sich ein Beteiligter, „es

konnte gar nicht schnell genug gehen“.

Auffälligkeiten in den Finanzen der Reede-

rei stellen die zahlreich versammelten Exper-

ten nicht fest. Obwohl es zu diesem Zeit-

punkt, wie Oaktree später behauptet, bereits

die doppelte Buchführung und all die ande-

ren Manipulationen gegeben haben müsste.

Obwohl der Investor Kenntnis davon hatte,

dass die Wirtschaftsprüfer von Pricewater-

houseCoopers (PWC) bei der Prüfung der Un-

ternehmensbilanz 2009 festgestellt haben,

dass Beluga in absehbarer Zeit den Zahlungs-

verpflichtungen nicht mehr vollständig nach-

kommen kann. Erst nach Gesprächen mit

Oaktree und der Erstellung eines Finanzie-

rungsplans wird von PWC das uneinge-

schränkte Testat erteilt. Und der US-Investor

gewährt der Reederei als „Gastgeschenk“

schon mal ein Überbrückungsdarlehen in

Höhe von 20 Millionen Euro, das von Beluga

mit zwölf Prozent Verzinsung zurückgezahlt

werden muss.Dann werden Nägel mit Köpfen gemacht.

Innerhalb weniger Wochen ist das Vertrags-

werk, abgeheftet in zehn Leitzordnern, unter-

schriftsreif. Am 27. Juli 2010 ist alles klar,

zum endgültigen Abschluss, dem „closing“,

kommt es am 29. Oktober. Insgesamt 28 Stun-

den dauert es, bis beide Seiten alles abge-

zeichnet haben und die Beurkundung abge-

schlossen ist. 9,5 Millionen Euro zahlt Oak-

tree als Eigenkapital an die Reederei mit ei-

nem damals auf eine halbe Milliarde Euro ge-

schätzten Marktwert, dafür tritt Stolberg 37,5

Prozent seiner Firmenanteile ab. Für Oaktree

ein Schnäppchen. Als ein halbes Jahr vorher

die Schawei-Holding der Brauerei-Familie

Schadeberg (Krombacher) als stiller Teilha-

ber bei Beluga einsteigt, bekommt sie für

etwa die gleiche Summe nur eine Beteili-

gung von gut zwei Prozent.Oaktree will andererseits weitere 165 Mil-

lionen Euro in die geplanten Schiffsneubau-

ten investieren, ein gutes Dutzend Schwer-

gutfrachter und das erste Offshore-Errichter-

schiff sind bestellt. 130 Millionen Euro ruft Be-

luga bis Ende 2010 ab. „Ohne Oaktree wäre

das nicht gegangen“, sagt Stolberg. Er ist fest

davon überzeugt, das Steuer weiter fest in

der Hand zu behalten. Branchenkenner sind

jedoch skeptisch. „Stolberg geht zusammen

mit einem Tiger in den Wald“, sagt einer von

ihnen. „Mal sehen, wer wieder rauskommt.“

Für Stolberg ist das Geschäft mit Oaktree

inzwischen der größte Fehler seines Lebens.

Er hat sich vor allem auf sein Bauchgefühl

verlassen, das ihm zuvor so oft den richtigen

Weg gewiesen hat. Dieses Mal aber liegt er

daneben. Denn der Vertrag kommt ihn teuer

zu stehen. Oaktree legt harte Bandagen an.

Stolberg verbürgt sich nicht nur dafür, dass

Beluga Aufträge in Höhe von 400 Millionen

Euro für das Jahr 2011 vorliegen hat. Waren

es garantierte Festaufträge, wie Oaktree an-

nahm? Oder zum Großteil nur Optionen? Ein

Streitpunkt, der vermutlich erst vor Gericht

geklärt wird.Stolberg verpflichtet sich auch, innerhalb

festgelegter Fristen bestimmte Umsatzerlöse

und Gewinnmargen abzuliefern. 60 Millio-

nen Euro soll die Reederei abwerfen – trotz

der Krise. Freimütig spricht Oaktree-Chef

Dambach auf einem Schiffsfinanz-Forum

Mitte November 2010 in Hamburg davon,

dass er sich von dem Beluga-Investment eine

Rendite von bis zu 20 Prozent erhofft. Kauf-

leute und Reeder sind fassungslos, in einer

Branche wie der Schifffahrt sind das reine

Fantasiezahlen. Acht Prozent gelten in guten

Zeiten als normal, auch Stolberg hatte das sei-

nen Schiffsanlegern versprochen. Doch Oak-

tree hat sich das Investment gut abgesichert.

Geschieht nicht, was im Vertrag steht, kann

der Investor bei sogenannten „trigger

events“ weitere Optionen zu Lasten Stol-

bergs ziehen.Dieser ist darüber natürlich grundsätzlich

im Bilde, aber die Vertragsverhandlungen

mit einer unüberschaubaren Zahl an Klau-

seln und Regelungen überlässt er in all der

Zeit anderen, nur ganz am Anfang sitzt er mit

am Tisch. In seiner Umgebung heißt es, recht-

liche und fiskalische Details seien ihm immer

schon ein Gräuel gewesen. Vertraute war-

nen ihn noch, er könne mit diesem Vertrag al-

les verlieren. Sieht Stolberg keine Alterna-

tive mehr? Rettet er sich in einen verzweifel-

ten Optimismus? Er ist in der Vergangenheit

oft mit Erfolg volles Risiko gegangen, hofft da-

rauf, dass die Märkte rechtzeitig wieder an-

ziehen. Vielleicht will er auch dieses Mal

sein Glück herausfordern.Dieses Glück ist ihm lange Zeit hold, alles,

was er anpackt, gelingt. Als Sohn eines Lot-

sen am Nord-Ostsee-Kanal aufgewachsen,

wird er mit 24 Jahren Kapitän. Als er merkt,

dass die Schiffe in Wahrheit nicht von der Brü-

cke, sondern von Land aus gesteuert werden,

sattelt er um und studiert Betriebswirtschaft.

Bei der Reederei Bischoff baut er mit anderen

eine neue Befrachtungsabteilung auf, bevor

er sich mit 35 Jahren selbstständig macht.

Als Zwei-Mann-Frachtkontor auf dem Bre-

mer Teerhof gestartet, bringt er seine Reede-

rei innerhalb von 15 Jahren an die Weltspitze

der Schwergutschifffahrt. Der Name seiner

Firma ist nicht zufällig gewählt. Stolberg im-

ponieren die Wale mit dem dicken Kopf, die

als intelligente, aber auch sehr sozial agie-

rende Tiere gelten, weil sie meist in Familien-

verbänden unterwegs sind. Auch sein Unter-

nehmen begreift Stolberg als große Familie,

er ist allerdings das Oberhaupt, dessen Auto-

rität nicht angezweifelt werden darf.Stolberg wird zunächst skeptisch beäugt.

Nicht nur wegen seiner auffällig offensiven

Selbstvermarktung, die hanseatischen Kauf-

leuten und Reedern suspekt ist. Sondern

auch wegen des geradezu unheimlichen Er-

folgs. „Warum schafft dieser Kerl in 15 Jah-

ren mehr als alteingesessene Reedereien in

fünf Generationen?“, fragen sich die alteinge-

sessenen Unternehmer. Stolberg verweist im-

mer auf die schweren Anfangsjahre und

harte Arbeit. „Wir sind aus der Gosse gekom-

men und mussten zusehen, mit dem Hintern

über den Zaun zu kommen“, sagt er. Der Auf-

schwung in der Schifffahrt kommt ihm zu-

gute.Stolberg ist einer der letzten Kadetten der

legendären Bremer Schwergut-Reederei

„DDG Hansa“, als angehender Kapitän fährt

er auf Frachtern wie der „Sturmfels“. Auch

als Unternehmer setzt er auf diesen Nischen-

markt der Schifffahrt und erwischt genau

den richtigen Zeitpunkt. Das Geschäft

brummt, die Ladungsmenge steigt ebenso

wie das Ratenniveau. 1997 dirigiert Stolberg

sein erstes Schiff, zehn Jahre nach Gründung

von Beluga sind es knapp 40 und zum

Schluss 72. Die Mitarbeiterzahl wächst jähr-

lich auf zuletzt mehr als 650.Alle Beluga-Mitarbeiter müssen sich mäch-

tig strecken. Ihnen wird ein Engagement ab-

verlangt, das weit über dem Branchentypi-

schen liegt. Auch der Ton wird oft rau, ge-

rade bei Misserfolgen. Dennoch reißen sich

gestandene Kapitäne und junge Schifffahrts-

kaufleute um einen Job bei der Bremer Ree-

derei, die so anders ist und bessere Karriere-

chancen bietet als andere. Jung, dynamisch,

innovativ. Stolberg setzt als erster Reeder ei-

nen Zugdrachen als Windhilfsantrieb auf ei-

nem seiner Schiffe ein. Er schickt zwei Frach-

ter auf eine kommerzielle Fahrt durch die

Nordostpassage, als sich andere noch nicht

trauen. Er leistet sich eine eigene Forschungs-

abteilung im Haus, um neue Schiffsdesigns

und umweltfreundliche Technologien entwi-

ckeln zu lassen.Stolberg sieht sich als Unternehmer aber

auch zu gesellschaftlichem Engagement ver-

pflichtet und fordert das von anderen ver-

nehmlich ein. Mit der eigenen Sea Academy

wird Beluga zur größten Ausbildungsreede-

rei Deutschlands. Er finanziert Stiftungspro-

fessuren an den Seefahrtsschulen in Bremen

und Elsfleth. Er fördert Werder Bremen und

die Handball-Bundesliga-Mannschaft in Ol-

denburg. Er initiiert den Bremer Fonds für so-

zial benachteiligte Jugendliche, unterstützt

den Martinshof wie auch die Bremer Philhar-

moniker. Und er baut nach der Tsunami-Kata-

strophe in Thailand ein Hilfsprojekt für Wai-

senkinder auf.Auf Spiekeroog finanziert Stolberg ein viel

beachtetes Künstlerhaus, nachdem er auf sei-

ner Lieblingsinsel bereits zum größten Hote-

lier aufgestiegen war, sogar mit einer eige-

nen Bootsverbindung. Zuletzt wollte er groß

ins Offshore-Geschäft einsteigen, mit einer

ganzen Flotte von Installationsschiffen und

Kabellegern, ebenfalls ein Markt mit glän-

zenden Aussichten. Vermutlich wäre auch

das gelungen, wenn die Krise nicht dazwi-

schen gekommen wäre.„Wir sind einen heißen Reifen gefahren“,

sagt er. Und das immer auf der Überholspur.

Vielleicht hätte er mal innehalten sollen, mal

nach links und rechts schauen, mal ver-

schnaufen sollen. Doch so ein Typ ist er nicht,

er wollte immer voran. Viele sagen, Stolberg

habe einfach nicht über den eigenen Schat-

ten springen können, als noch Zeit dazu war.

Anfang dieses Jahres wird die finanzielle

Situation prekär. Die Geschäfte laufen weiter

schlechter als erhofft. Die Piraterie im Indi-

schen Ozean zwingt viele Frachter zu teuren

Umwegen. Dazu kommen Naturkatastro-

phen wie das wochenlange Hochwasser in

Australien, die einen wichtigen Markt lahm-

legen. Insgesamt kostet das Beluga 60 Millio-

nen Euro. „Wirtschaftlich wird das Jahr ein

Desaster“, stöhnt Stolberg im Januar.Die Charterkunden aber erwarten die ver-

einbarten hohen Ratenzahlungen. Erneut

hat Beluga zu wenig Geld in der Kasse. Oak-

tree soll akute Liquiditätslücken mit noch-

mals zehn Millionen Euro stopfen. An einer

Sanierung der Reederei, auch verbunden mit

Einschnitten, führt jetzt kein Weg mehr vor-

bei. Stolberg ist dabei, mit diversen Schiffs-

eignern eine befristete Ratenreduzierung mit

späterem Ausgleich zu verhandeln.

Fortsetzung auf der nächsten Seite

n Oaktree Capital Management (OCM) ist

eine weltweit tätige US-amerikanische Invest-

mentgesellschaft mit Hauptsitz in Los Ange-

les. Weitere Niederlassungen befinden sich

in New York, London und Hongkong, Büros

unter anderem in Amsterdam, Paris und

Frankfurt am Main. OCM verwaltet derzeit

ein Anlagekapital von insgesamt 82 Milliar-

den US-Dollar: In Deutschland hält Oaktree

unter anderem Beteiligungen an Nordenia

(Verpackungen), Bavaria (Jachtbau), Ronca-

din (Eiscreme). Vom Immobilien-Engage-

ment bei der börsennotierten Deutsche Woh-

nen trennte man sich kürzlich. Bevorzugt wer-

den Kredite vergeben, um daraus hohe Zin-

sen zu erzielen oder sie später in Anteile an

dem Unternehmen umzuwandeln. Insgesamt

beschäftigt Oaktree 600 Mitarbeiter.

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig abwickeln.

FOTO: MARCUS REICHMANN

Edgar Grönda, der Bremer Insolvenzverwalter im

Beluga-Verfahren.

FOTO: KOCH

N NIELS STOLBERG + + + DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG

„Wirtschaftlichwird dieses Jahrein Desaster.“Niels Stolberg im Januar 2011

Oaktree Capital Management – der Investor

25. JUNI 2011

S O N N A B E N D

Dossier

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleichtVon seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

testens seit ein Oldenburger Zivilrichter, ob-

wohl mit dem Einspruch gegen die Arrestbe-

scheide befasst, augenscheinlich seine Kom-

petenzen überschritt, indem er den Betrug

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,verfestigt, dass Stolberg schuld an der gan-

zen Misere ist.Dabei hat die Staatsanwaltschaft ihre Er-

mittlungen noch gar nicht abgeschlossen. Be-

stätigt hat sie bis dahin nur, dass sich der Ver-

dacht der Täuschung erhärtet hat. Betrug ist

bislang nicht nachgewiesen. Juristisch ist das

ein gewaltiger Unterschied. Die Fälschung

von Bilanzen wäre in jedem Fall ein kriminel-

les Delikt. Stolberg muss wohl deshalb damit

rechnen, dass Anklage gegen ihn erhoben

wird. Die Höhe des Strafmaßes in einem mög-

lichen Prozess wird entscheiden, ob und in

welchem Ausmaß ein Vermögensschaden

entstanden ist. Und davon hängt ab, ob Stol-

berg auf Bewährung und zu einer happigen

Geldstrafe verurteilt wird oder eine Haft-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Im November 2010 feiert Stolberg noch mit

Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali- FOTO: KOCH

VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VO

VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VO

schwirren ab April vergangenen Jahres wo-

chenlang Anwälte der international renom-

mierten Kanzlei Freshfields-Bruckhaus-De-

ringer und Wirtschaftsprüfer von Ernst &

Young durchs Haus, die bis in die späten

Abendstunden mehrere Beluga-Büros bele-

gen und tausende Seiten Geschäftsunterla-

Er hat sich vor allem auf sein Bauchgefühl

verlassen, das ihm zuvor so oft den richtigen

Weg gewiesen hat. Dieses Mal aber liegt er

daneben. Denn der Vertrag kommt ihn teuer

zu stehen. Oaktree legt harte Bandagen an.

Stolberg verbürgt sich nicht nur dafür, dass

Beluga Aufträge in Höhe von 400 Millionen

Euro für das Jahr 2011 vorliegen hat. Waren

es garantierte Festaufträge, wie Oaktree an-

nahm? Oder zum Großteil nur Optionen? Ein

Streitpunkt, der vermutlich erst vor Gericht

geklärt wird.Stolberg verpflichtet sich auch, innerhalb

festgelegter Fristen bestimmte Umsatzerlöse

und Gewinnmargen abzuliefern. 60 Millio-

nen Euro soll die Reederei abwerfen – trotz

der Krise. Freimütig spricht Oaktree-Chef

Dambach auf einem Schiffsfinanz-Forum

Mitte November 2010 in Hamburg davon,

dass er sich von dem Beluga-Investment eine

Rendite von bis zu 20 Prozent erhofft. Kauf-

leute und Reeder sind fassungslos, in einer

Branche wie der Schifffahrt sind das reine

Fantasiezahlen. Acht Prozent gelten in guten

Zeiten als normal, auch Stolberg hatte das sei-

nen Schiffsanlegern versprochen. Doch Oak-

Nordostpassage, als sich andere noch nicht

trauen. Er leistet sich eine eigene Forschungs-

abteilung im Haus, um neue Schiffsdesigns

und umweltfreundliche Technologien entwi-

ckeln zu lassen.Stolberg sieht sich als Unternehmer aber

auch zu gesellschaftlichem Engagement ver-

pflichtet und fordert das von anderen ver-

nehmlich ein. Mit der eigenen Sea Academy

wird Beluga zur größten Ausbildungsreede-

rei Deutschlands. Er finanziert Stiftungspro-

fessuren an den Seefahrtsschulen in Bremen

und Elsfleth. Er fördert Werder Bremen und

die Handball-Bundesliga-Mannschaft in Ol-

denburg. Er initiiert den Bremer Fonds für so-

zial benachteiligte Jugendliche, unterstützt

den Martinshof wie auch die Bremer Philhar-

moniker. Und er baut nach der Tsunami-Kata-

strophe in Thailand ein Hilfsprojekt für Wai-

senkinder auf.

FOTO: MARCUS REICHMANN

impulse September 2011

54

ManageMent Verpackung

Dosen, acht verschiedene Bratwürste, Pinkel.

Kunden bestellten an der Fleischtheke nicht

etwa: „Einmal Rügenwalder Teewurst, bitte“,

sondern schlicht: „Die da hinten“ oder: „Die

Wurst mit der roten Pelle“. Über starke Marken

verfügten Konzerne wie Unilever mit „Bifi“

und „Du darfst“ oder Nestlé mit „Herta“.

Rauffus strich das Sortiment radikal zu­

sammen auf drei Produktgruppen: Leberwurst,

Schinkenwurst und – die wichtigste – Teewurst.

Mit ihr fing alles an. Der Plan: die Teewurst

zu retten und aus ihr eine Marke zu machen.

Dazu waren neue Maschinen, neue Kunden

und neue Werbung nötig. Rauffus war bereit,

viel Geld zu investieren. Insgesamt waren es

8 bis 10 Mio. Euro.„Mein Vater sagte immer: Was soll das mit

der Reklame?“, erzählt er. Gegen dessen Willen

stellte er den ersten Marketingleiter in der Fir­

mengeschichte ein, Godo Röben. Der Senior be­

äugte argwöhnisch den Neuen, der stundenlang

las, statt Wurst zu machen. Röben kam frisch

von der Uni und verfügte über mickrige 50 000

Euro Marketingetat. Die Kommilitonen belä­

chelten ihn und gingen zu Konzernen. Doch

Röben sah eine Chance. „Es gab nur ein einziges

Produkt, auf das man eine Marke aufbauen

konnte“, sagt er, „allein die Teewurst kannte

man in ganz Deutschland. Das war eine Perle.“

Der junge Marketingmann beruft auch das

erste Kreativmeeting in der Firmengeschichte

ein. Am runden Tisch kommen damals Männer

zusammen, die ihr Leben lang Wurst mit Zip­

feln produziert haben, auch der Chef Christian

Rauffus ist dabei. Geleitet wird das Treffen von

Christoph Waldau, Spezialist der Verpackungs­

agentur Berndt + Partner. Ihm gelingt, dass

die Wurstmacher die Teewurst radikal neu

denken. „Diese Bereitschaft, ganz neu an sein

Produkt heranzugehen, findet man selten“,

sagt Waldau.Die Männerrunde beginnt vorsichtig. Über

Teewurst im Glas denken sie nach, über Tee­

wurst im Kartonbecher. In der Tube. Die Fan­

tasie läuft sich warm, sie werden mutiger,

zeichnen Teewurst in Fruchtzwerge­Bechern.

Teewurst am Zipfelstiel, als wäre sie ein Ed­

von­Schleck­Eis. Sie hätten die Zeichnungen

Spinnerei sein lassen können, wie das oft ge­

schieht mit wirklich bahnbrechenden Ideen.

Doch an dem Tag zerbricht der bedingungslose

Glaube an den Wurstdarm.

Drei Entwürfe gibt Röben in die Marktfor­

schung. Ein Becher mit Klarsichtdeckel schnei­

det am besten ab. Die ersten Tester urteilen

aber, klare Sicht bräuchten sie nicht, sie wüss­

ten schließlich, wie ihre Teewurst aussieht. So

bekommt der Becher einen neuen Deckel. Bunt

und mit Bildchen, auf dem herkömmliche Zip­

fel­Teewürste abgebildet sind, die auf einer

sattgrünen Wiese liegen. „Der Becher gewinnt

vielleicht keinen Designpreis“, sagt Berater

Waldau. Aber um Schönheit geht es dem Ver­

packungsentwickler auch nicht. „Der Becher

ist plakativ. Das führt zu Impulskäufen am Re­

gal, die im Wurstbereich entscheidend sind.“

Die Mitarbeiter sind von der neuen Ver­

packung allerdings entsetzt. Sie stemmen sich

gegen den Kunststoffbecher. Schimpfen, das

könne gar nicht funktionieren wegen der

Radikal gedacht Beim ersten

Kreativmeeting in der Rügen-

walder-Geschichte zeichneten

Unternehmer Christian Rauf-

fus und seine Mitstreiter diese

Entwürfe für neue Teewurst-

Verpackungen

man in ganz Deutschland. Das war eine Perle.“

Der junge Marketingmann beruft auch das

erste Kreativmeeting in der Firmengeschichte

ein. Am runden Tisch kommen damals Männer

zusammen, die ihr Leben lang Wurst mit Zip­

feln produziert haben, auch der Chef Christian

Rauffus ist dabei. Geleitet wird das Treffen von

Christoph Waldau, Spezialist der Verpackungs­

agentur Berndt + Partner. Ihm gelingt, dass

die Wurstmacher die Teewurst radikal neu

denken. „Diese Bereitschaft, ganz neu an sein

Produkt heranzugehen, findet man selten“,

ten schließlich, wie ihre Teewurst aussieht. So

bekommt der Becher einen neuen Deckel. Bunt

und mit Bildchen, auf dem herkömmliche Zip­

Teewürste abgebildet sind, die auf einer

sattgrünen Wiese liegen. „Der Becher gewinnt

vielleicht keinen Designpreis“, sagt Berater

Waldau. Aber um Schönheit geht es dem Ver­

Waldau. Aber um Schönheit geht es dem Ver­

Waldau. Aber um Schönheit geht es dem Ver

packungsentwickler auch nicht. „Der Becher

ist plakativ. Das führt zu Impulskäufen am Re­

gal, die im Wurstbereich entscheidend sind.“

Die Mitarbeiter sind von der neuen Ver­

packung allerdings entsetzt. Sie stemmen sich

gegen den Kunststoffbecher. Schimpfen, das

könne gar nicht funktionieren wegen der

Radikal gedacht Beim ersten

Kreativmeeting in der Rügen-

walder-Geschichte zeichneten

Unternehmer Christian Rauf-

Unternehmer Christian Rauf-

Unternehmer Christian Rauf

fus und seine Mitstreiter diese

Entwürfe für neue Teewurst-

Verpackungen

55September 2011 impulse

Lactobakterien, die in der Teewurst leben. „Im

Joghurt sind die Bakterien auch, und den gibt

es auch im Becher“, hielt Rauffus dagegen. Sei­

ne Strategie damals: reden, reden, reden – und

immer wieder seinen Plan erklären.

Nicht nur den Angestellten, sondern auch

Kunden und Händlern. Rauffus weiß, dass im

Wurstbereich schon viele Innovationen geschei­

tert sind, darunter auch eine Wurst im Becher.

Es ist schwer, sich auf dem extrem zersplitter­

Es ist schwer, sich auf dem extrem zersplitter­

Es ist schwer, sich auf dem extrem zersplitter

ten Wurstmarkt abzusetzen. Die meisten der

300 Mittelständler in der Branche machen bil­

lige, namenlose Produkte, die sie regional ver­

lige, namenlose Produkte, die sie regional ver­

lige, namenlose Produkte, die sie regional ver

treiben. Entscheidend ist deshalb die Vermark­

treiben. Entscheidend ist deshalb die Vermark­

treiben. Entscheidend ist deshalb die Vermark

tung der neuen Verpackung.

Sieben Agenturen helfen, die Becherwurst

bekannt zu machen. Neben den Verpackungs­

spezialisten kümmern sich zwei Agenturen um

klassische Werbung, eine um Marktforschung,

eine um Internetwerbung und Mundpropagan­

da, eine um PR. Eine weitere Agentur verteilt

den Media­Etat. Der erste Teewurst­TV­TV­ ­TV­TV Spot

bringt ein Plus von 50 Mio. D­Mark Endver­

braucherumsatz. Heute beziffert der Informa­

tionsdienst Nielsen den Werbeetat des Unter­

nehmens auf 19 Mio. Euro. Godo Röben kann

mehr Geld ausgeben als viele seiner ehema­

ligen Kommilitonen.

In seinem Büro hängen drei Regalbretter

übereinander. Ganz oben stehen Produkte, die

sich blendend verkaufen. Das heißt, mehr als

60000 Packungen pro Woche. Links oben, an

Position eins, steht die „Feine Teewurst“. Auf

den Becher hat Röben eine Zahl geklebt:

346000. Die feine Teewurst im Darm gibt es

auch noch, sie wird aber nur 70000­mal pro

Woche verkauft. Inzwischen pressen die Rügen­

walder auch Leberwurst und Mett in Plastik.

Der Handel schätzt die neuen Verpackungen,

sie lassen sich besser im Regal stapeln.

Pilawa ersetzt Robin Hood

Das Projekt Wurstrettung ist aber noch nicht

beendet. Rauffus weiß, dass seiner Branche

seit jeher das Vorurteil anhängt, das einst

Reichskanzler Otto von Bismarck formulierte:

„Gesetze sind wie Würste, man sollte besser

nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden.“

Deshalb engagierte er das Institut Fresenius.

Die Tester überwachen die Produktion. Was

vor allem als Werbeidee gedacht war, erwies

sich beim jüngsten Dioxin­Skandal als gute

Investition: Seit 2004 lassen die Rügenwalder

ihre Wurst freiwillig auf Dioxine kontrollieren.

Zum neuen Image passten auch die alten

Werbebotschaften nicht mehr: Einst spielten

die Rügenwalder­Spots in der guten Vergan­

genheit: Oma Frederike räucherte Wurst über

Buchenholz, ein blonder Robin Hood raubte

Teewurstvorräte. Dazu ein Männerchor: „Wür­

zig grob, herzhaft fein, wir hau’n rein!“

Heute beschäftigt das Familienunternehmen

ein Testimonial wie die großen Lebensmittel­

konzerne. Gutfried­Wurst hat Johannes B. Ker­

ner, die Rügenwalder Mühle Jörg Pilawa. Der

Moderator rudert in der Werbung über einen

See und erklärt, die Wurst von der Rügenwal­

der Mühle habe er schon als Kind gemocht. Er

greift zum Becher. „Saulecker.“ Die Teewurst

ist im Heute angekommen.

So ginge es auch Aus den

ersten Kritzeleien fertigte

eine Verpackungsagentur

diese Entwürfe. Sie wurden

in einer Marktforschung

getestet. Der Plastikbecher

schnitt am besten ab

greift zum Becher. „Saulecker.“ Die Teewurst

Die Packung macht's

Monatlicher Absatz von Rügen-

walder Teewurst in Mio. Stück

©impulse ��/��� sdk� Quelle� Rügenwalder Mühle

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112002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

über den Insolvenzverwalter Fritz Westhelle.

Mit Wirtschaft sberichterstattung dieser Art

erreicht man nicht nur die speziell interessierten

Zuschauer, sondern ich glaube potenziell fast

alle Zuschauergruppen.

MM: Unter den letzten Gewinnern war auch einer

Ihrer Kollegen vom rbb Fernsehen. Wie verhalten

Sie sich in solchen Fällen bei der Bewertung?

Küper: Schweigen und Stimmenthaltung –

selbstverständlich.

MM: Welche Bedeutung kommt Journalistenprei-

sen und insbesondere dem Medienpreis Mit-

telstand zu?

Küper: Wichtig an Journalisten-Auszeichnun-

gen wie der unseren ist vor allem, dass sie die

Diskussion über Qualität bereichern, um außer-

halb der Tages- und Wochenroutinen in den

Redaktionen bestimmte Leistungen besonders

hervorzuheben. Das bekommt eine besondere

Bedeutung auch dadurch, dass es von einer neu-

tralen Institution kommt, der es vor allem um

die Sache geht.

MM: Was macht für Sie einen preiswürdigen Bei-

trag aus?

Küper: Das bestmögliche Abschneiden in unse-

ren Kriterien Relevanz, Recherche, Verständ-

lichkeit und journalistische Qualität.

MM: Gibt es bei den Jurysitzungen heft ige Debat-

ten, wer letztlich Sieger in einer Kategorie wird?

Küper: Die gibt es durchaus – dabei

geht es nicht nur um Details, sondern

auch und regelmäßig um Grundsätz-

liches. Das hängt zum einen mit per-

sönlichen Präferenzen zusammen,

aber auch mit der jeweiligen Pers-

pektive, aus der das Jurymitglied

den Beitrag liest, hört oder

betrachtet. Und das macht

die Jury-Arbeit zusätzlich

interessant – einmal abgese-

hen davon, dass man tatsäch-

lich viele anregende und vor-

bildliche Beiträge kennenlernt.

MM: Wir danken für das

Gespärach.

Page 12: 10. Medienpreis Mittelstand

v.l. Martin Küpper, Krischan Förster, Thomas Morawetz, Jakob Vicari, Andreas Kurz, eine Vertreterin für Thomas Heinloth, Corina Trips

12 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Wirtschaftsjunioren Deutschland

Faszinierend und herausragend

„Der Mittelstand ist geprägt von herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten, von faszinierenden

Innovationen und interessanten Unternehmensgeschichten. Wir freuen uns, wenn der Medienpreis einen

Anlass für Journalisten bietet, sich hier auf die Suche nach spannenden Geschichten zu machen.“

Corinna Trips, seit fünf Jahren Pressespre-

cherin der Wirtschaftjunioren Deutsch-

lands (WJD) sagt: „Mit unseren mehr als 10.000

Mitgliedern sind wir ein mittelständisch gepräg-

ter Verband, deshalb passen die Wirtschaftsjuni-

oren und dieser Preis einfach gut zueinander.“

Daher unterstützen die Wirtschaftsjunioren

nicht nur den Wettbewerb, sie richten ihn auch

aus. „Die Wirtschaftsjunioren unterstützen den

Medienpreis, weil wir die Berichterstattung über

den Mittelstand würdigen wollen. Der Mit-

telstand ist das Rückgrat der deutschen Wirt-

schaft und wir wollen dazu beitragen, dass sich

die Bedeutung des Mittelstandes auch in den

Medien widerspiegelt“, so Corinna Trips.

Die Wirtschaftsjunioren Deutschland sind über-

parteilich, aber nicht unpolitisch. Sie wollen Ein-

fluss auf die Politik nehmen, um die Rahmenbe-

dingungen so zu gestalten, dass auch zukünftige

Generationen erfolgreich wirtschaften und

arbeiten können. Die Wirtschaftsjunioren setzen

sich für eine Gesellschaft ein, die Eigenverant-

wortung fördert, in der sich Leistung und Unter-

nehmertum lohnen und gewürdigt werden und

in der Familie und Beruf miteinander vereinbar

sind. „Als Unternehmer und Führungskräfte

wollen wir Vorbild sein. Wir sind der Überzeu-

gung, dass wir eine besondere Verantwortung

für unsere Gesellschaft haben. Deshalb nutzen

wir die uns zur Verfügung stehenden Ressour-

cen, um uns in konkreten Projekten zu engagie-

ren”, so das Credo der WJD.

Die Wirtschaftsjunioren Deutschland sind der

größte Verband von jungen Unternehmern und

Page 13: 10. Medienpreis Mittelstand

Die Wirtschaftsjunioren versteigerten auf der Preisverleihung ihr von Politikern signierten Maskottchen für einen guten Zweck.

Die Gäste der Preisverleihung lauschen einer Laudatio.

132002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Führungskräften im Land. Die Mitglieder kom-

men aus allen Bereichen der Wirtschaft. Eintre-

ten kann jeder, der selbstständig ist oder in einer

Führungsposition arbeitet und unter 40 Jahre

alt ist. Die Wirtschaftsjunioren Deutschland

gehören zu über 100 Nationalverbänden, die im

Weltverband „Junior Chamber International“

(JCI) organisiert sind. Der deutsche Verband

wurde 1954 gegründet. Er unterteilt sich in elf

Landesverbände, denen wiederum mehr als 210

Kreisverbände angehören.

(wjd/wg) www.wjd.de

Mehr Zeit fürs Wesentliche.Gothaer Lösungen für Unternehmer:

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Page 14: 10. Medienpreis Mittelstand

Die neue Unternehmenszentrale von E-Plus in Düsseldorf. (Foto: E-Plus)

14 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

E-Plus Mobilfunk GmbH & Co KG

Energiebewusst, sozial, ökologisch

Die Unterstützung des nationalen Journalistenwettbewerbs Medienpreis Mittelstand sieht man beim

Unternehmen E-Plus als gute Möglichkeit, den Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft mehr ins Ram-

penlicht zu bringen.

E-Plus ist heute der drittgrößte deutsche

Mobilfunknetzbetreiber – mehr als 23

Millionen Kunden telefonieren, surfen oder ver-

senden dort ihre Daten. Das Unternehmen mit

Marken wie BASE, Simyo, BLAU oder Ay Yildiz

beschäftigt 4.700 Mitarbeiter und ist der Her-

ausforderer im deutschen Mobilfunkmarkt: Mit

preiswerten, auf die Kundenbedürfnisse zuge-

schnittenen Angeboten wie Flatrates, Discount-

sowie Geschäftskunden-Tarifen hat E-Plus seit

dem Netzstart 1994 immer wieder für Innovati-

onen aus Kundensicht gesorgt.

Das Unternehmen verbessert durch den Netz-

ausbau die Infrastruktur und trägt zu einer von

Mobilität und Information geprägten Gesell-

schaft bei. Dank smarter Geschäftsmodelle,

moderner, schlanker Strukturen und starker

Partnerschaften wächst die E-Plus Gruppe

seit Jahren schneller und profitabler als der

Markt. 2010 hat das Unternehmen die größte

Netzausbau-Offensive in seiner Geschichte des

Unternehmens gestartet mit dem Ziel nach der

Mobiltelefonie auch das mobile Internet für alle

einfach, fair und erschwinglich zu machen.

E-Plus investiert in umweltschonende und

energieeffiziente Technologien. Durch ein aus-

geprägtes Engagement in sozialen und ökolo-

gischen Projekten will das Unternehmen seine

Verantwortung für die Gesellschaft wahrneh-

men. E-Plus arbeitet mit Partnern wie der Stif-

tung Digitale Chancen, dem Bundesverband

Alphabetisierung und Grundbildung sowie dem

Deutschen Kinderhilfswerk zusammen. Für das

gemeinsame Engagement mit dem Naturschutz-

bund Deutschland hat E-Plus erneut eine Um-

welt-Zertifizierung nach ISO 14.001 erhalten.

Die Preisverleihung zum neunten Medienpreis

Mittelstand fand am 10. Mai 2012 im Berliner

BASE_camp der E-Plus Gruppe (Kaiserhöfe Un-

ter den Linden) statt.

http://eplus-gruppe.de/

http://basecamp.udldigital.de/

Page 15: 10. Medienpreis Mittelstand

Die Landau Media AG hat ihren Sitz in der Friedrichstraße in Berlin. (Foto: Landau Media)

152002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Landau Media AG

Konsequent familienfreundlich

Als Medienmonitoringdienstleister verfolgt Landau Media professionell die Berichterstattung über

mittelständische Unternehmen und weiß um die Bedeutung von spannendem und gut recherchiertem

Print-, Online-, TV- und Hörfunkjournalismus – deshalb auch das Engagement für den Medienpreis.

D ie Innovationsstärke der deutschen Wirt-

schaft lebt maßgeblich vom Mittelstand,

sagt Beate Kiep, Leiterin Unternehmenskommu-

nikation der Landau Media AG.

Das Unternehmen ist einer der führenden An-

bieter im Bereich Medienbeobachtung und

Medienresonanz-Analysen in Deutschland. Mit

über 220 Mitarbeitern erstellt Landau Media

seit 15 Jahren erfolgreich Analysen und Presse-

spiegel aus Printmedien, Internet, TV, Hörfunk,

Nachrichtenagenturen und Social Media Porta-

len. Seit der Gründung 1997 haben sich über

2.000 national und international renommierte

Kunden für das Unternehmen entschieden.

Landau Media stehe für langfristigen und nach-

haltigen Erfolg. Die Kunden dürfen auf Konti-

nuität und Verlässlichkeit vertrauen, so Kiep.

Erfolgreich durch Teamgeist: Motivierte und

engagierte Mitarbeiter sind die Stärke des Un-

ternehmens. Durch Kompetenz, Serviceorien-

tierung und Freundlichkeit schaffen sie einen

Mehrwert beim Kunden, der stolz macht.

Mit dem Firmenprogramm „Kinder sind unsere

Zukunft“ fördert Landau Media junge Eltern im

Unternehmen und sieht die Familie als wesent-

lichen Erfolgsfaktor für sich an. Dabei beteiligt

sich Landau Media am Programm der Bundesre-

gierung zur Unterstützung junger Eltern. Eben-

so bei Jugendnothilfe im Netz: jungundjetzt e.V..

Das ist ein gemeinnütziger Verein, der jungen

Menschen in kritischen Situationen Online-Be-

ratung rund um die Uhr bietet – anonym und

kostenlos. Landau Media bekennt sich zu Fair-

ness und Wertschätzung der Menschen im Un-

ternehmen und schafft ein gutes Arbeitsumfeld,

unterstützt die Initiative gegen Rechtsradikalis-

mus sowie Ärzte für die Dritte Welt.

(landau media/wg) www.landaumedia.de

Page 16: 10. Medienpreis Mittelstand

Zahlreiche Unternehmen werden mit Beteiligungskapital finanziert, darunter auch der bayerische Displayveredler VIA optronics GmbH. (Foto: VIA optronics)

16 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK)

Den Mittelstand stärken

Beteiligungsgesellschaften investieren Milliarden in den deutschen Mittelstand und sorgen somit für

Wachstum und Innovation.

B anken zögern seit Beginn der europäi-

schen Finanzkrise bei der Kreditvergabe

und verschärfen die Konditionen für bestehende

Kredite. Dies bringt viele deutsche Mittelständ-

ler in Bedrängnis. Vor allem kleine und mittlere

Unternehmen setzen daher immer häufiger auf

Private-Equity-Gesellschaften, um notwendige

Investitionen zu realisieren. Im vergangenen

Jahr wurden allein in Deutschland 1.200 Unter-

nehmen mit 5,92 Milliarden Euro von Private-

Equity- oder Venture-Capital-Gesellschaften

finanziert, 81 Prozent davon beschäftigen weni-

ger als 100 Mitarbeiter. Damit untermauern die

Beteiligungsgesellschaften ihre Bedeutung für

die Finanzierung des Mittelstandes.

Der Bundesverband Deutscher Kapitalbetei-

ligungsgesellschaften (BVK) ist die Interes-

senvertretung der Private-Equity-Branche in

Deutschland. Zu den 300 Mitgliedern zählen

Private-Equity-Gesellschaften sowie institutio-

nellen Investoren, die in Beteiligungskapital in-

vestieren. Darüber hinaus vertritt der Verband

assoziierte Mitglieder wie Wirtschaftsprüfer und

Kanzleien.

Der Markt gliedert sich in drei Segmente:

Venture Capital, Wachstumskapital und Buy-

outs. Venture-Capital-Gesellschaften finanzie-

ren Start-ups aus allen Branchen – Google und

Amazon konnten so ihre Erfolgsgeschichten

schreiben. Mittelstandsfinanzierer investieren

in kleine und mittelgroße Unternehmen, wo sie

meistens eine Minderheitsbeteiligung halten.

Expansionen, die Erschließung neuer Märkte

und die Entwicklung neuer Produkte werden

diesen Unternehmen somit ermöglicht. Im Fal-

le von Buy-outs erwerben Investoren meist eine

Mehrheitsbeteiligung eines nicht börsennotier-

ten Unternehmens, um diese nach einer be-

stimmten Zeit wieder mit Gewinn zu verkaufen.

Beteiligungsgesellschaften investieren viel Geld

und Vertrauen in den Mittelstand. Um dessen

Bedeutung für die deutsche Wirtschaftskraft

auch in der medialen Berichterstattung stärker

in den Fokus zu rücken, unterstützt der BVK den

Medienpreis Mittelstand. (bvk/wg)

www.bvkap.de/

Page 17: 10. Medienpreis Mittelstand

In der Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien Berlin Adlershof kann man heute studieren, ein Unternehmen gründen, es wachsen lassen und eine eigene Fabrik bauen. (Foto: wista)

Im Technologiepark Berlin Adlershof sind heute über 400 Unternehmen ange-siedelt. (Foto: wista)

172002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

WISTA-MANAGEMENT GMBH

Wirtschaftliches Wachstum

Träger dieses Wachstums sind mittelständische Unternehmer. Der unternehmerische Mittelstand hat

eine Fülle interessanter Themen zu bieten, nutzt diese Chance aber oft nicht. Der Medienpreis Mittel-

stand trägt wesentlich dazu bei, dass sich das ändert.

Für die WISTA-MANAGEMENT GMBH

stand von Anfang an außer Zweifel, dass

der Medienpreis Mittelstand unterstützt wird.

„Sein Anliegen ist auch unser Anliegen: Wir

sind die Betreibergesellschaft eines Wissen-

schafts- und Technologieparks. Unsere Aufgabe

ist es, im unmittelbaren Umfeld wissenschaftli-

cher Einrichtungen Unternehmen anzusiedeln

und wirtschaftliches Wachstum zu erzielen“, sagt

Dr. Peter Strunk, Bereichsleiter Kommunikation

des Unternehmens.

Der Wissenschafts- und Technologiepark

Adlershof ist eines der erfolgreichsten Hoch-

technologieprojekte Deutschlands mit moder-

nen Technologie- und Gründerzentren, elf

außeruniversitären Forschungsinstituten sowie

dem naturwissenschaftlichen Campus der Hum-

boldt-Universität. Nebenan liegt Berlins größter

Medienstandort. „Wir errichten und betrei-

ben Technologiezentren, vermarkten Mietflä-

chen und Grundstücke, unterstützen Gründer

und beraten bei der Projektentwicklung”, so

Dr. Strunk. Das Anliegen ist dabei, die Ver-

netzung von Wissenschaft und Wirtschaft, die

Förderung der nationalen und internationalen

Kooperation sowie Öffentlichkeitsarbeit für das

gesamte Entwicklungsgebiet zu leisten. „Bei

Marketing und Vertrieb arbeiten wir eng mit

unserem Tochterunternehmen, der Adlershof

Projekt GmbH, zusammen.”

Der Wissenschafts- und Technologiepark

Adlershof entstand 1991 aus einem Forschungs-

zentrum der ehemaligen DDR-Akademie

der Wissenschaften. Auf einem Areal von

420 Hektar sind heute dort elf außeruniversitäre

Einrichtungen und sechs naturwissenschaftliche

Institute der Humboldt-Universität zu Berlin

ansässig. Hinzu kommen über 900 zumeist tech-

nologieorientierte Unternehmen, in denen 15.000

Menschen tätig sind. (wista/wg)

www.adlershof.de

Page 18: 10. Medienpreis Mittelstand

Die Bürgschaftsbank Brandenburg bei einer Veranstaltung auf dem Flugplatz Großdölln im Juni 2012. (Foto: Bürgschaftsbank Brandenburg)

18 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e.V.

Vertrauen in den Mittelstand haben

Die Bürgschaftsbanken ermöglichen mittelständischen Unternehmen Kredite, indem fehlende Sicher-

heiten durch Übernahme von Ausfallbürgschaften gegenüber den in Deutschland ansässigen Banken

genommen werden.

A schon der Förderauftrag der Bürg-

schaftsbanken sei Grund genug, den

Medienpreis Mittelstand zu unterstützen,

meint Stephan Jansen, Geschäftsführer des Ver-

bandes Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. „Wir

wollen über die Medien die Funktion unserer

Bürgschaftsbanken besser publik machen und

zugleich den Mittelstand mehr ins Rampenlicht

rücken”, so Jansen.

Die Bürgschaftsbanken schließen im Kreditsek-

tor eine wichtige Lücke. Vielen kleinen Unter-

nehmen und den „Freien Berufen“ fehlen bank-

übliche Sicherheiten. Sie erhalten dann keinen

oder keinen ausreichenden Kredit. „Wir ersetzen

diese fehlenden Sicherheiten und verhelfen den

Unternehmen so zu Krediten“, erläutert Jansen

weiter. Mit dem verbürgten Kredit wird in vielen

Fällen die Grundlage für Wachstum und Exis-

tenzsicherung geschaffen. Der Investitionsort

müsse aber innerhalb Deutschlands liegen und

das Finanzierungsvorhaben betriebswirtschaft-

lich tragfähig sein.

Es wäre für die Volkswirtschaft ein erheb-

licher Verlust, wenn gesunden Unternehmen

der Zugang zu Finanzierungsmitteln verwehrt

bliebe. Alle Banken in Deutschland arbei-

ten mit den Bürgschaftsbanken zusammen.

Genauso wichtig ist die Begleitung von Existenz-

gründern und von Betriebsübernahmen, die

ohne die Hilfe der Bürgschaftsbanken vielfach

nicht möglich wären.

Der Förderauftrag, den die Bürgschaftsbanken

von ihren Gesellschaftern, vom Bund und den

Bundesländern erhalten haben, erfordert die

Übernahme eines besonderen Risikos. Nicht

vermeidbare Ausfälle sind von den Haus-

banken, den Bürgschaftsbanken, dem Bund und

den Ländern anteilig zu tragen. Im Gegenzug

beteiligen sich der Bund und die Länder an den

Risiken mit Rückbürgschaften und Rückgaran-

tien. (vdb/wg) www.vdb-info.de

llein

Page 19: 10. Medienpreis Mittelstand

Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte. (Foto: Hirschmann)

192002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Hirschmann Laborgeräte GmbH & Co. KG

Verantwortung ganz lebendig

Die Hirschmann Laborgeräte GmbH & Co KG im schwäbischen Eberstadt hat sich „Corporate Social

Responsibility“, die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens, auf die Fahne geschrieben. Das

war einer der Gründe, den Medienpreis Mittelstand in der Kategorie „Nachwuchs“ zu unterstüzten.

K irsten Hirschmann, Chefin des Famili-

enunternehmens, war selbst Bundesvor-

sitzende der Wirtschaftsjunioren und möchte

ihr Wissen und Engagement weitergeben. „Wir

müssen unsere jungen Menschen nach Kräf-

ten fördern, dann bleiben wir zukunftsfähig”,

sagt sie. Ihre Unternehmensphilosophie rich-

tet Hirschmann Laborgeräte dabei an den drei

Säulen der Nachhaltigkeit aus: Gesellschaftliche

Verantwortung – wirtschaftlich verantwortliches

Handeln – Umweltverantwortung.

Das Wohl der Mitarbeiter ist ein zentraler Teil

der sozialen Verantwortung. Ebenso engagiert

sich das Unternehmen in lokalen und regionalen

Netzwerken. „Die Förderung von naturwissen-

schaftlich-technischem Nachwuchs unterstützen

wir als Partnerunternehmen der ,Experimenta’

in Heilbronn und der Initiative ,BioLab on Tour’

der Baden-Württemberg-Stiftung”, sagt die

Unternehmenschefin. Für eine familienfreundli-

che Region engagiert sich Kirsten Hirschmann,

die den Betrieb seit 1995 führt, persönlich im

regionalen Netzwerk der Initiative „Unterneh-

men für die Region“.

Die Hirschmann Laborgeräte GmbH & Co. KG

steuert auf ihr 50-jähriges Firmenjubiläum zu.

1964 in Gundelsheim gegründet hat das Unter-

nehmen seit jetzt 45 Jahren seinen Standort in

Eberstadt, seit 2011 mit einem neuen Gebäude

für Forschung und Entwicklung sowie Konfe-

renzbereichen. Produkte von Hirschmann sind

seit über 40 Jahren in den Laboren von über 100

Ländern der Erde zuhause. Die Laborgeräte,

maßanalytische Glasgeräte und Präzisionskapil-

laren sind dabei mehr als durchdachtes, hoch-

wertiges Werkzeug für die Spezialisten im Labor.

Sie können individuell auf die Anwenderbedürf-

nisse angepasst werden. „Innovatives Denken ist

der Motor des Fortschritts“, so ein Leitmotiv der

Hirschmann-Unternehmensphilosophie. Die

Hirschmann-Mitarbeiter sind daher das wich-

tigste Kapital. Mit einer Ausbildungsquote von

rund zehn Prozent wird gezielt der Nachwuchs

gefördert.

(hirschmann/wg) www.hirschmannlab.de

Page 20: 10. Medienpreis Mittelstand

20 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Medienpreis Mittelstand

Die Siegerbeiträge der letzten Jahre

Kategorie Print, Online Regional

2012 Krischan Förster: „Der Untergang einer Reederei“, erschienen im Weser kurier

2011 Hans Evert: „Aus dieser Bude muss man mal ne Firma machen“, erschienen in der

Berliner Morgenpost

2010 Miriam Schröder : „Kriegel kriegt die Krise“, erschienen im

Tagesspiegel

2009 Jenny Zichner: „Wenn der Junior kommt“, erschienen im

Chemnitzer Stadtmagazin „Stadtstreicher“

Kategorie Print, Online Überregional

2012 Andreas Kurz: „Erfunden, erlogen“, erschienen in Impulse

2011 Nina Klöckner: „Wo ist der Bus?“, erschienen in der Financial Times Deutschland

2010 I. Grabitz und S. Fründt: „Leben nach der Pleite“, erschienen in der Welt

2009 Benno Stieber : „Reine Erfahrungssache“, erschienen in „enable“, einer Beilage der

Financial Times Deutschland

2008 Mario Brück und Stephanie Heise: „Wir sind Weltmeister“, erschienen in der Wirtschaftswoche

2007 H.-R. Peters: „Die fränkische Revolution“, erschienen im Stern

2006 Jonas Viering : „Alles, was das Land zusammenhält“, erschienen in der Süddeutschen Zeitung

Page 21: 10. Medienpreis Mittelstand

212002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Kategorie TV Kurz

2012 Thomas Heinloth: „50 Jahre Europoalette“, gesendet bei „was!“ im rbb

2011 Dr. Andreas Vogtmeier: „Wenn öffentlich geförderte Arbeit Jobs vernichtet“, gesendet bei

„was!“ im rbb

2009 Ravi Karmalker: „Fritz Dein Sitz“, im Fernsehen des WDR gesendet

Kategorie TV Lang

2011 Jörg Wildermuth: „Angst vor dem Absturz“, gesendet im Rahmen des arte-Themenabends

2009 Wolfgang Minder: „Die Entscheidung: Entlassen oder investieren“, im WDR Fernsehen gezeigt

2008 Tim Gorbauch: „Bionade - das Biowunder aus der Rhön“, im ZDF Infokanal gezeigt

2007 H.-G. Moek : „Teekampagne“, im rbb Fernsehen gezeigt

Kategorie Hörfunk

2012 Thomas Morawetz: „Die Geschichte der Mittelschicht – Vom zarten Trieb zum Hartholz“,

ausgestrahlt im Bayerischen Rundfunk

2011 Christiane Hawranek: „Entwicklungshilfe in Deutschland“, ausgestrahlt im Bayerischen

Rundfunk

Frank Wörner: „Pleitegeier – Das Geschäft mit der Insolvenz“, ausgestrahlt auf WDR 5

2009 Stefan Schmid: „Wenn der Amtsschimmel wiehert“, auf Radio Radio Bayern 2 gesendet

2008 Pia Fruth: „Auf nach Indien“, ausgestrahlt auf dem Südwestrundfunk

Page 22: 10. Medienpreis Mittelstand

Partner des Medienpreis Mittelstand

www.wirtschaftsjunioren.de

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22 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

2007 Karsten Böhne: „Teure Handwerker“, gesendet auf (BR2)

2006 Karsten Böhne: „Jobs, die keiner will“, ausgestrahlt auf Bayern 2

Nachwuchspreisträger

2012 Jakob Vicari: „Neu verwurstet“, erschienen in Impulse

2011 Christiane Hawranek: „Entwicklungshilfe in Deutschland“, ausgestrahlt im

Bayerischen Rundfunk

2010 A. Götsch: „Der lack ist ab“, erschienen in impulse

2009 Moritz Gathmann: „Wir sind noch da! Berliner Traditionsunternehmen und ihre Erfolgsre-

zepte.“, erschienen im Magazin Berlin maximal

Page 23: 10. Medienpreis Mittelstand

232002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

9. Medienpreis Mittestand – Die Preisträger

Nachwuchspreisträger

Jakob Vicari: „Neu verwurstet“,

erschienen in Impulse

In seinem Beitrag „Neu verwurstet“ erzählt Jakob Vicari

die Geschichte, wie die Rügenwalder Mühle ihrer Tee-

wurst eine völlig neue Form gab, indem sie die Wurst

in Kunststoffb echer verpackte und auf diese Weise den

Umsatz verdoppelte. Ein eindrucksvolles Beispiel für die

Innovationskraft des Mittelstandes.

Jakob Vicari arbeitet seit April 2008 als freier Redakteur.

Seine Arbeitsschwerpunkte sind Porträts von Unterneh-

mern, Erfi ndern und Wissenschaft lern. Nachts arbeitet er

an einer Dissertation zum Th ema »Journalistische Kom-

position« an der Universität München, wo er Lehrbeauf-

tragter ist. Jakob Vicari studierte Journalistik und Biologie

in München und Genf. Parallel absolvierte er an der Deut-

schen Journalistenschule München die Lehrredaktion.

Kategorie Print, Online Überregional

Andreas Kurz: „Erfunden, erlogen“,

erschienen in Impulse

In Deutschland werden so viele Patente angemeldet wie

nirgendwo sonst in Europa. Und: Nirgendwo wird so

viel darüber gestritten. Einige Konzerne kopieren fremde

Ideen und lassen es bewusst auf den Streit ankommen.

Durch entsprechende Prozesse können schnell kleine und

mittelständische Unternehmen in den Konkurs getrie-

ben werden. Es geht dann nicht nur um Unsummen von

Geld, sondern um ganze Unternehmens-, Familien- und

Einzelexistenzen. Mit seinem Artikel „Erfunden, Erlogen“

Page 24: 10. Medienpreis Mittelstand

Oaktree dagegen will eine Rosskur

ohne Rücksichtnahme. Und die Fi-

nanzmanager fragen sich langsam,

warum bei Beluga ständig neue Fi-

nanzlöcher gestopft werden müs-

sen. Auch deswegen hat Dambach das Tref-

fen anberaumt. Dass es nicht mehr darum

geht, einen gemeinsamen Kurs abzustecken,

sondern um ein dramatisches Finale, weiß

nur der Oaktree-Mann. Stolberg ist ahnungs-

los. Wenig später ist er suspendiert.

Was genau bei Beluga passiert, wissen zu

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

weihte. Die Öffentlichkeit erfährt nur: Stol-

berg hat sich aus persönlichen Gründen beur-

lauben lassen. Der neue Chef ist nun Oak-

tree-Vizepräsident Roger Iliffe, seit Oktober

bereits als Restrukturierungsbeauftragter im

Haus. Er wird neuer CEO – Chief Executive

Officer, zu deutsch: Geschäftsführer. Damit

übernehmen die Amerikaner endgültig das

Kommando bei Beluga. Stolberg hat ab sofort

Hausverbot.Und nicht nur das: Einen Tag nach seinem

Rausschmiss zeigt ihn Oaktree bei der Bre-

mer Staatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Be-

trug und unrichtige Darstellung von Bilan-

zen. Mit Stolberg werden weitere Führungs-

kräfte der Reederei suspendiert. Hauptsäch-

lich aus der Befrachtungsabteilung und aus

dem Controlling (Rechnungswesen).

Die Bremer Öffentlichkeit ist überrascht.

Sie fragt sich: Was ist bei Beluga, diesem Vor-

zeigeunternehmen, bloß passiert?

Zwei Tage darauf verbreitet Oaktree eine

offizielle Erklärung, deren Kernsatz in der

Folge noch unzählige Male wiederholt wird:

Bei der Prüfung der Geschäftszahlen, heißt in

der Stellungnahme, „wurde Oaktree auf fi-

nanzielle Unregelmäßigkeiten im Hinblick

auf Umsatz und Liquidität des Unterneh-

mens aufmerksam“. Am selben Tag kündigt

Oaktree-Deutschland-Chef Dambach in ei-

nem Telefongespräch mit dem WESER-KU-

RIER eine „fundamentale finanzielle Sanie-

rung“ der Reederei an. Sie soll auf ihr Kernge-

schäft, die Schwergutschifffahrt, zurückge-

führt werden. „Wir werden Beluga mit erheb-

lichen Ressourcen unterstützen, um das Un-

ternehmen zu stabilisieren und zu stärken.“

Oaktree sei nicht angetreten, um Probleme

zu machen, sondern um sie zu lösen, sagt er

in seinem freundlich-hessischem Dialekt.

Gern wolle man auch mit dem Bremer Senat

demnächst alles besprechen.

Doch keine zwei Wochen später rollt eine

gewaltige Insolvenzwelle über das Unterneh-

men hinweg. In atemberaubendem Tempo

zerfällt Beluga zu einem einzigen Scherben-

haufen. Gerade einmal drei Monate nach

Stolbergs Abgang ist das Ende der einstigen

Erfolgsreederei besiegelt. Nicht nur rund 600

Mitarbeiter, die ihren sicher geglaubten Job

verlieren, sind geschockt. Auch die vielen

Ausbildungs-, Sport- und Kulturprojekte, die

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

dem Aus. Die Öffentlichkeit verfolgt fas-

sungslos, dass Beluga binnen weniger Tage

wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt.

Vor ihren Augen spielt sich ein Wirtschafts-

krimi ab, wie ihn die Stadt seit dem Zusam-

menbruch des Bremer Vulkan 15 Jahre zuvor

nicht mehr erlebt hat.Nun zieht der vom Amtsgericht einge-

setzte Insolvenzverwalter Edgar Grönda in

Stolbergs verwaistes Büro ein. Die roten Le-

dersofas werden zur Seite gerückt, an glei-

cher Stelle steht jetzt ein großer Arbeitstisch.

Zehn Wochen lang prüft das Bremer Anwalts-

team Geschäftsunterlagen und Finanzbe-

richte. Anschließend spricht Grönda von ei-

ner „Kriminalinsolvenz“ und einem nur

schwer durchschaubaren Geflecht aus Dut-

zenden von Gesellschaften bei Beluga. Eine

Fortführungschance sieht er nicht mehr für

das angeschlagene Unternehmen.

Für Oaktree ist der Schuldige an der Krise

ohnehin ausgemacht: Niels Stolberg. In ei-

nem 23-seitigen Dossier, das Mitte März an

die Geschäftspartner von Beluga versandt

wird, haben die Oaktree-Anwälte aufgelis-

tet, was sie dem Firmengründer vorwerfen.

Ab Mitte 2009 soll bei der Befrachtungsabtei-

lung Beluga Chartering damit begonnen wor-

den sein, fiktive Umsätze zu erfassen und aus-

zuweisen, um die Bilanz zu schönen. Zu die-

sem Zweck sollen Luftbuchungen getätigt

und Scheinrechnungen an fünf Briefkasten-

firmen in Panama und auf den Britischen

Jungferninseln geschrieben worden sein.

Gut 130 Millionen Euro seien so fälschlich

auf der Einnahmeseite verbucht worden.

Ein Großteil der Scheinrechnungen wurde

offenbar aus anderen Kassen beglichen, ver-

mutlich unter anderem durch sogenannte

„kick backs“, in der Schifffahrt nicht unüb-

lich. Mit chinesischen Werften, auf denen

neue Schiffe gebaut wurden, hätte Stolberg

demnach vereinbart, einen Teil des Kaufprei-

ses, etwa die letzte Rate in Höhe von zehn

Prozent, über einen Mittelsmann an ihn zu-

rück zu überweisen. Weitere 40 Millionen

soll er privat aus seiner auf Spiekeroog ansäs-

sigen Vermögensverwaltung ins Unterneh-

men gepumpt haben.Anderes war allerdings nicht auszuglei-

chen: Treibstoffbestände sollen laut Oaktree

zu hoch deklariert worden sein. Das sei aufge-

fallen, als ein Teil verkauft werden sollte, um

Geld flüssig zu machen. Und das Orderbuch,

das die zu erwartenden Geschäfte und Ein-

nahmen ausweist, soll mit gefälschten Aufträ-

gen ebenfalls aufgebläht worden sein.

Eine Woche nach seinem erzwungenen

Ausstieg meldet sich der Reeder erstmals zu

Wort: „Ich werde mich den Vorwürfen stel-

len.“ Eine weitere Woche später, am Mitt-

woch, den 16. März, betritt Stolberg um 9 Uhr

in Begleitung seines Anwalts Hanns Feigen

das Haus der Staatsanwaltschaft Bremen. In

einer gut zwei Stunden dauernden Verneh-

mung räumt er einen Teil der Vorwürfe ein.

Details werden nicht bekannt. Gerüchte

schwirren durch die Stadt. Dass es Manipula-

tionen gab, gilt als sicher. In welchem Um-

fang und mit welchen Folgen, ist unklar.

Stolberg betont immer wieder, dass es ihm

immer nur um das Unternehmen und die Ar-

beitsplätze gegangen ist. Einen persönlichen

Vorteil hat er sich, soweit bislang bekannt,

nicht verschafft.Ohne die geschönten Bilanzen hätte er ver-

mutlich keine Bankkredite mehr bekommen.

Und Oaktree wäre nicht Investor und Gesell-

schafter bei Beluga geworden. Jetzt aber füh-

len sich die Manager des US-Kapitalfonds

massiv getäuscht und hintergangen – und

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

chen Auftritten und Äußerungen hält sich

der Finanzinvestor zwar zurück. Dafür

schickt er ein ganzes Heer von Anwälten ge-

gen seinen ehemaligen Partner ins Feld.

Nach der Strafanzeige will Oaktree Stol-

berg nun auch für das investierte Geld haft-

bar machen. Vor Gericht erwirken die Oak-

tree-Anwälte fünf Dutzend Arrestbeschlüsse

in Höhe von 130 Millionen Euro gegen Stol-

bergs Privatvermögen. Gerichtsvollzieher

kleben Pfandsiegel auf sämtliche bekannten

Besitztümer des Reeders: Häuser in Dreiber-

gen, dem Hauptwohnsitz, und auf Spieker-

oog, wo Stolberg sich ein privates Urlaubsdo-

mizil und ein kleines Firmenimperium mit ei-

nem Hotel, Ferienwohnungen und Restau-

rants geschaffen hat. Desgleichen seine Fir-

men und diversen Beteiligungen. Selbst auf

seinen Emil-Nolde-Bildern und auf dem ge-

liebten Klavier der ältesten Tochter prangt

nun der Kuckuck.Wo auch immer mit Stolbergs Geld han-

tiert oder gebaut wird, kommen alle Aktivitä-

ten schlagartig zum Erliegen. In Elsfleth, wo

mit Beluga-Hilfe ein Maritimes Kompetenz-

zentrum und ein Offshore-Ausbildungszen-

trum entstehen sollen. In Oldenburg, wo Stol-

berg dem Handballverein ein Internat für

den Nachwuchs finanziert hat. Und in Drei-

bergen, auf seinem Privatgrundstück.

Es liegt abseits der Hauptverkehrsstraße,

versteckt hinter einer dichten Hecke. Wie ein

schmales Handtuch verläuft es entlang einer

Kuhweide bis zum Ufer des Zwischenahner

Meeres und endet an einem massiven Holz-

steg. Im mannshohen Grillofen liegt unbe-

nutzte Holzkohle. Eine ländliche Idylle, die

Stolberg für seine Familie gefunden hat.

Hier, eine knappe Autostunde von Bremen

entfernt, hat er Ruhe und Ausgleich nach den

langen Tagen bei Beluga gefunden. In Drei-

bergen sind die drei Töchter aufgewachsen,

bodenständig und nahe der Natur.

Stolberg wollte hier ein neues Haus bauen,

nachdem das alte marode geworden war und

abgerissen werden musste. Im Rohbau war

es fertig. Groß und solide, aber alles andere

als eine Villa, wie immer kolportiert wird.

Jetzt ist das Gras rings um die Baustelle knie-

hoch emporgeschossen, weil es seit Wochen

nicht mehr gemäht wurde. Ungestört von

Menschen hoppeln Hasen herum. Die Bauar-

beiter sind verschwunden. Und auch Stol-

berg wird hier nicht mehr einziehen.

Nach der Reederei muss auch ihr Gründer

und einstiger Chef in die Insolvenz. Das

Grundstück samt halbfertigem Haus in Drei-

bergen soll nun ebenso verkauft werden wie

sein Spiekeroog-Imperium, ein Ferienhaus

in Spanien, seine Unternehmen wie das Res-

taurant „Outer Roads“ oder Beteiligungen,

sofern diese noch was wert sind. Und alles an-

dere. Stolberg hat persönlich für Millionen-

kredite gebürgt, nun stellen die Gläubiger

ihre Forderungen. Auch seine Anwälte wol-

len bezahlt werden.Die vergangenen Wochen haben bei Stol-

berg Spuren ins Gesicht gegraben. Die Au-

gen blicken müde, die Ringe darunter sind

tief, die Schläfen stark ergraut. Um die Mund-

winkel liegt ein herber Zug. In Gestik und

Tonfall erkennt man noch den Reeder, der

viele Leute mit seinem ansteckenden Enthu-

siasmus begeistern konnte. Jetzt aber ist der

50-Jährige abrupt abgebremst worden. Er

kann nicht mehr bestimmen, dirigieren, moti-

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleicht

im Leben, mit Selbstzweifeln.

Von seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

testens seit ein Oldenburger Zivilrichter, ob-

wohl mit dem Einspruch gegen die Arrestbe-

scheide befasst, augenscheinlich seine Kom-

petenzen überschritt, indem er den Betrug

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

verfestigt, dass Stolberg schuld an der gan-

zen Misere ist.Dabei hat die Staatsanwaltschaft ihre Er-

mittlungen noch gar nicht abgeschlossen. Be-

stätigt hat sie bis dahin nur, dass sich der Ver-

dacht der Täuschung erhärtet hat. Betrug ist

bislang nicht nachgewiesen. Juristisch ist das

ein gewaltiger Unterschied. Die Fälschung

von Bilanzen wäre in jedem Fall ein kriminel-

les Delikt. Stolberg muss wohl deshalb damit

rechnen, dass Anklage gegen ihn erhoben

wird. Die Höhe des Strafmaßes in einem mög-

lichen Prozess wird entscheiden, ob und in

welchem Ausmaß ein Vermögensschaden

entstanden ist. Und davon hängt ab, ob Stol-

berg auf Bewährung und zu einer happigen

Geldstrafe verurteilt wird oder eine Haft-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Im November 2010 feiert Stolberg noch mit

Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

auch die aufkeimende Missstimmung bei

Oaktree abwettern zu können. Die Existenz

der Reederei und auch seine eigene hält er

nicht für gefährdet.Ein fataler Irrtum. Vier Monate später hat

er alles verloren. Seine Reederei, sein Vermö-

gen, zu größten Teilen auch seine Reputation

und die mühsam errungene gesellschaftliche

Anerkennung.Es ist ein rasanter Absturz des eben noch

gefeierten Unternehmers und Förderers von

Sport, Kultur und sozialen Projekten. Die

Branche ist sicher, dass sich Stolberg am

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-

ben, er möge das Wachstum abbremsen und

sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

schweres Neubau-Programm, das Experten

für viel zu teuer halten, wird für Beluga zum

größten Problem.Die Schwierigkeiten beginnen 2009. Im

Jahr zuvor präsentiert Stolberg noch die

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale auf

dem Bremer Teerhof. Es ist das letzte gute

Jahr. Wie erwartet, wird der Schwergut-

Markt gegenüber anderen Segmenten in der

Schifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-

aufträge noch abzufahren sind. Dann aber

bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginnt

sich gefährlich zu öffnen.Öffentlich wird das nicht wahrgenommen.

Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-

wegs, verdienen nicht mehr genug Geld, um

die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-

len bestellten Schiffe aufzubringen. Bereits

im Frühjahr 2009 versucht Stolberg deshalb

unter den Rettungsschirm der Kreditanstalt

für Wiederaufbau (KfW) zu schlüpfen und

n Die Beluga Shipping GmbH wurde im De-

zember 1995 in Bremen gegründet. 1998

wurde das erste eigene Schiff in Dienst ge-

stellt. In den folgenden Jahren wuchs das Un-

ternehmen rasch. Zuletzt fuhren 72 Mehr-

zweck-Schwergutfrachter für Beluga. Die

Reederei war mit 15 Niederlassungen welt-

weit vertreten und beschäftigte allein in Bre-

men 670 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

nenten, Windräder oder Aggregate für die In-

dustrie. Im Juni wurde die neue Reedereige-

bäude auf dem Bremer Teerhof bezogen, ein

gutes Jahr später erfolgte der Einstieg des

US-Investors Oaktree bei Beluga.

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali-

ger Beluga-Geschäftsführer. FOTO: KOCH

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG + + +

Beluga Shipping – Bremens einstige Vorzeige-Reederei

„Wir werden Beluga miterheblichen Ressourcenunterstützen.“

Hermann Dambach (Oaktree) im März 2011

7

Dossier

Oaktree dagegen will eine Rosskur

ohne Rücksichtnahme. Und die Fi-

nanzmanager fragen sich langsam,

warum bei Beluga ständig neue Fi-

nanzlöcher gestopft werden müs-

sen. Auch deswegen hat Dambach das Tref-

fen anberaumt. Dass es nicht mehr darum

geht, einen gemeinsamen Kurs abzustecken,

sondern um ein dramatisches Finale, weiß

nur der Oaktree-Mann. Stolberg ist ahnungs-

los. Wenig später ist er suspendiert.

Was genau bei Beluga passiert, wissen zu

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

weihte. Die Öffentlichkeit erfährt nur: Stol-

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

weihte. Die Öffentlichkeit erfährt nur: Stol-

diesem Zeitpunkt nur einige wenige Einge-

berg hat sich aus persönlichen Gründen beur-

lauben lassen. Der neue Chef ist nun Oak-

tree-Vizepräsident Roger Iliffe, seit Oktober

bereits als Restrukturierungsbeauftragter im

Haus. Er wird neuer CEO – Chief Executive

Officer, zu deutsch: Geschäftsführer. Damit

übernehmen die Amerikaner endgültig das

Kommando bei Beluga. Stolberg hat ab sofort

Hausverbot.Und nicht nur das: Einen Tag nach seinem

Rausschmiss zeigt ihn Oaktree bei der Bre-

mer Staatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Be-

trug und unrichtige Darstellung von Bilan-

zen. Mit Stolberg werden weitere Führungs-

kräfte der Reederei suspendiert. Hauptsäch-

lich aus der Befrachtungsabteilung und aus

dem Controlling (Rechnungswesen).

Die Bremer Öffentlichkeit ist überrascht.

dem Controlling (Rechnungswesen).

Die Bremer Öffentlichkeit ist überrascht.

dem Controlling (Rechnungswesen).

Sie fragt sich: Was ist bei Beluga, diesem Vor-

zeigeunternehmen, bloß passiert?

Zwei Tage darauf verbreitet Oaktree eine

offizielle Erklärung, deren Kernsatz in der

Folge noch unzählige Male wiederholt wird:

Bei der Prüfung der Geschäftszahlen, heißt in

der Stellungnahme, „wurde Oaktree auf fi-

nanzielle Unregelmäßigkeiten im Hinblick

auf Umsatz und Liquidität des Unterneh-

mens aufmerksam“. Am selben Tag kündigt

Oaktree-Deutschland-Chef Dambach in ei-

nem Telefongespräch mit dem WESER-KU-

RIER eine „fundamentale finanzielle Sanie-

rung“ der Reederei an. Sie soll auf ihr Kernge-

schäft, die Schwergutschifffahrt, zurückge-

führt werden. „Wir werden Beluga mit erheb-

lichen Ressourcen unterstützen, um das Un-

ternehmen zu stabilisieren und zu stärken.“

Oaktree sei nicht angetreten, um Probleme

zu machen, sondern um sie zu lösen, sagt er

in seinem freundlich-hessischem Dialekt.

Gern wolle man auch mit dem Bremer Senat

demnächst alles besprechen.

Doch keine zwei Wochen später rollt eine

gewaltige Insolvenzwelle über das Unterneh-

men hinweg. In atemberaubendem Tempo

zerfällt Beluga zu einem einzigen Scherben-

haufen. Gerade einmal drei Monate nach

Stolbergs Abgang ist das Ende der einstigen

Erfolgsreederei besiegelt. Nicht nur rund 600

Mitarbeiter, die ihren sicher geglaubten Job

verlieren, sind geschockt. Auch die vielen

Ausbildungs-, Sport- und Kulturprojekte, die

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

dem Aus. Die Öffentlichkeit verfolgt fas-

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

dem Aus. Die Öffentlichkeit verfolgt fas-

von Stolberg finanziert werden, stehen vor

sungslos, dass Beluga binnen weniger Tage

wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt.

Vor ihren Augen spielt sich ein Wirtschafts-

krimi ab, wie ihn die Stadt seit dem Zusam-

menbruch des Bremer Vulkan 15 Jahre zuvor

nicht mehr erlebt hat.Nun zieht der vom Amtsgericht einge-

setzte Insolvenzverwalter Edgar Grönda in

Stolbergs verwaistes Büro ein. Die roten Le-

dersofas werden zur Seite gerückt, an glei-

cher Stelle steht jetzt ein großer Arbeitstisch.

Zehn Wochen lang prüft das Bremer Anwalts-

team Geschäftsunterlagen und Finanzbe-

richte. Anschließend spricht Grönda von ei-

ner „Kriminalinsolvenz“ und einem nur

schwer durchschaubaren Geflecht aus Dut-

zenden von Gesellschaften bei Beluga. Eine

Fortführungschance sieht er nicht mehr für

das angeschlagene Unternehmen.

Für Oaktree ist der Schuldige an der Krise

ohnehin ausgemacht: Niels Stolberg. In ei-

nem 23-seitigen Dossier, das Mitte März an

die Geschäftspartner von Beluga versandt

wird, haben die Oaktree-Anwälte aufgelis-

tet, was sie dem Firmengründer vorwerfen.

Ab Mitte 2009 soll bei der Befrachtungsabtei-

lung Beluga Chartering damit begonnen wor-

den sein, fiktive Umsätze zu erfassen und aus-

zuweisen, um die Bilanz zu schönen. Zu die-

sem Zweck sollen Luftbuchungen getätigt

und Scheinrechnungen an fünf Briefkasten-

firmen in Panama und auf den Britischen

Jungferninseln geschrieben worden sein.

Gut 130 Millionen Euro seien so fälschlich

auf der Einnahmeseite verbucht worden.

Ein Großteil der Scheinrechnungen wurde

offenbar aus anderen Kassen beglichen, ver-

mutlich unter anderem durch sogenannte

„kick backs“, in der Schifffahrt nicht unüb-

lich. Mit chinesischen Werften, auf denen

neue Schiffe gebaut wurden, hätte Stolberg

demnach vereinbart, einen Teil des Kaufprei-

ses, etwa die letzte Rate in Höhe von zehn

Prozent, über einen Mittelsmann an ihn zu-

rück zu überweisen. Weitere 40 Millionen

soll er privat aus seiner auf Spiekeroog ansäs-

sigen Vermögensverwaltung ins Unterneh-

men gepumpt haben.Anderes war allerdings nicht auszuglei-

chen: Treibstoffbestände sollen laut Oaktree

zu hoch deklariert worden sein. Das sei aufge-

fallen, als ein Teil verkauft werden sollte, um

Geld flüssig zu machen. Und das Orderbuch,

das die zu erwartenden Geschäfte und Ein-

nahmen ausweist, soll mit gefälschten Aufträ-

gen ebenfalls aufgebläht worden sein.

Eine Woche nach seinem erzwungenen

Ausstieg meldet sich der Reeder erstmals zu

Wort: „Ich werde mich den Vorwürfen stel-

len.“ Eine weitere Woche später, am Mitt-

woch, den 16. März, betritt Stolberg um 9 Uhr

in Begleitung seines Anwalts Hanns Feigen

das Haus der Staatsanwaltschaft Bremen. In

einer gut zwei Stunden dauernden Verneh-

mung räumt er einen Teil der Vorwürfe ein.

Details werden nicht bekannt. Gerüchte

schwirren durch die Stadt. Dass es Manipula-

tionen gab, gilt als sicher. In welchem Um-

fang und mit welchen Folgen, ist unklar.

Stolberg betont immer wieder, dass es ihm

immer nur um das Unternehmen und die Ar-

beitsplätze gegangen ist. Einen persönlichen

Vorteil hat er sich, soweit bislang bekannt,

nicht verschafft.Ohne die geschönten Bilanzen hätte er ver-

mutlich keine Bankkredite mehr bekommen.

Und Oaktree wäre nicht Investor und Gesell-

schafter bei Beluga geworden. Jetzt aber füh-

len sich die Manager des US-Kapitalfonds

massiv getäuscht und hintergangen – und

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

chen Auftritten und Äußerungen hält sich

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

chen Auftritten und Äußerungen hält sich

schlagen mit aller Wucht zurück. Mit öffentli-

der Finanzinvestor zwar zurück. Dafür

schickt er ein ganzes Heer von Anwälten ge-

gen seinen ehemaligen Partner ins Feld.

Nach der Strafanzeige will Oaktree Stol-

berg nun auch für das investierte Geld haft-

bar machen. Vor Gericht erwirken die Oak-

tree-Anwälte fünf Dutzend Arrestbeschlüsse

in Höhe von 130 Millionen Euro gegen Stol-

bergs Privatvermögen. Gerichtsvollzieher

kleben Pfandsiegel auf sämtliche bekannten

Besitztümer des Reeders: Häuser in Dreiber-

gen, dem Hauptwohnsitz, und auf Spieker-

oog, wo Stolberg sich ein privates Urlaubsdo-

mizil und ein kleines Firmenimperium mit ei-

nem Hotel, Ferienwohnungen und Restau-

rants geschaffen hat. Desgleichen seine Fir-

men und diversen Beteiligungen. Selbst auf

seinen Emil-Nolde-Bildern und auf dem ge-

liebten Klavier der ältesten Tochter prangt

nun der Kuckuck.Wo auch immer mit Stolbergs Geld han-

tiert oder gebaut wird, kommen alle Aktivitä-

ten schlagartig zum Erliegen. In Elsfleth, wo

mit Beluga-Hilfe ein Maritimes Kompetenz-

zentrum und ein Offshore-Ausbildungszen-

trum entstehen sollen. In Oldenburg, wo Stol-

berg dem Handballverein ein Internat für

den Nachwuchs finanziert hat. Und in Drei-

bergen, auf seinem Privatgrundstück.

Es liegt abseits der Hauptverkehrsstraße,

versteckt hinter einer dichten Hecke. Wie ein

schmales Handtuch verläuft es entlang einer

Kuhweide bis zum Ufer des Zwischenahner

Meeres und endet an einem massiven Holz-

steg. Im mannshohen Grillofen liegt unbe-

nutzte Holzkohle. Eine ländliche Idylle, die

Stolberg für seine Familie gefunden hat.

Hier, eine knappe Autostunde von Bremen

entfernt, hat er Ruhe und Ausgleich nach den

langen Tagen bei Beluga gefunden. In Drei-

bergen sind die drei Töchter aufgewachsen,

bodenständig und nahe der Natur.

Stolberg wollte hier ein neues Haus bauen,

nachdem das alte marode geworden war und

abgerissen werden musste. Im Rohbau war

es fertig. Groß und solide, aber alles andere

als eine Villa, wie immer kolportiert wird.

Jetzt ist das Gras rings um die Baustelle knie-

hoch emporgeschossen, weil es seit Wochen

nicht mehr gemäht wurde. Ungestört von

Menschen hoppeln Hasen herum. Die Bauar-

beiter sind verschwunden. Und auch Stol-

berg wird hier nicht mehr einziehen.

Nach der Reederei muss auch ihr Gründer

und einstiger Chef in die Insolvenz. Das

Grundstück samt halbfertigem Haus in Drei-

bergen soll nun ebenso verkauft werden wie

sein Spiekeroog-Imperium, ein Ferienhaus

in Spanien, seine Unternehmen wie das Res-

taurant „Outer Roads“ oder Beteiligungen,

sofern diese noch was wert sind. Und alles an-

dere. Stolberg hat persönlich für Millionen-

kredite gebürgt, nun stellen die Gläubiger

ihre Forderungen. Auch seine Anwälte wol-

len bezahlt werden.Die vergangenen Wochen haben bei Stol-

berg Spuren ins Gesicht gegraben. Die Au-

gen blicken müde, die Ringe darunter sind

tief, die Schläfen stark ergraut. Um die Mund-

winkel liegt ein herber Zug. In Gestik und

Tonfall erkennt man noch den Reeder, der

viele Leute mit seinem ansteckenden Enthu-

siasmus begeistern konnte. Jetzt aber ist der

50-Jährige abrupt abgebremst worden. Er

kann nicht mehr bestimmen, dirigieren, moti-

vieren. Sein Leben, sein Alltag wird von ande-

ren diktiert. Er kämpft. Mit seinem Absturz,

mit Schuldgefühlen und, erstmals vielleicht

im Leben, mit Selbstzweifeln.

Von seinen privaten Besitztümern hat er

sich gedanklich schon verabschiedet. „Reich-

tum war mir eigentlich nie wichtig“, sagt er.

Anderes schmerzt ihn weit mehr. Sein Le-

benswerk, auf das er stolz war und stolz sein

konnte, löst sich in Luft auf. Und ebenso sein

guter Ruf als Unternehmer und Förderer. Spä-

testens seit ein Oldenburger Zivilrichter, ob-

wohl mit dem Einspruch gegen die Arrestbe-

scheide befasst, augenscheinlich seine Kom-

petenzen überschritt, indem er den Betrug

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

hat sich in der Öffentlichkeit der Eindruck

bei Beluga angeblich als erwiesen darstellte,

verfestigt, dass Stolberg schuld an der gan-

zen Misere ist.Dabei hat die Staatsanwaltschaft ihre Er-

mittlungen noch gar nicht abgeschlossen. Be-

stätigt hat sie bis dahin nur, dass sich der Ver-

dacht der Täuschung erhärtet hat. Betrug ist

bislang nicht nachgewiesen. Juristisch ist das

ein gewaltiger Unterschied. Die Fälschung

von Bilanzen wäre in jedem Fall ein kriminel-

les Delikt. Stolberg muss wohl deshalb damit

rechnen, dass Anklage gegen ihn erhoben

wird. Die Höhe des Strafmaßes in einem mög-

lichen Prozess wird entscheiden, ob und in

welchem Ausmaß ein Vermögensschaden

entstanden ist. Und davon hängt ab, ob Stol-

berg auf Bewährung und zu einer happigen

Geldstrafe verurteilt wird oder eine Haft-

strafe antreten muss, wie es das Gesetz in

schweren Fällen vorsieht. Doch all das ist

noch offen.Im November 2010 feiert Stolberg noch mit

Familie und Freunden auf Spiekeroog seinen

50. Geburtstag. Sein schönstes Geschenk:

ein Buch voll mit Widmungen, Lob und Dank-

sagungen, geschrieben von Weggefährten,

Mitarbeitern und Geschäftsfreunden. Die

Stimmung in der Geburtstagsrunde ist heiter

und unbeschwert. An diesem Abend glaubt

er noch daran, die wirtschaftliche Krise und

auch die aufkeimende Missstimmung bei

Oaktree abwettern zu können. Die Existenz

der Reederei und auch seine eigene hält er

nicht für gefährdet.Ein fataler Irrtum. Vier Monate später hat

er alles verloren. Seine Reederei, sein Vermö-

gen, zu größten Teilen auch seine Reputation

und die mühsam errungene gesellschaftliche

Anerkennung.Es ist ein rasanter Absturz des eben noch

gefeierten Unternehmers und Förderers von

Sport, Kultur und sozialen Projekten. Die

Branche ist sicher, dass sich Stolberg am

Ende überschätzt und schwer verhoben hat.

Es hatte vor Jahren schon Warnungen gege-

ben, er möge das Wachstum abbremsen und

sein Unternehmen lieber neu ordnen. Stol-

berg schlägt den Rat in Wind. Ein milliarden-

schweres Neubau-Programm, das Experten

für viel zu teuer halten, wird für Beluga zum

größten Problem.Die Schwierigkeiten beginnen 2009. Im

Jahr zuvor präsentiert Stolberg noch die

beste Bilanz der Unternehmensgeschichte,

mit gut 400 Millionen Euro Umsatz und ei-

nem operativen Gewinn von fast 70 Millio-

nen Euro, die Reederei zieht mit 500 Mitarbei-

tern in die neue Unternehmenszentrale auf

dem Bremer Teerhof. Es ist das letzte gute

Jahr. Wie erwartet, wird der Schwergut-

Markt gegenüber anderen Segmenten in der

Schifffahrt erst mit Verzögerung von der Wirt-

schaftskrise heimgesucht, weil etliche Groß-

aufträge noch abzufahren sind. Dann aber

bleiben neue Projekte aus, die Schere zwi-

schen Ausgaben und Einnahmen beginnt

sich gefährlich zu öffnen.Öffentlich wird das nicht wahrgenommen.

sich gefährlich zu öffnen.Öffentlich wird das nicht wahrgenommen.

sich gefährlich zu öffnen.Doch die Beluga-Schiffe, weltweit unter-

wegs, verdienen nicht mehr genug Geld, um

die hoch abgeschlossenen Charterraten be-

zahlen zu können. Und es reicht erst recht

nicht, um das nötige Eigenkapital für die vie-

len bestellten Schiffe aufzubringen. Bereits

im Frühjahr 2009 versucht Stolberg deshalb

unter den Rettungsschirm der Kreditanstalt

für Wiederaufbau (KfW) zu schlüpfen und

n Die Beluga Shipping GmbH wurde im De-

zember 1995 in Bremen gegründet. 1998

wurde das erste eigene Schiff in Dienst ge-

stellt. In den folgenden Jahren wuchs das Un-

ternehmen rasch. Zuletzt fuhren 72 Mehr-

zweck-Schwergutfrachter für Beluga. Die

Reederei war mit 15 Niederlassungen welt-

weit vertreten und beschäftigte allein in Bre-

men 670 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wurde ein

Umsatz von 415 Millionen bei einem Gewinn

von 68 Millionen Euro erzielt. Als Schwer-

gut-Reederei transportierte Beluga sperriges

und schweres Stückgut wie Anlagenkompo-

nenten, Windräder oder Aggregate für die In-

dustrie. Im Juni wurde die neue Reedereige-

bäude auf dem Bremer Teerhof bezogen, ein

gutes Jahr später erfolgte der Einstieg des

US-Investors Oaktree bei Beluga.

Das Firmengebäude der ehemaligen Beluga-Reederei auf dem Teerhof in Bremen. Jetzt arbeiten dort nur noch 65 Menschen, die das Unternehmen endgültig

Roger Iliffe, Oaktree-Vize-Präsident und ehemali-

ger Beluga-Geschäftsführer. FOTO: KOCH

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VO

Beluga Shipping – Bremens einstige Vorzeige-Reederei

„Wir werden Beluga miterheblichen Ressourcenunterstützen.“

Hermann Dambach (Oaktree) im März 2011

7

Der Besucher, der an diesemsonnigen Nachmittag daslichtdurchflutete Chef-Büroim sechsten Stock des Be-luga-Towers betritt, trägt ei-nen teuren Anzug und ein jo-viales Lächeln. Er grüßtfreundlich, legt die Hand

auf den Unterarm von Niels Stolberg, er-kundigt sich nach dessen Familie. Die bei-den Herren kennen sich schon eine Weile.Hermann Dambach vertritt den US-Kapital-investor Oaktree Capital Management inDeutschland. Oaktree ist neuer Geldgeberund mächtiger Mit-Gesellschafter der vonStolberg gegründeten Reederei.

Das Treffen ist geplant und im Terminka-lender vermerkt. Der Oaktree-Mann willdie anstehende Restrukturierung der Ree-derei mit Stolberg besprechen. Er hat seineAnwälte dazu mitgebracht. Nichts Beson-deres, reine Routine. Stolberg folgt ihm indas Konferenzzimmer. Begleitet wird ervon seinem Anwalt.

Kaum hat der Reeder Platz genommen,ist es mit der Freundlichkeit vorbei. Dam-bach hat seine sechs Anwälte links undrechts von sich positioniert. Sie kommen so-fort zur Sache. Packen Papiere auf denTisch. Bilanzauszüge, Rechnungen, ausge-druckte E-Mails. Es geht um Betrug, Fäl-schung und kriminellen Handlungen. Mil-lionensummen schwirren durch den Raum.Brüllend nehmen die Anwälte Stolberg indie Zange.

Der 50-Jährige wird weiß im Gesicht,sackt in sich zusammen. Der Mann an sei-ner Seite will sogar den Notarzt rufen. Zu ei-ner Antwort ist Niels Stolberg in diesemMoment nicht mehr fähig, auch nicht zu Wi-derspruch. Sein Anwalt bleibt stumm.

Als Stolberg ultimativ aufgefordert wird,sofort das Haus – seine Reederei – zu verlas-sen, steht er auf und geht. Nach 15 JahrenBeluga bleiben dem Firmengründer nurzehn Minuten, um unter strenger Aufsichtein paar persönliche Sachen zusammenzu-packen. Er wird später erzählen, dass erwie in Trance gehandelt hat, zu keinem kla-ren Gedanken mehr fähig. Dann wird ihmder Zugangschip abgenommen, Sicher-heitsleute geleiten den geschassten Reede-reichef hinaus. Wie betäubt fährt er nachHause und ist vorerst für niemanden mehrzu sprechen.

Es ist der 1. März 2011. Ein Dienstag. AmMorgen war Stolberg auf einem Geschäfts-termin, danach hat er telefoniert und Mee-tings abgehalten. Es ist ein Tag wie so vieleandere in den Wochen und Jahren zuvor.Oben im sechsten Stock hat er sein Eck-büro mit dem großen Schreibtisch und denroten Ledersofas. Von dort steuert er mehrals 600 Mitarbeiter in dem imposanten Ree-dereigebäude am Ufer der Weser. BeimBlick aus den bodentiefen Panoramafens-tern scheint es fast ein bisschen so, als obihm die historische Altstadt mit den Spei-cherfassaden und den Zwillingstürmen desDoms zu Füßen liege. Stolberg sieht gern hi-naus. Er genießt seinen Aufstieg, für dendie neue Unternehmenszentrale ein stein-gewordenes Symbol ist.

Der Sohn eines Lotsen ist zu Bremens er-folgreichstem Reeder geworden. Er hat

seine Firma binnen 15 Jahren zum globa-len Marktführer für Schwerguttransportegemacht. Er hat die Stadt und ihre hansea-tisch zurückhaltende Kaufmannschaft mitseiner unkonventionellen Art erst über-rascht, dann überzeugt. Zur größten FlotteBremens mit 72 Schiffen kommen diehöchsten gesellschaftlichen Weihen.

Er ist Schaffer und Eiswettgenosse, sitztim Aufsichtsrat des Fußballvereins WerderBremen, fördert Hochschulen, Kunst undsoziale Projekte mit Millionenbeträgen. Erist ganz oben angekommen.

Doch Stolberg ist unruhig. Die Öffentlich-keit erfährt in diesen Tagen nur, dass er umein von Piraten entführtes Schiff bangt undalles daran setzt, es freizubekommen. Vonden sich anbahnenden Problemen bei derReederei und der inneren Gemütsverfas-sung des Unternehmers ahnt sie nichts.

Seit Wochen hat Stolberg keine Verträgemehr unterschrieben. Und das in Zeiten, indenen es seiner Reederei erstmals in ihrerGeschichte schlecht geht. Schon das Jahr2009 endet mit einem Minus im operativenGeschäft. 2010 war noch schlimmer. DasJahr 2011 hat kaum besser angefangen.Stolberg ist 15 Jahre auf einer Woge des Er-folgs geritten und ist es gewohnt, über dieverdienten Millionen zu verfügen, wie erwill. Schon vor diesem Dienstag ist er nichtmehr Herr im eigenen Hause. Oaktree hatdas Kommando übernommen.

Anfangs sind beide Seiten von der Zu-sammenarbeit schwer begeistert. Oaktree,in Deutschland bis dahin bei einem Verpa-ckungsmittelunternehmen, einer Yacht-Manufaktur und einem Speiseeis-Herstel-ler aktiv, wittert ein neues und renditeträch-tiges Geschäft bei der aufstrebenden Bre-mer Reederei. Und Stolberg schwärmt gera-dezu von der Professionalität der Finanzex-perten, die seiner stetig wachsenden Be-luga die fehlenden Firmenstrukturen ver-passen sollen. Vor allem aber braucht erOaktree, um sein großes Neubaupro-gramm und den teuren Einstieg in den Off-shore-Markt zu finanzieren. Im Jahr 2009,inmitten einer weltweit anhaltenden Rezes-sion und der schwersten Schifffahrtskriseder Nachkriegszeit, ist bei Banken und an-deren Schiffsfinanzierern kein Geld mehrzu bekommen. Oaktree ist der Partner, denStolberg für seine kühnen Pläne braucht.

Die anfängliche Begeisterung füreinan-der ist aber schnell verflogen. Ohne Zustim-mung der Amerikaner läuft schon seitEnde Januar bei Beluga nichts mehr. Denndie Reederei wirft nicht ab, was erhofft war.Nun drängen die Oaktree-Manager kom-promisslos darauf, das Unternehmen effek-tiver zu machen und Kosten zu sparen. Stol-berg hat sich darauf eingelassen, weil aucher keine Alternative dazu sieht. In der Krisefehlen die Frachtaufträge. Die Einnahmendecken die immensen Ausgaben nichtmehr. Ständig gibt es finanzielle Engpässe.Die nötige Restrukturierung des Geschäftswill der Bremer aber auf seine, auf die han-seatisch-behutsame Art machen. Den Eig-nern der von ihm gecharterten Schiffe, diefür eine gewisse Zeit Verzicht üben sollen,will er einen späteren Ausgleich anbieten.So hatte er es 2009 und 2010 auch gemacht.

Fortsetzung auf der nächsten Seite

VON KRISCHAN FÖRSTER

DER BELUGA-KRIMI: VOM EINSTIEG DES US–FINANZINVESTORS OAKTREE BIS ZUM FALL VON NIELS STOLBERG

DerUntergang

einerReederei

Viele Jahre sehr erfolgreich, hat Beluga-Gründer Niels Stolberg innerhalb weniger Wochen alles verloren: seine Reederei, sein Vermö-gen, seine Reputation. Er wird beschuldigt, den US-Finanzinvestor Oaktree mit falschen Zahlen getäuscht zu haben. FOTO: FÖRSTER

525. JUNI 2011

S O N N A B E N D

Dossier

24 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

off enbart Andreas Kurz mit Faktenreichtum und handfes-

ter Recherche die Relevanz eines bislang wenig präsenten

Th emas.

Kurz ist neben seiner journalistischen Tätigkeit Volljurist

sowie Dozent für Internet-, Urheber- und Presserecht. Der

gebürtige Berliner ist seit 2009 Koordinator und Redak-

teur für Recht und Steuern bei den G+J Wirtschaft sme-

dien, u.a. für Financial Times Deutschland (FTD) und

Impulse. Zuvor war er als Redakteur bei Reuters TV sowie

als freier Mitarbeiter beim Rundfunk Berlin-Brandenburg

tätig. 2004 absolvierte er die Evangelische Journalisten-

schule.

Kategorie Print, Online Regional

Krischan Förster:

„Der Untergang einer Reederei“,

erschienen im Weser kurier

Der Untergang der Beluga-Reederei war Th ema des

Gewinnerbeitrags von Krischan Förster, der nicht nur

etwas über die Höhen und Tiefen des unternehmerischen

Alltags verrät, sondern auch über die Rolle des Faktors

Mensch. Es gelingt dem Autor mit viel Sachverstand,

Recherche und psychologischem Feingefühl, den Leser

von der ersten bis zur letzten Zeile zu fesseln.

Seit 1998 ist Krischan Förster Redakteur beim Weser-

Kurier in Bremen. Zuvor war er Redakteur bei der Märki-

schen Oderzeitung sowie als freier und fester-freier Mitar-

beiter bei der BILD Berlin und dpa Leipzig tätig.

Page 25: 10. Medienpreis Mittelstand

252002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Kategorie Hörfunk

Thomas Morawetz: „Die Geschichte der Mittelschicht –

Vom zarten Trieb zum Hartholz“,

ausgestrahlt im Bayerischen Rundfunk

Thomas Morawetz erzählt in seinem Beitrag die

Geschichte des Mittelstands wie ein Historiker. Er spannt

einen großen Bogen, stellt Zusammenhänge her und

schafft es so zu erzählen, dass man ihm nicht beiläufig

zuhört, sondern gespannt lauscht.

Als Journalist schreibt er seit mehr als zehn Jahren für

die Hörfunksendungen des Bayerischen Rundfunks zu

Wissensthemen, vorrangig aus den Bereichen Geschichte,

Politik, Literatur. Dazu gehören beispielsweise das Feature „Alpenrausch und Heimatdesign“ (2008)

über den neuen Trachtenboom unter Jugendlichen zur Münchner Oktoberfestzeit sowie

„Der Sozialstaat - Traumlösung und Klotz am Bein?“ (2011), ein Feature zur Geschichte des Sozial-

staats durch die verschiedenen deutschen Staaten von Bismarck bis heute.

Gewinner Kategorie TV Kurz

Thomas Heinloth: „50 Jahre Europoalette“,

gesendet bei „was!“ im rbb

In rund dreieinhalb Minuten zeigt Thomas Heinloth ein eindrucksvolles Porträt der Europalette, die

2011 ihren 50. Geburtstag gefeiert hat. Ihm gelingt es, den Zuschauer für einen Gegenstand zu begeis-

tern, der auf den ersten Blick nicht viel mehr ist als Fichtenbretter, Pressspanklötze und Nägel. Das

macht seinen TV Beitrag „50 Jahre Europalette“, gesendet bei „was!“ im rbb, so außergewöhnlich.

Der Diplom-Journalist und Redakteur ist seit 2001 als Autor, Realisator, CvD und Planer beim rbb-

Fernsehen für die Formate „Brandenburg aktuell“, „rbb aktuell“, „rbb um 6“, „Heute im Parlament“,

„was!“ und die Redaktion „ARD aktuell“ im Einsatz. Vorher war er als Redakteur im Ressort „Poli-

tik“ der Münchner „Abendzeitung“ und Freier Dozent für Medienpraxis an der Georg-von-Vollmar-

Akademie, dem Institut Jugend Film Fernsehen (JFF) und dem Institut für Innovation in Praxis und

Theorie e.V. tätig.

Page 26: 10. Medienpreis Mittelstand

26 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

René Kohl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und

Handelskammer (IHK) Potsdam

„Gratulation! Zehn Jahre Medienpreis Mittelstand. Zehn

Jahre hochwertige Beiträge aus Print, Online, Funk und

Fernsehen. Der Preis hat sich als feste Größe im bun-

desweiten Vergleich etabliert und zielt ganz klar auf ein

Hauptkriterium: Auf den professionellen Umgang mit

journalistischen Inhalten zum Standbein der deutschen

Wirtschaft – zum Mittelstand. Dabei spielen Aktuali-

tät und Relevanz des Themas eine entscheidende Rolle,

ebenso die Qualität der Recherche und der Informations-

gehalt bei guter Verständlichkeit von Sprache und Bild.“

9. Medienpreis Mittestand – Die Gratulanten

Dr. Karsten Koitz, EuroNorm GmbH

„Medienpreis Mittelstand tut gut und ist unverzichtbar!

Wir leben und arbeiten in einer Zeit, in der sich mediale

Schwerpunkte zu großen Teilen auf die ganz großen Un-

ternehmen und die „nicht positiv Sachverhalte“ konzent-

rieren. Unser volkswirtschaftlicher Reichtum wird aber zu

ganz erheblichen Prozenten von den kleinen und mittel-

ständischen Unternehmen in der positiven Alltäglichkeit

des unternehmerischen Agierens erzeugt. Dass aber diese

Alltäglichkeit sehr viel „Besonderes und Berichtenswer-

tes“ enthält, zeigen die Beiträge der Preisträger in diesem

schönen Wettbewerb ganz konkret und lesenswert auf. In

diesem Sinne einen doppelten Glückwunsch an die Erfin-

der und Organisatoren des Preises und an die diesjährigen

Preisträger!“

Page 27: 10. Medienpreis Mittelstand

272002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand 2002 - 2012: 10 Jahre Medienpreis Mittelstand

Andreas Buchner, Vorstand Communicatio AG

„Die Communicatio AG als mittelständisches Medien-

MarkenHaus kennt das Problem: Große Unternehmen,

die Journalisten unkompliziert, schnell und professionell

durch ganze Abteilungen mit allen gewünschten Infor-

mationen versorgen, beherrschen die Wirtschaftsteile der

Medien und prägen das Bild in der Öffentlichkeit – ob-

wohl die Wirtschaft getragen wird von kleinen und mittel-

ständischen Firmen. Selbst der Unterschied zwischen ei-

nem Manager und einem Unternehmer bleibt dabei meist

auf der Stecke. Es ist eben wesentlich aufwendiger, aber

auch unendlich spannender, sich mit knorrigen Typen,

interessanten Ideen und erfolgreichen (oder aber erfolglo-

sen) Geschäftsmodellen zu beschäftigen. Dieses Bemühen

belohnt der Medienpreis Mittelstand nun zum 10. Mal.

Wir wünschen ihm alles Gute für die nächsten 10 Jahre!“

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FORUM PROJEKTE PROJEKTKOMMUNIKATION IN DEUTSCHLAND

10. Oktober 2012 - Nürnberg // 25. Oktober 2012 - Potsdam // 6. November 2012 - Cottbus22. November 2012 - München // 4. Dezember 2012 - Leipzig

Rechtssicherheit geht vor Öffentlichkeit, stellt aber nicht automatisch Legitimität und Machbarkeit eines Projekts her. Die rechtliche Komponente ist Wegbereiter eines Projekts, die kommunikative Komponente ist der Schrittmacher. „Forum Projekte“ vermittelt Zusammenhänge und zeigt Best-Practise-Cases.

Medienpartner

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Anmeldung unter:wbpr_ KommunikationMünchner Straße 20 _ 85774 Unterföhring Tel.: 089 995906-24 _ Fax: 089 995906-99www.wbpr.de/forum-projekte [email protected]

Page 28: 10. Medienpreis Mittelstand

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