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SILENTIUM 10.11.2013 PHILIPP AHMANN LEITUNG ENSEMBLE RESONANZ JULIAN PRÉGARDIEN TENOR MILJENKO TURK BARITON SAISON 2013/2014 ABONNEMENTKONZERT 2

10.11.2013 SILENTIUM · Esther Alba Lopez Donata Böcking Chang-Yun Yoo VIOLONCELLO Saskia Ogilvie Saerom Park Jörn Kellermann KONTRABASS Anne Hofmann Benedict Ziervogel SCHLAGZEUG

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Page 1: 10.11.2013 SILENTIUM · Esther Alba Lopez Donata Böcking Chang-Yun Yoo VIOLONCELLO Saskia Ogilvie Saerom Park Jörn Kellermann KONTRABASS Anne Hofmann Benedict Ziervogel SCHLAGZEUG

SILENTIUM10.11.2013

PHILIPP AHMANN LEITUNG ENSEMBLE RESONANZ JULIAN PRÉGARDIEN TENOR MILJENKO TURK BARITON

SAISON 2013/2014 ABONNEMENTKONZERT 2

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SILENTIUMLEITUNG

SOLISTEN

ARVO PÄRT (*1935)

BENJAMIN BRITTEN (1913 – 1976)

SONNTAG, 10. NOVEMBER 2013, 18 UHR

HAMBURG, HAUPTKIRCHE ST. NIKOLAI

17 Uhr: Einführungsveranstaltung mit Habakuk Traber

in der Kirche

PHILIPP AHMANNENSEMBLE RESONANZJULIAN PRÉGARDIEN TENOR

MILJENKO TURK BARITON

Cantus in Memory of Benjamin Britten

für Streichorchester und eine Glocke

Berliner Messe

für Chor und Streichorchester

Kyrie | Gloria | Erster Alleluiavers zum Pfi ngstfest

Zweiter Alleluiavers zum Pfi ngstfest

Veni Sancte Spiritus | Credo

Sanctus und Benedictus | Agnus Dei

PAUSE

Hymn to St. Cecilia op. 27

für Chor a cappella

Cantata Misericordium op. 69

für Tenor, Bariton, Chor und kleines Orchester

Auszüge aus dem Konzert werden am Samstag, den 23. November 2013 um 19 Uhr im Rahmen der Sendung „Musica – Glocken und Chor“ auf NDR Kultur gesendet.

02 | PROGRAMMABFOLGE

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LEITUNG

Philipp Ahmann ist seit der Saison 2008/09 Chor-

direktor des NDR Chores in Hamburg. Vor Kurzem

hat er seinen Vertrag um weitere fünf Jahre ver-

längert. Unter seiner Leitung wurde eine eigene

Abonnement-Reihe des Chores gegründet, die

seither bei Publikum und Kritik begeisterten An-

klang findet. Neben der Erarbeitung der A-cappella-

Literatur aller Epochen hat Philipp Ahmann sich

auch einen Namen mit Interpretationen oratori-

scher Werke vom Barock bis zur Moderne gemacht,

darunter Kompositionen von Bach, Händel, Mozart,

Haydn, Berlioz, Kagel, Gubaidulina und MacMillan.

Dabei arbeitete er mit Orchestern der Alten Musik

wie Concerto Köln, dem Elbipolis Barockorchester

Hamburg und Concerto con Anima sowie mit

Spezialensembles der Neuen Musik wie dem

Raschèr Saxophone Quartet, dem Ensemble

Resonanz und dem Gürzenich-Orchester Köln zu-

sammen. Produktionen mit der NDR Bigband

und NDR Brass sowie die Leitung des NDR Mitsing-

projektes SINGING! mit über 600 Sängerinnen

und Sängern in der vergangenen Spielzeit unter-

streichen seine Vielseitigkeit. Die 2012 erschie-

nene CD „Venezia“ mit dem NDR Chor stieß bei

der Kritik auf große Zustimmung. Ihr werden in

diesem Jahr weitere Produktionen folgen, welche

die künstlerische Arbeit von Philipp Ahmann und

dem NDR Chor dokumentieren.

Philipp Ahmann wurde 1974 geboren. Er studierte

in Köln Dirigieren bei Marcus Creed und erhielt

weitere Impulse durch die Arbeit mit Peter Neu-

mann, Frieder Bernius und Robin Gritton. In der

Spielzeit 2005/06 begann Ahmann seine Arbeit mit

Rundfunkchören, zunächst mit dem SWR Vokal-

ensemble Stuttgart und dem NDR Chor. Eine regel-

mäßige Zusammenarbeit verbindet ihn zudem mit

dem MDR Rundfunkchor und dem WDR Rundfunk-

chor, wo er – neben Einstudierungen – Produktio nen

leitet und Konzerte dirigiert. Zur Saison 2013/14

wurde er vom MDR Rundfunkchor als Erster

Gastdirigent berufen.

Für renommierte Dirigenten wie Christoph von

Dohnányi, Thomas Hengelbrock, Semyon Bychkov,

Gerd Albrecht, Peter Eötvös und Heinz Holliger

studierte Philipp Ahmann Werke der verschie-

densten Stil epochen ein.

PHILIPP AHMANN

03LEITUNG | 03

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In der Spielzeit 2013/14 zeigt der NDR Chor unter

der Leitung seines Chordirektors Philipp Ahmann

die ganze Bandbreite seines Repertoires und

seiner Möglichkeiten. Im Mittelpunkt steht die

Abonnementreihe mit thematisch konzipier ten

A-Cappella-Konzerten, mit renommierten Gast-

solisten und Ensembles.

Daneben ist der NDR Chor – als der professionel le

Konzertchor des Nordens – mit einem vielfältigen

Programm im gesamten Sendegebiet des NDR und

darüber hinaus präsent. Zu seinen Partnern zählen

dabei alle Ensembles des NDR bis hin zur Bigband

sowie eine Reihe renommierter Solis ten, Orches ter

und Dirigenten. Einladungen führen den NDR Chor

zum Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des

SWR und zum WDR Sinfonieorchester Köln sowie

zu ge meinsamen Konzerten mit dem SWR Vokal-

ensemble Stuttgart und dem RIAS Kammerchor.

In der Spiel zeit 2013/14 sind darüber hinaus Kon-

zerte mit dem FestspielOrchester Göttingen, dem

Raschèr Saxo phone Quartet und der Accademia

Bizantina geplant.

Regelmäßig gastiert der NDR Chor bei renom-

mier ten Festivals: in dieser Spielzeit u. a. beim

Schleswig-Holstein Musik Festival, der Bachwoche

Ansbach, den Internationalen Händel-Festspielen

Göttingen, den Händel-Festspielen Halle, den

Festspielen Mecklenburg-Vorpommern und dem

internationalen Kirchenmusik-Festival „Anima

Mundi“ in Pisa.

NDR CHOR

04 | NDR CHOR

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NDR CHOR

SOPRANRegine Adam

Bettina Hunold

Dorothee Risse-Fries

Katharina Sabrowski

Stephanie Stiller

Keiko Enomoto

Raphaela Mayhaus

Sylke Alshuth

Sonja Adam

Chiyuki Okamura

Elisa Rabanus

TENORDantes Diwiak

Christian Beller

Joachim Duske

Aram Mikaelyan

Goetz Phillip Körner

Victor Schiering

Stephan Hinssen

ALTAlmut Pessara

Gabriele-Betty Klein

Ursula Ritters

Christa Diwiak

Ina Jaks

Gesine Grube

Kristien Daled

Andrea Hess

BASSChristoph Liebold

Christfried Biebrach

Dávid Csizmár

Frederick Martin

Andreas Pruys

Dietmar Sander

Manfred Reich

DER NDR CHOR BEI FACEBOOKAlle Infos über den NDR Chor, seine Konzerte und das Abonnement gibt es natürlich auf unserer Homepage.Aber der NDR Chor ist auch auf Facebook vertreten. So können Sie auch über die sozialen Netzwerke im Kontakt mit uns bleiben!

CHORDIREKTORPhilipp Ahmann

VORSTANDRegine Adam

Christa Diwiak

Joachim Duske

NDR CHOR | 05

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06 | ENSEMBLE RESONANZ

Das Ensemble Resonanz repräsentiert eine neue

Generation von Musikern: Mit Spielfreude und

höchstem musikalischem Anspruch widmen sie

sich der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts und

lassen sie in sinnstiftenden wie neuartigen Pro-

grammen auf frisch interpretierte Meisterwerke

früherer Epochen treffen. Neue Wege zu eröffnen

und gewohnte Grenzen zu überschreiten gehört

zu ihren Markenzeichen.

Keimzelle und Heimathafen des künstlerischen

Schaffens ist für das Ensemble Resonanz die Ham-

burger Konzertreihe „Resonanzen“, in der es seine

einzigartige programmatische Vision gemeinsam

mit namhaften Solisten und den gefragtesten

Komponisten der Zeit präsentiert. Auch auf inter-

na tiona lem Parkett hat sich das Ensemble Reso-

nanz einen hervorragenden Ruf erspielt und lässt

auf Konzertreisen nach Wien, Salzburg, Paris, Ve-

nedig, Amster dam sowie von Indien über New York

bis nach Mexi ko ein begeis tertes internationales

Publikum zurück.

Auf diesem Weg werden die als Unternehmerkol-

lektiv organisierten Musiker ab September 2013

regelmäßig von der weltweit gefeierten Bratschistin

Tabea Zimmermann angeführt, die als Artist in

Residence in zahlreichen gemeinsamen Einstudie-

rungen und Konzerten mit dem Ensemble zu

erleben sein wird.

ENSEMBLE RESONANZ

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ENSEMBLE RESONANZBESETZUNG

ENSEMBLE RESONANZ | 07

VIOLAJustin Caulley

Marie-Theres Stumpf

Esther Alba Lopez

Donata Böcking

Chang-Yun Yoo

VIOLONCELLOSaskia Ogilvie

Saerom Park

Jörn Kellermann

KONTRABASSAnne Hofmann

Benedict Ziervogel

SCHLAGZEUGPeter Hartmann

HARFEGesine Dreyer

KLAVIERChristoph Hahn

VIOLINEJuditha Haeberlin

Tom Glöckner

David-Maria Gramse

Dorothea Knell

Christine Krapp

Benjamin Spillner

Swantje Tessmann

Önder Baloğlu

Laura Rajanen

Paul Valikoski

Katharina Vogt

Hayley Wolfe

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TENOR

Der junge deutsche Tenor Julian Prégardien ist

als Opern-, Konzert- und Liedsänger international

gleichermaßen erfolgreich.

In der Spielzeit 2013/14 gastiert er als Jaquino in

Beethovens „Fidelio“ mit der Deutschen Kammer-

philharmonie Bremen und Paavo Järvi, als Prinz in

Holligers „Schneewittchen“ am Theater Basel und

als Gomatz in Mozarts „Zaide“ beim Deutschen

Mozartfest in Reutlingen.

Als Evangelist in Bachs Matthäus-Passion war

Julian Prégardien 2012 unter der Leitung von

Philippe Herreweghe im Lincoln Center in New

York und 2013 mit dem Chor des Bayerischen

Rundfunks im Herkulessaal in München sowie

im Amsterdamer Concertgebouw mit De Neder-

landse Bachvereniging zu erleben. Gemeinsam mit

Cecilia Bartoli sang er zudem Anfang 2013 das

Stabat mater von Agostino Steffani. Die CD-Pro-

duktion erscheint 2013 bei Decca.

Julian Prégardien tritt bei Festivals wie dem

Menuhin Festival Gstaad, den Schwetzinger Fest-

spielen, dem Edinburgh International Festival, dem

Maggio Musicale Fiorentino, dem Davos Festival,

der styriarte Graz und der Schubertiade Schwar-

zenberg auf. Im Frühjahr 2014 wird seine erste

Lied-CD beim Label myrios classics erscheinen.

Der Sänger setzt mit Vorliebe besondere kammer-

musikalische Programmideen um: Beim Streich-

quartettfest des Heidelberger Frühlings 2013

leitete er ein Ensemble aus vier Streichquartetten

und vier Sängern mit eigenen Bearbeitungen

von mehrstimmigen Gesängen Franz Schuberts.

Gemeinsam mit dem Gémeaux Quartett entstand

eine Bearbeitung des Heine-Liederkreises op. 24

von Robert Schumann. In Planung sind zudem eine

Zusammenarbeit mit dem Morgenstern Trio im

Jahr 2014 und eine Schubertiade mit einem Trio

aus Gitarre, Flöte und Baryton.

Seine musikalische Ausbildung erhielt der 1984

in Frankfurt geborene Sänger im Elternhaus, bei

der Limburger Dommusik und an der Hochschule

für Musik Freiburg. Seit dem Sommersemester

2013 hat Julian Prégardien einen Lehrauftrag in

der Oratorienklasse der Hochschule für Musik

und Theater München.

JULIAN PRÉGARDIEN

08 | SOLIST

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SOLIST | 09

BARITON

Der kroatische Bariton Miljenko Turk gehörte bis

zur Spielzeit 2009/10 dem Ensemble der Kölner

Oper an und ist ihr seitdem als Gast verbunden. In

Köln bekam er für seine besonders eindringli chen

Interpretationen den Offenbach-Preis überreicht.

Zu seinem Repertoire gehören alle wichtigen Rol-

len seines Fachs, darunter Papageno in Mozarts

„Zauberflöte“, Silvio in Leoncavallos „I pagliacci“,

Marcel in Puccinis „La Bohème“, Guglielmo in

Mozarts „Così fan tutte“, die Titelrolle in Brittens

„Billy Budd“, Wolfram in Wagners „Tannhäuser“,

Sharpless in Puccinis „Madama Butterfly“, der Graf

in Lortzings „Wildschütz“ und Olivier in Richard

Strauss’ „Capriccio“.

Er gastiert an bedeutenden Häusern wie der

Dresdner Semperoper, der Volksoper Wien, der

Opéra national du Rhin Strasbourg und der Oper

Leipzig sowie bei international renommierten

Festivals wie den Ludwigsburger Schlossfest-

spielen, den Salzburger Festspielen und den

Bayreuther Festspielen. Darüber hinaus verfügt

Miljenko Turk über ein breit gefächertes Konzert-

repertoire. So gastierte er u. a. in der Kölner

Philharmonie, im Münchner Gasteig und in der

Tonhalle Düsseldorf und trat mit dem Branden-

burgischen Staatsorchester Frankfurt auf.

Im Jahr 2013 war Miljenko Turk u. a. als Kilian in

Webers „Freischütz“ an der Berliner Staatsoper,

als Ezio in Verdis „Attila“ an der Kölner Oper, als

Tarquinius in Brittens „The rape of Lucretia“ beim

Maggio Musicale Fiorentino sowie als Papageno

bei den Eutiner Festspielen zu sehen.

Zu den Höhepunkten der Saison 2013/14 gehören

Auftritte an der Kölner Oper, an der Staatsoperette

Dresden sowie mit den Münchner Symphonikern.

Von 1994 bis 1998 studierte Miljenko Turk Gesang

an der Universität für Musik und Darstellende

Kunst Graz bei Wolfgang Gamerith und besuchte

anschließend den Studiengang Lied und Oratorium.

Er vervollständigte seine Studien bei Hans Sotin

an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und bei

Meisterkursen u. a. mit Dietrich Fischer-Dieskau.

Miljenko Turk nimmt ehrenamtlich am bundes-

weiten Schulprojekt „Rhapsody in School“ teil.

MILJENKO TURK

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SILENTIUM

„In den letzten Jahren hatten wir viele Verluste in

der Musikwelt zu beklagen“, schrieb Arvo Pärt um

1980. „Warum schlug Benjamin Brittens Tod am

4. Dezember 1976 eine so starke Saite in mir an?

In dieser Zeit war ich wohl an dem Punkt angelangt,

an dem ich die Größe eines solchen Verlustes

ermessen konnte. […] Kurz vor seinem Tod begann

ich die außergewöhnliche Reinheit seiner Musik

zu schätzen – eine Reinheit ähnlicher Art hatte ich

in den Balladen Guillaume de Machauts verspürt.

Außerdem wollte ich ihm seit langem persönlich

begegnen – nun würde es nicht mehr dazu kom-

men.“ Die Nachricht von Brittens Tod erreichte Pärt,

als er noch in der Sowjetrepublik Estland lebte und

nach längerer Schaffenskrise mit ersten Werken zu

dem Stil gefunden hatte, der sein weiteres Schaf-

fen bestimmte. Er nannte ihn „Tintinnabuli-Stil“.

Tintinnabeln sind liturgische Glocken, für den

russisch-orthodoxen Christen Pärt stand ihr Klang

für den heiligen Raum und die heilige Handlung.

Die meisten Werke komponierte er danach ent-

weder direkt zu oder nach geistlichen Texten, oder

sie haben die geistliche Gemeinschaft zum Gegen-

stand. Der „Cantus in Memory of Benjamin Britten“

bietet den neuen Stil in beispielhafter Reinheit.

„CANTUS IN MEMORY OF BENJAMIN BRITTEN“Die Glocke ist darin doppelt präsent, real und satz-

technisch sublimiert. Real eröffnet und be schließt

sie das Stück; Dreiergruppen von Glockenschlägen

markieren das Maß der Zeit. Satztechnisch: Fast

jeder Melodiestimme ist eine „Tintinnabuli-Stimme“

begleitend mitgegeben. Die Melodiestimmen be -

wegen sich auf der Tonleiter vom oberen Ton aus

immer weiter abwärts, einen, zwei, drei – bis zu

zwanzig Schritte. Die „Tintinnabuli-Stimme“ nutzt

Töne des zugehörigen Dreiklangs. Die Stimmpaare

folgen einander im Kanon, jeder Einsatz eine Oktave

tiefer, jeder im halben Tempo des vorherigen. Die

Viola in der Mitte der Zeitmaße und des Klang-

spektrums spielt nur die Melodiestimme wie einen

Cantus firmus. Material und Verfahren sind einfach.

Sind sie gefunden, schreibt sich das Stück wie von

selbst. Zu entscheiden sind die Art des Beginnens

und des Schließens, der Grundpuls und die Kurve

der Lautstärke. Den Anfang läutet die Glocke ein.

Das Ende ist ein längerer Prozess mit gegenläufigen

Kräften. Die einzelnen Stimmen kommen zu ver-

schiedener Zeit an ihrem letzten Ton an. Die Glocke

setzt aus, mit ihr die Tintinnabuli-Stimme in der

Tiefe. Erst zum Schlussklang sind beide wieder da.

Die Streicher spielen in maximaler Lautstärke

durch, aber ihr Klangraum verengt sich dabei.

Pärt schreibt objektivierte Musik; Entsprechungen

in der Bildenden Kunst fände man nicht in der

gegenständlichen oder abstrakten, sondern in der

Ikonenmalerei, die dem Göttlichen nicht durch

in dividuellen Ausdruck, sondern durch das immer

wieder neue Arrangieren archetypischen Materials

huldigt. Aus solchem – aus Tonleiter und Dreiklang –

komponierte Pärt den „Cantus“. Durch die

„Tintinnabuli-Stimmen“ bleibt ein fluktuierender

Grundklang allgegenwärtig; er trägt die Melodie-

linien wie der Hall einer Kathedrale. Die konse-

quente Objektivierung aber fordert die Subjekti-

vität des Hörers heraus. Es verhält sich wie mit

der Stille: Sie umgreift alle, aber jeder vernimmt,

empfindet und beantwortet sie innerlich anders.

10 | PROGRAMM

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PROGRAMM | 11

DIE BERLINER MESSE

Der Britten-Cantus verströme, so Paul Hillier, eine

Atmosphäre von Frieden und unsagbarer Traurig-

keit, er bewegt sich innerhalb eines Charakters,

musikalisch im Raum einer Tonart. Bei der mehr-

teiligen Messe ändert sich dies. Stand der „Cantus“

als Werk der Erkundung am Anfang des neuen

Stils, so ist die Berliner Messe in dessen subtiler

Beherrschung komponiert. Pärt schrieb sie zum

90. Deutschen Katholikentag, der unter dem Motto

„Wie im Himmel, so auf Erden“ vom 23. bis 27. Mai

1990 in Berlin stattfand – wenige Monate nach

Maueröffnung, kurz vor der politischen Wiederver-

einigung der Stadt, in einer historischen Zwischen-

zeit voller Hoffnung. Pärt lebte damals seit acht

Jahren im Südwesten Berlins, nachdem er und

seine Familie 1980 die estnische Heimat zunächst

Richtung Israel verlassen und danach in Wien eine

Zwischenstation eingelegt hatten. Seine Musik

hatte inzwischen international eine ständig wach-

sende Anhängerschaft gefunden, nicht nur unter

Freunden einer „neuen Spiritualität“.

In der endgültigen Version der Berliner Messe

beschränkte sich Pärt nicht auf die üblichen fünf

Ordinarienstücke, die unabhängig vom Kirchenjahr

zur Feier der Messe gehören: Kyrie, Gloria, Credo,

Sanctus mit Benedictus und Agnus Dei. Zwischen

die umfangreichsten Teile, das Gloria und das

Credo, fügte er zwei Alleluiaverse zu Pfingsten

(alternativ auch zu Weihnachten) ein, an die sich der

Pfingsthymnus „Veni Sancte Spiritus“ anschließt.

Die Stücke aus den feiertagsbezogenen Abschnitten

der Liturgie übernehmen auch eine musikalisch-

dramaturgische Funktion. Pärt durchmisst vom

Kyrie zum Agnus Dei mehrere tonale und spirituelle

Räume. Ohne die Alleluiaverse und den Hymnus

läge zwischen Gloria und Credo musikalisch ein

Schnitt, den jene Stück für Stück in einen Über-

gang verwandeln. Mit ihnen erscheint die Messe

auch ohne gottesdienstliche Einbettung als ein

Weg, der vom Kyrie zu dessen komplementärer

Entsprechung im Agnus Dei führt – ein Weg des

Gebets und der Andacht.

Das Kyrie (die Bitte um Erbarmen) und das Gloria

(den Lobpreis Gottes) komponierte Pärt als einan-

der ergänzende Ausgestaltungen eines Klangraums.

Er betonte damit einerseits die Zusammengehörig-

keit der liturgischen Stücke, die auch bei der

Messfeier aufeinander folgen: Christen loben Gott,

weil er ihnen (in Christus) Barmherzigkeit schenkte.

Durch die konkrete Ausformung hob er zugleich

die Differenzen in Haltung und Struktur der Texte

heraus. Bereits im Kyrie tritt ein Merkmal des reifen

Stils hervor: Melodie- und Tintinnabuli-Stimmen

sind zwar selbständig geführt, durch Stimmkreu-

Arvo Pärt

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12 | PROGRAMM

zungen verfließen sie jedoch zu einem Gesamt-

eindruck, bei dem hörend nicht immer zu bestim-

men ist, welcher Ton zu welcher Stimme gehört.

In späteren Sätzen wird Pärt beide in einen Part

verschmelzen. Der Klangraum – das Ganze als

Sinnbild des Göttlichen – bleibt das Umgreifende.

Dadurch gewinnt er Freiheit im Gebrauch von

Dissonanzen. Als gleichberechtigter Farbwert im

Wechselspiel von Raum und Bewegung sind sie

nicht nur Störfall oder Vorstufe zur Konsonanz.

In dieser Hinsicht ging Pärt in der Berliner Messe

bedeutend weiter als im „Cantus“.

Die Alleluiaverse und der Hymnus bilden eine

Passage vom Gloria, dem Lobpreis, zum Credo,

dem Bekenntnis. Musikalisch steuert Pärt über

Zwischenstufen den Tonraum – man könnte auch

sagen: den musikalischen Sprachraum – des Credo

an. Für den mehrstrophigen Hymnus griff er auf

ein Verfahren aus der spätmittelalterlichen Kom-

positionskunst zurück. Elf Strophen zu je 21 Silben

werden auf ein mehrfach wiederholtes Melodie-

modell von 22 Tönen gesungen. Der eine überzäh-

lige wird zum Anfang der nächsten Strophe, sodass

die erste von Ton eins bis 21, die zweite von Ton 22

bis 20, die dritte von Ton 21 bis 19 reicht, und so

fort. Dadurch entsteht der Eindruck eines potenzi-

ell unendlichen Kreislaufs, ohne dass die einzelnen

Abschnitte ganz identisch wären.

Zum Credo entwickelte er eine ältere Komposition

aus der Zeit des „Cantus“ weiter: „Summa“. Als

sol che fungiert das Credo auch in der Berliner

Messe. Hier ist der hellste Raum mit den am

stärks ten bewegten Linien erreicht. Was folgt, sind

Zurücknahmen. Das Sanctus, traditionell oft als

Prachtstück komponiert, lässt Pärt nur von tiefen

Stimmen singen: Er komponierte die Anbetung,

nicht die Herrlichkeit. Das Agnus Dei setzte er spar-

sam. Die Stimmen fügen sich an- und übereinander,

bis sie zuletzt paarweise einen Kanon bilden.

Der letzte Takt ist Stille.

DIE SCHUTZHEILIGE DER MUSIK Am 22. November 1942, mitten im Krieg, wurde in

London Benjamin Brittens „Hymn to St. Cecilia“

von den BBC Singers uraufgeführt. Es war der Tag

der Schutzpatronin für Musik und Musiker, zugleich

der 29. Geburtstag des Komponisten; Britten ver-

wies gern auf diese Datumsidentität. Seit einem

guten halben Jahr lebte er wieder in England, das

er mit seinem Partner Peter Pears im April 1939

Richtung Amerika verlassen hatte. Mit seiner Emi-

gration folgte er dem Vorbild des Dichters Wystan

Hugh Auden, den er 1935 bei Arbeiten für den Film

kennengelernt hatte, und der seine Kunst- und

Max Ernst, „Heilige Cäcilie –

Das unsichtbare Klavier“ (1923)

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 13 16.10.13 16:03

PROGRAMM | 13

Lebensauffassung entscheidend beeinflusste.

Auden sprach das Lebensgefühl jener Zwischen-

kriegsgeneration aus, dass sie in einem „Zeitalter

der Angst“ lebe, das ihre existenziellen Entschei-

dungen lenke und sie ihrerseits zum Handeln

herausfordere – zum Handeln in und durch Kunst.

Diese wurde dadurch zum Akt der Résistance,

in Audens Worten zum dem, was Menschen lehre,

„Hass zu ver- und Liebe zu erlernen“; Künstler

müssten daher zwangsläufig den Kriegsdienst

verweigern. Außerdem bestärkte er Britten, seine

Homosexualität nicht zu unterdrücken, sondern

zu leben.

Britten hatte schon länger vor, eine Cäcilienhymne

in Anknüpfung an Henry Purcell zu komponieren,

er fand aber keinen geeigneten Text. Auden half

ihm 1940 aus diesem Dilemma. Seine dreiteilige

Cäciliendichtung ist nicht nur eine Hommage an

den Freund mit manchen konkreten Anspielungen

insbesondere im zweiten Teil, sondern auch eine

Auseinandersetzung mit der Kunst, mit Brittens

Kunst; Auden liebte es, in poetisch-persönlichen

Grüßen Gedanken von grundsätzlicher Tragweite

zu entwickeln. – Britten setzte bei der Komposition

einen besonderen inhaltlichen Akzent. Die drei

Gedichte schließen jeweils mit einem Refrain, der

die Heilige anruft: „Blessed Cecilia ...“, er kompo-

nierte die Ritornelle als Variationen eines Grund-

modells. Dieses erscheint in seiner Urform zu

Anfang des Stücks, wenn Cäcilia beschrieben wird,

wie sie im Garten sitzt und singt – unangefochten

von den Zeitläuften. Nahm Auden die begriffslose

Kunst der Musik so wahr: fern der harten Wirklich-

keit im Refugium der Schönheit und des wahren

Lebens? Immerhin – die zarten Töne von Cäcilias

Instrument „donnern“ in seinem Gedicht „durch die

römischen Lüfte“, und Rom war zu Lebzeiten der

Heiligen ein Ort der Gewalt, des Militarismus und

der Verfolgung. In dieses Milieu dringt die Musik

wie aus einer anderen Welt. Ihr „Donner“ – das, was

den Hass-Gelenkten in den Ohren dröhnt – ist das

Umkreisen der Stille, in der die Schönheit ruht.

Die leisen Erschütterungen reichen am tiefsten.

Dadurch, dass Britten den Anfang in den Refrains

erkennbar wiederkehren lässt, schafft er inhaltliche

Brücken; die ersten Textzeilen, der Aufenthalt der

Heiligen im Schutzraum der Schönheit, bilden die

Grundlage für die Appelle an sie. Mehr noch. In den

ersten Takten führt Britten musikalische Urgestal-

ten ein, aus denen alles Weitere entsteht: einen

Tonleiterausschnitt und eine absteigende treppen-

artige Figur; beide verhalten sich ähnlich zueinan-

der wie Melodie- und „Tintinnabuli-Stimmen“ bei

Pärt. Britten nutzt alle denkbaren Möglichkeiten,

die Verlängerung und Verkürzung, die Umkehrung,

Kombination, Konfrontation und Verschlingung

der Motive, um den drei Gedichten Audens musi-

kalische Entsprechungen zu schaffen. Im ersten

entwarf der Dichter ein mythisches Bild der Ton-

kunst in der Spannung zwischen Christentum und

Antike, in der die abendländische Kunst gedieh.

Britten komponiert es harmonisch angereichert in

der Art der klassischen Vokalpolyphonie. Im zweiten

Gedicht mit seinen Kurzzeilen „bietet Auden der

Musik ihr eigenes Selbstporträt an“ (Barry Holden).

Britten schrieb dazu ein flüchtiges Scherzo – ein

Luftgebilde, der Natur der Musik entsprechend.

Für das große Schlussgedicht wählte er eine

Misch form. Die Hauptabschnitte gestaltete er als

Passacaglia, die über einer oft wiederholten Bass-

figur aufgebaut wird. Sie besteht aus dem Ton-

leitermotiv, ihre Gegenstimmen entstehen aus der

treppenartigen Figur. Dazwischen fügte er wie

Intermezzi Soli, die teils wie Botschaften aus einer

„schönen Fremde“ klingen, teils die im Text an -

gesprochenen Instrumente imitieren.

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14 | PROGRAMM

Britten begann die Komposition der Hymne 1940

in den USA und vollendete sie 1942 während der

Überfahrt nach Europa. Auden verband mit seiner

Dichtung bestimmte musikalische Vorstellungen,

deren Erfüllung er von Britten erwartete. Der

empfand den Freundesrat zunehmend als Bevor-

mundung, aus der er sich lösen wollte. Die Cäcilien-

hymne war ihre letzte größere Zusammenarbeit.

Auden blieb in den USA, Britten kehrte nach

England zurück. Als er in New York das MS Axel

Johnson besteigen wollte, nahm ihm der amerika-

nische Zoll alle Notenmanuskripte, darunter auch

den bereits komponierten Teil der Hymne ab:

In den kleinen hohlen oder schwarzen Köpfen mit

Hals, mit denen Musik festgehalten wird, könnten

sich geheime Codes verbergen. Britten schrieb

das bereits Komponierte aus dem Gedächtnis neu

und vollendete ein Werk, das auch vom Verhältnis

zwischen Musik und Macht handelt.

DIE „CANTATA MISERICORDIUM“ Am 1. September 1963 beging das Internationale

Komitee vom Roten Kreuz in Genf sein hundertjäh-

riges Bestehen. Zu diesem Anlass wurde Benjamin

Brittens „Cantata Misericordium“ uraufgeführt,

die er im Auftrag des Jubilars komponiert hatte.

Sie kann als Nachschrift zum War Requiem gelten.

Wie im War Requiem, mit dem 1962 die neue

Kathedrale in Coventry eröffnet wurde, brachte

der Komponist für die ersten Aufführungen Künst-

ler aus einst verfeindeten Nationen zusammen:

Peter Pears, den Briten, als Tenor, Dietrich Fischer-

Dieskau, den Deutschen, als Bariton. Die musikali-

sche Leitung hatte in Genf der Exponent des neu-

tralen Landes, das die Zentrale des Roten Kreuzes

beherbergt, der Schweizer Ernest Ansermet.

Als Textgrundlage wählte Britten die Geschichte

vom barmherzigen Samariter, wie sie im Lukas-

Evangelium (Kap. 10, 30–37) überliefert ist. Jesus

erzählt einem Schriftgelehrten, der den Weg zum

ewigen Leben wissen will, das Gleichnis von einem

Mann, der von Jerusalem nach Jericho gehen will

und unterwegs von Räubern überfallen, zusammen-

geschlagen und ausgeraubt wird. Schwer verletzt

bleibt er liegen. Ein Priester (Vertreter des geistli-

chen Standes) und ein Levit (Hüter des Gesetzes)

kommen vorbei, wenden sich ab und gehen weiter.

Ein Samariter aber, Angehöriger einer verachteten

Volksgruppe, hilft dem Verwundeten und gibt ihn

auf seine Kosten in Pflege. Britten ließ die biblische

Parabel mit einem Prolog versehen, einer Selig-

preisung in Abwandlung von Matthäus 5,7 und je

einem Spruch eines „Romanus“ (Plinius des Älteren)

und eines „Iudaeus“ (Moses/Jesus) – auch hier

werden die jüdisch-christliche und die antike Tra-

dition als Fundamente abendländischer Kultur

Benjamin Britten, Foto um 1960

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 15 16.10.13 16:03

PROGRAMM | 15

genannt. Den Evangelientext ließ Britten nach der

Art der Passionsberichte dramatisieren, das heißt:

so umschreiben, dass die direkte Rede einen hohen

Anteil erhält. Das Libretto arbeitete ihm der Alt-

philologe Patrick Wilson aus – lateinisch, in der

Sprache, die der aktuellen Auseinandersetzung

entzogen ist und in der die Botschaft von der

Nächstenliebe weit verbreitet wurde.

Britten komponierte die Kantate für Soli, Chor und

Orchester. Die gesungenen Rollen verteilte er wie

in alten Passionskompositionen: der Chor über-

nimmt die Funktion des Erzählers und des verall-

gemeinernden Kommentators, Einzelpersonen

werden von „Soliloquenten“ repräsentiert; dem

Tenor ordnete Britten den „Romanus“ und den

Samariter, dem Bariton den „Iudaeus“ und den

Reisenden zu; beide zusammen singen die Schluss-

worte Jesu an den Schriftgelehrten: „Nun weißt

du, wer dein Nächster ist!“ Der Chor bestätigt:

„Gehe hin und tue desgleichen!“ Britten gliederte

das Werk in drei Teile. Prolog, die Erzählung vom

Überfall und vom Wegschauen des Priesters bilden

den ersten, die Passage über den hartherzigen

Leviten den kürzesten zweiten, der Bericht von der

Barmherzigkeit des Samariters und der Epilog,

der die Moral aus der Geschichte zieht, den dritten

Teil. Im Epilog greift der Komponist musikalisch

auf den Prolog zurück und verleiht dem Werk so

eine starke Ge schlossenheit, obwohl es offene

Ränder hat, weil es aus der Stille beginnt und

wieder in sie zurücksinkt. Diese Tatsache wird

gleichsam zum Refrain der Gesamtform. Die ins tru-

mentale Einleitung zu den drei Teilen spielt nicht

das ganze Orchester, sondern ein Streichquartett –

eine intime Besetzung, die der persönlichen

Betrachtung, weniger der öffentlichen Darstellung

entspricht. Die wenigen Takte signalisieren ein

konzentriertes Vor bereiten auf das Kommende,

das jeder für sich leisten muss, sie setzen die Stille

gleichsam in die Musik über.

Nach dem War Requiem fand Brittens Pazifismus

in der Kantate noch einmal gültigen Ausdruck. Er

bewog ihn einst zur Emigration in die USA, Zweifel

motivierten ihn zur Rückkehr. Auch in der geis ti gen

und räumlichen Distanz zu Auden blieb ihm die

Überzeugung, dass Kunst in die Verhältnisse wirk-

samer eingreift, wenn sie nicht in ihnen aufgeht,

sondern ihre Eigenart und ihren Schutzraum wahrt.

Gesellschaftlich mag das manchmal schwer zu

vermitteln sein. Im Interesse der Menschenwürde

aber ist die Wahrung der Kunst in ihrer Besonder-

heit die bessere Alternative.

Habakuk Traber

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16 | TEXTE

ARVO PÄRT

Herr, erbarme dich!

Christus, erbarme dich!

Herr, erbarme dich!

Ehre sei Gott in der Höhe

und auf Erden Friede den Menschen guten Willens.

Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich

an, wir verherrlichen dich.

Wir sagen dir Dank um deiner großen Herrlichkeit

willen, Herr, Gott, himmlischer König, allmächtiger

Vater, Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus,

Herr Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters,

der du trägst die Sünden der Welt, erbarme

dich unser.

Der du trägst die Sünden der Welt, erhöre

unser Flehen!

Der du zur Rechten des Vaters sitzt, erbarme

dich unser.

Denn du allein bist heilig, du allein bist der Herr,

du allein bist der Höchste, Jesus Christus,

mit dem Heiligen Geist in der Herrlichkeit Gottes

des Vaters.

Amen.

Alleluia. Alleluia.

Sende deinen Geist, und sie werden erschaffen:

Und du wirst das Antlitz der Erde erneuern.

Alleluia.

BERLINER MESSE

Kyrie

Kyrie eleison.

Christe eleison.

Kyrie eleison.

Gloria

Gloria in excelsis Deo

et in terra pax hominibus bonae voluntatis.

Laudamus te, benedicimus te, adoramus te,

glorificamus te.

Gratias agimus tibi propter magnam gloriam

tuam, Domine Deus, Rex caelestis, Deus Pater

omnipotens. Domine Fili unigenite, Jesu Christe,

Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris,

qui tollis peccata mundi, miserere nobis.

Qui tollis peccata mundi, suscipe deprecationem

nostram.

Qui sedes ad dexteram Patris, miserere nobis.

Quoniam tu solus sanctus, tu solus Dominus,

tu solus altissimus, Jesu Christe,

cum Sancto Spiritu in gloria Dei Patris.

Amen.

Erster Alleluiavers zum Pfingstfest

Alleluia. Alleluia.

Emitte spiritum tuum, et creabuntur:

et renovabis faciem terrae.

Alleluia.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 17 16.10.13 16:03

TEXTE | 17

Alleluia. Alleluia.

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen

deiner Gläubigen,

und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.

Alleluia.

Komm, Heiliger Geist,

Und sende vom Himmel

Deines Lichtes Strahl.

Komm, Vater der Armen,

Komm, Geber der Gaben,

Komm, Licht der Herzen.

Bester Tröster,

Süßer Gast der Seele,

Süße Erfrischung.

In der Mühe schenke Ruhe,

In der Hitze milde Kühlung,

Im Weinen Trost.

O seligstes Licht,

Erfülle das Herzensinnere

Deiner Gläubigen.

Ohne dein Walten

Ist nichts im Menschen,

Ist nichts rechtschaffen.

Wasche, was schmutzig ist,

Bewässere, was trocken ist,

Heile, was verwundet ist.

Zweiter Alleluiavers zum Pfingstfest

Alleluia. Alleluia.

Veni Sancte Spiritus, reple tuorum corda fidelium:

Et tui amoris in eis ignem accende.

Alleluia.

Veni Sancte Spiritus

Veni, Sancte Spiritus,

Et emitte caelitus

Lucis tuae radium.

Veni, pater pauperum,

Veni, dator munerum,

Veni, lumen cordium.

Consolator optime,

Dulcis hospes animae,

Dulce refrigerium.

In labore requies,

In aestu temperies,

In fletu solatium.

O lux beatissima,

Reple cordis intima

Tuorum fidelium.

Sine tuo numine

Nihil est in homine,

Nihil est innoxium.

Lava quod est sordidum,

Riga quod est aridum,

Sana quod est saucium.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 18 16.10.13 16:03

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18 | TEXTE

Beuge, was starr ist,

Wärme, was kalt ist,

Lenke, was vom Wege wich.

Gib deinen Gläubigen,

Die auf dich vertrauen,

Die siebenfache heilige Gabe.

Gib den Verdienst der Tugend,

Gib die Wirkung des Heiles,

Gib beständige Freude.

Amen. Alleluia.

Ich glaube an den einen Gott, den allmächtigen

Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde,

alles Sichtbaren und Unsichtbaren.

Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes

eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor

aller Zeit. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer

Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen,

gleichen Wesens mit dem Vater, durch den alles

geschaffen ist;

der für uns Menschen und zu unserem Heil vom

Himmel herabstieg.

Und der Mensch geworden ist durch den Heiligen

Geist, geboren von der Jungfrau Maria.

Der für uns unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde,

gelitten hat und begraben wurde,

Flecte quod est rigidum,

Fove quod est frigidum,

Rege quod est devium.

Da tuis fidelibus

In te confidentibus

Sacrum septenarium.

Da virtutis meritum,

Da salutis exitum,

Da perenne gaudium.

Amen. Alleluia.

Credo

Credo in unum Deum,

Patrem omnipotentem, factorem caeli et terrae,

visibilium omnium et invisibilium.

Et in unum Dominum Jesum Christum, Filium Dei

unigenitum, et ex Patre natum ante omnia

saecula. Deum de Deo, lumen de lumine, Deum

verum de Deo vero, genitum, non factum,

consubstantialem Patri, per quem omnia facta

sunt;

qui propter nos homines et propter nostram

salutem descendit de caelis.

Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex Maria

virgine, et homo factus est.

Crucifixus etiam pro nobis sub Pontio Pilato,

passus et sepultus est.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 19 16.10.13 16:03

TEXTE | 19

Und der am dritten Tag wieder auferstanden ist,

wie es geschrieben steht,

und in den Himmel aufgefahren ist, er sitzt zur

Rechten Gottes, des Vaters, und er wird

wiederkommen in Herrlichkeit, um die Lebenden

und die Toten zu richten, und sein Reich wird kein

Ende haben.

Und (ich glaube) an den Heiligen Geist, den Herrn,

den Leben schaffenden, der aus dem Vater und

dem Sohn hervorging, der mit dem Vater und dem

Sohn zugleich angebetet und verehrt wird, der

gesprochen hat durch die Propheten.

Und (ich glaube) an eine heilige, allgemeine und

apostolische Kirche.

Ich bekenne eine Taufe zur Vergebung der Sünden.

Und ich erwarte die Auferstehung der Toten

und ein Leben in der Zeit, die kommen wird.

Amen.

Heilig, Herr Gott Zebaoth,

Himmel und Erde sind deines Ruhmes voll.

Hosianna in der Höhe.

Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn.

Hosianna in der Höhe.

Lamm Gottes, du trägst die Sünden der Welt,

erbarme dich unser.

Lamm Gottes, du trägst die Sünden der Welt, gib

uns Frieden.

Et resurrexit tertia die secundum scripturas

et ascendit in caelum, sedet ad dexteram Patris,

et iterum venturus est cum gloria iudicare vivos et

mortuos, cuius regni non erit finis.

Et in Spiritum Sanctum, Dominum et vivificantem,

qui ex Patre Filioque procedit, qui cum Patre et

Filio simul adoratur et conglorificatur, qui locutus

est per Prophetas.

Et [in] unam sanctam catholicam et

apostolicam ecclesiam.

Confiteor unum baptisma in remissionem

peccatorum.

Et expecto resurrectionem mortuorum

et vitam venturi saeculi.

Amen.

Sanctus

Sanctus Dominus Deus Sabaoth,

pleni sunt caeli et terra gloria tua.

Hosanna in excelsis.

Benedictus qui venit in nomine Domini.

Hosanna in excelsis.

Agnus Dei

Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere

nobis.

Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona nobis

pacem.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 20 16.10.13 16:03

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20 | TEXTE

I

In einem Garten, schattig, diese heilige Frau:

In ehrfürchtigem Tonfall und feiner Psalmodie,

Wie ein schwarzer Schwan beim Nahen des Todes

Verströmte sie ihren Gesang in vollendeter Ruhe:

Und an des Ozeans Rand, diese unschuldige

Jungfrau,

Baute sie sich eine Orgel, um ihr Gebet

zu verstärken,

Und gewaltige Töne aus ihrer großartigen Maschine

Donnerten hinaus in die römischen Lüfte.

Die blonde Aphrodite erhob sich erregt,

Freudig bewegt durch die Melodie,

Weiß wie eine Orchidee ritt sie ganz nackt

In einer Austernschale auf hoher See;

Zu Klängen, so bezaubernd, tanzten die Engel,

Kamen aus ihrer Trance wieder in die Zeit,

Und um die Bösen in den Schlünden der Hölle

Flackerte die riesige Flamme und linderte ihre Pein.

Gesegnete Cäcilia, erscheine in Visionen

Allen Musikern, erscheine ihnen und inspiriere sie:

Entrückte Tochter, komme hernieder und entbrenne

Die komponierenden Sterblichen mit unsterblichem

Feuer.

II

Ich kann nicht wachsen;

Ich habe keinen Schatten,

Vor dem ich weglaufen könnte,

Ich spiele nur.

Ich kann nicht irren;

Es gibt kein Geschöpf,

HYMN TO ST. CECILIA OP. 27

I

In a garden shady this holy lady

With reverent cadence and subtle psalm,

Like a black swan as death came on

Poured forth her song in perfect calm:

And by ocean’s margin this innocent virgin

Constructed an organ to enlarge her prayer,

And notes tremendous from her great engine

Thundered out on the Roman air.

Blonde Aphrodite rose up excited,

Moved to delight by the melody,

White as an orchid she rode quite naked

In an oyster shell on top of the sea;

At sounds so entrancing the angels dancing

Came out of their trance into time again,

And around the wicked in Hell’s abysses

The huge flame flickered and eased their pain.

Blessed Cecilia, appear in visions

To all musicians, appear and inspire:

Translated Daughter, come down and startle

Composing mortals with immortal fire.

II

I cannot grow;

I have no shadow

To run away from,

I only play.

I cannot err;

There is no creature

BENJAMIN BRITTEN

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 21 16.10.13 16:03

TEXTE | 21

Zu dem ich gehöre,

Dem ich Unrecht tun könnte.

Ich bin verloren

Wenn man es weiß,

Ich kann nun nichts ausrichten,

Indem ich leide.

Alles, was du durchlebtest,

Tanzend, weil du

Es nicht länger brauchst

Für irgendeine Tat.

Nie werde ich

Anders sein. Liebe mich.

Gesegnete Cäcilia, erscheine in Visionen

Allen Musikern, erscheine ihnen und inspiriere sie:

Entrückte Tochter, komme hernieder und entbrenne

Die komponierenden Sterblichen mit unsterblichem

Feuer.

III

O Ohr, dessen Geschöpfe nicht wünschen können

zu fallen,

O Ruhe des Raums ohne Furcht vor Schwere,

Wo Sorge sie selbst ist, und ablegt

Das linkische Benehmen ihrer Jugendzeit,

Wo Hoffnung im allesamt Fremden

Von allem vernutzten Image befreit ist,

Und Drangsal ganz und normal geboren wird wie

ein Tier

In eine Welt der Wahrheiten, die sich nie ändern:

Stelle unseren gefallenen Tag wieder her,

bringe ihn in Ordnung.

Whom I belong to,

Whom I could wrong.

I am defeat

When it knows it

Can now do nothing

By suffering.

All you lived through,

Dancing because you

No longer need it

For any deed.

I shall never be

Different. Love me.

Blessed Cecilia, appear in visions

To all musicians, appear and inspire:

Translated Daughter, come down and startle

Composing mortals with immortal fire.

III

O ear whose creatures cannot wish to fall,

O calm of spaces unafraid of weight,

Where Sorrow is herself, forgetting all

The gaucheness of her adolescent state,

Where Hope within the altogether strange

From every outworn image is released,

And Dread born whole and normal like a beast

Into a world of truths that never change:

Restore our fallen day, O re-arrange.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 22 16.10.13 16:03

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22 | TEXTE

O liebe weiße Kinder, flatterhaft wie Vögel,

Spielend zwischen den zertrümmerten Sprachen,

So klein neben ihren großen verwirrenden Worten,

So fröhlich inmitten der größeren Stille,

Ob der schrecklichen Dinge, die du tatest:

senke dein Haupt,

Ungestümes Kind mit dem gewaltigen Gehirn,

O weine, Kind, o weine hinweg die Schande,

Verlorene Unschuld, die deinem Geliebten den

Tod wünscht,

Weine um die Leben, die deine Wünsche

niemals führten.

O Schrei, erzeugt, wenn der Bogen der Sünde

Über unsere zitternde Geige gezogen wird.

O weine, Kind, weine, o weine die Schande hinweg.

O Gesetz, das die Herzen gegen den stillen

Langen Winter unseres intellektuellen Willens

heraustrommeln.

Das, was einmal war, wird wohl nie mehr sein.

O Flöte, die mit dem Atem der Danksagung

Von Genesenden an die Gestade des Todes klopft.

O segne die Freiheit, die du nie wähltest.

O ihr Trompeten, die unbewachte Kinder blasen

Über die Burg ihres inneren Feindes.

O tragt eure Trübsal wie eine Rose.

Gesegnete Cäcilia, erscheine in Visionen

Allen Musikern, erscheine ihnen und inspiriere sie:

Entrückte Tochter, komme hernieder und entbrenne

Die komponierenden Sterblichen mit unsterblichem

Feuer.

O dear white children casual as birds,

Playing among the ruined languages,

So small beside their large confusing words,

So gay against the greater silences

Of dreadful things you did: O hang the head,

Impetuous child with the tremendous brain,

O weep, child, weep, O weep away the stain,

Lost innocence who wished your lover dead,

Weep for the lives your wishes never led.

O cry created as the bow of sin

Is drawn across our trembling violin.

O weep, child, weep, O weep away the stain.

O law drummed out by hearts against the still

Long winter of our intellectual will.

That what has been may never be again.

O flute that throbs with the thanksgiving breath

Of convalescents on the shores of death.

O bless the freedom that you never chose.

O trumpets that unguarded children blow

About the fortress of their inner foe.

O wear your tribulation like a rose.

Blessed Cecilia, appear in visions

To all musicians, appear and inspire:

Translated Daughter, come down and startle

Composing mortals with immortal fire.

Wystan Hugh Auden

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 23 16.10.13 16:03

TEXTE | 23

CHOR

Selig sind die Barmherzigen.

Selig sind, die dem mit körperlichen Schmerzen

Niedergeschlagenen zu Hilfe kommen.

Hört die Stimme eines Römers:

TENOR

„Gott sein bedeutet für den Sterblichen,

dem Sterblichen zu helfen.“

CHOR

Hört die Stimme eines Juden:

BARITON

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“

TENOR UND BARITON

Aber wer ist mein Nächster?

CHOR

Jesu Gleichnis werde uns zur Erzählung.

CHOR

Siehe, ein Wanderer geht hinab von Jerusalem

nach Jericho.

WANDERER (BARITON)

Ach, wie lang ist dieser Weg, durch welch

verlassene Gegend führt er.

Mich schreckt die Einsamkeit, mich schreckt

jeder Fels, jedes Gesträuch.

Hinterhalt fürchte ich. He, Esel, beeile dich,

beeile dich.

CANTATA MISERICORDIUM OP. 69

CHORUS

Beati misericordes.

Beati qui dolore corporis afflictis succurrunt.

Audite vocem Romani:

TENOR

„Deus est mortali iuvare mortalem.“

CHORUS

Audite vocem Iudaei:

BARYTONUS

„Proximum tuum, sicut te ipsum, ama.“

TENOR ET BARYTONUS

At proximus meus quis est?

CHORUS

Jesu parabola iam nobis fiat fabula.

CHORUS

En viator qui descendit ab Ierusalem in Iericho.

VIATOR (BARYTONUS)

Ah quam longa est haec via, quam per

deserta loca.

Terret me solitudo, terret omnis rupes,

omne arbustum.

Insidias timeo. Heus, asine, propera, propera.

BENJAMIN BRITTEN

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 24 16.10.13 16:03

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24 | TEXTE

CHOR

Nimm dich in Acht, Wanderer, nimm dich in Acht!

In jenen Schatten verstecken sich Räuber.

Schon kommen sie hervor, schon umstellen

sie dich.

Nimm dich in Acht, Wanderer, nimm dich in Acht!

WANDERER

Was seid ihr für Menschen? Warum schaut ihr

mich so an?

Ach! Ein Schlag! Ach! Mit Fäusten, Knüppeln werde

ich verprügelt.

Schon werde ich beraubt, entkleidet.

Wohin flieht der Esel? Ach, man lässt mich auf die

Erde hingestreckt, halb tot, allein, hilflos.

CHOR

Wo sind nun diese Räuber? Wie schnell sind sie

aus meinen Augen verschwunden. Einsamkeit

überall, Einsamkeit und Stille.

Wer kommt diesem zu Hilfe in solcher Ödnis?

DAS VERGEHEN DER ZEIT (INSTRUMENTAL)

CHOR

Sei nun guten Mutes, Wanderer.

Denn es naht sich dir auf seinem Weg einer,

der wie ein Priester aussieht. Der wird dir gewiss

helfen. Sprich ihn an.

WANDERER

Hilf mir, ach, hilf mir; lass mich nicht sterben.

CHOR

Hartherziger Priester, was wendest du deinen

Blick ab? Was machst du einen Bogen um mich?

Wie er vorbeigeht, wie er aus dem Blickfeld

verschwindet, der hochheilige Mann.

CHORUS

Cave, viator, cave!

Latent istis in umbris latrones.

Iam prodeunt, iam circumstant.

Cave, viator, cave!

VIATOR

Qui estis homines? Cur me sic intuemini?

Atat! Plaga! Atatae! Pugnis, fustibus vapulo.

Iam spolior, nudor.

Quo fugit asinus? Eheu relinquor humi prostratus,

semivivus, solus, inops.

CHORUS

Ubi nunc latrones isti? Quam cito ex oculis elapsi

sunt. Solitudo ubique, solitudo et silentium.

Quis huic succurret in tanta vastitate?

PASSAGE OF TIME: ORCHESTRA

CHORUS

Bono nunc animo es, viator.

Nam tibi appropinquat iter faciens qui habitu est

sacerdos. Is certe sublevabit. Compella eum.

VIATOR

Subveni, ah subveni: ne patere me mori.

CHORUS

Dure sacerdos, quid oculos avertis?

Quid procul praeteris?

Ut praeterit, ut abit ex oculis homo sacerrimus.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 25 16.10.13 16:03

TEXTE | 25

DAS VERGEHEN DER ZEIT (INSTRUMENTAL)

CHOR

Siehe, ein anderer kommt ins Blickfeld.

Schöpfe, Niedergeschlagener, noch einmal Mut.

Der sich nähert, ist ein Levit. Er wird dir sicher

helfen.

WANDERER

Schaff Hilfe, schaff Hilfe mir heftig Verwundetem.

CHOR

O eiserne Menschenherzen! Auch dieser sah

den Darniederliegenden, ging vorbei,

beschleunigte seinen Schritt. Fürchtet er etwa,

durch die Berührung eines Leichnams entehrt

zu werden? Geh hin, unberührbarer Levit, und

befolge die unmenschlichen Vorschriften

deines Gesetzes.

DAS VERGEHEN DER ZEIT (INSTRUMENTAL)

CHOR

Siehe, ein Dritter nähert sich – aber es schwindet

die Hoffnung auf Hilfe: denn aus der Nähe scheint

es ein verachteter Samariter zu sein.

Warum sollten Samariter das Elend eines Juden

lindern?

WANDERER

Erbarme dich über mich Verwundeten, Fremder.

SAMARITER (TENOR)

O, gute Götter! Was höre ich? Was sehe ich zu

meinen Füßen? Hier liegt einer, den ich nicht kenne,

und leidet Unsägliches.

PASSAGE OF TIME: ORCHESTRA

CHORUS

En alter in conspectum venit.

Tolle rursus, abiecte, animos.

Qui accedit est Levita. Is certe sublevabit.

VIATOR

Fer opem, fer opem atrociter mihi vulnerato.

CHORUS

O ferrea hominum corda! Hic quoque

conspexit iacentem, praeteriit,

acceleravit gradum. Timetne cadaveris

ne tactu polluatur? I nunc, sacrosancte

Levita, legis tuae praescriptiones

inhumanas observa.

PASSAGE OF TIME: ORCHESTRA

CHORUS

Ecce, tertius apparet – sed languescit spes auxilii:

nam propior videtur esse contemptus Samaritanus.

Quid interest Samaritani Iudaei negotia suscipere

molesta?

VIATOR

Miserere mei, hospes, afflicti.

SAMARITANUS (TENOR)

Ah, di boni! Quid audio? Quid ante pedes iam

video? Iacet hic nescioquis immania passus.

12565_CHOR_abo2_PRO_4C 26 16.10.13 16:03

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26 | TEXTE

Handle, ich werde zuerst die Wunden verbinden.

Wo ist mir Wein? Wo Öl? Stehe auf, wenn du

aufgestanden bist, lege ich dich auf den Rücken

meines Zugtiers.

CHOR

Es siegt, siehe da, es siegt schließlich die

Barmherzigkeit.

Dieser begleitet ihn selbst zu Fuß in eine Herberge.

SAMARITER

He, Wirt, wenn du etwas hörst: Öffne das Tor.

Ich bringe einen Wanderer, den Räuber

zusammen schlugen. Öffne, ich bitte dich…

Gütiger.

Bereite uns eine Mahlzeit, Wirt, bereite uns ein

Lager, bitte.

Ich werde morgen weggehen müssen. Pflege

diesen, bis er gesund ist. Ich werde dir zwei

Denare geben.

WANDERER

Schon lebe ich wieder auf. Schon kehrt Hoffnung

in die Seele zurück.

Bester der Fremden, wer bist du? Von welchem

Volk bist du?

Wie kann ich dir, wieder gesund, würdig danken?

SAMARITER

Wer ich sei, von welchem Volk ich sei, frage nicht.

Schlafe nun, mein Freund, schlafe, und vergiss

das Unrecht, das dir widerfuhr.

Age, primum haec vulnera adligem.

Ubi mihi vinum? Ubi oleum? Sursum, iam sursum

imponam te in tergum iumenti mei.

CHORUS

Vincit, ecce, vincit tandem misericordia.

Hic pedes ipse comitatur eum in deversorium.

SAMARITANUS

Ohe, caupo, siquid audis: aperi portam.

Viatorem adfero a latronibus spoliatum.

Aperi, quaeso...

Benigne.

Para nobis cenam, caupo, para cubiculum, amabo.

Mihi cras abeundum erit. Cura hunc dum

convalescat. Dabo tibi duos denarios.

VIATOR

Iam rursus revivesco. Iam spes in animum redit.

Optime hospitum, quis es? Unde es gentium?

Salvus quomodo tibi gratias referam dignas?

SAMARITANUS

Quis sim, unde sim gentium, parce quaerere.

Dormi nunc, amice, dormi: iniuriarum obliviscere.

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TEXTE | 27

CHOR

Die Güte dieses Helfers, der den Verwundeten

rettete,

sich den unbekannten Fremden zum Nächsten

nahm,

O wenn Ähnliche überall unter den Völkern

existierten!

Krankheit nimmt zu, Krieg bedrängt uns,

Hunger herrscht weithin;

Aber wenn einer dem anderen so hilft,

dann verbindet die Sterblichen die Liebe, die der

Schmerz hervorbrachte.

TENOR UND BARITON

Wer dein Nächster sei, weißt du nun.

CHOR

Gehe hin und tue desgleichen.

CHORUS

Mitis huius adiutoris qui servavit saucium

Proximumque sibi duxit hospitem incognitum,

O si similes existant ubicumque gentium!

Morbus gliscit, Mars incedit, fames late superat;

Sed mortales, alter quando alterum sic sublevat,

E dolore procreata caritas consociat.

TENOR ET BARYTONUS

Quis sit proximus tuus iam scis.

CHORUS

Vade et tu fac similiter.

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Rolf-Liebermann-Studio

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Kinder und Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr

erhalten im Vorverkauf und an der Abendkasse auf

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28 | ABONNEMENT

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KONZERTVORSCHAU

NDR CHOR

WEIHNACHTSKONZERT

SONDERKONZERT 2DI, 17.12.2013, 20 UHR

MI, 18.12.2013, 20 UHR

HAMBURG, ROLF-LIEBERMANN-STUDIO

PHILIPP AHMANN, FLORIAN ROSS LEITUNG

NDR BIGBAND

NDR CHOR

„TAKE TWO“

Nach dem großen Erfolg 2012 treffen wieder

ein klassischer Kammerchor im Jazz und

eine jazzende Bigband mit Chor in neuen

Arrangements von Florian Ross aufeinander.

In Kooperation mit der NDR Bigband

ABONNEMENTKONZERT

ABO-KONZERT 3VERSUNKENE SPURENFR, 24.01.2014, 20 UHR

HAMBURG, ROLF-LIEBERMANN-STUDIO

PHILIPP AHMANN LEITUNG

PHILIP MAYERS KLAVIER

JOHANNES BRAHMS

4 Quartette für 4 Stimmen und Klavier op. 92

ROBERT FUCHS

3 Gesänge für 4-stimmigen Frauenchor

und Klavier op. 65

FRANZ SCHREKER

„Schlehenblüte“ für Männerchor a cappella

„Versunken“ für Männerchor und Klavier

MAX REGER

„Abendlied“ für 4 Singstimmen op. 6 Nr. 3

GUSTAV JENNER

4 Quartette für Sopran, Alt, Tenor, Bass

und Klavier

ALEXANDER VON ZEMLINSKY /

CLYTUS GOTTWALD

2 Gesänge nach Texten von Maurice Maeterlinck

für fünf Stimmen

KONZERTVORSCHAU | 29

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Herausgegeben vom

NORDDEUTSCHEN RUNDFUNK

PROGRAMMDIREKTION HÖRFUNK

BEREICH ORCHESTER UND CHOR

Leitung: Rolf Beck

Redaktion NDR Chor:

Marita Prohmann

Redaktionsteam:

Maria Oehmichen, Huberta Crombach, Tanja Siepje

Redaktion Programmheft:

Dr. Juliane Weigel-Krämer

Der Text von Habakuk Traber

ist ein Originalbeitrag für den NDR.

Fotos:

Michael Müller | NDR (Titel, S. 3)

Klaus Westermann | NDR (S. 4)

Tobias Schult (S. 6)

Matthias Mramor (S. 8)

Manfred Fiene (S. 9)

Universal Edition | Eric Marinitsch (S. 11)

akg-images (S. 12, S. 14)

NDR | Markendesign

Gestaltung: Klasse 3b, Hamburg

Litho: Otterbach Medien KG GmbH & Co.

Druck: Nehr & Co. GmbH

NDR Chor im Internet:

ndr.de/chor | [email protected]

Nachdruck, auch auszugsweise,

nur mit Genehmigung des NDR gestattet.

NDR BEREICH ORCHESTER UND CHORIMPRESSUM

30 | KONZERTVORSCHAU / IMPRESSUM

NDR SINFONIEORCHESTER

ABONNEMENTKONZERT

ABO-KONZERT B4 / A4MUSIKALISCHE BALLSPIELEDO, 05.12.2013, 20 UHR

SO, 08.12.2013, 11 UHR

HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL

MICHEL TABACHNIK LEITUNG

JULIAN STECKEL VIOLONCELLO

JOHANNES BRAHMS

Tragische Ouvertüre op. 81

ROBERT SCHUMANN

Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129

CLAUDE DEBUSSY

Jeux – Poème dansé

MAURICE RAVEL

La valse

Einführungsveranstaltung:05.12.2013 | 19 Uhr

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Hören und genießen

Die Konzerte des NDR Choreshören Sie auf NDR Kultur

Frequenzen unter

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