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1 10. Elastische Verbindungen (Federn) Federn sind Elemente, die sich unter Belastung gezielt verformen und bei Entlastung wieder zurückverformen. Dabei wird potentielle Energie gespeichert, die bei der Rückfederung unter Berücksichtigung der Reibungsverluste in Form von Arbeit wieder abgegeben werden kann. Je nach Aufgabenstellung wird von der Feder ein kleiner/großer Verformungsweg oder eine kleine/große Dämpfung gefordert. Beides kann erreicht werden durch – eine entsprechende Werkstoffwahl (z. B. Federstahl, Gummi) – eine günstige Formgebung (z. B. Federart, Bauabmessungen) – den Grad der Kompressibilität von Gasen (Wahl des Mediums, Bauabmessungen). Typische Eigenschaften für Federn im technischen Anwendungsbereich entsprechend ihrer Funktion sind: – Aufnahme und Dämpfung von Stößen: Stoßdämpfer – Speicherung potentieller Energie: Uhrenfedern, Ventilfedern – Herstellung von Kraftschluß und Kraftverteilung: Kontaktfedern, Federn in Kupplungen – den Einsatz in der Schwingungstechnik: Federn in Resonanzschwingern für Schwingtische – Kraftmessung und Kraftbegrenzung: Federwaage. 10.1 Federrate, Federkennlinie Bei der Belastung durch die Kraft F bzw. dem Moment M(T) verschiebt sich der Kraftangriffspunkt um den Federweg s bzw. um den Drehwinkel ϕ. Trägt man die Verformung in Abhängigkeit von der Belastung auf, so entsteht das Federdiagramm, s. Abbildung 1. Die Kraft-Weg-Linie hierin wird mit Federkennlinie bezeichnet. Das Verhältnis aus Federkraft F und Federweg s (Federmoment T und Verdrehwinkel ϕ) –– gleich dem Tangens des Neigungswinkels α der Federkennlinie –– wird mit Federrate R bezeichnet: ds dF R = = ) tan( α bzw ϕ α d dT R = = ) tan( . Abbildung 1 Federkennlinie [4] Federn mit linearer Kennlinie Arbeitet eine Feder aus Werkstoffen, für die das Hookesche Gesetz gilt, reibungsfrei, so ist die Kennlinie linear (gerade). Belastung und Verformung sind proportional, d. h. die doppelte Federkraft ergibt auch den doppelten Federweg. Je steiler die Kennlinie verläuft, umso geringer sind bei gleicher Belastung die Verformungen, d. h. umso steifer (härter) ist die Feder. Gerade oder annähernd gerade Kennlinien zeigen beispielsweise Blattfedern, Drehstabfedern und zylindrische Schraubenfedern (siehe Abbildung 10.2).

10.Elastische Verbindungen

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10. Elastische Verbindungen (Federn)

Federn sind Elemente, die sich unter Belastung gezielt verformen und bei Entlastung wieder zurückverformen. Dabei wird potentielle Energie gespeichert, die bei der Rückfederung unter Berücksichtigung der Reibungsverluste in Form von Arbeit wieder abgegeben werden kann. Je nach Aufgabenstellung wird von der Feder ein kleiner/großer Verformungsweg oder eine kleine/große Dämpfung gefordert. Beides kann erreicht werden durch – eine entsprechende Werkstoffwahl (z. B. Federstahl, Gummi) – eine günstige Formgebung (z. B. Federart, Bauabmessungen) – den Grad der Kompressibilität von Gasen (Wahl des Mediums, Bauabmessungen). Typische Eigenschaften für Federn im technischen Anwendungsbereich entsprechend ihrer Funktion sind: – Aufnahme und Dämpfung von Stößen: Stoßdämpfer – Speicherung potentieller Energie: Uhrenfedern, Ventilfedern – Herstellung von Kraftschluß und Kraftverteilung: Kontaktfedern, Federn in Kupplungen – den Einsatz in der Schwingungstechnik: Federn in Resonanzschwingern für Schwingtische – Kraftmessung und Kraftbegrenzung: Federwaage.

10.1 Federrate, Federkennlinie

Bei der Belastung durch die Kraft F bzw. dem Moment M(T) verschiebt sich der Kraftangriffspunkt um den Federweg s bzw. um den Drehwinkel ϕ. Trägt man die Verformung in Abhängigkeit von der Belastung auf, so entsteht das Federdiagramm, s. Abbildung 1. Die Kraft-Weg-Linie hierin wird mit Federkennlinie bezeichnet. Das Verhältnis aus Federkraft F und Federweg s (Federmoment T und Verdrehwinkel ϕ) –– gleich dem Tangens des Neigungswinkels α der Federkennlinie –– wird mit Federrate R bezeichnet:

ds

dFR == )tan(α bzw ϕ

αd

dTR == )tan( .

Abbildung 1 Federkennlinie [4]

Federn mit linearer Kennlinie Arbeitet eine Feder aus Werkstoffen, für die das Hookesche Gesetz gilt, reibungsfrei, so ist die Kennlinie linear (gerade). Belastung und Verformung sind proportional, d. h. die doppelte Federkraft ergibt auch den doppelten Federweg. Je steiler die Kennlinie verläuft, umso geringer sind bei gleicher Belastung die Verformungen, d. h. umso steifer (härter) ist die Feder. Gerade oder annähernd gerade Kennlinien zeigen beispielsweise Blattfedern, Drehstabfedern und zylindrische Schraubenfedern (siehe Abbildung 10.2).

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Federn mit gekrümmter Kennlinie – progressive (ansteigend gekrümmte) Kennlinien, die anzeigen, dass die Feder mit jeweils steigender Belastung härter wird. Dadurch wird beispielsweise ein Durchschlagen der Feder bei starken Belastungen verhindert und ein schnelles Abklingen von Schwingungen erreicht. Dies ist besonders bei Fahrzeugfedern erwünscht. Solche Kennlinien werden auch mit Sonderausführungen wie kegeligen Schraubendruckfedern erreicht. – degressive (abfallend gekrümmte) Kennlinien, die anzeigen, dass mit steigender Belastung die Feder weicher wird. Dies ist erwünscht, wenn nach einer bestimmten Belastung ein weiterer größerer Federweg bei kleinerem Kraftanstieg benötigt wird, wie zum Spiel- und Druckausgleich bei Reglern. Degressive Federung zeigen beispielsweise Gummifedern bei Zugbelastung und Tellerfedern bei bestimmten Bauabmessungen.

10.2 Gestalten und Entwerfen

Die Berechnung der Feder ist nur iterativ möglich, da viele Einflussgrößen noch unbekannt und vielfach voneinander abhängig sind und sich erst während der Berechnung ergeben. Unter Beachtung des konstruktiven Umfeldes ist somit die Feder zunächst zu entwerfen mit dem Ziel der vorläufigen Festlegung aller die Gestalt bestimmenden Federgrößen wie Federart, Federabmessungen und Federwerkstoff. Federarten

Die Form der Feder bestimmt wesentlich die Kennlinie, die Beanspruchung und die Baugröße der Feder. Im Abbildung 10.2 sind die in der Praxis eingesetzten Federn aus Metall entsprechend der Federwerkstoffbeanspruchung aufgeführt. Federwerkstoffe Stahl ist der am meisten verwendete Federwerkstoff, da bei diesem die für Federn maßgeblichen Eigenschaften durch chemische Zusammensetzung, Bearbeitung und Wärmebehandlung weitgehend beeinflusst werden können. Federn aus Nichteisenmetallen kommen im Wesentlichen für niedrigere Beanspruchungen bei besonderen Anforderungen an Korrosion, elektrische bzw. magnetische Eigenschaften und dgl. in Frage. Als nichtmetallischer Werkstoff wird am häufigsten Natur- und synthetischer Gummi verwendet.

Abbildung 2: Einteilung der Metallfedern nach der Werkstoffbeanspruchung [4]

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10.3 Berechnung

Schraubenfedern mit Kreisquerschnitt Die meist aus Runddrähten oder Rundstäben gefertigten zylindrischen Schraubenfedern können als um eine Achse schraubenlinienförmig gewundene Drehstabfedern aufgefasst werden. Sie sind die am häufigsten angewendeten Federn und werden vornehmlich als Druck- oder als Zugfedern verwendet. Aus Platzgründen werden nur die Zylindrischen Schraubendruckfedern mit Kreisquerschnitt berücksichtigt.

10.3.1 Zylindrische Schraubendruckfedern mit Kreisquerschnitt

Je nach dem Fertigungsverfahren werden kalt- und warmgeformte Federn unterschieden, bis d=17 mm Drahtdurchmesser werden die Federn meist kalt geformt. Für kaltgeformte Druckfedern sind nach DIN 2095 Gütevorschriften für folgende Grenzwerte festgelegt: Drahtdurchmesser d≤17 mm; Mittleren Windungsdurchmesser D=(De+Di)/2≤200 mm; Länge der unbelasteter Feder L0≤630 mm; n≥2; Wickelverhältnis w=D/d=4..20 (siehe Abbildung 4). Für warmgeformte Druckfedern gelten nach DIN 2096: d=8..60mm De≤460mm L0≤800mm n≥3 Wickelverhältnis w=D/d=3..12 Kaltgeformte Federn werden meist aus patentiert-gezogenem unlegiertem Federdraht nach DIN EN 10270-1 in den Drahtsorten SL;SM;DM;SH;DH, sowie aus vergütetem Federdraht nach DIN EN 10270-2 in den Sorten FD;TD;VD (unlegiert und CrV- bzw. SiCr-legiert) hergestellt. Hinweise zur Auswahl der Drahtsorten ergeben sich aus Abbildung 3.

Abbildung 3 Hinweise zur Wahl der Drahtsorten [4]

Die Federn werden in der Regel rechtssteigend ausgeführt. Zur einwandfreien Überleitung der Federkraft auf die Anschlussteile wird bei kaltgeformten Schraubendruckfedern die Steigung an je einer auslaufenden Windung vermindert, so dass das auslaufende Ende den vollen Querschnitt der folgenden Windung berührt (Abbildung 4). Um bei jeder Federstellung das möglichst axiale Einfedern bei genügend großer Auflagefläche zu erreichen, werden die Drahtenden plangeschliffen.

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Abbildung 4 a) Unbelastete Schraubendruckfeder mit angelegten Federenden geschliffen b) angelegtes, unbearbeitetes Federende c) angelegtes, geschmiedetes Federende Kaltgeformte Federn bestehen aus mindestens 2 wirksamen Windungen (n>2) und 2 Endwindungen. Bei warmgeformten Druckfedern sollte n≥3 sein und als nichtfedernde Endwindungen werden jeweils nur 3/4 einer Windung an jedem Federende angenommen. Daraus ergibt sich die Gesamtanzahl der Windungen: - bei kaltgeformten Druckfedern: nt=n + 2 - bei warmgeformten Druckfedern: nt=n+1,5

Außerdem müssen die Federenden einander gegenüberliegen, d.h. um 180° versetzt sein, um eine einseitige Belastung zu vermeiden. Daraus folgt, daß die Gesamtanzahl der Windungen ein Vielfaches einer halben Windung sein muß: nt=4.5; nt=5.5; nt=6.5; nt=7.5 usw. Die Steigung der unbelasteten federnden Windungen soll so gewählt werden, dass bei der größten zulässigen Federkraft immer noch ein Abstand zwischen den federnden Windungen vorhanden ist. Die Summe der Mindestabstände ergibt sich bei kleinster zulässiger Federlänge Ln: Bei statischer Beanspruchung bei dynamischerBeanspruchung für kaltgeformte Federn Sa=[0,0015 (D2/d)+0,1d]n Sa’=1,5 Sa

für warmgeformte Federn

Sa=0,02(D+d)n Sa’=2 Sa

Bei Unterschreitung von Sa kann die Federkennlinie stark progressiv ansteigen. Aus fertigungstechnischen Gründen müssen alle Federn auf Blocklänge Lc (alle Windungen liegen aneinander) zusammengedrückt werden können. Sie beträgt mit dmax=d+es (oberes Grenzabmaß es nach Abbildung 5) für Federn:

Abbildung 5 [4]

kaltgeformt Warmgeformt angelegt und geschliffen

Lc≤nt dmax

angelegt und unbearbeitet

Lc≤(nt+1,5)dmax

angelegt und planbearbeitet

Lc≤(nt-0,3)dmax

Unbearbeitet Lc≤(nt+1,1)dmax

Die der größten zulässigen Federkraft Fn

zugeordnete kleinste zulässige Federlänge Ln

muss daher stets sein:Ln=Lc+Sa bzw Ln=Lc+Sa’ Wird eine Druckfeder nach ihrer Fertigung zum ersten Mal zusammengedrückt, so wird nach der Entlastung die ursprüngliche unbelastete Länge nicht wieder erreicht, d. h. die Feder „setzt“ sich. Erst nach mehreren weiteren Belastungen „steht“ die Feder und behält die als Richtwert geltende Länge der unbelasteten Feder. L0=Lc+sc=Lc+sn+Sa wo sn-der Federkraft Fn zugeordneten Federweg

Zur Herleitung der Berechnungsgleichungen wird ein in Schraubenlinie gewundener Torsionsstab betrachtet. Die in der Längsachse wirkenden Zug-oder Druckkräfte F haben von jedem Drahtelement den konstanten Abstand R=D/2. Nach DIN EN 13906 können die infolge des Steigungswinkels vorhandenen Biege- und Normalspannungen als auch die Schubspangen

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vernachlässigt werden. Jedes Element wird also nur durch das konstante Drehmoment T=FxD/2 belastet. Die Torsionsspannung ergibt sich somit zu:

zulT d

FD

d

DF

W

T τππ

τ ≤=⋅==33

8

16/

2/

Bei statischer und dynamischer Beanspruchung muß zusätzlich überprüft werden, ob die Torsionsspannung bei Blocklänge Lc die zulässige Torsionsspannung τc zul nicht überschreitet (Abbildung 6).

Abbildung 6 [4]

Der Gesamtfederweg ist:

4

3

44

8

82

32

2/

2

2/

22 Gd

FnDD

dG

FDDn

D

dG

FDDn

D

GI

FDDn

D

GI

MDn

Dns

PP

T =

=

=

=

==

ππππγ

γ – Drehwinkel für eine Windung IP – polares Flächenträgheitsmoment G – Schubmodul F – Druckkraft

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Schrifftum

[1] Haberhauer, H., Bodenstein, F., 2007. Maschinenelemente: Gestaltung, Berechnung,

Anwendung, 14. A. ed. Springer Berlin Heidelberg.

[2] Albers, A., Sauer, B., Steinhilper, W., 2008. Konstruktionselemente des Maschinenbaus 1, 1,. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg. [3] Decker, K.-H., Kabus, K., Kretschmer, B., 2011. Maschinenelemente: Gestaltung und Berechnung.,. Hanser, München u.a. [4] Wittel, H., Muhs, D., Jannasch, D., Voßiek, J., 2013. Roloff/Matek Maschinenelemente. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden.