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- - - -- --------------- Zivilschutz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland 1. Allgemeines 1/10 Nahezu alle Industriestaaten sind gegenwärtig bemüht, ihren Zivil- und Katastrophenschutz auszubauen. Sie gehen dabei von der Überlegung aus, daß die Erhaltung des militärischen Gleichgewichts durch Abschreckung nur dann glaubhaft ist, wenn die Bevölkerung ausreichen- de Schutz- und Überlebenschancen hat. Neutrale Staaten wie die Schweiz und Schweden haben als erste erkannt , daß ein glaubwürdiger , wirksamer Zivilschutz zur Erhaltung des Friedens beizutragen vermag, und aus der Beobachtung zweier Weltkriege entsprechende Lehren gezogen. Vergleicht man die Zivilschutzkonzepte der verschiedenen Länder miteinander, so kann man feststellen, daß diese hinsichtlich Aufgabenstellung und Funktion einander mehr oder weniger ähneln, vom Konzept der Bundesrepublik Deutschland jedoch bisweilen nicht unerheblich abweichen. Die Verantwortung für den Zivilschutz trägt fast überall ' der Innenminister. Lediglich in Schweden obliegt diese Verantwortung dem Verteidigungsminister und in Norwegen sowie in der Schweiz dem Justiz- und Polizeiminister. In einigen Ländern - u. a. in der Schweiz - gehören dem Zivilschutz auch militärische Sonder- verbände an. Die zivilen Hilfsorganisationen sind jedoch entsprechend ihrer humanitären Aufgabenstellung überwiegend der IV. Genfer Konvention unterworfen . In den folgenden Beiträgen wird über Stand, Funktion und Zielsetzung des Zivilschutzes in einer Reihe von Staaten unterschiedlicher politischer Struktur berichtet. Die Beiträge sollen der allgemeinen Unterrichtung dienen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben sie nicht. Auf eine Darstellung des Zivil- und Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland wird in diesem Zusammenhang verzichtet, da dieser in anderen Abschnitten - insbesondere in Abschnitt 1/ 1 - ausführlich behandelt wird. Die Zivilschutzmaßnahmen eines Landes lassen sich nur dann kritisch bewerten, wenn man seine Anstrengungen im Verhältnis zu seiner Ausdehnung, Einwohnerzahl und Einwohner- dichte betrachtet. Nachstehende Übersicht soll dabei behilflich sein. Land Größe in km' Einwohner Einwohner/km' Bundesrepublik Deutschland 248 000 60 000 000 247 Belgien 30 514 9 756 000 319 Dänemark 43 031 4 600 000 110 Deutsche Demokratische Republik 107 771 17 030 000 158 Finnland 337 032 4 600 000 15 Frankreich 551 602 52 000 000 95 Großbritannien und Nordirland 244 019 55 347 000 227 Israel 20 700 3 400 000 116 Italien 301 224 55 000 000 182 Luxemburg 2 586 350 000 131 Niederlande 36 621 13 000 000 354 Norwegen 324 219 3 900 000 13 Osterreich 83 000 7 479 000 90 Schweden 449 800 8 130 000 20 Schweiz 41 290 6 500 000 135 UdSSR 22 274 700 248 000 000 11 -1-

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Zivilschutz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland

1. Allgemeines

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Nahezu alle Industriestaaten sind gegenwärtig bemüht, ihren Zivil- und Katastrophenschutz auszubauen. Sie gehen dabei von der Überlegung aus, daß die Erhaltung des militärischen Gleichgewichts durch Abschreckung nur dann glaubhaft ist, wenn die Bevölkerung ausreichen-de Schutz- und Überlebenschancen hat. Neutrale Staaten wie die Schweiz und Schweden haben als erste erkannt, daß ein glaubwürdiger, wirksamer Zivilschutz zur Erhaltung des Friedens beizutragen vermag, und aus der Beobachtung zweier Weltkriege entsprechende Lehren gezogen.

Vergleicht man die Zivilschutzkonzepte der verschiedenen Länder miteinander, so kann man feststellen, daß diese hinsichtlich Aufgabenstellung und Funktion einander mehr oder weniger ähneln, vom Konzept der Bundesrepublik Deutschland jedoch bisweilen nicht unerheblich abweichen.

Die Verantwortung für den Zivilschutz trägt fast überall 'der Innenminister. Lediglich in Schweden obliegt diese Verantwortung dem Verteidigungsminister und in Norwegen sowie in der Schweiz dem Justiz- und Polizeiminister. In einigen Ländern - u. a. in der Schweiz - gehören dem Zivilschutz auch militärische Sonder-verbände an. Die zivilen Hilfsorganisationen sind jedoch entsprechend ihrer humanitären Aufgabenstellung überwiegend der IV. Genfer Konvention unterworfen.

In den folgenden Beiträgen wird über Stand , Funktion und Zielsetzung des Zivilschutzes in einer Reihe von Staaten unterschiedlicher politischer Struktur berichtet. Die Beiträge sollen der allgemeinen Unterrichtung dienen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben sie nicht.

Auf eine Darstellung des Zivil- und Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland wird in diesem Zusammenhang verzichtet , da dieser in anderen Abschnitten - insbesondere in Abschnitt 1/ 1 - ausführlich behandelt wird.

Die Zivilschutzmaßnahmen eines Landes lassen sich nur dann kritisch bewerten, wenn man seine Anstrengungen im Verhältnis zu seiner Ausdehnung, Einwohnerzahl und Einwohner-dichte betrachtet. Nachstehende Übersicht soll dabei behilflich sein.

Land Größe in km' Einwohner Einwohner/km' Bundesrepublik Deutschland 248 000 60 000 000 247 Belgien 30 514 9 756 000 319 Dänemark 43 031 4 600 000 110 Deutsche Demokratische Republik 107 771 17 030 000 158 Finnland 337 032 4 600 000 15 Frankreich 551 602 52 000 000 95 Großbritannien und Nordirland 244 019 55 347 000 227 Israel 20 700 3 400 000 116 Italien 301 224 55 000 000 182 Luxemburg 2 586 350 000 131 Niederlande 36 621 13 000 000 354 Norwegen 324 219 3 900 000 13 Osterreich 83 000 7 479 000 90 Schweden 449 800 8 130 000 20 Schweiz 41 290 6 500 000 135 UdSSR 22 274 700 248 000 000 11

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2. Zivil- und Katastrophenschutz in der Deutschen Demokratischen Republik

Deutsche Demokratische Republik (DDR) Die Zivilverteidigung in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wird durch das am 1. 10. 1970 in Kraft getre-tene „Gesetz über die Zivilverteidigung

DDR der DDR" geregelt. Das nur wenige Paragraphen enthaltende Gesetz be-stimmt u.a. die Überführung der seit 1958 bestehenden Luftschutzorganisatio-nen in die zivile Verteidigung sowie die lntegrierung des Katastrophenschutzes in dieselbe.

Die Zivilverteidigung der DDR wird vom Vorsitzenden des Ministerrates zentral geführt. Grundlage für die Führung der Zivilverteidigung sind die Verordnungen des Nationalen Ver-teidigungsrates (NVR). Als Leiter der Zivilverteidigung wird vom Vorsitzenden des Minister-rates der Innenminister ernannt, dem der Stab der Zivilverteidigung zur Durchführung seiner Aufgaben zur Seite steht.

Trotz Errichtung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sind dem Innenminister neben der Polizei auch bewaffnete Teile der Streitkräfte unterstellt geblieben. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf die Territorialverteidigung, die Zivilverteidigung, den Katastrophenschutz, die Feuerwehren, das Rettungswesen, den Betriebsschutz und den Strafvollzug.

Ein im Jahre 1972 erlassenes Gesetz über den Ministerrat der DDR manifestiert ausdrücklich, daß die Zivilverteidigung der DDR Bestandteil der militärischen Landesverteidigung ist und der Unterstützung der Armeen des Warschauer Paktes dient. Zu bemerken ist, daß eine Reihe von Verordnungen und Instruktionen streng geheim ist und der 'Bevölkerung nur unvoll-kommen bzw. überhaupt nicht bekannt gemacht w ird.

Mit Überführung der Luftschutzorganisationen in den Zivilschutz wurde zugleich das bis dahin geltende Freiwilligenprinzip abgelöst. Es besteht nunmehr Dienstpflicht für Männer vom 16. bis 65. Lebensjahr, für Frauen bis zum 60. Lebensjahr.

An Formationen der Zivilverteidigung sind zu nennen das Rote Kreuz, die Feuerwehr und die Volkspolizei. Die Aufgaben der genannten Formationen decken sich im wesentlichen mit den Aufgaben gleicher oder ähnlicher Organisationen und Verbände in anderen Ländern.

Nach Beitrittt der DDR im Jahre 1949 zu den vier Genfer Abkommen wurde das DRK auch in der DDR eine freiwillige Hilfsgemeinschaft. Das DRK umfaßt zur Zeit weit über eine halbe Mill ion aktiver Helfer. Seit 1954 ist das DRK der DDR auch Mitglied in der Weltorganisation des Roten Kreuzes.

Die Aufgaben der Feuerwehren (Berufs-, Betriebs- und Freiwillige Feuerwehren) haben sich wie auch anderswo von der Brandbekämpfung auf die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und Katastrophen verlagert. Die Freiwilligen Wehren und die Betriebsfeuerwehren zählen etwa 500 000 Mitglieder. Außerdem sind etwa 50 000 Frauen und 80 000 Jugendliche in den Feuer-wehren erfaßt.

Die allgemeine Deutsche Volkspolizei entspricht in ihrer Gesamtstärke von etwa 80 000 Ange-hörigen dem Sicherheitsbedürfnis, das die Staatsführung für sich selbst und ihre Einrich-tungen in Gesetzen und Verordnungen dokumentiert. Eine wesentliche Erweiterung erfährt die Volkspolizei jedoch durch freiwillige Helfer (Volkspolizeihelfer) . Diese Helfer sind Zivil-personen mit Polizeivollmachten. Gegenwärtig gibt es etwa 130 000 VP-Helfer. Der über-wiegende Teil wird selbständig eingesetzt und führt sogar Kontrollen im Rahmen von Fahn-dungen durch. Abweichend von der Polizei in anderen Ländern hat die allgemeine VP der DDR ,Aufgaben zu erfüllen, die rein militärischen Charakter haben. Ihre Offiziere tragen militärische Rangabzeichen. Die Ausbildung der Kampfgruppen ist eine der Hauptaufgaben.

Eine wichtige Aufgabe der Zivilverteidigung ist schließlich die Errichtung von Schutzbauten und Schutzeinrichtungen in den Wohnbezirken, in der Verwaltung und den •volkseigenen Betrieben (VEB), um im Kriegsfall möglichst vielen Menschen ein überleben zu sichern.

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Eine abschließende Bewertung der Zivilverteidigung der DDR ist nur schwer möglich, da die Behörden keine Angaben veröffentlichen. Es läßt sich jedoch feststellen , daß die Erfolge der Anstrengungen sehr unterschiedlich sind. Nahezu vollkommen auf- und ausgebaut dürfte das Netz des staatlichen Sicherheitssystems sein. Hierfür sind Polizei- und Sicherheitskräfte, verstärkt durch Hilfspolizisten, in ausreichender Zahl vorhanden. Lücken bestehen zweifellos in der Ausstattung, vor allem an modernem Selbstschutzgerät. Rein technische Einheiten zur Gefahrenabwehr - etwa wie das Technische Hilfswerk in der Bundesrepublik - fehlen. Da aber die im Aufbau befindliche Zivilverteidigung Bestandteil der Landesverteidigung ist, dürfte dieser Zustand sich bald ändern. Die Staatsführung ist mit allen Kräften bemüht, mit den anderen Staaten des Warschauer Paktes, insbesondere mit der UdSSR, gleichzuziehen oder diese gar zu überholen.

Belgien

3. Zivil- und Katastrophenschutz im Ausland

Wichtigster Bestandteil der belgischen zivilen Verteidigung ist die „ Protection Civile (PC)" . Sie ist eine staatliche Or-ganisation, ihre Gliederung entspricht den neun Provinzen und den nahezu 600 Gemeinden des Landes. Demzufol-ge ist zu unterscheiden in zentrale Dienste auf Landesebene, regionale Dienste auf Provinzebene und örtliche Organisationen in den Gemeinden.

Der überwiegende Teil der Angehörigen des „Corps de Protection Civile (CPC)" besteht im Frieden aus Freiwilligen , während die Kader aus Angehörigen des öffentlichen Dienstes gebildet wer-

den, die zum Dienst im Zivilschutz verpflichtet sind. Im Verteidigungsfall wird der Zivil-schutz durch kommunale Feuerwehren und durch Teile der territorialen Verbände des Heeres verstärkt. Seine besondere Schlagkraft erhält das Corps de Protection Civile durch sechs modern ausgerüstete Mobile Kolonnen („Colonnes Mobiles"). Diese bestehen aus einem Kader von Spezialisten , die nach Bedarf durch Freiwillige ergänzt werden. Eine Einsatz-abteilung verfügt über etwa 600 Mann, von denen etwa 100 Angestellte und Beamte sind. Alarmeinheiten der Kolonnen sind um die Uhr einsatzbereit.

Die Bereitschaft des belgischen Volkes zur zivilen Verteidigung findet Ausdruck in der Mit-wirkung von rund 50 000 Freiwilligen in den örtlichen Organisationen sowie in der Mitwirkung im Selbstschutz und in der Aufstellung von Werkschutzeinheiten in allen größeren Betrieben.

Dänemark Zum Dienst in der zivilen Verteidigung sind alle Bürger vom 16. bis zum 65. Lebensjahr verpflichtet, sofern sie nicht zum Wehrdienst eingezogen werden. Die Organisation des Zivilschutzes („Civilforsvaret") ist gegliedert in Lan-desleitung, regionale Leitung und ört-lichen Zivilschutz. Die Aufgaben des Zivilschutzes werden vom Generaldirek-tor des dänischen Zivilschutzes wahr-genommen, der dem Innenminister untersteht.

Die kommunalen Hilfsdienste des Zivil-schutzes sind ihrer Aufgabenstellung zufolge gegliedert. Sie bestehen aus Freiwilligen, die durch ältere Wehr-

pflichtige ergänzt werden, in der Mehrzahl jedoch aus Bediensteten des Staates und der Gemeinden, die auf gesetzlicher Grundlage herangezogen werden. Zur Zeit gehören dem

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Bundesrepublik Deutschland örtlichen Zivilschutz etwa 10 ooo Freiwillige, 45 000 Wehrpflichtige und 13 000 Angehörige des öffentlichen Dienstes an. Damit sind etwa 65% des Personalbedar1s im Verteidigungsfall erreicht.

Ein starkes Glied in der Zivilverteidigung bildet das überörtliche staatliche Zivilschutzkorps. Es besteht aus vier Brigaden. In jedem Jahr werden 1 300 Dienstpflichtige einberufen. Das Korps ist mit modernem Gerät und Spezialkraf1fahrzeugen ausgerüstet. Gegenwärtig können rund 15 000 Dienstpflichtige mobilisiert werden. Der Materialbedarf des Korps ist 100 O/oig gedeckt, während im örtlichen Zivilschutz noch materielle Lücken geschlossen werden müssen.

Finnland Finnlands Zivilschutz („Vaeestoensuojo-lu") - finn . Terminologie „ Bevölkerungs-schutz" - ist in seiner Zielsetzung dem Zivilschutz anderer Staaten vergleichbar. Die humanitären Aufgaben werden stark betont. Zu unterscheiden ist zwischen dem allgemeinen Bevölkerungsschutz, dem Schutz der Behörden und öffent-lichen Einrichtungen, dem Industrie- und Werkschutz sowie dem Selbstschutz der Bevölkerung. Die Verantwortung liegt beim Innenministerium.

Zivilschutzpflichtig in Notlagen sind Männer und Frauen zwischen dem 16. und 65. Lebensjahr. Für Angehörige des öffentlichen Dienstes ist die Ausbildung im Bevölkerungsschutz Pflicht. Diese bilden auch die Kader der Einheiten, die durch freiwillige Helfer aus den Hilfsorganisa-tionen ergänzt werden. In Notlagen erreichen die Einheiten auf örtlicher Ebene eine Stärke von rund 100 000 Personen. Unterschiedlich ist noch der Ausstattungsstand. Hier gilt es noch Lücken zu schließen.

Neben den Einheiten des örtlichen Bevölkerungsschutzes verfügt Finnland auch über staat-liche „Fernhilfe-Kolonnen". Diese sind für den überörtlichen Einsatz innerhalb der Provinzen bestimmt. Jede Fernhilfe-Abteilung, von denen 15 aufgestellt sind, ver1ügt über etwa 650 Mann. Sie scheiden mit Erreichen des 50. Lebensjahres aus, bleiben aber im örtlichen Bevölkerungsschutz tätig.

Schließlich besteht in Finnland Schutzraumbaupflicht für Steingebäude über 3 000 m' . Staat und Gemeinden stellen außerdem Sammelschutzräume und Schutzanlagen zur Verfügung. So verfügt Helsinki bereits für rund 70 '% der Bevölkerung über Schutzraumplätze. Der jährliche Zuwachs an Schutzraumplätzen beträgt mehr als 80 000 im Landesdurchschnitt.

Frankreich Frankreichs Konzept der Gesamtvertei-digung ist mit dem der Bundesrepubl ik Deutschland vergleichbar. Innerhalb der Gesamtverteidigung (in Frankreich: „De-fense nationale") unterscheidet man die militärische Verteidigung und die zivile Verteidigung („Defense civile"). Für letztere ist der Innenminister zuständig. Auch der Zivil- bzw. Katastrophenschutz ist ihr zugeordnet. Zur Durchführung seiner Aufgaben verfügt der Innenmini-ster über den Nationalen Zivilschutz-dienst („Service Nationale de la Protec-tion Civile/SNPC").

Da es in Frankreich an Schutzbauten mangelt, kommt dem Zivilschutz besondere Bedeutung zu. Hierzu ist er überwiegend aus berufsmäßigen Organisationen, wie z. B. den Feuerwehren, zusammengesetzt, welche die Hauptträger des Zivilschutzes sind. Sie unterstehen den Ge-meinden. Zu ihrer Verstärkung stehen auf Gemeinde- und Regionsebene etwa 150 000 frei-willige Helfer bereit, die in Kadern zusammengefaßt sind. Im Verteidigungsfall erfolgt eine Straffung der Protection Civile durch gleichzeitige Verstärkung der Hilfszentren auf 135 000

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Zivilschutz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland

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Mann, Aufstellung von mobilen Hilfskolonnen mit insgesamt 2 500 Mann und Bildung von einigen hundert Einheiten zur Obdachlosenbetreuung in Stärke von etwa 20 000 Mann.

Um gegen Großkatastrophen und für den Kriegsfall besser gerüstet zu sein , wurde 1962 die Aufstellung eines Zivilschutzkorps beschlossen. Dasselbe soll vor allem zur Bekämpfung chemischer Brände, zum Schutz gegen radioaktive Verseuchung, zur Hilfeleistung bei Gas-vergiftungen sowie zur Durchführung sonstiger besonderer Rettungsaktionen zur Verfügung stehen . Die Aufstellung dieses Korps, das eine Gesamtstärke von 27 000 Mann haben wird, ist noch nicht beendet. Es besteht aus Kadern der Feuerwehren und aus Reservisten. Die Ausbildung der Spezialisten erfolgt in einem Lager in der Provence.

Großbritannien Großbritannien - England, Schottland, Wales und Nordirland - verfügte in bei-den Weltkriegen über vorbildliche Zivil-schutzorganisationen. Fehlende Haus-haltsmittel führten ab Mitte der 60er Jahre zu einer starken Reduzierung der Anstrengungen für den Zivilschutz. Der wichtigste Bestandteil der Zivilschutz-organisationen, das Zivilschutzkorps („Civil Defence Corps"), fiel dem Rot-stift nahezu vollständig zum Opfer und ist heute praktisch aufgelöst. Lediglich bestehende Führungseinrichtungen blie-ben möglichst erhalten, um notfalls eine Reaktivierung des Zivilschutzes vorneh-men zu können.

Unter dem Begriff „Civil Defence", bisweilen unter dem Begriff „Civil Protection", beschreibt man in Großbritannien im wesentlichen den Aufgabenbereich, der in der Bundesrepublik Deut!!chland unter den Begriff Zivilschutz fällt.

Im britischen Zivilschutz ist zu unterscheiden zwischen der zentralen Leitung auf Landesebene, der regionalen Leitung in den Zivilschutzregionen und der Führung des Zivilschutzmaßnahmen auf kommunaler Ebene. Nach Auflösung des Zivilschutzkorps trägt die kommunale Ebene die Hauptlast der Zivilschutzmaßnahmen.

Verantwortlich für die Vorbereitung und Durchführung der verschiedenen Zivilschutzmaßnah-men sind die Ministerien gemäß ihres jeweiligen Aufgabenbereichs. Beim Innenministerium („ Horne Office") liegt die koordinierende und überwachende Funktion. Dazu steht dem Innen-minister ein Planungsstab für den Zivilschutz zur Verfügung, in den die anderen Ministerien Vertreter entsenden.

Die Aufgaben des Zivilschutzes auf regionaler Ebene nimmt in erster Linie die zivile Verwal-tung wahr. Die Organisation ist im Verteidigungsfall der Verwaltungsstruktur angepaßt und in Regionen und Teilregionen gegliedert.

Nach Auflösung des Zivilschutzkorps können die Behörden auf den tatkräftigen Beitrag der freiwilligen Hilfsorganisationen nicht verzichten. Diese erhalten keine staatliche finanzielle Unterstützung, obwohl sie im Kriege und bei Notständen wichtige Zivilschutzfunktionen wahr-nehmen müssen. Die Hilfsdienste und der Industrie-Luftschutz zählen rund eine halbe Million Mitglieder. Die kommunalen Fachdienste - Feuerwehren, Ambulanzdienste, Spezialdienste _der Polizei, insbesondere im Nachrichtenwesen - können, soweit verfügbar, jedoch durch Krafte der britischen Territorialarmee verstärkt werden.

Großbritannien setzt großes Vertrauen in die Bereitwilligkeit seiner Bevölkerung, die in der Vergangenheit stets zum freiwilligen Einsatz bereit war und erhebliche Opfer gebracht hat. Fraglich ist, ob künftig ausreichend Zeit zur Mobilisierung des Zivilschutzes bleibt und ob das ausgebildete Personal und die materielle Ausstattung genügen, um Notständen wirksam zu begegnen. Diese Frage wiegt um so schwerer, als Großbritannien eine gesetzliche Schutz-raumbaupflicht nicht kennt und sich lediglich auf Empfehlungen an die Bevölkerung be-schränkt, in den Häusern Schutzräume gegen radioaktive Niederschläge zu schaffen.

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Israel

Zivilschutz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland

Träger der zivilen Verteidigung Israels ist die Zivilschutz-Organisation „HAGA". Ihr Befehlshaber ist Mitglied des Gene-ralstabes, seine Ernennung erfolgt mit Einverständnis des Innenministers. Dienstpflichtig in der HAGA sind alle Männer ab 18. Lebensjahr, soweit sie nicht in der Armee benötigt werden. Die Dienstpflicht in der Zivilverteidi-gung für Frauen reicht vom 18. bis zum

30. Lebensjahr, vorausgesetzt, sie sind ledig und kinderlos. Für die mobilen Schutz-einheiten werden sämtliche Männer zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr rekrutiert. Die Ausstattung der zivilen Verteidigungskräfte ist in Geräteeinheiten erfaßt. Bei Notständen und im Kriegsfall sind Requisitionen aus der Wirtschaft möglich. Eingekreist von seinen Gegnern hat Israel ein hervorragendes Warn- und Alarmsystem. Für den Fall einer totalen Mobilmachung erreichen die Zivilschutzkräfte eine Gesamtstärke von rund 100 000 Personen.

Italien Italien hat mit dem Aufbau eines moder-nen Zivilschutzes („Protezione Civile") erst mit 20jähriger Verspätung begon-nen. Als Aufgaben für den Zivilschutz sind in erster Linie die Abwendung von Gefahren der Kernenergie zu nennen sowie Hilfeleistung bei Katastrophen und Notständen. Verantwortlich ist der Innenminister. Für schnelle und massive Einsätze wer-den neben den örtlichen Hilfsorganisa-tionen bewegliche Einheiten , sog. „Co-lonne Mobil", aufgestellt. Das aus

Freiwilligen zusammengesetzte Personal rekrutiert das Innenministerium. Die Teilnahme an der Ausbildung ist Pflicht. Das Personal darf bis zu 10% aus Wehrpflichtigen, jedoch nicht aus Wehrdienstverweigerern bestehen.

Luxemburg Seit 1960 wird der Aufbau des Zivil-schutzes („Protection Civile (PC)") intensiv gefördert. Die friedensmäßigen Katastrophenschutzdienste werden in den Zivilschutz eingegliedert, so daß die für überörtliche Aufgaben erforder-liche Anzahl von etwa 12.000 Helfern nahezu erreicht ist. Wo bestehende Organisationen den Anforderungen nicht entsprechen, werden Zivilschutzkräfte auf freiwilliger Basis mit Unterstützung des Staates au fgestellt.

Organisatorisch gliedert sich der luxemburgische Zivilschutz in die Landesleitung, die Zivil-schutzregion und in die örtliche Selbstschutzorganisation. Die Verantwortung auf Landesebene trägt der Innenminister, der in Fachfragen von einem Oberausschuß beraten wird. Infolge \:ler geringen Ausdehnung des Großherzogtums und der geringen Bevölkerungszahl ist eine Ab-grenzung zwischen Selbstschutz und örtlichem Zivilschutz nicht einfach. Die Ausbildung der Bevölkerung erfolgt auf freiwilliger Grundlage. Hierzu steht neuerdings in wachsendem Umfang auch der staatliche Zivilschutz zur Verfügung. Zum Kern des örtlichen Zivilschutzes zählen die Feuerwehren und die Sanitäts- und Gesundheitsdienste.

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In der Stadt Luxemburg besteht eine Berufsfeuerwehr. Die Wehren in den übrigen Gemeinden sind freiwillige Wehren mit insgesamt etwa 6 500 Wehrmännern. Die Feuerwehren sind dem Innenminister unterstellt, jedoch nicht in die PC eingegliedert.

Das hervorragendste Glied des luxemburgischen ZivilschutZes ist die mobi le Brigade, die bei größeren Unfällen und Katastrophen eingreift, wo die örtlichen Kräfte überfordert sind. Die Brigade besteht aus drei mobilen Kolonnen, die wiederum in jeweils drei Gruppen zu je 170 Mann unterteilt sind. Das Ausrüstungslager und das Zentrum der Brigade liegt in Lintgen. Obgleich aus Freiwilligen zusammengesetzt, hat die Brigade keine Mühe, ihren Nachwuchs zu decken, da sie in der Bevölkerung großes Ansehen genießt.

Niederlande Aus der Reihe der Gesetze, die zum Schutz der niederländischen Bevölke-rung in Kriegszeiten und bei Notstän-den erlassen worden sind, verdient das Bevölkerungsschutzgesetz (BSG) und das Gesetz über Notdienste besondere Erwähnung. Ersteres gilt dem Schutz der Bevölkerung gegen Kriegseinwir-kungen allgemein, das zweite begrün-det eine Zivildienstpflicht für alle Be-wohner des Landes vom 18. bis zum 65. Lebensjahr. Ausgenommen bleiben

die Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei und bestimmte Berufe, z. B. Priester. Mit dem Gesetz wird zugleich auch der Bedarf anderer öffentlicher Dienste - u. a. der Reserve-Polizei -in Notzeiten und im Verteidigungsfil.11 gedeckt.

Organisatorisch ist der Zivilschutz - das Zivilschutzgesetz ähnelt weitgehend dem Zivilschutz-gesetz der Bundesrepublik - eng mit der Gliederung der zivilen Verwaltung verknüpft. Die Verantwortung liegt beim Innenminister, den Provinzkommissaren und den Bürgermeistern der Gemeinden. Analog unterscheidet man zwischen der zentralen Leitung auf Reichsebene, der regionalen Leitung auf Provinzebene und der lokalen Führung auf Gemeindeebene.

Der Zivilschutz („Bescherming Bevolking ") ist unterhalb der Reichsebene auf Provinz- und Bezirksebene durchorganisiert. Die Provinzen sind hierzu in 45 Zivilschutzbezirke (Destrikte) unterteilt.

Der örtliche Zivilschutz wird vom Bürgermeister geleitet. Ihm unterstehen der Selbstschutz, die kommunalen Hilfsorganisationen und der Werkschutz der Betriebe. Müssen mehrere Gemeinden zu einer Notgemeinschaft zusammengeschlossen werden, so bilden die Bürger-meister einen Kreisrat, der einen Kreiskommandanten bestimmt, der die Dienste von einer Befehlsstelle aus führt. Das Personal der Befehlsstelle wird im Kriege durch anderweitig nicht benötigtes Personal verstärkt.

Die Gemeinden verfügen über eine Reihe von kommunalen Hilfsdiensten - Feuerwehren , Sanitätsdienste, Rettungsdienste, ABC-Dienste - und bauen bei Notständen außerdem noch einen sozialen Betreuungsdienst auf, dem die Sorge für Obdachlose obliegt. Da der Stand der Vorbereitungen zum unmittelbaren Schutz der Bevölkerung nicht befriedigt - die Boden-verhältnisse setzen dem Schutzraumbau technische Grenzen -, kommt den mobilen Kolonnen („Colonnes Mobiele") besondere Bedeutung zu. Bei diesen handelt es sich um Einsatzver-bände des Zivilschutzes, die dem Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte unterstehen und mit aktivem Personal der Streitkräfte und mit Reservisten besetzt sind . Das Korps der mobilen Kolonnen besteht aus dem Kommando, Mobeinheiten und Geräteeinheiten für 12 Feuerwehr-kolonnen , 12 Rettungs- und Sanitätskolonnen und einem Ausbildungszentrum. Die Kolonnen haben eine Stärke von jeweils 800 bis 900 Mann und sind in Kompanien, Züge, Gruppen und Trupps gegliedert. Die Führung besteht überwiegend aus Offizieren der Streitkräfte, die für diese Aufgabe freigestellt werden.

Die gesamte Organisation des staatlichen Zivilschutzes auf örtlicher und regionaler Ebene umfaßt im Verteidigungsfall rund 175 000 Mann, davon 22 000 in den mobilen Kolonnen. Die Zivilschutzdienste dürfen auch bei Katastrophen im Frieden eingesetzt werden. Zivilschutz-pflichtige können zu bestimmten Einsätzen eingezogen werden. Der Grundbedarf an Aus-rüstung und Material ist zu 100 °/o gedeckt.

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Norwegen

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Rechtsgrundlage des Zivilschutzes in Norwegen („Sivilforsvaret", übersetzt: Zivilverteidigung) ist das Zivilschutzge-setz von 1953/56. Das Gesetz schreibt vor, daß Männer und Frauen vom 18. bis zum 65. Lebensjahr zum Zivilschutz herangezogen werden können. Die Re-gierung darf den Zivilschutz auch bei Katastrophen einsetzen, wodurch die-sem auch rein humanitäre Aufgaben erwachsen. Bemerkenswert im norwe-gischen Zivilschutzgesetz sind schließ-lich die Bestimmungen zum Schutz-raumbau sowie die im Falle eines Krie-ges vorgesehene Evakuierung beträcht-1 ich er Bevölkerungsteile.

Da Norwegen über kein Innenministerium verfügt, obliegt die Leitung des Zivilschutzes dem Justiz- und Polizeiminister, welcher sich dieser Aufgabe mit Hilfe eines Direktors für Zivil-schutz und zivile Verteidigungsplanung unterzieht. Dem Unterstellungsverhältnis unter das Polizeiministerium ist es wohl auch zu verdanken, daß die Gliederung des Zivilschutzes der Gliederung der Polizeikräfte entspricht und die laut Gesetz von den Gemeinden durchzufüh-renden Zivilschutzmaßnahmen taktisch von den jeweils zuständigen Polizeichefs geleitet werden. Analog zu den 14 Regierungsbezirken des Landes besteht die gleiche Anzahl von mobilen Fernhilfekolonnen („Vjernkjelpkolonner"). Diese haben die Aufgabe, die örtlichen Zivilschutz-einheiten zu unterstützen, wenn sie Katastrophenlagen allein nicht meistern können. Die Kolonnen sind voll motorisiert, außerhalb der großen Städte kaserniert und insgesamt etwa 12 000 Mann stark. Die Stärke einer einzelnen Kolonne richtet sich nach der Einsatzart. Bei Einsätzen arbeiten die Kolonnen in drei Schichten um die Uhr. Ein Drittel der Kolonne befindet sich nach diesem System ständig vor Ort. Personell setzen sich die Kolonnen aus hauptamtlichen Angestellten und Wehrpflichtigen zusammen. Die Wehrpflichtigen werden von der Armee für den Zivilschutz abgestellt. Die Informationen über den Zivilschutz Norwegens wären unvollständig, vergäße man den weit fortgeschrittenen Ausbau privater und öffentlicher Schutzräume. Nach Schweden und der Schweiz besetzt Norwegen mit Schutzraumplätzen für etwa 45 °/o seiner Bevölkerung den dritten Rang. Allein 1,5 Millionen Schutzraumplätze befinden sich in Privathäusern, etwa 180 000 Plätze in öffentlichen Gebäuden. Beim Ausbau der Schutzraumplätze kam weitgehend die geologische Struktur des Landes entgegen. Allein 70 '% der öffentlichen Schutzbauten konnten in Felsgestein errichtet werden. Im Frieden sind fast alle Schutzbauten wirtschaftlich genutzt. Da man erkannt hat, daß der Ausbau öffentlicher Schutzräume wirtschaftlicher und wirkungsvoller als der Bau privater Schutzräume ist, hat man vor 2 Jahren die Schutzbau-pflicht für private Hauseigentümer abgeschafft. Sie bleibt lediglich für Eigentümer in Kraft, deren Häuser mehr als 150 m' Wohnfläche haben. Die vom Schutzraumbau befreiten Eigen-tümer müssen allerdings Beiträge für den Ausbau öffentlicher Anlagen zahlen. Bis zum Jahr 1979 soll bereits der Ausbau öffentlicher Schutzräume abgeschlossen sein.

Österreich In der Republik Österreich fehlt noch eine verbindliche Zivilschutzgesetzge-bung. Auftrag, Organisation und Zustän-digkeiten werden jedoch aus der Ver-fassung, Beschlüssen des Ministerrates und Weisungen der Ausschüsse und Stäbe für zivile Verteidigung und ent-sprechende Anordnungen und Ausfüh-rungsbestimmungen des Innenministe-riums abgeleitet.

Da eine gesetzliche Grundlage fehlt, stützt der österreichische Zivilschutz sich auf rvorhandene Behörden und bestehende Hilfsdienste, ganz besonders auf den österreichischen Zivil- und Selbstschutzverband (ÖZSV). Auf Behördenebene wurde im lnnministerium für den Gesamt-

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Zivilschutz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland

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bereich des Zivilschutzes die „Sektion Selbstschutz" eingerichtet. Ihr unterstellt ist eine Zivil-schutzschule, die Landes- und Gemeindebedienstete zentral ausbildet. Während der Bundesminister für Inneres auf Grund seiner Zuständigkeit in erster Linie all-gemein geltende Unterlagen ausarbeitet, sind für die Durchführung der Zivilschutzmaßnahmen die Bundesländer, Bezirke und Gemeinden verantwortlich. An Kräften können auch diese nur auf Einheiten und Einrichtungen zurückgreifen, die auch sonst bei Unfällen und Katastrophen eingesetzt werden. Das sind vor allem die Feuerwehren und das Rote Kreuz. Im Notstands-fall werden beide aber ohne entsprechende Verstärkung einen wirksamen Zivilschutz kaum sicherzustellen vermögen. Österreich verfügt zur Zeit über etwa 4 700 freiwillige Feuerwehren, davon 380 Betriebsfeuerwehren und 6 Berufsfeuerwehren. Die genannten Wehren haben zusammen eine Stärke von rund 175 000 aktiven Wehrmännern. Für überörtliche Einsätze hat die Feuerwehr 80 „Fuß-Bereitschaften" (Feuerlösch- und Ber-gungsbereitschaften) gebildet, denen auch neben jeweils 2 Löschzügen je 1 technischer Zug und 1 Strahlengruppe zugeordnet sind. Ferner stellen der „Arbeiter-Samariter-Bund", die „österreichische Flugrettung", die „österreichische Rettungshundebrigade" sowie die „öster-reichische Bergrettung" ihr Potential in den Dienst des Zivilschutzes. Die Einsatzbereitschaft dieser Organisationen und ihre gute Zusammenarbeit hat sich bei zahlreichen Naturkatastro-phen bereits bewährt. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der ,Zivilschutz wesentlich mehr ausgebildete Kräfte benötigt, wenn das Land in einen Notstand gerät oder seine Neutralität verteidigen muß. Die Lücken werden in einem solchen Fall weder durch die Gendarmerie noch durch das Bundesheer geschlossen werden können.

Schweden Schweden zählt neben der Schweiz zu den „klassischen Luftschutzländern ". Es ist infolge seiner bewaffneten Neutralität mehr als 150 Jahre vom Krieg verschont geblieben. Dabei hat man jedoch früh-zeitig erkannt, daß eine bewaffnete Neutralität ohne einen wirksamen Zivil-schutz unglaubwürdig ist. Diese Er-kenntnis führte zum beispielhaften Auf-und Ausbau des Zivil schutzes nach modernsten Erfordernissen.

Die Verantwortung für den Zivilschutz {„Civilförsvaret" {Befolkningskydd)) trägt seit etwa 10 Jahren der Verteidigungsminister, der zur Durchführung und Koordinierung der Zivilschutz-maßnahmen das Reichsamt für Zivilschutz gebildet hat. Dieses Amt erläßt die Ausführungs-bestimmungen zu bestehenden Gesetzen und ist im Frieden weisungsberechtigt gegenüber den Bezirksregierungen und den übrigen Stellen des Zivilschutzes. Im Kriege wird der Zivil-schutz auf regionaler Ebene von den Zivilbefehlshabern geführt. Im Gegensatz zur bundes-staatlich organisierten neutralen Schweiz sind die Gemeinden in Schweden jedoch nur in geringem Umfang in den Zivilschutz eingeschaltet. Ihnen obliegt vielmehr die Versorgung und Entsorgung, ferner die Vorbereitung und Durchführung der Räumung sowie Unterbringung und Versorgung der Evakuierten. Auf der Nahtstelle zwischen den Militärblöcken wurde der Warn- und Alarmdienst hervor-ragend aufgebaut und ausgerüstet. Da bereits 1976 für mehr als 5 Millionen Einwohner {Gesamtbevölkerung 8,13 Mill.) Schutzraumplätze zur Verfügung standen, kommt der Wirk-samkeit des Warndienstes ganz besondere Bedeutung zu. Obgleich Schweden eine strikte Einhaltung und Wahrung seiner Neutralität erwartet, hat es überall im lande unter Ausnutzung natürlicher Gegebenheiten Mehrzweck-Schutzräume angelegt, in denen die Bevölkerung ganzer Stadtteile Platz findet. Für den Ausbau von Schutzräumen in Privathäusern bestehen ebenfalls strenge Vorschriften. Alle schwedischen Bürger beiderlei Geschlechts zwischen 16 und 65 Jahren unterliegen der Zivilschutzpfli cht, d. h. sie müssen an Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen und ggf. auch Aufgaben außerhalb ihres Wohnortes übernehmen. Die Evakuierung erfolgt planmäßig und stufenweise. Breiten Raum in der Zivilschutzgesetzgebung nimmt schließlich die persönliche Vorsorge ein, die von jedem Bü rger erwartet wird, z. B. Bereitstellung des Evakuierungs-gepäcks, Bevorratung mit Notverpflegung etc .. An Einsatzkräften verfügt der örtliche Zivilschutz neben den Feuerwehren über Rettungs-d ienste, Sanitätsdienste, ABC-Schutzdienste und Ordnungsdienste. Letztere sind mit Hand-

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_Bundesrepublik Deutschland feuerwaffen ausgestattet und werden im Kriegsfall in die Reichspolizei eingegliedert. Die Gesamtstärke der örtlichen Zivilschutz-Fachdienste beträgt etwa 200 000 Personen, davon 20% Frauen.

Um auch für überörtliche Aufgaben gerüstet zu sein, sind 20 Hilfs- und Einsatzkorps geschaf-fen worden, die schwerpunktmäßig um die größeren Städte in Mittelschweden und im Süden stationiert sind. Jedes dieser Korps besteht aus 450 Mann, zu denen weitere 50 Mann als Reserve bei Notständen treten. In den Korps dienen Wehrpflichtige, die älter als 35 Jahre sind und von der Armee für diese Aufgabe freigestellt werden. Gliederungsmäßig ähnelt ein Korps einer Abteilung bzw. einem Bataillon. Es umfaßt 2 Rettungskompanien, 1 Brandschutz-zug, 1 Versorgungs- und lnstandsetzungszug sowie 1 Ordnungs- und Bewachungstrupp. Dieser Trupp ist wie der örtliche Ordnungsdienst bewaffnet und erhält im Kriegsfall Kombat-tantenstatus.

Aus deutscher Sicht erscheinen die schwedischen Maßnahmen auf dem Gebiet des Zivil-schutzes vorbildlich_ Trotzdem beurteilen die Schweden selbst - u. a. der Generaldirektor für Zivilverteidigung - die bisher getroffenen Maßnahmen noch nicht als voll befriedigend. In den kommenden Jahren soll daher der Schutzraumbau im Innern der Großstädte vorangetrieben und die Ausstattung mit Selbstschutzgerät modernisiert werden.

Schweiz Neben Schweden liegt die Schweiz an der Spitze der Staaten, die erkannt haben, daß der Wille zur Selbstvertei-digung nur durch einen wirksamen und starken Zivilschutz dokumentiert werden kann. Bemerkenswert ist, daß Schweden und Schweizer t rotz des beneidenswert hohen Standes ihres Zivilschutzes über-zeugt sind, daß noch erheblich mehr zu leisten bleibe_ So bezeichnet das Bun-desamt für Zivilschutz in Bern die ge-genwärtige Situation des Zivilschutzes in der Schweiz noch als Aufbauphase.

Der Zivilschutz der Schweiz („Zivilschutz - Protection Civile - Protezione Civile") ist als Teil der Landesverteidigung in der Bundesverfassung verankert. In seinem Aufbau folgt er der föderalistischen Struktur des Landes auf den Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden. Die Oberaufsicht führt der Bundesrat. Die Verantwortlichkeit ist dem Justiz- und Polizeideparte-ment übertragen, dem als Ausführungsorgan das Bundesamt für Zivilschutz in Bern zur Verfügung steht.

Jeder männliche Schweizer ist zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr entweder militär- oder schutzdienstpflichtig . Gegenwärtig stehen in der Schweiz rund 500 000 Schutzdienstpflichtige zur Verfügung. Zu diesem Bestand zählen auch etwa 25 000 Frauen, die allerdings freiwillig dem Zivilschutz angehören.

Die Einsatzdienste des Zivilschutzes umfassen den Pionier- und Brandschutzdienst, den Sicherungsdienst, den ABC-Schutzdienst und den Überwachungsdienst ferner gibt es sog. logistische Dienste (Sanitäts-, Versorgungs- und Transportdienste), Personenschutzdienste und den Nachrichtendienst sowie den Alarm- und Übermittlungsdienst zur Warnung und Alarmierung der Bevölkerung_

Die genannten Zivilschutzdienste arbeiten eng mit dem Territorialdienst der Armee zusammen, obgleich der Zivilschutz allgemein als humanitäre Einrichtung betrachtet wird_ In der Erkennt-nis, daß die Zivilschutzdienste allein nicht genügen, um die Bevölkerung in schweren Not-ständen oder im Falle eines Krieges zu schützen, begann man bereits anfangs der 50er Jahre mit der Aufstellung der Luftschutztruppen als integrierten Bestandteil der Armee. Die Luft-schutztruppen bestehen aus 30 000 diensttauglichen Soldaten_ Ihre Hauptaufgaben sind die Bergung und die Rettung_ Unterschiedlich zu vergleichbaren Diensten anderer Staaten sind die Luftschutztruppen der Schweiz mit Sturmgewehren und leichten Waffen zu ihrem eigenen Schutz ausgestattet. Das versetzt sie auch in die Lage, Polizeiaufgaben zu übernehmen. Im Kriege erhalten sie daher den Kombattantenstatus.

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Ziel der Regierung ist es, jedem Einwohner einen Schutzraumplatz zur Verfügung zu stellen. Von diesem Ziel ist man nicht mehr allzu weit entfernt. Vorbereitungen für eine Evakuierung ganzer Städte oder Gemeinden werden hingegen nicht getroffen, da man bei i::ler heute möglichen Geschwindigkeit der }laketen eine rechtzeitige Warnung für unwahrscheinlich hält. Die für den Schutzraumbau bereitgestellten Mittel sind erhebl ich. Die Hauseigentümer sind verpflichtet, ·bei der Erstellung von Neubauten und beim Umbau alter Gebäude die Keller-geschosse mit Schutzräumen auszustatten. Der Bund leistet Zuschüsse zwischen 25 und 35 °/0 der Baukosten. Bei Großraum-Schutzbauten der öffentlichen Hand - z. B. Bauten der Kantone, Städte oder Gemeinden - berücksichtigt man weitgehend das Prinzip der Wirtschaftlichkeit (Großgaragen, Parkhäuser). Hier leistet der Bund Zuschüsse bis zu 60 °/0 der anfallenden Baukosten.

Sowjetunion {UdSSR)

UdSSR

Träger des zivilen Luftschutzes in der UdSSR ist die Freiwillige Organisation zur Unterstützung der Armee, Luftwaffe und Flotte (DOSAAF). Berichten zufolge hat diese Organisation in den letzten Jahren etwa 30 Millionen Sowjetbürger, überwiegend Frauen, ausgebildet. Der zivile Luftschutz ist zugleich wesent-licher Bestandteil der vormilitärischen Jugenderziehung. Schulkinder werden bereits mit der Gasmaske und dem Atemschutzgerät vertraut gemacht.

Zur Koordinierung ziviler und mil itärischer Stellen in der Territorial- und der Zivi lverteidigung in der Sowjetunion besteht eine klare Führungsgliederung in den versch iedenen Ebenen der militärischen Führung und der zivilen Verwaltung.

In der obersten Ebene führt die Territorial- und Zivilverteidigung das Verteidigungsministerium durch eine Hauptabteilung. Dem Ministerium steht hierzu• der Unionsstab der Zivilverteidigung zur Verfügung , der mit den 20 Luftverteidigungsbereichen zusammenarbeitet.

In der mittleren Ebene bestehen Stäbe der Zivilverte idigung in sämtlich 15 Republiken , den nachgeordneten Gebieten und in den Großstädten.

In der untersten Ebene leiten die Zivilverte idigung die Vorsi tzenden der Räte der Städte, der stadtähnlichen Siedlungen, der Landgemeinden sowie d ie Werkdirektoren . Zur Koordinie-rung verfügen sie über entsprechende Stäbe.

Die einzelnen Verwaltungen stellen eigene Formationen der Zivilverteidigung auf. Diese decken die Fachdienste Brandschutz, Technischer Dienst, Chemischer Dienst, Ordnungs- und Sicherheitsdienst, Veterinärdienst, Medizinischer Dienst, Nachrichten-, Warn- und Alarmdienst und Schutzbaudienst ab. Basiseinheit der Selbstverteidigungsorganisationen (MPVO) ist die „Selbstverte idigungsgruppe" . Sie besteht aus 48 Mitgliedern beiderlei Geschlechts im Alter von 16 bis 55 Jahren.

Vorgesehen für den Kriegsfall ist vor allem der Schutz der wichtigen Industrieanlagen gegen weitreichende Atomwaffen und Raketen sowie die Dislozierung der Bevölkerung aus der Reichweite solcher Waffen. 1Die Verwundbarkeit der Industrie ist ungleich geringer als in anderen Industriestaaten, da die Weite des Landes eine große Streuung erlaubt, derer man sich bei der Konzipierung neuer Projekte auch bedient. Dem 8. Fünfjahresplan zufolge wird bereits der Großteil neuer Objekte in mittlere und kleine Städte verlegt.

Ziel des Zivilschutzes und seiner Führung ist es, die gesamte Bevölkerung der UdSSR gegen Massenzerstörungswaffen mit geeigneten Schutzmitteln auszustatten. lebenswichtige Fabriken werden in unterirdischen Bauten untergebracht, Keller und Untergeschosse von Wohnhäusern werden zu Atomschutzräumen ausgebaut. In ländlichen Kolchosen und in Fabriken werden ausgedehnte Alarmübungen durchgeführt, d ie der Bevölkerung zeigen, daß militärische und zivi le Verteidigung eng verzahnt sind und eine mil itärische Verteidigung ohne eine wirksame Z ivilverteidigung nicht durchführbar ist. Den übrigen Staaten des Warschauer Paktes sind Aufbau und Organisation des Zivilschutzes und der zivilen Verteidigung der UdSSR Vorbild. Auch diese Staaten unternehmen große

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Bundesrepublik Deutschland Anstrengungen , ihre Bevölkerung und lebenswichtige Teile ihrer Volkswirtschaften gegen atomare Einwirkungen immun zu machen. Je größere Fortschritte die Staaten des Ostblocks im Ausbau ihrer zivilen Verteidigung verzeichnen können, desto geringer wird für sie das Risiko eines Krieges mit atomaren Waffen.

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