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ZP 650 – Urteil OLG allgemein 12 U 46/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht 4 O 306/04 Landgericht Potsdam Anlage zum Protokoll vom 17.07.2008 Verkündet am 17.07.2008 als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit 1. der C… M…, 2. des C… R…, 3. des am ….05.1991 geborenen S… R…, Kläger und Berufungskläger, - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte … g e g e n 1. T… L…, 2. die H… AG, Beklagten und Berufungsbeklagten,

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ZP 650 – Urteil OLG allgemein

12 U 46/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht 4 O 306/04 Landgericht Potsdam

Anlage zum Protokoll vom 17.07.2008 Verkündet am 17.07.2008

… als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil In dem Rechtsstreit

1. der C… M…, 2. des C… R…, 3. des am ….05.1991 geborenen S… R…,

Kläger und Berufungskläger, - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

g e g e n 1. T… L…, 2. die H… AG,

Beklagten und Berufungsbeklagten,

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- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

Streithelfer der Beklagten: 1. E… P…, 2. die A… AG, - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatznachlass bis zum 19. Juni 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht Beckmann, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Amtsgericht Eggers-Chemseddine für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. Januar 2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 306/04, teilweise abgeändert. Die Beklagten werden verurteilt, an die aus den Klägern bestehende Erbengemein-schaft nach R… R… 6.346,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2004 zu zahlen, Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin zu 1. einen Betrag von 28.903,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 13.340,10 € seit dem 06.12.2004 und aus einem weiteren Betrag von monatlich 444,67 € seit dem jeweils auf den dritten Werktag der Monate Dezember 2004 bis ein-schließlich Oktober 2007 folgenden Kalendertag sowie eine Unterhaltsrente in Höhe von 444,67 € je Kalendermonat ab November 2007 bis zum 16.05.2033, fällig und zahlbar jeweils am dritten Werktag eines jeden Kalendermonats im voraus, als Ge-samtschuldner zu zahlen. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger zu 2. einen Betrag von 1.098,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 646,20 € seit dem 06.12.2004 und aus einem weiteren Betrag von monat-lich 21,54 € seit dem jeweils auf den dritten Werktag der Monate Dezember 2004 bis einschließlich August 2006 folgenden Kalendertag als Gesamtschuldner zu zahlen. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger zu 3. einen Betrag von 1.400,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 646,20 € seit dem 06.12.2004 und aus einem weiteren Betrag von monatlich 21,54 € seit dem jeweils auf den dritten Werktag der Monate Dezember 2004 bis ein-schließlich Oktober 2007 folgenden Kalendertag sowie eine Unterhaltsrente in Höhe

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von 21,54 € je Kalendermonat ab November 2007 bis zum 08.05.2009, fällig und zahlbar jeweils am dritten Werktag eines jeden Kalendermonats im voraus, als Ge-samtschuldner zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern zu 2. und 3. den aus der Tötung ihres Vaters entstandenen und über die Leistungsanträge hinausgehen-den weiteren Schaden, der im Zeitraum bis zum 15.05.2033 noch entsteht, unter Be-rücksichtigung einer Haftungsquote von 60 % als Gesamtschuldner zu ersetzen, soweit die Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsstreits erster Instanz sowie die außergerichtlichen Kos-ten der Beklagten in erster Instanz haben die Kläger als Gesamtschuldner zu 5 %, die Klägerin zu 1. allein zu 30 %, der Kläger zu 2. allein zu 7 %, der Kläger zu 3. allein zu 2 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 56 % zu tragen. Von den außergericht-lichen Kosten der Klägerin zu 1. in erster Instanz haben diese 40 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 60 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. in erster Instanz haben dieser zu 57 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 43 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3. in erster Instanz haben die-ser zu 39 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 61 % zu tragen. Die Kosten der Streithelfer in erster Instanz haben die Kläger als Gesamtschuldner zu 5 %, die Kläge-rin zu 1. allein zu 30 %, der Kläger zu 2. zu 7 %, der Kläger zu 3. zu 2 % und die Streithelfer zu 56 % zu tragen.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Berufungsinstanz haben die Kläger als Gesamtschuldner zu 5 %, die Klägerin zu 1. darüber hinaus allein zu 18 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 77 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. in zweiter Instanz haben diese 23 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 77 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. in zweiter Instanz haben dieser zu 33 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 67 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3. in zweiter Instanz haben dieser zu 31 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 69 % zu tragen. Die Kosten der Streithelfer in der Berufungs-instanz haben die Kläger als Gesamtschuldner zu 5 %, die Klägerin zu 1. darüber hin-aus allein zu 18 % und die Streithelfer als Gesamtschuldner zu 77 % zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils an-dere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu voll-streckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen.

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G r ü n d e :

I.

Die Kläger begehren von den Beklagten die Zahlung von materiellem Schadenersatz, Bestat-

tungskosten sowie Unterhaltsleistungen aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 30.05.2002 auf

der BAB .. Fahrtrichtung F… auf Höhe des Kilometers 84,6, bei dem der Ehemann der Klä-

gerin zu 1. und Vater der Kläger zu 2. und 3. verstorben ist. Zu dem Unfall kam es, weil so-

wohl der Ehemann der Klägerin zu 1. - R… R… - wie auch ein weiterer Motorradfahrer, der

mit dem Verstorbenen unterwegs war, mit ihren Motorrädern mit dem auf der linken Spur der

Autobahn liegen gebliebenen Lkw Barkas B 1000 des Beklagten zu 1. kollidierten. Die Par-

teien streiten in erster Linie um die beim Zustandekommen des Unfalls der jeweils anderen

Partei anzulastenden Verursachungsbeiträge, wobei sich die Beklagten auf eine Unabwend-

barkeit des Unfalls berufen. Die Kläger machen in erster Linie geltend, der Beklagte zu 1.

habe auf den Grünstreifen an der Mittelleitplanke ausweichen müssen. Zudem habe er sein

Fahrzeug nicht hinreichend gesichert, nämlich weder das Warnblinklicht angeschaltet noch

ein Warndreieck aufgestellt. Die Beklagten berufen sich demgegenüber auf eine Überschrei-

tung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h durch den verstorbenen Ehemann der Klägerin

zu 1. sowie auf einen diesem anzulastenden Verstoß gegen das Sichtfahrgebot. Daneben wen-

den sich die Beklagten gegen die Höhe des begehrten Schadenersatzes. Wegen der Einzelhei-

ten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 26.01.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Be-

gründung hat es ausgeführt, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten bestünden nicht,

da der Verursachungsanteil des Beklagten zu 1. an dem Unfallereignis so unerheblich sei,

dass er hinter dem ganz überwiegenden Verschulden des verstorbenen Ehemannes der Kläge-

rin zu 1. zurücktrete. Nicht nachgewiesen sei, dass der Beklagte zu 1. sein Fahrzeug völlig

ungesichert, insbesondere ohne eingeschalteten Warnblinker habe stehen lassen. Ein Großteil

der vernommenen Zeugen sei sich diesbezüglich insofern nicht hundertprozentig sicher gewe-

sen. Der Zeuge T… habe zudem lediglich aus einem Blitzgedanken rückgeschlossen. Auch

der Zeuge W… habe lediglich einen Rückschluss bekundet. Der eindeutigen Aussage des

Zeugen E… stünden die Angaben der Zeugin P… entgegen, deren schriftliche Angaben ge-

genüber der Polizei beinhalteten, dass ein Warnblinklicht eingeschaltet gewesen sei. Dem

Beklagten zu 1. sei auch nicht vorzuwerfen, dass er eine rechtzeitige Absicherung des Unfall-

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ortes durch ein Warndreieck nicht vorgenommen habe, da ihm lediglich ein Zeitraum von ein

bis zwei Minuten zur Verfügung gestanden habe und ihm eine gewisse Zeit zuzubilligen sei,

um sich auf die ungewöhnliche Situation einzustellen. Dem verstorbenen Ehemann der Kläge-

rin zu 1. falle demgegenüber ein gravierender Verstoß gegen das Sichtfahrgebot zur Last.

Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen

Urteils verwiesen.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 01.02.2007 zugestellte Urteil mit am 01.03.2007 beim

Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das

Rechtsmittel mit am 28.03.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Kläger beziehen sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten. Sie sind

der Ansicht, der vom Landgericht festgestellte Tatbestand sei bereits unrichtig. So habe das

Landgericht einen Spurwechsel der Motorräder im Zuge eines Überholvorganges des Pkw der

Zeugin P… angenommen, der nicht vorgetragen worden sei. Auch sei das Landgericht zu

Unrecht davon ausgegangen, dass die Motorradfahrer sich bereits auf der linken Spur befun-

den hätten, als sie in die vor der Unfallstelle befindliche Kurve eingefahren seien. Dieses sei

schon deshalb von Bedeutung, weil hiervon abhinge, wie lange die Motorradfahrer das Fahr-

zeug des Beklagten zu 1. als Hindernis hätten wahrnehmen können. Tatsächlich sei ein Spur-

wechsel erst in einer Entfernung zwischen 100 und 300 Metern vor der Unfallstelle erfolgt.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch das im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren

eingeholte Gutachten des Sachverständigen Wa… verwertet, ohne einen entsprechenden Be-

weisbeschluss zu fassen. Auch das auf dieses Gutachten aufbauende Gutachten des Sachver-

ständigen Dr. S… sei deshalb nicht verwertbar. Zudem habe der Sachverständige Wa… nicht

ausgeführt, wieso er zu der Annahme gekommen sei, dass die Warnblinkanlage zum Unfall-

zeitpunkt eingeschaltet gewesen sei. Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge habe das

Landgericht nicht berücksichtigt, dass dem Beklagten neben dem Einschalten der Warnblink-

anlage und dem Aufstellen des Warndreiecks noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung ge-

standen hätten, den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Auch könne nicht von der Darstellung

des Beklagten zu 1. ausgegangen werden, es habe Stop-and-go-Verkehr geherrscht. Die An-

gaben aller Zeugen stünden dieser Aussage entgegen. Auch die Darstellung des Beklagten zu

1., im Zeitpunkt der Kollision der Motorräder mit seinem Fahrzeug habe er nach dem Warn-

dreieck gesucht, sei mehr als unwahrscheinlich, da er in diesem Falle wegen seiner verdrehten

Körperhaltung im Moment der Kollision der Motorräder mit seinem Fahrzeug erhebliche Ver-

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letzungen hätte erleiden müssen. Dem Beklagten zu 1. sei weiter vorzuwerfen, dass er sein

Fahrzeug nicht auf den Grünstreifen an der Mittelleitplanke gefahren habe, was nach den

Ausführungen des Sachverständigen Dr. S… möglich gewesen wäre. Weiter sei die Beweis-

würdigung des Landgerichts unzutreffend soweit es zu der Annahme gekommen sei, es sei

nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 1. das Warnblinklicht an seinem Fahrzeug nicht ange-

stellt habe. Mangels Einbeziehung der staatsanwaltschaftlichen Akten habe auch insoweit

nicht auf die schriftliche Angaben der Zeugin P… abgestellt werden dürfen. Zudem seien die

Angaben der Zeugin P… zum weiteren Geschehen widerlegt und daher die Aussage insge-

samt nicht glaubhaft. Die Klägerin zu 1. ist der Auffassung, von den Beklagten die Zahlung

einer monatlichen Unterhaltsrente von 567,44 € bis zum 16.05.2033 verlangen zu können.

Wegen der Berechnung des Unterhaltsanspruchs im Einzelnen wird auf die Seiten 3 bis 13

des Schriftsatzes vom 23.10.2007 (Bl. 504 ff d. A.) sowie auf die Schriftsätze vom 06.05. und

vom 10.06.2008 (Bl. 632 ff und Bl. 656 ff d. A.) verwiesen. Die Klägerin zu 1. ist insbeson-

dere der Auffassung, sie müsse sich die von ihr von der B…versicherungsanstalt bezogene

Witwenrente von 622,02 € monatlich nicht anrechnen lassen. Die Kläger zu 2. und 3. meinen

Anspruch auf eine monatliche Rente von 21,54 € bis zum 31.08.2006 bzw. bis zum

08.05.2009 zu haben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 13 bis 15 des Schriftsatzes

vom 23.10.2007 (Bl. 514 ff d. A.) sowie auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 07.02.2008

(Bl. 605 d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger haben auf Hinweis des Senats die geltend gemachten Unterhaltsansprüche neu

berechnet und in diesem Zusammenhang die Klage zugleich erweitert. Sie beantragen nun-

mehr,

unter Abänderung des am 26.01.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam,

Az.: 4 O 306/04,

1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Erbengemeinschaft

nach R… R… 10.416,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über

dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2004 zu zahlen,

2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin zu 1. einen

Betrag von 36.883,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem

Basiszinssatz aus einem Betrag von 17.023,20 € seit Rechtshängigkeit der Kla-

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geerweiterung vom 30.11.2004 und aus einem monatlichen Betrag von jeweils

567,44 € seit dem jeweils auf den dritten Werktag der Monate Dezember 2004

bis einschließlich Oktober 2007 folgenden Kalendertag sowie eine Unterhalts-

rente in Höhe von 567,44 € je Kalendermonat ab November 2007 bis zum

16.05.2033, fällig und zahlbar jeweils am dritten Werktag eines jeden Kalen-

dermonats im voraus, zu zahlen.

3. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 2. einen

Betrag von 1.098,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem

Basiszinssatz aus einem Betrag von 646,20 € seit Rechtshängigkeit der Klage-

erweiterung vom 30.11.2004 und aus einem monatlichen Betrag von 21,54 €

seit dem jeweils auf den dritten Werktag der Monate Dezember 2004 bis ein-

schließlich August 2006 folgenden Kalendertag zu zahlen.

4. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 3. einen Betrag von 1.400,10 €

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem

Betrag von 646,20 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom

30.11.2004 und aus einem monatlichen Betrag von 21,54 € seit dem jeweils auf

den dritten Werktag der Monate Dezember 2004 bis einschließlich Oktober

2007 folgenden Kalendertag sowie eine Unterhaltsrente in Höhe von 21,54 € je

Kalendermonat ab November 2007 bis zum 08.05.2009. fällig und zahlbar je-

weils am dritten Werktag eines jeden Kalendermonats im voraus, zu zahlen.

5. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern zu 2. und 3. den

aus der Tötung ihres Vaters entstandenen und über die Leistungsanträge hi-

nausgehenden weiteren Schaden bis zum 15.05.2033 zu ersetzen.

Die Beklagten und die Streithelfer der Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und die Klageerweiterung abzuweisen.

Die Beklagten und die Streithelfer beziehen sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst

Beweisantritten und machen sich die Urteilsbegründung des Landgerichts zu Eigen. Sie sind

der Auffassung, die von den Klägern angegriffene Beweiswürdigung des Landgerichts sei nur

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eingeschränkt zu überprüfen. Zudem sei die Beweiswürdigung zutreffend erfolgt. Dass die

Motorradfahrer erst in einer Entfernung zwischen 100 und 300 Metern vor der Unfallstelle

auf den linken Fahrstreifen gewechselt hätten, sei neuer Vortrag, der in der Berufungsinstanz

ausgeschlossen sei. Das Landgericht habe auch ordnungsgemäß die Erkenntnisse aus der

staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwendet. Weiter bestreiten Beklagte und Streithel-

fer die der Berechnung der Unterhaltsansprüche zugrunde liegenden Tatsachen und rügen die

Nachvollziehbarkeit der Abrechnung. Insbesondere sind sie der Ansicht, für eine Prognose

der fiktiven Rente des Getöteten seien hinreichende Anknüpfungspunkte nicht vorgetragen.

Auch sei über die Lebenssituation der Klägerin zu 1. - etwa über Unterhaltszahlungen Dritter

oder eine neue Heirat - nichts bekannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 2 bis 6 des

Schriftsatzes der Beklagten vom 04.12.2007 (Bl. 592 ff d. A.) sowie auf den Schriftsatz der

Streithelfer vom 19.06.2008 (Bl. 694 ff d. A.) verwiesen.

Die Akten der Staatanwaltschaft Potsdam Az.: 470 Js 19528/02, sowie die Akten des Landge-

richts Potsdam Az.: 4 O 170/04, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhand-

lung.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begrün-

det worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforde-

rungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Kläger stützen ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das

Landgericht habe bei der Abwägung der gegenseitigen Verursachungsbeiträge nicht berück-

sichtigt, dass es dem Beklagten zu 1. möglich gewesen wäre, auf den Grünstreifen an der Mit-

telleitplanke auszuweichen und er zu einem solchen Verhalten auch verpflichtet gewesen sei;

schon von daher sei die Annahme einer Alleinhaftung ihrer Seite unzutreffend, vielmehr

rechtfertige dies die 100 %ige Haftung der Beklagten. Der Kläger macht damit einen Rechts-

fehler geltend, auf dem das Urteil auch beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO. Entgegen der Auf-

fassung der Beklagten ist dabei auch nach der Neufassung des Berufungsrechtes durch das

Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 eine Beweiswürdigung nicht auf die

Kontrolle eines Verstoßes gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze beschränkt,

vielmehr hat eine volle Überprüfung der erstinstanzlichen Urteils darauf zu erfolgen, ob das

zutreffende Ergebnis gefunden worden ist (vgl. BGH NJW 2005, S. 1583).

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2. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

a) Die Kläger haben gegen die Beklagten, die als Gesamtschuldner haften, aufgrund des

Unfalles vom 30.05.2002 einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.397,01 € gerichtet auf

Leistung an die ungeteilte Erbengemeinschaft nach R… R… betreffend die entstandenen ma-

teriellen Schäden aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 1922 Abs. 1

BGB unter Berücksichtigung einer ihren Rechtsvorgänger treffenden Mitverursachungsquote

von 40 %, wobei für das Unfallgeschehen auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des 2. Gesetzes

zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit Wirkung zum

01.08.2002 abzustellen ist, da sich der Unfall vor dem 01.08.2002 ereignet hat.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG a. F. wegen des Vorliegens eines

unabwendbaren Ereignisses ausgeschlossen. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch die äu-

ßerste mögliche Sorgfalt eines Idealfahrers nicht abgewendet werden kann, der alle möglichen

Gefahrenmomente bei seinem Verhalten berücksichtigt hat, wobei derjenige, der sich nach § 7

Abs. 2 StVG a. F. entlasten will, die Unabwendbarkeit des Unfalls darlegen und beweisen

muss (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 39. Aufl., § 17 StVG, Rn. 22 f m. w.

N.). Vorliegend scheidet die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses schon mangels

Nachweises seitens der Beklagten aus, dass auch ein Idealfahrer sein Fahrzeug nicht auf den

Grünstreifen hin zur Mittelleitplanke hätte zum Stehen bringen können, vielmehr ist insoweit

von einem Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1. auszugehen (hierzu sogleich).

Im Ergebnis der somit nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Abwägung der Verursa-

chungsbeiträge erscheint eine Haftung der Beklagten für 60 % der auf Klägerseite entstande-

nen Schäden geboten. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der

Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen aus-

gehenden Betriebsgefahren jeweils nur unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Um-

stände zu berücksichtigen (vgl. KG NZV 1999, S. 512 m. w. N.; NZV 2003, S. 291). Jede

Seite hat dabei die Umstände nachzuweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und

aus denen sie für die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige

Rechtsfolgen herleiten will (BGH NZV 1996, S. 231).

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Zulasten der Beklagten ist zum einen ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO zu berücksichtigen,

weil der Beklagte zu 1. sein Fahrzeug auf dem linken der drei Fahrstreifen zum Stehen ge-

bracht hat und es nicht auf den Grünstreifen zur Leitplanke hin hat ausrollen lassen. Ein Fah-

rer, dessen Fahrzeug auf der Überholspur fahrunfähig wird, muss wegen der großen Gefahr,

die gerade bei Blockieren der Überholspur der Autobahn besteht, möglichst auf den Grün-

streifen ausweichen (BGH VersR 1967, S. 456; VersR 1977, S. 37; OLG München NZV

1997, S. 231; OLG Zweibrücken NZV 2001, S. 387). Ein solches Verhalten wäre dem Be-

klagten zu 1. zur Überzeugung des Senats auch möglich gewesen. Der gerichtlich bestellte

Sachverständige Dr. S… hat in seinem Gutachten ausdrücklich festgehalten, dass es dem Be-

klagten zu 1. möglich gewesen wäre, sein Fahrzeug in vollem Umfang auf den Mittelstreifen

zu fahren. Er hat festgestellt, dass der Grünstreifen im Bereich der Unfallstelle eine Breite von

1,6 - 1,9 m gehabt habe und insgesamt der linke Fahrstreifen erst in einem Abstand von 2,1 -

2,4 m Abstand zur Mittelschutzplanke begonnen hat, während das Fahrzeug des Beklagten zu

1. lediglich 1,86 m breit gewesen ist. Der Beklagte zu 1. kann sich auch nicht mit Erfolg dar-

auf berufen, bei einem vollständigen Auffahren auf den Mittelstreifen wäre ihm ein Ausstei-

gen und Absichern der Unfallstelle nicht mehr möglich gewesen. Wegen der hohen Gefähr-

dung des übrigen Verkehrs bei einer Blockierung der Überholspur ist es dem Fahrer des de-

fekten Fahrzeuges zuzumuten, soweit wie möglich auf den Grünstreifen auszuweichen und

gegebenenfalls auf der Beifahrerseite das Fahrzeug zu verlassen. Im Übrigen wäre die Über-

holspur auch dann noch nahezu vollständig geräumt und so dem nachfolgenden Verkehr ein

weitgehend gefahrloses Passieren ermöglicht worden, wenn der Beklagte zu 1. lediglich bis

auf 50 cm an die Mittelleitplanke herangefahren wäre und so ausreichend Platz zum Ausstei-

gen auf der Fahrerseite gelassen hätte (vgl. hierzu auch BGH VersR 1979, S. 323). Nicht

nachvollziehbar ist das Vorbringen des Beklagten zu 1., ein Ausweichen auf den Grünstreifen

habe er für zu gefährlich gehalten. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1. befand sich im Ausrol-

len, fuhr also nur noch mit geringer Geschwindigkeit. Auch ist ausweislich der vom Sachver-

ständigen Dr. S… und den unfallaufnehmenden Polizeibeamten gefertigten Lichtbildern ein

deutlicher Höhenunterschied zwischen der asphaltierten Fahrbahn und dem Randstreifen, der

einem Ausweichen bei niedriger Geschwindigkeit entgegengestanden hätte, nicht vorhanden.

Im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht ferner ein Verstoß

der Beklagten zu 1. gegen § 15 StVO zur Überzeugung des Senates fest. Zwar ist dem Be-

klagten zu 1. nicht vorzuwerfen, dass er die Unfallstelle im Zeitpunkt der Kollision noch nicht

mittels Warndreieck abgesichert hatte. Auch wenn ein Warndreieck so untergebracht werden

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muss, dass es bei Bedarf sofort gefunden und benutzt werden kann (Hentschel, a. a. O., § 53 a

StVZO, Rn. 3), ist zu berücksichtigen, dass der Fahrer seinen Gurt lösen und das Fahrzeug

verlassen muss, ferner muss er das Warndreieck hervorholen, der Verpackung entnehmen,

aufklappen und in einer Entfernung von 100 Metern vor der Unfallstelle aufstellen. Es lässt

sich nicht feststellen, dass dies vom Beklagten zu 1. in der von ihm eingeräumten Zeit von ein

bis zwei Minuten zwischen dem Liegenbleiben des Fahrzeuges und dem Unfall zu bewältigen

war. Aus dem gleichen Grunde ist es dem Beklagten zu 1. nicht vorzuwerfen, dass er nicht

bereits neben seinem Fahrzeug gestanden und den nachfolgenden Verkehr durch Handzeichen

oder ähnliches gewarnt hat (vgl. hierzu auch BGH VersR 1971, S. 318). Ein Verstoß gegen

§ 15 StVO besteht jedoch darin, dass der Beklagte zu 1. das Warnblinklicht an seinem Fahr-

zeug nicht eingeschaltet hat. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts haben die Kläger

den Nachweis erbracht, dass das Warnblinklicht nicht geleuchtet hat, wobei sich der Senat an

einer Verwertung der Aussagen der vom Landgericht gehörten Zeugen nicht gehindert sieht.

Die abweichende Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben kann ohne erneute Verneh-

mung der Zeugen auf der Grundlage ihrer vom Landgericht protokollierten Äußerungen er-

folgen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen hat das Landgericht nicht gehabt

und bestehen auch aus Sicht des Senats nicht. Dass das Warnblinklicht am Fahrzeug des Be-

klagten zu 1. geleuchtet hat, hat keiner der vernommenen Zeugen bestätigt. Die Zeugin E…

P…, die in ihrer Darstellung gegenüber der Polizei noch angegeben hat, ein leuchtendes

Warnblinklicht gesehen zu haben, hat sowohl im vorliegenden Rechtsstreit als auch im Ver-

fahren 4 O 170/04 vor dem Landgericht Potsdam nicht bekundet, das Warnblinklicht wahrge-

nommen zu haben. Auch nach jeweiligem Vorhalt ihrer schriftlichen Aussage gegenüber der

Polizei hat sie erklärt, sich nicht entsprechend erinnern zu können. Der Zeuge W…, der einen

Sattelschlepper auf der rechten Spur gefahren hat, war sich hingegen sicher, dass das Warn-

blinklicht nicht geleuchtet hat, was er damit begründet hat, dass ihm dieses sonst aufgefallen

wäre. Auch der Zeuge E…, ein weiterer Motorradfahrer aus der Gruppe des Klägers, war sich

sicher, dass das Warnblinklicht nicht geleuchtet hat. Weiterhin hat auch der Zeuge H… bestä-

tigt, ein Warnblinklicht nicht gesehen zu haben. Allerdings bezieht sich diese Aussage ledig-

lich auf die Zeit nach der Kollision, nach der nach den Feststellungen des Sachverständigen

Wa… im Strafverfahren jedenfalls von einem unfallbedingten Defekt des Warnblinklichts

auszugehen war. Kein Warnblinklicht wahrgenommen hat weiter der Zeuge Sch…, der Bei-

fahrer des Zeugen H…. Dieser konnte allerdings auch das Leuchten eines Warnblinklichts

nicht sicher ausschließen. Schließlich hat auch der Zeuge T…, der Kläger im Parallelverfah-

ren 4 O 170/04 vor dem Landgericht Potsdam gewesen ist, sowohl im Rahmen seiner Ver-

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12 U 46/07 - 12 -

nehmung wie auch im Rahmen seiner Anhörung als Partei im Parallelverfahren ausgeführt,

dass ein Warnblinklicht nicht geleuchtet habe. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts

lassen sich die Bekundungen der Zeugen E…, W… und T… nicht darauf reduzieren, es han-

dele sich um Rückschlüsse aus dem Umstand, dass es zu einer Kollision gekommen sei. Die

Zeugen haben konkrete Erinnerungen geschildert und dies - selbst auf entsprechende Vorhalte

- auch klargestellt. Zudem spricht auch die späte Reaktion der drei Motorradfahrer und des

Zeugen H… dafür, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1. als Hindernis erst sehr spät wahr-

genommen wurde, woraus sich ebenfalls schließen lässt, das eine Absicherung durch ein

Warnblinklicht nicht vorhanden gewesen ist. Nicht für zutreffend hält der Senat die Angaben

der Zeugin P… gegenüber der Polizei. Diese hat im Schreiben vom 21.06.2002 angegeben,

der Transporter des Beklagten zu 1. sei mit Warnblinkanlage gesichert gewesen, der Fahrer

habe vorne am Fahrzeug gestanden, ein Warnkreuz habe sie ganz links gesehen, könne dies

aber nicht beschwören. Unstreitig war jedoch die Unfallstelle nicht durch ein Warnkreuz gesi-

chert, auch hatte der Beklagte zu 1. sein Fahrzeug nicht verlassen. Es ist schon von daher

nicht davon auszugehen, dass die Angaben der Zeugin ausgerechnet in dem verbleibenden

Punkt zutreffend gewesen sind, zumal die Zeugin augenscheinlich ihre Angaben in der An-

nahme gemacht hat, sie selbst sei der fahrlässigen Tötung des Ehemannes der Klägerin zu 1.

beschuldigt. Die danach allein verbleibenden gegenteiligen Angaben des Beklagten zu 1. sind

nicht geeignet, die Bekundungen der Zeugen - insbesondere auch des neutralen Zeugen W… -

und die sonstigen Indizien zu entkräften und ein anderes Ergebnis zu begründen. Schließlich

spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die unzureichende Absicherung des Fahr-

zeugs des Beklagten zu 1. für den Unfall kausal geworden ist (BGH VersR 1971, a. a. O.;

OLG Düsseldorf DAR 1977, S. 186). Ein anderes Ergebnis rechtfertigt auch nicht die durch

keinen Vortrag der Beklagten untersetzte Spekulation des Landgerichtes, der zeitweilige Mo-

tordefekt habe möglicherweise auch zu einem Ausfall der Warnblinkanlage geführt. Entspre-

chende Feststellungen hat insbesondere der Sachverständige Wa… in seinem im Strafverfah-

ren eingeholtem Gutachten vom 14.01.2003 nicht getroffen. Die Ausführungen des Sachver-

ständigen tragen lediglich die Aussage, dass infolge der - spätestens - unfallbedingten Zerstö-

rung der Warnblinkanlage die Angaben nicht widerlegt werden könnten, der Warnblinker sei

im Unfallzeitpunkt eingeschaltet gewesen.

Ferner war zu berücksichtigen, dass die den Beklagten anzulastende Betriebsgefahr des Fahr-

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zeuges des Beklagten zu 1. auch deshalb erhöht gewesen ist, weil das Fahrzeug defektbedingt

an einer extrem unfallträchtigen Stelle stand.

Kein Vorwurf ist dem Beklagten zu 1. hingegen zu machen, weil sein Fahrzeug wegen eines

Defektes liegen geblieben ist. Die Kläger haben nicht nachgewiesen, dass es infolge eines

dem Beklagten zu 1. vorzuwerfenden Sorgfaltspflichtverstoßes zu einem Liegenbleiben des

Fahrzeuges gekommen ist. Aus dem im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einge-

holten Gutachten des Dipl.-Ing. Wa… ergibt sich vielmehr, dass der Motor des vom Beklag-

ten zu 1. gefahrenen Transporters sich bei der Begutachtung starten ließ. Der Sachverständige

hat auch sonst einen Mangel an dem Fahrzeug nicht festgestellt. Er hat ausgeführt, es sei nicht

auszuschließen, dass es zum Liegenbleiben des Fahrzeuges infolge einer Überhitzung des

Motors, einer zeitweiligen Kraftstoffunterbrechung oder eines vorübergehenden Ausfalls der

Zündungselektrik gekommen ist. Auch bestehen keine Anhaltspunkte für eine vorherige Er-

kennbarkeit eines drohenden Schadens. Das Landgericht war an der Verwertung des Gutach-

tens nicht gehindert. Vielmehr haben die Kläger selbst das Gutachten in den Rechtsstreit ein-

geführt, sodass das Landgericht es in jedem Fall als Parteivortrag zu würdigen hatte. Schließ-

lich haben die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger den Nachweis eines dem

Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit dem Liegenbleiben seines Fahrzeuges anzulastenden

Sorgfaltspflichtverstoßes nicht erbracht.

Ebenfalls nicht vorzuwerfen ist dem Beklagten zu 1. das Befahren des linken Fahrstreifens

mit seinem relativ schwach motorisierten Fahrzeug, insbesondere ist der Vortrag der Beklag-

ten nicht widerlegt, der Beklagte zu 1. habe während des zuvor an der Unfallstelle herrschen-

den Stop-and-go-Verkehrs auf die linke Fahrspur gewechselt. Die insoweit von den Klägern

benannten Zeugen konnten Angaben zu der vorausgegangenen Verkehrssituation schon des-

halb nicht machen, weil sie erst in etwa zeitgleich mit dem verstorbenen Ehemann der Kläge-

rin zu 1. das Fahrzeug des Beklagten zu 1. erreicht haben, das nach Behauptung der Beklagten

in diesem Zeitpunkt bereits wenigstens eine Minute auf der linken Fahrspur stand. Schließlich

konnten die Kläger auch den Vortrag der Beklagten, der Beklagte zu 1. habe wegen des dich-

ten Verkehrs nicht auf die rechts liegende Standspur wechseln können, nicht widerlegen.

Auf Seiten der Kläger ist demgegenüber ein Verstoß des verstorbenen Ehemanns der Klägerin

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zu 1. gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 S. 4 StVO zu berücksichtigen. Auch auf Auto-

bahnen muss mit plötzlichen Hindernissen gerechnet werden, sodass mit entsprechend ange-

passter Geschwindigkeit zu fahren ist (OLG Braunschweig NZV 2002, S. 176; Hentschel,

a. a. O., § 3 StVO, Rn. 27). Hiergegen hat der Rechtsvorgänger der Kläger verstoßen. Unstrei-

tig war der Transporter des Beklagten zu 1. aus einer Entfernung von wenigstens 800 Metern

- vom Ausgang der letzten Kurve - zu sehen. Es herrschten Tageslicht und gute Witterungs-

verhältnisse. Auch war weiterer Verkehr auf der linken Fahrspur, der die Sicht auf das Fahr-

zeug des Beklagten zu 1. hätte verdecken können, nicht vorhanden. Der Rechtsvorgänger der

Kläger hätte den Transporter daher bereits nach Passieren der Kurve wahrnehmen können und

müssen, dies gilt selbst dann, wenn sich der Verstorbene zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf

der linken Spur befunden haben sollte, da auch in diesem Fall die Sicht auf den Transporter

nicht verdeckt gewesen wäre. Da der Rechtsvorgänger der Kläger die Fahrgeschwindigkeit

des Transporters nicht kannte, musste er auch davon ausgehen, dass dieser mit einer geringe-

ren Geschwindigkeit als er selbst unterwegs war, also jedenfalls ein potentielles Hindernis

darstellte. Dementsprechend musste er sich so annähern, dass ihm ein Anhalten bzw. ein Ab-

bremsen möglich gewesen wäre. Auch wenn der Rechtsvorgänger der Kläger nicht mit einem

Stehen des Transporters rechnen musste, so musste er doch bemerken, dass sich der Abstand

zu dem Fahrzeug rasch verringerte und hierauf reagieren. Dies gilt auch dann, wenn der Ver-

storbene erst nach dem Durchfahren der Kurve auf die linke Fahrspur gewechselt ist, da er

auch dann auf die Geschwindigkeit des vor ihm befindlichen und bereits seit der Kurve sicht-

baren Fahrzeug des Beklagten zu 1. hätte achten müssen und einen Fahrstreifenwechsel nur

hätte vornehmen dürfen, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen

war, § 7 Abs. 5 StVO. Dies gilt umso mehr, als bereits von dem optischen Erscheinungsbild

des vom Beklagten zu 1. gefahrenen Barkas 1000 zweifelhaft war, dass er eine der Geschwin-

digkeit des verstorbenen Ehemanns der Klägerin zu 1. von ca. 130 km/h entsprechende Ge-

schwindigkeit fuhr. Zudem muss der Transporter wegen des unstreitig herrschenden dichten

Verkehrs auf der mittleren und rechten Fahrspur schon zuvor rechts von anderen Ver-

kehrsteilnehmern überholt worden sein, was vom Verstorbenen ebenfalls hätte bemerkt wer-

den müssen. Schließlich geht auch der Sachverständige Dr. S… in seiner Anhörung durch das

Landgericht davon aus, dass die Situation so rechtzeitig von den Motorradfahrern hätte er-

kannt werden können, dass noch eine Reaktion möglich gewesen wäre, durch die der Unfall

vermieden worden wäre. Soweit die Kläger erstmals in der Berufungsinstanz zur Beeinträch-

tigung der Sicht des Verstorbenen durch weiteren Verkehr vortragen, handelt es sich um neu-

es Vorbringen, das mangels Darlegung der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu

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berücksichtigen ist. Da bereits der Sachverständige Dr. S… diesen Punkt in seinem erstin-

stanzlich erstellten Gutachten als Erklärung des Unfalles angeführt hat, ist das erstmalige

Aufgreifen in der Berufungsinstanz jedenfalls nachlässig.

Weiterhin ist die Betriebsgefahr des Motorrades wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im

Zusammenhang mit Kollisionen höher als die eines Pkws anzusetzen. Keine weitere Erhö-

hung der Betriebsgefahr ist mit dem Umstand verbunden, dass mehrere Motorradfahrer in

einer Gruppe zusammen fuhren.

Nicht nachgewiesen ist eine Überschreitung der an der Unfallstelle geltenden Richtgeschwin-

digkeit von 130 km/h. Weder der Sachverständige Wa… im Strafverfahren noch der im Zivil-

verfahren bestellte Sachverständige Dr. S… haben hinreichende Anhaltspunkte für eine Über-

schreitung dieser Geschwindigkeit durch den Rechtsvorgänger der Kläger feststellen können.

Im Ergebnis der Abwägung der Verursachungsbeiträge sieht der Senat ein Überwiegen auf

der Seite der Beklagten, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass selbst im Falle einer

ordnungsgemäßen Absicherung eines nur teilweise in die Fahrbahn hineinragenden Fahrzeugs

eine Mithaftung des Fahrers des liegen gebliebenen Fahrzeuges in Höhe von 1/4 - 1/3 ange-

nommen wird (vgl. BGH VersR 1979, a. a. O.; OLG Bamberg VersR 1978, S. 256; Grüne-

berg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl., Rn. 94), die hier wegen des Fehlens

jeglichen Hinweises auf ein stehendes Hindernis erheblich zu erhöhen war.

Ein weitergehender Schadensersatzanspruch besteht aus den vorgenannten Gründen auch

nicht aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 1 Abs. 2, 15 StVO, 3 Nr. PflVG.

Der Höhe nach besteht ein Anspruch von 2.397,01 €. Zu berücksichtigen war zum einen der

Wiederbeschaffungswert (abzgl. des Restwertes) für das Motorrad des Verstorbenen in Höhe

von 3.500,00 €, der durch das Gutachten des Ing. P… Hö… vom 22.07.2002 belegt ist,

§ 287 ZPO. Dabei steht aufgrund der Aussage des Zeugen T… zur Überzeugung des Senats

das Eigentum des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1. an dem von ihm gefahrenen

Motorrad fest. Der Zeuge hat bekundet, das Fahrzeug drei bis vier Monate vor dem Unfall an

den Verstorbenen für 3.000,00 € verkauft zu haben. Der Senat versteht dabei die Aussage des

Zeugen nach der umgangssprachlichen Verwendung dahingehend, dass der Verkauf zugleich

die Übereignung des Motorrades umfasste. Ebenso konnte der Zeuge nachvollziehbar erklä-

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ren, dass das Fahrzeug auf den Namen der Frau seines Nachbarn zugelassen gewesen sei, da-

mit dieser ihre Prozente bei der Versicherung nicht verloren gehen. Die Kläger müssen sich

nicht auf den Nettowert der Wiederbeschaffungskosten verweisen lassen. Die Kläger haben

vorgetragen und durch die zahlreichen Unterlagen, die im Rahmen der Berechnung der Un-

terhaltsansprüche eingereicht worden sind, auch hinreichend belegt, dass sowohl der verstor-

bene Ehemann der Klägerin zu 1. als auch diese selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt

sind. Auch findet § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n. F. auf den vorliegenden Fall noch keine Anwen-

dung, sodass die Mehrwertsteuer auf die Reparaturkosten verlangt werden kann, obwohl eine

Reparatur nicht durchgeführt worden ist (vgl. BGH NJW 1985, S. 1222; NJW 1989, S. 3009).

Weiter zu berücksichtigen sind die Kosten für das Gutachten Hö… in Höhe von 475,02 € ent-

sprechend der Rechnung vom 22.07.2002 und die Auslagenpauschale, die der Senat in ständi-

ger Rechtsprechung mit 20,00 € bemisst. Aus dem sich danach ergebenden Betrag von

3.995,02 € folgt bei Berücksichtigung der Haftung der Beklagten von 60 % eine Forderung

von 2.397,01 €.

Der Zinsanspruch hinsichtlich dieser Forderung beruht auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Be-

klagten befanden sich aufgrund der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung im

Schreiben vom 12.05.2004 ab diesem Tage in Verzug.

b) Die Kläger haben gegen die Beklagten weiterhin einen Anspruch aus §§ 10 Abs. 1

Satz 2 StVG, 3 PflVG, 1968 BGB in Höhe von 3.849,62 € gerichtet auf Leistung an die unge-

teilte Erbengemeinschaft nach R… R… betreffend die Beerdigungskosten. Die Begräbniskos-

ten in Höhe von insgesamt 6.416,03 € sind hinreichend durch Vorlage der Rechnung des Be-

statters über 3.686,37 €, der Gebührenbescheide der Stadt S… über 1.510,00 € und 51,00 €

und der Steinmetzrechnung über 1.168,66 € belegt. Bei Berücksichtigung der Haftung der

Beklagten von 60 % ergibt sich eine Forderung von 3.849,62 €.

Der Zinsanspruch beruht wiederum auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

c) Die Klägerin zu 1. hat gegen die Beklagten zudem einen Anspruch aus §§ 10 Abs. 2

StVG, 844 Abs. 2 BGB, 3 PflVG in Höhe von monatlich 444,67 € bis zum 16.05.2033. Die

insoweit in der Berufungsinstanz vorgenommene Erweiterung des Antrages ist nach § 264

Nr. 2 ZPO zulässig, die hierzu erstmals in zweiter Instanz vorgetragenen Tatsachen waren

zuzulassen, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

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Für die Ermittlung der Höhe der Geldrente aus § 10 Abs. 2 StVG bzw. aus § 844 Abs. 2 BGB

ist zunächst das Einkommen des Geschädigten festzustellen. Insoweit ist - wie insgesamt bei

der Bestimmung der Höhe des zu leistenden Unterhaltes - eine Prognose vorzunehmen, wie

sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Getöteten fortentwickelt

hätten, § 287 ZPO (BGH VersR 2004, S. 653). Dabei ist sowohl die mutmaßliche Lebenser-

wartung des Verstorbenen zu berücksichtigen, die bei Fehlen individueller Anhaltspunkte

anhand der veröffentlichten Sterbetafeln geschätzt werden kann (BGH a. a. O.), als auch - bei

einem abhängig Beschäftigten - dessen voraussichtlicher Eintritt in den Ruhestand mit

Vollendung des 65. Lebensjahres anzusetzen (BGH a. a. O.). Der getötete Ehemann der Klä-

gerin zu 1. wurde am ….08.1954 geboren. Zutreffend führen die Kläger aus, dass sich damit

eine voraussichtliche Lebenserwartung von weiteren 30,96 Jahren am Unfalltage - dem

30.05.2002 - ergab (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl.,

S. 313 f), dass heißt bis zum 16.05.2033. Allerdings ist auf das Erwerbseinkommen des Getö-

teten zunächst nur bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres abzustellen, also bis zum

….08.2019.

Das Einkommen des Verstorbenen aus abhängiger Beschäftigung bei der Deutschen B… AG

haben die Kläger weitgehend zutreffend ermittelt und für eine Schadensschätzung hinreichend

belegt. Soweit die Beklagten monieren, die Tätigkeit des verstorbenen Ehemannes der Kläge-

rin zu 1. sei nicht dargetan, sodass nicht beurteilt werden könne, ob dieser in einem Ge-

schäftsbereich tätig war, der möglicherweise geschlossen oder ausgegliedert werden wird, ist

ihnen nicht zu folgen. Konkreter Vortrag, dass eine Schließung eines Teilbereichs der Deut-

schen B… AG bevorsteht, ist seitens der Beklagten nicht erfolgt. Auch sonst sind Anhalts-

punkte für einen drohenden Verlust des Arbeitsplatzes des Verstorbenen als Signalmechani-

ker nicht ersichtlich.

Auszugehen ist vorliegend zunächst vom durchschnittlichen Nettoeinkommen des verstorbe-

nen Ehemannes der Klägerin zu 1., das auf Grundlage der vorgelegten Bescheinigungen für

Mai 2001 bis April 2002 mit 1.846,36 € zu bemessen ist. Zutreffend bringen die Kläger hier-

von die Arbeitnehmer-Sparzulage in Höhe von 39,88 € und die Eigenbeteiligung bei der Zu-

satzversorgung der B…mitarbeiter in Höhe von durchschnittlich 33,07 € als Bestandteil der

Vermögensbildung in Abzug (vgl. Küppersbusch, a. a. O., Rn. 332). Weiter in Abzug zu brin-

gen sind die Kosten für Lebens- und Unfallversicherungen, nicht hingegen die Kosten für

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sonstige Sachversicherungen (vgl. Küppersbusch, a. a. O., Rn. 338). Entgegen der Auffassung

der Beklagten haben die Kläger die Abzüge auch entsprechend belegt durch das Schreiben der

DEVK vom 30.11.2000. Da dort die Fixbeträge für die einzelnen Versicherungen angegeben

sind, kommt es nicht auf die differierenden Abzüge bei den Lohnabrechnungen an. Es ergibt

sich danach für Lebens- und Unfallversicherungen ein Abzug von 114,45 DM oder 58,52 €

monatlich. Zu Recht weisen die Beklagten darauf hin, dass das Einkommen weiter um be-

rufsbedingte Aufwendungen zu vermindern ist, nämlich um die Werbungskosten (vgl. Küp-

persbusch, a. a. O., Rn. 332). Insoweit können die vorgelegten Einkommenssteuerbescheide

herangezogen werden. Danach betragen die Werbungskosten für den verstorbenen Ehemann

der Klägerin zu 1., soweit sie Fahrtkosten und Aufwendungen für Arbeitsmittel betreffen,

4.497,00 DM oder 2.299,28 €, mithin 191,61 € im Monat. Nach allem errechnet sich ein mo-

natliches Einkommen aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von zunächst 1.523,28 €. Zu

berücksichtigen ist ferner die Steuererstattung, die der verstorbene Ehemann der Klägerin zu

1. erhalten hat, wobei eine Aufteilung entsprechend den Nettoeinkünften des Verstorbenen

und der Klägerin zu 1. getroffen werden kann. Damit erhöht sich das zu berücksichtigende

Einkommen um 272,62 € monatlich. Aufgrund der nach den Unterlagen möglichen konkreten

Abrechnung der Einkünfte des Verstorbenen sind weitergehende pauschale Abzüge - wie sie

die Beklagten fordern - nicht gerechtfertigt. Im Ergebnis ist das Einkommen des Verstorbenen

anzusetzen mit 1.795,90 €.

Nicht zu berücksichtigen sind hingegen Einkünfte des Verstorbenen aus Vermietung. Zwar

haben die Kläger belegt, dass die Einliegerwohnung im Hause der Klägerin zu 1. und ihres

verstorbenen Ehemannes zunächst für 440,00 € monatlich und dann ab dem 01.05.2005 für

400,00 € monatlich vermietet war bzw. ist. Die Beklagten haben jedoch bestritten, dass die

Mieten regelmäßig gezahlt worden sind. Die Kläger haben entsprechende Belege auch nicht

vorgelegt, sodass weder die Einnahmen für die Vergangenheit konkret geschätzt werden kön-

nen noch anhand der tatsächlichen Zahlungen eine Prognose für die Zukunft aufgestellt wer-

den kann. Auf diese Problematik hat der Senat die Kläger bereits im Termin zur mündlichen

Verhandlung am 14.02.2008 hingewiesen.

Ebenfalls außer Berücksichtigung (sowohl bei der Berechnung des Nettoeinkommens des

Getöteten als auch bei der Vorteilsausgleichung) bleibt das vom Verstorbenen bezogene Kin-

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dergeld (vgl. BGH VersR 1979, S. 1029; Küppersbusch, a. a. O., Rn. 435).

Bei der Bewertung des Einkommens der Klägerin zu 1. ist lediglich deren Einkommen als

geringfügig Beschäftigte zu berücksichtigen. Die Kläger haben unbestritten vorgetragen, dass

die Klägerin zu 1. in ihrem Berufsleben vor dem Unfall lediglich im Zeitraum vom

01.05.2001 bis zum 31.03.2002 als Teilzeitkraft mit einem Gehalt von 1.010,00 € netto gear-

beitet hat. Danach und auch davor hat sie als geringfügig Beschäftigte gearbeitet. Zugleich

haben die Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.02.2008 un-

bestritten darauf verwiesen, dass der Arbeitgeber der Klägerin zu 1. den Gesamtbetrieb allein

mit geringfügig Beschäftigten führt. Unter diesen Umständen ist auch für die Zukunft ledig-

lich eine Tätigkeit der Klägerin zu 1. als geringfügig Beschäftigte anzusetzen. Die Klägerin zu

1. beziffert ihre Nettoeinkünfte mit 399,05 €. Zu berücksichtigen ist ferner die Steuererstat-

tung, die der Klägerin zu 1. zuzuordnen ist in Höhe von 915,72 €, mithin 76,31 € monatlich.

Damit ergeben sich Nettoeinkünfte der Klägerin zu 1. von 475,36 €.

Für die Rentenberechnung ist weiter abzustellen auf die fixen Kosten der Haushaltsführung.

Der Senat folgt auch insoweit den hinreichend belegten Ausführungen der Kläger im Schrift-

satz vom 23.10.2007 (Bl. 510 f d. A.) im Wesentlichen. Allerdings sind die einbezogenen

Aufwendungen für die Erbpacht - anders als die Grundsteuern - als hausbezogene Aufwen-

dungen zu bewerten, die ebenso wie die Zinsen für das Immobiliendarlehen und die Schorn-

steinfegerkosten nur bis zur Höhe einer entsprechenden Miete geltend gemacht werden kön-

nen. Die nicht hausbezogenen Fixkosten sind dementsprechend mit 4.732,22 € jährlich oder

394,35 € monatlich zu bewerten und bestehen aus folgenden Einzelpositionen:

- Wasser: 553,24 € - Erdgas: 965,36 € - Schmutzwasser/Abfall: 1.014,00 € - Strom: 825,41 € - Versicherungen: 613,80 € - Kraftfahrzeugsteuer: 121,00 € - Tageszeitung: 200,40 € - GEZ: 193,80 € - Grundsteuer: 245,21 € Summe: 4.732,22 €

Weiter zu berücksichtigen sind die Kosten einer fiktiven Miete für eine der Familienwohnung

entsprechenden Unterkunft, wobei die Kläger die Größe ihrer Wohnung (91,65 m²) durch

Vorlage der Wohnflächenberechnung hinreichend belegt haben, § 287 ZPO. Gleiches gilt für

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den Quadratmeterpreis von 6,05 €/m², der sich aus dem eingereichten Mietspiegel ergibt und

daher im Wege der Schadensschätzung zu Grunde gelegt werden kann. Damit sind weitere

Fixkosten von 554,48 € monatlich zu berücksichtigen. Insgesamt sind den Klägern Fixkosten

anzurechnen von 948,83 €.

Für die Berechnung der Unterhaltsansprüche hält der Senat an der im Hinweisbeschluss vom

06.09.2007 angeführten Verteilung der verbleibenden Einkünfte fest, nach der auf den Ver-

storbenen und die Klägerin zu 1. jeweils 35 % und auf die Kläger zu 2. und 3. jeweils 15 %

entfallen. Die Kläger haben die Quote in ihrer weiteren Berechnung übernommen. Auch die

Beklagten haben sachliche Einwendungen gegen den Verteilungsschlüssel nicht vorgebracht.

Die zu berücksichtigenden Einkünfte des Verstorbenen und der Kläger verteilen sich danach

wie folgt (vgl. zur Berechnung BGH VersR 1983, S. 727):

a. fiktives Einkommen des Getöteten: 1.795,90 € b. Einkommen Klägerin zu 1.: 475,36 € c. Fixkosten: 948,83 € d. Fixkostenanteil des Getöteten (a x c / [a + b]): 750,25 € e. für Familienunterhalt zur Verfügung stehendes Einkommen des Getöteten (a - d): 1.045,65 € f. Unterhaltsanteil Kläger zu 2. und zu 3.(15 % von e + 25 % von d): 344,41 € g. Unterhaltsanteil Klägerin zu 1. (35 % von e + 50 % von d): 741,11 €

Angesichts der Haftungsquote der Beklagten von 60 % verbleibt eine Forderung der Klägerin

zu 1. von 444,67 €. Eine Kürzung dieses Betrages im Wege der Vorteilsausgleichung ist im

Ergebnis nicht vorzunehmen.

Allerdings ist grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung der Klägerin zu 1. der ersparte

Unterhaltsanteil aus ihren Einkünften zugunsten des Getöteten anzurechnen (vgl. Küppers-

busch, a. a. O., Rn. 433). Eine Anrechnung findet jedoch nur statt, wenn der Vorteil den we-

gen der Haftungsquote nicht zu erstattenden Teilbetrag, der hier 296,44 € ausmacht, über-

steigt soweit sich der Geschädigte - wie vorliegend - auf sein Quotenvorrecht beruft (Jahnke,

Unfalltod und Schadensersatz, Rn. 219 ff). Vorliegend betragen die Vorteile der Klägerin zu

1. durch den Wegfall ihrer Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Ehemann lediglich 96,87 € und

sind wie folgt zu errechnen:

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a. fiktives Einkommen des Getöteten: 1.795,90 € b. Einkommen Klägerin zu 1.: 475,36 € c. Fixkosten: 948,83 € d. Fixkostenanteil des Getöteten (a x c / [a + b]): 750,25 € e. Fixkostenanteil der Klägerin zu 1. (c – d): 198,58 € f. für Familienunterhalt zur Verfügung stehendes Einkommen der Klägerin zu 1. (b - e): 276,78 € g. Unterhaltspflicht der Klägerin zu 1. gegenüber Ehemann (35 % von f): 96,87 €

Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind die den Klägern aus Lebensversicherungen des Getö-

teten zugeflossenen Beträge, und zwar unabhängig davon, ob es sich um kapitalbildende Le-

bensversicherungen oder Risikolebensversicherungen handelt (vgl. BGH VersR 1984, S 961;

VersR 1979, S. 323; Pardey, Berechnung von Personenschäden, 3. Aufl., Rn. 1498 f). Kein

anderes Ergebnis rechtfertigt weiterhin der Vortrag der Beklagten, die bestritten haben, dass

die Klägerin zu 1. zwischenzeitlich nicht anderweitig Unterhalt bezieht und insoweit die

Möglichkeit einer erneuten Heirat der Klägerin zu 1. in den Raum stellen. Zwar kommt für

den Fall der Wiederheirat ein Entfallen des Unterhaltsschadens in Betracht (vgl. BGH VersR

1970, S. 522, VersR 1958, S. 627), die Beklagten, die für die Voraussetzungen des Vorteils-

ausgleichs darlegungs- und beweisbelastet sind, haben indes Tatsachen hierzu weder substan-

tiiert vorgetragen noch nachgewiesen.

Schließlich war auch die von der Klägerin zu 1. bezogene betriebliche Witwenrente nicht an-

zurechnen. Der Berücksichtigung dieser Unterhaltsleistungen steht § 843 Abs. 4 BGB entge-

gen, wonach Schadensersatzansprüche nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass ein Dritter

Unterhalt zu gewähren hat. Danach sind Leistungen im Wege des Vorteilsausgleichs nicht

anrechenbar, wenn sie ihrer Natur nach nicht dem Schädiger zugute kommen sollen. (Küp-

persbusch, a. a. O., Rn. 424). Dies ist bei der betrieblichen Hinterbliebenenrente jedenfalls

dann anzunehmen, wenn diese - wie im vorliegenden Fall - erstmals aufgrund des schädigen-

den Ereignisses gezahlt wird, der Getötete bis zum Unfallzeitpunkt also noch im Erwerbsle-

ben stand, und auch ein Arbeitsunfall bzw. sonst ein Zusammenhang des Unfalls mit der be-

trieblichen Tätigkeit des Getöteten nicht besteht (so auch OLG München NJW 1985, S. 564;

Küppersbusch, a. a. O.; Röthel in Staudinger, BGB, Kommentar, 13. Bearb., § 844, Rn. 222;

Wagner in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 844, Rn. 75; a. A. OLG Hamm r+s

1992, S. 413, allerdings ohne die Problematik zu erörtern; vgl. auch KG Urteil vom

13.10.1997, Az. 12 U 7883/96, zitiert nach juris). In diesen Fällen dient die betriebliche Vor-

sorge nicht (auch) den Interessen des Schädigers. Ob in jedem Fall eine Doppelentschädigung

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des Hinterbliebenen hinzunehmen ist oder ob der Träger der betrieblichen Rentenversiche-

rung - jedenfalls für die Zukunft - die Abtretung der entsprechenden Schadensersatzansprüche

verlangen kann, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.

Der Senat setzt im Wege der Schadensschätzung auch für die Zeit nach dem fiktiven Eintritt

des Ehemannes der Klägerin zu 1. am 12.08.2019 in das Rentenalter den monatlichen Unter-

haltsanspruch der Klägerin zu 1. auf 444,67 € fest. Die Kläger haben in den Schriftsätzen

vom 06.05. und 10.06.2008 die Rentenerwartungen des Verstorbenen anhand der bislang er-

reichten Anwartschaften sowie auf Grundlage des letzten erzielten Einkommens unter Be-

rücksichtigung der voraussichtlichen Fortentwicklung der Renten anhand der Steigerungsra-

ten in der Vergangenheit dargetan und danach eine zu erwartende Bruttoaltersrente aus der

gesetzlichen Rentenversicherung von 1.392,58 € monatlich sowie eine Betriebsrente von

420,00 € ermittelt. Insoweit wird auf die genannten Schriftsätze (Bl. 632 ff und Bl.656 ff

d. A.) verwiesen. Substanziierte Einwendungen gegen diese Berechnungen haben die Beklag-

ten und die Streithelfer nicht erhoben. Ihr Verweis auf anzunehmende Veränderungen des

Rentensystems durch Eingriffe des Gesetzgebers kann schon deshalb keinen Erfolg haben,

weil danach Prognosen in keiner Weise mehr möglich wären, insbesondere Anhaltspunkte für

eine konkrete Entwicklung der Rentensysteme nicht bestehen. Angesichts der mithin anzuset-

zenden Bruttoeinkünfte von 1.812,58 €, die die derzeit anzurechnenden Nettoeinkünfte von

1.795,90 € nicht wesentlich übersteigen, sowie der vorzunehmenden Abzüge insbesondere für

Kranken- und Pflegeversicherung einerseits, andererseits der im Jahre 2019 nicht mehr anzu-

nehmenden Unterhaltsleistungen an die Kläger zu 2. und 3., mit der Folge einer Steigerung

des Unterhaltsanteils der Klägerin zu 1. von einer Quote von 35 % Unterhaltsanteil am freien

Erwerbseinkommen auf 50 %, hält der Senat eine Abänderung der monatlichen Unterhaltsra-

ten nicht für veranlasst.

Die Klägerin zu 1. kann mithin den Ausgleich der aufgelaufenen Unterhaltsansprüche bis Ok-

tober 2007 in Höhe von insgesamt 28.903,55 € [65 Monate (06/2002 - 10/2007) x 444,67 €]

sowie die Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 444,67 € bis zum statistisch ermit-

telten Sterbedatum des Getöteten am ….05.2033 verlangen.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB bzw. auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

d) Der Kläger zu 2. hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus §§ 10 Abs. 2 StVG, 3

PflVG in Höhe von monatlich 21,54 € bis zum 18.09.2006. Die insoweit in der Berufungsin-

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stanz vorgenommene Erweiterung des Antrages ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, die hierzu

erstmals in zweiter Instanz vorgetragenen Tatsachen waren zuzulassen, § 531 Abs. 2 Nr. 1

ZPO. Nach den unter c) aufgeführten Berechnungen ist für den Kläger zu 2. ein Unterhaltsan-

teil von 344,31 € anzusetzen. Angesichts der Haftungsquote der Beklagten von 60 % verbleibt

eine Forderung von 206,59 €. Der Kläger zu 2. lässt sich ferner die von ihm bezogene Halb-

waisenrente in Höhe von 238,36 € anrechnen, deren Bezug er durch Vorlage der Mitteilung

über die Leistungsanpassung zum 01.07.2007 und den Rentenbescheid vom 16.07.2002 hin-

reichend dargetan hat. Soweit die Beklagten höhere Zahlungen wie auch das Fehlen sonstiger

Einkünfte des Klägers zu 2. mit Nichtwissen bestreiten, ist ihr Vorgehen nicht hinreichend, da

sie für diese im Wege der Vorteilsausgleichung in Ansatz zu bringenden weiteren Abzüge

darlegungs- und beweisbelastet sind. Da die Halbweisenrente wegen des vom Kläger zu 2. in

Anspruch genommenen Quotenvorrechts zunächst auf den von den Beklagten nicht auszu-

gleichenden Schaden zu verrechnen ist (vgl. Jahnke, a. a. O., Rn. 219 ff), verbleibt ein Unter-

haltsanspruch in einer die eingeklagte Forderung des Klägers zu 2. von 21,54 € monatlich

übersteigenden Höhe.

Der Kläger zu 2. kann daher den Ausgleich der aufgelaufenen Unterhaltsansprüche bis zur

Aufnahme seiner Berufsausbildung am 01.08.2007 in Höhe von insgesamt 1.098,54 €

[51 Monate (06/2002 - 08/2006) x 21,54 €] verlangen.

Der Zinsanspruch beruht wiederum auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB bzw. auf §§ 286, 288 Abs. 1

BGB.

e) Die Kläger zu 3. hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus §§ 10 Abs. 2 StVG, 3

PflVG in Höhe von monatlich 21,54 € bis zum 08.05.2009. Die insoweit in der Berufungsin-

stanz vorgenommene Erweiterung des Antrages ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, die hierzu

erstmals in zweiter Instanz vorgetragenen Tatsachen waren zuzulassen, § 531 Abs. 2 Nr. 1

ZPO. Wie beim Kläger zu 2. ist für den Kläger zu 3. ein Unterhaltsanteil von 344,31 € anzu-

setzen. Angesichts der Haftungsquote der Beklagten von 60 % verbleibt eine Forderung von

206,59 €. Der Kläger zu 3. lässt sich ebenfalls die von ihm bezogene Halbwaisenrente in Hö-

he von 238,36 € anrechnen, deren Bezug er durch Vorlage des Rentenbescheides vom

16.07.2002 hinreichend dargetan hat. Soweit die Beklagten höhere Zahlungen wie auch das

Fehlen sonstiger Einkünfte des Klägers zu 3. ebenso wie dessen andauernden Schulbesuch

mit Nichtwissen bestreiten, ist ihr Vorgehen nicht hinreichend, da sie für diese im Wege der

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Vorteilsausgleichung in Ansatz zu bringende weitere Abzüge darlegungs- und beweisbelastet

sind. Da die Halbweisenrente wegen des vom Kläger zu 3. in Anspruch genommenen Quo-

tenvorrechts zunächst auf den von den Beklagten nicht auszugleichenden Schaden zu ver-

rechnen ist (vgl. Jahnke, a. a. O., Rn. 219 ff), verbleibt ein Unterhaltsanspruch in einer die

eingeklagte Forderung des Klägers zu 2. von 21,54 € monatlich übersteigenden Höhe.

Der Kläger zu 3. kann daher den Ausgleich der aufgelaufenen Unterhaltsansprüche bis Okto-

ber 2007 in Höhe von insgesamt 1.410,10 € [65 Monate (06/2002 - 10/2007) x 21,54 €] so-

wie die Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 21,54 € bis zur Vollendung seines

18. Lebensjahres am 08.05.2009 als dem Tag des voraussichtlichen Beginns seiner wirtschaft-

lichen Selbständigkeit verlangen (vgl. hierzu Sprau in Palandt, BGB, Kommentar, 67. Aufl.,

§ 844, Rn. 12).

Der Zinsanspruch beruht wiederum auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB bzw. auf §§ 286, 288 Abs. 1

BGB.

f) Schließlich ist auch der Feststellungsantrag der Kläger zu 2. und 3. betreffend einer

Einstandspflicht der Beklagten wegen denkbarer zukünftiger Unterhaltsansprüche unter Be-

rücksichtigung einer Haftungsquote der Beklagten von 60 % sowie mit der Maßgabe begrün-

det, dass die Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Drit-

te übergegangen sind oder noch übergehen (zur Absicherung der Rentenansprüche mittels

Feststellungsantrag vgl. Sprau, a. a. O., Rn. 13).

3. Der nach Ablauf der Frist des § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingegangene Schriftsatz der

Kläger gibt keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, Abs. 2, 97 Abs. 1, 708

Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Im Hinblick auf die - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage der An-

rechnung einer betrieblichen Hinterbliebenenrente auf Schadensersatzansprüche nach § 10

Abs. 2 StVG bzw. § 844 Abs. 2 BGB war die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

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Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 86.242,41 € festgesetzt, §§ 42 Abs. 2, 47

Abs. 1 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO (Antrag zu 1.: 10.416,05 €; Antrag zu 2.: 36.883,60 € - Zah-

lungsbetrag; 34.046,40 € - zukünftige Leistungen; Antrag zu 3: 1.098,54 €; Antrag zu 4:

1.410,10 € - Zahlungsbetrag; 387,72 € - zukünftige Leistungen; Antrag zu 5.: 2.000,00 € -

Feststellungsantrag).

Wert der Beschwer für die Klägerin zu 1.: 19.415,67 €,

Wert der Beschwer für den Kläger zu 2.: 4.469,42 €,

Wert der Beschwer für den Kläger zu 3.: 4.469,42 €,

Wert der Beschwer für die Beklagten: 66.026,74 €.

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