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aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG 143 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich Kopf- und Gesichtsschmerzen sind in der Regel nicht von objektiven pathologischen Untersuchungsbefunden oder von Anomalien in den Hilfsuntersuchungen begleitet. Ihre Differenzialdiagnose muss sich deshalb in besonderem Maße auf eine exakte Anamnese stützen. Selbstverständ- lich müssen dann auch eine genaue körperliche Untersu- chung und die Erforschung der Lebenssituation und der psychologischen Aspekte erfolgen. Für eine kurze Orientierung sei auf die Tab. 13. 1 verwie- sen, bei welcher von der Lokalisation und der Phänome- nologie ausgegangen wird. Im Einzelnen wird man dann zunächst aufgrund der Schmerzlokalisation differenzieren, im Weiteren aufgrund der zeitlichen Elemente. 13.1 Vorbemerkungen Oft sind Schmerzen das einzige Symptom, zumindest das Leitsymptom. Der Arzt muss vielfach aus der exakten Schilderung des Schmerzbildes allein seine ätiologisch- diagnostischen Schlüsse ziehen und wird sich im Besonde- ren auf dieses allein stützen müssen, wenn der objektive Untersuchungsbefund normal ist. In besonderem Maße ist dies bei Kopfschmerzen der Fall. Die Analyse eines Schmerzsyndroms geschieht in erster Linie nach seiner Lokalisation, im Weiteren nach seinem zeitlichen Ablauf, seiner Qualität, den auslösenden oder lindernden Faktoren, dann nach etwaigen Begleiterschei- nungen und Auswirkungen und schließlich nach objekti- ven Untersuchungsbefunden. 13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion 13.2.1 Diffuser beidseitiger Schmerz Bei dem Schmerz ist vielleicht eine Zone bevorzugt, aber der Schmerz ist nicht eigentlich lokalisiert. Diffuse Schmerzen seit einem Jahr oder mehreren Jahren Diffuse Schmerzen ohne neurologische Symptome beste- hen seit einem Jahr oder mehreren Jahren. Sie können zwar u. U. zeitweilig an Intensität zunehmen, aber alles in allem finden sich keine dramatische Intensivierung und keine zusätzlichen Phänomene oder Anfälle. Es kann sich han- deln um: Schmerzepisoden. Diese können Stunden oder Tage dau- ern und mit beschwerdefreien Perioden abwechseln. Der Neurostatus ist definitionsgemäß bei dieser Gruppe nor- mal. Fast immer wird es sich um einen Spannungstyp- Kopfschmerz handeln (Abb. 13. 1). Diffuses Dauerkopfweh. Ein diffuses Dauerkopfweh, seit Jahren bestehend, kommt selten auch vor. Man denke an eine Cephalaea continua, die in diagnostisch verwertbarer Weise auf Indometazin anspricht. Dies kann zwar einer harmlosen vasomotorischen Form entsprechen, verpflich- tet aber zu besonders sorgfältiger Suche nach anderen Ur- sachen (auch beim Fehlen zusätzlicher Phänomene und Ausfälle). Im Besonderen sollen eine chronische Hirndruck- steigerung und ebenso eine chronische Meningopathie ausgeschlossen werden. Des Weiteren gibt es ein tägliches Kopfweh in Zusammenhang mit einer Infektion, im Be- sonderen einer Epstein-Barr-Infektion, das etwa während eines Jahres bestehen kann und bei welchem das Virus aus dem Rachen gewonnen werden kann. Auch ein medika- menteninduzierter Kopfschmerz kommt infrage. Diffuse Schmerzen seit Jahren, Zunahme an Intensität oder Häufigkeit Diffuse Schmerzen bestehen seit Jahren, haben aber an Intensität oder an Häufigkeit zugenommen, weisen aber keine zusätzlichen Phänomene oder Ausfälle auf: Spannungstyp-Kopfschmerz. Es kann sich dennoch um ei- nen Spannungstyp-Kopfschmerz (s. o.) handeln (episodisch oder als Dauerkopfschmerz), wobei exogene Momente oder patientenspezifische Faktoren zur Verschlechterung ge-

13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich · Liquordruck niedrig bei LP Liquorunter - drucksyndrom Verschwinden beim Abliegen und bei Druck auf Jugularvene ... Hemiparese Gegenseite

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aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

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13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

Kopf- und Gesichtsschmerzen sind in der Regel nicht von objektiven pathologischen Untersuchungsbefunden oder von Anomalien in den Hilfsuntersuchungen begleitet. Ihre Differenzialdiagnose muss sich deshalb in besonderem Maße auf eine exakte Anamnese stützen. Selbstverständ-lich müssen dann auch eine genaue körperliche Untersu-chung und die Erforschung der Lebenssituation und der psychologischen Aspekte erfolgen.

Für eine kurze Orientierung sei auf die Tab. 13.1 verwie-sen, bei welcher von der Lokalisation und der Phänome-nologie ausgegangen wird. Im Einzelnen wird man dann zunächst aufgrund der Schmerzlokalisation differenzieren, im Weiteren aufgrund der zeitlichen Elemente.

13.1 VorbemerkungenOft sind Schmerzen das einzige Symptom, zumindest das Leitsymptom. Der Arzt muss vielfach aus der exakten Schilderung des Schmerzbildes allein seine ätiologisch-diagnostischen Schlüsse ziehen und wird sich im Besonde-ren auf dieses allein stützen müssen, wenn der objektive Untersuchungsbefund normal ist. In besonderem Maße ist dies bei Kopfschmerzen der Fall.

Die Analyse eines Schmerzsyndroms geschieht in erster Linie nach seiner Lokalisation, im Weiteren nach seinem zeitlichen Ablauf, seiner Qualität, den auslösenden oder lindernden Faktoren, dann nach etwaigen Begleiterschei-nungen und Auswirkungen und schließlich nach objekti-ven Untersuchungsbefunden.

13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion13.2.1 Diffuser beidseitiger Schmerz

Bei dem Schmerz ist vielleicht eine Zone bevorzugt, aber der Schmerz ist nicht eigentlich lokalisiert.

■ Diffuse Schmerzen seit einem Jahr oder mehreren Jahren

Diffuse Schmerzen ohne neurologische Symptome beste-hen seit einem Jahr oder mehreren Jahren. Sie können zwar u. U. zeitweilig an Intensität zunehmen, aber alles in allem finden sich keine dramatische Intensivierung und keine zusätzlichen Phänomene oder Anfälle. Es kann sich han-deln um:

Schmerzepisoden. Diese können Stunden oder Tage dau-ern und mit beschwerdefreien Perioden abwechseln. Der Neurostatus ist definitionsgemäß bei dieser Gruppe nor-mal. Fast immer wird es sich um einen Spannungstyp-Kopfschmerz handeln (Abb. 13.1).

Diffuses Dauerkopfweh. Ein diffuses Dauerkopfweh, seit Jahren bestehend, kommt selten auch vor. Man denke an eine Cephalaea continua, die in diagnostisch verwertbarer

Weise auf Indometazin anspricht. Dies kann zwar einer harmlosen vasomotorischen Form entsprechen, verpflich-tet aber zu besonders sorgfältiger Suche nach anderen Ur-sachen (auch beim Fehlen zusätzlicher Phänomene und Ausfälle). Im Besonderen sollen eine chronische Hirndruck-steigerung und ebenso eine chronische Meningopathie ausgeschlossen werden. Des Weiteren gibt es ein tägliches Kopfweh in Zusammenhang mit einer Infektion, im Be-sonderen einer Epstein-Barr-Infektion, das etwa während eines Jahres bestehen kann und bei welchem das Virus aus dem Rachen gewonnen werden kann. Auch ein medika-menteninduzierter Kopfschmerz kommt infrage.

■ Diffuse Schmerzen seit Jahren, Zunahme an Intensität oder Häufigkeit

Diffuse Schmerzen bestehen seit Jahren, haben aber an Intensität oder an Häufigkeit zugenommen, weisen aber keine zusätzlichen Phänomene oder Ausfälle auf:

Spannungstyp-Kopfschmerz. Es kann sich dennoch um ei-nen Spannungstyp-Kopfschmerz (s. o.) handeln (episodisch oder als Dauerkopfschmerz), wobei exogene Momente oder patientenspezifische Faktoren zur Verschlechterung ge-

aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

144 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

führt haben. Diesen Elementen ist dann besondere Beach-tung zu schenken.

Intrakranieller Prozess. Es kann andererseits ein progre-dienter organischer intrakranieller Prozess vorliegen. Er wird wohl gutartig sein, da er sonst nicht seit Jahren Symp-tome machen würde. Vor allem kommt eine chronische Steigerung des intrakraniellen Druckes infrage, z. B. ein Hydrozephalus bei progredienter oder intermittierender Störung des Liquorabflusses.

Folge von Intoxikationen. Gewisse symptomatische Kopf-schmerzen kommen bei Intoxikationen vor (z. B. Blei) oder Medikamentenmissbrauch (Brom, Lithium, Dihydroer-gotamin und andere Analgetika, dann als analgetika- bzw. medikamenteninduzierter Kopfschmerz).

■ Diffuse Schmerzen seit Jahren mit zusätzlichen Phänomenen

Diffuse Schmerzen bestehen seit Jahren und sind von zu-sätzlichen Phänomenen oder Ausfällen begleitet. In erster Linie wird die Natur dieser Letzteren bei der weiteren Dif-ferenzierung helfen:

Echte Migräne. Die Kopfwehepisoden sind zwar diffus, aber von Übelkeit und/oder Erbrechen, selten von Flimmer-skotomen oder evtl. von vorübergehenden neurologischen Ausfällen begleitet. Dies spricht für eine echte Migräne, die durchaus auch einmal diffuse und nicht halbseitige Kopfschmerzen verursachen kann.

Abb. 13.1 Spannungstypkopfschmerz. Synoptische Darstellung (Quelle: Mumenthaler M, Daetwyler Ch. Kopfschmerz interak-tiv. Abteilung für Unterrichtsmedizin [AUM-IAWF] der Medizinischen Fakultät der Universität Bern 2001).

Maximum

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episodisch

aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion 145

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aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

146 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

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13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion 147

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aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

148 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

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13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion 149

Liquorabflussbehinderung. Die diffusen Kopfschmerzen sind zunehmend intensiv und von Hirndruckzeichen be-gleitet (wie z. B. Erbrechen ohne eigentliche Übelkeit, Bra-dykardie, evtl. Stauungspapillen). Man suche nach einer Liquorabflussbehinderung mit Hydrozephalus (z. B. Aquä-duktverschluss, malresorptiver Hydrozephalus).

Begleitet von psychoorganischem Syndrom. Die zuneh-menden diffusen Kopfschmerzen sind von einem psycho-organischen Syndrom mit oder ohne fokale neurologische Symptome (epileptische Anfälle, Halbseitensymptome, ze-rebelläre Symptome, Hirnnervenausfälle) begleitet. Man suche vor allem nach einer langsam wachsenden intrakra-niellen Raumforderung.

■ Diffuse Schmerzen seit kürzerer Zeit

Diffuse Kopfschmerzen bestehen erst seit kürzerer Zeit, seit Wochen oder Monaten (schlagartiges akutes Kopfweh s. u.): Wie jedes erstmals aufgetretene Kopfweh erfordert es eine besonders aufmerksame Abklärung:

Auslösende Momente fehlen. Es fehlen auslösende Mo-mente, pathologische Begleiterscheinungen oder abnorme Befunde. Es kann sich dann um die erste Manifestation eines banalen Spannungstyp-Kopfschmerzes um ein sog. „New daily Headache“, um spondylogene Kopfschmerzen oder Migräne handeln. Immer muss aber auch an die Früh-phase einer der nachfolgenden Formen gedacht werden, deren Charakteristika u. U. erst später eindeutig fassbar werden. Eine intrakranielle Druckerhöhung kommt ohne andere neurologische Symptome vor, z. B. bei einer A-Hy-pervitaminose oder bei einer intrakraniellen a.-v. Fistel. Auch an einen sogenannten Pseudotumor cerebri muss man denken (meist adipöse jüngere Frauen, evtl. ausgelöst durch die Einnahme von Ovulationshemmern, Tetrazykli-nen oder Steroidentzug).

Auslösendes Ereignis. Es besteht ein auslösendes Ereignis, mit welchem die Kopfschmerzen begannen. Hierzu gehö-ren z. B. posttraumatische Kopfschmerzen nach Schädel-Hirn-Trauma (inklusive das chronische Subduralhämatom ohne wesentliche neurologische Ausfälle), das Kopfweh nach einer Infektionskrankheit (auch ohne eigentliche Me-ningitis), das Kopfweh nach einer Sinusitis, das Kopfweh bei der Einnahme gewisser Medikamente (z. B. bromhaltige Sedativa), das postpartale Kopfweh bei zerebraler Venen-thrombose, das Kopfweh nach Steroidentzug (Pseudotu-mor cerebri s. o.) etc.

Abhängig von äußeren Umständen. Es sind Abhängigkei-ten der Kopfschmerzen von äußeren Umständen vorhan-den, z. B. treten sie nur in Orthostase auf, um beim Abliegen bald zu verschwinden, oder sie verschwinden beim Pressen (Hypoliquorrhösyndrom; Abb. 23.3). Man frage nach einer durchgeführten Liquorpunktion und man denke an einen Tumor der Schädelbasis. Gelegentlich tritt dies aber auch

spontan auf. Treten die Kopfschmerzen erst gegen Nach-mittag auf und bleiben sie an freien Tagen aus, so denke man z. B. an eine dekompensierte Heterophorie. Wenn Hus-ten das Kopfweh auslöst, so ist dieser Hustenkopfschmerz entweder banal oder selten einmal auch Ausdruck einer Raumforderung in der hinteren Schädelgrube.

Weitere pathologische Phänomene. Die seit Kurzem auf-getretenen, diffusen Kopfschmerzen sind von anderen pathologischen Phänomenen und/oder neurologischen Ausfällen begleitet. Epileptische Anfälle sind auf einen Hirntumor, evtl. eine Enzephalitis oder Vaskulitis (ent-zündliche Vaskulopathie) verdächtig. Neurologische Aus-fälle weisen auf einen organischen intrakraniellen Prozess hin, der im Einzelnen zu präzisieren ist.

Zeichen einer allgemeininternistischen Affektion. Die dif-fusen, seit kurzem bestehenden Kopfschmerzen sind von Zeichen einer allgemein-internistischen Affektion beglei-tet. Infrage kommen eine Urämie, Hepatopathien, schwere Hypertonie, Polycythaemia vera etc.

■ Diffuse intensive akute oder neu aufgetretene Schmerzen

Diffuse intensive Kopfschmerzen sind seit Stunden oder Tagen akut oder gar schlagartig neu aufgetreten. Der Pa-tient konsultiert den Arzt wegen dieser Beschwerden, oft als Notfall:

Subarachnoidalblutung. Ein wirklich schlagartiges, inten-sives Kopfweh, wie eine „Explosion“ im Kopf, ist praktisch immer Ausdruck einer Subarachnoidalblutung (evtl. kur-zer Bewusstseinsverlust, Meningismus, in 10 % präretina-le flächige Blutungen (Terson-Syndrom; Abb. 13.2), evtl. beidseitige Pyramidenzeichen). In einem Drittel der Fälle tritt dies nach Anstrengung (Lastheben, Koitus) auf. Meist handelt es sich um ein geplatztes basales Aneurysma (das Kopfweh ist fast immer diffus, unabhängig von der Loka-lisation des Aneurysmas), seltener um ein a.-v. Angiom (darauf weisen frühere epileptische Anfälle und fokale neurologische Ausfälle hin). Sofortiges CT angezeigt, evtl. Lumbalpunktion.

Thunderclap-Headache. Als Thunderclap-Headache wird ein ebenfalls schlagartig aufgetretenes, meist okzipital oder frontal beidseitig lokalisiertes Kopfweh bezeichnet. Es wird gelegentlich von Nausea begleitet, der Liquor ist nicht blutig. Es dauert nur Sekunden oder Bruchteile von Minu-ten. Es ist nur in der Minderheit der Fälle Ausdruck einer imminenten Subarachnoidalblutung (Warning Leak), hat gelegentlich auslösende Ursachen wie einen Koitus (s. u.), meist aber keine weiteren Folgen. Gelegentlich stellen sich später Migräneepisoden ein.

Stabbing-Headache. Ein nur Sekunden dauernder, un-terschiedlich lokalisierter, in großen Abständen sich wie-

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150 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

derholender intensiver Schmerz wurde früher als Icepick-Headache bezeichnet und ist harmlos.

Alarm-Clock-Headache. Das Kopfweh tritt bei einem Pati-enten, der älter als 65 ist, und nur in der Nacht auf. Es weckt ihn aus dem Schlaf: Hypnic- oder Alarm-Clock-Headache.

Postkoitales Kopfweh. Das akute diffuse Kopfweh ist beim Koitus aufgetreten. Dies kann einerseits zum Platzen eines basalen Aneurysmas geführt haben (Charakteristika s. o.). Viel häufiger allerdings besteht ein initial ähnliches Be-schwerdebild bei dem wahrscheinlich vasomotorisch be-dingten postkoitalen Kopfweh, das nach Stunden vergeht und nicht von Meningismus oder anderen neurologischen Ausfällen begleitet ist.

Durch Husten ausgelöst. Bei den durch Husten ausgelös-ten Fällen sind u. U. Anomalien der hinteren Schädelgrube, z. B. eine Arnold-Chiari-Missbildung vorhanden.

Begleitet von neurologischen Ausfällen. Das nicht schlag-artige, aber doch akute Kopfweh ist von neurologischen Ausfällen begleitet. Hierzu gehört z. B. die akute Menin-gitis, eine intrakranielle Venenthrombose (z. B. postpar-tal), das intrakranielle und insbesondere das zerebelläre Hämatom.

Begleitet von stark erhöhtem Blutdruck. Das akute diffuse Kopfweh geht mit einem sehr stark erhöhten arteriellen Blutdruck einher, was auf eine hypertensive Krise hinweist (Blutdruckmessung, Augenfundus, Herzbefund) oder auf ein Phäochromozytom (zeitweise erhöhter Blutdruck, er-höhte Homovanillinmandelsäure).

Abb. 13.2 Terson-Syndrom nach einer Subarachnoidal-blutung. An der Retina ist eine präretinal gelegene, flächige Blutung sichtbar.

Zeichen von Karzinoidsyndrom. Der anfallsartige akute Kopfschmerz ist ein typisches Zeichen bei einem Karzi-noidsyndrom (Angstgefühl, Atemnot, anfallsweise rotzya-notische Verfärbung des Gesichts, Durchfälle).

Exploding-Head-Syndrom. Als Exploding-Head-Syndrom bezeichnet man eine sensorische Parasomnie des Einschla-fens, bei der ein schlagartig auftretendes, diffuses Geräusch im Innern des Kopfes empfunden wird. In ca. 20 % der Fälle klagen hierbei die Patienten auch über Kopfschmerzen.

13.2.2 Kopfschmerzen im begrenzten Teil der Kalotte

Diese Kopfschmerzen sind nicht diffus bzw. beidseitig, sondern sie sind auf einen bestimmten Teil des Schädels beschränkt. Sie können im Weiteren anfallsartig auftreten oder als lokalisierter Dauerschmerz imponieren.

■ Rezidivierender, anfallsweise auftretender lokalisierter Schmerz

Beim rezidivierenden, anfallsweise auftretenden lokalisier-ten Kopfschmerz werden die Lokalisation, der Schmerzcha-rakter und die Begleiterscheinungen in der ätiologischen Diagnostik weiterhelfen:

▬ Anfallsweise halbseitiger Schmerz

Echte Migräne. Der anfallsweise halbseitige Kopfschmerz wird meist einer echten Migräne entsprechen (Übelkeit, Lichtscheuheit, Flimmerskotome (Abb. 13.3), hereditäre Belastung, seit Jugend bestehend). Er ist oft im Schläfen-bereich akzentuiert. Die Abb. 13.4 schildert schematisch die charakteristischen Symptome der Migräne. Differen-zialdiagnose gegenüber dem im Schläfen-Gesichts-Bereich lokalisierten Cluster-Kopfschmerz s. u.

Symptomatische Migräne-Attacken. Symptomatische Mi-gräne-Attacken wurden bei den verschiedensten Affektio-nen beschrieben, so z. B. bei einer Moya-Moya-Erkrankung. Die pathogenetische Rolle der nachgewiesenen Anomalien bleibt oft fraglich.

Paroxysmale bzw. episodische Hemikranie. Als paroxys-male bzw. episodische Hemikranie wird ein anfallsartiger, kurz dauernder, halbseitiger Kopfschmerz bezeichnet, der nicht von den üblichen Migränecharakteristika begleitet wird und obligat auf Indometacin anspricht.

Migraine cervicale. Bei der Migraine cervicale strahlen die Schmerzen von okzipital nach frontal aus, oft einseitig, sind nicht selten von anderen Symptomen der Zervikalpatholo-gie begleitet und treten gelegentlich erstmals im Anschluss an ein Trauma der Halswirbelsäule auf.

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13.2 Schmerz im Bereich der Kalotte, Schläfe und Hinterhauptsregion 151

Abb. 13.3 Darstellung des Ablaufs eines Flimmerskotoms durch einen Migräne-patienten. Die Lichterscheinungen mit gezackten Rändern wandern innerhalb von etwa 20 Minuten vom Zentrum in die Peripherie des Gesichtsfelds.

Abb. 13.4 Migräneanfall. Synoptische Darstellung (Quelle: Mumenthaler M, Daetwyler Ch. Kopfschmerz interaktiv. Abteilung für Unterrichtsmedizin [AUM-IAWF] der Medizinischen Fakultät der Universität Bern 2001).

Maximum in 1 bis 2 Stunden

Schmerzdauer:mehrere Stundenintensiv

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2010 30 40 50 60 70 Jahre

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152 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

Liquorabflussbehinderung. Bei der intermittierenden Liquorabflussbehinderung aus dem Seitenventrikel (z. B. Kolloidzyste des III. Ventrikels, Plexuspapillom oder Me-ningeom im Seitenventrikel) sind die halbseitigen Kopf-wehepisoden von Erbrechen, evtl. Benommenheit begleitet und können manchmal durch Lagewechsel ausgelöst bzw. behoben werden. Nicht immer finden sich auch neurolo-gische Ausfälle.

▬ Anfallsweiser nicht halbseitiger Schmerz

Ein nicht eigentlich halbseitiger, sondern umschriebener anfallsweiser Kopfschmerz kann eine frühe Phase eines später konstant bestehenden lokalen Schmerzes (s. u.) sein.

Die Schmerzepisoden sind vor allem okzipital lokali-siert.• Wenn sie mit Tortikollis, evtl. mit Brachialgien einher-

gehen, lässt dies einen spondylogenen Kopfschmerz vermuten.

• Wenn die Episoden von Parästhesien der Mundregion und evtl. symmetrischen Missempfindungen an den Extremitäten begleitet werden, wenn gelegentliche Dysarthrie vorliegt, wenn es sich um junge Frauen han-delt und gelegentlich eine Bewusstseinsveränderung hinzutritt, denke man an eine Basilarismigräne.

■ Lokalisierter Dauerschmerz

Ein lokalisierter Dauerschmerz ist praktisch immer Aus-druck einer organischen Affektion im Kopfbereich. Je kür-zer die Anamnese, desto „gefährlicher“ ist er (Tab. 13.2):

Halbseitiger Dauerkopfschmerz bei chronifizierter Mig-räne. Einen Grenzfall stellt ein halbseitiger Dauerkopf-schmerz bei einer chronifizierten Migräne dar, bei wel-chem eine anamnestisch typische Migräne im Laufe der Jahre zu einem generalisierten oder selten auch lokalisier-ten Dauerkopfschmerz wird.

Hemicrania continua. Die Hemicrania continua ist ein halbseitiger Dauerkopfschmerz, der wie der oben beschrie-bene paroxysmale Typ selektiv auf Indometacin anspricht.

Omohyoid-Syndrom. Mit Schluck- und Sprechstörungen geht das den Bruchteil einer Stunde bis zu wenige Stunden dauernde Omohyoid-Syndrom einher.

Ausdruck eines Tumors oder entzündlichen Prozesses. Ein lokalisierter Dauerschmerz irgendwo im Kalottenbereich (halbseitig oder auch enger lokalisiert) kann z. B. Ausdruck eines Tumors sein, eines chronischen Subduralhämatoms oder eines lokalisierten entzündlichen Prozesses (z. B. Sinu-sitis, Mastoiditis, Osteomyelitis), einer Knochenmetastase oder eines arteriitischen Prozesses (s. u.).

Tabelle 13.2 Besonderheiten der „gefährlichen“ Kopfweh-formen, welche zu einer besonders sorgfältigen Abklärung verpflichten.

Kopfweh bei Individuen, die früher nie unter Kopfschmer-zen litten• besonders erstmaliges Kopfweh bei Kindern und • im höheren Lebensalter

schlagartig (!) einsetzendes Kopfweh

Kopfweh, das an• Intensität und/oder• Häufigkeit rasch zunimmt

konstant lokalisiertes Kopfweh (mit Ausnahme jener Kopf-wehformen, die in typischer Weise konstant lokalisiert sind)

Kopfweh, das begleitet ist von • psychischen Alterationen, • Stauungspapillen oder anderen Hirndruckzeichen, • neurologischen Ausfällen, • epileptischen Anfällen

Kopfweh spricht auf keine Therapie an

Abb. 13.5 Geschlängelte, geschwollene und dolente A. temporalis superficialis im Rahmen einer Riesenzell-arteriitis (Arteriitis temporalis).

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13.3 Schmerzen im Gesicht oder im Halsbereich 153

Schläfenbereich: Verdacht auf Arteriitis temporalis. Ein im Schläfenbereich lokalisierter Dauerkopfschmerz ist bei je-dem älteren Patienten auf eine Arteriitis temporalis (Arte-riitis cranialis, Riesenzellarteriitis) verdächtig (Abb. 13.5): Patienten über 50, Temporalarterien geschlängelt, verdickt, dolent, später nicht mehr pulsierend; evtl. Allgemeinsym-ptome wie Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Inappetenz, subfebrile Temperaturen oder Polymyalgia rheumatica (s. S. 166). Immer hohe Senkung von 50 oder darüber mit ganz seltenen Ausnahmen; die Arteriitis cranialis kann auch andere extrakranielle Arterien als die A. temporalis befallen.

Blutung oder Nekrose einer Hypophyse. Selten ist eine Blutung oder eine Nekrose einer Hypophyse, mit oder ohne Hypophysenadenom. Sie kann mit einer Liquor-Pleozytose und mit einem perakuten Befall des Sehnervs einhergehen.

Spontane Karotisdissektion. Bei der spontanen oder traumatischen Karotisdissektion wird der akute Schmerz nicht nur Kopf (und Gesicht) betreffen, sondern auch die

Halsregion und ist u. U. mit einem homolateralen Horner-Syndrom kombiniert.

Anstrengungsabhängiger aufsteigender Schmerz. Ein seitlich links am Hals lokalisierter und dann aufsteigen-der, anstrengungsabhängiger Gesichts- und Kopfschmerz kann pektanginösen Ursprungs sein (Anginal Headache).

Vertebralisdissektion. Eine Vertebralisdissektion kann sich durch okzipitales Kopfweh ankündigen und ist oft auch von neurologischen Ausfällen im Hirnstammbereich begleitet, evtl. von Sehstörungen.

Geplatztes Aneurysma. Der schlagartig aufgetretene lo-kale, länger dauernde Kopfschmerz kann Ausdruck eines geplatzten Aneurysmas mit bestimmter Lokalisation sein (meist dann mit fokalen neurologischen Symptomen).

Zoster. Wir sahen akut aufgetretene lokale Kalotten-schmerzen bei einem Zoster hoher zervikaler Dermatome.

13.3 Schmerzen im Gesicht oder im HalsbereichIn dieser Kategorie finden sich keine diffusen bzw. beidsei-tigen Schmerzen, sondern immer einseitige, in umschrie-benen Zonen lokalisierte Schmerzsyndrome. Bei der weite-ren Analyse geht man zunächst von der Dauer und Art der Schmerzen, dann von der Lokalisation aus.

13.3.1 Rezidivierende, vereinzelte Attacken

■ Bruchteile von Minuten, einschießend

Die nur Bruchteile von Minuten dauernden Schmerzen sind von einschießendem, reißendem Charakter. Dies kennzeichnet sogenannte Neuralgien, die zusätzlich oft durch die große Häufigkeit (Dutzende pro Tag) und die Auslösbarkeit der Anfälle durch Berührung oder Bewegung (Trigger-Mechanismen) gekennzeichnet sind. Die weitere Einteilung erfolgt nach dem Ort des Schmerzes (Abb. 13.6 und Abb. 13.7):

Trigeminusneuralgie. Im Ober- oder Unterkieferbereich ist die Trigeminusneuralgie lokalisiert, selten spielt sie sich im Stirnast ab. Bei der häufigsten, der idiopathischen Form, handelt es sich immer um ältere Patienten (über 50), und der Neurostatus ist normal. Sind jüngere Patienten betrof-fen, besteht auch ein Dauerschmerz und/oder finden sich neurologische Ausfälle, dann liegt eine symptomatische Form vor, deren Ursache zu suchen ist.

Aurikulotemporalisneuralgie. In der Präaurikularregion ist die Aurikulotemporalisneuralgie lokalisiert (oft mit

Latenz nach Parotiserkrankungen, von brennendem Cha-rakter, mit lokaler Rötung und Schwitzen einhergehend).

Nasoziliarisneuralgie, Sluder-Neuralgie. Im inneren Au-genwinkel und Augapfelbereich ist die Nasoziliarisneu-ralgie lokalisiert. Die gleiche Lokalisation hat aber auch die Sluder-Neuralgie, die auch von anfallsartigem Niesen begleitet ist.

Glossopharyngeusneuralgie. Im Bereich von Zungen-grund- und Tonsillarnische ist die Glossopharyngeus-neuralgie lokalisiert, die gelegentlich auch gegen das Ohr ausstrahlt.

Neuralgie des Ganglion geniculi. Im Bereich des äußeren Gehörgangs, gelegentlich aber auch ausstrahlend präauri-kulär und tief im Gaumendachbereich, ist der Schmerz bei der Neuralgie des Ganglion geniculi lokalisiert (evtl. nach Zoster, manchmal mit Fazialisparese einhergehend sowie mit abnormen Geschmacksempfindungen kombiniert).

Nacken-Zungen-Syndrom. Eine Seltenheit ist das Nacken-Zungen-Syndrom (Neck-Tongue Syndrome). Bei einer Pa-thologie eines der 2 obersten Wirbel treten anfallsartig kurze Schmerzattacken der Zunge auf.

■ Attacken dauern bis zu Stunden

Diese Attacken sind niemals blitzartig und von lanzinie-rendem Charakter wie bei den oben beschriebenen Neural-gien. Exaktes Befragen ist hier besonders wichtig:

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154 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

Orbital- und Temporalregion. Der Orbital- und Temporal-region sind verschiedene Schmerzen zuzuordnen:• Beim sogenannten Cluster-Kopfschmerz (Horton-Neu-

ralgie, Bing-Horton-Syndrom, Erythroprosopalgie) han-delt es sich um Anfälle von einer halben bis 2 Stunden Dauer, die rasch ihr Maximum erreichen, stets auf der gleichen Seite lokalisiert sind, evtl. in den Oberkiefer und die Ohrregion, manchmal auch hemikraniell aus-strahlen. Nicht selten sind sie von Augenrötung und homolateraler Gesichtsrötung begleitet, evtl. von einem Horner-Syndrom. Oft findet sich ein Nasenfluss oder Tränenfluss. Die Anfälle treten oft fahrplanmäßig zur gleichen Zeit und besonders auch nachts auf, wobei mehrwöchige Phasen mit gehäuften, täglichen Attacken von monatelangen beschwerdefreien Perioden abgelöst werden („Cluster“).

• Ein in der Symptomatologie dem Cluster-Kopfschmerz (s. o.) entsprechendes Bild kann selten auch als symp-tomatischer Schmerz bei intrakraniellen (u. a. parat-rigeminalen) Prozessen auftreten. Es wurde auch als Ausdruck eines Subclavian-Steel-Syndroms oder einer einseitigen Halsmarkischämie beschrieben.

• Beim SUNCT-Syndrom (Short lasting unilateral neural-giform Headache with conjunctival Injection and Tea-

ring) sind die halbseitigen Schmerzen, welche ebenfalls von Tränenfluss begleitet sind, kürzer (5–250 Sekunden) und weniger intensiv als beim Cluster-Kopfschmerz, da-für viel häufiger (bis 30 Episoden pro Stunde).

• Der Glaukomanfall geht mit Nebel- oder Farbringsehen, Übelkeit und Erbrechen einher. Die Pupille ist weit und lichtstarr, die Konjunktiva injiziert, die Kornea etwas trüb, der Bulbus tastbar hart (Abb. 13.11). Allerdings ist eine echte Migräne bei Patienten mit Glaukom – auch bei einem solchen mit niedrigem Augendruck – etwa doppelt so häufig wie bei einer Vergleichsgruppe.

Präaurikularregion. In der Präaurikularregion können fol-gende Schmerzen lokalisiert sein:• einerseits der soeben beschriebene Cluster-Kopf-

schmerz,• dann aber auch das Costen-Syndrom (Mandibularge-

lenkneuralgie, myofaszialer Schmerz, Myoarthropa-thien des Kausystems); dies ist eine Dysfunktion des Kiefergelenks bei fehlerhafter Gebissokklusion (Aus-strahlung auch in den Unterkiefer, nach temporal oder okzipital, Auslösung durch den Kauakt, Druckdolenz des Gelenks),

Abb. 13.6 Anatomisches Substrat der (dissoziierten) Sensibilitätsstörung im Gesicht.

Gyrus postcentralis

Thalamus

Lemniscustrigemi-nalis N. trigeminus (V)

Gn. semilunare

Tr. spinalisn. trigeminiNucleus V

C2

C3

C2

C3

Tr. spinothalamicus lat.

aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

13.3 Schmerzen im Gesicht oder im Halsbereich 155

• schließlich präaurikuläre Schmerzen, die zunächst epi-sodisch, später dann konstant auch bei einem homola-teralen Lungentumor auftreten können und diesem um Monate bis Jahre vorausgehen. Sie werden wahrschein-lich durch eine Vagusreizung bewirkt.

Oberkieferbereich. Im Oberkieferbereich lokalisiert sind: • vor allem die sogenannte atypische Gesichtsneuralgie,

die allerdings bald den anfallsartigen Charakter verliert und zu einem Dauerschmerz wird; fast immer handelt es sich bei den Patienten um Frauen in mittleren Jahren, der Schmerz ist von dumpfem, brennendem Charakter, ist oft durch eine Zahnbehandlung eingeleitet worden, meist gefolgt von einer Eskalation zahnärztlicher und kieferchirurgischer Eingriffe,

• ein Barosinus, bei Auslösung durch Höhendifferenz (Flug, Bergbahn).

Hals- und Kieferbereich. Schmerzlokalisationen im Hals- und Kieferbereich:• Die Karotidodynie, die vorwiegend bei Frauen und im-

mer auf der gleichen Seite auftritt. Auf einen diffusen Dauerschmerz pfropfen sich Schmerzattacken auf, die Minuten bis Stunden dauern. Während derselben ist die Karotis druckdolent. Möglicherweise ist dies eine Abart der Migräne.

• Der Schmerz bei einer Karotisdissektion (Abb. 13.8, Abb. 13.9, Abb. 13.10 a, b, c) beginnt am Hals, strahlt aber in der Regel zum Gesicht aus. Bei der Vertebra-lisdissektion bleibt der Schmerz meist auf die laterale Nackenregion begrenzt.

• Mit Schluck- und Sprechstörungen geht das den Bruch-teil einer Stunde bis zu wenige Stunden dauernde Om-ohyoid-Syndrom einher.

61% 41% 62% 53% 22% 31%(bilateral in ⅓)

Abb. 13.8 Schmerzlokalisation bei einer Dissektion der A. carotis interna.

Abb. 13.7 Schmerzlokalisation bei Gesichtsneuralgien.

4 5

62

13

8

3

7

1 und 2 Trigeminusneuralgie3 Aurikulotemporalneuralgie 4 Nasoziliarisneuralgie 5 Sluder-Neuralgie 6 Glossopharyngeusneuralgie 7 Neuralgie des Ganglion geniculi 8 Mandibulargelenkneuralgie

Abb. 13.9 Karotisarteriografie rechts bei Dissektion der A. carotis interna. Typisch ist die allmähliche Einengung des Gefäß lumens nach distal zu („string sign“).

aus: Bassetti u.a., Neurologische Differenzialdiagnostik (ISBN 9783135924069) © 2012 Georg Thieme Verlag KG

156 13 Schmerzsyndrome im Kopf- und Gesichtsbereich

13.3.2 Lokalisierter, konstanter oder zumindest sehr lang dauernder Gesichtsschmerz

Es kommen als Ursache vor allem lokale Affektionen aus dem otolaryngologischen oder zahnärztlichen und oph-thalmologischen Bereich infrage. Daneben gibt es auch einige spezifisch-neurologische Formen.

Stirnbereich. Schmerzen im Stirnbereich kommen bei Si-nusitis frontalis vor.

Schläfenbereich. Schmerzen im Schläfenbereich wurden unter den Kopfschmerzen schon erwähnt. Es sei nochmals an die wegen der therapeutischen Konsequenzen wichtige Arteriitis temporalis (s. S. 153) erinnert.

Augenbereich. Schmerzen im Augenbereich weisen auf eine Bulbusaffektion, z. B. ein Glaukom (Abb. 13.11) oder eine Orbitapathologie hin (dann auch mit Sehstörungen, Augenmotilitätsstörungen und evtl. Exophthalmus ein-hergehend). Infrage kommen aber z. B. auch Affektionen des Sphenoids.

Oberkiefer. Schmerzen im Oberkiefer finden sich bei Si-nusitis maxillaris (Abb. 13.12 und Abb. 13.13), bei einem Barosinus (s. o.), dann aber auch bei tumorösen oder ent-zündlichen Prozessen der Schädelbasis oder bei Zahnaffek-tionen im Oberkieferbereich. Sie können bei einer Pulpitis temperaturabhängig und streng lokalisiert sein. Bei einer Pulpitis totalis acuta bestehen sehr intensive, die ganze ho-molaterale Gesichtsseite betreffende bohrende Schmerzen, die tagelang andauern können.

Läsion des N. trigeminus. Der symptomatische Schmerz bei einer Läsion des N. trigeminus kann Folge einer Raum-forderung oder auch einer Sarkoidose sein und ist dann von objektiven Ausfällen bzw. von Anomalien bei der neu-rophysiologischen Untersuchung begleitet.

Hals- und Kieferbereich. Schmerzen im Hals- und Kiefer-bereich von oft großer Intensität finden sich mit akutem Beginn zugleich mit einer kontralateralen Hemiparese und oft einem Horner-Syndrom bei der Dissektion der A. carotis interna am Hals, im Nacken und Okzipitalbereich bei einer Vertebralisdissektion (Abb. 13.8).

Bereich der Zunge. Schmerzen im Bereich der Zunge – die Glossodynie – sind besonders häufig bei Frauen im mitt-leren und höheren Lebensalter. Symptomatische Formen bei Cheilitis, Eisenmangel oder Vitamin-B12-Mangel sind selten. Die meisten Patienten sind depressiv oder haben emotionale Probleme.

Abb. 13.10 50-jährige Patientin mit Karotisdissektion.a Horner-Syndrom links und Halbseitenlähmung rechtsb Karotisdissektion rechts im Angio-MRTc Karotisdissektion rechts im MRT

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