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Narkose Intensivmedizin Schmerztherapie Notfallmedizin Herausgegeben von Thomas Pasch und Christoph Mörgeli unter Mitarbeit von Lion Bernoulli und Peter Biro Gestaltung: Andreas Brodbeck Gedruckt mit Unterstützung von Abott AG, Cham, und Zeneca AG, Luzern 150 Jahre Anästhesie

150 Jahre Anästhesie - sgar-ssar.ch · Zahnschlüssel zur Extraktion von Mahlzähnen (Molaren), anfangs 19. Jh. Brenneisen zur Behandlung von Geschwülsten und Knochentuber-kulose,

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Narkose Intensivmedizin Schmerztherapie Notfallmedizin

Herausgegeben vonThomas Pasch und Christoph Mörgeli

unter Mitarbeit von

Lion Bernoulli und Peter Biro

Gestaltung: Andreas BrodbeckGedruckt mit Unterstützung von Abott AG, Cham, und Zeneca AG, Luzern

150 Jahre Anästhesie

«Den Schmerzen bei chirurgischen Operationenentrinnen zu wollen, ist ein trügerischer Traum,

mit dem wir heute nicht mehr liebäugeln dürfen.»

Alfred-Armand Velpeau, Pariser Chirurg, 1839

«Der Schmerz, diese deutlichste Empfindung derUnvollkommenheit unseres Körpers,

hat sich beugen müssen vor der Macht des menschlichen Geistes.»

Johann Friedrich Dieffenbach, Berliner Chirurg, 1847

3Vorwort

Institut für Anästhesiologie des Universitätsspitals Zürich Direktor: Prof. Dr. med. T. Pasch

Medizinhistorisches Institut und Museum der Universität Zürich Direktor: Prof. Dr. med. B. Rüttimann

Am 16. Oktober 1996 hat sich zum 150. Mal der «Ether Day», der Tag derersten erfolgreichen Anwendung einer Allgemeinnarkose in der Chirurgie,gejährt. An diesem Tag gelang es am Massachusetts General Hospital inBoston, unter Äthernarkose dem vierzehnjährigen BuchdruckerlehrlingGilbert Abbot einen Halstumor zu entfernen. Es war dies der Beginn einerschmerzfreien Chirurgie und der erste Beitrag Amerikas zur Weltmedizin. ZurErinnerung an diesen medizingeschichtlich so bedeutsamen Anlass hat dasMedizinhistorische Institut und Museum der Universität Zürich gemeinsammit dem Institut für Anästhesiologie des Universitätsspitals Zürich eineAusstellung gestaltet. Diese zeigt anhand von Objekten, Dokumenten, Textenund einer Videodemonstration die Entwicklung der Anästhesiologie von ihrenbescheidenen Anfängen bis zur selbständigen medizinischen Fachdisziplinunserer Tage.

Parallel zu der vom 16. Oktober 1996 bis 1. Juni 1997 dauernden Ausstellungim Zürcher Medizinhistorischen Museum erscheint dieser Bildkatalog. Er ent-hält die Bilder und Texte, die die geschichtliche Entwicklung schildern, zeigtdie präsentierten historischen Objekte, die nahezu ausschliesslich denBeständen des Museums entnommen werden konnten, und dokumentiert inAusschnitten die Exponate, die dem Besucher eine anschauliche Vorstellungvon der modernen Anästhesiologie vermitteln sollen. Selbstverständlich ist esim vorgegebenen Rahmen nicht möglich, einen kompletten Überblick überdie Geschichte der Anästhesie zu geben. Vielmehr war es unsere Absicht,zum einen das Umfeld, in dem die Anästhesie vor 150 Jahren entstanden istund sich dann erstaunlich schnell über die Kontinente verbreitete, anschau-lich darzustellen und zum anderen einen Eindruck von der Arbeitsweise unddem Leistungsspektrum der Anästhesiologie von heute zu vermitteln. DieGegenüberstellung dieser beiden Zeitabschnitte, des historischen Beginnsund der gegenwärtigen Situation, ist besonders reizvoll. Ausstellung undKatalog sollen keineswegs nur ein medizinisches Fachpublikum, sondernalle Interessierten ansprechen, die die eindrucksvolle Entwicklung einesTeilgebietes der Medizin verfolgen wollen, ohne das die Erfolge der moder-nen Chirurgie nicht möglich gewesen wären.

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Operation unter Äthernarkose imMassachusetts General Hospital inBoston, um 1852. Rechts im Vorder-grund, die Hände auf den Beinendes Patienten, steht ChefchirurgJohn Collins Warren. Links vonWarren Oliver Wendell Holmes, derfür das Verfahren die Bezeichnung«Anästhesie» vorschlug.(Daguerreotypie der Firma South-worth & Hawes in Boston, MedicalLibrary Massachusetts GeneralHospital)

Der Schmerz 6Schmerzbekämpfung vor 1846 8Betäubende Gase 10Lachgas- und Äther-Partys 1 1«Humbug» 12«No Humbug» 13Prioritätsstreit 16Aufnahme in Europa 17Die Anfänge in der Schweiz 18Die Anfänge in Zürich 19Anästhesie in der Geburtshilfe 21Einführung des Chloroforms 24Neue Apparate, neue Verfahren 25Lokalanästhesie 32Moderne Anästhesiemedikamente 34Notfälle und Wiederbelebung 36Die heutige Situation 38Die moderne Anästhesiologie 39Anästhesie 40Intensivmedizin 4 1Notfallmedizin 42Schmerztherapie 43Der heutige Anästhesiearbeitsplatz 44Szenen aus dem Video «Anästhesiologie heute» 48Literatur 50

5Inhaltsverzeichnis

Bis zum 16. Oktober 1846 gab es keine Hoffnungauf eine schmerzlose Chirurgie. Der Operations-schmerz schien seit Jahrtausenden als unver-meidlich und unüberwindbar. Gemäss antikerAuffassung galt alles als schmerzhaft, was derNatur zuwiderlief, und als angenehm, was ihrentsprach. Der gläubige Mensch des Mittelalterssah in körperlichen Schmerzen wie in seelischemLeid eine Prüfung Gottes für sich und seine Näch-sten. Die neuzeitlichen Barbierchirurgen undDorfbader, die Stein- und Bruchschneider, dieZahnbrecher und Feldscherer mussten denPatienten bei ihren Eingriffen ein grosses Massan Schmerzen zumuten. Schmerz und Angst bil-deten ein Gespann, das sich wechselseitig be-dingte und steigerte.

Kräftige Gehilfen verhinderten während des Ein-griffs ein Aufbäumen oder die natürlichen Ab-wehrreaktionen der Patienten. Diese bissen al-lenfalls auf ein Stück Holz, Stoff oder Leder. Manverabreichte zuweilen Branntwein, doch lehntenviele Chirurgen den Alkohol als Betäubungsmittelab im Glauben, er erhitze das Blut und führe zuEntzündungen. Vor der Operation wurden die Pa-tienten durch Aderlässe und Darmeinläufe oftstark geschwächt. Verschiedene pflanzliche Sub-stanzen dämpften mit bescheidenem Erfolg denOperationsschmerz. Bei grossen Eingriffen wieAmputationen, Blasensteinschnitt, Bruchschnitt,Entfernen von Geschwülsten, Starstich oder pla-stischen Operationen zwangen Schmerz und derkaum kontrollierbare Blutverlust zu raschem Ope-

rieren. Als besondere Leistung galt die kunstge-rechte Abnahme eines Oberschenkels durch denLondoner Chirurgen Robert Liston. Er brauchte1847 für diesen schweren Eingriff ganze 28 Se-kunden!Entscheidend für den Operationserfolg war einegute, vertrauensvolle Beziehung zwischen Ope-rateur und Patient, überhaupt das Charisma desArztes und sein kaltblütiges und gleichzeitig mit-fühlendes Handeln. Der römische Arzt Celsusverlangte im 1. Jahrhundert vom Chirurgen, ermüsse «gerade so viel Mitgefühl haben, dass erden, der zu ihm kommt, geheilt wissen will, da-gegen sich nicht von seinem Geschrei drängenlassen, sich mehr als es die Umstände erfordernzu beeilen oder weniger als nötig zu schneiden».

6 Der Schmerz

Erbauender Zuspruch und Ablen-kung halfen dem Patienten, dieSchmerzen einer Unterschenkel-amputation zu ertragen.

Frère Jacques de Beaulieu (1651-1719) beim Blasensteinschnitt.Schmerz und Angst stehen demvon Gehilfen gehaltenen Patientendeutlich ins Gesicht geschrieben.

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Trepanbohrer mit Elfenbeingriffenzur Eröffnung der Schädeldecke,18. Jh.

Zahnschlüssel zur Extraktion vonMahlzähnen (Molaren), anfangs19. Jh.

Brenneisen zur Behandlung vonGeschwülsten und Knochentuber-kulose, 18. Jh.

Amputationsmesser, 2. Hälfte 18. Jh.

Amputationssäge mit geschnitz-tem Ebenholzgriff zur Abnahmevon grossen Gliedmassen, um1700.

Nervenkompressor (ev. Aorten-kompressor) nach dem engli-schen Chirurgen James Moore(1763-1834), Ende 18. Jh.

Arztstock mit Bissspuren von Pati-enten. Holz mit Leder bezogen, 18.Jh. Bei schmerzhaften Eingriffenschob der Arzt den Stock zwi-schen die Zähne seiner Patienten.Die menschlichen Bissspuren sindin der Mitte des Stockes deutlichzu erkennen. (Sammlung Dr. med.Josef Huwyler, Schenkung ansMedizinhistorische Museum derUniversität Zürich)

Frühe Versuche, den Operationsschmerz zudämpfen, gehen bereits auf die Antike zurück.Bekannt war schon damals die betäubende Wir-kung des Mohnsaftes (Opium) und des Bilsen-krautes (Hyoscyamus). Römische Ärzte kochtendie Wurzel der Alraune mit Wein ein und verab-reichten das Gebräu bei Schlaflosigkeit und zurUnempfindlichkeit (anaisthêsia) bei chirurgischemBrennen und Schneiden. Die Wirkung des Nacht-schattengewächses war aber kaum wirkungsvollzu dosieren und konnte ebensogut Erregung wieBeruhigung hervorrufen. Im Mittelalter verwende-

ten die Ärzte sogenannte Schlafschwämme. Die-se wurden in einen Absud schmerzstillender Arz-neien eingetaucht und gewissermassen alsTrockenkonserven aufbewahrt. Vor einer Operati-on wurden die Schlafschwämme wieder ange-feuchtet und den Patienten unter die Nase ge-bunden. In der Neuzeit kamen zur Linderung vonSchmerzen etwa Cannabis oder Opium in Formdes Laudanums zum Einsatz, speziell das Lauda-num liquidum Sydenhami, ein alkoholischer Aus-zug von Opium und Safran mit Nelken und Zimt.Die meisten Pillen, Pulver, Tränke, Riechmittel

oder Salben vermochten indessen kaum, Opera-tionsschmerzen nachhaltig zu dämpfen. Eineneue Möglichkeit der Anästhesie schien sich um1800 mit dem hypnotischen Schlaf – damals vorallem unter den Namen Somnambulismus oderMesmerismus bekannt – zu eröffnen. Erfolge wa-ren aber selten, Enttäuschungen die Regel. Hin-gegen konnte bei Amputationen durch Ab-schnürung der Extremität und damit Kompressionder Nervenstämme oberhalb der Amputations-stelle eine deutliche Schmerzlinderung erzieltwerden.

8 Schmerzbekämpfung vor 1846

Berner Dominikanermön-che verabreichen einemLaienbruder ein einschlä-ferndes Getränk, bevorsie ihm mit ätzender Säuredie Wundmale einbren-nen (Luzerner Bilderchro-nik von Diebold Schilling,1513).

Bilsenkraut-Räucherung gegenZahnschmerzen. Miniatur aus ei-ner französischen Bearbeitungder «Chirurgie» des Roger von Sa-lerno, 13. Jh.

Bild eines Schweizer Zahnarztes,der «hoch und feierlich versicherte,dass er die Zähne auf neueschmerzlose Art herausnehmenkönne». Während er den Patientendie Zähne zog, liess er laute Musik

spielen, «um den Schmerz zu über-täuben». «Ich schwöre», sagte derDentist, «dass man von meinenPatienten nicht den leisesten Seuf-zer hört». Schweizerischer Republi-kaner, Zürich 1835.

Bilsenkrautaufguss zur Linderungvon Krämpfen und Schmerzen.Steingutgefäss, 2. Hälfte 19. Jh.

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Theriak, opiumhaltiges Universal-heilmittel, das zur Beruhigung, zurBekämpfung von Vergiftungenund zur Linderung von Schmerzeneingenommen wurde. Fayence,anfangs 18. Jh.

Opiumsirup aus Fruchtkapselndes braunen Mohns, gezuckertesflüssiges Schlaf-, Schmerz- undBeruhigungsmittel. Fayence, an-fangs 19. Jh.

Indischer Hanf, dessen Samen alsSchmerz- und Stimulierungsmittelangewandt wurde. Apothekenglas,2. Hälfte 19. Jh. (Pharmakognosti-sche Sammlung der ETH Zürich).

Der Äther ist bereits seit dem 16. Jahrhundert be-kannt. 1771 wurde der Sauerstoff und später dieBedeutung des Sauerstoffs für die Atmung ent-deckt. Auf das Jahr 1772 datiert das Stickoxydul;Humphrey Davy – im «Pneumatischen Institut» inBristol mit der therapeutischen Anwendung vonGasen beschäftigt – erkannte mit Versuchen anFreunden, Mitarbeitern und bei sich selbst dieanästhesierende Wirkung des Stickoxyduls (Lach-gas). Sein Vorschlag von 1800, das Lachgas fürchirurgische Eingriffe anzuwenden, blieb weitge-hend unbeachtet. 1831 wurde das Chloroform gefunden und durchJustus Liebig in chemisch reiner Form dargestellt.

Michael Faraday beschrieb 1818 die betäubendeWirkung von Äther. In den folgenden Jahrenhäuften sich die verschiedenen Mitteilungen überbetäubende und schmerzlindernde Gase undDämpfe. 1824 veröffentlichte der englische Chirurg HenryHill Hickmann einen Bericht seiner schmerzlosenOperationen an Mäusen und jungen Hunden,die er zuvor mittels mit Kohlensäure angereicher-ter, sauerstoffarmer Luft betäubt hatte. Weder die«Royal Society» in London noch die «Académieroyale de Médecine» in Paris, um Überprüfungdes Verfahrens gebeten, erkannten die Bedeu-tung von Hickmanns Entdeckung.

10 Betäubende Gase

Der englische Chemiker Sir Hum-phrey Davy (1778-1829) entdeckteneben der anästhesierenden Wir-kung des Stickoxyduls auch dasKalium, das Natrium, die Erdal-kalimetalle und das Bor.

Der frühverstorbene englischeChirurg Henry Hill Hickmann(1800-1830) bei seinen von denZeitgenossen kaum gewürdigtenAnästhesieexperimenten mit Ver-suchstieren.

Henry Hill Hickmann beschrieb1824 seine Eingriffe bei Tieren un-ter Anästhesie und forderte dieAnwendung der Anästhesie beider chirurgischen Behandlung vonMenschen.

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhundertsinhalierten zunächst in England und Amerika Stu-denten und jugendliche Wissenschaftler narkoti-sche Gase. Bald schon traten vor allem in denUSA bei Volksbelustigungen und Jahrmärkten«Zauberer» auf, die vor dem zahlenden Publikumeinzelne Freiwillige euphorisierende Gase einat-men liessen. Diese öffentlichen Schaustellungenwurden als «ether frolics» oder «laughing gazparties» bezeichnet. Mitunter waren es verbum-melte Studenten, die durchs Land zogen undihren Zuschauern Äther oder Stickoxydul verab-reichten; für letzteres bürgte sich damals wegendes unkontrollierten Kicherns nach erfolgter Ein-atmung der Name «Lachgas» ein. Bedenken,man könnte sich unter Einfluss der narkotischenGase unziemlich benehmen, versuchten dieSchausteller auf ihren Plakaten zu zerstreuen:Man tue nichts, was man nachträglich bereue,und das Publikum werde durch mehrere starke

Männer in der ersten Bankreihe vor möglichenÜbergriffen der Berauschten geschützt.

11Lachgas- und Äther-Partys

«Lachgas-Spass», amerikanischeKarikatur von 1808.

«Das Leben leichtgemacht». Kari-katur auf die Verwendung vonLachgas zur Verbesserung derweiblichen Laune, um 1830.

Programm einer öffentlichenLachgas-Demonstration imAdelphi-Theatre in London,1824.

Plakat für eine amerikanischeLachgas-Schaustellung von 1845.Nur ausgewählte Personen durf-ten das Gas inhalieren, denn essollte sich ja um eine nette Unter-haltung («a genteel affair») han-deln.

Angeheiterte deutsche Studentenwährend einer «Äther-Party» von1847.

Im Januar 1842 verabreichte der amerikanischeChemiestudent William E. Clark einer jungen FrauÄther vor der Zahnextraktion. Im März und Junidesselben Jahres unternahm der Arzt CrawfordWilliamson Long in Jefferson (Georgia) je eine Tu-moroperation, nachdem er seine Patienten mitÄtherdämpfen betäubt hatte. Er veröffentlichteseine Fälle aber erst 1849, also drei Jahre nachEinführung der Allgemeinnarkose. Anlässlich ei-ner Schaustellung anfangs Dezember 1844 inHartford (Connecticut) überzeugte sich der Zahn-arzt Horace Wells von der schmerzlinderndenWirkung des Lachgases. Am 11. Dezember liesser sich selbst in einen Lachgasrausch versetzenund einen Zahn ziehen. In der Folge erprobte erdas Verfahren an 15 Patienten. Schliesslich ver-

suchte Wells, das Interesse der Chirurgen amMassachusetts General Hospital in Boston zu ge-winnen. William Thomas Green Morton, sein ehe-maliger Partner, verschaffte ihm eine Empfehlungan den dortigen Chefchirurgen John Collins War-ren. Zu Beginn des Jahres 1845 hielt Wells vorden Medizinstudenten der Harvard Universityund dem Bostoner Ärztekollegium eine Narkose-demonstration ab. Als Warren seine Operationbegann, schrie der Patient unter dem Hohn-gelächter des Auditoriums laut auf. Jedermannglaubte, einem Schwindel aufgesessen zu sein.Der Grund des Misslingens lag aber wohl darin,dass es sich beim Patienten um einen stark über-gewichtigen Alkoholiker gehandelt hat, derschwer zu narkotisieren war.

12 «Humbug»

Der Arzt Crawford Williamson Long(1815-1878) wird in seiner Heimat-stadt Jefferson (Georgia) für seinenichtpublizierten Narkoseversuchevon 1842 heute als «Entdecker derAnästhesie» gefeiert.

Horace Wells (1815-1848) ge-wann anfangs 1845 den Bosto-ner Chefchirurgen Warren zueiner Narkosedemonstration,die kläglich scheiterte. Der alsScharlatan verlachte Zahnarztkonnte nach 1846 seine Priori-tätsansprüche nicht durchsetzenund nahm sich als 33jährigerdas Leben.

Horace Wells‘ Selbstversuch einerZahnextraktion unter Anwendungvon Lachgas vom 11. Dezember1844. Zahnarzt John Riggs zogWells einen oberen Weisheitszahn.

«No Humbug»

William Thomas Green Morton, spezialisiert aufProthesen unter Entfernung der Zahnstümpfe, ver-folgte nach der misslungenen Narkosedemon-stration von Wells den Gedanken der schmerzlo-sen Zahnextraktion hartnäckig weiter. Schon 1844hatte ihm sein früherer Lehrer, der Bostoner Arztund Chemiker Charles Thomas Jackson, empfoh-len, besonders schmerzempfindliche Zähne vordem Plombieren mit flüssigem Äther zu füllen.Morton führte nun Ätherexperimente an Hunden

und danach an Patienten durch. Nach JacksonsRat liess sich Morton einen Inhalationsapparatkonstruieren. Er versuchte zuerst allein, dann zu-sammen mit Jackson, den längst bekanntenSchwefeläther als Betäubungsmittel unter demNamen «Letheon» patentieren zu lassen. Wie zuvor schon Wells, wandte sich auch Mortonan den Chirurgen Warren und bat um die Mög-lichkeit einer Demonstration. Dieser in Bostonseither alljährlich als «Ether Day» gefeierte Anlass

fand am 16. Oktober 1846 im Operationssaal desMassachusetts General Hospital statt. Warrenentfernte einen Tumor an der rechten Halsseitedes jungen Buchdruckers Gilbert Abbot; Mortonunternahm die Äthernarkose mit einem Apparat,an dem unmittelbar zuvor noch Verbesserungenvorgenommen worden waren. Die schmerzloseOperation gelang, und Chefchirurg Warrenwandte sich an die zusehenden Studenten mitden Worten: «Gentlemen, this is no humbug!»

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«Ether Day» von Robert Hinckley(1853-1941). Der amerikanischeKünstler arbeitete ab 1882 mehrals zehn Jahre lang an diesem ro-mantisierenden Gemälde der er-sten öffentlichen Allgemeinnarko-se vom 16. Oktober 1846. In derMitte des Geschehens der ChirurgWarren, links vom Patienten derAnästhesist Morton. Der Tumordes Patienten befindet sich aufdem Bild entgegen der histori-schen Wirklichkeit auf der linkenHalsseite.

Mit einer Statue im Bushnell Parkin Hartford (Connecticut) ehren dieBürger dieser Stadt und die ameri-kanischen Zahnärzte Horace Wellsals «Entdecker der Anästhesie».

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John Collins Warren (1778-1856),Chefchirurg und Professor amMassachusetts General Hospitalin Boston. Warren gehörte zuden bedeutendsten ChirurgenAmerikas und führte am 16. Ok-tober 1846 die erste öffentlicheOperation unter Allgemeinnar-kose durch.

Die erste öffentliche Demonstrationeiner Operation unter Äther vom16. Oktober 1846 in Boston. Hinterdem Patienten Anästhesist Morton,links daneben Chefchirurg Warren,ganz links der Chirurg Henry JacobBigelow, der eine wissenschaftlichePublikation über das Ereignis ver-fasste. Gemälde von Arthur G.Keller, um 1895.

Das «Bulfinch Building» des Mas-sachusetts General Hospital in Bo-ston zur Zeit des «Ether Day» von1846. Die Demonstration fand imOperationssaal unter der Gebäu-dekuppel statt.

William Thomas Green Mor-ton (1819-1868), Zahnarzt inBoston, Pionier der Äther-narkose. Morton erhielt 1849den medizinischen Doktorti-tel durch die WashingtonUniversity in Baltimore undviele weitere Anerkennun-gen, hingegen kein finanzi-ell auswertbares Patent fürseine Entdeckung.

Charles Thomas Jackson (1805-1880), Dr. med. in Boston,Chemiker und Geologe, erhobAnsprüche auf die Entdeckungdes elektrischen Telegrafen.Jackson unternahm 1841/42Selbstversuche mit einemGemisch von Schwefeläther undatmosphärischer Luft, regte1846 Morton zur Anwendungdes Äthers für die Narkose anund war massgeblich an derVerbesserung der erstenInhalationsapparate beteiligt.

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Schwefelätherinhalator nach Au-gustus A. Gould und William Tho-mas Green Morton, US-Patent Nr.5365 vom 13. November 1847.(Original in der Smithsonian Insti-tution Washington, D. C.)

Apparat zur Inhalation vonSchwefeläther nach William Tho-mas Green Morton und CharlesThomas Jackson, der gemässschriftlichem Zeugnis von Chef-chirurg John Collins Warren beider ersten erfolgreichen Narkose-demonstration vom 16. Oktober1846 zum Einsatz kam. Original imMuseum der Harvard MedicalSchool, Boston/USA. (LeihgabeProf. Dr. med. Horst O. Stoeckel,Bonn)

Der Zahnarzt Morton war von Anfang an be-müht, die Entdeckung der Äthernarkose gewinn-bringend auszuwerten. Zwar musste er vor allemauf Druck der Bostoner Kliniker auf Patentrechteverzichten. Er empfahl sich aber in Zeitungsinse-raten und in Rundschreiben an amerikanischeÄrzte als Narkotiseur und warnte vor falscher An-wendung des «Letheons».Charles Thomas Jackson, der Morton bei derÄtheranwendung beraten hatte, erhob nunebenfalls Ansprüche, das Narkoseverfahren er-funden zu haben. Mit dem nun einsetzendenhässlichen Prioritätsstreit befasste sich schliesslichsogar der amerikanische Senat; die Académienationale de Médecine in Paris verlieh den bei-den Amerikanern den Montyonpreis von je 5000Francs zu gleichen Teilen. Keinem der Streithähnebrachte die Entdeckung Glück: Jackson starb im

Irrenhaus, Morton als völlig verarmte Existenz inNew York.Die erste wissenschaftliche Veröffentlichung derAllgemeinnarkose verfasste der Chirurg HenryJacob Bigelow. Als Augenzeuge der Demonstrati-on vom 16. Oktober 1846 erstattete er im Novem-ber desselben Jahres der «American Academy ofArts and Sciences» einen ausführlichen Bericht.Gleichzeitig erschien im «Boston Medical andSurgical Journal» vom 18. November 1846 aus Bi-gelows Feder ein Artikel über das Ereignis. Indem

er feststellte, dass es sich beim Schwefeläther umeine längst bekannte Substanz handelt, entzogBigelow jeder Patentierung die Grundlage.Oliver Wendell Holmes, Professor der Anatomieund Physiologie in Boston, schlug Morton am 21.November 1846 den Begriff «Anästhesie» (Un-empfindlichkeit) vor. Im deutschen Sprachgebrauch wurde aber dasWort «Narkose» vorgezogen, das verdeutlicht,dass es sich um einen künstlich herbeigeführtenZustand handelt.

16 Prioritätsstreit

Die erste wissenschaftliche Publi-kation der Allgemeinnarkose vonHenry Jacob Bigelow (1818-1890),Chirurg am Massachusetts Gene-ral Hospital, erschien einen Monatnach Warrens berühmter Opera-tion. Der «Medical Examiner» inPhiladelphia reagierte auf die Ver-öffentlichung mit der düsteren Vor-aussage, nun stehe die Verbrüde-rung der Ärzte mit den Quacksal-bern bevor.

Die Allgemeinnarkose war der erste grosse Bei-trag Amerikas zur Weltmedizin. Es ist schwerdenkbar, dass sie ohne eine gewisse amerikani-sche Unvoreingenommenheit in den Operations-saal der Bostoner Universitätsklinik hätte einzie-hen können.Der Vater des Erstpublizisten, Jacob Bigelow, Bo-taniker und Professor für Arzneimittellehre an derHarvard University in Boston, sandte die Abhand-lung seines Sohnes Henry mit dem Schaufelrad-dampfer «Acadia» an Dr. Francis Boott, der wie-

derum den Londoner Chirurgen Robert Liston un-terrichtete. Liston liess die Entdeckung in der re-nommierten Zeitschrift «Lancet» verkünden undführte am 21. Dezember 1846 als einer der erstenEuropäer mit bestem Erfolg Operationen unterÄthernarkose durch. Es handelte sich um eineOberschenkelamputation und die Entfernung ei-nes Grosszehennagels. Am 12. Januar 1847 be-richtete der Pariser Chirurg Joseph-François Mal-gaigne von seinen ersten fünf Äthernarkosen. InParis wurde die Entdeckung bald in grossem

Mass klinisch erprobt und experimentalphysiolo-gisch untersucht. Im deutschen Sprachraum fanddie erste Äthernarkose am 23. Januar 1847 inBern statt.Am ausführlichsten berichtete zunächst die Tages-presse über die sensationelle Entdeckung. Die imLaufe von Januar und Februar 1847 überall ein-setzenden ärztlichen Versuche stützten sich in er-ster Linie auf populäre Darstellungen in Zeitungen,da es zunächst noch kaum wissenschaftlicheFachartikel gab.

17Aufnahme in Europa

Erste schriftliche Mitteilung überdie Äthernarkose in Europa vom26. Dezember 1846 in der in Lon-don herausgegebenen Zeitschrift«Lancet».

Robert Liston (1794-1847), Chefchir-urg und Professor am UniversityCollege in London, einer der Pio-niere der Allgemeinnarkose in Eu-ropa.

Joseph-François Malgaigne (1806-1865), Chefchirurg am HôpitalSaint-Louis in Paris und Professorfür Chirurgie. Malgaigne unternahmals einer der ersten FranzosenOperationen unter Äthernarkose.

Titelblatt der in Leipzig verlegten«Deutschen Allgemeinen Zeitung»vom 1. Januar 1847. In der Beilagedieser Nummer erschien BigelowsArtikel in deutscher Übersetzung.

Die erste Mitteilung über die Äthernarkose in derSchweiz erschien in der «Basler Zeitung» vom 18.Januar 1847 unter Berufung auf eine LondonerQuelle. Die «Neue Zürcher Zeitung» druckte am 20. Janu-ar auszugsweise einen Artikel aus der in Augs-burg verlegten «Allgemeinen Zeitung» vom 10.Januar ab. Hermann Demme, Professor der Chir-urgie in Bern, führte am 23. Januar 1847 an dreiPatienten die ersten Operationen unter Schwefel-

äther durch. Es ging um eine Zehenoperation, dieEntfernung einer Geschwulst am Hals und die Aus-schneidung eines Lippenkrebses. Neben Demme machte sich speziell Johann Ja-kob Jenni, Landarzt im glarnerischen Ennenda,um die Einführung der Narkosetechnik verdient.Am 5. Februar 1847 amputierte er im Beisein vondrei Kollegen in Schwanden den Fuss eines22jährigen Patienten unter Anwendung einesäthergetränkten Schwamms. Am 27. Mai verfüg-

te Jenni bereits über 44 Beobachtungen an 38Personen, die er sorgfältig und ausführlich pub-lizierte. Der St. Galler Stadt- und Spitalarzt Martin EduardEngwiller wagte als erster Ostschweizer am 11.Februar 1847 die Operation im Ätherrausch eineran Brustkrebs erkrankten sechzigjährigen Frau.Das Interesse war recht gross, hatten sich dochfünf Ärzte zum Eingriff im Privathaus der Patientineingefunden.

18 Die Anfänge in der Schweiz

Das «Intelligenzblatt für die StadtBern» berichtete am 25. Januar1847 über die zwei Tage zuvordurchgeführten Inhalations-Ope-rationen des Chirurgen Demme.

Der aus Sachsen gebürtige Her-mann Askan Demme (1802-1867),1833 ausserordentlicher Professorder Anatomie an der UniversitätZürich, seit 1835 ordentlicher Pro-fessor für Chirurgie und Direktorder chirurgischen Klinik in Bern.Demme ist der Pionier der Allge-meinnarkose im deutschsprachi-gen Raum.

Johann Jakob Jenni (1812-1890), Arzt und liberaler Poli-tiker in Ennenda, KantonGlarus. Nach anfänglicherSkepsis narkotisierte Jenni inländlicher Abgeschiedenheitzahlreiche Patienten.

Johann Jakob Jennis Schriftüber seine Erfahrungen mitdem Schwefeläther bei 38Personen erschien Ende Mai1847 beim Zürcher VerlagSchulthess.

Bericht Jennis über seine er-ste Operation unter Narkosein der «Neuen Zürcher Zei-tung» vom 11. Februar 1847.

Die Anfänge in Zürich

Im Laufe von Januar und Februar des Jahres 1847schrieb die Zürcher Presse verschiedentlich übererfolgreiche Äthernarkosen in aller Welt und inder Schweiz. Am 14. Februar 1847 unternahmConrad Meyer-Hofmeister, chirurgischer Sekun-därarzt am Kantonsspital Zürich, unter Assistenzvon Zahnarzt Johann Christian Wittlinger ver-schiedene Narkoseversuche mit Inhalation vonSchwefeläther, «die völlig gelangen». Es ist nichtganz klar, ob es sich um Selbst- oder Patienten-versuche gehandelt hat. Am 26. Februar berichtete Meyer-Hofmeister dar-über im Kreise der Gesellschaft der Ärzte Zürichs.

Als erster Zürcher hat er damit die Thematik ei-nem grösseren Kollegenkreis bekanntgemacht.Meyer-Hofmeister gab eine Übersicht der bislangbekannten Erfahrungen sowie der physiologischenErscheinungen im Tierversuch und bei Patienten.Es lässt sich nicht abschliessend klären, ob Meyer-Hofmeister als Pionier der Narkose in Zürich gel-ten darf; Professor Heinrich Locher-Zwingli, Direk-tor der chirurgischen Klinik des Kantonsspitals,hat beim Vortrag über seine Anästhesie-Erfah-rungen vom 10. Mai 1847 vor der Zürcher Ärzte-gesellschaft nicht angegeben, von wann seineVersuche datieren.

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In der chirurgischen Abteilung des1842 eröffneten KantonsspitalsZürich wirkten die Zürcher Narko-sepioniere Johann Conrad Meyer-Hofmeister und Heinrich Locher-Zwingli.

Conrad Meyer-Hofmeister(1807-1881) informierte als ersterZürcher Arzt seine Kollegenüber die Allgemeinnarkose. Erwar chirurgischer Sekundär-arzt am Zürcher Kantonsspital,Präsident der Zürcher Ärztege-sellschaft, Meister vom Stuhlder Zürcher Freimaurerloge«Modestia cum Libertate» undZunftmeister zur Schmiden.

Heinrich Locher-Zwingli (1800-1865), Professor für Chirurgieund Direktor der chirurgischenKlinik des Kantonsspitals,sprach im Mai 1847 vor derZürcher Ärztegesellschaft überseine Narkoseerfahrungen.

Protokoll der 223. Sitzung der Gesellschaft der Ärzte Zürichs, 26. Fe-bruar 1847

Bericht von Dr. med. Conrad Meyer-Hofmeister über seine Anästhesieversuche vom 14. Februar 1847

«Dr. Meyer theilte eine Übersicht der bis jetzt bekannt gewordenen Er-fahrungen über die Inhalationen des Schwefeläthers und dessen An-wendung in der Chirurgie und Medicin mit. Nachdem er zuerst diewichtigsten historischen Momente angeführt, wobey auch der frühernAnwendung des Schwefeläthers in der Medicin Erwähnung geschah,gab er die physiologischen Erscheinungen, welche diese Inhalationbey Menschen und Thieren zu Wege bringen, an, sowie die Sections-resultate der durch Aetherinhalation getödteten Thiere. Hierauf ging erauf die Wirkung des Aethers bey Operationen der Krankheiten über,wobei die wichtigsten, bis jetzt bekanntgewordenen Fälle, sowie dievon ihm selbst beobachteten angeführt wurden, gab einige Andeu-tungen über das innere Wesen Aetherwirkung, und führte die bis jetztbekanntgewordenen Nachtheile dieser Auswirkungen an. Aus diesenErgebnissen wurden die Contraindicationen der Aetherinhalation be-sonders auf Bezug auf chirurgische Operationen entwickelt, die wich-tigsten Momente der Ursachen der verschiedenen Resultate der Wir-kung angeführt, der er noch die bis jetzt angewandten Apparate nachihrer wesentlich verschiedenen Construction angegeben.»

(Staatsarchiv Zürich)

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Erster Bericht über die Schwefel-äthernarkose in der «Neuen Zür-cher Zeitung» vom 20. Januar1847. (Stadtarchiv Zürich)

Vortrag von Heinrich Locher-Zwingli «Ueber die Wirkung derSchwefelätherdämpfe» vom 10.Mai 1847, in: Schweizerische Zeit-schrift für Medizin, Chirurgie undGeburtshilfe, 1847, S. 381.

Protokollbuch der Gesellschaft derÄrzte Zürichs mit Conrad Meyer-Hofmeisters Vortrag über seineAnästhesieversuche, Eintrag vom26. Februar 1847. (StaatsarchivZürich)

Anästhesie in der Geburtshilfe

James Young Simpson, Professor der Geburtshilfein Edinburgh, wandte am 19. Januar 1847 erst-mals die Ätherbetäubung bei einem geburtshilfli-chen Fall an. Er berichtete darüber sehr optimi-stisch, so dass das Verfahren bald auch im übri-gen Europa und in Amerika allgemeinen Eingangfand, speziell bei Komplikationen im Geburtsab-lauf. Doch waren die ersten geburtshilflichen Er-fahrungen durchaus widersprüchlich. Auch sties-sen die Bemühungen um eine schmerzlosereGeburt auf heftige Ablehnung bei der Geistlich-keit; manche Theologen wandten ein, der Eingriffstehe im Widerspruch zum über Eva verhängtenbiblischen Fluch, wonach die Frauen ihre Kinder

unter Schmerzen gebären sollten. Simpson sei-nerseits verwies auf die Erschaffung Evas aus ei-ner Rippe von Adam: Gott selber habe Adam fürdiese Operation eingeschläfert ...Von besonderer Bedeutung für den Durchbruchder Anästhesie in der Geburtshilfe wurde indes-sen die «narcose à la reine»: Die englische Köni-gin Viktoria liess sich 1853 bei der Geburt ihresachten und 1857 ihres neunten Kindes durch denLondoner Arzt John Snow Chloroform verabrei-chen. Da Viktoria als Oberhaupt der englischenwie der schottischen Kirche dazu ihre Einwilli-gung gegeben hatte, verstummte die religiöseKritik im folgenden rasch.

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James Young Simpson (1811-1870),Professor für Geburtshilfe in Edin-burgh, Pionier der Anästhesie inder Geburtshilfe sowie der Anwen-dung des Chloroforms als Narkose-mittel.

Viktoria I. (1819-1901), Königin vonGrossbritannien und Irland, liesssich zweimal unter Chloroformein-wirkung entbinden. Beim achtenKind handelte es sich um PrinzLeopold, Herzog von Albany undClarence (1853-1884), beim neun-ten um Beatrice von Battenberg(1857-1944).

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John Snow (1813-1858), Chirurg inLondon. Snow gehörte zu denweltweit ersten vollamtlich tätigenNarkoseärzten. 1853 und 1857vertraute ihm die gebärende Köni-gin Viktoria die Chloroformnarko-se an. Snow war überdies einnamhafter Epidemiologe und hatzur Aufklärung der Übertragungs-wege etwa der Cholera Wesentli-ches geleistet.

John Snows grundlegendeDarstellung über die Inhala-tion von Schwefeläther, Lon-don 1847.

Schwefeläther-Apparat nachJohn Snow, 1847.

Darstellung einer Frau, die sichselber eine Narkose verabreicht.Gemischte Narkose von Äther undChloroform nach Robert Ellis, 1866.

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Perforatorium nach dem WienerGeburtshelfer Raphael Johann Stei-dele (1737-1823) zur Zerstückelungeiner Totgeburt, Ende 18. Jh.

Die wichtige Schrift von JamesYoung Simpson zur Anwendungdes Schwefeläthers in der Geburts-hilfe, Edinburgh 1847.

Scharfer Geburtshaken nach Levret,1. Hälfte 19. Jh.

Halteriemen für die Gebärende, 1. Hälfte 19. Jh.

Geburtszange nach dem PariserGeburtshelfer André Levret (1703-1780), 2. Hälfte 18. Jh.

Schon im März 1847 gab der Physiologe Marie-Jean-Pierre Flourens in Paris bekannt, dass erseine Versuchstiere mit Chloroform genau wiemit Äther narkotisieren konnte. Doch diese Mittei-lung fand den Weg in die Praxis nicht. So gilt derschottische Geburtshelfer James Young Simpsonals Entdecker der Chloroformnarkose, die sichgegenüber der Anwendung des reizenden, un-angenehm riechenden Schwefeläthers als wir-kungsvoller erwies. Nach Selbstexperimenten mitzwei Assistenten führte Simpson am 4. Novem-ber 1847 die erste Geburt unter Inhalation vonChloroform durch. In England und auf dem eu-ropäischen Kontinent verdrängte das Chloroformin den folgenden Jahrzehnten den Äther fast voll-ständig. Doch zeigten sich auch dessen geheimeTücken in Form von Todesfällen («Chloroformto-ten») bei Überdosierung. Nach 1890 kehrte mannach sorgfältigen vergleichenden Studien vom

Chloroform wieder zum weniger toxischen, auchdurch Ungeübte einfacher zu handhabendenÄther zurück. Im Laufe des 20. Jahrhunderts sinddie beiden Gegenspieler – sowohl Äther wieChloroform – aus der modernen Anästhesie ver-schwunden. Stattdessen hat das noch ältereLachgas, das vermeintliche «Humbug-Präparat»von 1845, seinen Platz wieder zurückerobert.

24 Einführung des Chloroforms

Die Nacht, in der James YoungSimpson mit seinen AssistentenKeith und Duncan die anästhesie-rende Wirkung des Chloroformsentdeckte. Illustration vonKenneth Walker, 1955.

Um die Mitte des 19. Jahr-hunderts entwickelte sichdas Problem, ob Äther oderChloroform das bessereNarkotikum sei, geradezu zurGlaubensfrage. Schrift desZahnarztes und ChirurgenJosef Weiger, Wien 1850.

Chloroformierinserat der pri-vaten Zahnklinik «zum rotenKreuz» im Tagblatt der StadtZürich, 24. August 1899.

Simpson betonte 1849 inseinem Werk «Anaesthesia,or the employment of chlo-roform and ether in surgery,midwifery, etc.» nachdrück-lich die Vorteile des Chloro-forms gegenüber dem Äther.

Neue Apparate, neue Verfahren

Neben der Suche nach möglichst zuverlässigenSubstanzen für die Anästhesie beschäftigte dieÄrzte und ihre technischen Mitarbeiter die Ent-wicklung stets besserer Apparaturen. UnzähligeModelle und Varianten von Narkosegeräten wur-den erdacht, hergestellt und schliesslich im prak-tischen Einsatz erprobt. Die Anästhetika wurdenvia Nase und Mund inhaliert. Bereits 1847 führteaber der russische Chirurg Nikolai Ivanovic Piro-gov eine Äthernarkose über den Mastdarmdurch. 1874 narkotisierte Pierre-Cyprien Oré inBordeaux erstmals durch Einspritzung eines ent-sprechenden Mittels (Chlorhydrat) in die Venen.William Macewen brachte 1880 in Glasgow bei

der Operation eines Tumors an der Zungenbasisdas Narkotikum mit einem Tubus durch denMund direkt in die Luftröhre. Durch diese Intuba-tionsnarkose konnte er eine konstante Anästhe-sie erreichen und das Eindringen von Blut in dieAtemwege verhindern. Die lokale Anwendungdes Chloräthyls zur Kälteanästhesie der Hautgeht auf den Genfer Arzt und Zahnarzt CamilleRedard (1880) zurück. Eine Anästhesie durchBlockierung des Rückenmarks erzielten 1885 Ja-mes Leonard Corning in Amerika und 1898 Au-gust Bier in Deutschland durch Einbringen vonKokain unter die harte Hirnhaut des Rücken-marks (intradurales Verfahren). Ausserhalb der

harten Hirnhaut des Rückenmarks – also extra-dural – anästhesierten 1901 Jean-Athanase Si-card und Fernand Cathelin in Frankreich.

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Mundstück und Ventilteil zumÄtherinhalationsapparat nachRobert Ritter von Welz (1814-1878) ,Würzburg 1847.

Narkose-Inhalatoren für Chloro-form, Mundstück aus verzinntemBlech, Holzrohr mit seitlicher Öff-nung, Holzbehälter mit gelochtemDeckel, um 1850.

Chloroform-Inhalationsapparatder Firma Lüer, Paris, 1849. DieMaske enthält eine über dem Ein-atmungsventil befindliche Kam-mer für die chloroformgetränkteBaumwolle. Ein zweites Kugelven-til dient der Ausatmung.

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Chloroform-Inhalationsapparatder Firma John Weiss, London, um1850. Im Zylinder befindet sich einSchwamm, auf den das Chloro-form durch eine seitliche Öffnungaufgetropft werden kann. DieAtemluft tritt am Fuss des Gerätsein und verlässt dieses durch dasVentil auf der Oberseite.

Chloroform-Inhalationsapparatum 1850, wohl Privatanfertigung.Die angesaugte Luft tritt durch dasgelochte Blechgefäss ein unddurchströmt die darin befindlichechloroformgetränkte Baumwolle.Die ausgeatmete Luft verlässt denApparat durch ein Kugelventil.

Chloroform-Narkosemaske nachThomas Skinner (gest. 1906), pu-bliziert 1862.

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Äther-Inhalationsapparat nach Jo-seph Thomas Clover (1825-1882),publiziert 1877, hergestellt von derFirma Krohne & Sesemann, Lon-don. Der die Ätherkammer durch-strömende Anteil der Atemluftlässt sich stufenweise verändern.Es besteht keine Verbindung zurAussenluft. Ein- und Ausatmungs-luft werden von einem (auf derAbbildung fehlenden) Gummibeu-tel aufgenommen.

Trichter nach Friedrich Trendelen-burg (1844-1924) zur Anästhesie,publiziert 1869. Das tropfenweisezugefügte Chloroform wird viaKanüle direkt in die Luftröhre ge-bracht.

Narkosemaske aus Hartgummifür Chloroforminhalation nach Fer-dinand Adalbert Junker (1828-1901), publiziert 1867.

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Chloroform-Tropfmas-ke. Tropfflasche undZungenzange nachFriedrich von Esmarch(1823-1908), publiziert1877. Esmrach modifi-zierte die von ThomasSkinner 1862 beschrie-bene Maske.

Äther-Maske nach Gustave Julliard(1836-1911), modifiziert von FritzDumont 1887. Der äussere Draht-korb ist mit einem Wachstuchüberzogen. Zur besseren Reinhal-tung können zwischen den innerenund den äusseren DrahtkorbGazekompressen gelegt werden.

Chloroformmaske nach TheodorKocher (1841-1917), publiziert 1902.Am Maskenrand besteht freierZutritt für die Raumluft.

Ätherzerstäuber mit Zungenhalternach Bernhard Fränkel (1836-1911),anfangs 1890er Jahre.

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Glasmaske für alle Narkosen nachW. Vajna, 1900.

Patent-Urkunde vom 24. Januar1891 des Kaiserlichen PatentamtsBerlin für den von Otto Kappeler(1841-1909) entwickelten «Apparatzum Einatmen von Chloroform».Dieser besteht aus Doppelgeblä-se, Gesichtsmaske und Chloro-formgefäss, «das die Herstellungsehr verdünnter Chloroformluftmi-schungen, wie sie für ungefährli-che Chloroformirung notwendigist, ermöglicht».

Narkosemaske nach Curt Schim-melbusch (1860-1895), publiziert1890. Einfache Konstruktion mitBügel, Rahmen und Griff aus demfür ein aseptisches Verfahren ge-eigneten Chrom, mit Gazekom-presse bezogen.

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Äther-Narkoseapparat nach LouisOmbrédanne (1871-1956), publi-ziert 1908. Die hohle Metallkugelist mit Gaze gefüllt, die Kontroll-röhre verfügt über einen Zeiger.Luftbehälter aus Tierblase, Ge-sichtsmaske mit Gummidichtung.

Narkose-Apparat zur Äther-Chlo-roform-Mischnarkose nach Hein-rich Braun, 1901.

Äthermaske nach Paul HermannMartin Sudeck (1866-1938), 1904.

Im Jahre 1884 unternahm der junge Arzt Sig-mund Freud am Wiener Allgemeinen Kranken-haus Behandlungsversuche mit Kokain. Der da-bei zugezogene Augenarzt Karl Koller kam beiSelbstversuchen mit dem örtlich betäubendenEffekt des Kokains auf die Idee, das Mittel zurAnästhesie in der Augenheilkunde anzuwenden.Bei Augenoperationen fürchtete man die Allge-meinnarkose wegen des damit verbundenenWürgens und Brechens. Die Entdeckung derOberflächenanästhesie des Auges (mit 2%igerKokainlösung) wurde als Wohltat für die Patientenbeurteilt und setzte sich bei den Augenärztenrasch durch. Im Jahre 1885 entwickelten die Chirur-gen Anton Wölfler in Wien und William Stewart

Halsted in Baltimore die Leitungsanästhesie mitKokain. Am deutschen Chirurgenkongress in Berlin von1892 sprach Carl Ludwig Schleich erstmals überdie von ihm entwickelte Infiltrationsanästhesie.Die Mehrzahl der versammelten Chirurgen rea-gierte überaus entrüstet, da der selbstbewusstejunge Arzt verkündete, jeder Chirurg lade eineschwere Verantwortung auf sich, wenn er künftigeine Chloroformnarkose unternehme, ohne zu-erst die Möglichkeit der Lokalanästhesie geprüftzu haben. Trotz der anfänglichen Ablehnung sinddie inzwischen weiterentwickelten Methoden derregionalen Anästhesie heute aus der Medizinnicht mehr wegzudenken.

32 Lokalanästhesie

Publikation Karl Kollers über dieLokalanästhesie des Auges mitKokain in der «Wiener Medizini-schen Wochenschrift», Band 34,1884, S. 1276.

William Stewart Halsted (1852-1926), zweiter von links, alsChefchirurg am Johns HopkinsHospital in Baltimore, 1904.Halsted unternahm 1884Selbstversuche mit Kokain, die ihnschwer gefährdeten und seinePersönlichkeit dauernd veränder-ten; unmittelbar danach wandteer die Lokalanästhesie bei zahlrei-chen kleineren Operationen an.

«Schmerzlose Operationen»,Titelseite der Publikation von CarlLudwig Schleich, 1. Auflage, Berlin1894.

Carl Ludwig Schleich (1859-1922), Chirurg in Berlin, Dichter,Musiker und Maler, Begründerder modernen Lokalanästhesie.

Karl Koller (1857-1944), Sekundärarztan der Zweiten Wiener Augenklinik,Augenarzt am Mont Sinai Hospital inNew York. Entdecker der Kokain-Oberflächen-Anästhesie des Auges.

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Epidurale Anästhesie und Lumbal-anästhesie nach Ferdinand Sauer-bruchs «Allgemeiner Operations-lehre», in: Bier-Braun-Kümmell,Chirurgische Operationslehre,6. Aufl., Bd. 1, Leipzig 1933.

Spritze zur Lokalanästhesie, NewYork, um 1950

Moderne Anästhesiemedikamente

Nach Entdeckung des Kokains als Lokalanästheti-kum begann bald schon die Suche nach weiterennebenwirkungsärmeren und nicht suchterzeugen-den Anästhetika. 1905 gelang Alfred Einhorn dieSynthetisierung von Novocain, das sich in der Fol-ge auch als Therapiemittel bewährte. Zur rekta-len Narkoseeinleitung stand seit 1926 das Avertinzur Verfügung. 1932 wurde das intravenös ange-wandte Kurznarkotikum Epivan erprobt. Im Jahr1942 führten die kanadischen Anästhesisten Ha-rald Griffith und Enid Johnson das seit langembekannte muskellähmende indianische Pfeilgift

Curare als Ergänzung für die Allgemeinanästhe-sie ein. Es wurde damit möglich, die Narkose we-niger toxisch zu gestalten. Seither ist es gelun-gen, die Kombinationsverfahren noch weiter zuentwickeln und Wirkstoffe zur Erzielung der ein-zelnen Anästhesiekomponenten – Schlaf bzw.Bewusstlosigkeit, Schmerzlosigkeit, Muskeler-schlaffung und Ausschaltung unerwünschter Re-flexe – zu finden. In gewissen Fällen erstrebt manlediglich einen Zustand völliger psychischer Indif-ferenz und motorischer Ruhe. Das in den Pionier-zeiten der Narkose verwendete Stickoxydul (Lach-

gas) hat seinen wichtigen Platz bis heute behaup-tet. Äther und Chloroform sind dagegen seit vie-len Jahren durch nebenwirkungsarme und gutsteuerbare Inhalationsanästhetika ersetzt worden.Bedeutsam als intravenöse Narkosemittel sindvor allem Barbiturate, deren einschläfernde undnarkotische Wirkung zur Einleitung der Anästhesieverwendet wird. Weitere Substanzen (Etomidat,Ketamin, Benzodiazepine, Propofol) finden Ver-wendung bei verschiedenen Varianten intravenö-ser Narkoseformen, in der Regel ergänzt durchhochwirksame opiatartige Schmerzmittel.

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Curare-Kalebasse, Blasrohr,Pfeilköcher mit Baumwollbehälter,Giftpfeilen und Palmblättern derJivaro-Indianer, Ost-Ecuador.(Sammlung Dr. Helmut Wentges,München)

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Narkoseapparat nach Jay A.Heidbrink (1875-1957) mit je zweiFlaschen Sauerstoff, Lachgas undAethylen. Mischbatterie mit Absor-ber und Gefäss für Ätherzumi-schung; Gummisack zur Aufnah-me der Atemluft (geschlossenesSystem). Ohio Chemical & Mfg.Co, Madison/Wisconsin, 1948.

Narkoseapparat nach Roth-Drägermit Einsatzgestell für eine Sauer-stoffflasche (fehlt) sowie Tropfvor-richtung für Chloroform und Äther.Einfacher Verbindungsschlauchzur Maske. Dräger-Werke Lübeck,um 1910.

Respirator nach C. G. Engström,Modell 150, hergestellt von der Fir-ma Elektro-medicinska apparater,Stockholm/Schweden, 1967.

Versuche, den verunglückten Mitmenschen demdrohenden Tod zu entreissen, sind wohl so alt wiedie Menschheit selbst. Zahlreich sind die Beispie-le der Erwärmung Unterkühlter oder der ErrettungErtrunkener. Die Mund-zu-Mund-Beatmung zurWiederbelebung wurde bereits im 18. und 19.Jahrhundert angewandt. Speziell in der Auf-klärungszeit beschäftigten sich die Ärzte wie dieLaienwelt mit dem sogenannten Scheintod unddessen Überwindung. Fragen der Wiederbele-bung angeblicher Scheintoter und der Schreckenvor dem Begräbnis noch lebender Körper führtenzu vielfältigen Methoden: Reiben des Körpers,

Kontrolle des Atemausstossens mit Spiegeln, Luft-einblasen mittels Blasbalg oder Tabakklistieren.Das Einbringen von Tabakrauch in den Dickdarmgalt als besonders wirkungsvolle Reanimations-massnahme bei Ertrunkenen; der Ertrinkungstodwar über Jahrhunderte die wohl häufigste Unfall-Todesursache. In der Notfallmedizin wurden undwerden verschiedenste Massnahmen ange-wandt. Erwähnt seien nur manuelle Techniken(Herzmassage), die Atemspende, verschiedensteBeatmungsgeräte, Verabreichung von elektri-schen Stromstössen, Medikamenten und Sauer-stoff.

In neuerer Zeit haben insbesondere Anästhesi-sten wichtige Beiträge zur Lehre von der Wieder-belebung geleistet. Dank moderner Reanimati-onsmassnahmen ist man heute fähig, manche Pa-tienten in scheinbar hoffnungslosem Zustand zuretten. Der Anästhesist ist damit auch zum Not-arzt geworden. Sein Arbeitsgebiet hat sich vomOperationssaal auf die ausserklinische Notfallsi-tuation ausgeweitet. Ausgehend von Beatmungs-massnahmen während Kinderlähmungsepidemi-en und von ständiger Überwachung der Herzfre-quenz entstanden nach dem Zweiten Weltkriegzuerst in den USA die ersten Intensivstationen.

36 Notfälle und Wiederbelebung

Historische Anwendung des Tabak-klistiers, Illustration aus Kopenha-gen, 1959.

Errettung eines im Eis eingebro-chenen jugendlichen Schlittschuh-läufers. Zehntes Neujahrsstück abdem Schwarzen Garten an diezürcherische Jugend, 1795.

Leichenaufbewahrungsappa-ratur zwecks Vermeidung derBeerdigung von Scheintoten.Bilder-Konversations-Lexikonfür das deutsche Volk, Leipzig1838.

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Tabakrauchklistier zur Wiederbele-bung Ertrunkener, 18. Jh.

Abbildung eines Tabakklistiers imBuch «Rettungsmittel scheinbarerTodesfälle» von Alexander John-son, übersetzt aus der 13. ver-mehrten englischen Auflage,Hamburg 1788.

Einen entscheidenden Durchbruchder maschinellen Wechseldruck-beatmung erreichte BernhardDräger 1907 mit dem «Pulmotor».Das Gerät ist mit einem aufzieh-baren Grammophonmotor ausge-stattet und fand weite Verbreitungin der Arbeitsmedizin sowie beiFeuerwehr und Polizei.

Eiserne Lunge zur Langzeitbeat-mung von Polio-Patienten, Ge-schenk des Roten Kreuzes derUSA an die Schweiz, 1945-1955 imKanton Zürich in Betrieb.

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine zuneh-mende Zahl von Physiologen und Pharmakolo-gen mit den Problemen der Anästhesie beschäf-tigt. Wirkungen und Nebenwirkungen verschie-denster Anästhetika sind sorgfältig untersuchtworden. Damit gewann die Anästhesiologie einesolide wissenschaftliche Grundlage. Währendfrüher die Narkose oft unbegabten Chirurgieassi-stenten oder Personen mit rein empirischem Wis-sen überlassen wurde, wandelte sich die An-wendung der Anästhesie zur ärztlichen Funktion.Dank der Erarbeitung wissenschaftlicher Grund-lagen und der Entwicklung als ärztliche Disziplinwurde die Anästhesie für die Patienten sicherer.Viele Operationen sind erst durch die Entwicklungder modernen Anästhesie möglich geworden.

Anderseits haben auch die Bedürfnisse und For-derungen der Chirurgen die Anästhesie vorange-bracht. Der Anästhesist, der eine untergeordnete Rollespielte, ist zum Anästhesiologen geworden, dereinen wissenschaftlichen Beruf ausübt. Sein Ar-beitsgebiet ist weit über die Verhütung des Opera-tionsschmerzes hinausgewachsen. Er führt demPatienten nicht nur die schmerzbetäubenden Ga-se und Medikamente, sondern auch den lebens-wichtigen Sauerstoff zu. Er ist für die Stabilität derelementaren Körperfunktionen des Patienten zu-ständig, während der Chirurg operiert. Die geteil-te Verantwortung und das vertrauensvolle Zu-sammenwirken bilden dabei die Voraussetzungfür den Operationserfolg.

38 Die heutige Situation

In Kontinentaleuropa hat die Anästhesiologie seit etwa1950 begonnen, sich zu einem selbständigen medizi-nischen Fachgebiet zu entwickeln. In den folgendenzwanzig Jahren ist dann die Zuständigkeit für dieAnästhesie («Narkose»), wie schon seit geraumer Zeitin den angelsächsischen Ländern, mehr und mehr indie Hände speziell ausgebildeter Fachärzte fürAnästhesiologie übergegangen. Meistens werden sieals Anästhesisten oder Anästhesieärzte bezeichnet.Aufgrund ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten in der Erhal-tung und Wiederherstellung der lebenswichtigen Kör-perfunktionen, vor allem von Herz-Kreislauf und At-mung, widmeten sich die Anästhesisten in den folgen-den Jahren auch zunehmend den neu entstehendenGebieten der Intensivmedizin und Notfallmedizin. Dasie ausgiebige Erfahrungen mit Schmerzmitteln undNervenblockaden hatten, wurde schliesslich dieSchmerztherapie zu ihrem vierten, jüngsten Arbeitsfeld.Diese zusätzlichen Aufgaben haben interdisziplinärenCharakter und werden deshalb in unterschiedlichemAusmass auch von Ärzten anderer Fachgebiete wahr-genommen.

Das von der Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) er-lassene Weiterbildungsprogramm legt fest, dass einFacharzt FMH für Anästhesiologie auf dem gesamtenGebiet der Anästhesiologie Kenntnisse und Fertigkeitenerworben haben muss. Dieses Reglement definiert alswesentliche Aufgaben des Fachgebietes:1. Herbeiführen eines Zustandes der Schmerzlosigkeitzur Durchführung operativer, therapeutischer und dia-gnostischer Eingriffe. Überwachung des Patienten undWiederherstellung und Aufrechterhaltung der wichtigenKörperfunktionen vor, während und nach der Operation.2. Beurteilung des Patienten und seines Anästhesierisi-kos, Festlegung und Durchführung des bestgeeignetenAnästhesieverfahrens.3. Organisation und Durchführung der Wiederbele-bung im Spitalbereich und Rettungswesen.4. Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Vital-funktionen beim kritisch kranken und verletzten Patien-ten, auch im Rahmen der Intensivmedizin.5. Behandlung sogenannter Schmerzsyndrome.6. Wissenschaftliche Tätigkeit auf dem gesamten Ge-biet der Anästhesiologie.

Die Mindestdauer der Weiterbildung beträgt fünf Jahre,eine Facharztprüfung ist obligatorisch. In der Schweizarbeiten Anästhesieärzte mit Anästhesieschwesternund -pflegern zusammen. Das sind diplomierte Kran-kenschwestern oder -pfleger, die für die Arbeit imAnästhesieteam eine zweijährige spezielle Ausbildungerfolgreich abgeschlossen haben. Sie arbeiten unterärztlicher Aufsicht und Verantwortung, ihr eigenständi-ger Bereich ist die pflegerische Betreuung der Patienten.

Heute gibt es an allen Spitälern der Schweiz Instituteoder Abteilungen für Anästhesiologie. Am Institut fürAnästhesiologie des Universitätsspitals Zürich arbeiten70 Ärztinnen und Ärzte sowie 70 Schwestern und Pfle-ger. Sie haben im Jahre 1996 über 18'000 Anästhesiendurchgeführt, Patienten auf Intensiv- und Aufwachsta-tionen betreut, Wiederbelebungseinsätze innerhalbund Notarzteinsätze ausserhalb des Spitals geleistet,Schmerzzustände aller Art behandelt, wissenschaftlichgearbeitet und sich in ihrem Fachgebiet aus-, weiter-und fortgebildet.

39Die moderne Anästhesiologie

Anästhesie

Schmerztherapie

Notfallmedizin

Intensivmedizin

Im deutschen Sprachraum wurde die Anästhesiefrüher meistens Narkose genannt und kennzeichnetenur den Zustand oder das Verfahren der für die Ope-ration durchgeführten Betäubung. Zur Anästhesie imheutigen, umfassenden Sinne gehört ausser der voll-ständigen Ausschaltung des Operationsschmerzes dieumfassende Sorge für das körperliche und seelischeWohlergehen des Patienten nicht nur während, son-dern auch vor und nach der Operation.

Vor jeder Anästhesie wird der Patient vom Anästhesi-sten eingehend untersucht. Patientenseitige Risikofak-toren, beispielsweise Erkrankungen des Herz-Kreis-laufsystems, werden erfasst und erforderlichenfalls be-handelt. Persönlich wird mit dem Patienten über dengeplanten Ablauf und das für ihn am besten geeigneteAnästhesieverfahren gesprochen.

Bei einer Allgemeinanästhesie («Vollnarkose») werdenSchmerzwahrnehmung und Bewusstsein mit verschie-denen Medikamenten, die eingeatmet oder gespritzt

werden, ausgeschaltet. Das Einspritzen eines Einschlaf-mittels in eine Vene führt sehr schnell zum Verlust desBewusstseins. Meistens wird der Patient künstlich be-atmet. Dabei wird das Atemgasgemisch aus Sauer-stoff und Anästhesiegasen über einen in die Luftröhreeingeführten Kunststoffschlauch, den Tubus, zugeführt,der eine Verlegung der Atemwege sicher verhindert(Intubationsanästhesie).

Bei vielen Operationen besteht die Möglichkeit, nur dieden betroffenen Körperabschnitt versorgenden Nerven-bahnen durch Einspritzen von örtlich wirkenden Betäu-bungsmitteln (Lokalanästhetika) schmerzunempfindlichzu machen. Das können Leitungsanästhesien an denGliedmassen oder rückenmarksnahe Regionalanästhe-sien (Spinal- und Epiduralanästhesie) sein. Der Patientkann wach bleiben oder ein Mittel zum Schlafen erhal-ten. Werden Lokalanästhetika über spezielle Katheterkontinuierlich oder wiederholt verabreicht, kann dieseArt der Schmerzausschaltung nach der Operation fort-gesetzt werden.

Nach der Operation wird der Patient für einige Stundenin einer Aufwachstation überwacht, bis er völlig wachist und Atmung und Kreislauf stabil sind. Nach sehrgrossen Operationen, zum Beispiel am Herzen, kanner zur Weiterbehandlung auf eine Intensivstation ver-legt werden.

Die Sicherheit der Anästhesie ist heute gross, das Risi-ko dementsprechend äusserst gering. Schwerwiegen-de Zwischenfälle oder Komplikationen sind sehr sel-ten, weil alle lebenswichtigen Körperfunktionen unddie Arbeitsweise der eingesetzten Geräte ständigüberwacht werden. Alle wichtigen Körperfunktionenwerden soweit wie möglich im Normalbereich gehal-ten (Gewährleistung der Homöostase). So könnendank des hohen Qualitätsstandards der Anästhesieheute auch Patienten mir schweren Begleiterkrankun-gen und in extremen Altersklassen mit guten Erfolgs-aussichten operiert werden.

40 Anästhesie

Eine Allgemeinanästhesie(«Vollnarkose») ist als komplet-te Schmerz- und Bewusst-seinsausschaltung definiert.Bei Bedarf wird zusätzlich eineErschlaffung der Muskulaturerzeugt. Die Gewährleistungder Homöostase ist eine zen-trale Aufgabe: Alle wichtigenKörperfunktionen sollen soweitwie möglich im Normalbereichgehalten werden.

Während der Operation über-wacht der Anästhesist ununter-brochen den Patienten. Er sorgtfür die Aufrechterhaltung derAnästhesie und korrigiert alle Än-derungen lebenswichtiger Funk-tionen. Die Schwere der Operationund der Zustand des Patientenbestimmen, wieviele Geräte zurÜberwachung und Behandlungeingesetzt werden.

Einführung eines sog. Endotra-chealtubus nach Einleitung derAnästhesie durch den Mund undden Kehlkopf in die Luftröhre (Tra-chea). Dabei wird der Kehlkopf-eingang, die Stimmritze, mit ei-nem speziellen Instrument, einemLaryngoskop, sichtbar gemacht.

Anlegen einer Spinalanästhesie imLumbalbereich beim sitzenden Patien-ten. Beckenkamm und Dornfortsätzeder Wirbel sind hier auf der Haut ge-kennzeichnet. Die korrekte Einstich-stelle wird getastet. Nach örtlicher Be-täubung der Haut, Vorschieben derdünnen Spinalnadel in den sog. Rücken-markssack und Heraustropfen vonNervenwasser wird das örtliche Be-täubungsmittel gespritzt, wodurch dieuntere Körperhälfte völlig schmerzun-empfindlich wird.

Die Behandlung schwerstkranker Patienten auf Intensiv-stationen ist eine Entwicklung der modernen Medizin.Poliomyelitisepidemien hatten in den 1940er und 50erJahren erstmals in grösserem Umfang zu Erfahrungenmit langdauernder künstlicher Beatmung geführt, seies mit der «Eisernen Lunge» oder – nach Luftröhren-schnitt (Tracheotomie) – mit Beutelbeatmung per Hand.Um 1960 herum wurden dann in Europa die ersten In-tensivstationen zur Behandlung von Komplikationennach Unfällen oder Operationen eingerichtet. Die appa-rative Beatmung bei unzureichender Lungenfunktionund die Behandlung von blutungsbedingten Schockzu-ständen waren die zunächst im Vordergrund stehen-den Massnahmen. Vielfach waren es Anästhesisten,die die Intensivstationen gegründet, der Intensivmedi-zin die entscheidenden Impulse verliehen und sie zuihrem heutigen Standard entwickelt haben.

Aufgabe der Intensivmedizin ist die Überwachung, Be-handlung und Pflege von Patienten, bei denen die fürdas Leben notwendigen vitalen und elementaren

Funktionen (Atmung, Kreislauf, Niere, Stoffwechselusw.) bedroht oder geschädigt sind. Durch die Intensiv-therapie sollen diese Funktionen erhalten, wiederher-gestellt oder gar zeitweise ersetzt werden, um die Ba-sis für die Behandlung des Grundleidens zu schaffen.Hierfür stehen heute viele verschiedene, meist tech-nisch hochentwickelte Methoden zur Verfügung. Sowird bei schwerer Störung der Atemtätigkeit die Eigen-atmung des Patienten durch Beatmungsgeräte ersetztoder verbessert. Reicht in seltenen Fällen sogar dieseMassnahme nicht aus, kann das Blut des Patienten ineiner Art künstlicher Lunge direkt mit Sauerstoff bela-den und von Kohlendioxid befreit werden. Stellt dieNiere ihre Funktion ein, wird das Blut künstlich gerei-nigt. Die Arbeit des versagenden Herzens wird durchhochwirksame Medikamente, in schwersten Fällenauch durch mechanische Pumpen unterstützt. Nichtimmer sind die Ursachen bekannt, die nach Operatio-nen oder Verletzungen das Versagen dieser und an-derer Organe auslösen. Deshalb werden weltweitenorme wissenschaftliche Anstrengungen unternom-

men, diesen Vorgängen auf den Grund zu gehen unddadurch zu früher einsetzbaren und wirksameren Be-handlungsmöglichkeiten zu gelangen.

Fachärzte für Anästhesiologie und auch solche fürChirurgie, Innere Medizin oder Kinderheilkunde kön-nen sich in einer zweijährigen Zusatzweiterbildung fürIntensivmedizin spezialisieren. Auch für Kranken-schwestern und -pfleger gibt es eine Spezialausbildungin Intensivpflege. Sie alle haben für die tägliche Be-handlung und Pflege schwerstkranker Patienten einenhohen körperlichen und seelischen Einsatz zu leisten.Sie müssen sich oft mit ethischen Problemen ausein-andersetzen, vor allem dann, wenn der Sinn einer wei-teren Behandlung fraglich ist. Leben soll durch die In-tensivtherapie nicht um jeden Preis verlängert werden.Ein so hoher Aufwand ist nur dann gerechtfertigt, wenndamit dem Patienten Aussichten auf ein erstrebens-wertes Leben eröffnet werden.

41Intensivmedizin

Patienten, bei denen lebenswichti-ge Funktionen nach Operationenoder Unfällen beeinträchtigt sind,werden ärztlich und pflegerischvon qualifiziertem Personal in spe-zialisierten Intensivstationen be-treut.

Modernes Gerät zur Unter-stützung einer ungenügen-den Eigenatmung oder zurkompletten künstlichen Beat-mung. Solche Respiratorenwerden immer dann benö-tigt, wenn die Atemfunktiondes Patienten nicht ausreicht,um sein Blut hinreichend mitSauerstoff zu beladen undvom Kohlendioxid zu befreien.

Ein akuter Verlust der Nierenfunkti-on kann für einige Tage bis Wo-chen durch Hämofiltration behan-delt werden. Das Blut wird aus ei-ner Vene entnommen und durchdie Kapillaren eines sog. Hämofil-ters gepumpt. Dort wird ein Teilder Blutflüssigkeit durch die dün-nen, für kleine Moleküle durchläs-sigen Wände dieser Kapillaren alsFiltrat abgepresst und durch Flüs-sigkeit bekannter Zusammenset-zung, das Substituat, ersetzt.

Bei Notfallpatienten, d. h. Patienten mit gefährdeten,gestörten oder aussetzenden lebenswichtigen Funktio-nen, muss der Arzt das Ausmass der Beeinträchtigungin möglichst kurzer Zeit abklären und die Behandlungeinleiten mit dem Ziel, das Überleben zu sichern. An-ders als im Spital muss dies in der präklinischen Not-fallmedizin mit einer begrenzten Ausstattung an Gerä-ten und Medikamenten, wenig diagnostischen Mög-lichkeiten, personeller Beschränkung und unter teilwei-se widrigen äusseren Bedingungen erfolgen. Die Ur-sachen solcher Notfälle können sehr vielfältig sein. ImVordergrund stehen akute Erkrankungen (z. B. ein aku-ter Herzinfarkt), Vergiftungen oder Verletzungen. AmOrt des Notfalls können nur die Störungen der vitalenFunktionen, die das Weiterleben unmittelbar bedrohenoder zu dauernder, schwerer Behinderung führen, be-handelt werden, nicht die zugrundeliegenden Störun-gen oder Krankheiten. Anästhesiologen haben diesenBereich der Akutversorgung von Beginn an sowohl

medizinisch als auch organisatorisch an führenderStelle mitentwickelt. Da bei ihrer täglichen Arbeit Über-wachung und Wiederbelebungsmassnahmen einezentrale Rolle spielen, hat sich das fast zwangsläufigergeben.

Um möglichst viele Notfallpatienten auf diese Art ver-sorgen zu können, muss ein flächendeckendes Alar-mierungs- und Notarztsystem vorhanden sein. Aberauch medizinische Laien müssen in der Nothilfe instru-iert sein. Für sie hat neben der Kenntnis und Anwen-dung der lebensrettenden Sofortmassnahmen dieAlarmierung der Sanitätsnotrufzentrale über die Tele-fonnummer 144 Priorität. Wenn nötig wird ein Notarztmit Rettungssanitätern zum Notfallort geschickt, die dieErstversorgung bis hin zur Reanimation durchführen.Erst nach Stabilisierung wird der Patient unter Fort-führung der Überwachung und der eingeleiteten Be-handlung in das definitiv versorgende Spital transpor-

tiert, wo die weitere Diagnostik und Therapie erfolgen.Dieser gesamte Ablauf wird als Rettungskette bezeich-net. Das Funktionieren und zeitgerechte Ineinander-greifen aller Glieder dieser Kette ist die Grundvoraus-setzung eines effektiven und erfolgreichen notfallmedi-zinischen Systems.

In der Schweiz wird die notärztliche Versorgung durchregionale bodengebundene Rettungsdienste (z. B. dieSanität Zürich) und die Helikopterrettung (vor allem dieREGA) gewährleistet. Ein grosser Anteil der für dieseOrganisationen aktiven Notärzte sind Anästhesisten.Sowohl für Notärzte als auch für Rettungssanitäter gibtes Richtlinien über Voraussetzungen, Lernziele, Inhaltund Umfang der theoretischen und praktischen Ausbil-dung. Noch fehlen allerdings in verschiedenen Berei-chen der Notfallmedizin rechtlich verbindliche Regelun-gen.

42 Notfallmedizin

Die Rettungskette symbolisiert die auf-einanderfolgenden, zusammenhängen-den Phasen der Rettung vom Notfallortbis zur Notfallstation im Spital.

Versorgung eines schwerverletz-ten Unfallpatienten durch Notarztund Rettungssanitäter.

Die Beteiligung der Ärztedes Instituts für Anästhe-siologie des Universitäts-spitals Zürich am ZürcherNotarztsystem.

Notfallmedizinsche Ausbildung vonMedizinstudenten am Phantom.

Die komplette Unterdrückung des Schmerzes währendder Operation ist eine Hauptaufgabe des Anästhesi-sten. Viele der zu diesem Zweck angewandten Verfah-ren können auch zur Behandlung anderweitig verur-sachter Schmerzen eingesetzt werden. Deshalb ist dieSchmerztherapie zu einem eigenen Bestandteil desFachgebietes Anästhesiologie geworden.

Akute Schmerzen entstehen meist als Folge einer Ope-ration, eines Unfalls oder einer akuten Erkrankung undbessern sich mit Fortschreiten des Heilungsprozesses.Einen grossen Aufschwung hat in den letzten Jahrendie Behandlung postoperativer Schmerzen und desGeburtsschmerzes genommen, bei denen früherSchmerzmittel eher schematisch verabreicht wurden.Heute stehen verschiedene Methoden zur Verfügung,deren Auswahl nach den Bedürfnissen des einzelnenPatienten, der Schwere und voraussichtlichen Dauerseiner Schmerzen, getroffen werden kann. Neben re-gionalen Techniken hat sich vor allem die sogenannte

patientenkontrollierte Analgesie bewährt. Bei dieserMethode wird eine Einzeldosis eines stark wirksamenSchmerzmittels von einer programmierbaren Pumpe ineine intravenöse Infusionsleitung oder einen Epidural-katheter gespritzt. Durch Drücken eines Knopfes kannder Patient selbst bestimmen, wann und wie oft er et-was bekommt. Auf diese Weise ist eine sehr individuel-le und effektive Dosierung möglich.

Chronische Schmerzzustände können sich nach Ope-rationen und Verletzungen, durch degenerative undchronisch-entzündliche Erkrankungen und durch Tumo-ren entwickeln. Nicht selten haben sie vielfältige, nurzum Teil aufdeckbare Ursachen. Dementsprechendgibt es, wenn die eigentliche Ursache nicht behebbarist, eine Fülle von Behandlungsmöglichkeiten. Sie rei-chen von der individuell angepassten Verschreibungstark wirksamer Schmerzmittel, oft kombiniert mit Anti-depressiva und weiteren Substanzen, bis hin zu Dauer-blockaden der schmerzleitenden Nervenbahnen. Wei-

tere Beispiele solcher Verfahren sind die gezielteDämpfung des sympathischen Nervensystems in denbetroffenen Körperarealen, die örtliche Einspritzungvon lokalen Betäubungsmitteln oder kortisonartig wir-kenden Substanzen, die elektrische Reizung oberfläch-licher Nervenstrukturen durch die Haut hindurch (sog.transkutane elektrische Nervenstimulation = TENS) unddie Einpflanzung von kleinen Pumpen oder Reservoirs,die kontinuierlich schmerzlindernde Mittel in einen Epi-duralkatheter in der Nähe des Rückenmarks abgeben.Physiotherapie und psychologische Unterstützung sindals ergänzende Massnahmen äusserst wichtig. Wegender komplexen Natur der meisten chronischen Schmerz-zustände und der grossen Zahl von Therapiemöglich-keiten sind an der Diagnose und Behandlung praktischimmer Spezialisten aus mehreren Fachgebieten derMedizin beteiligt, neben Anästhesisten auch Neurolo-gen, Psychiater, Rheumatologen, Onkologen, Neuro-chirurgen und andere.

43Schmerztherapie

Einspritzen eines örtlichen Betäu-bungsmittels oder eines das sympa-thische Nervensystem hemmendenMedikaments in eine Handvene. Da-mit die Wirkung auf den Arm be-schränkt bleibt, wird der Armblutflussdurch eine aufgeblasene Oberarm-manschette für gewisse Zeit unter-bunden. Dieses Verfahren wird zurBehandlung der sympathischen Re-flexdystrophie (Sudecksche Erkran-kung) eingesetzt.

Auf dem Rücken ange-brachte Elektroden und Reiz-gerät für die transkutaneelektrische Nervenstimulati-on (TENS) bei chronischenRückenschmerzen.

Schmerzbehandlung nach der Opera-tion mit patientenkontrollierter Analge-sie (PCA). Wenn die Patientin Schmer-zen verspürt, kann sie durch Knopf-druck die PCA-Pumpe veranlassen,eine festgelegte Dosis eines starkenSchmerzmittels in eine mit ihrer Ve-nenkanüle verbundene Zuleitung zuspritzen. Die Patientin bestimmtselbst, wie oft sie das Schmerzmittelerhält. Durch geeignete Programmie-rung der Pumpe wird eine Überdosie-rung verhindert.

Bei der Triggerpunktinfiltrationwird ein örtliches Betäubungs-mittel in oder um schmerzhaf-te, verhärtete Stellen gespritzt,z. B. in der Schultermuskulatur.Diese Methode wird bei sog.myofaszialen Schmerzsyndro-men angewandt.

Der Patient (bzw. die Patientin) steht im Mittelpunkt alleranästhesiologischer Massnahmen. Ziel der Anästhesieist es, ihn völlig vom Operationsgeschehen abzuschir-men sowie Wahrnehmungen aller Art, vor allem jedeSchmerzempfindung, zu verhindern. In den Periodenmit erhaltenem Bewusstsein (unmittelbar vor und nachder Operation) ist der Patient zusätzlich psychisch zubetreuen. Vor dem Eingriff wird er über den Ablauf derAnästhesie informiert, und seine persönlichen Bedürf-nisse und Emotionen werden besprochen.

Neben Bewusstseins- und Schmerzausschaltung die-nen Reflexunterdrückung und Muskelerschlaffung derSchaffung guter Operationsbedingungen. Im weiterenmuss für die Erhaltung normaler Organfunktionen ge-sorgt werden. Ganz im Vordergrund stehen dabei At-mung und Kreislauf. Blutverluste, Störungen des Was-ser- und Mineralhaushalts und der Blutgerinnung wer-den korrigiert. Die Erhaltung all dieser Funktionen erfor-dert eine ständige und intensive Aufmerksamkeit undden Einsatz von Überwachungsgeräten.

44 Der heutige Anästhesiearbeitsplatz

Patient

45

AnästhesieschwesterAnästhesiearzt

Der Anästhesiearzt (bzw. die Anästhesieärztin) ist für dieumfassende Betreuung des Patienten während dergesamten perioperativen Periode verantwortlich. Prä-operative Vorbereitungen und postoperative Nachsorgegehören ebenso dazu wie die eigentliche Anästhesiewährend der Operation. Durch Einsatz wirksamer Medi-kamente und Eingriff in lebenswichtige Organfunktionengewährleistet er/sie stets die Anpassung des Bewusst-seinszustandes an die jeweiligen Erfordernisse derOperation.

Die Anästhesieschwester (bzw. der Anästhesiepfleger)ist eine für ihre Arbeit im Anästhesieteam speziellausgebildete diplomierte Krankenschwester. Sie ist Mit-arbeiterin des Anästhesiearztes. Sie arbeitet unter ärzt-licher Aufsicht und Verantwortung, da die Anästhesieeine ärztliche Handlung ist. Die pflegerische Betreuungdes Patienten ist ihr eigenständiger Bereich.

Das Anästhesiegerät hat zwei wesentliche Aufgaben: 1) Verabreichung von Sauerstoff und Anästhesiegasenund 2) Aufrechterhaltung oder Unterstützung der At-mung. Die Anästhesiegase bewirken die Bewusst-seins- und Schmerzausschaltung. Wahlweise kanndas auch durch intravenös gespritzte Medikamente er-folgen. Durch die künstlich aufrechterhaltene oder un-terstützte Beatmung ist die Versorgung des Organis-mus mit Sauerstoff stets gesichert. Die korrekte Funktiondes Anästhesieapparats wird ständig überwacht undmit Alarmfunktionen gesichert.

Ergänzend zur ständigen Beobachtung des Patientendurch Anästhesiarzt und Anästhesieschwester werdenapparative Überwachungsverfahren eingesetzt. Bei al-len Patienten wird das Elektrokardiogramm (EKG) regi-striert und der Blutdruck regelmässig gemessen. DieAtmung wird durch Messung der Sauerstoffsättigungdes arteriellen Blutes (Pulsoximetrie) und des ausgeat-meten Kohlendioxids (Kapnometrie) überwacht. Imweiteren werden die Anästhesiegaskonzentrationen,Körpertemperatur, Urinausscheidung und der Gradder Muskelerschlaffung gemessen. Bedarfsweise be-stimmt man Laborwerte und setzt zusätzliche Überwa-chungsverfahren ein.

46

Überwachung des Patienten(Monitoring)

Anästhesiegerät

Wenn es zu grossen Blutverlusten kommt, kann dasabgesaugte Blut des Patienten gesammelt, maschinellaufbereitet und ihm zurückgegeben werden (soge-nannte Autotransfusion). Damit lässt sich der Bedarf anTransfusionen von Spenderblut erheblich vermindern.

Die Anästhesie wird durch Einspritzung eines Einschlaf-mittels in eine Vene eingeleitet, wodurch der Patientschnell und ohne unangenehme Empfindungen dasBewusstsein verliert. Zur Schmerzausschaltung dienenmoderne Abkömmlinge des Opiums, zur Muskeler-schlaffung solche des indianischen Pfeilgifts Curare.Alternativ oder zusätzlich werden über die BeatmungAnästhesiegase zugeführt. Bei Störung lebenswichtigerVorgänge erhält der Patient weitere Medikamente, vorallem solche zur Beeinflussung von Herz und Kreislauf.

47

MedikamenteAutotransfusionsgerät

48 Szenen aus dem Video «Anästhesiologie heute»

Der Mensch im Mittelpunkt: Das persönliche Gesprächvor der Anästhesie baut Ängste ab.

Technische Hilfsmittel wie Infusionen, Überwachungs-und Narkosegeräte sind unverzichtbar.

Der Patient ist bereits in Narkose und wird mit Sauer-stoff beatmet.

Einführen des Beatmungsschlauchs in die Luftröhre(Intubation).

Die Anästhesistin kontrolliert die Anästhesietiefe. Monitore unterstützen die Überwachung. Alle wichtigen Funktionen und Ereignisse werden pro-tokolliert.

Anpassung der Dosierung an den Zustand desPatienten.

Die Operateure können sich voll auf den mikrochirur-gischen Eingriff konzentrieren.

Wachwerden des Patienten während der Ausleitungder Anästhesie.

Weiterbetreuung nach der Anästhesie in der Aufwach-station durch eine erfahrene Anästhesieschwester.

Nur wenige Stunden später empfängt die Patientin be-reits Besuch.

Der Anästhesiearzt erklärt einer Patientin mit chroni-schen Schmerzen die vorgesehene Behandlung.

Enge Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegepersonalauf der Intensivstation.

Patienten jeglichen Alters in kritischem Zustand werdenrund um die Uhr überwacht, behandelt und gepflegt.

Anästhesiologieheute

im Mittelpunkt derMensch

49

Schneller Transport in die Notfallstation. Übergabe an das weiterbehandelnde Team. Anschliessen des Beatmungsgeräts. Spezialisten verschiedener Fachrichtungen führen wei-tere Massnahmen rasch und koordiniert durch.

Lückenlose Überwachung und Betreuung durch dasAnästhesieteam bei speziellen Untersuchungen.

Computertomographie zur Diagnostik einer Schädel-Hirnverletzung.

Das Anästhesieteam begleitet den bewusstlosen Pati-enten in die Intensivstation.

Landung des Rettungshelikopters.

Der Patient wird in die Notfallstation gebracht. Für die Anästhesiologie steht der Mensch im Zentrumaller Bemühungen, von der ersten Kontaktaufnahmebis zum Verlassen des Spitals.

Notarzt und Rettungssanitäter versorgen den Unfall-patienten.

Überwachung durch den Notarzt während des Trans-ports ins Spital.

Ankunft im Universitätsspital.Nächtlicher Notarzteinsatz mit einem speziell ausge-bildeten Anästhesisten.

RegieJan Poldervaart

KameraJürg Sauber

Konzept und fachliche BeratungProf. Dr. med. Thomas Pasch

Dr. med. Lion Bernoulli

Video-Produktion

Jürg SauberCopyright by

Institut für AnästhesiologieDirektion

Prof. Dr. Thomas PaschUniversitätsspital Zürich

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Dank

Ohne die enthusiastische und tatkräftige Unterstützung durch Dr. Lion Ber-noulli und Dr. Peter Biro hätten Ausstellung und Katalog nicht in ihrer endgül-tigen Form verwirklicht werden können. Beide haben viele Ideen zum Konzeptbeigetragen und unverzichtbaren Anteil an der Realisierung gehabt. Auch PDDr. Eli Alon und Dr. Andreas Zollinger sowie den vielen Mitarbeitern und Pati-enten des Universitätsspitals Zürich, die an der Herstellung des Videos«Anästhesiologie heute» beteiligt waren, ist für ihre Mitwirkung zu danken.Die gute Zusammenarbeit mit dem Produzenten des Videos, Jürg Sauber,und seinem Team sei dankbar erwähnt.Die graphische Gestaltung der Schautafeln und des Katalogs lag in den Hän-den von Andreas Brodbeck, wofür wir ihm unsere Anerkennung ausspre-chen. Alena Cimburek, Nico Wick sowie Evelyne Regolati danken wir für dieBeteiligung an der Anfertigung eines Teils der graphischen bzw. photographi-schen Vorlagen und Martin Kämpf, Leiter des Ausstellungsdienstes der Uni-versität Zürich, für den gelungenen Aufbau der Ausstellung.Für die Bestückung des in der Ausstellung aufgebauten Anästhesiearbeits-platzes haben die Firmen Carbamed, Liebefeld-Bern, AVL-AG, Schaffhausen,und ProMeTec AG, Menziken, wertvolle Geräte für Beatmung und Anästhesie,Überwachung, Blutgasanalyse, und Autotransfusion als Leihgaben zur Verfü-gung gestellt, wofür ihnen ausdrücklicher Dank gebührt. Mit namhaften fi-nanziellen Zuwendungen sind wir von den Firmen Zeneca AG, Luzern, undSandoz-Wander Pharma AG, Bern, unterstützt worden.Unser ganz besonderer Dank gilt der Firma Abott AG, Cham, die die Heraus-gabe und den Druck dieses Katalogs überhaupt erst möglich gemacht hat.

Zürich, im März 1997 Thomas PaschChristoph Mörgeli