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PULVERBESCHICHTEN 19 Z-Achsen contra Roboter Fur die neue Anlage zur Pulverbeschichtung unterschiedlichster Buro- mobel-Komponenten aus Stahl plante die Lista AG im Werk Arnegg ursprunglich den Einsalz von Robotem. Realisiert wurde schlieBlich ein neues Applikationskonzept mit 19 Z-Achsen, das wirtschaftlicher ist und einen hohen Automatisierungsgrad bietet. B iS zum Sommer letzten Jahres beschichtete die Lista AG im Werk Arnegg die Gehause und Flach- teile fiir Biiromiibel aus Stahlblech in drei verschiedenen Anlagen: eme Handkabine fiir Einzelstiicke, eine Schnellfarbwechselanlage (von MS Oberflachentechnik) fiir Flachteile und eine Automatikkabine (von Ramseier, Applikation von Wagner) fiir Gehause. Die zu ersetzende Ramseier-Kabine mit horizontal angeordneten Z-Achsen hatte iiber 14 Jahre hinweg gute Dienste geleistet. Seit einiger Zeit hauften sich jedoch die Stiirungen. Zudem nahm die Produkt- und Far- benvielfalt stark zu, so dass sehr viel Produktionszeit fiir Farbwechsel verlo- ren ging. Urn die Produktionszahlen dennoch zu erfiillen, arbeitete man sehr haufig auf Verlust, mit entspre- chend hohen Mengen an Abfallpulver. Da oft von Hand beschichtet wurde, musste der Fiirderer immer wieder angehalten werden. Vor der Planung der neuen Pulverli- nie wurden die wesentlichen Anforde- rungen definiert: Beschichtung des kompletten Sor- timents - sowohl Gehause als auch Flachteile miissen in LosgriiBen von einem Warentrager automatisch beschichtet werden kiinnen. Steigerung des Durchsatzes urn 20 % + Programmauswahl und -start iiber die Teileerkennung + Anlagenbetrieb mit nur einem Anlagefiihrer + Farbwechselzeiten unter 15 Minuten Reduzierung der Verlustpulver- menge um30% GleichmaBige Pulverapplikation bei miiglichst diinnen Schicht- dicken. Knickarm-Roboter oder Z-Achsen? Zu Beginn stand fiir die Fachleute bei Lista fest, dass das Ziel der Ein- Das KernslUck der kompaklen Anla· ge isl eine 5,5 MeIer lange Kunslsloff!<abine, die ausgelegl isl auf kurze Forb- wechselzeilen. Die Innenbeschichlung der GehCiuse edolgl Ober sinn- voll eingesetzte Z- Achsen weilge- hend voll- oUlomotisch. JOT 312005

19 Z-Achsen contra Roboter

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Page 1: 19 Z-Achsen contra Roboter

PULVERBESCHICHTEN

19 Z-Achsen contra RoboterFur die neue Anlage zur Pulverbeschichtung unterschiedlichster Buro­mobel-Komponenten aus Stahl plante die Lista AG im Werk Arneggursprunglich den Einsalz von Robotem. Realisiert wurde schlieBlichein neues Applikationskonzept mit 19 Z-Achsen, das wirtschaftlicherist und einen hohen Automatisierungsgrad bietet.

BiS zum Sommer letzten Jahres

beschichtete die Lista AG im

Werk Arnegg die Gehause und Flach­

teile fiir Biiromiibel aus Stahlblech in

drei verschiedenen Anlagen: eme

Handkabine fiir Einzelstiicke, eine

Schnellfarbwechselanlage (von MSOberflachentechnik) fiir Flachteile und

eine Automatikkabine (von Ramseier,

Applikation von Wagner) fiir Gehause.Die zu ersetzende Ramseier-Kabine

mit horizontal angeordneten Z-Achsen

hatte iiber 14 Jahre hinweg gute

Dienste geleistet. Seit einiger Zeit

hauften sich jedoch die Stiirungen.Zudem nahm die Produkt- und Far­

benvielfalt stark zu, so dass sehr vielProduktionszeit fiir Farbwechsel verlo­

ren ging. Urn die Produktionszahlen

dennoch zu erfiillen, arbeitete man

sehr haufig auf Verlust, mit entspre­

chend hohen Mengen an Abfallpulver.

Da oft von Hand beschichtet wurde,

musste der Fiirderer immer wieder

angehalten werden.

Vor der Planung der neuen Pulverli­nie wurden die wesentlichen Anforde­

rungen definiert:

• Beschichtung des kompletten Sor­timents - sowohl Gehause als auch

Flachteile miissen in LosgriiBen

von einem Warentrager automatisch

beschichtet werden kiinnen.

• Steigerung des Durchsatzes urn 20 %

+ Programmauswahl und -start iiber

die Teileerkennung

+ Anlagenbetrieb mit nur einem

Anlagefiihrer

+ Farbwechselzeiten unter 15 Minuten• Reduzierung der Verlustpulver­

menge um30%

• GleichmaBige Pulverapplikation

bei miiglichst diinnen Schicht­

dicken.

Knickarm-Roboteroder Z-Achsen?

Zu Beginn stand fiir die Fachleutebei Lista fest, dass das Ziel der Ein-

Das KernslUck der

kompaklen Anla·

ge isl eine 5,5

MeIer lange

Kunslsloff!<abine,

die ausgelegl isl

auf kurze Forb­

wechselzeilen. Die

Innenbeschichlung

der GehCiuse

edolgl Ober sinn­

voll eingesetzte Z­Achsen weilge­

hend voll­

oUlomotisch.

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PULVERBESCHICHTEN

Mann-Bedienung nur mit einer Robo­

terapplikation zu schaffen sei. Doch

bei der Besichtigung verschiedener

Roboteranlagen konnte in Hinblick auf

die GriiBe der zu beschichtenden

Werkstiicke keine Anlage restlos iiber­

zeugen.

Mit Blick auf die haufigen Farb­

wechsel wurde folgende Uberlegung

angestellt: Bei 6 bis 10 Farbwechsel amTag (8 Stunden) wird mit einer Farbe

durchschnittlich eine Stunde beschich­

tet. Bleibt der Mitarbeiter iiberwie­

gend an der Anlage, so kann er zusatz­

lich noch in begrenztem MaBe Hand­

beschichtungen durchfiihren.

Roboter rechnete sich nicht

Ein Roboter erfordert einen griiBe­

ren Programmieraufwand, mehr Reini­

gungsarbeit und eine groBe Offnung in

der Kabine. Diese erhiiht zwangslaufigden Luftdurchsatz und fiihrt zu hiihe­

ren Stromkosten. Dariiber hinaus ist

damit zu rechnen, das Wartungs- und

Instandsetzungsarbeiten beim Robo­

ter hiiher sind als bei einem Hubgerat.

Angesichts des geforderten Durch­

satzes waren bei zwei iibereinander

angeordneten Gehausen zwei Roboter

erforderlich gewesen. Unter Beriick­

sichtigung aller Argumente kam man

bei Lista zu dem Schluss, dass sich

die Investition in zwei Roboter nicht

rechnet.

Also setzte man neue Prioritaten,

und zwar auf eine kompakte Kabine

mit geringen Farbwechselzeiten, auto­matischer Erkennung und sinnvollemEinsatz von Z- Achsen, urn einen miig­

lichst groBen Teil der Gehause-Innen­

beschichtung im Automatikbetrieb zubewaltigen. Fiir die Umsetzung dieserAnforderungen stellte MS Ober­

flachentechnik aus CH-Balgach ein

geeignetes Konzept vor.

Sehr schnell war man bei Lista von

den Vorteilen der Dichtstromfiirderungnach dem RDF-Prinzip von MS Ober­

flachentechnik iiberzeugt. Nach der

Klarung der technischen Details blie­ben nur drei Monate fiir die Realisie­

rung des Projektes.

Mitte Juli 2004, fast zeitgleich mit

dem Abbau der alten Beschichtungska-

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bine wurde die neue Kabine in einer

freien Ecke in der gleichen Halle

zusammengebaut, so dass die neue

Anlage nach der Reinigung des Platzes

nur noch verschoben werden musste.

Zeitgleich mit der Endmontage erfolg­

te auch die Anpassung des Fiirderers

und die Schulung der Mitarbeiter.

Unter griiBtem Einsatz aller Beteilig­

ten konnte die neue Anlage bereits

Ende August hochgefahren werden, so

dass keine Engpasse in der Produktion

entstanden. Die Abnahme erfolgte ter­

mingerecht Mitte September.

Teileerkennung mit Kamera

Kernstiick der neuen kompakten

Anlage ist eine 5,5 Meter lange Kunst­stoftkabine mit einer Werkstiickerken­

nung am Kabineneinlauf. Die Pulver­

versorgung erfolgt iiber eine Frischpul­

verzudosierung durch das Ultraschall­

Siebgerat in den kleinen Fluidbehalter

und die Pulverriickgewinnung iiberden Monozyklon zur RDF-Pulver­

kiiche. Die RDF-Dichtstromfiirderungfiirdert das Pulver dosiert zu den Coro­

na-Pulverspriihpistolen.

Die Seiten- und Innenbeschichtung

des oberen Gehauses erfolgt mit je vier

Z-Achsen und jeweils vier Pistolen auf

einem Hubgerat. Die gleiche Anord­

nung wurde fiir das untere Gehauseinstalliert. Die Seiten und Riickseite desGehauses werden mit acht Spriih­

pistolen auf einem Hubgerat mit Ver­schiebeachse beschichtet. Fiir die Bo­

den- und Deckenbeschichtung stehendrei Pistolen mit Z-Achsen und Hub­

gerate zur Verfiigung. Am Ende der Ka­bine befindet sich die Handiiffnung mit

dem Steuerpult fiir den Anlagefiihrer.Fiir die Teileerkennung setzt MS

Oberflachentechnik bei Lista erstmals

eine Kamera ein. Diese funktionierteyom Start weg, lediglich an der Aus­

leuchtung waren noch Optimierungen

notwendig. Mit dem neuen Erken­

nungssystem sind bis dato kaum Feh­

ler aufgetreten. Zur Sicherheit schlagtdas System dem Anlagefiihrer immer

"Flachteile" vor, wenn die Zuordnung

nicht eindeutig ist.

Da die Kamera den gesamten

Wagen erkennt, muss fiir jede Aufhan-

Die neuen 20 RDF-Dichtstrom­Forderpumpen haben sich bestensbewohrt. Die Pumpen sorgen Fureine weiche Pulverwolke und damitFur einen effizienlen Pulverauftrag.

gevariante ein Programm erstellt wer­

den. Dies fiihrt zwangslaufig zu einer

hohen Anzahl von Programmen. Mitt­

lerweile ist man in Arnegg schon bei 95

Programmen angelangt. Bei fiinf Farb­

varianten kommt man somit auf 475

hinterlegte Programme. Fiir die Men­

ge der Daten hatte der Industrie-PC zu

wenig Kapazitat. Ein Zweiter PC mus­

ste eingebaut werden, der nur fiir dieBildverwaltung zustandig ist. Urn das

System aber schnell genug zu machen,waren auch noch Soft- und Hard­

wareanpassungen erforderlich.

Effizienter Pulverauftragmit neuer Dichtstrom-Forderung

In dem Steuerschrank nahe der Pul­

verkiiche sind 20 RDF-Dichtstrom­

Fiirderpumpen installiert. Aile Pum­

pen funktionierten auf Anhieb. Proble­

me in Form einer pulsierenden Pulver­wolke gab es lediglich mit dem auf

40 g reduzierten PulverausstoB. Durch

Softwareanpassungen und Veranderun­

gen des Querschnittes im Ansaug­schlauch wurde das Problem schnellbeseitigt.

Mit dem Ziel der Optimierung der

Schichtstarke wurde die Pulvermenge

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PULVERBESCHICHTEN

Alte Anlage Neue Anlage

Farbweehselzeit 54 Mann-Minuten 10 Mann-Minuten

Farbweehsel 5 pro Tag 7 pro Tag

Besehiehlungsleislung 70 Traversen/Tag 100 Traversen/Tag

Verlustpulver 200 kg/Woehe 100 kg/Woehe

Programme 40 z.Z.95

Reproduzierbarkeit, Qualitat bedingt sehr hoeh

Rueklaufer 1% <0,5%

Prozesssieherheit unsieher sehr hoeh

Besehiehter an der Anlage 2 bis 3

pro Pistole auf 40 g heruntergefahren.

Auch diese geringe Pulvermenge meis­

tern die Pumpen. Infolge der rechtweichen Pulverwolke ist ein sehr effizi­

enter Pulverauftrag moglich und die

Qualitat der Beschichtung ist sehr gut.

Eine Wartung der Pumpen war bisheute nicht erforderlich. Urn die Sei­

tenflachen auch innen beschichten zu

konnen, wurden die entsprechenden

Pistolen mit Prallteller ausgeriistet.

Aile iibrigen Pulverspriihpistolen be­

schichten mit Flachstrahl.Das Erstellen eines neuen Pro­

gramms erfolgt durch Kopieren eines

vorhandenen. Der Zeitaufwand flir dasAnpassen betragt 10 bis 20 Minuten, je

nach dem, wie viel zu andern ist.

Die von der Automatik nicht

deckend beschichtbaren Partien - die

inneren Kanten, der Deckel von untenund die inneren Seitenwande - werden

von Hand nachbeschichtet. Auch an

der Gehausefront oben und unten wirdteilweise yom Anlageflihrer bei laufen­

dem Forderer nachgebessert.

Die Anlage arbeitet mit einer Ket­

tengeschwindigkeit, je nach Gehause,

von 0,7 bis 2, 0 Meter pro Minute. BeiFlachteilen wie Tiiren kann die For­

dergeschwindigkeit auf 3 Meter pro

Minute erhoht werden.

Aile Vorgaben umgesetzt

In der Tabelle sind die wichtigstenErfahrungswerte von Lista in Arnegg

FOr die Teileerkennung kommt bei Listaerstmals eine Kamera zum finsatz, dieam Kabineneinlauf instal/iert ist. Dasneue frkennungssystem arbeitete vomStart weg fast fehlerfrei.

vor und nach der Umstellung der

Pulverbeschichtung zusammengefasst.

Angaben zum Luftverbrauch sind erst

in einem Jahr anhand der Kompressor­

Laufzeit moglich. Das gilt auch flir denPulververbrauch, da die Pulverein­

sparungen nur durch Gegeniiberstel­

lung von beschichteter Flache und

Pulververbrauch nachgewiesen wer­

den konnen.

Die bisher vorliegenden Erfahrun­

gen mit der neuen Anlage konnen wie

folgt zusammengefasst werden: Die

Dichtstromfiirderpumpen arbeiten seit

Abnahme der Anlage einwandfrei.Auch die Kamera-Erkennung funktio­

niert bis auf wenige Ausnahmen sehr

gut. Schon kurz nach dem Produkti­

onsstart brachte die Anlage die gefor­

derte Leistung. Mittlerweile iiber­

schreitet die Beschichtungskapazitat

die des Ofens. Nach dem Fiillen derPistolen mit der neuen Farbe wird yom

ersten Wagen an auf Riickgewinnung

gearbeitet. Dabei wird darauf geachtet,

dass moglichst keine Extremfarben

aufeinander folgen.Fiir die Verantwortlichen bei Lista

war es bei diesem Projekt vor allem

schwierig, sich von der urspriinglich

geplanten Roboterapplikation zu liisen

und auf eine neue Technologie zu set­zen. Doch mittlerweile ist man bei

Lista absolut davon iiberzeugt, flir den

vorliegenden Bedarf die richtige Ent­scheidung getroffen zu haben. •

Der Autor: Horst Winkler,lisla Degersheim AG, CH-Arnegg,

Tel. 0041/71/38892-94,

[email protected], www.lista.com

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