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162 grand gtrs RARE & VINTAGE 1965 Fender Super Reverb Echt Super! Als Fender im Frühherbst 1963 eine neue Modellreihe mit schicken schwarzgrundigen Blenden, Bezug aus schwarzem Kunstleder von General Tire mit dem Markennamen Tolex in Verbindung mit einer silbrig wirkenden Frontbespannung und vor allem mit einigen in- novativen Kofferverstärkern mit integriertem Federhall und meist auch Tremolo vorstellte, war eine ganze Generation von Tone-Ikonen aus der Taufe gehoben worden. Zu diesen abso- luten Klassikern zählen so wunderbare Reverb-Amps wie Princeton, Deluxe, Vibrolux, Pro und Twin, der Vibroverb sowie der Super Reverb. Text und Fotos von Michael Püttmann

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Page 1: 1965 Fender Super Reverb Echt Super!

162 grand gtrs

RARE & VINTAGE

1965 Fender Super Reverb

Echt Super!Als Fender im Frühherbst 1963 eine neue Modellreihe mit schicken schwarzgrundigenBlenden, Bezug aus schwarzem Kunstleder von General Tire mit dem Markennamen Tolexin Verbindung mit einer silbrig wirkenden Frontbespannung und vor allem mit einigen in-novativen Kofferverstärkern mit integriertem Federhall und meist auch Tremolo vorstellte,war eine ganze Generation von Tone-Ikonen aus der Taufe gehoben worden. Zu diesen abso-luten Klassikern zählen so wunderbare Reverb-Amps wie Princeton, Deluxe, Vibrolux, Pround Twin, der Vibroverb sowie der Super Reverb.

Text und Fotos von Michael Püttmann

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Die Liste der Super Reverb-Nutzer unter den Bluesgi-tarristen ist schier endlos und beinhaltet u. a. MuddyWaters, Albert, B.B. und Freddie King, Otis Rush, MikeBloomfield, Jimmie und Stevie Vaughan, Anson Fun-derburgh, Derek O’Brien, Ronnie Earl, Robert Cray,Charly Baty, Tommy Castro, Tab Benoit, Doyle Bram-hall II, Derek Trucks und Philipp Sayce. Aber auch inanderen Genres wie Jazz (z. B. Wes Montgomery, GrantGreen, Joe Pass), Country (z. B. Merle Haggard, BuckOwens, Don Rich), R&B, Soul und Funk (u. a. NileRodgers), Rock (u. a. Lee Ranaldo, Tom Verlaine,Wayne Kramer, Elliott Randall) und Fusion (u. a. Rob-ben Ford, Michael Landau,) zählen diese Amps zu denbevorzugten Werkzeugen. Entsprechend häufig trifftman sie als House Equipment in professionellen Stu-dios an.

Aus FEIC wird FIMNach der Übernahme durch den CBS Konzern im Ja-nuar 1965 wurde die Fender-Welt zwar nicht völlig aufden Kopf gestellt, aber kleinere Änderungen tauchtendoch recht bald auf. Da die Fender Electric InstrumentCompany (FEIC) – bislang auf den Kontrollplatten derVerstärker als Hersteller angeführt – jetzt umfirmiertwar, bedruckte man die neuen Faceplates mit dem ak-tuellen Herstellernamen Fender Musical Instruments(FMI), auf den Rearpanels ergänzt um den Hinweis „ADiv. of Columbia Record Distribution Corp.“. Ansons-ten erfolgten keine bedeutenden Änderungen amSuper Reverb in der Schaltungsvariante AB763“, die sonoch bis Anfang 1968 produziert wurde. Aus der frühenFMI-Blackface Phase stammt das laut Stempel auf demTube Chart „OG“ im Juni 1965 fertiggestellte Pracht-exemplar eines Blackface Super Reverbs, das wir unsim Folgenden näher anschauen wollen.

GehäuseWie alle Blackface Fenders so verfügt auch unser SuperReverb über ein Gehäuse aus massiven einteiligen undmiteinander fingerverzahnten Kieferbrettern, Rückab-deckungen aus Kiefersperrholz und ein Lautsprecher-brett aus Pressspan. Letzteres wurde von vorne aufeingeleimte Vierkanthölzer gesetzt und mit diesen mitmehreren langen Holzschrauben verbunden. Dieses„floating Baffleboard“ resoniert zwar weniger als dasnur bis 1962 verwendete Kiefersperrholz, allerdingsdeutlich mehr als die Anfang der 1970er Jahre einge-führten „fixed Baffleboards“. Die vier 10 Zoll Lautspre-cher befestigte man im Inneren auf jeweils achtschwarz eloxierten Maschinenschrauben, die vor demBespannen von vorne eingesetzt worden waren. Einpaar Holzschrauben müssen also das Gewicht von vierLautsprechern plus Schrauben, Muttern, Lautspre-cherbrett und Grillcloth halten, eine relativ schwereLast. Da Pressspan nun einmal aus miteinander ver-klebten Holzpartikeln besteht, ist es zwar steifer als

Massivholz, brichtaber viel leichter aus.Man sollte deshalbsolch einen Verstär-ker zum Transportentweder rundum ge-sichert aufrecht stellenoder auf seine Rückseitelegen. Aus eigener Erfah-rung kann ich berichten, dassdas Restaurieren ausgerissenerBlackface-Speakerboards zwar möglich, je-doch zeit- und nervraubend ist. Die unteren Ecken sindmit aufgeschraubten Metallecken geschützt. Ein miteinem flachen Stahlband verstärkter Kunststoffgriff be-findet sich in der Mitte der Oberseite. Seitlich montiertwurden Tilt-Back Legs, also verchromte Leisten, diesich nach hinten klappen lassen und so ein Schrägstel-len des Combos ermöglichen – praktisch, um sichselbst besser zu hören und die Ohren von Mitmusikernund Publikum zu schonen. Der Verstärker ruht auf vierauf seine Unterseite geschraubten Füße, die aus einerMetallkappe plus Gummieinsatz bestehen und soleichte Vibrationen kompensieren sollen.

VerstärkereinschubAlle Blackface Fender-Modelle oberhalb des PrincetonReverbs verfügen über zwei Normal und Vibrato be-nannte Kanäle, so auch der Super Reverb. Irgendje-mand bei Fender brachte wohl über lange Jahre dieBegriffe Vibrato (Tonhöhenveränderungen wie z. B. beiStrats und Jazzmasters) und Tremolo (rhythmischeLautstärkeschwankungen wie bei den Amps) durchein -ander. Der linke Normal-Kanal verfügt über einenBright-Schiebeschalter (überbrückt die mittels eines120 pf definierten oberen Höhen und sorgt so für einensehr brillanten Sound), Volume, Treble und Bass. DerVibrato-Kanal besitzt zusätzlich noch Regler für Mitten(im Gegensatz zum festen Wert von 6k8 Ohm hier alsoein 10k Ohm Mitten-Poti), Reverb (für die Zumischungdes Federhalls) sowie zur Einstellung des OptokopplerTremolos (Geschwindigkeit des Pulses) und Intensity(Verhältnis zum trockenen Signal). Beide Effekte funk-tionieren nur auf dem Vibrato-Kanal und lassen sichper mitgeliefertem Fußschalter getrennt aktivieren.Die Verstärkereinheiten von Fender-Amps werden tra-ditionell auf einem Stahlchassis aufgebaut. Auf dessenUnterseite schraubte man die Hauptbestandteile Trans-formatoren, Röhrensockel sowie das Board mit dengroßen Netzteilelkos, letzteres geschützt von einer Me-tallabdeckhaube. Innen sitzt darauf montiert das Main-board mit Preamp-, Treiber- und einigenEnd stufenkomponenten sowie neben dem Netztrafodas kleine Biasboard. Alle drei bestehen aus impräg-nierten Pappfaserplatten, in die Löcher gebohrt unddarin Lötnieten gepresst wurden. Kontrolllampe, Si-

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DETAILSHerkunftsland: USA

Hersteller: Fender

Modell: Super Reverb

Schaltungsvariante: AB763”

Seriennummer:A08872 (Chassis)

Baujahr: Juni 1965

Bezug: Schwarzes Tolex

Frontplatte: Blackface, Fender Musical

Instruments

Kanäle: Normal, Vibrato

Effekte: Hall, Tremolo

Röhren:

- Vorstufe: 3 x 7025, 12AX7, 12AT7

- Treiberstufe: 12AT7

- Endstufe: 2 x 6L6GC

- Gleichrichter: 5AR4

Transformatoren: Schumacher, USA

- Netztrafo: 125P5D (US Version)

- Siebdrossel: 125C1A

- Halltrafo: 022921

- Ausgangstrafo: 125A9A

Lautsprecher: 4 x CTS 10“ Ceramics

(datiert auf die 9. Woche 1965)

Leistung: 45 Watt RMS

Gewicht: ca. 30 kg

Zubehör: Fußschalter für Tremolo und

Hall

Besonderheiten: exzellent erhaltenes

generalüberholtes Exemplar des zwi-

schen Ende 1963 und Ende 1967 gebau-

ten Blackface-Modells

www.tone-nirvana.com

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cherungshalter von Littlefuse, Schalter von Carling,Eingangs-, Ausgangs- und Schalterbuchsen vonSwitchcraft sowie Potentiometer von Stackpole (bis aufdas CTS Bias-Poti) sind allesamt individuell in Chas-sis-Bohrungen verschraubt und mit baumwollumman-teltem Draht der Stärke 22 AWG bzw. 20 AWG Litze fürdie Heiz- und Lautsprecherleitungen frei verlötet. MitMadenschlitzschrauben auf Höhe der 10 fixierte mandie mit weißen Zahlen von 1 bis 10 bedruckten schwar-zen geriffelten Reglerknöpfe aus Hartplastik auf denAchsen der Potentiometer. Der – wie fast alle Fender-Trafos zu dieser Zeit – von Schumacher gelieferte Aus-gangsübertrager besitzt eine Primärimpedanz vonknapp 4k Ohm sowie eine Sekundärimpedanz von 2Ohm. Gegenüber allen anderen Reverb-Combos mitzwei 6L6GCs in der Endstufe fällt dieser jedoch deut-lich größer und schwerer aus und wurde deshalb mitvier Blechschrauben befestigt. Großes „Eisen“ bedeutetgrößeren Tone mit besserer Definition, mehr Head-

room und stärkeren wie auch klareren Bässen. Der ein-zig andere Fender-Verstärker mit einem vergleichbarenAusgangstrafo ist der Bassman (4 Ohm sekundär), des-sen Blackface-Varianten aber über völlig andere Schal-tungen verfügen. Weiterhin prägen auch die Koppel-und Entkoppelkondensatoren das Klangbild eines Ver-stärkers in erheblichem Maße, und hier sind vor allemdie wunderbar klingenden und relativ stabilen blauenaxialen Mylar-Kondensatoren von Ajax hervorzuheben.Hinzu kommen keramische Scheibenkondensatorenfür die niedrigen Kapazitätswerte sowie Kohlepresswi-derstände von Allen Bradley, die mit ihren Mikrover-zerrungen insbesondere als Anodenwiderstände zurWärme des Klangs beitragen.

Die Gleichrichtung erfolgt beim Blackface Super Re-verb mittels einer 5AR4 = GZ34. Er läuft mit relativhohen Anodenspannungen, von nominal 460 VDC aufden Endstufenröhren und 270 VDC auf den Eingangs-

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stufen, was seinen Tone und sein Feel ebenfalls starkprägt. In der Endstufe sitzen 6L6GC, ursprünglich vonGeneral Electric, mittlerweile durch ein frisches Duettder wunderbaren TAD-Reissue mit der Bezeichnung6L6WGC-STR ersetzt und nicht zu heiß gebiast. DieVorstufenbestückung besteht in jeweils einer amerika-nischen 7025 für die Eingangsstufen und Klangrege-lungen, einer 12AT7 als Halltreiberröhre, einerweiteren 7025 als Hallmixer- und -aufholröhre, einer12AX7 für das Tremolo sowie einer 12AT7 in der Trei-berstufe. Mit der Auswahl der Röhren plus dem Ein-stellen des Bias der Endstufenröhren unterrealistischen Anwendungsbedingungen, also bei Live-Lautstärke, lässt sich mit viel Geduld und Fingerspit-zengefühl ein Fine-Tuning des Tones vornehmen. EineToleranz sämtlicher Bauteile von ca. 10% sorgt in Ver-bindung mit dem alterungsbedingten Verschieben vie-ler Bauteilwerte zudem für unterschiedlichenCharakter verschiedener Exemplare mit vermeintlichidentischen Merkmalen.

Hallspirale und LautsprecherDie Hallspirale von Accutronics, Typ 4AB3C1B mit zweiFedern, steckt in einer Hülle aus zwei Lagen Tolex, diein den Boden des Gehäuses geschraubt wurde. Von hierführen zwei nicht-isolierte Kabel mit Abschirmgeflechtund kurzen Cinch-Steckern hoch zu den betreffendenEin- und Ausgangsbuchsen im Backpanel. Die Ent-scheidung zum Einbau bestimmter Lautsprecher fielbei Fender anscheinend auf Basis einer Kombinationvon technischer Spezifikation, Verfügbarkeit und nichtzuletzt Preis. Entsprechend sind in Blackface Amps 10“„Heavy Duty Speaker“ fünf verschiedener Herstelleranzutreffen, darunter welche mit Keramikmagnetenwie Jensen C10R und C10Q, Oxford, CTS und Pyle,aber auch solche mit Alnico-Magneten von CTS undJBL (D110F), letztere aber extrem selten, da nur gegensehr hohen Aufpreis zu haben. In unserem Super Re-verb finden sich die für diese Zeit typischen, auf die 9.Woche 1965 datierten CTS mit Keramikmagneten, denFavoriten u. a. von SRV Amp-Tech Cesar Diaz undAnson Funderburgh.

ToneUnd klingt der Super Reverb denn auch so, wie erheißt? Allerdings! Die Blackface-Schaltung ist grund-sätzlich für ihre reduzierten Mitten und den insgesamtclean-sparkligen Tone bekannt. Je nach Verstärkertypfällt das Klangergebnis jedoch deutlich unterschiedlichaus, was an mehreren zusammenspielenden und jenach Modell variierenden Faktoren liegt. Beim SuperReverb kompensiert die reichliche Membranfläche dervier Lautsprecher das Mittenmanko etwas. In Verbin-dung mit dem relativ großen Ausgangstrafo sorgt dieseaußerdem für reichlich Bass, den man beim Überholendes Verstärkerteils jedoch etwas tighter akzentuieren

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kann. Charakteristisch für einen Blackface Super Re-verb sind weiterhin dynamische Ansprache, Transpa-renz sowie Offenheit, das alles bei einer stets warmenGrundcharakteristik.

Als gute Anfangseinstellung der Regler des Vibrato-Kanals für das Antesten mit Fender-Gitarren empfehleich Volume 5, Treble 6, Middle 6, Bass 3, Reverb 3. MitHumbuckern und P90s würde ich das Volume zu-nächst eine Stufe, die Mitten zwei und den Bass eineherunter regeln. Wenn ein Super Reverb kompetentüberholt und dabei mit qualitativ hochwertigen Bau-teilen und Röhren ausgestattet, dem Geschmack undden Anforderungen des Besitzers entsprechend fine-getunet wurde, dann sollte man mit dem Lautstärke-regler der Gitarre auf 7 bis 8 einen relativ klaren,definierten, spritzigen und lebendigen Tone erhalten,wie er ideal für cleane Rhythmusarbeit ist. Bei aufge-drehtem Lautstärke-Poti kommt man dann schon insleichte Anzerren. Hierzu lässt sich mit Boostern undOverdrives Lautstärke und Verzerrung addieren, so-dass auch kräftige Crunch bis singende Lead-Soundserzielbar sind. Gerade an diesem Sweet-Spot kommendie CTS Keramik-Speaker zur Geltung, denn sobaldder Verstärker runder in den Bässen, mittiger undetwas weicher in den Höhen wird, sorgt ihr tighterund sehr offener Charakter für die nötige Durchset-zungskraft im Mix. Allerdings reden wir hier bereitsvon einer Laustärke, die für kleine Clubs zu hoch ist,was man entweder durch moderatenEinsatz eines At-tenuators oder aber das dauernde Einschalten einesrelativ klangneutralen Boosters in den Griff bekom-men kann.

ResümeeKeine Fender-Sammlung ist ohne einen BlackfaceSuper Reverb auch nur halbwegs Ernst zu nehmen.

Außerdem kann man damit in allen musikalischenRichtungen brillieren – vielseitiger geht es kaum. Aneinem richtig guten alten Fender Super Reverb gehtalso weder für Sammler noch für aktive Gitarristen derWeg vorbei. Modifikationen – und damit meine ichnicht die dringend anzuratende Generalüberholung,regelmäßige Wartung oder den Austausch der Laut-sprecher zwecks Schonung oder gefälligerer Akzentu-ierung der Klangfarbe – führe ich nur an früher vonIgnoranten irreversibel strukturell veränderten Exem-plaren durch, denn ein Blackface Super ist ein absolu-ter Klassiker, der für sich steht. Wer einen ähnlichen,jedoch kräftigeren und vielseitigeren Super ReverbTone sucht, dem kann man schließlich durch massivesÜberarbeiten und Tweaken der in einigen Punkten abWerk wesentlich schlechter gebauten Silverface Ge-schwister weiterhelfen. Hauptsache, am Ende ist allessuper! �

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