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 , ~ : : Ästhetisclle Moderl e il Europa Gnmdzüge und Problemzusanunenhänge seit der ROlnantik Herausgegeben von Silvio Vietta und Dirk Keinper onderdruck , , Wilhelnl ink Verlag

1997_Aus-Ein-Ander-Setzung

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~ : . : Ästhetisclle Moderl1e il1 Europa

Gnmdzüge und Problemzusanunenhänge seit derROlnantik

Herausgegeben von

Silvio Vietta und Dirk Keinper

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Sonderdruck

,, Wilhelnl Fink Verlag

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JOCHEN MECKE

Aus-Ein-Ander-Setzung: Die agonale Modernitätvon Miguel de Unamunos Roman Niebla (1914)

Inhalt

Spyros A. Pappas, Generaldirektor der Abteilung 10 der Europäischen

Kommission in Brüssel:Grußwort ............................................................................................ ,. IX

Silvio Vietta / Dirk Kemper:

Einleitung ............................................................................................ .

Günter Figal:

Krise der Aufklärung - Freiheitsphilosophie und Nihilismus alsgeschichtslogische Vorausset zungen der Modeme ....................... 57

Walter Demel:Der Prozeß der Modemisierung der Gesellschaft: FranzösischeRevolution, Industrialisierung und sozialer Wandel ..................... 71

Dirk Kemper:Ästhetische Modeme als Makroepoche ........................................... 97

Ernst Behler:127on der romantischen Kunstkritik zur modemen Henneneutik

Ingrid Oesterle:Innovation und Selbsruberbietung: Temporalität der ästheti

schen Modeme ................................................................................... .. 151

JürgeH H. Petersen:Grundzüge einer Ästhetik des Inkohärenten in Romantik und

Modeme ................................................................................. ~ . . . . . . . . . . . . . 179

Carsten Zelle:

Ästhetik des Häßlichen: Friedrich Schlegels Theorie und dieSchock- und Ekelstrategien der ästhetischen Modeme .................. 197

1. Stukturelemente literarischer Moderne

1. Die moderne Destruktion der Repräsentation

Die literarische Modeme - so lautet der minimale Konsens ihrer ansonsten divergierenden Theorien - ist das Ergebnis eines für die soziale Modeme insgesamt charakteristischen Prozesses, der zur Ausbildung funktional differenzierter, relativ autonomer Teilsysteme ge

führt hat. Sie schließt eine Entwicklung ab, in deren Verlauf sich Literatur von sozialen und geschichtlichen Bindungen mehr und mehr

löst, um zu einem sich selbst organisierenden, relativ autono men Teilsystem, zu einem champ institutionnel differencie zu werden, das nun

mehr von rein internen Gesetzmäßigkeiten bestimmt wird.1 Dieser

Aus konstruktivistischer Perspektive setzt S. J. Schmidt den Beginn der

Ausdifferenzierung eines sich selbst organisierenden Teilsystems"Literatur" für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts an (Siegfried J.

Schmidt: Die Selbstorganisation des Sozialsystems Literatur im 18. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1989, S. 16), während "Literatur" als institutionalisiertes und in sich selbst ausdifferenziertes Feld für die strukturaleSoziologie Pierre Bourdieus erst hundert Jahre später, mit den Werken

Baudelaires und Flauberts entsteht (Pierre Bourdieu: Les regles de I'art:Genese et structure du champ litteraire. Paris 1992, S. 75 ff.). Die Abweichungen in der zeitlichen Festlegung lassen sich aus den unterschiedlichen Ansätzen ableiten: Schmidt geht es um den Wandel von einer ständischen sozialen Schichtung zu einer funktionalen Differenzierung, der mitder Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft Hand in Hand geht und li

teratur als selbstorganisierendes System von anderen gesellschaftlichenPraktiken abspaltet (Schmidt, S. 65 ff.), während Bourdieu die Entstehungeines autonomen, in sich selbst bereits differenzierten, institutionalisierten

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397OCHEN MECI<E

Prozeß vollzieht sich bekanntlich in verschiedenen Etappen: In der

Poetik de s l'art pour l'art löst sich Literatur zunächst von utilitaristischen Funktionalisierungen,2 um dann etwa in den Fleurs du Mal oderin Madame Bovary einen gegenüber bürgerlicher Moral indifferentenStandpunkt jenseits vC?n Gut und Böse zu beziehen. Die dort offenkundig werdende Diskrepanz zwischen bürgerlicher Gesellschafteinerseits und Literatur andererseits ist allerdings viel grundlegender .

Denn von nun an weigern sich Literaten, als Repräsentanten ihrereigenen Klasse betrachtet zu werden, deren Interessen zu bedienenoder deren Weltanschauung in ihren Werken zu reproduzieren.3 Diese für die Modeme charakteristische Negation bestimmt indessennicht nur das literatursoziologisch zu analysierende Verhältnis desliterarischen Feldes zu feldexternen gesellschaftlichen Teilsystemen,sondern auch das einzelne Werk selbst. In" dem Bemühen, sich vonfremden, äußer en Einflüssen zu lösen und zu sich selbst zu kommen,versteht sich die literarische Modeme als totale Negation des Vergangenen und Tradierten. Literatur erhebt den Anspruch, nicht mehr bloßtraditionelle Formen zu reproduzieren, sondern durch deren Zerstörung authentischer Aus druck des transitorischen, aktuellen Momenteszu sein;4 Dieser Habitus der Negation bezieht sich allerdings nicht

Feldes analysiert, dessen Existenz sich gerade der Ablösung von der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Ökonomie verdankt und das sich als feldinterner Markt symbolischer Güter beschreiben läßt (Bourdieu, S. 201 ff.).

2 Die in Gautiers Vorwort zu "Mademoiselle Maupin" programmatischformulierte Ästhetik des "I'art po ur l' art" versteht sich bekanntlich als totale Negation jeglicher gesellschaftlicher Funktionalisierung überhaupt:"n n'y a de vraiment beau que ce qui ne peut servir arien; tout ce qui estutile est laidi car c'est I'expression de quelque besoin" (Theophile Gautier:Preface a 'Mlle Maudepin'. Paris 1956, S. 31 f.).

3 Ihr Verhältnis ist das einer wechselseitigen Negation: In "Les regles deI'art" wird das literarische Feld als duale Struktur mit den Teilfelderngrößerer und eingeschränkter Produktion beschrieben, wobei sich sym

bolisches und kulturelles Kapital einerseits und ökonomisches Kapitalandererseits umgekehrt proportional zuein ander verhalten. Vgl. Bourdieu(wie Anm. 1), S. 177 f.

4 Die von Baudelaire in "Le peintre de la vie modeme" formulierte Ästhetikder Modeme identifiziert "Modernität" allein mit diesem flüchtigen Augenblick: "La modernite, c'est le transitoire, le fugitif, le contingent, lamoitie de I'art, dont l'autre moitie est I'eternel et l'immuable" (CharlesBaudelaire: <Euvres Completes. Edition preparee par Marcel Ruff. Paris1968, S. 553). - Zum zeitlichen Modus der literarischen Modeme aUge-

DIE AGONALE MODERNITÄT

nur auf die Tradition, sondern auf vorgegebene Sinnkonfigurationenund Wirklichkeitsbereiche überhaupt. Flauberts Traum von einemlivre sur rien, Rimbauds poetische Praxis der Kombination des Disparaten in den Illuminations oder Mallarmes gänzliche Loslösung der

literarischen Sprache von der Wirklichkeit mar kieren nur einige Stadien in diesem Prozeß der- Befreiung von referentiellen Festlegungen.s -, "Die literarische Mode me ist, so lassen sich die bisher skizzierten TW

denzen zusammenfassen, durch den Bruch mit jeglicher Formv ~ n .

Repräsentation und der Suche nach (Selbst-)Präsenz gekennzeichnet:Ob es sich um die Vergegenwärtigung vergangener Schreibweisendurch deren Imitation, um den Status des Schriftstellers als Stellvertre

ter der bürgerlichen Klasse oder aber um die Widerspiegelung vonWirklichkeit handelt, alle derartigen Formen von Re-Präsentationstoßen in der literarischen Modeme auf Ablehnung.6

mein vgJ. Jochen Mecke: Roman-Zeit: Zeitformung und Dekonstruktiondes französischen Romans der Gegenwart. Tübingen 1990, Kap. III.

5 Es ist symptomatisch, daß dieser Bruch mit der Referenz in "Crise de

vers" nicht einmal mehr den Status eines kategorischen Imperativs derModeme hat, sondern vielmehr als bloße Beschreibung eines Faktumsfungiert: "Pilrler n'a trait a la f I . ~ a l i t e que commercialement: en litterature,cela se contente d'y faire une allusion ou de distraire" leur qualitequ'incorporera quelque idee" (Stephane Mallarme: <Euvres. Paris 1985, S.276).

6 Es handelt sich hier um eine Analyse der Art und Weise, in der die Negation von Repräsentation innerhalb des Diskurses der Modeme funktioniert. Auslösendes Moment des Bruchs mit jeglicher Form von Re

Präsentation ist das Streben nach (Selbst-)Präsenz, das als eine Art regulativer Idee moderner Schreibpraktiken wirkt und die beschleunigte Dynamik ihrer Entwicklung bestimmt. Daß deren Verwirklichung in Reinform nicht oder aber nur in der Form einer Literatur ,des Schweigens

möglich ist, zeigen nicht erst komplexe Dekonstruktionen etwa der modernen Negation von Geschichtlichkeit, wie sie beispielsweise Paul de

Man durchgeführt hat (Paul de Man: Literary History and Literary Modernity. In: Ders.: Blindness and Insight: Essays in the rhetoric of Contemporary Criticism. New York 1971, S. 158 f.). Bereits Rimbauds berühmte Formulierung aus den "Illuminations" unterstreicht mit der Forderungnach absoluter Modernität (,,11 faut etre absolument modeme". ArthurRimbaud: <Euvres. Ed. v. Suzanne Bernard, Andre Guyaux. Paris 1981, S.241) deren Status als nicht zu verwirklichende regulative Idee.

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398 JOCHEN MECKE

2. Moderner Tod des Autors

Allerdings ist das bisher skizzierte Bild der Modeme unvollständig.Damit Literatur tatsächlich ZU, sich selbst kommen, sich selbst verwirklichen kann, muß sie sich von einer weiteren Instanz literarischerKommunikation lösen. Denn der Bruch mit der mimetischen, traditionellen und sozialen Form der Repräsentation ließe sich immer nochals radikale Steigerung auktorialer Subjektivität, Allmacht und Allge

genwart begreifen. Die Geburt der literarischen Modeme in ihrer vollendeten Form vollzieht sich erst in einem Prozeß des Rückzugs desAutors, dessen Vorgeschichte etwa in der Mitte des 19. Jahrhundertsbeginnt. Flaubert bricht als ers ter mit allen Manifestationen auktorialer S o u v e r ä n i t ä t ~ indem er den Autor und den Erzähler als dessenStatthalter durch die narrativen Techniken der impassibilite, imperson

naUte und impartialite neutralisiert. Zunächst vergrößert dieser spektakuläre Rückzug jedoch das Bedürfnis des Rezipienten nach Erklärungund hermeneutischer Auslegung des Textes im Sinne eines SagenWollens, das sich nicht mehr direkt offenbart, sondern sich unter der

Textoberfläche verbirgt. Insofern erhält die berühmte Frage danach,was der Autor uns eigentlich mit seinem Text "sagen will", ihren vol:

len Sinn als Kardinalfrage literarischen Verstehenserst nach dessenVerschwinden.7 Allerdings erkauft er sich diesen prekären Status als"verborgener Gott" seiner Schöpfung mit dem Verlust def'': Verfügungsgewalt über die (Be-)Deutung des Werkes. Denn es obliegtnunmehr dem Leser, die vermeintlichen Intentionen des Autors ineiner eigenen, notgedrungen kreativen Interpretation herauszuarbeiten. Der "Tod des Autors", um die menetekelhafte Formulierung Ro

land Barthes' wieder aufzugreifen, meint also zunächst einmal den

Verlust auktorialer Verfügungsgewalt über die Auslegung des Textes.s Sie beende t jedoch nicht das Par adigma der Hermeneutik, son

7 So hat auch Flaubert selbst seine Romantechnik gerade nicht als Entmachtung des Autors gedeutet. Durch die Technik der impersonnalite erhält er

im Gegenteil gerade die Attribute eines allmächtigen Gottes: In einemBrief an Louise Collet vom 9.12.1852 heißt es: "L'auteur, dans son reuvre,doit etre comme Dieu pans l'Univers, present partout et visible nulle part"(Gustave Flaubert: Correspondance. Paris 1980, S. 204).

8 Allerdings vermischt Barthes kommunikationstheoretische und literaturgeschichtliche Argumentationslinien: Einerseits setzt er einen historischenEinschnitt an, de r mit d er Poetik Mallarmes zusammenfällt, andererseitsscheint der von ihm beschworene "Tod des Autors" eine Art Apriori jegli-

DIE AGONALE MODERNITÄT ~ 9 9

de m potenziert es noch, da sie die Frage nach der Autorenintention ...

dramatisch zuspitzt und zur conditio sine qua non des Verstehensmacht.

In einer wesentlich radikaleren Version literarischer Modernitätwird der Autor indessen als zentrales Subjekt nicht nur der Rezeption,sondern auch der Produktion des Werkes außer Kraft gesetzt. DieserWandel vollzieht sich bekanntlich in der Poetik M a l l a r m ~ s .

L'reuvre implique la disparition ilocutoire du poete,qui c!de l'initiative aux ,mots, par le heurt de leur inegalite mobilisesj ils s'allument de re flets reciproques comme une virtuelle trainee de feux sur des pierreries, r e m p l a ~ a n t la respiration perceptible en l'ancien souffle lyrique ou la direction person

nelle enthousiaste de la phrase.9 '

Von Mallarme führt die Spur, die das Verschwinden des Autors hinterläßt, um nur einige Stationen zu nennen, über die dadaistischenTechniken der Collage und Montage, die aleatorische Kombinationheterogener Bildbereiche bei Reverdy, im creacionismo und ultraismo

biS zur ecriture automatique der Surrealisten. Erst wenn sich Literaturauch von der Bindung an die Repräsentation der Emotionen und intentionen des Autors befreit hat, kann sie gänzlich zu jener Kompensation und Alternative des zeichenhaften Funktionierens von Sprache}O zu jener Problematik der Sprache werden, die für die Modemecharakteristisch ist.11 Erst wenn die Sprache selbst beginnt zu sprechen, erst wenn die Schrift sich selbst schreibt, ist die für die literarische Modeme charakteristische Revolution der poetischen Sprachevollendet. 12 

cher literarischer Kommunikation überhaupt zu s ~ i n , da sogar die auktorialen Kommentare eines Balzac als Beleg für die These vom Verschwinden des Autors herhalten müssen. Vgl. Roland Barthes: La mort de

l'auteur. In: Le bruissement de la langue: Essais critiques IV. Paris 1984, S.

61-67, hier 61.

9 Mallarme (wie Anm. 5), S. 276 f. (Hvg. J. M.).

10 Michel Foucault: Les mots et les choses. Paris 1966, S. 59. 11 "L'ecriture dassique a donc edate [vers 1850, ala suite de l'eclatement de

l'unite de la dass e bourgeoise; J. M.] et la Litterature -entiere, de Flaubert anos jours, est devenue une problematique du langage" (Roland Barthes:Le degre zero de l'Ecriture. Suivi de Nouveaux essais critiques [1953]. Paris 1975, S. 8).

12 Diese Definition literarischer Modeme als Negation von Repräsentation kann insbesondere bei der Beschreibung der Strukturen moderner Lyrik

 

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401OCHEN MECKE

Vergleicht man diese im Zentrum europäischer Modeme vorherr

schenqe Tendenz zur Negation von Repräsentation mit den literari

schen Entwicklungen an ihrer Peripherie, wird ein grundlegender

Unterschied sichtbar: Zwar experimentieren auch die Romane der

generaci6n deI 98 mit neuen Techniken und Verfahren. Sie stehen zeit

genössischen resteuropäischen Werken an Radikalität nicht nach, ja

übertreffen diese zum Teil noch. Doch gerade den modemen Bruch

mit traditionellen Prinzipien der Repräsentation von Wirklichkeit und

Subjektivität scheinen sie kaum zu vollziehen. Diese Alterität spani

scher Modeme wurde oftmals nach einem relativ einfachen literatur

historischen Muster auf die Feststellung d ~ r vermeintlich notorischen

Verspätung spanischer Literatur reduziert, eine historiographische

Reduktion, die kompensatorische Thesen auf den Plan rief, die in

spanischen Werken nach 1900 keine Verspätung, sondern eine Vor

wegnahme im restlichen Europa erst später vollendeter literarischer

Revolutionen sehen wollten.13 Daß die spanische Modernität in

Wirklichkeit wesentlich komplexer ist, als 'solche vereinfachenden

Darstellungen glauben machen, läßt sich anhand einer Analyse von

Unamunos 1914 veröffentlichtem Rmp.an Niebla zeigen.14 

auf literaturtheoretischen Konsens rechnen. Problematisch erscheint sieerst dort, wo sie Anspruch auf eine adäquate Beschreibung der Poetik des

modemen Romans erhebt. Denn gerade die innovativen Techniken der

personalen Perspektive, des inneren Monologs, der erlebten' Rede oder

des sfream 0/ consciousness negieren menschliche Subjektivität nicht, sondern potenzieren diese geradezu. Zuminde st die Repräsentation auktoria

ler Subjektivität wird dadurch in eine Vielfalt personaler Perspektivenund die Polyphonie verschiedener Reden aufgelöst. Bei genauerer B,e

trachtung zeigt sich darüber hinaus, daB die modemen narrativen Techniken die Subjektivität der Figuren nicht ausdrücken, sonder n in der Heterogenität des zeitlichen Flusses, des BewuBtseinsstromes und der

sprachlichen Assoziationen auflösen. Damit koppelt sich auch der moderne Roman von der Repräsentation personenbezogener Subjektivität ab.

13 So hat u. a. Antonio Risco in seinem Buch mit dem programmatischenTitel "Azorin y la ruptura con la novela tradicional" Azor[ns Romankunst

als eine Vorwegnahme narrativer Techniken und Experimente gedeutet,die der französische nouveau roman erst sehr viel später verwirklichen

sollte (Antonio Risco: Azorin y la ruptura con la novela tradicional. Madrid 1980, S. 6, 68, pass.). - Eine ausführliche Analyse der Forschungslage

zur generaci6n deI 98 findet sich in: Jochen Mecke: Agonie der Modeme:Ambivalenzen der Repräsentation in der spanischen generaci6n dei 98.[Ersch. 1998].

14 Miguel de Unamuno: Niebla. Madrid 1985.

DIE AGON ALE MODERNITÄT

2. Repräsentation und Agonie der Moderne

2.1. Moderne Negation der Repräsentation

Eine phänomenologische Betrachtung von Niebla kann nicht umhin,.

dem Roman ein außergewöhnlich hohes Potential an moderI1efl'

Techniken und Verfahren zu attestieren. Diese Modernität ~ e g . i : p n t bereits bei der Reduktion de r Handlung auf das narrative M i n d ~ s t maß einer konventionellen Dreiecksgeschichte. Der Held der Erzäh

. lung, der reiche, aber einsame Augusto Perez, v ~ r l i e b t sich in . d ~ e Klavierlehrerin Eugenia Domingo deI Arco, der er emes Tages zufallig

auf der Straße begegnet. Allerdings beabsichtigt Eugenia, wie A ugu

sto bald erfährt , Mauricio Blanco Clara, einen jungen Dandy, zu heira

ten, sobald dieser eine Arbeit gefunden h!lt. Als Eugenia nach vielen

Widerständen schließlich .doch in eine Heirat mit Augusto einwilligt,

wenige Tage vor der Hochzeit jedoch mit Mauricio flüchtet, erwägt

Augusto, aus Schmerz über die erlittene Enttäuschung Selbstmord zu

begehen. Zunächst sucht er indessen den Schriftsteller Unamuno in

Salamanca auf, der ihm als Verfasser eines Traktates über den Selbst

mord bekannt ist. Dieser eröffnet dem fassungslosen Helden, daß er

gar nicht in der Lage sei, seine Absicht auszuführen, da er nicht existiere. Als bloße Romanfigur sei er ihm, dem allmächtigen Autor, völ

lig ausgeliefert. Er selbst habe sein Schicksal bereits besiegelt: Aug usto

werde eines natürlichen Todes sterben. Nach seiner Rückkehr nach

Hause bleibt Augusto gerade noch Zeit, ein Telegramm an Unamw;to

zu schicken, in dem er seinem Autor mitteilt, daß er recht behaltenl' , Se sa 10 con I He muer o.abe; da er bereits gestorben seIl " a suya. "15

Diese Handlung spielt nur eine extrem bescheidene Rolle in der

Konstruktion des Ganzen: Abgesehen von den wenigen, oben zu

sammengefaßten Ereignissen geschieht in Niebla nichts. Den weitaus

größten Teil des Romans nehmen Dialoge ein. Ein Freund des Helden,

der Romancier Victor Goti, faßt diese Geschichtsfeindlichkeit einer

neuen Romanpoetik in einem Gespräch folgendermaßen zusammen:

"Mi novela no tiene argumento, 0 mejor dicho, sera el que. vaya

15 Unamuno (wie .Anm. 14), S. 290: "Sie haben Recht behalten! Ich bin ge

storben."

 

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402 JOCHEN MECKE

saliendo. EI argumento se hace s610." 16 Der neue Roman hat keineHandlung mehr, die Handlung hatihre strukturbildende Funktion anandere Elemente des Romans abgetreten.17  Die Erzählung handeltvon nichts, weil ihr Held nicht handelt, weil er einer Spezies von Müßiggängern wider Willen angehört, die von jener ablllia geplagt werden, die fast alle Helden der 98er Romane charakterisieren und derenDiagnose und Therapie im Zentrum des Interesses der 98er Generation 

stand.l8  

Ebenso wie die spärliche Ausstattung der Handlung hat auch dieoffenkundig mangelhafte Figurendarstellung in Niebla immer wiederZweifel an Unamunos Fähigkeiten als Romancier aufkommen lassen.19 Seine scheinbare Unfähigkeit, Figuren zu zeichnen, ist jedoch

16 Unamuno (wie Anm. 14), S. 199: "Mein Roman hat keine Handlung, oder

besser gesagt, nur die, die sich ergeben wird. Die Handl ung entsteht ganzvon allein."

17 Diese Reduktion der Handlung ist für die Romane der 98er Generationdurchaus typisch. Vgl. dazu Jochen Mecke: Die Entmenschlichung der

Zeit: Geschichtskritik, Kontingenz und Echt-Zeit in der spanischen Generation von 1898. In: Zeiterfahrung und Lebenslaufmodelle in Literaturund Medien. Hg. v. Michael Titzmann. Tübingen 1996 (Kodikas /

CODE / Ars Semeiotica, 19.3), S. 195-212.18 Damit wird bereits eine erste Ambivalenz der modernen EIeruente von

"Niebla" und anderen Romanen von 1898 deutlich. Denn die Geschichtsfeindlichkeit der 98er Romane ist nicht nur eine Manifestation modernerAutonomie narrativer Formen. Vielmehr gerät mit der abulia eine Haltung in die Schußlinie der generaci6n deI 98, welche entscheidend mit an

der Genese dieser Autonomie literarischer Moderne beteiligt war: Dennwas sich einst in Decadence, Boheme und Flanerie lebenspraktisch und iml'art pour l'art, i m Symbolismus und im art pur literarisch äußerte, nämlich eine Haltung bewußter Opposition zu r abgelehnten bürgerlichen Gesellschaft, erscheint nun als Schwäche und Unfähigkeit und wird damitgerade in das Gegenteil der ursprünglichen Attitüde verkehrt: FernandoOssorio, Antonio Azorin, Augusto Perez oder Andres Hurtado, um nur

, einige Helden des Typus "Noventayocho" zu nennen, bleiben nicht etwa

deshalb passiv, weil sie sich der bürgerlichen Gesellschaft verweigern,sondern weil sie unfähig sind, ihr eigenes bzw. das nationale Schicksal zu

gestalten. Unter den Händen der 98er Autoren gerät die für die literarische Moderne charakteristische Verweigerungshaltung zu einer psychopathologischen Kategorie, weIche die ursprünglichen Manifestationen der

Autonomie der Literatur und ihrer Produzenten geradezu in deren Gegenteil verkehrt.

19 In der Regel wir d die für Unamuno spezifische Eindimensionalität seinerFiguren auf seine vorwiegend philosophischen Interessen (vgl. Eugenio

DmAGONALE MODERNITÄT

tatsächlich ein bewußtes Stilprinzip, da s die klassische Figurenpsychologie destruiert. Victor Goti begründet 'diese Zerstörung wiederumunter Rekurs au f eine Revolution der Romanstruktur: "Mis personajes~ e iran haciendo seglin ob ren y hablen, sobre todo s eglin hablen; sucaracter se ira forman do poco a poco. Y a ias veces su caracter sera elde no tenerlo. 1I20 Nicht die Makrostruktur, sprich Handlung und Fi

gurenkonstellation, bestimmt mithin die übrigen ltprmelemente des

Romans, sondern diese ergibt sich, wenn übemaupt erst aus demnarrativen Diskurs und den mikrostrukturelIen Vetknüpfungen desTextes.

In Wirklichkeit destruier t der Roman die konventionelle Figurenpsychologie allerdings kaum dadurch, daß er die vermeintliche Es

senz eines Charakters durch kontingente Ereignisse im Sinne des Exi

stentialismus aufsprengt. Vielmehr wird die Psychologie des realistischen Romans in signifikanter Weise unterboten: Unamunos Figurensind eindimensional, ohne Fleisch und Blut. Die Personenkonstellationwird beherrscht von einer makrostTuktuTellen Synekdoche, mittels dererFiguren immer wieder auf eine einzige Eigenschaft zuruckgestutztwerden, die die Gesamtheit ihrer Persönlichkeit in den Augen der

anderen Figuren " repräsentiert" Gerade wenn man diese Eindimen

sionalität der Figuren an UnC\munos Anspruch mißt, Personen lide

carne y hueso", Figuren aus Fleisch und Blut, zu schildern, so tritt

de Nora: La novela espanola contemporanea (1898-1927). Madrid 1958, S.

23, pass.) oder aber auf die Zentrierung um seine eigene exaltierte Persönlichkei.t (Gonzalo Torrente Ballester: Literatura espanola contemporanea (1898-1936). Madrid 1945, S. 197) zurückgeführt, um seinen Ro

manen damit ein spezifisch ästhetisches Interesse abzusprechen. Daß diese Kriterien zumeist von einer traditionellen Romanästhetik inspiriertsind, wird beispielsweise bei Eugenio de Nora deutlich.

20 Unamuno (wie Anm. 14), S. 199: "Meine Figuren entstehen beim Handelnund Sprechen, vor allem beim Sprechen. Ihr Charakter wird sich nach und

nach ergeben. Und manchmal wird ihr Charakter dari n bestehen, keinen

zu haben." - Die zumindest in den theoretischen Äußerungen Gotis ausgeführte Romanpoetik der Kontingenz wird i n der Literaturkritik oftmalsals Antizipation z. B. des existentialistischen Romans betrachtet (vgl. Segundo Serrano Poncela: EI pensamiento de Unamuno. Mexico 1953, S. 65.

- Karl Hölz: Le Monde du broulliard et la poetique du confus dans le roman Niebla d'Unamuno. In: Les Lettres Romanes 41 [Aug. 1987], S. 213

234, hier 221). Eine solche Deutung übersieht allerdings, daß diese Poetikder Kontingenz durch die Rückkoppelung an die Intentionen des Autorseiner Travestie unterzogen wird.

 

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40506 JOCHEN MECKE

deren schemenhafter und blutleerer Charakter hervor. Daß auch dieses Merkmal Unamunesker Figurendarstellung nicht das Ergebniserzählerischen UnvermÖgens, sondeQ.1 die Folge eines romanästhetischen parti pris ist, wird deutlich, wenn Eugenia den Eindruck beschreibt, den ihr Onkel auf sie macht: Sie kann sich ihren Onkel eigentlich nur rollenspezifisch und konstellationskonform, da s heißt inder reduzierten und eindimensionalen Ausgabe als "Onkel" vorstel

len, eine Reduktion, durch die sich die Figur entwirklicht:IIMi

tioes ...,vamos ..., mi Ho ... No me acostumbro deI todo a que sea algoasi ..., vamos ..., de carne y hueso [ ..] Vamos, asi corno si no existiesede verdad. "21 In radikaler Opposition zum realistisch-naturalistischenRoman ist die Figurendarstellung in Niebla nicht auf die Erzeugungdessen angelegt, was seit Michael Riffaterre und Roland Barthes alsillusion referentielle bezeichnet wird,22 sondern a uf dessen Zerstörung.Durch die reducUo ad nihilum der Figuren auf den Schattenriß eineseindimensionalen Menschen wird deren fiktionaler Charakter unterstrichen. Der Roman wir d durch diese Illusionsbrechung autoreferentiell. Er verweist beständig auf sich selbst als Artefakt. Die Figurenund die Geschichte selbst erscheinen lediglich als pretexto im doppelten Sinne des Wortes, das heißt als Vorwand und als vorgeschalteter

Text, unter dem jeweils der narrative Diskurs hindurchschimmert.Aus der Zerstörung referentieller Illusionen gewinnt der Roman dieSelbstbezüglichkeit und damit Reinheit seines narrativen Diskurses.Diesen hochmodernen Tatbestand der mise en abyme oder des reeit

speculaire verwirklicht Niebla neben der Transparenz einer reduziertenMakrostruktur auch noch durch andere Techniken.23

21 Unamuno (wie Anm. 14), S. 185: "Mein Onkel ist [ ..], na ja [...], mein Onkel [ ..]. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, daß er etwas ist [ ..],

na ja [...], aus Fleisch und Blut."

22 Michael Riffaterre: L'ilIusion referentielle. In: Roland Barthes u. a.: Litterature et realite. Paris 1982, S. 91.

23 Die allgemeinste Definition der mise en abyme, die Andre Gide in s einem

Journal vorgelegt hat, daß sich nämlich die Thematik des Romans in •übertragener Form auf der Ebene der Geschichte und der Figuren wiederfindet (vgl. Andre Gide: Journal 1889-1939. Paris 1951, S. 41), trifftebenso auf "Niebla" zu wie die Definition Luden Dällenbachs als "toutmiroir interne reflechissant I'ensemble du recit par reduplication simple,repetee ou specieuse" (Lu den Dällenbach: Le recit speculaire: Essai sur lamise en abyme. Paris 1977, S. 52). Robert C. Spires hat IINiebla" als dem

Kodex der Moderne entsprechenden, metafiktionalen Roman aufgefaßt,der die bloße Simulation der Wirklichkeitsabbildung transparent mache

DIE AGONALE MODERNITÄT

So finden sich im Roman selbst, wie bereits gezeigt, poetologischeReflexionen, die den Anspruch erheben, seine eigenen narrativenPrinzipien zu formulieren. Victor Goti erzählt seinem Fr eund Aug ustoPerez von seiner gerade in Arbeit befindlichen nivola (dt. in etwa"Rumon" statt nRoman"), die gegen die Regeln des traditionellenRomans verstößt, und er entwickelt dabei eine Romanpoetik, die ~ ( ) . .auffällig mit der narrativen Praxis von Niebla übereinstimmt, daß .4\u

gustoP e r ~ z

nicht umhin kann, seine eigene Geschichte in derenL i c ~

zu sehen: "Y esta mi vida, les novela, es nivola 0 que es?"24 BeilnLeser wecken derlei Reflexionen natürlich den Verdacht, daß er den

Roman liest, den Victor Goti gerade schreibt, daß mithin Victor Gotider Erzähler von Niebla ist.

Diese Selbstbezüglichkeit des Romans geh t jedoch noch einen wesentlichen Schritt weiter als die klassische Technik der mise en abyme:

Denn nicht nur in den Diskussionen der Figuren über den Romanspiegelt die Geschichte die Prinzipien ihrer eigenen Erzählung. DieElemente der Geschichte selbst fungieren darüber hinaus als Metaphern narratologischer Funktionen: Wenn Augusto etwa spazierengeht, so flaniert er nicht nur entlang einer konkreten Straße, sonderndiese "ist" gleichzeitig der Weg, den sein Leben nimmt. Der Held

selbst formuliert dabei im Klartext, was zunächst du rch eine metaphorefilee lediglich suggeriert wurde:

jGracias a Dios se decia [Augusto, J. M.] camino de la avenida de la

Alameda -, gracias a Dios que se a d6 nde voy y que tengo a donde ir! Esta

(Robert C. Spires: Transparent Simulacra: Spanish Fiction 1902-1926. Columbia 1988, S. XII). Damit ist "Niebla" in seinen Augen eine Station auf

dem Weg zum modernen Roman, der von den ersten Kommentaren derHandlung im Roman selbst bis hin zu modernen Formen der Selbstreferenz der SOer Jahre führe (Ebd., S. IX). Diese Rekonstruktion romanesker

Selbstreferentialität läßt allerdings die sie relativierende auktoriale Tendenz außer acht.

24 Unamuno (wie Anm. 14), S. 201: "und mein Leben, ist das ein Roman oder

ein Rumon?" - Es liegt zweifelsohne eine Pointe darin, daß Victor Gotisavantgardistische und antirealistische poetische Konzeption mit ihrerEntpsychologisierung "charakterloser" Figuren, ihrer Dominanz desDialogs vor der Handlung, ihrem Verzicht auf Beschreibung usw. vonAugusto Perez gerade als realistische Beschreibung seines eigenen Lebensgesehen wird.

 

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406 JOCHEN MECKE

mi Eugenia es una bendici6n de Dios. Ya ha dado una finalidad, un hito determino amis vagabundeos callejeros.25

Eugenias Haus bedeutet sowohl im konkreten als auch im ü b e r t r a g e ~ nen Sinn das künftige Ziel von Augustos Lebensweg und das Ende

seines ziellosen Umherschweifens. Eugenias narratologische Funktion

als Telos, als Zweck, Ende un d Ziel de r Handlung wird transparent.

Die Handlung wird zu m Palimpsest ihrer Erzählung. Doch darüber

hinaus wird der Weg zum Signifikanten des "Gewebes", das heißt desliterarischen Textes, selbst:

Y siguieron los dos, Augusto y Eugenia, en direcciones contrarias, cortando con sus almas la enmaranada telarana espiritual de la calle. Porque lacalle forma un tejido en que se entrecruzan miradas de deseo, de envidia,de desden, de compasi6n [ ..]26

Die Elemente de r "äußeren" Wirklichkeit, die zu r Geschichte gehören,

werden ihrer unmittelbaren Funktion als "Dinge" entkleidet, um sichin Worte, in Elemente des narrativen Diskurses zu verwandeln.. DieBeziehung zwischen beiden Bereichen wird dabei so unvermittelt

hergestellt, da ß die Funktion de r "Dinge" auf der Ebene der Hand

lung als Zeichen für de n narrativen Diskurs offengelegt wird, so da ß

nicht mehr klar ist, was zuerst existiert: da s Element de r Handlung

oder seine Zeichenfunktion auf de r Ebene ihrer Erzählung. ~ e Dingewerden zu Worten, die Worte zu Dingen.

In einigen Passagen stellt de r Text seine Modernität unter Beweis,indem er mit de r Assoziationslogik des stream 0/ consciousness experimentiert. Gleich im ersten Kapitel erhalten wir über die Stadt, die

Augusto durchwandert, nicht mehr durch realistische BeschreibungenAuskunft, sondern nu r noch· durch die Gedankenreflexe, welche die

Umgebung in seinem Bewußtsein auslöst:

25 Unamuno (wie Anm. 14), S. 117, Hvg. J. M.: ,,'Gott sei Dank', sagte er[Augusto] sich auf dem Weg zu Avenida Alameda, 'Gott sei Dank weißich, wohin ich gehe und wohin ich gehen kann. Diese Eugenia ist für michein wahrer Segen Gottes. Sie hat meinem Vagabundieren durch die Straßen einen Zweck, ein Ziel gegeben.'"

26 Unamuno (wie Anm. 14), S. 117, Hvg. J. M.: "Und so setzten beide, Augusto und Eugenia, ihren Weg in entgegengesetzten Richtungen fort, wobei sie mit ihren Seelen die wirren Fäden des geistigen Spinnennetzes derStraße durchquerten. Denn die Straße bildet ein Gewebe, in dem sich BUk

ke voller Verlangen, Neid, Verachtung und Mitleid kreuzen."

Dm AGONALE MODERNITÄT

jContemplar a alguna hormiga, de seguro! jLa hormiga, jbah!, uno de losanimales mas hip6critas! [ ..1Es corno ese gandul que va ahi, a paso decarga, codeando a todos aquellos con quienes se cruza, y no me cabe dudade que no tiene nada que hacer. [ ..] Es un vago, un vago corno ... jNo, yono soy un vago! Mi imaginaci6n no descansa. [ ..] Porque, vamos a ver, esemamarracho de chocolateroque se pone ahl, [ ..] para q\)e'le veamos, eseexhibicionista dei trabajo [ ..]jPerdone, hermano! - esto se'lo dijo en vozalta [ ..]. Y este Joaquinito, les tambien hijo de t\dAl? jAdi6s Joaquin!

jVaya, ya tenemos el inevitable autom6vil [ ..]!27 , .';."

Die durch den Rückzug des Autors gewonnene Autonomie de r Spra

che scheint nicht nu r de n Assoziationsfluß de r Figurenrede zu be

stimmen, sondern auch den narrativen Diskurs selbst, wenn sprachliche un d bildliche Assoziationen Handlung un d Beschreibung zu forme n beginnen. So heißt es gleich in den ersten Sätzen des ersten Kapi

tels:

Al aparecer Augusto a la puerta de su casa e:dendi6 el brazo derecho, con la

mano palma abajo y abierta, y dirigiendo los ojos al cielo qued6se un mo mento parado en esta actitud estatuaria y augusta. 28

27 Unamuno (wie Anm. 14), S. 110: "Bestimmt schaut er eine Ameise an! DieAmeise! Bah, eines der heuchlerischsten Tiere! Macht doch nichts anderesals herumspazieren und die anderen glauben lassen, sie arbeite! Genausowie der Herumtreiber, der da drüben eiligen Schrittes [ ..] und alle mitdem Ellbogen anstößt, die ihm begegnen [ ..]. Zweifellos hat der nichts zutun. Was soll der auch schon zu tun haben, Mensch, was soll der auchschon zu tun haben? Das ist ein Faulpelz, ein Faulpelz wie [ ..]. Nein! Ichbin kein Faulpelz! Meine Einbildungskraft kommt nie zur Ruhe. Die wahren Faulpelze sind die, die sagen, sie arbeiten, und sich doch nur betäubenund ihre Gedanken ersticken. Schauen wir uns doch mal diesen trottelhaften Schokoladenverkäuferan, d er sich da drüben, hinter d er Fensterscheibe da aufstellt, damit man ihn sieht, diesen Exhibitionisten der Arbeit,was ist der anderes als ein Faulpelz? [ ..] "Verzeihung Bruder" - das sagt

er jetzt laut. Bruder? Bruder in was? In Lähmung? Man sagt, wir sind alleSöhne Adams. Und dieser Joaquln hier, ist der auch ,ein Sohn Adams.Adieu, Joaqufn. Schau an, da haben wir eines dieser unvermeidlichenAutomobile. Krach und Staub [ ..]."

28 Unamuno (wie Anm. 14), S.l09 , Hvg. J. M.: "Als Augusto aus der Türseines Hauses trat, streckte er den rechten Arm mit der geöffneten Handnach unten auS, hob die Augen zum Himmel empor und verharrte einenMoment lang in dieser staunenhaften und kaiserlichen Pose."

 

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40908 JOCHEN MECKE

Die Schilderung scheint nicht von der Handlungs·, sondern von der

Sprachlogik bestimmt zu sein, denn die dargestellte Szene ist nichtsweiter als eine Ausformulierung sprachlicher und visueller Assoziationen, die im Namen Augustos enthalten smd: Augusto tritt in der

Pose eines Kaiserdenkmals auf.29 Ebenso läßt sich Augustos dominierendeCharaktereigenschaft, seine Trägheit, assoziativ aus seinemNachnamen Perez ("pereza") ableiten. Niebla scheint die kopernikanische Revolution der ästhetischen Moderne vollzogen zu haben: Nicht

mehr der Autor verwirklicht seine Intentionen, indem er sich des Signifikanten als' Mittel zum Ausdruck bestimmter Bedeutungen bedient, sondern diese Bedeutungen entspringen offenbar der Kontingenz einer völlig befreiten Sprache. Niebla gibt mithin. einen f rühenVorgeschmack auf die vom französischen nouveau roman betriebeneAutoreferenz und Autoproduktivität der Sprache.

2.2. Repräsentation moderner Negation

Diese offenkundig moderne Destruktion der Repräsentation ist allerdings nur eine Tendenz des Romans. Eine andere läuft ihr zuwider:Denn der Bewußtseinsstrom des Helden und die sich in ihm und im

narrativen Diskurs manifestierende Autonomie der Sprache istdurchwirkt von Elementen, die auf den Bewußtseinsstrom des Autorsverweisen. Dies wird bereits in demjenigen Satz deutlich, der auf dieoben zitierte Passage folgt:

[···1 en esta actitud estatuaria y augusta. No era ~ u e tomaba posesi6n deimundo exterior, sino era que observaba si llovfa.3

Nicht etwa, weil er vpn der'Wel t Besitz ergreifen will, streckt Augustodie Hand aus, sondern lediglich weil er wissen möchte, ob es regnet.Die Diskr;epanz zwischen der Banalität einer minimalen Handlung

29 Olson sieht in dieser Szene lediglich eine ironische Wendung, welche die

Diskrepanz zwischen dem heroischen Namen und der gänzlich unheroi.sehen Realität Augustos verdeutliche (Paul R. Olson: Unamuno: Niebla.London 1984, S. 44 f.). Im Kontext weiterer moderner Verfahren wie z. B.

de i mise en abyme verschiebt sich diese Komik allerdings von einerharmlosen Ironie zu einer Travestie moderner Techniken und Verfahren.

30 Unamuno (wie Anm. 14), S. 109: "in dieser staunenhaften und kaiserlichen Pose. Es war nicht so, daß er von der Welt Besitz ergreifen wollte: Erwollte ganz einfach schauen, ob es regnete."

OIEAGONALE MODERNITÄT

und einem hypertrophen symbolischen oder gar philosophischen Diskurs, der diese etwa im Sinne des erkenntnistheoretischen Idealismuszu deuten sucht, läßt die Figur des Autors unter dem dichten Gewebedes Textes erahnen. Die darauffolgende Passage erhärtet diesen Verdacht:

Y al recibir en el dorso de la mano el frescor deI lento orvallo frunci6'ef .entrecejo. Y no era tampoco que le molestase la llovizna, sino el teuer "'q:Ge

abrir el paraguas. jEstaba tanelegante, tan esbelto, plegado y dentrb d e J ~ l t runda! Un paraguas cerrado es tan elegante corno es feo un paraguasabierto. "Es una desgracia esto de tener que servirse uno de las cosas pens6 Augusto -: tener que usarias. EI uso estropea y hasta destruye toda bel·

leza. La funci6n mas noble de los objetos es la de ser contemplados [ . .]"31

Der Romanheld selbst stellt hier, durchaus modernitätskonform und

im Sinne des l'art pour l'art, ästhetische Überlegungen über den Wi-

derspruch zwischen Schönheit und Nutzen an. Augusto löst sichdurch den stream of consciousness in eine Ansammlung heterogenerphilosophischer Diskurse. und Themen auf, die jeweils die Existenzeines anderen, tiefer liegenden Bewußtseinsstromes, nämlich desjenigen des Autors UnamlHlo erahnen lassen. Die minimalen Gesten und

Handlungen des Augusto Perez sind lediglich ein Vorwand für den

Autor, seinen eigenen philosophischen Reflexionen freien Lauf zu

lassen. Damit geraten die bisher analysierten Elemente des Romans,die dessen Mode rnität unter Beweis stellen, in einen Konflikt mit dem

ebenfalls als Kriterium von Modernität definierten Rückzug des Autors. Denn die unbestreitbare Modernität der im Roman verwendetennarrativen Verfahren wird unmißverständlich in die Anführungszeichen der Autorenr ede gesetzt. Der Text zerstört mithin nicht nur _. wiegezeigt - die traditionelle Repräsentation, sondern auch die Formenmoderner Selbstpräsenz, Reinheit und Selbstreferenz, die aus dieserZerstörung hervorgegangen sind. Die experimentellen Romantechni

31

Unamuno (wie Anm. 14), S. 109, Hvg. J. M.: "Und als er auf dem Hand·rücken die Frische des langsam fallenden Regens verspürte, runzelte er

. die Augenbrauen. Was ihn störte, war nicht so sehr der feine Regen alsvielmehr die Notwendigkeit, den Regenschirm öffnen zu müssen. In seinFutteral gerollt, war er doch so elegant und schlank! Ein geschlossenerRegenschirm ist ebenso elegant wie ein geöffneter häßlich ist. 'Es ist einUnglück, wenn man sich der Gegenstände bedienen und sie gebrauchenmuß', dachte Augusto. Der Gebrauch ruiniert, ja zerstört sogar die Schönheit. Oie vornehmste Aufgabe der Dinge ist, betrachtet zu werden."

 

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410 JOCHEN MECKE

ken werden selbst zu einem Objekt distanzierender Repräsentation,die auf die Rede des Autors bezoge n bleibt. Die modeme Destruktionder Repräsentation schlägt in eine Repräsentation moderner Destruk tion um. Sämtliche Verfahren referentieller Desillusionierung verwei sen in Niebla in der Tat letztendlich nicht auf den Roman, auf s e ~ e Form oder seine Sprache, sondern in geradezu provokant antimoder ner Weise auf den Autor. Nicht die modeme Selbstrejerenz, Reinheitund Authentizität, sondern die prämodeme Reverenz an den Autor

erweist sich nunmehr als Fluchtpunkt narrat iver Techniken. War diesegeheime Referenz aller Verfahren bis zu mehr als zwei Dritteln desRomans lediglich implizit, so tritt der bisher zwar vermutete, sich aberverbergende Autor mit einem abrupten Wechsel von der personalenzur auktorialen Erzählperspektive plötzlich in den Vordergrund, um

den Dialog seiner Figuren über die Theorie des Romans zu unterbre chen und den alleinigen Anspruc h auf deren Urheberschaft anzumel den:

Mientras Augusto y Victor sostenian esta conversaci6n nivolesca, yo, el au tor de esta nivoM, que tienes, lector, en la mano, y esbis leyendo, me son reia enigmaticamente al ver que mis .nivolescos personajes estaban abogan do por m1 y justificando mis procedimientos, y me deda a m1 mismo:

"jCuan lejos estara n estos infelices de pensar queno estan haciendo otracosa que tratar de justificar 10 que yo estoy haciend o con ellos! Ast cuan do uno busca razones para justificarse no hace en rigor otra cosa que ju stificar a Dios. Y yo soy el Dios de estos dos pobres diablos nivolescos:"32

Der Gegensatz zur Mode me könnte schärfer nicht sein. Die von Orte ga y Gasset für die Modeme veranschlagte deshumanizacion dei arte, dieIIEntmenschlichung der Kunst",33 scheint in Niebla in deren rehumani

zacion umzuschlagen. Statt in der autorlosen Episteme literarischer

32 Unamuno (wie Anm. 14), S. 252, Hvg. J. M.: "Während Augusto und

Viktor dieses romaneske Gespräch miteinander führten, lächelte ich, der

Autor dieses Romans, den Du, lieber Leser, in Händen hältst und gerade'liest, geheimnisvolt denn ich sah, daß meine romanesken Figuren für

mich plädierten und meine Verfahrensweise rechtfertigten, und ich sagtezu mir selbst: 'Wie weit sind doch diese Unglücklichen davon entferntvon de m Gedanken, daß sie nichts anderes machen als zu rechtfertigen,was ich mit ihnen mache. So tut einer, der nach Gründen sucht, um sichzu rechtfertigen, genau genommen nichts anderes als Gott zu rechtferti gen.,Und ich bin der Gott dieser beiden armen romanesk en Teufel.'"

33 Jose Ortega y Gasset: La deshumanizaci6n deI arte e Ideas sobre Ia novela.Obras Completas. Tomo III. Madrid 1977.

DmAGONALE MODERNITÄT

Modeme bewegt sich Niebla damit eher in der klassischen Epistemeder Repräsentation, so wie sie etwa in der Theodramaturgie des Gran

teatro deI mundo, des "Groß en WelttheatersU von Calder6n, dargestelltwird.34 Dies wird besonders deutlich, w e ~ man die zentrale Frageberücksichtigt, die bereits die von Victor Goti und U n a ~ u n o in denbeiden Vorworten des Romans geführte K o n t r o v e r s ~ · · b e s t i m m t : obnämlich die Romanfigur Augusto Perez die Freihep (Ilbre albedrfo)

gehabt hat, sich selbstzu

töten, oder ob er, denW ü n s ~ f t e n

seines Au tors gemäß, eines natürlichen Todes gestorben ist. Nicht nur die The matik übernimmt Niebla vom barocken auto sacramental, sondern auchden Diskurs. Unamuno beansprucht genau die Position für sich, dieim auto sacramental von Gott eingenommen wird.

Dieser schaut bekanntlich von einem d ie Transzendenz, das Lebenvor der Geburt und nach dem Tod repräsentierenden Wagen (carro)

aus einer Handlung zu, die sich auf dem gegenüberliegenden, dasDiesseits repräsentierenden Wagen abspielt und deren "autor" er ist.Entscheidend für den Diskurs der Repräsentation ist nun, daß es keinkontinuierliches Band von Ähnlichkeiten mehr zwischen jenseitiger,wirJ4j.cher und diesseitiger, fiktiver Welt gibt.35 Die diesseitige Welt(das Theater auf dem Theater) und die jenseitige Welt (das Theater)

sind durch einen für die Episteme der Repräsentation konstitutivenBruch voneinander getrennt, der es ermöglicht, sie in einer transzen dentalen Artikulation als Signifikant und Signifikat aufeinander zu

beziehen. Die menschliche Existenz wird im Gran teatro deI munda

nach dem Muster einer transzendentalen Semiosis gedacht: Die irdi sche Identität des Menschen ist lediglich durch einen willkürlichenAkt der Zeichensynthesis mit der jenseitigen Seele verbunden. Irdi sche Rolle und jenseitige Seele werden durch einen göttlichen Will kürakt miteinander verknüpft.36 So sind die Menschen auf der Bühne

34 Pedro Calder6n de la Barca: EI gran teatro deI mundo. EI gran mercadodeI mundo. Madrid 1983.

35 Der hier verwen dete Begriff der Repräsentation entspricht in groben Zü gen.demjenigen von "Les mots et Ies choses". Eine ausführlichere Analysefindet sich in Mecke (wie Anm. 13).

36 Vor ihrer zeichenhaften Artikulation durch die Zuweisung bestimmterRollen im Rahmen der Repräsentation haben die Figuren keine Eigen schaften. Strenggenommen existieren sie nicht einmal außerhalb der Vor stellungswelt Gottes: "Pues en mi presencia iguales/ antes de ser asistis"(Calder6n [wie Anm. 34], 5.49, v. 281 f,: "Denn in meiner Gegenwart seidihr als Gleiche zugegen, noch bevor ihr existiert."). Erst die transzendenta

 

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413.12 JOCHEN MECKE

des Lebens Zeichen-Körper einer ihnen selbst verborgenen Bedeutung, die als göttliches Konzept existiert. Die Zeichensynthese zwischen beiden Bereichen, irdischem (Zeichen-)Körper und jenseitigemZeicheninhalt, das heißt der Seele, vermag allein das transzendentaleSubjekt schlechthin, Gott selbst, zu leisten. Ihre Beziehung ist daher injedem Falle arbiträr. Denn welcher Zeichen-Körper, das heißt welchesoziale Rolle, einem transzendentalen Zeichen-Inhalt zugewiesenwird, obliegt der willkürlichen Entscheidung des Autors. Die irdische

Identität der Personen im Diesseits ist daher allein durch ihre differentielle Profilierung in bezug auf die anderen Figuren bestimmt. Abschließbar ist dieser Prozeß der Differenzierung allerdings nur dann,wenn es eine Entität gibt, deren Identität als Differenz der Differenzvor aller zeichenhaften Artikulation festliegt. In der Metaphorik der

Theodramaturgie des Siglo de Oro ist dieses transzendentale Signifikatder "autor" in der mehrfachen Bedeutung des Wortes als Theaterunternehmer, Regisseur und Verfasser. In der gleichen Rolle sieht sichUnamuno. Er definiert die Figuren; legt deren Schicksal und auch dieSprache fest, in der sie und der Roman sich ausdrücken.

2.3. Agonie des Autors

Allerdings greift Niebla diese Konstellation wieder auf, um sie einergrundlegenden Transformation zu unterziehen. Denn hier tritt der

göttliche Autor in einer narrativen Metalepse in der Geschichte selbstauf. Wenn der göttliche Autor des Gran teatro dei mundo selbst auf dieBühne der Welt hinabsteigt, verliert er seinen Status als transze ndentales Repräsentat, das heißt als diejenige Instanz, die vor und jenseitsder Repräsentation existiert, ihrer nicht bedarf und sie daher erst ermöglicht. Wenn Gott Mensch, der Autor zur Romanfigur wird, kanner nicht länger diejenige Selbstpräsenz sein, die als Differenz und Be

dingung der Repräsentation fungiert. Was einst als transzendentales

le Synthesis des Autors verleiht ihnen mit der Identität auch Existenz: "Yaestamos a tu obedienda/ Autor nuestro, que no ha sido necesario habernaddo/ para estar en tu presencia/ Alma, sentido, potencia/ vida, niraz6n tenemos, tod os informes/ nos vemos" (Ebd., S. 49; v. 289 ff.:

"Gehorsam sind wir Dir, unserem Autor, den n es ist nicht riotwendig, bereits geboren zu sein, um in Deiner Gegenwart zu existieren. Weder Seele,Sinn noch Kraft, weder Leben noch Verstand haben wir; ungeformt sehenwir uns alle.").

DIE AGONALE MODERNITÄT

Subjekt die fundamentale Referenz und Differenz der Repräsentationwar, wird nun zu dere n Effekt. Die Struktur der Repräsentation gerätin Niebla deshalb aus den Fugen, weil der Autor durch seine Integration in den Roman seine Funktion als transzendentales Subjekt der Re

präsentation verliert. Augusto Perez macht seinen Autor auf dieseRevolution der romanesken Hierarchie mit der ketzerischen F ~ a g e aufmerksam, ob nicht er, der Autor Unamuno, ein fiktives Wese\\.-ein'reiner "Prä-Text" (Vorwand, vorangehender Text) sei, d a m i t ~ d i e ~ C ; e -schichte des Augusto Perez auf die Welt komme: '"

No sea, mi querido don Miguel que sea usted y no yo el ente de ficci6n, el

que no existe en realidad, ni vivo ni muerto [ ..] No sea que usted no pasede ser un pretexto para que mi historia llegue al mundo [...].37

Die Integration des Autors in seine Geschichte ist mithin, im Gegensatz zu den Interventionen .traditioneller Erzähler, keine Manifestationauktorialer Souveränität, sondern ein narratologisches Rückzugsgefecht. Daß diese Transformation der Romanstruktur keine Eingebungdes Momentes, daß sie keiner jener narrativen Zufälle ist, die sich ausder für GoUs nivola charakteristischen Poetik der Kontingenz ergeben,sondern mit zwingender Notwendigkeit aus der Struktur der Reprä

sentation selbst erfolgt, macht der Autor Unamuno im Gespräch mitseiner Figur Augusto Perez deutlich. Er steigt auf die Ebene der Geschichte herab, auf der seine "Marionetten" agieren, da er getriebenwird von der Notwendigkeit, sich selbst in ihr darzustellen, um sichauf diese Weise seiner eigenen Existenz zu vergewissern. Auf die Entgegnung Augustos, bereits durch die Tatsache, daß er mit ihm diskutiere, sehe er sich gezwungen, die reale Existenz der von ihm geschaffenen Figur anzuerkennen, antwortet der aufgebrachte Autor:

jNo, eso no! jEso no! - le dije vivamente -. Yo necesito discutir, sin discu si6n no vivo y sin contradicci6n, y cuando no hay fuera de mf quien mediscuta y contradiga, invento dentro de mt quien 10 haga. Mis mon610gosson dialogos.38 

37 Unamuno (wie Anm. 14), S. 279, Hvg. J. M.: "Könnte es nicht sein, meinlieber Don Miguel, daß Sie selbst und nicht ich ein solches Phantasiegebilde sind, daß in Wirklichkeit nicht existiert und weder tot noch lebendigist? Könnte es nicht sein, daß Sie nur ein Vorwand sind, damit meine Geschichte der Welt bekannt wird?"

38 Unamuno (wie Anm. 14), S. 280, Hvg. J. M.: ,,'Oh, nein! Keineswegs!',sagte ich heftig. 'Ich brauche die Diskussion, ohne Diskussion und Wider

 

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41.514 JOCHEN MECKE

Da auch der Autor nur insofern Existenz erlangt, als er sich mit seinem Anderen, das heißt mit seinen Figuren, in Aus-Ein-Ander-Setzung

befindet, als er sich im Widerspruch und in Differenz zu ihnen konstituiert, bleibt auch seine Identität auf diesen Widerspruch, auf dieseDifferenz bezogen. Romantheoretisch formuliert: Nicht vor, sondernerst nach der Ausdifferenzierung aus dem einen realen Subjekt gelangt der Autor zur Existenz, indem er sich als der Andere seiner Fi

guren und damit als narrative Instanz in den Roman einsetzt. Dieberühmte Begegnung zwischen Autor und Figur in Niebla zeigt an,daß der Autor selbst unter das Gesetz der Repräsentation fällt. DieStruktur der Repräsentation wir9. in Niebla nicht zerstört. Sie wirdvielmehr selbst repräsentational. Ihr geht keine apriorische Präsenzmehr voraus.39  Damit steht jegliche Identität im Zeichen eines unhintergehbaren und unauflösbaren Agon.40 Diese fundamentale Poetikder Agonie gilt für sämtliche Instanzen und Kategorien des Romans:Die Figuren gewinnen erst dadurch a n Profil, daß sie sich mit andere nFiguren auseinandersetzen. Die romaneske Fiktion konstituiert sichnur dadurch, daß sie sich von der außerliterarischen Wirklichkeit absetzt, der stream 0/ consciousness einzelner Figuren bedarf auktorialerEinschübe, die Sprache und die ecriture des Romans werden nicht

durch die ihre Freiheit hemmenden, hegemonialen Ansprüche dest4

spruch kann ich nicht leben. Und wenn es niemanden außer(-halb von)mir selbst gibt, der mit mir diskutiert und mir widerspricht, so erfinde ichmir selbst jemanden, der dies tut. Meine Monologe sind Dialoge.'"

39 Der auf die Bühne der Welt hinabsteigende Autor-Gott ist eine Figur derRepräsentationalität der Repräsentation. Sie entsteht, wenn das Prinzipder Repräsentation - das heißt, daß die Figuren nur insofern existieren,als sie zeichenhaft artikuliert werden und sich differentiell in bezug aufandere. Figuren profilieren - auf das Zentrum der Repräsentation selbstangewandt wird, da s heißt auf die Instanz, welche d,urch ihre Selbstpräsenz Repräsentation überhaupt erst ermöglichte, garantierte und zum Ab

schluß brachte. Im auto sacramental des Siglo de Oro erfüllt Gott dieseFunktion, in der Moderne hat das Subjekt und im Roman analog dazu derAutor diese Aufgabe übernommen.

40 Unamuno deut et den Begriff der Agonie in liLa agonfa deI cristianismo" _ganz im Gegensatz zu seiner dominanten Bedeutung als IITod" - im e t y ~ mologischen Sinne als Kampf und dialogische Auseinandersetzung mitsich selbst und an deren (Miguel de Unamuno: La agonia dei cristianismo.Madrid 1984, S. 10 ff.).

'yDm AGONALE MODERNITÄT<,

Autors beseitigt, sondern sie konstituieren sicherst im Hinblick aufdiese, und so weiter.

2.4. Agonie der Moderne

Niebla stellt insofern eine bemerkenswerte Figur am Ho:Fizont literarischer Modeme dar, als der Roman weder den Leserfnoch die Sprache

selbst in die vakant gewordene Position des'AutOrs einsetzt. Derdurch die Ästhetik der Agonie eröffnete Spielraum bleibt erhalten.Schrift, Leser und Werk. werden nicht zu neuen Subjekten literarischerKommunikation, die den Autor beerben, sondern bleiben in Spannungzu ihm. Wenn die Rede vom "Tod des Autors" in Zusammenhan g mitNiebla gerechtfertigt ist, dann im Sinne von dessen Einschreibung alsnarrative Figur in die Geschichte. Der "Tod des Autors" meint inNiebla in diesem Sinne die Menschwerdung des einstigen Gottes desRomans. Das Verschwinden des Autors gibt nicht die modeme

Selbstpräsenz, Reflexion und Autoreferentialität des Textes frei. Esfindet keine Revolution der Romanform statt, welche die Hierarchievon Autor einerseits und Figur, Form und Sprache andererseits umkehrt; Positionen werden also lediglich ausgetauscht und grundlegen

de Strukturen der Romanform beibehalten.41

Die in Niebla formulierte agonale Autorschaft läßt sich also zunächst als eine Agonie der Modeme, das heißt als Kampf zwischendem Autonomiestreben der Figuren und der Sprache einerseits und

der auktorialen Autorität des Verfassers andererseits deuten, als Widerstreit zwischen der Selbsfpräsenz und Autoreferentialität moder ner Literatur und der Repräsentation von Wirklichkeit, als Auseinandersetzung zwischen der modemen Destruktion der Repräsentationund der Repräsentation moderner Destruktion. Kurz, es ist der Konflikt zwischen Tradition und Modeme, der in Niebla zum Ausdruckkommt und als ästhetisches Prinzip des Romans genutzt wird. Damitlegt Niebla das narrative Modell für einen Weg in die Modeme vor,der

nicht direkt ausder

Destruktionund

Negationder

Tradition in dieReinheit und Selbstbezüglichkeit von Literatur führt, sondern viel

41 Vor dieser simplen Ersetzu,ng einer Subjektfunktion durch eine anderehatte bereits Foucault in seiner Kritik an der Übertragung der empirischenCharakterzüge des Autors auf eine transzendentale Anonymität gewarnt(Michel Foucault: "Was ist ein Autor?" Schriften zur Literatur. Übers. v.

Karin v. Hofer, Anneliese Botond. München 1974, S. 14).

 

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417416 JOCHEN MECKE

mehr an den Diskurs spanischer Traditionalität anknüpft, um aus

dessen confusi6n das Potential eigener Modernität zu beziehen.42 

Denn wenn alle Instanzen des Romans agonal auf alle übrigen bezo

gen bleiben, so sind diese in jeder anderen Instanz mitgesetzt. Aus

dieser unhintergehbaren "Unreinheit" ergibt sich für Unamuno die

"agonia" beider Instanzen, das heißt die Notwendigkeit einer Ausein

andersetzung, die deren Identität qua Differenz überhaupt erst konsti

tuiert und deren AntagOnismus also nicht in einer neo-hegelianischen

S c h e i n s y n ~ h e s e aufhebt. Damit ist allerdings eine zweite Bedeutungvon Agome der Modeme angesprochen: Gemeint sind diejenigen In

terpretationen, welche die Affinitäten der spanischen Modeme zu

.einer als "Tod der Modeme" verstandenen Postmoderne herausstel

len. Denn der unhintergehbare, agonale Bezug der verschiedenen

Instanzen des Romans wie auch von Literatur überhaupt unterwan

dert jede Selbstpräsenz und jede vermeintliche Reinheit des Selbstbe

zugs. Diese Unhintergehbarkeit eröffnet auch in Niebla die Möglich

keit des dionysischen Spiels mit der Maske, mit dem Schein und der

gewollten Inauthentizität:

[...] charlar, sutilizar, jugar con las palabras y los vocablos ( ..] jPasar elrato! [...] Distraerte. Y ademas que [ ..] el lector de la nivola llegue a dudarde su propia realidad de bulto y se crea a su vez no mas que un personajenivolesco (...],43

...

42 Seine eigene konfusionistische narrative Praxis versteht Unamuno selbst als , ~ l t e r n a t i ~ e . z u ~ h e l l ~ m i s t i s c h e n Logozentrismus: "Dicen que 10

helemco es dlstmgUlr, defimr, separari pues 10 mio es indefinir, confundir"

(Unamuno)wie Anm. 141, S. 101, Hvg. J. M.: "Man sagt, es sei eine Eigen art des GrIechentums, zu unterscheiden,zu definieren und zu trennen. Nun, meine Eigenart ist es, zu indefinieren und zu verwirren:'). Dadurch, daß die confusi6n die Trennungen zwischen zwei Begriffen aufhebt, um deren gegenseitige Bedingtheit sichtbar zu machen, geht sie hinter die Re präsentation jener Differenzen zurück, die Identitäten erst konstituieren. Die "konfusionistischen" Sprachspiele, die sich vor allem in den Essays in Form v o ~ Paradoxa, Oxyinoroi und Konzeptismen niederschlagen, sind

bekannthch das Markenzeichen Unamunesker literarischer Praxis. In "Niebla" werden diese jedoch narrativ entfaltet und erhalten darüber hinaus eine ontologische Legitimation.

43 U ~ a m u n o (wie Anm. 14), S. 274 f.: "reden, Spitzfindigkeiten austüfteln,nut Worten und Vokabeln spielen! Sich die Zeit vertreiben ( ..]. Und waswillst Du damit erreichen? Dich zu zerstreuen! Und darüber hinaus willich damit erreichen, daß - wenn ein unseren Worten lauschender verborgener Autor von Romanen unsere Worte aufschreibt, um sie eines Tages

DIE AGONALE MODERNlTÄT

Doch im Unterschied zur Postmoderne sind bei Unamuno Spiel,

Rausch, Schein etc. ebenfalls agonal gedacht. Sie bedürfen des Kon

fliktes mit ihrem Anderen und bleiben daher auf die metaphysischen

Ideen der Wahrheit, Wirklichkeit, Authentizität, Identität etc. bezo

gen. . .

Niebla verharrt - und gerade dies macht den Text aktuell ~ d seine

Lektüre interessant - in der Grätsche zwischen prä(ll.<>tJerner Reprä

sentation, moderner Selbstpräsenz des Textes und äe r 9tstanziertenBrechung dieser Selbstpräsenz, aus der postmoderne Schreibweisen

die ästhetischen Konsequenzen ziehen. Hierin liegt die im Roman

artikulierte Agonie einer Modeme, die nicht postmodern werden will.

Niebla formuliert mit der literarischen Modeme die Kritik des Subjek

tes, ohne es jedoch im Roman selbst in Sprache aufzulösen. Der Ro

man hält das Subjekt im Modus seiner Fiktionalität aufrecht, ohne

jedoch die Unmöglichkeit seiner Authentizität in ein fröhliches Spiel

der Masken zu überführen. Zwar weist der Text modeme Elemente

der Selbstreferenz auf, bleibt indessen melancholisch auf den Verlust

der Wirklichkeit bezogen. Was b ei James Joyce, Virginia Woolf, Mar

cel Proust und anderen Autoren der Modeme als Positivität vor dem

Horizont des verschwindenden Subjekts und einer sich auflösenden

Geschichte erscheint und zunehmend an Dichte und (Selbst-)Präsenz

gewinnt, nämlich die Form des Romans, bleibt bei Unamuno als Ne

gativität, als Zeichen einer Abwesenheit und als Repräsentation noch

in deren Scheitern auf die traditionellen Kategorien des Romans bezo

gen. Unamuno löst die Geschichte nicht gänzlich in komplexe

Zeitstrukturen auf. Er läßt den Autor nicht hinter seinem Roman und

den Helden nicht gänzlich hinter dem stream 0/ consciousness ohne

irgendein Zeichen des Bedauerns verschwinden. Schafft der modeme

Roman die traditionellen Formkategorien ab, so hält Unamuno, hierin

derPostmodeme vergleichbar, dieSe im Modus bewußt behaupteter

Inauthentizität als Simulationen, als Repräsentationen ohne vorgängi

ge Präsenz aufrecht. Können die Autoren des modemen Romans in

der Negation von Held und Geschichte vor allem die Chance der Erschaffung neuer romanesker Formen entdecken,die sie experimentier

wiederzugeben, - damit der Leser eines solchen Romans - und sei es auchnur einen flüchtigen Augenblick lang - an seiner realen und greifbarenExistenz zweifelt und damit er glaubt, er sei selbst, so wie wir heide,nichts anderes als die Figur eines Romans."

 

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418 JOCHEN MECJ<E

freudig auszuschöpfen suchen, so sieht Unamuno in deren Verlusteine bedeutsame Krise ohne Ausweg. Zwar treibt er wie Dionysos seinSpiel mit der Maske, 'reduziert wie Diogenes kynisch idealistischePrätentionen, unterst reicht jedoch gleichzeitig den Bezug zur verlorenen Wahrheit. Was Nietzsche als Chance gesehen hat, die Grenzen der

Individuation dionysisch zu sprengen, hält hier desungeachtet seinenAspekt als existentielle Tragödie aufrecht. Zieht der postmoderneRoman aus der Erschöpfung der Moderne die Konsequenz der Re

habilitierung traditioneller Formen im Modus der Uneigentlichkeit, sobleibt deren prekäre Aufrechterhaltung fur Unamuno Ausdruck einerexistentiell bedeuts amen Krise. Dadurch liegt Niebla, ebenso wie zahlreiche weitere Texte der generaci6n dei 98, quer zu den üblichen Kategorien literaturgeschichtlicher Periodisierung wie Tradition, Moderneoder Postmoderne. Der Text verharrt im grundlegenden Agon seinerinternen Spannungen.

3. Agonie als ästhetisches Prinzip komplexer Modernität

Gerade diese agonale Form literarischer Modernität steht in engemBezug zu jener gehemmten Moderne, die sich in der industriellen

sozialen und politischen Wirklichkeit Spaniens nach der J a h r h u n ~ dertwende manifestierte. Mit seinen zentralen Strukturelementen der

Repräsentation und der Agonie literarischer Modernität mag Unamunos originellster Roman insofern als Klassiker spanischer Modernegelten, als er die in der Wirklichkeit Spaniens vorherrschenden wid ersprüchlichen Tendenzen aufgreift und sie zu einem wirkungsvollenästhetischen Prinzip transformiert.

Denn die Tatsache, daß moderne Techniken und Verfahren der

Reduktion der Geschichte, der Auflösung der Autorenrede in den

Polylog der Figuren, in den stream-of-consciousness und die mise enabyme nicht als moderne Formen der Selbstpräsenz ausgegeben, son- .dem in die Anführungszeichen einer als agonal verstandenen Autorschaft gesetzt und damit "repräsentiert", zitiert und relativiert wer

den, entspricht einer Phasenverschiebung und Brechung, welche fürdie Rezeption der resteuropäischen durch die spanische Modernekonstitutiv ist. Niebla verdeutlicht, daß die spanische Moderne nichtim Modus der Eigentlichkeit, n.icht als (Selbst-)Präsenz auftretenkonnte, sondern sich als Re-Präsentation einer tatsächlich nicht erreichten Modernität erfahren mußte. Unamunos Romantechnik der

DIE AGON ALE MODERNITÄT 419·

Re-Präsentation moderner narrativer Verfahren stigmatisiert die fiktionale Brechung dieser Modernität in bezug auf eine Kultur, die sichin räumlicher Hinsicht als exzentrisch und in zeitlicher Dimension alsverspätet empfinden mußte. Seine Romane - und hierin weisen sieGemeinsamkeiten mit den Werken seiner Generationskollegen auf stellen die Unwirklichkeit und Illusion solcher Modernität dar, indemsie deren modernen Anspruch auf aktuelle Präsenz desavouieren. 44

Damit wird allerdings nicht nur die Brechung literarischer Moderne

dargestellt, sondern die in Spanien vorherrschende Illusion einer europäischen Modernität endgültig zerstört.45

Wenn das postum als entscheidend für das Selbstverständnis der

Generation von 1898 gedeutete Jahr der Kriegsniederlage gegen dieUSA überhaupt einen konkreten semantischen Gehalt hat, dann dürftedieser sicherlich nicht darin liegen, daß die Moderne nunmehr end

44 Diese komplexen Zusammenhänge konnten anhand der Analyse von

"Niebla" lediglich illustriert werden. Eine ausführliche Behandlung de r

für die 98er Generation und den Beginn spanischer Moderne insgesamtrelevanten P roblematik findet sich in: Mecke (wie Anm. 13).

45 In dieser Brechung einer als inadäquat empfundenen Modernität dürftewohl auch der Grund dafür liegen, daß LiteraturwissenschaftIer immer

wieder sogenannte "Ehrenrettungen" spanischer Modeme vornehmenkonnten, indem sie auf das tatsächlich vorhandene, phänomenologischbeschreibbare Potential an modernen Verfahren und Techniken hinwiesen, um damit den Nachweis zu führen, daß die spanische Literatur ebenso "modem" war wie ihr resteuropäisches Pendant, ja die resteuropäischeLiteratur möglicherweise an Modernität sogar noch übertraf. Zweifelsohne finden sich etwa in den Werken de r generaci6n deI 98 charakteristischeMerkmale europäischer Modernität. Allerdings werden diese nicht alsauthentischer Ausdruck der jeweiligen Gegenwart ausgegeben, sondern

als unangemessen denunziert. Aus dieser Struktur einer imitierten, zitierten und agonalen Modernität lassen sich auch einige Versuche ableiten,die Werke der 98er Generation für' eine - wie auch immer geartete Postmoderne in Anspruch zu nehmen (vgl. z. B. Gonzalo Navajas: Miguelde Unamuno: Bipolaridad y sintesis ficcional. Una lectura posmoderna.Barcelona 1988). Gemeinsam mit der Postmoderne ist der agonalen Mo

dernität spanischer Literatur nach 1900 die Kultur des Zitats, die Repräsentation literarischer Verfahren, unter anderem auch der Modeme, imModus der Uneigentlichkeit. Die agona'le Modeme Spaniens unterscheidet sich allerdings von der ca. sechzig Jahre später auftretenden Postmoderne bereits durch die schlichte Tatsache, daß für die spanische NeoModerne - im Unterschied zur europäischen Postmoderne - die literarische Modeme nicht im zeitlichen Modus des Nicht-Mehr, sondern ind ~ m j e n i g e n des Noch-Nicht gegeben ist.

 

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42120 JOCHEN MECKE

gültig in Spanien Einzug hält. Es bedeutet zunächst einmal, daß dievenneintliche spanische Moder nität sich im Licht der Kriegsniederlagegegen eine aufstrebende Industrienation der neuen Welt als kollektive Illusion erweist. Die "Repräsentation" literarischer Modernitätkann insofern als kongenialer Ausdruck spanischer Modemeschlechthin gelten, als sie diese Illusion von M odernität darstellt' und

gleichzeitig auf die Verschiebungen und Brechungen europäischerModernität verweist, die in industrieller, ökonomischer, politischer

und ideologischer Hinsicht zu verzeichnen waren.46  Als deren Kritikkönnen sie insofern gelten, als sie deren Unangemessenheit zeigenund damit jene "Illusion moderner Alltäglichkeit" in das Blickfeldrücken, die gerade diese Unangemessenheit auszublenden und durchscheinhafte Synthesen von Tradition und Modeme zu überbrückensuchte.47 

Denn auch im außerliterarischen Bereich stehen zahlreiche Phänomene unbestreitbarer Modernität im Widerspruch zu gegenläufigenTendenzen. So hatte Spanien seit Mitte des 19. Jahrhunderts einen

46 Daß Unamuno bei weitem nicht der einzige Autor war, der dieseBre

chung resteuropäischer Modernität im Spiegel spanischer Modeme verspürte und zum ästhetischen Prinzip des eigenen Schaffens machte, zeigen Manuel Machados ironisch betriebene Selbstauflösung und Relativierung der eigenen Dichtung, Antonio Machados agonale 'bichtungstheorieund -praxis und seine etwa mit seinen apokryphen Dichter-Philosophenim Zeichen gewollter Inauthentizität betriebenen Versuche nachholenderModernität. Vor allem Valle-Inclans Technik des esperpento, dessen Ästhetik sich gleichfalls der verzerrenden Rezeption resteuropäischer Modernität verdankt, macht diese besondere Rezeption europäischer Moderne deutlich: "Espana es una deformaci6n grotesca de la civilizaci6n europea" (Ramon deI Valle-Inclan. Luces de Bohemia. Madrid 1988, S. 168:"Spanien ist eine groteske Verzerrung der europäischen Kultur.").

47 Mit "Illusion moderne r Alltäglichkeit" meint Gumbrecht ein mentalitätsgeschichtliches Spezifikum des spanischen Bürgertums, das darin bestand, die Erfahrung eigener Rückständigkeit durch die Inszenierung eines fortschrittlichen Alltags zu verdrängen (Hans Ulrich Gumbrecht: Eine

Geschichte der spanischen Literatur. Frankfurt a. M. 1990, S. 697). Diesespanische Rezeptionsstruktur europäischer Modernität ist auch in der li

teratur selbst wirksam, die modeme Techniken übernahm, ohne daß diesejedoch dem aktuellen Stand von Literatur- und Realgeschichte entsprochen hätten. Insofern waren die 98er Kritiken am modernismo durchauslegitim: Sie verurteilten eine im modernismo forcierte, Produktion derPhänomene von Modernität, ohne daß deren reale Entsprechung gegebenwäre.

DIE AGONALE MODERNlTÄT

starken Modernisierungsschub erlebt: Der Eisenbahnbau wurde vorangetrieben, die Landwirtschaft wandte sich verstärkt agrarkapitalistischen Produktionsweisen zu, an der Peripherie des Landes entstanden schwerindustrielle Zentren, der Bergbau wurde forciert, die Textilindustrie verzeichnete einen Aufschwung, da s Bankensystem wurde

ausgebaut.48  Dennoch bleibt Spanien ein Agrarland, . ~ dem dielandwirtschaftliche Revolution praktisch nicht stattgefunden hat.Überdies kamen Kleinstbauern und Tagelöhner aufgrurllt-ihre r Annut

als potentielle Käufer von Industrieprodukten kaumm Frage. Sokonnten die Errungenschaften einer forcierten. Industrialisierung nichtals tatsächliche Motoren de s Fortschritts erscheinen, sonde rn als dessen bloß fiktionale Symbole. Der in Spanien vor allem mit der Hilfeausländischen Kapitals vorangetriebene Eisenbahnbau wirkte eher alsdas illusionäre Symbol einer tatsächlich noch nicht vorhandene n Modernität, da Spanien gar nicht das notwendige Produktionsniveauerreicht hatte, um die Eisenbahn zu einer zwingend notwendigenEinrichtung und zu einer Bedingung weiteren wirtschaftlichen Fortschritts zu machen.49  Auch die schwerindustrielIen Zentren und dieneu entstandenen Bergwerke wurden zumeist mit Hilfe englischenoder französischen .Kapitals betrieben, so daß einige mit der Materiebefaßte Autoren von einer Industrialisierung kolonialen Typs sprechen.so

Ähnliches gilt für den politischen Fortschritt: Zwar existierten bekanntlich Institutionen einer funktionierenden Demokratie wie zum

Beispiel die freie Wahl des Parlamentes, doch waren diese durc h den

regelmäßigen, dur ch Wahlmanipulationen garantierten Machtwechselder konservativen und liberalen Partei, den sogenannten turno de par

tidos, längst ausgehöhlt. Die Imitationen industrieller, ökonomischerund politischer Modernität hatten ihre ideologische Entsprechung ineiner Simulation geistiger Umbrüche: Zwar suchte die Nation den

Prinzipien wissenschaftlicher Rationalität zu folgen, doch war diesenzuvor ihre religions- ,und metaphysikkritische Speerspitze abgebrochen worden. Gerade das modeme Entwicklungen beschleunigende,

48 Vgl. Walther L. Bernecker: Sozialgeschichte Spaniens im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1990, v. a. Kap. IV, 3; zum Fehlschlag der Industriellen Revolution S. 181-196.

49 G. Tortella u. a.: Revoluci6n burguesa, oligarquia y constitucionalismo(1834-1923). Barcelona 1981.

SO Bernecker (wie Anm. 48), S. 195.

 

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423422 JOCHEN MECI<E

kritische Potential wurde in der spanischen, vom Krausismo inspirierten Version moderner Rationalität ausgeblendet. Religion und Wissenschaft, traditionelle Metaphysik und modeme Metaphysikkritikwurden in einer illusionären Versöhnung miteinander vereint. Dem

. entsprechend konnten auch Formen moderner Rationalität eher alsSimulation von Wissenschaftlichkeit erscheinen den n als tatsächlichePraxis.51 

Die mentalitä ts geschichtliche Entspr echung einer solchen ·Verfas

sung dürfte wohl in dem nach 1898.kaum mehr von der Hand zu weisenden Eindruck bestanden haben, daß die Phänomene der Industrialisierung fremd und aufgesetzt waren. In dieser Doppelrolle der europäischen Modeme als Motor eines spanischen Fortschritts, der jedochgleichzeitig, im Vergleich zum tatsächlichen Entwicklungsstand desLandes, als unwirklich und inadäquat erscheinen mußte, dürfte auchdie Ambiguität der Konnotationen begründet sein, die "Europa" imDiskurs der 98er Generation auslöste. Sie ist wahrscheinlich auc h mitverantwortlich für die Industrialisierungskritik der Generation und

deren Identifikation des wahren Spaniens mit den kargen Landschaften Kastiliens. Die Niederlage von 1898 markierte in den Augen der

98er Generation einen radikalen Bruch mit einer spanischen Tradition,die sich gerad e durc h ihre Assimilationsfähigkeit in die Modeme ret

ten konnte, indem sie die Illusion aufrechtzuerhalten suchte, Modernität sei ohne den Preis des Bruchs mit der Tradition zu haben. Dadurchverstärkten sich Bestrebungen, Spanien grundlegend zu erneuern und

zu modernisieren. Da "Modernität" und "Zukunft" jedoch in der

ideologischen Geo- und Chronographie der 98er Generation "Europa"bedeutete, während die Stelle der "Vergangenheit" mit "Spanien"

51 Daß diese Kritik kollektiver Illusionen nicht vor dem Subjekt dieser Kritikhaltmachte, zeigt bereits einer der ersten veröffentlichten spanischenTexte, in denen das Substantiv "intelectual" vorkommt: In einem Zeitungsartikel mit dem symptomatischen Titel "La vida es sueiio" fällt auchdie um die Jahrhundertwende entstehende Rolle des kritischen, der Erneuerung Spaniens verpflichteten modernen Intellektuellen der Desillu

sionierung zum Opfer (vgl. Miguel de Unamuno: Obras Completas. Madrid 1958, S. 407-417. - Vgl. auch Jochen Mecke: Spanische Intellektuel leim 20. Jahrhundert: Von d.er "Generation von 1898" zu den "Neuen Philosophen". In: Universita s 10, 1991, S. 935-945). Insofern als diese Desillusionüber die eigenen Motive einer De nunzierung kollektiver Illusionen inder generaci6n dei 98 bereits mitgedacht wird, ist Gumbrechts These vonder (undurchschauten) Illusion der Desillusionierung problematisch. Vgl.Gumbrecht (wie Anm. 47), S. 818.

DIE AGON ALE MODERNITÄT

besetzt war, brachte die Devise dereuropeizacion de Espana die jungenAutoren in ein ähnliches Dilemma wie die spanischen Aufklärer: daßnämlich die Ansprüche auf Erneuerung und Modemisierung unweigerlich gekoppelt schienen mit einem Verlust an spanischer Identität.

Unamunos Roman kann deshalb als I<lassiker spanischer Modemebezeichnet werden, weil er die Widersprüchlichkeit dieser historischen Situation adäquat zum Ausdruck bringt. Er stellt den· durch

trügerische Synthesen von Metaphysik und Wissenschaft, Freiheit und

Determinismus, Traditionund

Modeme, Repräsentationund

Selbstpräsenz aufrechterhaltenen Schein von Modernität durch die Re

Präsentation moderner narrativer Techniken als illusionär dar und

zerstört diese Illusion. Nach d er Auflösung illusionärer Versöhnungenwerden die Gegensätze allerdings nicht in einer neuen Synthese aufgehoben. Sie werden vielmehr mjenem anhand der Beziehung vonAutor und Figur verdeutlichten Agon belassen, der ~ r e Identitätkonstituiert. Darüber hinaus löst Unamunos agonale Asthetik der

Repräsentation moderner Negationen eine paradoxale Situation, inder sich die spanische Literatur angesichts des kategorischen Imperativs der Modeme befand: Wie sollte sie mit modemen Darstellungsformen, die im Diskurs spanischer Identitätsfindung als "importiert"galten, einer aktuellen Situation zum authentischen Ausdruck verhel

fen, die sich gerade durch ihre Unzeitgemäßheit auszeichnete?52

52 Geradezu ausweglos wurde diese an sich bereits komplizierte Situationjedoch dadurch, daß ausgerechnet das vielleicht zentrale i n h a l t l i c ~ e ~ h a rakteristikum literarischer Moderne, die neugewonnene AutonomIe emerSprache, deren dezidierte Dunkelheit sich zunächst jeglicher Kommunikabilität verweigerte, problematische Affinitäten zur barocken Kultur de rRepräsentation und ihrem Verhältnis zur Sprache aufwies: Hinter allenkritischen und ablehnenden Äußerungen der 98er Autoren zum Symbolismus, Modernismus oder später auch zur europäischen Avantgardezeigt sich der Verdacht, die Dunkelheit moderner Sprache sei möglicherweise nichts als inhaltsleere Wortspielerei, sprich Rhetorik, ein Verdacht,der sich später noch dadurch zu erhärten schien, daß die erste"spanischeStrömung, die den Ehrentitel literarischer Modernität im europäischen

Sinne völlig zu Recht trug (Gustav Siebenmann: Die moderne Lyrik in.Spanien: Ein Beitrag zu ihrer Stilgeschichte. Stuttgart 1965, S. 119 f f . ) ~ . alsgeneraci6n dei 27 auftrat und sich damit in den ~ u g e n etwa des. s p a t ~ n Antonio Machado in das Abseits barocker Rhetonk zu stellen schIen. DIe

in "Los Complementarios" beständig wiederholte Kritik an der k ü ~ e n Metaphorik moderner Lyrik dürfte von dem bei Machado zur ObseSSiongewordenen Verdacht motiviert sein, die dunkle Sprache der Modernekönnte sich als barocke, konzeptistische Rhetorik, als absichtliche Ver

 

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424 JOCHEN MECKE

Unamunos Prinzip der Agonie erlaubt es jedoch, die Widersprüchlichkeit dieser Situation zu einem wirkungsvollen ästhetischen Prinzipzu machen, das auch für die Identitätsproblematik, die ihr zugrunde

liegt, eine Lösung bietet. Wenn der Bezug zu Europa Spaniens Identität nicht bedroht, sondern qua agonaler Auseinandersetzung erst herstellt, wenn jegliche Fonn von Modernität unlösbar mit traditionellenFormen verbunden bleibt, denen sie widerstreitet, wenn jede Identitätimmer schon agonal auf ihre Differenz bezogen bleibt, dann stellt die

angestrebte Modernisierung weder politisch noch literarisch eine Be drohung spanischer Identität dar, sondern ist geradezu deren Bedingung.

dunklung klar formulierbarer Einsichten erweisen: ,,5610 un esp(ritu

trivial, una inteligencia Iimitada al radio de la sensacion, puede recrearseenturbiando conceptos con metiiforas, creando obscuridades por la

supresion de los nexos 16gicos, trasegando el pensamiento vulgar paracambiarle las oes sin mejorarle de contenido" (Antonio Machado: LosComplementarios. Madrid 1987, 5.83: "Nur ein gewöhnlicher Geist, einauf Sensationen beschränkter Verstand kann sich die Zeit damit vertreiben, klare Begriffe mit Metaphern zu trüben, durch die Aufhebung logischer Verknüpfungen Dunkelheit, [ ..] ohne den Inhalt zu verbessern.").

Werner Keil:

,, 0 wundervoller Kapellmeister, der solcher Dissonanzen mäch-'tig!" - Romantische Musikästhetik und die Frankfurter Schule.Von E. T. A. Hoffmanns KreisleT zu Th. W. Adornos Dissonanzen 235

GünteT Oesterle:Karikatur als Vorschule von Modernität. Überlegungen zu einerKulturpoetik der Karikatur mit Rücksicht auf Charles Baudelaire 259

Simonetta Sanna:

Im gesprungenen Spiegel des Wahnsinns: Die Modeme und ihreBewußtseinsk rise ....................................................................... .......... 287

Nicholas Saul:

Experimentelle Selbsterfahrung und Selbstdestruktion: Anatomie des Ichs in der li terari schen Modeme ....................................... 321

Gise1a Horn:

"Vorgänger ihr, Blut im Schuh" - Autonomie der Lebensentwürfe schreibender Frauen. Anmerkungen zur Romantikrezeption inder DDR-Literatur .................................................................... ........... 343

Peter Seibert:

Ästhetischer Geselligkeitsraum: Romantischer Salon, Literatencafe, Cyber-Kommunikation .............................................................. 361

Tatjana Judina:

Nihilismus in der russischen Modeme 381

Jochen Mecke:

Aus-Ein-Ander-Setzung: Die agonale Modernität von Miguel de

Unamunos Roman Niebla (1914) ........................................................ 395

Rolf G r i m m i n ~ e r : Nationalsozialismus und Modernität ............................................... 425

UlricIJ Barth:

Schleiennachers Reden als religionstheoretisches Modernisierungsprograrnm ................................................................................. .. 441

 

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~ : Luciano Zagari:'

~ , Säkularisation und Privatreligion: Novalis - Heine - Benn -

~ ,.'1:

Brecht .................................................... ................................................. 475 -"~ ~ ~ ~ . ' t::.Jean-Marie Paul: I.: .·:(.

Von der romantischen Desillusion zur Dekonstruktion "509 ! , \ ~ ; :"'J

Silvio Vietta:~ ;"r;f

Die Modernekritik der ästhetischen Moderne 531 a . ~ : ; -~ tf:

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