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1 Sozialdienst Soziale Arbeit in der Psychiatrie Psychisch gestörte Menschen sind vielfach damit überfordert, ihren Alltag zu organisieren. Soziale Arbeit in der Psychiatrie spielt bei der sozialen Rehabilitation in den zentralen Feldern : Wohnen, Freizeit, soziale und berufliche Rehabilitation eine federführende Rolle. Die Sozialarbeit in der Psychiatrie kann sich als Handlungswissenschaft bewähren. Zum Hintergrund Eine länger anhaltende psychische Störung ist häufig mit sozialen Risiken wie Randständigkeit, Isolation oder Armut verbunden. Vielfach können Lebensentwürfe beim Eintritt der Krankheit im frühen Erwachsenenalter bzw. im Jugendalter nicht mehr eingelöst werden. Eine berufliche und/oder eine soziale Zielkorrektur "nach unten" muss häufig vorgenommen werden. In diesen Fällen sind neben medizinisch therapeutischen Hilfen sozialarbeiterische Maßnahmen erforderlich. Wenn eine Berufsgruppe allein keine angemessenen Behandlungsformen anbieten kann, ist Kooperation erforderlich, auf die sich auch die soziale Arbeit qualifiziert einlassen muss. Weder rigide Abgrenzung von noch Verschmelzung mit anderen Berufsgruppen sind geeignet das eigenständige Profil der Sozialarbeit herauszustellen. Gefragt ist vielmehr eine "transdisziplinäre Teamfähigkeit", die eine fundierte berufliche Identität voraussetzt. In Selbstdarstellungen und der bis heute spärlichen Forschung dominiert das Bild des Sozialarbeiters als Zuarbeiter für den Arzt ohne eigenständige Behandlungsbeiträge. Der sozialen Arbeit werden vor diesem Hintergrund nur sekundierende Funktionen zugeschrieben. Diese Bild wird allerdings nicht ihrer Realität gerecht. Die Psychiatrie ist in der Behandlung und Betreuung von psychisch kranken Menschen auf eine breite sozialarbeiterische Unterstützung angewiesen, die sich insbesondere auf Hilfen zur Alltagsbewältigung der Betroffenen bezieht. Für die Psychiatrie ist der Alltag aus drei Gründen wichtig: Er ist eine Informationsquelle für die häufig schwierige Diagnostik, indem das Verhalten von Menschen in ihren regelmäßigen Bezügen berücksichtigt wird. Der Alltag dient der Psychiatrie als Vorbild für die Gestaltung sozial stimulierender Behandlungsmilieus, die sich deutlich von den früheren Verwahranstalten unterscheiden. Sozialdienst Asklepios Klinik Nord

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Soziale Arbeit in der Psychiatrie

Psychisch gestörte Menschen sind vielfach damit überfordert, ihren Alltag zu organisieren. Soziale Arbeit in der Psychiatrie spielt bei der sozialen Rehabilitation in den zentralen Feldern :–Wohnen, –Freizeit, –soziale und berufliche Rehabilitation eine federführende Rolle.

Die Sozialarbeit in der Psychiatrie kann sich als Handlungswissenschaft bewähren.

Zum Hintergrund

Eine länger anhaltende psychische Störung ist häufig mit sozialen Risiken wie Randständigkeit, Isolation oder Armut verbunden. Vielfach können Lebensentwürfe beim Eintritt der Krankheit im frühen Erwachsenenalter bzw. im Jugendalter nicht mehr eingelöst werden. Eine berufliche und/oder eine soziale Zielkorrektur "nach unten" muss häufig vorgenommen werden. In diesen Fällen sind neben medizinisch therapeutischen Hilfen sozialarbeiterische Maßnahmen erforderlich. Wenn eine Berufsgruppe allein keine angemessenen Behandlungsformen anbieten kann, ist Kooperation erforderlich, auf die sich auch die soziale Arbeit qualifiziert einlassen muss. Weder rigide Abgrenzung von noch Verschmelzung mit anderen Berufsgruppen sind geeignet das eigenständige Profil der Sozialarbeit herauszustellen. Gefragt ist vielmehr eine "transdisziplinäre Teamfähigkeit", die eine fundierte berufliche Identität voraussetzt. In Selbstdarstellungen und der bis heute spärlichen Forschung dominiert das Bild des Sozialarbeiters als Zuarbeiter für den Arzt ohne eigenständige Behandlungsbeiträge. Der sozialen Arbeit werden vor diesem Hintergrund nur sekundierende Funktionen zugeschrieben. Diese Bild wird allerdings nicht ihrer Realität gerecht. Die Psychiatrie ist in der Behandlung und Betreuung von psychisch kranken Menschen auf eine breite sozialarbeiterische Unterstützung angewiesen, die sich insbesondere auf Hilfen zur Alltagsbewältigung der Betroffenen bezieht. 

Für die Psychiatrie ist der Alltag aus drei Gründen wichtig:

–Er ist eine Informationsquelle für die häufig schwierige Diagnostik, indem das Verhalten von Menschen in ihren regelmäßigen Bezügen berücksichtigt wird. –Der Alltag dient der Psychiatrie als Vorbild für die Gestaltung sozial stimulierender Behandlungsmilieus, die sich deutlich von den früheren Verwahranstalten unterscheiden.

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–Der Alltag spielt eine weitere Rolle für die Durchführung der Therapie und für die Planung von Rehabilitationsmaßnahmen.  Es gehört zu den wesentlichen Schlüsselqualifikationen von Sozialarbeit im Krankenhaus, sich sehr schnell über die für den Pat. relevante soziale Situation ein möglichst zutreffendes Bild zu machen. 

Der Gegenstand der sozialen Arbeit in der Psychiatrie 

Es geht darum eine Zuständigkeit für einen begrenzten Problembereich anzugeben, ohne dabei andere Zugänge, :: wie den pflegerischen, :: den fachpflegerischen, :: den ärztlichen, :: den psychologischen, :: den ergotherapeutischen, :: (eventuell auch) den kunsttherapeutischen  dabei auszublenden. Es kommt also darauf an, Unterstützung zur Lebensbewältigung im Alltag zu geben, um Prozesse der sozialen Ausgrenzung zu verhindern oder um diese Prozesse einzudämmen.Die selbstständige Bewältigung von problematischen Lebensumständen wird vor allem dann erschwert bzw. unmöglich, wenn materielle soziale und kulturelle Ressourcen nicht ausreichend vorhanden sind. Wir erleben als Sozialarbeiter in der Klinik oft, dass im Kontext der Entwicklung von psychischen Erkrankungen diese individuellen Ressourcen der einzelnen Patienten vielfach zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus geradezu ruiniert sind.

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Beispielfall:

Ein Patient, der vor seiner erneuten Akuterkrankung Bezieher von Arbeitslosengeld war, veränderte seine private und seine berufliche Situation relativ radikal und abrupt: in diesem Kontext zog mit einer sehr schnell mit einer Frau zusammen, die ein drängendes Aufenthaltsstatusproblem hatte, mietete gemeinsam mit der neuen Partnerin teure Gewerberäume an, um ein bestimmtes Fachgeschäft gemeinsam zu betreiben, des weiteren nahm er einen erheblichen Bankkredit zur Ausstattung der Gewerberäume auf. Beim Arbeitsamt stellte er den Antrag auf Überbrückungsgeld, um den Weg in die Selbstständigkeit zu erreichen. Seine Partnerin drängt auf kurzfristige Heirat, während seine Schwester anläßlich eines Besuchs "bereits bekanntes verändertes Verhalten" bei ihrem Bruder feststellt und den aus früheren Krankheitsepisoden bekannten Sozialarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes beim Bezirksamt einschaltet. Dieser erreicht gemeinsam mit der Schwester eine Einwilligung in einen freiwilligen stationären Aufenthalt beim Patienten. 

Resümee: Eine wesentliche sozialarbeiterische Fähigkeit, die kommunikative Kompetenz hat als Schlüsselkompetenz hier eine zielgerichtete Außenwirkung: Die Kontaktaufnahmen und die Auseinandersetzungen mit den Vertretern des sozialen Umfeldes, die unmittelbar von dem krankheitsbedingten Fehlverhalten betroffen bzw. auch zum Teil wirtschaftlich geschädigt sind. Hier empfiehlt sich ein vorsichtiges erklärendes bzw. exkulpierendes Vorgehen. Der Hinweis, dass das offensichtliche Fehlverhalten bzw. die Erwartungsenttäuschung (Mieteschulden betriebliche Vorkommnisse oder nicht erklärte Fehlzeiten etc) vor dem Hintergrund einer akuten Erkrankung zu sehen ist, führt vielfach zu einem Paradigmenwechsel bei dem Adressaten der bis zu dem Zeitpunkt oftmals von einem zielgerichtetem absichtsvollen Vorgehen des Patienten in der betreffenden Angelegenheit ausgeht. Vereinbarungen, die auf die Zukunft gerichtet (z.B. Einbindung in eine ambulante regelmäßige Betreuung bzw. Behandlung) sollen dabei einen ähnlichen bzw. erneuten Vorfall eher ausschließen, stabilisieren hier die sozialen Verhältnisse, die auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus für die Patienten wichtig sind. Es steht fest, dass die auftretenden sozialen Komplikationen der Klienten - falls sie nicht hinreichend sozialarbeiterisch gelöst werden - den primären Krankheitsverlauf negativ beeinflussen und den Rehabilitationsverlauf negativ beeinflussen. Die Vernachlässigung dieser Zusammenhänge wäre ein Kunstfehler, den sich die Psychiatrie heute nicht mehr erlauben darf.

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Der Begriff der sekundären Handykaps weist auf die sozialen Verstärkungsmöglichkeiten von psychischen Symptomen hin. Sowohl die sozialpsychiatrische Fragestellung als auch die ihre Interventionsformen lassen sich gut von der sozialen Arbeit bedienen., die für diese Behandlungsebene prädestiniert ist. Die soziale Arbeit in der Psychiatrie zeichnet sich dadurch aus, dass sie die soziale Lage der Patienten und daraus resultierende Beeinträchtigungen angemessen erfassen und das verzweigte Netz von Sozialleistungen problemorientiert erschließen kann. 

Ansatz der Arbeit:

 Die soziale Arbeit in der Psychiatrie soll der Tatsache Rechnung tragen, dass neben körperlichen und seelischen Faktoren auch soziale Prozesse die Entstehung und den Verlauf einer psychischen Störung beeinflussen. Nach Kisker kommt es darauf an, "Barrieren in den sozialen Verhältnissen und im sozialverhalten von Personen abzubauen, die der Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft im Wege stehen." (Nach Mühlum 1996, Seite 319 Sozialpädagogisches Können). :: Soziale Arbeit leistet damit persönliche Hilfe, sie erschließt unterschiedliche Leistungen und bewegt sich in diversen Institutionen. –Fallbezogen heißt dies zum Beispiel, dass die Sozialarbeit prüft ob es sich bei dem zu lösenden Problem um eher formlose Hilfe (Vermittlung an einen Treff der PSK), um Eingliederungshilfe, um berufliche Reha nach dem SGB III, um HWH oder andere Formen der nachklinischen Hilfe handelt. –Es muss geklärt sein, welche Hilfe adäquat zum deutlich werdenden Bedarf im Einzelfall ist.  Soziale Arbeit in der Psychiatrie ist damit einelementares Bindeglied zwischen den Schonräumen der psychiatrischen Behandlung und den gesellschaftlichen Anforderungen, auf die Patienten vorbereitet werden müssen.

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Projektarbeit"Vernetzung ohne Einbahnstraßen" Sozialpsychiatrie im Klinikum Nord

Findet in der Weitervermittlung - aus dem psychiatrischen Krankenhaus in das Umfeld der Patienten - wirklich ein nachhaltiger Kontakt der Patienten zu den nicht-psychiatrischen Kontakt-, Beratungs- und Versorgungsan-geboten statt? Manfred Voepel, Anke Abraham, Julia Levit, Urd Brandtner und Guido Krause stellen drei Projekte klinischer Sozialarbeit vor. Psychisch erkrankte und behinderte Menschen sind vielfach damit überfordert, ihren Alltag zu organisieren bzw. den Alltagsaufgaben adäquat begegnen zu können. Häufig scheitern sie an Aufgaben des beruflichen Alltags und der privaten Selbstorganisation. Eine geregelte berufliche Tätigkeit, die Sorge für die Aufrechterhaltung der Wohnfunktionen, aber auch die selbständige Haushaltsführung und die Freizeitgestaltung stellen zuverlässige Indikatoren für die Frage der sozialen Integration bzw. der sozialen Komplikation dar. Die Sozialarbeit in der Psychiatrie zeichnet sich dadurch aus, dass sie die soziale Lage der Patienten und deren Beeinträchtigungen angemessen erfassen und das verzweigte Netz von Sozialleistungen problemorientiert erschließen kann. Soziale Arbeit in der Psychiatrie ist damit auch eine ganz wesentliche Schnittstelle zwischen informellen und formellen außerklinischen Kontakt-, Betreuungs- und Versorgungssystemen. An zwei wesentlichen Prämissen orientiert sich dabei die soziale Arbeit in der Psychiatrie: – erstens an dem Prinzip der gemeindenahen Versorgung für die nachklinische Zeit der Patienten und –zweitens an dem Prinzip der nicht-psychiatrischen Versorgung vor dem der psychiatrischen Versorgung (subsidiär).  Gerade das zuletzt genannte Prinzip führt - bei aller fachlichen Attraktivität dieses Postulats - auch zu der kritische Fragestellung, ob der Agenturgedanke mit der nötigen Effizienz in dem gedachten Ausmaß wirklich bei dem Adressaten der Sozialarbeit in der Psychiatrie ankommt. Unbestreitbar haben Normalisierungsansätze als Leitlinie in der Krankenhaussozialarbeit der Psychiatrie ihren hohen insbesondere orientierenden Wert. Innerhalb der Normalisierungsdebatte möchte ich jedoch die Frage der tatsächlichen Einbinde-Funktionen sozialer Systeme im nicht psychiatrischen Bereich für die Patienten der Psychiatrie problematisieren.

Dazu einige Beispiele:

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Die Schuldnerberatung

Das neue, seit dem 01.01.1999 in Kraft getretene Insolvenzrecht führte zu einem wahren "run" auf die Schuldnerberatungsstellen der Bezirke der Stadt Hamburg. Überfüllte Warteflure, die Schließung offener Sprechstunden und die Versendung von Fragebögen, gebunden an eine in Aussicht gestellte Beratung, die oft Monate später als Voraussetzung stattfinden wird, machte uns in der klinischen Sozialarbeit deutlich, dass diese Anforderung für viele psychisch kranke und behinderte Menschen eine deutliche Überforderung in ihrem Selbsthilfepotential darstellt. Im Ergebnis heißt dies, dass das verbreitete Problem der Überschuldung für den Patienten in der Psychiatrie damit zuverlässig nicht in diesen allgemeinen Systemen der Schuldnerberatung gelöst wird.

Ein Weg ans Ende der Krise

Schuldnerberatung für psychisch Kranke geht ins siebte JahrLangenhorn (bjh). Nach spätestens sieben Jahren kann ein Schuldner bei sogenanntem Wohlverhalten mit einer Restschuldbefreiung seinen Gläubigern gegenüber rechnen. So regelt es das 1999 in Kraft getretene private Insolvenzrecht. Es stärkt grundsätzlich die Position des Schuldners und sieht die Überschuldung nur selten in der ausschließlichen Verantwortung des Betroffenen. Angesichts von mehr als 75000 überschuldeten Haushalten allein in Hamburg eine sinnvolle Gesetzesneuregelung. Durchs Raster des neuen Insolvenzrechtes aber fallen weitesgehend die psychisch kranken Menschen ohne Betreuungsbeschluß.Um eine Entschuldungsperspektive zu erreichen, ist ein komplexes und langwieriges Durchsetzungsverfahren vorgesehen. Es verlangt Selbständigkeit, Durchhaltevermögen und eventuell die Übernahme von Prozeßkosten. Hürden, die psychisch Kranke kaum nehmen können. Auf Hilfe der staatlich zugelassenen Schuldnerberatungsstellen darf diese Klientel ebenfalls nicht hoffen. Wartezeiten bis zu elf Monaten auf den ersten Termin sind die Regel, ebenso wie die Ablehnung psychisch Kranker durch die Beratungsstellen wegen mangelnder Erfolgsaussichten.Wie es anders geht, zeigt die Schuldnerberatung der Sozialpsychatrie im Klinikum Nord, die 1999 ihre Arbeit aufnahm. Sie richtet sich an die stationären Patienten mit Überschuldung und bietet als Basis Beratung und Unterstützung mit Blick auf eine nachhaltige Strategie zur Entschuldung. Dabei wird grundsätzlich zunächst das vorgerichtliche Vergleichsverfahren angestrebt. Damit ist gewährleistet, daß die Gläubiger zumindest einen Teil ihres Geldes zurückerhalten und der Schuldner eine wirkliche Perspektive hat.

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Seit mehr als zwei Jahren ist Bankbetriebswirt Adolf Hamester Mitarbeites des Projektes. Seine Arbeit beginnt mit der Aufstellung der gesamten finanziellen Forderungen und eines individuellen Haushaltsplans. Wie hoch sind die Schulden, was kann gezahlt werden. Dann wird Kontakt mit den Gläubigern aufgenommen, mit dem Ziel des Vergleichs.Kernpunkt der Projektarbeit ist der Zusammenhang zwischen der psychischen Erkrankung und der Überschuldung. Arbeitslosigkeit, Krankheiten oder andere private Krisen sind meist Auslöser eines Verhaltens, das in den wirtschaftlichen Ruin führen kann. Die private Insolvenz bietet hier Wege aus der finanziellen Krise, die psychisch kranken Menschen entgegenkommt. Die absehbare Restschuldbefreiung ist Motivation für den Schuldner und verhindert weitere Krisen. Mangelhaft ist in Hamburg lediglich das Beratungsangebot für psychisch Kranke.

Die Bilanz bisher ist positiv. In über 1000 Beratungen wurde ein Gesamt-Schuldenberg von beinah 3,9 Millionen Euro bearbeitet. Rund 470000 Euro konnten durch Vergleiche reguliert werden, über 180000 Euro Schulden konnten nach Insolvenzeröffnungen gestrichen werden. Immerhin an 329 Gläubiger wurde gezahlt. Außerdem wurde das Projekt mehrfach ausgezeichnet. 2002 wurde es Modellförderprojekt der Hermann-Reemtsma-Stiftung und 2004 in die Bundesauswahl des Programms startsocial aufgenommen und von Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgezeichnet.

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Der Kanzler findet es gut: Gerhard Schröder (Mitte) zeichnete die Schuldnerberatung der Sozialpsychatrie des Klinikums Nord 2004 aus. Berater Adolf Hamester (links) und Manfred Voelpel, Leiter der Sozialpsychatrie, sowie Projektberaterin Alena Kempf-Stein freuen sich.   Foto: pi

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Neuer Weg zur sozialen Rehabilitation

Fonds für außergerichtliche Gläubigervergleiche zugunsten psychisch kranker Patienten der Asklepios Klinik Nord.                                                                                          Von Günter Breese, Manfred Voepel und Joachim Schwerdtfeger In der Asklepios Klinik Nord - Campus Ochsenzoll - wurde 1998 das Projekt „Schuldenberatung für psychisch kranke Menschen im Krankenhaus“ als Teil des Sozialdienstes gegründet und seither ständig fortentwickelt. Wegen seines sozialpsychiatrischen Ansatzes ist das Projekt im Jahr 2000 mit dem „Lilly Award“ geehrt worden. 2004 erhielt es einen Förderpreis als Stipendiat des „Start Social“, und wurde in die Bundesauswahl der besten Projekte aufgenommen. Start social ist eine von Großfirmen der Wirtschaft getragene Kampagne, durch die die Lösung allgemeiner gesellschaftlicher Probleme unterstützt werden soll. Im Herbst 2002 wurde das Projekt in das Modellförderprogramm der Herrmann Reemtsma Stiftung aufgenommen. Das Projekt verdient möglicherweise gerade in einer Zeit, die durch zunehmende betriebliche und private Insolvenzen geprägt ist, über unser Krankenhaus hinaus Beachtung bzw. Unterstützung. Dies gilt um so mehr, als gegenwärtig die öffentliche und politische Diskussion um Krankenhäuser von ökonomischen Aspekten beherrscht ist. Die Förderung von Aktivitäten eines Krankenhauses, das sich über die Akutversorgung hinaus um das Patientenwohl sorgt, ist deshalb ein Gegengewicht, an dem jede Unternehmensleitung starkes Interesse haben dürfte.In einer Dokumentation (vergleiche Forum sozial 3/2002) über das Projekt wird ausgeführt, dass die Anzahl überschuldeter Haushalte auch in Hamburg ständig wächst. Für 1998 wird eine Zahl von 60 000 Haushalten genannt, die heute deutlich höher sein dürfte. Die Presse nannte im Frühjahr 2003 eine Zahl von weit über 65 000 Fällen allein im Stadtgebiet von Hamburg.Diese Entwicklung spiegelt sich entsprechend in einem Anstieg überschuldeter psychisch kranker Menschen im Klinikum Nord-Ochsenzoll wider. Die Schulden sind häufig im Kontext ihrer Erkrankung entstanden und bedeuten zugleich ein gravierendes Hemmnis für psycho-soziale Stabilisierung und gesellschaftliche Integration der Betroffenen. Die Entwicklung einer Perspektive zum Leben mit Schulden und praktikabler Schritte zur Entschuldung ist deshalb für eine dauerhafte Rehabilitation dieser Personen von entscheidender Bedeutung.

Bisherige Arbeitsschwerpunkte:Das Projekt hat sich dementsprechend bisher zwei Arbeitsschwerpunkte gesetzt:

1. Schwerpunkt: Patienten-Lernprogramm „Ökonomisch Haushalten“. Hier handelt es sich vornehmlich um einen präventiven Beitrag zu Abwendung der Schuldenfalle. Es werden der richtige Umgang mit Geld, Haushaltsplanung, kostengünstiges Einkaufen und die Bewältigung unvorhersehbarer Ausgaben angesprochen und damit Hilfen zur Vermeidung von üblichen Überschuldungsrisiken gegeben.

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Es wird ferner die Idee verfolgt, diesen Arbeitsschwerpunkt durch die Einladung von Referenten solcher Unternehmen zu erweitern, die typische Gläubiger der Patienten sind. Dazu zählen vor allem Banken, Versandhäuser oder Handy- und Internet-Betreiber. Mit dem Ziel der Förderung eines besseren gegenseitigen Verständnisses sollen auch Gerichtsvollzieher für Referate gewonnen werden

2. Schwerpunkt: Patienten-Einzelfallberatung und Schuldenregulierung. Zusammengefasst lassen sich die Tätigkeitsfelder hier wie folgt darstellen:n Sensibilisierung des Schuldners, seine wirtschaftlichen und sozialen Defizite zu erkennen und Motivation zur Schuldenregulierung.n Vielfältige Unterstützung des Patienten im Bemühen um eine vorgerichtliche bzw. um eine außergerichtliche Einigungen mit den vorhandenen Gläubigern.Pro Jahr können allein über diesen Weg zur Zeit mehr als 240 überschuldete Patienten wirksam entschuldet und damit wirtschaftlich saniert werden.Insolvenzordnung: Keine Hilfe für Psychisch KrankeEs bestand die Hoffnung, dass die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 bzw. vom 1.1.1999, die mehrfach geändert und ergänzt und Ende 2001 noch einmal für private Verbraucher und sonstige Kleinverfahren in den Ablaufstrukturen und Anforderungen an den Schuldner vereinfacht wurde, auch für psychisch kranke Menschen eine Hilfe sein könnte. Diese Erwartung hat sich vornehmlich aus zwei Gründen nicht erfüllt:n Das neue Insolvenzrecht stärkt die Position des Schuldners, der nach vorheriger Rechtslage prinzipiell einem 30-jährigen Zugriff der Gläubiger ausgesetzt war, dem nun aber die Möglichkeit eröffnet wird, in einem geordneten, stark formalisierten Verfahren und bei entsprechendem Wohlverhalten zur außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Restschuldbefreiung nach sechs Jahren zu gelangen. Die Erfahrungen aus der Einzelfallberatung und Schuldenregulierung im Sozialpädagogischen Fachdienst des Klinikums Nord-Ochsenzoll zeigen, dass psychisch kranke Menschen den Anforderungen aus der Insolvenzordnung auch unter den neuen, erleichterten Bedingungen für „Verbraucherinsolvenzverfahren und sonstige Kleinverfahren“ (§ 304ff InsO), in aller Regel nicht gewachsen sind. Sie können die bürokratischen Anforderungen und langen zeitlichen Belastungen oft nicht aushalten. Es kann gesagt werden, dass die langfristig angelegte Wohlverhaltensklausel der InSO schwer mit den krankheitsbedingten gesundheitlichen Schwankungen von psychisch Kranken zu vereinbaren ist. Dazu bedürfte es intensiverer Unterstützung der Schuldnerberatungsstellen - außerhalb der Kliniken - über einen langen Zeitraum. n Die Schuldnerberatungsstellen der Bezirksverwaltung sind stark überbelastet. In Hamburg müssen Schuldner derzeit durchschnittlich 214 Tage warten, bis sie einen ersten Beratungstermin erhalten. Unter dieser Belastung ist es diesen Stellen gar nicht möglich, sich auf die besonderen Anforderungen und die zusätzlichen Arbeitsleistungen einzustellen, die eine nachhaltige Hilfe für psychisch kranke Menschen erfordern. Hier sei angemerkt, dass der Senat wegen dieser insgesamt unbefriedigenden Situation der staatlichen Schuldnerberatung im Herbst 2002 beschlossen hat, diesen Aufgabenbereich sukzessive auf private Träger zu verlagern. Für die Schuldenberatung psychisch Kranker lassen sich aber auch daraus auf absehbare Zeit keine positiven Perspektiven ableiten.

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Das neue Insolvenzrecht bietet damit - bezogen auf das Gesamtverfahren - für diesen Personenkreis noch keine wirksame Hilfe.Das Projekt Fonds für außergerichtliche Gläubigervergleiche Der Sozialpäd. Fachdienst der Asklepios Klinik Nord hat aus der praktischen Hilfeleistung für die verschuldeten Patienten Erkenntnisse gewonnen, aus denen sich - unter Verzicht auf das Verbraucherinsolvenzrecht - eigene und für die Kranken wirksamere Wege zur Schuldbefreiung ableiten lassen. In aller Regel stammen die Schulden der Patienten aus Rechtsgeschäften des täglichen Lebens - wie Teilzahlungskredite, Bestellungen im Versandhandel, Handy- oder Internet-Verträge. Oder die Schulden haben sich durch krankheitsbedingte Aufgabe kleiner Geschäfte (Restschulden und -Verbindlichkeiten) ergeben. Die Höhe der Schulden bewegt sich dementsprechend in Beträgen von wenigen hundert bis zu einigen tausend Euro.Die Aussichten der Gläubiger, bei diesen Schuldnern ihre Außenstände eintreiben zu können, sind in der Mehrzahl der Fälle ungünstig, weil Einkommen oder Vermögen fehlen. Angesichts der Forderungshöhe gerät überdies der Aufwand für die Verfolgung der Schulden auf Gläubigerseite schnell ins Missverhältnis zu den kalkulierbaren Erträgen. Vor diesem Hintergrund hat sich gezeigt, dass Gläubiger in der Regel bereits auf Vergleichsvorschläge einzugehen bereit sind, die ihnen eine verhältnismäßig niedrige Vergleichssumme in Aussicht stellen, weil bekanntlich der Spatz in der Hand besser ist, als die Taube auf dem Dach. Diesen Weg der Regulierung geht der Sozialpädagogische Fachdienst bereits jetzt immer dann, wenn der Patient dafür durch sein positives Verhalten geeignet erscheint und aus Eigenmitteln des Patienten und/oder mit finanzieller Unterstützung durch Dritte (u.a. Eltern, Verwandte, Freunde) der für eine Regulierung erforderlichen Schuldanteil aufgebracht werden kann. Finden sich keine Mittel, ist dieser Weg bisher nicht gangbar. Hier soll durch den „Fonds für außergerichtliche Gläubigervergleiche zugunsten psychisch kranker Menschen“ Abhilfe geschaffen werden. Ziel ist, Mittel zu sammeln, die für die Entschuldung der Patienten durch Vergleichsangebote gegenüber den Gläubigern dann eingesetzt werden, wenn sich anders Mittel dafür nicht finden lassen. Gemeinsam mit dem Nussknacker e.V. und durch die Mithilfe der Ilse und Hans-Günter Regenbogenstiftung soll hier ein ganz neuer Weg zur sozialen Reintegration psychisch Kranker im Klinikum Nord beschritten werden. Der Patient soll in diesen Fällen allerdings auch in die Pflicht genommen werden, sich an der laufenden Kapitalbeschaffung für den Fonds zu beteiligen, d.h. er soll im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zur Erstattung der für ihn aufgewendeten Tilgungssumme angehalten werden. Das finanzielle Ergebnis wird in dieser Hinsicht nicht hoch veranschlagt. Vielmehr ist diese Absicht in erster Linie therapeutisch-pädagogisch begründet und darf für die Kranken nicht zu einem neuen Schuldendruck führen.

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Die berufliche Integration Nur noch eine Minderheit von Patienten kann einen versicherungspflichtigen Arbeitsplatz vorweisen. Nach einer Untersuchung des Klinikum Nord hatten Patienten im Alter zwischen 20 und 60 Jahren bei einer Stichprobe von immerhin über 2000 Befragten nur knapp 20% einen sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsvertrag (aus 1997). Bemühungen um die berufliche Reintegration bzw. Rehabilitation bekommen von daher rein quantitativ ein immer größeres Gewicht. Die Vermittlung in den ersten und in den zweiten Arbeitsmarkt ist unter Umständen wegen der zugespitzten Konkurrenzbedingungen auf dem Arbeitsmarkt und wegen der nach wie vor bestehenden Vorurteile gegenüber psychisch behinderten Menschen besonders schwierig. Klinische Sozialarbeit muss deshalb eine besondere Strategie anwenden, um wirkliche Erfolge in diesem Bereich erzielen zu können. Eine Möglichkeit dafür bietet sich für uns über ein besonderes Bewerbungstraining.

 Psychisch kranke Migranten Viele der uns in der täglichen Arbeit bekannt gewordenen psychisch kranken Migranten leiden neben der Grundsymptomatik sehr stark an einer unzureichenden Form, sich sprachlich adäquat vermitteln zu können. Dieses Problem hat eine klinische und eine nachklinische Komponente. Im Selbstverständnis der Sozialpsychiatrie bildet Sprache das zentrale Medium im Kontakt, in der Beziehung zwischen dem Therapeuten und dem Patienten. Schon hier entstehen eine Reihe von Problemen in der Compliance, die letztlich auf unzureichende Verständigung zurückzuführen sind. Im nachklinischen Bereich fällt auf, dass vielerorts angebotene Sprachkurse durch Volkshochschulen und Stadtteilläden etc. von unseren Patienten in der Regel kaum besucht wurden und wahrscheinlich auch nicht nach der Krankenhausentlassung besucht werden können. Andere informelle Übungsfelder zur sprachlichen Weiterentwicklung werden gleichzeitig wenig benutzt. Wir beobachten, dass darüber hinaus Rückzugstendenzen insbesondere in die Herkunfts- bzw. Kernfamilie besonders nahe liegen. Es findet also perspektivisch danach eher eine Isolation statt einer Integration statt.

Diese Beispiele sollen verdeutlichen, wie schwierig die Formen einer erfolgreichen Vermittlung in die nicht psychiatrische Kontakt-, Beratungs- und Versorgungssysteme für die klinische Sozialarbeit sein können. Knapp formuliert könnte man sagen, dass die weitgehend gelungene Enthospitalisierung trotzdem in vielen Bereichen nicht hinreichend zu einer befriedigenden Integration außerhalb der Klinik geführt hat. Der jeweilige Projektgedanke für diese drei beispielhaften Problemfelder tritt jeweils mit einem speziellen Angebot aus der alltäglichen Stations- und Sozialarbeit deutlich heraus, bezieht sich aber sehr genau auf die Bedarfsaussagen der Sozialarbeiter auf den Stationen vor Ort. Diese Projektarbeit bedarf dabei nicht nur einer Spezialisierung, sondern häufig auch eines Spezialistenwissens, das über die originäre Sozialarbeit auf der Station hinausragt. Zur Vorbereitung der Projekte näherten wir uns zunächst völlig anderen, fremden Berufsfeldern.

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Zum ersten Beispiel, das Projekt der Schuldnerberatung: Hier lag der Schwerpunkt in der Analyse der Arbeitsansätze innerhalb der regionalen Schuldnerberatungsstellen. Darüber hinaus leisteten die beiden Mitarbeiter dieses Projektes für sich eine umfassende Einarbeitung in das Gebiet des seit dem 01.01.1999 geltenden Insolvenzrechtes. Zum zweiten Beispiel, das Projekt der beruflichen Integration: Der Schwerpunkt lag hier in der Erkundung des Arbeitsmarktes und der Arbeitsvermittlung des Arbeitsamtes für Schwerbehinderte und in der Kontaktaufnahme zu Arbeitslosen-Initiativen und zum kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA), der sich mit instruierenden Trainingsprogrammen für Arbeitslose beschäftigt. Eine besondere Konzeptualisierung des Bewerbungstrainings für unseren Personenkreis war dabei mit eine der vielen notwendigen Vorarbeiten, um Anschlüsse in die berufliche Reintegration zu ermöglichen. Zum dritten Beispiel, psychisch kranke Migranten: Die Analyse der verschiedenen Curricula bei den Bildungsträgern, der Kontakt zu fremdsprachlichen Verlagen und Gespräche mit Vertretern der Bildungsträger über Migrantengruppen und deren Kurserfahrungen mündeten in unsere Projektskizze. Allen Projektmitarbeitern ist gemeinsam, dass sie eine Form der Überleitung in die "normalen" Formen der Sprachförderung, der beruflichen Rehabilitation und in die bezirklichen Schuldnerberatungsstellen - außerhalb der Klinik - anstreben. Zum anderen geht unser Bemühen dahin, spezielle Angebote von draußen nach drinnen zu holen und darüber wiederum Anknüpfungspunkte zu leisten. Diese Vernetzung hat in unserer praktischen Arbeit jedoch mittlerweile nicht mehr den Charakter einer Einbahnstraße. Im Gegenteil, zwei Institutionen sind uns dabei besonders entgegengekommen: Zum einen bietet die Reha-Beratung des Arbeitsamtes Hamburg regelmäßig Beratungstermine vor Ort, hier in der Klinik, an und zum anderen bietet die Migrantenberatung der Arbeiterwohlfahrt ebenfalls regelmäßige Beratungsgespräche für Patientinnen und Patienten mit besonderen aufenthaltsrechtlichen Problemen bzw. kulturellen Problemen an, die sich in Abgrenzung zu diagnostischen Fragestellungen ergeben können.

 Fazit Wir sehen in einer patientennahen Organisationsform der beschriebenen speziellen Angebote, die schon während des Krankenhausaufenthaltes genutzt werden können, eine inzwischen bewährte Form niedrigschwelliger Schulungs- und Beratungsmöglichkeiten. In der Phase der Überleitung in außerklinisch organisierte Angebote zum Zeitpunkt der Entlassung haben wir vielfach schon eine positiv gefärbte Erfahrung bei unseren Patienten erreichen können, so dass auch dadurch die Anknüpfung "draußen" leichter fallen kann.

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Wohnraumvermittlung  Sozialarbeit in der Allgemeinen Psychiatrie

Besondere Hilfen für wohnungslose Patienten in der Psychiatrie - ein neuer Projektansatz des Sozialdienstes in der Asklepios Klinik Nord.

Arno Trebelsberger, Sven Meding, Manfred Voepel

Sozialarbeit im psychiatrischen Krankenhaus stellt sich als ein Verbindungsglied zwischen der jeweils erkannten sozialen Problematik des Patienten und den angestrebten Lösungen für „das Leben nach der Klinik“ dar. Psychisch erkrankte und behinderte Menschen sind vielfach damit überfordert, ihren Alltag zu organisieren bzw. den Alltagsaufgaben adäquat begegnen zu können. Häufig scheitern sie an Aufgaben des beruflichen Alltags und der privaten Selbstorganisation. Eine geregelte berufliche Tätigkeit, die Sorge für die Aufrechterhaltung der Wohnfunktionen, aber auch die selb-ständige Haushaltsführung und die Freizeitgestaltung stellen zuverlässige Indikatoren für eine Antwort auf die Frage der sozialen Integration bzw. der sozialen Komplikation dar. Hilfen von Seiten des Sozialdienstes der Asklepios Klinik Nord  müssen in vielen Einzelfällen daher oftmals so umfassend angelegt und organisiert sein, weil keine dieser Grundfunktionen intakt ist.Der Sozialdienst hat das Ziel, zu Stabilisierung und Rehabilitation der Patienten beizutragen, indem er ihnen  bei der Überwindung von sozialen Schwierigkeiten hilft. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet die Sicherung der ökonomischen Grundlagen, Erhalt oder Vermittlung einer individuell bedarfsgerechten  Wohnform und einer adäquaten Arbeits- und Beschäftigungs-möglichkeit, um den Patienten die Rückkehr in ihr gewohntes soziales Umfeld oder die Ges-taltung einer neuen Lebensplanung zu erleichtern.Neben dem Verlust von möglichen unterstützenden Familienkontakten, einer individuellen Überschuldung, einer fehlenden beruflichen Einbindung sind zunehmend mehr Patienten mit einer akuten  Wohnungslosigkeit konfrontiert. Die Reorganisation von Wohnraum  ist in Hamburg unter anderem über die Anerkennung als vordringlich Wohnungssuchender,  bzw. über den sog. § 5 Schein geregelt. Die Lösungen in diesem Bereich sind mit mehrmonatigen Wartezeiten verbunden. Diese eher langfristig angelegten Hilfen sind schwer vereinbar mit den zeitlichen Behandlungsfrequenzen einer Klinik. Daneben sind Plätze im stationären außerklinischen psychiatrischen Bereich und in betreuten Wohngemeinschaften  oft sehr knapp bzw. mit einer zu langen Wartezeit versehen.

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Oftmals bleibt so nur die Vermittlung in Einrichtungen für Wohnungslose  oder in Einrichtungen außerhalb Hamburgs als zeitnahe Lösung übrig.Mit  Hilfe von Arno Trebelsberger - der u. a. über herausragend gute Kontakte zur Wohnungswirtschaft verfügt - versuchen wir gemeinsam  an verbesserten Lösungen zu arbeiten.Neben der oft sehr zeitaufwendigen individuellen Hilfe bei der konkreten Wohnungssuche der Patienten appelliert  Herr Trebelsberger an die privaten, gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen, sich in diesem Bereich der sozialen Verantwortung zu wid-men.  Gleichzeitig nehmen wir aber auch die Patienten in die Pflicht, die so eine 2. Chance  zum Start ins Leben außerhalb der Klinik erhalten sollen. Konkret heißt das, dass  grundsätzlich  jede Vermittlung mit der verbindlichen Kopplung eines weiteren Ansprechpartners verbunden wird. Dies kann auch eine Betreuung im rechtlichen oder tatsächlichen Sinne sein.Dies wird dem Vermieter  in einer Form offen gelegt, die ihm ermöglicht - in Krisenfällen - diesen Ansprechpartner  bzw. diesen  Betreuer stets anrufen zu können. So soll es darüber eine ergänzende verlässliche Struktur geben, die mit einer frühzeitigen Intervention eine zugespitzte Eskalation - Stichwort Zwangsräumung -  vermeiden soll.       Das Projekt FIGA Wohnverbund e. V. (FIGA steht für: für Integration gegen Ausgrenzung)  in Barmbek und der  gemeindepsychiatrische Qualitätsverbund Hamburg - Nord haben sich  in diesem Konzept als feste Kooperationspartner eingebracht.FIGA ist seit Jahren im Arbeitskreis „Wohnungslos und psychisch krank“ aktiv und daher mit der Situation vertraut. Zudem kann FIGA als anerkannter PPM-Anbieter Hilfe und Betreuung für die betroffenen Menschen bieten.Dabei möchte FIGA den Menschen mit psychiatrischer Erkrankung eine Wohnform möglichst in ihrem bisherigen Wohnumfeld bieten, damit diese zumindest den Halt in ihrer gewohnten Umgebung behalten.Der Qualitätsverbund Hamburg - Nord steht für einen trägerübergreifenden Zusammenschluss der größten Träger der klinischen und der nachklinischen Psychiatrie in der Region des Bezirkes HH - Nord.  Beide Träger werden sich um eine entsprechende  Betreuung kümmern und so nicht nur den neuen Wohnungsmietern zur Seite stehen sondern auch für den Vermieter ein verlässlicher Ansprechpartner sein.Der Projektstart Mitte April 2008 zeichnete sich sofort durch eine deutliche Nachfrage aus: Die beiden ersten offenen Sprechstunden, die Herr Trebelsberger gemeinsam mit den jeweils zuständigen SozialpädagogInnen der Stationen anbot, konnten bereits von 12 wohnungslosen Patientinnen und Patienten genutzt werden.  

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Zur Person

Herr Arno Trebelsberger, ehemals Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Jetzt Unternehmensberater und ehrenamtlich engagiert an der Asklepios Klinik Nord. Hr. Trebelberger kann dieses Angebot einmal wöchentlich, freitags ab 9.30 Uhr in Haus 17 Raum 113, bei uns realisieren.

Voranmeldungen für unsere Patienten  können unter dieser Adresse: [email protected] für die Beratungstermine erfolgen.     Manfred Voepel Ltg. Soziadienst in der Asklepios Klinik NordSven Meding Geschäftsführer FIGA Wohnverbund e.V.Arno Trebelsberger Unternehmensberater

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start social - Hilfe für Helfer

startsocial hilft sozialen Projekten - im Jahre 2004 der Schuldnerberatung für psychisch Kranke und nun dem Projekt KIK Kunst im Krankenhaus, dass ebenfalls zum Sozialdienst im Klinikum Nord gehört.Ende Oktober ging zum vierten Mal ein bundesweiter Wettbewerb in die Schlussphase:startsocial - eine Initiative unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin beendete seine Beratungsstipendien für bundesweit 100 soziale Projekte.Startsocial ist ein Projekt der Unternehmensberatung McKinsey, dass außerdem v. ProSiebenSat.1, Siemens Business Service, dem Gerling Konzern, dem Unternehmen o2 Germany und anderen unterstütz wird.Qualifizierter Rat kommt diesmal nicht typischer weise den Unternehmen zu, die sich eine Unternehmensberatung leisten können, sondern ganz unterschiedlichen sozialen Projekten, die an der Lösung verschiedener gesellschaftlicher Probleme arbeiten.Hier konnte auch die Mitglieder des KIK Projektes des Sozialdienstes im Klinikum Nord ein Beratungsstipendium erringen und sich von qualifizierten Beraterinnen schulen lassen.

KIK ist ein Projekt, dem 15 Künstler angehören, die frühere Patienten des Klinikum Nord waren.  KIK besteht seit 1998 - durch die Anschubfinanzierung des Spendenparlamentes - und hat seit dieser Zeit schon über 34 öffentliche Ausstellungen  durchgeführt. Die Firma Lilly-Deutschland aus Bad Homburg fördert KIK seit vielen Jahren und hat ganz wesentlich dadurch diesen Erfolg mit realisiert. Die Mitarbeiter und Mitglieder von  KIK  sind der Firma für diese Modellförderung besonders dankbar. *)Ganz unterschiedliche Hilfen zur Projektpräsentation, zum Projektmanagement und zu Struktur- und Finanzierungsfragen konnten eingehend besprochen und organisiert werden.Als Experten bzw. als Coach halfen dabei  tatkräftig dem Psychiatrieprojekt der die Kulturwissenschaftlerin Corinna Lüthje und  der Unternehmensberater von McKinsey Mortimer v. Plettenberg.Die Idee v. startsocial ist der gezielte Wissenstransfer von der Wirtschaft in den sozialen Bereich.Am 1.12.05 erreichte uns die Einladung  nach Berlin  im April  2006.24 andere Projekte aus dem bundesweiten Wettbewerb waren ebenfalls Gast  bei Frau v. der Leyen, die hier die Schirmherrin Frau Bundeskanzlerin Merkel vertritt..Unter www.startsocial.de gibt es einen Hinweis auf die grundsätzliche Förderidee für soziale Projekte und auf die Bedingungen bzgl. der geplanten Kampagne im nächsten Jahr, an der sich ganz unterschiedliche soziale Projekte beteiligen können.  Nachdem Mitarbeiter des Soziadienstes im Klinikum Nord bereits im Vorjahr mit dem Projekt Schuldnerberatung für psychisch Kranke bei Bundeskanzler Schröder waren, ist der Soziadienst auch in diesem Jahr wieder Gast im Kanzleramt.Die Ergebnisse der sieben besten deutschen Projekte prämiert die Bundesfamilienministerin mit je 5000 Euro.

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Die drei Vertreter der Gruppe KIK Lenka Silerova, Horst Thalmaier und Manfred Voepel empfing Frau von der Leyen am 7.4.06 in den Veranstaltungsräumen des ehemaligen Hamburger Bahnhofes in Berlin.Manfred VoepelLtg. des Sozialdienstes Klinikum Nord.  __________________________*)  KISS und das Hamburger Spendenparlament sind die Ideellen Schirmherren des Projektes. Näheres zu KIK unter www.kikhamburg.de

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