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Herz, Hirn & Telemedizin MORBI-RSA Die Politik sieht genauer hin, wie der Finanzausgleich den Wettbewerb der Kassen verzerrt. Ein Riegel gegen Kodiermanipulationen ist schon da. BILDSCHIRM-DOKTOR Das Smartphone des Patienten wird zum wichtigsten Instru- ment telemedizinischer Versorgungskonzepte. Betriebs Kranken Kassen 2 | 17 Magazin für Politik, Recht und Gesundheit im Unternehmen ONLINE AUSZUG

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Page 1: 2 | 17 Betriebs Kranken Magazin für Politik, Recht und Kassen · Herz, Hirn & Telemedizin MORBI-RSA Die Politik sieht genauer hin, wie der Finanzausgleich den Wettbewerb der Kassen

Herz, Hirn &TelemedizinMORBI-RSA Die Politik sieht genauer hin, wie der Finanzausgleich den Wettbewerb der Kassen verzerrt. Ein Riegel gegen Kodiermanipulationen ist schon da.

BILDSCHIRM-DOKTORDas Smartphone des Patienten wird zum wichtigsten Instru-ment telemedizinischer Versorgungskonzepte.

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HOFBERICHT

Die dritte Veranstaltung der Reihe BKK INNOVATIV zeigt anhand von Best Practice wie engagierte BKK Akteure mit Eigeninitiative und motivierten Partnern moderne medizi-nische Versorgung organisieren. Vor drei Jahren legten Betriebskrankenkassen dar, wie Versorgungsinnovationen die gesamte Behandlungskette optimieren können. Dazu, so zeigte beispielsweise die Bosch BKK, sollte durchaus auch die Honorierung auf Ergebnis-qualität ausgerichtet und Anreizmechanismen für Prävention für die Vertragspartner ge-schaffen werden. Die Veranstaltung zum Zweitmeinungsverfahren, so bei onkologischen Behandlungen, überzeugte damit, dass intensive ärztliche Vernetzung unumgänglich ist, um komplexe Krankheitsbilder besser zu diagnostizieren und um den Patienten schonende Behandlungen mit besseren Erfolgsaussichten zu empfehlen. Die guten Erfahrungen der Best-Practice-Projekte, die auch dank des Engagements von Betriebskrankenkassen vor Ort gut funktionieren, kamen folgerichtig als Bestandsschutzprojekte ins Gesetzgebungs-verfahren für die nun GKV-weit verpflichtenden Zweitmeinungsverfahren.

TELEMEDIZIN STATT GOOGLE-CHONDRIEVon Christine Richter, Pressesprecherin

Virchows Forschungen und Vorlesungen waren einst bahnbrechend; das wird jedem bewusst, der die Hörsaalruine auf dem Gelände der Ber-liner Charitè auf sich wirken lässt. Der durch Fliegerbomben im Zwei-ten Weltkrieg zerstörte und zumindest als Ruine erhaltene Hörsaal im einstigen Pathologischen Museum regt zum Denken und Diskutieren an. Ein echter „hot spot“ der Medizingeschichte und ein einzigartiger Veranstaltungsort: In der dritten Veranstaltung BKK INNOVATIV ging es im Januar 2017 um moderne und vernetzte Versorgungsprojekte. Weil auch der Patient 2.0 analoge Krankheiten hat, gilt: Ohne Mediziner hilft die smarteste App nicht.

PATIENTENVERSORGUNG IN NETZWERKEN

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2322 Betriebskrankenkassen 02 | 2017 Betriebskrankenkassen 02 | 2017

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zu finden oder eben Verträge mit medizinischen Partnern mit E-Health-Unterstützung für ihre Versicherten zu schließen.“ Allerdings ist es gar nicht so einfach, das hochkomplexe medizinische Wissen, das Ma-nagement der Projekte, eine ansprechende und gut verständliche Oberfläche für die User zu konzipieren und zu entwickeln – auch hier wird künftig immer weniger hierarchisch, sondern quasi als Schwarmintelligenz miteinander agiert werden. Dies verlangt neues Denken und neue Arbeitsstrukturen – vernetzte Projekte klappen nicht mit und in hierar-chisch strukturierten Organisationen.

Auch Dr. Oliver Gapp, Bereichsleiter Versorgung und Gesundheitsökonomie der mhplus Be-triebskrankenkasse in Ludwigsburg sieht mehr und mehr den Patienten als Souverän über die eigene Gesundheit – mit einer professionell gemachten elektronischen Unterstützung. Es geht in den Versorgungsbereichen, in denen Kassen individuell zusätzlich mit Ärzten Behandlungsoptimierungen verhandeln können, also bei den sogenannten Selektivverträ-gen mitnichten um irgendeine „Selektion“, sondern um ein Mehr für den Patienten als das im Sozialgesetzbuch für gesetzlichen Kassen einheitliche, vorgeschriebene Pflichtenheft bei der ärztlichen Versorgung („ausreichend und wirtschaftlich“). Für Verträge mit E-Health-Modulen heißt das, dass sie gemeinsam mit Medizinern und als „lernendes System“ angelegt sind, so dass aktuelle evidenzbasierte Erkenntnisse auch in den elektronischen Unterstützungssystemen nachgesteuert werden können.

„Es gibt technisch bereits so viele Möglichkeiten: So eine App zum Hautkrebs-Screening, dass das zu Hause gemacht werden kann, nicht mehr zwangsläufig zum Arzt gegangen werden muss, wenn nur kleinere Auffälligkeiten da sind. Aber auch für die ärztliche Versor-gung wird sich einiges ändern, da der Patient eher auf Augenhöhe mit dem Arzt sein wird

HOFBERICHT

VERNETZUNGS- UND DIGITALISIERUNGSPROJEKTE AUCH POLITISCH FÖRDERN Aktuell zeigte BKK INNOVATIV, wie eng Vernetzung und Digitalisierung zusammenspielen und wie dies in der Praxis auch gegen anfängliche Widerstände funktioniert. Auch wenn zum 1. April dieses Jahres eine Abrechnungskennziffer für niedergelassene Ärzte für digi-tale Sprechstunden kommt, müssen die als Netzwerke arbeitende Systeme bei den Ge-setzgebungsverfahren mit auf der Agenda stehen. Es geht in den Versorgungsbereichen, in denen Kassen individuell mit Ärzten, Krankenhäu-sern und Therapeuten zu Behandlungsoptimierungen verhandeln können und dürfen (also bei den sogenannten Selektivverträgen) mitnichten um irgendeine „Selektion“, sondern um ein Mehr oder um andere Leistungen als diejenigen, die für gesetzliche Kassen einheit-lich vorgeschrieben im Pflichtenheft der ärztlichen Versorgung stehen („ausreichend und wirtschaftlich“). Deshalb sollte auch die Förderung von E-Health-Elementen in Selektivverträgen politisch bedacht werden, denn es kann auf Dauer nicht funktionieren, dass allein die durch den Innovationsfonds geförderten Projekte genug Schub entwickeln können, um bei überzeu-gender Performance in die Regelversorgung übernommen zu werden. Wenn es uns ernst damit ist, künftig flächendeckend eine moderne medizinische Versor-gung vorzuhalten, kann auf Dauer die einzelne ärztliche Praxis in der ambulanten Versor-gung, selbst wenn Ärzte Online-Sprechstunden anbieten, die Herausforderungen von de-mografischem Wandel und fortschreitender Spezialisierung in der Medizin nicht auffangen.

PATIENT 2.0: SOUVERÄNER UMGANG MIT INFORMATIONEN ODER GOOGLECHONDRIE Vernetzt und digital – schon heute sind diese beiden Begriffe der Informationstechnologie kaum noch aus unserer realen Lebenswelt fortzudenken, häufig geht es im Diskurs be-reits um den Patienten 2.0. Dessen wichtigstes Merkmal ist seine Informiertheit, meint Prof. David Matusiewicz, Direktor des Instituts für Gesundheit und Soziales an der FOM Hochschule.„Der Patient 2.0 ist ein souveräner Patient, der sich mit seiner Gesundheit beschäftigt und dafür die digitalen Medien nutzt. Für erste Informationen helfen Suchmaschinen. Aller-dings gibt es nicht nur Wikipedia. Es gibt evidenzbasierte Informationen, Leitlinien, Patien-tenforen und Ähnliches, die moderiert werden, wo ein Patient sich informieren kann und dann informiert in die Arztpraxis kommt.“

Allerdings brauchen Patienten letztlich das Arztgespräch zur Interpretation der vielen In-formationen aus dem Netz. Prof. Matusiewicz dazu: „Es gibt nicht umsonst Begriffe wie „Googlechondrie“ – anschaulicher Ausdruck dafür, dass man sich krank googeln kann. Auch gesetzliche Krankenkassen werden immer mehr zum Partner für suchende Patienten – so, wenn sie dabei helfen, qualitativ hochwertige Informationen oder E-Health Projekte

2524 Betriebskrankenkassen 02 | 2017 Betriebskrankenkassen 02 | 2017

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MIT IHREM DOKTOR SKYPEN ÄLTERE SO SELBSTVERSTÄNDLICH WIE MIT IHREN ENKELN Auf den virtuellen Arztbesuch freuen sich ältere Patienten in einer ländlichen Region in NRW. Dort entstand vor 20 Jahren das Ärztenetzwerk Bünde. Heute 55 niedergelassenen Haus- und Fachärzten, einem Krankenhaus, Physio- und Psychotherapeuten, Ernährungs- und Suchtberatern vernetzt miteinander versorgt werden rund 34.000 Versicherte aus 18 kooperierenden Betriebskrankenkassen in der Region Ostwestfalen. Das Ärzteprojekt MuM (Medizin und Mehr) hat außerdem ein integriertes Versorgungsmodell OPTI-MuM, genutzt von rund 13.000 Patienten aus meist ländlicher Umgebung. Gemeinsam mit den ostwestfälischen BKK wurden 26 „lernende“ Module entwickelt; so Zusatzversorgun-gen bei Herzmuskelschwäche, psychotherapeutische Angebote, Vorsorgeprogramme zu Darm- und Hautkrebs und ambulante Operationen.

Mit der elektronischen Visite wollte MuM die ärztliche Versorgung für die betreuungsin-tensiven Patienten in Pflegeheimen optimieren, denn es ging darum, mit der Ressource Arzt achtsam umzugehen – in einer dünn besiedelten Region mit Demografie-Problemen. Annette Hempen, Geschäftsführerin von MuM, erläutert, wie viel Aufwand auch kleinere Gesundheitsprobleme benötigen: „Im Bereich der Pflegeheime z.B. ist es so: Wenn die Patienten zur Wundkontrolle kommen müssen, dann werden sie mit einem Krankentrans-port in die Arztpraxis gebracht, dort gibt es lange Wartezeiten, eine Betreuungsperson muss mitkommen.“

Mit der Online-Visite können die Bewohner der Pflegeeinrichtungen gemeinsam mit einer Pflegefachkraft direkt mit ihren behandelnden Ärzten sprechen. Eine flexible kleine Kame-ra zeigt Details und unterstützt den Arzt vor dem Bildschirm, um so chronische Wunden zu begutachten. Diese sind zu rund drei Viertel die häufigsten Gründe für elektronische Visiten, gefolgt von Fragen zur Medikation. Erfolgsbilanz: In 74 % der Fälle konnten damit die gesundheitlichen Probleme abschließend geklärt werden. Einbestellungen in die Pra-xen oder Überweisungen zu Fachärzten fielen in weniger als einem Viertel der Fälle an. Wichtig ist den Akteuren, dass die Patienten den Ärzten bekannt sind. Annette Hempen resümiert: „Die Vorteile der elektronischen Visite für die Ärzte sind eine Verbesserung der Behandlungssicherheit, der Behandlungsqualität und ein Einsparen von Ressourcen – also ein besserer Einsatz der Ressource Arzt. Endlich können unnötige Besuche mit oft langen Anfahrten durch die Online-Visite vermieden werden.“

Anders als vorab angenommen, haben die älteren Patienten meist die geringste Berüh-rungsangst vor Online-Sprechstunden. Bedenken kommen eher von der Ärzteseite, da geht es dann um Sorgen, ob die Überweisungen trotz online Sprechstunde weiterhin klap-pen, oder Finanzierungsfragen. Ab dem 1. April soll es für Online-Sprechstunden auch Gebührenkennziffern zur Abrechnung der Leistungen geben. Spätestens dann dürfte es

HOFBERICHT

und die Ärzte insbesondere dann hinzugezogen werden müssen, wenn ärztlicher Hand-lungsbedarf besteht.“

Bei der psychologischen Betreuung zielt das Angebot einer Online-Therapie der mhplus BKK bei psychischen Erkrankungen nach stationärem Aufenthalt auf die Verstärkung der Nachhaltigkeit, denn die Behandlungskette ist derzeit kontraproduktiv, schildert Gapp: „Wir erleben, dass Leute, die einen Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik haben, häufig wieder in die psychosomatische Klinik kommen: ein Drehtüreffekt.“

Ein Ausweg aus dem Dilemma: „Patienten, die stationär behandelt wurden, reden in On-line-Sprechstunden mit den gleichen oder mit einem Kollegen der Therapeuten, die sie aus der Klinik bereits kennen. Nachsorge heißt in diesem Falle: „Wenn jemand aus der psy-chosomatischen Klinik entlassen wird, kann der- oder diejenige noch sieben, acht, neun, zehn Sitzungen, die sie online durchführen. Und Themen, die nun im Alltag aufgetreten sind, können mit den vertrauten Therapeuten besprochen werden. Diese Überbrückung hilft auch dabei, in Wohnnähe einen ambulanten Therapieplatz, also eine Serie von Thera-pieterminen Terminen in angemessener Zeit zu finden.“

Im Rahmen von Selektivverträgen werden digitale Anwendungen bei Prävention, Diag-nostik und Therapie bei der Kasse getestet und den Versicherten angeboten. Es geht bei-spielsweise um Teletherapie beim Stottern, häusliche digitale Überwachung bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Gesundheitscoaches. Auch im Kundenservice wird zunehmend digi-talisiert, indem Formulare oder Nachweise online ausgetauscht werden oder per Video-schaltung und WhatsApp mit Versicherten kommuniziert wird.

Dr. Oliver Gapp, Bereichsleiter Versorgung und Gesundheitsökonomie der mhplus Betriebskrankenkasse

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2726 Betriebskrankenkassen 02 | 2017 Betriebskrankenkassen 02 | 2017

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wurden. Und entgegen vieler Unkenrufe damals – die MVZ sind aus der medizinischen Versorgung nicht mehr wegzudenken. Solch ein Vertrauen in die Akteure und das Aus-probieren-Dürfen, also eine ausreichende Zeit der Bewährung muss Politik auch digitalen Projekten und Netzwerken einräumen.

Dr. Bernd Köppl, Vorstand beim Bundesverband der MVZ hofft auch, dass medizinische Netzwerke gefördert werden. Ärztenetzwerke wie das in Bünde sieht er als wichtige Ak-teure im ambulanten Bereich, er plädiert dafür, Ärztenetzwerke zu fördern – für einen spä-teren Übergang in ein MVZ, aber auch, um diesen Netzwerken mehr Planungssicherheit zu geben.

Die Unterstützung jünger Ärztinnen und Ärzte für eine spätere Niederlassung gehört auch zum Service des Ärztenetzwerks Bünde, denn junge Ärzte lernen Praxisführung in ihrem Studium nicht. Umso wichtiger wäre es, diesen vernetzt arbeitenden Versorgern einen Status als Leistungserbringer zu geben.

FAZIT DER AKTEURE VERNETZTER UND DIGITALER VERSORGUNG: Politik kann und soll künftig für die Vielfalt von Versorgungsmodellen die Rahmenbedin-gungen setzen. Um innovativen Ansätzen und Modellen in den Regionen genug Freiraum zu geben, sollten Gesetzgeber und Aufsicht im operativen Bereich stärker auf die Akteure in den Regionen vertrauen. Diese setzen vor Ort moderne und dem Patienten zugewandte Versorgung konkret um.

HOFBERICHT

zumindest in Sachen Vergütung keine Bedenken mehr geben. Es ist anzunehmen, dass Online-Sprechstunden dann auch in anderen Regionen, in denen die Ressource (Fach-)Arzt nicht flächendeckend jederzeit verfügbar ist, verstärkt in den Behandlungsalltag von Ärzten und Patienten integriert wird.

AUCH PATIENT 2.0 HAT ANALOGE KRANKHEITEN – OHNE MEDIZINER HILFT DIE SMARTESTE APP NICHT So positiv die technische Unterstützung für Ärzte häufig ist: Wie immer, wenn technische Neuerungen alte Gewohnheiten über Bord werfen, muss die Frage „Cui bono?“ erlaubt sein: Nützt dies letztlich einem Patienten? Oder werden Gesunde einfach nur „smarter“ vermessen? Nicht jede Gesundheits-App oder die Uhr, die den Körper vermisst, garantiert umfassende Gesundheit, mahnt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands:„Digitale Transformation im Gesundheitswesen beinhaltet Chancen, dass Menschen ge-sundheitsbewusster werden, wenn sie täglich Daten erfassen wie Bewegung, wie Blut-fette etc., das ist das eine. Aber es erleichtert natürlich zum einen das Hypochondertum, zum anderen auch die Illusion zu glauben, wenn man sich nur gemäß den Anweisungen, die aus dem Wearable dann kommen, verhält, dass man damit dann immer gesund blei-be und dass man dann keine medizinische Behandlung im Krisenfall mehr benötigt. Au-ßerdem kann es leicht Fehlalarme auslösen etc.; also bergen Gesundheits-Apps, die in enormer Menge und Bandbreite auf den Markt geworfen werden, auch eine Menge von Risiken.“ Nicht zu vergessen: Gesundheitsdaten sind sensibel. Sie betreffen das höchste Gut des Menschen, eben seine Gesundheit. Schon deshalb steht für Franz Knieps außer Frage, dem Sammeln und Verbreiten solcher Daten, dem sogenannten Big-Data-Mining, klare Grenzen zu ziehen: „Big Data kann sich auch zur Krake entwickeln, die sich über alles legt und Eigeninteressen verfolgt. Es muss klar geregelt sein, dass der Patient, die Patientin, der Herr, die Herrscherin über die eigenen Daten ist. Das ist absolut nicht ver-handelbar, sondern Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaft. Es muss aber auch die Nutzung geregelt werden: Wann wird Big Data eingeschaltet: Und letztlich müssen Ärzte und Patienten trainiert werden, mit Empfehlungen und Ergebnissen von Überprüfungen in Big Data umzugehen. Es ersetzt nicht die individuelle Entscheidung des Arztes gegenüber dem individuellen Patienten, was angebracht ist und was man lieber lassen sollte.“

WUNSCH UND WIRKLICHKEIT: POLITISCHER RAHMEN, FLEXIBLE UMSETZUNG VOR ORT Derzeit hindern viele Blockaden bei innovativen Projekten, die gern loslegen möchten. Es gibt, so Franz Knieps, „noch zu viele Veto-Spieler“. Er verweist darauf, dass, als vor rund 15 Jahren die medizinischen Versorgungszentren (MVZ) die politischen Rahmenbe-dingungen erhielten, Funktionäre der niedergelassenen Ärzte nicht um Erlaubnis gebeten

Annette Hempen, Geschäftsführerin des Ärztenetzes MuM – Medizin und Mehr eG

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