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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 1 Kapitel 2 Wechselkursänderungen 2. Auswirkungen von Wechselkursänderungen Nominaler Wechselkurs (relative Preis von zwei Währungen) Mengennotierung: Welche Menge an ausländischer Währung bekomme ich für einen Euro (allg.: für eine Einheit inländische Währung)? Beispiel: 1,40 Dollar pro Euro Anstieg des WK = Aufwertung der inländischen Währung (Euro) = Abwertung der ausländischen Währung (Dollar) Preisnotierung: Welchen Preis hat eine Einheit ausländische Währung (wie viel Euro kostet ein US-Dollar)? Beispiel: 0,80 Euro pro Dollar oder 2,50 D-Mark pro Dollar Anstieg des WK = Abwertung der inländischen Währung = Aufwertung der ausländischen Währung / $ e €/$ e

2. Auswirkungen von Wechselkursänderungen · mittel- bis langfristig reagieren auch die Mengen, und nehmen zu, sobald , dann LB-Überschuss NX t t Zeitpunkt der Bewegung 1. Prof

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 1

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2. Auswirkungen von Wechselkursänderungen

Nominaler Wechselkurs (relative Preis von zwei Währungen)

Mengennotierung:

Welche Menge an ausländischer Währung bekomme ich für einen Euro (allg.: für

eine Einheit inländische Währung)?

Beispiel: 1,40 Dollar pro Euro

Anstieg des WK = Aufwertung der inländischen Währung (Euro)

= Abwertung der ausländischen Währung (Dollar)

Preisnotierung:

Welchen Preis hat eine Einheit ausländische Währung (wie viel Euro kostet ein

US-Dollar)?

Beispiel: 0,80 Euro pro Dollar oder 2,50 D-Mark pro Dollar

Anstieg des WK = Abwertung der inländischen Währung

= Aufwertung der ausländischen Währung

€/$e

€/$e

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Wenn man Euros gegen US-Dollars umtauscht, dann ist noch unklar, wie viel Güter

man mit den Dollars kaufen kann!

Realer Wechselkurs:

(1)

mit dem nominalen Wechselkurs (Euro pro Dollar)in Preisnotierung

= Preis von US-Gütern in Dollar

= Preis von US-Gütern in Euro

P = Preis von inländischen Gütern in Euro

P

Peq

*

€/$

€/$e

*P*Pe€/$

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2.1 Preiseffekte

Wie wirken sich Wechselkursänderungen auf die inländische Inflationsrate aus?

1. Direkter Preiseffekt über importierte Konsumgüter

Konsumentenpreisindex:

(2) mit = Importquote

in Veränderungsraten:

(3)

Bei einer Abwertung verteuern sich die importierten Konsumgüter gemessen in inländischer Währung, die inländische Inflationsrate gemessen als Veränderung des Konsumentenpreisindexes steigt gemäß Importquote. Für kleinere Länder ist dieser Effekt wegen der hohen Importquote sehr bedeutsam.

)( *1 PePPc €/$

)ˆˆ(ˆ)1(ˆ *PePPc €/$

€/$e

Pc

ˆ

ˆ

)0ˆ( €/$e

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2. Indirekter Preiseffekt über importierte Vorleistungen

Gehen in die inländische Produktion neben Arbeit mit dem Lohnsatz W importierte

Vorleistungen ein, so steigt infolge einer Abwertung auch der

Produzentenpreisindex P.

(3) = Quote importierter Vorleistungen

= Dollarpreis der Vorleistungen

in Veränderungsraten:

Einsetzen in (2):

(4)

Verteuerung der importierten Vorleistungen erhöht Produzentenpreisindex um den

Faktor , der Produzentenpreisindex geht mit dem Gewicht in den

Konsumentenpreisindex ein, folglich ist der indirekte Preiseffekt .

Beispiel:

)( *1 eQWP *Q

)ˆˆ(ˆ)1(ˆ *QeWP

** ˆˆ)1(ˆ)1)(1(ˆ)]1([ˆ PQWePc

)1( )1(

2,0 2,0 %10ˆ e %6,3ˆ cP

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 5

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

3. Indirekter Preiseffekt über inländische Produktionsfaktoren

inländische Vorleistung = inländischer Faktor Arbeit mit dem Lohn W

Annahme: Gewerkschaft verfolgt Politik des konstanten Konsumentenreallohns,

also .

Einsetzen in (4):

(5)

Neues Gleichgewicht: ist proportional zum Wechselkurs gestiegen!

Über die ersten beiden Preiseffekte sinkt der Reallohn. Wird dies zum Anlass

genommen, die Nominallöhne W zu erhöhen, so steigt der Produzentenpreisindex und

folglich abermals der Konsumentenpreisindex.

EZB warnt stets eindringlich vor diesen Zweitrundeneffekt!

./ constPW c cPW ˆˆ

** ˆ)1(ˆ)1)(1(ˆ)]1([ˆ PQPeP cc

** ˆ)1(

ˆ)1(

)1(ˆˆ PQePc

cP

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2.2 Leistungsbilanz und realer Wechselkurs

(Marshall-Lerner-Bedingung)

Literatur: Harms, S. 272 ff.; Krugman/Obstfeld/Melitz, S. 457ff.

Wie reagiert die Leistungsbilanz LB auf Änderungen des realen WK? Verbessert sich die LB bei einer Abwertung der inländischen Währung?

Vereinfachung: Fokussierung auf Ex- und Import von Gütern und Dienstleistungen, Ausblendung von laufenden Erwerbs- und Vermögenseinkommen und Übertragungen.

Der reale WK wird meist als Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit einer VW genommen.

Steigt (reale Abwertung der inländischen Währung), so werden

ausländische Güter teurer im Vergleich zu inländischen Gütern. Folge: die Exporte

steigen, die Importe sinken.

P

Peq

*

€/$

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 7

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Export- und Importfunktion:

(2)

Aber:

Neben den Mengeneffekten gibt es auch einen Bewertungseffekt, d.h. im Fall einer

realen Abwertung werden die Importe teurer gemessen in Inlandswährung.

Mengeneffekt verbessert LB, Bewertungseffekt verschlechtert LB.

Jetzt:

Bestimmung des Nettoeffekts und damit der Reaktion von LB auf eine reale

Abwertung.

LB (in Euro) = Exporte minus Importe (jeweils in Euro)

(3)

)()(

qEXEX )()(

qIMIM

)()( * qIMPeqEXPLB €/$

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Betrachtung der LB in realen Größen, hier in Einheiten inländischer Güter:

(4)

Ableitung von (4) nach dem realen WK:

(5)

Definition: Preiselastizität der Exporte

Definition: Preiselastizität der Importe

)()( qIMqqEXLBP

LBreal

dq

dIMqIM

dq

dEX

dq

dLBreal

0EX

q

dq

dEX

0IM

q

dq

dIM

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Damit formt sich (5) um zu:

Die reale Abwertung verbessert die LB, wenn gilt bzw.

(6)

Annahme: in der Ausgangssituation gelte , also

Marshall-Lerner-Bedingung:

(7)

)1(dq

dIM

IM

qIM

q

EX

EX

q

dq

dEX

dq

dLBreal

)1( IMq

EX

dq

dLBreal

0)1( IMq

EX

0)1(

IMq

EX

0LB IMqEX

1

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Ist die Summe der Preiselastizitäten größer eins, so verbessert sich die LB infolge

einer realen Abwertung. Ist die Summe kleiner eins, verschlechtert sich die LB.

Bewertungseffekt:

Steigt der reale WK q, so steigt der Wert der Importe gemessen in Inlandswährung,

die LB verschlechtert sich. Effekt wirkt sofort ohne zeitliche Verzögerung.

Mengeneffekte:

Exportmenge steigt und Importmenge sinkt; Mengenreaktionen häufig eher

zeitverzögert

Ist die Marshall-Lerner-Bedingung in der Praxis erfüllt?

sehr kurzfristig (on impact) nein

kurzfristig eher ja

mittel- bis langfristig ja

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Quelle: Krugman/Obstfeld (2009)

Country Impact Short-run Long-run Impact Short-run Long-run

Austria 0,39 0,71 1,37 0,03 0,36 0,80

Belgium 0,18 0,59 1,55 -- -- 0,70

Britain -- -- 0,31 0,60 0,75 0,75

Canada 0,08 0,40 0,71 0,72 0,72 0,72

Denmark 0,82 1,13 1,13 0,55 0,93 1,14

France 0,10 0,48 1,25 -- 0,49 0,60

Germany -- -- 1,41 0,57 0,77 0,77

Italy -- 0,56 0,64 0,94 0,94 0,94

Japan 0,59 1,01 1,61 0,16 0,72 0,97

Netherlands 0,24 0,49 0,89 0,71 1,22 1,22

Norway 0,40 0,74 1,49 -- 0,01 0,71

Sweden 0,27 0,73 1,59 -- -- 0,94

Switzerland 0,28 0,42 0,73 0,25 0,25 0,25

United States 0,18 0,48 1,67 -- 1,06 1,06

η η*

Estimated Price Elasticities for International Trade in Manufactured Goods

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

J-Kurve

Elastizitäten sehr kurzfristig gering , sie werden im Zeitablauf größer infolge von

Substitutionsprozessen. Konsequenz für Leistungsbilanz:

kurzfristig gilt Marshall-Lerner-Bedingung nicht, LB verschlechtert sich

mittel- bis langfristig reagieren auch die Mengen, und nehmen zu,

sobald , dann LB-Überschuss

tNX

t

Zeitpunkt

der Bewegung

1

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Die Pricing to market-Hypothese

Campa, Jose Manuel und Linda Goldberg (2006): Pass Through of Exchange Rates to

Consumption Prices: What Has Changed and Why?, NBER WP 12547.

Empirie:

Kein vollständiges exchange rate pass through, WK-änderungen werden nicht 1:1 in

Veränderungen der Exportpreise bzw. Importpreise weitergegeben.

Beispiel:

Bei einer Abwertung des Euro erhält ein Exporteur pro Dollar mehr Euro. Dies nutzt er

im Elastizitätsansatz à la Marshall-Lerner - annahmegemäß - dazu, den Dollarpreis

seines Produkts zu senken, um den Absatz zu erhöhen.

Analog wurde angenommen, dass bei einer Abwertung des Euro die Importpreise

gemessen in Euro steigen.

Empirie: WK-elastizitäten der Importpreise kurz- und langfristig signifikant kleiner als

eins (vgl. Table 1 in Campa/Goldberg 2006)

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Pricing to market (PTM)

Exporteure lassen den Preis in der Währung des Bestimmungslandes stabil

kurzfristig passt sich Gewinn an (windfall profits bzw. kurzfristige Verluste)

bei Abwertung des Euro ist Erlös aus Exporten jetzt größer als Erlös aus Inlandsverkäufen, Verletzung des Law of One Price d.h. ein Gut ist - ausgedrückt in derselben Währung - unterschiedlich teuer in beiden Ländern. Normalerweise stellt Güterarbitrage das LOP sicher, aber bei PTM wird unterstellt, dass Güterarbitrage infolge von Transport- und Transaktionskosten nur imperfekt funktioniert.

vollständiges PTM: exchange rate pass through gleich null

bei vollständigem PTM keine Mengeneffekte, also keine Änderungen der Handelsvolumina!

in der LB bleibt einzig der Bewertungseffekt

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Begründungen für PTM

1. Preisänderungskosten

2. Sunk costs

Aufbau eines Exportmarkts mit einmaligen Kosten verbunden (Distributionsnetz,

Marketing)

Kosten sind versunken, wenn man den Markt wieder verlässt (diese Assets können

nicht verkauft werden), sie entstehen neu bei Wiedereintritt in den Markt

irreversible Kosten

Kosten des Wiedereintritts sind zu berücksichtigen bei Entscheidung über

eventuellen Ausstieg aus Exportmarkt

geringe Wechselkursfluktuationen reichen nicht aus, um Marktaustritt zu induzieren

und reichen nicht aus, um Markteintritt zu induzieren

Handelsströme reagieren wenig sensitiv auf Wechselkursfluktuationen

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2.3 Wechselkursvolatilität und Handelsvolumen

De Grauwe, Paul (1988), Exchange Rate Variability and the Slowdown in Growth of International Trade, IMF Staff Papers, S. 63-84.

Reitz, Stefan (2001), Effekte des Wechselkursrisikos und internationaler Handel, Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt)30: 93-95

Aufsplittung in zwei Teilprobleme:

1. Aufteilung eines gegebenen Outputs auf Export und Inlandsverkauf

2. Produktionsanpassung zugelassen

ad 1.: Export versus Inlandsverkauf eines gegebenen Outputs

Unternehmen hat die Gütermenge produziert und steht vor der Entscheidung, den Output im Inland oder im Ausland zu verkaufen:

(8)

qq

*qqq

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Gewinn = Erlös aus Exporten plus Erlös aus Inlandsverkäufen minus Prod-kosten

(9)

Da Produktionskosten bereits erbracht, fallen Gewinn- und Erlösmax. zusammen, die

Produktionskosten können ausgeblendet werden.

Modell ohne Unsicherheit, insbesondere sei der Wechselkurs e bekannt

max durch Wahl von

(10)

wenn , dann verkaufe alles im Ausland

wenn , dann verkaufe alles im Inland

Modell ohne Unsicherheit generiert eine Ecklösung (0/1-Entscheidung).

qwqqPqeP )( ***

*q

0*

*

PeP

q

PeP *

PeP *

PeP *

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

jetzt: Unsicherheit über Wechselkurs e

Der Wechselkurs e sei eine Zufallsvariable mit und =const.

Damit ist auch der Gewinn eine Zufallsvariable.

Export hat (annahmegemäß) einen höheren erwarteten Ertrag als Inlandsverkauf, aber

es tritt das Risiko eines unerwarteten Verlusts auf (unerwartete Aufwertung der

Inlandswährung, man bekommt weniger Euro für die Dollar-Erlöse auf dem Export).

Problem ist analog der Aufteilung eines Vermögens auf Geld (null Verzinsung und null

Risiko) und Wertpapiere (positive Verzinsung mit Gefahr des Wertverlusts).

Zielfunktion der Unternehmen:

(11)

Annahme: Unternehmen sind risikoavers

eeE )( 2)( eeVar

),()()(

RUU

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Risiko der Exporttätigkeit = Risiko aus Export einer Gütereinheit mal Exportmenge

(12)

mit als Standardabweichung.

Einsetzen von (12) in die Gewinngleichung (9) liefert:

(13)

Gleichung (13) ist das Pendant zur Möglichkeitenkurve in der Portfoliotheorie, sie

spiegelt die positive Verknüpfung zwischen Gewinn und Risiko. Über eine Forcierung

des Exports steigt der erwartete Ertrag, aber auch das Risiko eines unerwarteten

Verlusts.

Optimierungsproblem:

Max (11) unter der Nebenbedingung (13) durch Wahl von

*qR e

e

qwqPRPePe

1

)( *

*q

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Lagrangefunktion:

(14)

Alternativ: Einsetzen der Nebenbedingungen in die Zielfunktion:

(15)

Bedingung erster Ordnung:

(16)

Optimaler Export dort gegeben, wo Grenznutzen aus zusätzlichem Gewinn gleich dem

Rückgang des Nutzens infolge des höheren Risikos.

qwqPRPePRUL

e

1)(),( *

*** ;)( qqwqPqPePUU e

0)( *

*

e

R

UPeP

U

q

U

eR

UPeP

U

)( *

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Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Abb.: 1

R

)13(

qwp •

0U

2U

1U

A

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 23

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Parameteränderungen:

1. Der Wechselkurs e und/oder der Auslandspreis steigt.

Abb.: 2

Substitutionseffekt: Export wird attraktiver; Export steigt

Einkommenseffekt: gegebener Gewinn kann mit geringerem Risiko verknüpft werden; Export sinkt

*P

R

qwp •

AU

BU

A

•B

0

1

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 24

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

2. Der Inlandspreis P steigt.

Verschiebung und Drehung der Möglichkeitenkurve, Fall daher etwas komplexer, aber

SE dürfte dominieren, d.h. Export sinkt.

Abb.: 3

R

AU

BU

A

0

1

•B

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 25

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

3. Die Variabilität des Wechselkurses, also bzw. , sinkt.

Abb.:4

Nutzeneinbuße durch höheres Risiko nimmt ab, Substitutionseffekt sorgt für Forcierung des Exports.

)(eVar e

R

qwp •

0

1

A•B

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 26

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

ad 2.: Produktionsanpassung zulassen

Unternehmen können nach Realisation des Wechselkurses die Produktion anpassen, d.h. bei einem unerwarteten Gewinn ausdehnen, bei einem unerwarteten Verlust reduzieren.

Abb. 5: Güterangebot

E C

A

B D

q2 q1

F

H

Menge

Preis

G

Grenzkosten

q

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 27

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

bisher: Produktion auf fixiert (keine Produktionsanpassung möglich)

wenn unerwartet sinkt von F auf G, dann Verlust

wenn unerwartet steigt auf H, dann Gewinn

ohne Produktionsanpassung gilt unerwarteter Verlust = unerwarteter Gewinn

Gewinn im Durchschnitt null

jetzt: mit Produktionsanpassung:

wenn H, dann Produktionsausdehnung auf neuer Gewinn

wenn G, dann Produktionseinschränkung auf neuer Gewinn

bei unerwartet hohem Preis ist der Anstieg des Gewinns größer als der Rückgang

des Gewinns bei unerwartet niedrigem Preis

durch die Preisfluktuation steigt erwarteter Gewinn (Einkommenseffekt)!

q

*eP*eP

FABG

HCAF

2q

1q

HEAF

FADG

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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012 / 13 Internationale Makroökonomik 28

Kapitel 2 – Wechselkursänderungen

Quintessenz:

risikoneutrale Unternehmen präferieren volatilen Preis (Wechselkurse) gegenüber

stabilem Preis (Wechselkurse);

der Einkommenseffekt sorgt für verstärkten Export

Empirie bestätigt Unsicherheit über das Vorzeichen des Zusammenhangs zwischen

Volatilität der Wechselkurse und Handelsvolumen!

Hudson, Alexandra und Bas Straathof (2010): The Declining Impact of Exchange Rate

Volatility on Trade, De Economist 158 (4): 361-372.