16
Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN Themenbereich Themenbereich Räumliche Stabilität Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 1

2 Stabilitaet - V 1.2

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Scriptum

zur Lehrveranstaltungu e e a sta tu g

BAUKONSTRUKTIONEN

ThemenbereichThemenbereich

Räumliche Stabilität

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 1

Page 2: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

2 Räumliche Stabilität2.1 Allgemeines

Die deutschen Bauordnungen fordern, dass jedes Gebäude für sich standsicher und

ausgesteift sein muss. Die LBO NRW beispielsweise formuliert die grundsätzlichen

Anforderungen in § 15 Abs. 1 und 2 wie folgt:

(1) Jede bauliche Anlage muss im Ganzen und ihren Teilen sowie für sich allein

standsicher sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die

Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstückes dürfen nicht gefährdet

werden. (2) Die Verwendung gemeinsamer Bauteile für mehrere Anlagen ist zulässig,

wenn öffentlich rechtlich gesichert ist, dass die gemeinsamen Bauteile beim Abbruchg g

einer der Anlagen bestehen bleibt.

Es ist mithin also nicht ausreichend, für die einzelnen Komponenten eines Gebäudes

Spannungs- und Stabilitätsnachweise infolge der primär vertikalen Belastungen zu

führen, sondern es ist auch das Gebäude als Gesamtheit hinsichtlich seiner räumlichen,

Stabilität zu betrachten. Dies bedeutet nachzuweisen, dass die horizontal angreifenden

Belastungen mit der erforderlichen Sicherheit in den Baugrund abgeleitet werden. Diese

äußeren horizontalen Lasten können resultieren aus:

• Winddruck und Windsog (Bild 2.1-1a)Winddruck und Windsog (Bild 2.1 1a)

• Massenbeschleunigungen, z.B. infolge von Erdbeben (Bild 2.1-1b)

• Abtriebskräfte infolge planmäßiger oder unplanmäßiger Schiefstellung vertikaler

oder horizontaler Bauelemente (Bild 2.1-1c)

• Abtriebskräfte infolge von Imperfektionen, Vorkrümmungen, exzentrischerAbtriebskräfte infolge von Imperfektionen, Vorkrümmungen, exzentrischer

Lasteinleitung etc. (Bild 2.1-1d)

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 2

Page 3: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

ba

c d

Bild 2.1-1 Horizontallasten aus Wind (a), Massenbeschleunigungen (b), Abtriebskräften (c) und (d)

Je nach Art der Gesamtkonstruktion kann eine Horizontalaussteifung (horizontal

ausgerichtete Aussteifung, vgl. Bild 2.1-2) und / oder eine vertikale Aussteifung (vertikal

angeordnete Aussteifung, vgl. Bild 2.1-3) erforderlich werden. Dabei bedeutet die

Anordnung einer Aussteifung grundsätzlich nicht mehr als die Ausbildung einer steifen

Scheibe, um Horizontallasten aufzunehmen, verformungsarm durchzuleiten und an das

nächste Bauelement (und letztendlich an den Baugrund) weiterzuleitennächste Bauelement (und letztendlich an den Baugrund) weiterzuleiten.horizontale Aussteifung

Bild 2.1-2 Prinzipskizze zur Ausbildung einer Horizontalaussteifung (horizontal angeordnete Aussteifung). Links: ohne Aussteifung, rechts: mit Aussteifung

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 3

Page 4: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Bild 2.1-3 Prinzipskizze zur Ausbildung einer Vertikalaussteifung (vertikal angeordnete Aussteifung). Links: ohne Aussteifung, rechts: mit Aussteifung für negative und positive Horizontal-belastung pH

2.2 Gebäude in Wandbauweise

2.2.1 Aussteifung durch ScheibenDie meisten Wände eines Gebäudes sind als Scheiben zu betrachten. Ihre material-

bedingt relativ geringe Biegetragfähigkeit (→ Vernachlässigbar der Plattentragwirkung)

lässt in Verbindung mit der fast ausnahmslos gelenkigen Auflagerung nur eine sehr

geringe Aufnahme von Lasten senkrecht zu ihrer Mittelfläche (= Horizontallasten) zu

(Ausnahme: Stahlbetonwände, die am Auflagerpunkt eingespannt und planmäßig auf

Biegung beansprucht werden). Bild 2.2.1-1 zeigt die Verformungsfigur von zwei einen

Winkel bildenden Wandscheiben mit gelenkiger Linienauflagerung bei horizontalerWinkel bildenden Wandscheiben mit gelenkiger Linienauflagerung bei horizontaler

Belastung.

Bild 2.2.1-1 Prinzipskizze der Verformungsfigur von zwei einen Winkel bildenden Wandscheiben mit gelenkiger Linienauflagerung bei horizontaler Belastung

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 4

Page 5: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Der Horizontalschnitt durch die unverformten Wände in Bild 2.2.1-2 zeigt dasDer Horizontalschnitt durch die unverformten Wände in Bild 2.2.1 2 zeigt das

mechanische Modell bei Angriff einer Horizontalkraft Hy: Das resultierende

Biegemoment erfordert zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität einen biegesteifen

L-Querschnitt, der sich durch eine reinen Scheibentragfähigkeit der Wände hier nicht

darstellen lässt.

Bild 2.2.1-2 Horizontalschnitt durch zwei unverformte Wände mit Darstellung des mechanischen Modells bei Angriff einer Horizontalkraft Hy

Auch die Anordnung einer dritten Mauerwerkscheibe ändert die Situation nicht ErstAuch die Anordnung einer dritten Mauerwerkscheibe ändert die Situation nicht. Erst

wenn die drei Scheiben an den Wandköpfen zusätzlich durch eine Horizontalscheibe

schubfest miteinander verbunden werden, ergibt sich für das dargestellte räumliche

System die erforderliche räumliche Stabilität:

Bild 2.2.1-3 Horizontalschnitt durch drei Wände mit aufliegender steifer Deckenscheibe mit Darstellung des mechanischen Modells bei Angriff einer Horizontalkraft Hy

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 5

Page 6: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Die Horizontalkraft Hy wird durch die steife Deckenscheibe in Wand W geleitet undDie Horizontalkraft Hy wird durch die steife Deckenscheibe in Wand W geleitet und

über deren Scheibenwirkung als F1 in die Fundamente geleitet. Das Biegemoment wird

in das Kräftepaar F2 und F3 zerlegt und über die Scheibenwirkung der Wände W und

W aufgenommen und abgeleitet.

Aus den oben dargestellten Herleitungen lassen sich für die Aussteifung von Gebäuden

in Wandbauweisen zwei mit einer „Und-Funktion“ verbundene Grundsätze konstatieren:

• Die vorhandenen Wandscheiben müssen durch Deckenscheiben schubfest

miteinander verbunden sein und

• die Wirkungslinien der Wandscheiben müssen sich in mehr als einem Punkt

h idschneiden.

Die sich nach diesen Grundsätzen geschoßweise ergebenden Zellen sind in sich

standfest und können in beliebiger Anordnung übereinander aufgereiht werden, wobei

das gesamte Gebilde dann bei entsprechender Bemessung der Einzelkomponenten

i d ä li h bil i l Bild 2 2 1 4 V d Hi d d Abl i dwiederum räumlich stabil ist, vgl. Bild 2.2.1-4. Vor dem Hintergrund der Ableitung der

Vertikallasten und der damit verbundenen wirtschaftlichen Bauteilbemessung (primär

der Deckenplatten) bietet sich jedoch ein Anordnen der tragenden Wände in jeweils

einer vertikalen Wirkungsebene an.

Bild 2.2.1-4 Übereinandergestapelte standfeste Einzelzellen ergeben ein räumlich stabiles Gesamtsystem

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“

Gesamtsystem

RS 6

Page 7: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

2.2.2 Aussteifung durch RingbalkenKönnen oder sollen (z.B. wegen großer Öffnungen) die Köpfe räumlich auszusteifender

Wandscheiben eines Geschosses nicht durch eine schubfeste Scheibe ausgesteift

werden, ist nach DIN 1053-1 zur Aussteifung ein sogenannter Ringbalken anzuordnen.

Unter einem Ringbalken ist ein in der Wandebene liegender biegesteifer Balken zu

verstehen der rechtwinklig zur Wandebene wirkende (Horizontal )Lasten aufnehmenverstehen, der rechtwinklig zur Wandebene wirkende (Horizontal-)Lasten aufnehmen

kann, vgl. Bild 2.2.2-1. Ein Ringbalken muss jedoch - entgegen seinem Namen - nicht

stets vollständig um ein Gebäude herumgeführt werden; es ist ggf. ausreichend, ihn bis

zu seinen Auflagerpunkten in denjenigen Wandscheiben zu führen, die dann ihrerseits

die horizontalen Lasten weiterleiten sollen.

Bild 2.2.2-1 Prinzipskizze eines über einen Ringbalken ausgesteiften Gebäudes aus Wandscheiben

Anmerkung:

Ein Ringanker ist im Gegensatz zu einem Ringbalken ein auf Zug beanspruchtes

Bauelement, häufig in Form einer über dem Wandkopf im Randbereich der

Deckenscheibe umlaufenden Bewehrung aus Stabstahl. Er dient zum Einen als Teil der

Scheibenbewehrung vgl Zugglied in Bild 2 2 2 2 Zum Anderen kann er alsScheibenbewehrung, vgl. Zugglied in Bild 2.2.2-2. Zum Anderen kann er als

umlaufender Ring zum Zusammenhalten der Wände dienen oder er dient der

Scheibenbewehrung (Zugglied) der Mauerwerkscheibe, wenn sie in ihrer Mittelfläche

auf Biegung belastet wird, die sich beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Setzungen

des Untergrundes einstellen kann, vgl. Bild 2.2.2-3.

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 7

Page 8: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Bild 2.2.2-2 Prinzipskizze eines Ringankers als Teil der Deckenscheibenbewehrung (Zugglied)

Bild 2.2.2-3 Prinzipskizze eines Ringankers als Teil der Wandscheibenbewehrung (obenliegendes Zugglied)

2 3 G bä d i Sk l ttb i2.3 Gebäude in SkelettbauweiseDie Stützen können bei Gebäuden in Skelettbauweise (vgl. dazu auch das

Baukonstruktions-Scriptum „ Außenwände“) sowohl als eingespannte Stützen als auch

als Pendelstützen ausgeführt werden. Werden die Stützen eingespannt, erübrigen sich

in der Regel zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität. Aus

Gründen der in Abhängigkeit der Stützenhöhe jedoch relativ großen

Stützkopfverformung wird sich die Verwendung eingespannter Stützen zur

Gebäudeaussteifung nur auf niedrige (das bedeutet ein- bis zweigeschossige) Gebäude

beschränken. In den anderen Fällen ist ein Gebäude in Skelettbauweise durch eine

Scheibenkonstruktionen auszusteifen

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“

Scheibenkonstruktionen auszusteifen.

RS 8

Page 9: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Auch hier gilt - wie bei den Ausführungen zu Gebäuden in Scheibenbauweise -

bezüglich der Anordnung der aussteifenden Scheiben, dass die Wirkungslinien der

aussteifenden Wandscheiben sich in mehr als einem Punkt schneiden müssen. Es

müssen also mit anderen Worten mindestens drei Wandscheiben mit mindestens zwei

Schnittpunkten ihrer Wirkungslinien angeordnet werden. Häufig wird im Skelettbau auch

der Bereich der vertikalen Gebäudeerschließung (Aufzüge und Treppenhäuser) alsder Bereich der vertikalen Gebäudeerschließung (Aufzüge und Treppenhäuser) als

massive, in sich steife Zelle ausgebildet; in diesem Fall spricht man von einem

Gebäudekern oder auch einfach von einem Kern. Da es sich dabei im Regelfall um

einen Stahlbetonturm mit hoher Biege- und Torsionssteifigkeit handelt und dieser damit

a priori als räumlich stabil angesehen werden kann, kann ein solcher Kern ebenfalls zur

räumlichen Aussteifung des Gesamtgebäudes herangezogen werden. In Tabelle 2.3-1

sind unterschiedliche (auch ungünstige oder falsche) Konstruktionen zur Aussteifung

von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben und Kernen mit

Kommentierung und Beurteilung zusammengestellt.

Zeile

Anzahl der aussteifenden

El t Anordnung Kommentar Bewertung

Tab. 2.3-1 Zusammenstellung unterschiedlicher (auch ungünstiger bis ungenügender) Konstruktionen zur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben und Kernen mit Kommentierung und Beurteilung

Zeile Elemente Anordnung Kommentar Bewertung

Scheibe Kern

1 4 - gut

2 4 -

Infolge nicht ganz zwängungsfreierLagerung und der unsymmetrischen Anordnung der Scheiben kann es zu einer Verdrehung des Gebäudes kommen

möglich

Tabelle wird auf der nächsten Seite fortgeführt

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“

Tabelle wird auf der nächsten Seite fortgeführt

RS 9

Page 10: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Tab. 2.3-1 Zusammenstellung unterschiedlicher (auch ungünstiger bis ungenügender) Konstruktionen zur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben undzur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben und Kernen mit Kommentierung und Beurteilung

Zeile

Anzahl der aussteifenden

Elemente Anordnung Kommentar Bewertung

Scheibe KernScheibe Kern

3 5 -

Bei langen Gebäuden kann es in Längsrichtung zu Behinderungen der Temperaturausdehnungen kommen

möglich

4 3 - möglich

5 3

Keine Torsionssteifigkeit des aus-steifendenSystems (nur ein Schnittpunkt der Wirkungslinien) falsch5 3 - Schnittpunkt der Wirkungslinien) falsch

6 3 -

Große Ausmitte der Aussteifung zur resultierenden Horizontallast führt zu torsionsweichem Gesamtsystem und damit zu relativ großen Verdrehungen

möglichVerdrehungen

7 3 -

Fehlende Aussteifung in Gebäudelängsrichtung

falsch

Fehlende Aussteifung in

8 4 -

Fehlende Aussteifung in Gebäudequerrichtung, Behinderungen der Temperaturausdehnungen

falsch

Tabelle wird auf der nächsten Seite fortgeführt

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 10

Page 11: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Tab. 2.3-1 Zusammenstellung unterschiedlicher (auch ungünstiger bis ungenügender) Konstruktionen zur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben undzur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben und Kernen mit Kommentierung und Beurteilung

Zeile

Anzahl der aussteifenden

Elemente Anordnung Kommentar Bewertung

Scheibe KernScheibe Kern

9 4 -

Keine Torsionssteifigkeit des aus-steifendenSystems (nur ein Schnittpunkt der Wirkungslinien) falsch

Torsionsweiches Gesamtsystem

10 3 -

Torsionsweiches Gesamtsystem durch geringen Hebelarm der Scheiben in Gebäudelängsrichtung ungünstig

11 3 gut11 3 - gut

12 3 -

Keine Torsionssteifigkeit des aus-steifendenSystems (nur ein Schnittpunkt der Wirkungslinien) falsch

13 - 1

Bedingung: ausreichende Biege-und Torsionssteifigkeit vorhanden

gut

Thermische Zwängungen

14 - 2

Thermische Zwängungen berücksichtigen

gut

Tabelle wird auf der nächsten Seite fortgeführt

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 11

Page 12: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Tab. 2.3-1 Zusammenstellung unterschiedlicher (auch ungünstiger bis ungenügender) Konstruktionen zur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben undzur Aussteifung von Gebäuden in Skelettbauweise unter Verwendung von Scheiben und Kernen mit Kommentierung und Beurteilung

Zeile

Anzahl der aussteifenden

Elemente Anordnung Kommentar Bewertung

Scheibe KernScheibe Kern

15 - 1

Große Ausmitte der Aussteifung zur resultierenden Horizontallast führt zu torsionsweichem Gesamtsystem und damit zu relativ großen Verdrehungen

ungünstig

16 1 1 gut

17 1

Große Ausmitte der Aussteifung zur resultierenden Horizontallast führt zu torsionsweichem Gesamtsystem ungünstig17 - 1 zu torsionsweichem Gesamtsystem und damit zu relativ großen Verdrehungen

ungünstig

18 1 1 gut

19 - 2

Ausmitte der Aussteifung zur resultierenden Horizontallast führt zu torsionsweichem Gesamtsystem und damit zu relativ großen Verdrehungen

möglich

20 1 2 gut

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 12

Page 13: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

2.4 Hallen

2.4.1 RahmentragwerkeUnter einem Rahmen versteht man einen aus Stäben und Biegeträgern zusammen-

gesetztes Bauelement, das sich durch den biegesteifen Anschluss von Stab und

Biegeträger (= Rahmenecke) auszeichnet. Bild 2.4.1-1 zeigt beispielhaft drei

unterschiedliche Rahmensystemeunterschiedliche Rahmensysteme.

Bild 2.4.1-1 Beispielhafte Darstellung dreier unterschiedlicher Rahmensysteme. Darin ist a) ein Dreigelenkrahmen, b) ein Zweigelenkrahmen und c) ein eingespannter Rahmen.

Hallen werden häufig als Rahmentragwerke ausgeführt. Dabei werden über einem in

der Regel rechteckigen Querschnitt die querspannenden Rahmen in nahezu beliebiger

Anzahl hintereinander aufgereiht.

Die räumliche Aussteifung in Querrichtung erfolgt durch die biegesteife Ausbildung der

Rahmenecken Die Aussteifung des Gebäudes in Längsrichtung erfolgt durch dieRahmenecken. Die Aussteifung des Gebäudes in Längsrichtung erfolgt durch die

Anordnung von Vertikalaussteifungen in den Längswänden. Dort werden jeweils zwei

Rahmen durch Anordnung einer vertikalen Aussteifung in jeder Außenwand

entsprechend der Darstellung in Bild 2.1-3 unverschieblich miteinander verbunden und

bilden so ein standfestes System, an das weitere Rahmen quasi angehängt werden. Bei

sehr kurzen Hallen mit nur wenigen Rahmen ist eine Vertikalaussteifung je Längswand

ausreichend, mit zunehmender Hallenlänge sind dann mehrere Vertikalaussteifungen

erforderlich. Horizontalaussteifungen entsprechend Bild 2.1-2 bilden die Dachscheibe

durch die Unterbindung einer Verschieblichkeit der Rahmenobergurte aus. Bild 2.4.1-2

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 13

Page 14: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

zeigt beispielhaft die angreifenden Horizontallasten und die erforderlichen Maßnahmeng p g

zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität für eine Halle in Rahmenbauweise.

Bild 2.4.1-2 Beispielhafte Darstellung der angreifenden Horizontallasten und der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität für eine Halle in Rahmenbauweise.Rahmenbauweise.

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 14

Page 15: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

2.4.2 Stützenkonstruktionen

PendelstützenDer Unterschied einer Hallenkonstruktion mit Pendelstützen zu einer Hallenkonstruktion

in Rahmenbauweise liegt in der Erfordernis einer weiteren Aussteifungsebene infolge

des Fehlens einer biegesteifen Rahmenecke. Es wird damit einer konstruktive

Aussteifung in Gebäudequerrichtung erforderlich die durch Vertikalaussteifungen in denAussteifung in Gebäudequerrichtung erforderlich, die durch Vertikalaussteifungen in den

Quer-wänden (Verhinderung des Kippens der Halle in Querrichtung) sowie durch

zusätzliche Horizontalaussteifungen im Traufbereich des Hallendaches (biegesteife

Verbindung zwischen den ausgesteiften Querwänden im Sinne eines Fachwerkträgers

und damit verformungsarme Durchleitung der äußeren Horizontalkräfte in die

aussteifenden Vertikalaussteifungen der Querwände = Querscheiben) realisiert wird.

Bild 2.4.2-1 zeigt skizzenhaft ein Beispiel für die Aussteifung einer Hallenkonstruktion

mit Pendelstützen.

Bild 2.4.2-1 Beispielhafte Darstellung der angreifenden Horizontallasten und der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität für eine Hallenkonstruktion mit Pendelstützen.

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 15

Page 16: 2 Stabilitaet - V 1.2

Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Baukonstruktionen und Bauphysik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang M. Willems

Eingespannte Stützen

Werden die Stützen eingespannt, erübrigen sich in der Regel zusätzliche Maßnahmen

zur Gewährleistung der räumlichen Stabilität. Aus Gründen der in Abhängigkeit der

Stützenhöhe jedoch relativ großen Stützkopfverformung wird sich die Verwendung

eingespannter Stützen zur Gebäudeaussteifung nur auf niedrige (das bedeutet ein- bis

zweigeschossige) Gebäude beschränken Auf ein Anhängen von Pendelstützen an einezweigeschossige) Gebäude beschränken. Auf ein Anhängen von Pendelstützen an eine

eingespannte Stütze (Bild 2.4.2-2) sollte verzichtet werden, da die sich dann

einstellende Knicklänge der eingespannten Stützen den Wert für Eulerfall 1 (sk = 2h)

ggf. sehr deutlich überschreiten kann, vgl. Gleichung Gl. 2.4.2-1.

N N N+ +

Bild 2.4.2-2 Eingespannte Stütze mit angehängten Pendelstützen

Darin ist:

sk Knicklänge der eingespannten Stütze in mh Baulänge der Stütze in mN1 Normalkraft in der eingespannten Stütze infolge äußerer Last (N1 ≈ F1)

(Gl. 2.4.2-1)2 3 4

1

4 (1 )kN N Ns h

N+ +

= ⋅ ⋅ +

N1 Normalkraft in der eingespannten Stütze infolge äußerer Last (N1 F1)N2,,3;4 Normalkräfte in den Pendelstützen infolge äußerer Lasten (Ni ≈ Fi)

Die Vergrößerung der Knicklänge der eingespannten Stütze durch das Anhängen von

Pendelstützen führt als Konsequenz dann zu einer immer weiter abnehmenden

zulässigen Belastung der letztendlich allein aussteifenden Stütze.

Scriptum zur Lehrveranstaltung BAUKONSTRUKTIONEN

V 1.2 vom April 2012 Themenbereich „Räumliche Stabilität“ RS 16