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HochauWsende 2gSi-Festkiirper-NMR an Kieselgelen Im Rahmen von Untersuchungen zur Abbaubarkeit von Kiesel- gelen in alkalischen Losungen wurde gezeigt, da5 Gele, die durch Ansauern von WassergIaslosungen hergestellt wurden, langsamer von NaOH angegriffen werden als solche, die aus dem gleichen Ausgangsmaterial durch Ionenaustausch hergestellt wurden. Die- ser Unterschied wurde durch die Annahnie erklairt, da5 in diesen verschiedenen Kieselgelen unterschiedliche Vernetzungsgrade vor- liegen [l]. Hochauflosende 29Si-NMR-Messungen an kristallinen Si- licaten [2] haben gezeigt, da5 mit dieser neuentwickelten Methode die funf moglichen Baueinheiten, niimlich Mono- (QO-), End- (Q1-), Mittel- (Qz-), Verzweigungs- (Qs-) und Vernetzungsgruppen ( Q4-) nachweisbar sind. Mit der Anwendung dieser Methode auf unter- schiedlich hergestellte Kieselgelproben sollte nun gekliirt werden, ob sich auch von diesen amorphen Substanzen gut aufgeloste 29Si- NMR-Spektren erhalten lassen und ob sich die Unterschiede in den Herstellungsbedingungen der Gele (Fallung oder Ionenaustausch) [l] ir, den Spektren widerspiegeln, um so die Vorstellungen uber die Zusammenhiinge zwischen Herstellung, Vernetzungsgrad und Abbaubarkeit der Kieselgele zu erweitern. Die 29Si-NMR-Spektren wurden bei 39,74 MHz mit einem Bruker- Physik CXP 200 Hochauflosungsfestkorperspektrometer aufge- nommen, als Nachweistechnik wurde Protonenentkopplung rnit und ohne Polarisationstransfer bei gleichzeit,igerschneller Proben- rotation unter dem magischen Winkel angewandt. Weitere ex- perimentelle Einzelheiten sind in [a], [3] enthalten. Bild 1 zeigt in der linken Spalte die ohne Polarisationstransfer aufgenommenen Spektren eines gefiillten (I) und eines durch Ionenaustausch hergestellten Kieselgels (11). I n beiden Fiillen werden mehrere deutlich getrennte Signale erhalten. Damit ist in Ubereinstimmung mit [4], [5] die prinzipielle Anwendbarkeit der hochauflosenden Festkorper-NMR auf amorphe Kieselgele nachgewiesen. Polarisationstrans fer ohne I 1 -102.2 mit m -101.3 Bild 1 9%-NMR-Spektren eines gefiillten und eines Ionenaus- tausch-Kieselgels ohne und mit Polarisationstransfer (alle Zahlen- angaben in ppm) Auf Grund der gemessenen chemischen Verschiebungen von -92,8, -103,O bzw. -102,2 pprn und -110,8 bzw. -111,2 ppm lassen sich die Signale eindeutig Q2-, 43-, und Q4-Gruppen [2] zuordnen. Demnach liegen in beiden Proben [HOSi(OSi=),]- und [Si(OSi=),]- neben sehr wenigen [(HO),SX(OSi=),]-Gruppen VOI. Diese Zuordnung auf Grund der chemischen Versohiebung wird von den rnit Polarisationstransfer aufgenommenen Spektren der beiden Kieselgelproben bestiitigt (Bild 1, rechte Spalte). Bei dieser MeBtechnik werden nicht die wahren Intensitaten wiedergegeben, sondern es werden die Intensitiiten der Signale von OH-Gruppen tragenden Si-Atomen (in Q2- und Q3-Gruppen) gegenuber denen OH-gruppenfreier Si-Atome (in Q4-Gruppen) verstlkt. Im Ver- gleich zum Spektrum I (ohne Polarisationstransfer) ergibt sich aus Spektrum 111 (mit Polarisationstransfer) demzufolge fur das gefiillte Gel eine Umkehr der Intensitiitsverhaltnisse (Bild 1). Weiterhin ist aus den Spektren eine signifikante Abhiingigkeit der relativen Intensitiitsverhaltnisse der Q3- und Q4-Signale von den Herstellungsbedingungen der Gele ersichtlich. Wiihrend im Fallgel (Spektrum I) fast doppelt so viele Q4-Gruppen wie QS-Gruppen vorliegen, weist das Spektrum des durch Ionenaustausch herge- stellten Kieselgels (11) ein Verhkltnis Q4/Q3 von ungefiihr 1 auf, aul3erdem ist ein schwaches fiir 82-Gruppen typisches Signal um -92 pprn zu beobachten. In Ubereinstimmung mit schon dargelegten Ergebnissen [l] ist dieser Befund im Sinne einer groSeren Vernetzung des Fallgels im Vergleich zum Ionenaustauschgel zu deuten. Er zeigt, daS es rnit Hilfe der hochauflosenden 29Si-Festkorper-NMRprinzipiell moglich ist, ohne chemischen Eingriff in die Substanz direkte Aussagen zum Aufbau von Kieselgelen zu machen und zu ihrer Charakterisierung beizutragen. Literatur [l] Starke, P . ; Wieker, W.: Z. anorg. allg. Chem. 478 (1981) 65 [2] Lippmaa, E.; Magi, M.; Samoaon, A.; Engelhardt, G.; Grim- [3] Lippmaa, E.; Alla, M.; Pehk, T.; Engelhardt, G.: J. Amer. [4] Maciel, G. E.; Sindorf, D. W.: J. Amer. chem. SOC. 102 (1980) [S] Lippmaa, E.; Samoeon, A.; Brej, V. V.; Gorlov, Ju. I.: Dokl. mer, A.-R.: J. Amer. ehem. SOC. 102 (1980) 4889 chem. SOC. 100 (1978) 1929 7606 Akad. Nauk SSSR 259 (1981) 403 Arnd- Rudiger Grimmer, Peter Starke, Wolfgang Wieker, Zentral- institut fur Anorganische Chemie der Akademie der Wissenschaf- ten der DDR, 1199 Berlin, Rudower Chaussee 5, und M. Mugi, Institut fur Chemische und Biologische Physik der Akademie der Wissenschaften der Estnischen SSR, Tallinn UdSSR eingegangen am 30. November 1981 ZCM 7152 27Al-NMR-Untersuchungen zur Reaktion yon Alkali- a1umoborosi)Ieat-Glisern mit Korund beim Sintern Beim Sintern keramisch aufbereiteter Glas-Korund-Mischungen zu dichten porzellanartigen Produkten nach dem Keramovitron- Prinzip [l] kommt es zwischen der sich ausbildenden Glasma- trix und den darin dispergierten Korund-Partikeln zu Phasen- grenzreaktionen. Uber derartige Reaktionen ist bisher nur sehr wenig hekannt. Lediglich Stett und Fulrath [2] berichteten uber die Reaktion von Na,O * 2Si0,-Glas mit Korund beim Druck- sintern. Untersuchungen von Wiegmann u. a. [3] zeigen, dal3 Phasengrenzreaktionen zwischen Glas und Korund sowohl das Sinterverhalten entsprechender Mischungen als auch Gefugeaus- bildung und Gefugespannung in den erhaltenen Sinterprodukten beeinflussen und somit deren Eigenschaftsbild priigen. Fur ein Verstandnis dieser Zusammenhange ist ein komplexes Studium der Glas-Korund-Reaktion notwendig, wozu verschiedene Analysen- methoden eingesetzt wurden, wie Rontgenphasenanalyse, nel3- chemische Analyse, ESMA, Gefugeanalyse, DTA und NMR- Spektroskopie. I n dieser Mitteilung sol1 vorwiegend uber Ergeb- nisse, die mit Hilfe der hochauflosenden Fe~tkorper-~7Al-NMR er- halten wurden, berichtet werden. In letzter Zeit konnte durch Ubergang zu hohen Feldstarken und der MAS-Technik die 27Al-NMR fur die Aufklarung der Al-O-Ko- ordination eingesetzt werden [4], [5]. Dabei liefern die isotropen Werte der 27Al-Verschiebungen uber die Bestimmung der Ko- ordinationszahl hinaus Informationen uber die zweite Koordi- nationsphiire des A1 [6], wiihrend die Quadrupolwechselwirkung der Al-Kerne mit den elektrischen Feldgradienten am Ort des Kerns empfindlich auf Storung der Symmetrie reagiert. So konnten Al0,-Baugruppen durch Verbreiterung der Resonanzlinie in vielen Fallen nicht nachgewiesen werden, da diese Anordnung sich 44 2. Chem., 22. Jg. (19882) ZI+ 2

27Al-NMR-Untersuchungen zur Reaktion von Alkali-alumoborosilieat-Gläsern mit Korund beim Sintern

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Page 1: 27Al-NMR-Untersuchungen zur Reaktion von Alkali-alumoborosilieat-Gläsern mit Korund beim Sintern

HochauWsende 2gSi-Festkiirper-NMR an Kieselgelen Im Rahmen von Untersuchungen zur Abbaubarkeit von Kiesel- gelen in alkalischen Losungen wurde gezeigt, da5 Gele, die durch Ansauern von WassergIaslosungen hergestellt wurden, langsamer von NaOH angegriffen werden als solche, die aus dem gleichen Ausgangsmaterial durch Ionenaustausch hergestellt wurden. Die- ser Unterschied wurde durch die Annahnie erklairt, da5 in diesen verschiedenen Kieselgelen unterschiedliche Vernetzungsgrade vor- liegen [l]. Hochauflosende 29Si-NMR-Messungen an kristallinen Si- licaten [2] haben gezeigt, da5 mit dieser neuentwickelten Methode die funf moglichen Baueinheiten, niimlich Mono- (QO-), End- (Q1-), Mittel- (Qz- ) , Verzweigungs- (Qs-) und Vernetzungsgruppen ( Q4-) nachweisbar sind. Mit der Anwendung dieser Methode auf unter- schiedlich hergestellte Kieselgelproben sollte nun gekliirt werden, ob sich auch von diesen amorphen Substanzen gut aufgeloste 29Si- NMR-Spektren erhalten lassen und ob sich die Unterschiede in den Herstellungsbedingungen der Gele (Fallung oder Ionenaustausch) [l] ir, den Spektren widerspiegeln, um so die Vorstellungen uber die Zusammenhiinge zwischen Herstellung, Vernetzungsgrad und Abbaubarkeit der Kieselgele zu erweitern. Die 29Si-NMR-Spektren wurden bei 39,74 MHz mit einem Bruker- Physik CXP 200 Hochauflosungsfestkorperspektrometer aufge- nommen, als Nachweistechnik wurde Protonenentkopplung rnit und ohne Polarisationstransfer bei gleichzeit,iger schneller Proben- rotation unter dem magischen Winkel angewandt. Weitere ex- perimentelle Einzelheiten sind in [a], [3] enthalten. Bild 1 zeigt in der linken Spalte die ohne Polarisationstransfer aufgenommenen Spektren eines gefiillten (I) und eines durch Ionenaustausch hergestellten Kieselgels (11). I n beiden Fiillen werden mehrere deutlich getrennte Signale erhalten. Damit ist in Ubereinstimmung mit [4], [5] die prinzipielle Anwendbarkeit der hochauflosenden Festkorper-NMR auf amorphe Kieselgele nachgewiesen.

Polarisa tionstrans fer ohne

I

1 -102.2

mit

m

-101.3

Bild 1 9%-NMR-Spektren eines gefiillten und eines Ionenaus- tausch-Kieselgels ohne und mit Polarisationstransfer (alle Zahlen- angaben in ppm)

Auf Grund der gemessenen chemischen Verschiebungen von -92,8, -103,O bzw. -102,2 pprn und -110,8 bzw. -111,2 ppm lassen sich die Signale eindeutig Q2-, 43-, und Q4-Gruppen [2] zuordnen. Demnach liegen in beiden Proben [HOSi(OSi=),]- und [Si(OSi=),]- neben sehr wenigen [(HO),SX(OSi=),]-Gruppen VOI.

Diese Zuordnung auf Grund der chemischen Versohiebung wird von den rnit Polarisationstransfer aufgenommenen Spektren der beiden Kieselgelproben bestiitigt (Bild 1, rechte Spalte). Bei dieser MeBtechnik werden nicht die wahren Intensitaten wiedergegeben,

sondern es werden die Intensitiiten der Signale von OH-Gruppen tragenden Si-Atomen (in Q2- und Q3-Gruppen) gegenuber denen OH-gruppenfreier Si-Atome (in Q4-Gruppen) vers t lkt . Im Ver- gleich zum Spektrum I (ohne Polarisationstransfer) ergibt sich aus Spektrum 111 (mit Polarisationstransfer) demzufolge fur das gefiillte Gel eine Umkehr der Intensitiitsverhaltnisse (Bild 1). Weiterhin ist aus den Spektren eine signifikante Abhiingigkeit der relativen Intensitiitsverhaltnisse der Q3- und Q4-Signale von den Herstellungsbedingungen der Gele ersichtlich. Wiihrend im Fallgel (Spektrum I) fast doppelt so viele Q4-Gruppen wie QS-Gruppen vorliegen, weist das Spektrum des durch Ionenaustausch herge- stellten Kieselgels (11) ein Verhkltnis Q4/Q3 von ungefiihr 1 auf, aul3erdem ist ein schwaches fiir 82-Gruppen typisches Signal um -92 pprn zu beobachten. In Ubereinstimmung mit schon dargelegten Ergebnissen [l] ist dieser Befund im Sinne einer groSeren Vernetzung des Fallgels im Vergleich zum Ionenaustauschgel zu deuten. Er zeigt, daS es rnit Hilfe der hochauflosenden 29Si-Festkorper-NMR prinzipiell moglich ist, ohne chemischen Eingriff in die Substanz direkte Aussagen zum Aufbau von Kieselgelen zu machen und zu ihrer Charakterisierung beizutragen.

L i t e r a t u r

[l] Starke, P . ; Wieker, W.: Z. anorg. allg. Chem. 478 (1981) 65 [2] Lippmaa, E.; Magi, M.; Samoaon, A.; Engelhardt, G.; Grim-

[3] Lippmaa, E.; Alla, M.; Pehk, T.; Engelhardt, G.: J . Amer.

[4] Maciel, G. E.; Sindorf, D. W.: J. Amer. chem. SOC. 102 (1980)

[S] Lippmaa, E.; Samoeon, A.; Brej, V . V.; Gorlov, Ju. I.: Dokl.

mer, A.-R.: J. Amer. ehem. SOC. 102 (1980) 4889

chem. SOC. 100 (1978) 1929

7606

Akad. Nauk SSSR 259 (1981) 403

Arnd- Rudiger Grimmer, Peter Starke, Wolfgang Wieker, Zentral- institut fur Anorganische Chemie der Akademie der Wissenschaf- ten der DDR, 1199 Berlin, Rudower Chaussee 5, und M . Mugi, Institut fur Chemische und Biologische Physik der Akademie der Wissenschaften der Estnischen SSR, Tallinn UdSSR

eingegangen am 30. November 1981 ZCM 7152

27Al-NMR-Untersuchungen zur Reaktion yon Alkali- a1umoborosi)Ieat-Glisern mit Korund beim Sintern Beim Sintern keramisch aufbereiteter Glas-Korund-Mischungen zu dichten porzellanartigen Produkten nach dem Keramovitron- Prinzip [l] kommt es zwischen der sich ausbildenden Glasma- trix und den darin dispergierten Korund-Partikeln zu Phasen- grenzreaktionen. Uber derartige Reaktionen ist bisher nur sehr wenig hekannt. Lediglich Stett und Fulrath [2] berichteten uber die Reaktion von Na,O * 2Si0,-Glas mit Korund beim Druck- sintern. Untersuchungen von Wiegmann u. a. [3] zeigen, dal3 Phasengrenzreaktionen zwischen Glas und Korund sowohl das Sinterverhalten entsprechender Mischungen als auch Gefugeaus- bildung und Gefugespannung in den erhaltenen Sinterprodukten beeinflussen und somit deren Eigenschaftsbild priigen. Fur ein Verstandnis dieser Zusammenhange ist ein komplexes Studium der Glas-Korund-Reaktion notwendig, wozu verschiedene Analysen- methoden eingesetzt wurden, wie Rontgenphasenanalyse, nel3- chemische Analyse, ESMA, Gefugeanalyse, DTA und NMR- Spektroskopie. I n dieser Mitteilung sol1 vorwiegend uber Ergeb- nisse, die mit Hilfe der hochauflosenden Fe~tkorper-~7Al-NMR er- halten wurden, berichtet werden. In letzter Zeit konnte durch Ubergang zu hohen Feldstarken und der MAS-Technik die 27Al-NMR fur die Aufklarung der Al-O-Ko- ordination eingesetzt werden [4], [5]. Dabei liefern die isotropen Werte der 27Al-Verschiebungen uber die Bestimmung der Ko- ordinationszahl hinaus Informationen uber die zweite Koordi- nationsphiire des A1 [6], wiihrend die Quadrupolwechselwirkung der Al-Kerne mit den elektrischen Feldgradienten am Ort des Kerns empfindlich auf Storung der Symmetrie reagiert. So konnten Al0,-Baugruppen durch Verbreiterung der Resonanzlinie in vielen Fallen nicht nachgewiesen werden, da diese Anordnung sich

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auf Grund der groleren Al-0-Abstande als storanfiilliger als die Al0,-Baugruppe enveist. Bei den bisher untersuchten Na,O- Al,O,-SiO,- [5] und den vorliegenden K,O-Al,O,-B,O,-SiO,- Glasern konnten rnit der ,7Al-NMR keine Al0,-Baugruppen ex- plizit nachgewiesen werden. Dagegen lassen sich die reguliiren AlO,-Oktaeder des Korunds anhand einer relativ schmalen Linie bei +9 pprn nachweisen [4]. Die Messungen erfolgten bei 70,4 MHz mit einem variierten Spektrometer FKS 176 an der Sektion Physik der Friedrich- Schiller-Universitit Jena. Untersucht wurden Gemische aus 50 Masse-% Korund und je 50 Mame-% K,0-A1203-B,0,-Si0,-Glas. In den Gliisern wurde bei konstantem Stoffmengenverhiiltnis K,O : B,O,: SiO, der Al,O,-Stoffmengengehalt von 0 bis 12% vari- iert. Die Gemische wurden wie bei [l] beschrieben zu keramischen Versatzen aufbereitet und jeweils 15 min bei Temperaturen zwi- schen 750 und 1100°C gesintert. In Bild 1 sind die a7A1-NMR-Spek- tren von Sinterproben aus dem Al,O,-freien Glas und Korund dargestellt. Im Falle der bei 750°C gesinterten Probe tritt nur die intensive Linie des Korunds bei f 9 ppm auf. Dazu symmetrisch erscheinen von der MAS-Technik herriihrende Rotationsseiten- bander (Bild la ) . Mit zunehmender Sintertemperatur nimmt die Intensitat der Korundlinie ab bei gleichzeitiger Herausbildung einer neuen Linie bei 1 5 5 pprn (Bild lb) . Letztere ist ungestort eingebauten Al0,-Baugruppen in der Glasphase zuzuordnen, wie sie auch bei reinen Glisern entsprechender Zusammensetzung auftritt. Das Spektrum eines solchen Glases ist im Bild l c zum Vergleich wiedergegeben.

6 80 pprn

Bild 1 a, b) 27Al-NMR-Spektren von bei unterschiedlichen Teni- peraturen gesinterten Proben aus Korund und Glas (Glaszusam- mensetzung in Mol-7": K,O 11,l; Al,O, 0,l; B,O, 11,9; SiO, 76,9) und c) eines reinen Glases der Zusammensetzung in M01-y~ : K,O 10,7; AI,O, 7,3; B,O, 11,5; SiO, 70,4

Aus der Gegenuberstellung der Spektren in Bild l a und l b wird der Fortschritt der Phasengrenzreaktion ersichtlich, bei der AlQ,- Baugruppen aus dem Korund in die Glasschmelzphase eintreten und dort letztlich als Al0,-Einheiten eingebaut werden. Entspre- chend der Zunahme dcr Al0,-Konzentration in der Glasschmelz- phase erhoht sich deren Viskositat, wodurch der Reaktionsablauf entscheidend beeinfluBt wird. Daneben hat auch die chemische Zusammensetzung des Ausgangs- glases einen wesentlichen EinfluB auf den Reaktionsverlauf, spe- ziell auf die GroSe der Umslitze [3]. Das spiegelt sich auch in den 27Al-NMR-Spektren wider. Die mit steigender Sintertemperatur zu verzeichnende Intensitiitszunahme der von Al0,-Baugruppen im Glas herriihrenden Linie bzw. die Abnahme der Intensitat des Korundpeaks ist urn 80 geringer, je hoher der A120,-Gehalt im Ausgangsglas ist. Daraus folgt, daB die Reaktivitat der GlPser gegeniiber Korund rnit Erhohung ihres Al,O,-Gehaltes abnimmt . Ferner wurde gefunden, daB sich unabhiingig vom Al,O,-Gehalt der hier gewiihlten Ausgangsglaser beim Sintern oberhalb 1000°C in der jeweiligen Glasphase stets eine vergleichbare Al0,-,,Satti- gung8"-Konzentration einstellt.

Diese Aussagen sind mit den Ergebnissen der anderen, eingangs genannten Analysenmethoden in Ubereinstimmung. Daruber sol1 in weiteren Arbeiten berichtet werden. Ergiinzende llB-NMR-Messungen an den Glas-Korund-Sinter- proben und den entsprechenden reinen Gliisern zeigen, daB rnit Zunahme von Al0,-Baugruppen im Glas der Anteil an B0,-Bau- gruppen zuriickgeht. Dieses Ergebnis bestltigt die von Appen [7] sowie Petzold u. a. [8] getroffenen Aussagen zur Alumoborsiiure- anomalie.

Wir danken den Herren Dr. Wiegmnn, Dr. GeJner, Dr. Grimmer und Hullus fur anregende Diskussionen, Frau Schiemann fur die Unterstiitzung bei der experimentellen Arbeit und Frau Sonntq fur die Glasanalysen.

L i t e r a t u r

111 Wieamunn, J.: S.-B. Akad. Wiss. DDR, Math.-Nat.-Techn. L >

197i, Nr. 4/N, 19 r21 Stett. M . A.: Fulrath, R. M.:J. Amer.ceram.Soc. 60 (1965) 673 L >

[3] Wiegmnn, J.; Schiller, W.; Mucke, U.; Stieber, A'.: unver-

[4] Muller, D.; QeJner, W.; Behrens, H.-J.; Sckler, G.: Chem.

[5] Hullus, E.; Huubenreiper, U.; Hahnert, M.; MiZller, D.: Glas-

[6] Muller, D.; Hoebbel, D.; Gepner, W.: Chem. Physics Letters

[7] Appen, A . A.: Glastechn. Ber. 32 K (1959) VI/23 [8] Petzold, A.; Schwpp, J . D.; Muller, D.: Fiz. i Chim. Stekla 1

Wolfgang Schiller, Dirk Muller, Zentralinstitut fur anorganische Chemie der AdW der DDR, 1199 Berlin Gerhurd Scheler, Sektion Physik der Friedrich-Schiller-Universitit Jena, 6900 Jena

offentlichte Ergebnisse

Physics Letters 79 (1981) 59

techn. Ber., in Vorbereitung

84 (1981) 25

(1975) 497

eingegungen am 30. November 1981 ZCM 7151

Ladungstransport in ,,alkalifreien" Silicatgliisern Alkalialumosilicatglaser der Systeme L,0/A120,/Si02 mit L = Li, Na, K zeigen relativ hohe elektrische Leitfahigkeiten auf Grund gunstiger struktureller Anordnungen der Alkaliionen. Zahlreiche Untersuchungen sind in diesen Glassystemen durchgefiihrt worden. Messungen der Alkaliselbstdiffusion und der elektrischen Leit- fahigkeit jeweils in Temperaturabhiingigkeit zeigen iibereinstim- mende Aktivierungsenergien (u. a,. [l], [2]). Es ist somit eindeutig, daB der Ladungstransport durch die Alkaliionen vollzogen wird. Der Einsatz von Erdalkalien oder anderen zweiwertigen Ionen anstelle von Alkalien fiihrt zu Gliisern, deren elektrische Leit- fiihigkeit um mehrere GroBenordnungen geringer ist. Ungekliirt ist bisher, welche Spezies den Stromtransport in solchen alkali- freien Gliisern iibernehmen. Prinzipiell kommen die zweiwertigen Kationen, das Sauerstoffanion sowie in Spuren rnit den Roh- stoffen eingeschleppte Fremdionen (Alkalien, ionische Bestandteile des Wassers) und schlie5lich auch Elektronen in Betracht. Glaser der Zusammensetzung (in Mol-%) 15L,O/20A1,0,/65Si0, (mit L = Li, Na, K) sowie 15M0/20A1203/65Si0, (mit M = Mg, Ca, Sr, Ba, Zn, Cd, Pb) wurden bei Temperaturen von 1 G O O T im Platintiegel erschmolzen, durch Riihren gut homogenisiert und zu zylindrischen Proben von 5mm ra und 10 mm Liinge verarbeitet, an denen mit Hilfe einer in [3] beschriebenen Methode die Gleich- stromleitfllhigkeit im Temperaturbereich von 250.. .5OO0C ge- meesen wurde. Die Ergebnisse sind in Tab. l zusammengestellt. Die die Beweglichkeit der Ladungstrager charakterisierenden Aktivierungsenergien zeigen in der Reihe der Alkaligliiser ein Minimum beim Natrium, das entsprechend dem Model1 von Ander- son und Stuart [4] fur Ionen mit mittlerem Radius zu erwarten ist, da hier sowohl relativ niedrige elektrostatische Bindungskriifte als auch ein nur maBiger elastischer Widerstand des Glasnetz- werks gunstige Voraussetzungen fur den Platzwechsel eines Ions bieten.

Z. Chcm., 22. Jg. (1962) Heft 2 LI 45