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26.06.22 Bhm-Bawerk gegen Marx: Der Streit um das aristotelische Erbe Symposium "100 Jahre Bhm-Bawerk" Freitag, 17. Okt. 2014 Universitt Wien Vortrag von Bertram Schefold Goethe-Universität Frankfurt am Main

29.03.2015 Bo ̈ hm-Bawerk gegen Marx: Der Streit um das aristotelische Erbe Symposium "100 Jahre Bo ̈ hm-Bawerk" Freitag, 17. Okt. 2014 Universita ̈ t

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  • 29.03.2015 Bo hm-Bawerk gegen Marx: Der Streit um das aristotelische Erbe Symposium "100 Jahre Bo hm-Bawerk" Freitag, 17. Okt. 2014 Universita t Wien Vortrag von Bertram Schefold Goethe-Universitt Frankfurt am Main
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  • 129.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Antike: Die Bcher-Meyer-Kontroverse Auseinandersetzung Ende des 19.Jhds. ber die Deutung der antiken Wirtschaft Meyer: Hellenistische Wirtschaft hnlich merkantilistischer Manufakturperiode, antiker Kapitalismus Modernistische Position (Rostovtzeff, heute z.B. Cohen) Bcher: Griechische Wirtschaft aus Selbstdarstellungen deuten, Oikoswirtschaft Primitivistische Position (Finley, heute z.B. Millett) Griechische Wirtschaftsgeschichte Gegensatz Antizipation Mittelalter Frhe Moderne Moderne
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  • 229.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Aristoteles 384 v.Chr. 322 v.Chr. Beispiele aus Aristoteles Werken Nikomachische Ethik (350 v.Chr.) Politik (350 v.Chr.) Oekonomica (Ursprung umstritten
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  • 329.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Aristoteles Politik (1): Das gute Leben Im Zentrum Aristoteles Wirtschaftsvorstellung: die Polis als naturgemes Gebilde und autarke Gemeinschaft politischer Menschen Oikos, Oekonomik und die Sklavenhaltung Ziel der Oekonomik: Schaffung der materiellen Basis des guten Lebens Gegen Platons Kollektivismus, Privateigentum wird befrwortet Unterscheidung Haushaltskunst und Beschaffungskunst Verwendung und Beschaffung der im Haushalt zum Fhren des guten Lebens gebrauchten Dinge Natrliche Beschaffungskunst Teil der Haushaltskunst Unnatrliche Beschaffungskunst: Bereicherung als Selbstzweck (Chrematistik)
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  • 429.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Aristoteles Politik (2): Haushalts- und Beschaffungskunst begrenztunbegrenzt Haushaltskunst Husliche EinzelherrschaftBeschaffungskunst Ehefhrung Kindererziehung Eigenerwerbskunst Chrematistik Sklavenfhrung Tauschkunst Gatte Jger LandwirtBergbauKleinhandel VaterFischer SchusterHolzwirtschaftGrohandel Herr Ruber Arzt Wucher Bauer Lohnarbeit Nomade
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  • 529.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Aristoteles Politik (3): Chrematistik Gewinn nur in Verbindung mit Zwischenhandel Zins daraus nicht ableitbar, kein Erkennen des Mehrwerts Geld nur als Tauschmittel natrlich, kein Konzept von Geldkapital Sterilittsargument: Geld gebiert keine Kinder Wucher als Hauptbeispiel der Verfehlung des guten Lebens Ungerechter Tausch
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  • 629.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Aristoteles Tausch und Geld bei Aristoteles a = b als Setzung / Geldschtzung wegen Gleichsetzung des Werks (ergon) wegen Bedarf (chreia) als Tausch von berschssen (der oiken) Geld als Tauschmittel Metallismus (Aristoteles), Nominalismus (Platon) Geld als Reichtum
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  • 729.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Marbod von Rennes, ca. 1100 Dives avarus eget. Per quid? Quia cum petit usus, Tangere parta timet. Cur? Ne minuatur acervus. Cur metuit minui? Quia mavult crescere. Quare? Non esset vitium, si non ratione careret. Partum ? Aber: partum = Erwerb Also Tugend rational? Aber: ratio = Rechtfertigung Noch altchristlich: Wucher = Geiz
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  • 829.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Scholastik Thomas von Aquin (1225 1274) Zins: Geld kein Gebrauchsgut, sondern Verbrauchsgut, da es im Tausch gegeben wird und damit vom Zahlenden verbraucht wird. Bezahlung des Darlehens durch Rckgabe; kein zweiter Preis. Sterilittsargument, Ablehnung des Zinses Grnde fr die legitime Zinsnahme, v.a. bei den Nachfolgern: - damnum emergens - periculum sortis - lucrum cessans Aber: noch kein Erkennen der produktiven Rolle des Kapitals und des Zinses
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  • 929.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Rogier van der Weyden Medici-Madonna 1450-51, Stdel, Frankfurt am Main Petrus, Johannes Cosmas (Cosimo de Medici) Damian (Giovanni de Medici, Sohn Cosimos)
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  • 1029.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Scholastik Antoninus von Florenz (1385 1459) Kriterium der Produktivitt: Geldleihe und Kapitalanlage Geldleihe: unproduktiv, daher Ablehnung eines Gewinns, Ausnahmen: damnum emergens und lucrum cessans (enge Auslegung) Kapitalanlage: produktiv, dann Zins gerechtfertigt Wechselverkehr: Aufschlge gerecht, soweit dem Transport geschuldet Bankiers: vorwiegend Wechsler Geldwechsel sndig, weil grenzenlos Kompensierende Gegenleistung: Gaben fr die ffentlichkeit, Symbol: die drei Knige
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  • 1129.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Florenz, San Marco, Zelle 39, Die Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenland - Benozzo Gozzoli, ca. 1440
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  • 1229.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Marx ber Aristoteles Da aber in der Form der Waarenwerthe alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedrckt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Werthform der Waaren herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeiten zur Naturbasis hatte. Das Geheimni des Werthausdrucks, die Gleichheit und gleiche Gltigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit berhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurtheils besitzt. Das ist aber erst mglich in einer Gesellschaft, worin die Waarenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts ist, also auch das Verhltni der Menschen zu einander als Waarenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhltni ist. Das Genie des Aristoteles glnzt grade darin, dass er im Werthausdruck der Waaren ein Gleichheitsverhltni entdeckt. Nur die historische Schranke der Gesellschaft, worin er lebte, verhindert ihn herauszufinden, worin denn "in Wahrheit" die Gleichheitsverhltni besteht. (MEGA 2, II. 5, S. 636.)
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  • 1329.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Marx und Aristoteles: Indirekt und direkt Einflsse Wertformenlehre: W G W, G W G Substanz und Form Wertbestimmung durch Arbeit Kapitalakkumulation (Mehrwert heckender Wert) chematistisch Zins irrational G W Arbeitskraft Produktionsmittel W G
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  • 1429.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Karl Marx: Transformation von Werten in Preise Aber: bisherige Analyse auf Basis der Arbeitswerte, nicht in Preisen Die Analyse von Marx gilt jedoch nur, wenn Austauschverhltnisse in Preisen wie in Arbeitswerten: Kommunismus des Kapitals Der Gewinn (=Mehrwert) wird, zur Bestimmung der Profitrate, vom Unternehmer zum eingesetzten Kapital in Beziehung gesetzt Profitrate in Werten: r = m/(c+v) Lohn vorfinanziert, daher im Nenner Sraffa: Zu zeigen: M = P (Mehrwertsumme = Profitsumme) C + V + M = K + W + P (linke Seite: Werte, rechte Seite: Preise) Problem: unterschiedliche organische Zusammensetzung der Sektoren
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  • 1529.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Zwei Sektoren: Textil- und Eisenindustrie uniforme Mehrwertraten (Konkurrenz unter den Arbeitern) Unterschiedliche organische Zusammensetzung: Karl Marx: Transformation von Werten in Preise (2) 15 ctct mtmt vtvt cece meme veve m2m2 m1m1 ctct mtmt vtvt cece meme veve unterschiedliche Wertprofitraten widersprechen der Konkurrenz Marx Lsungsvorschlag: Umverteilung von Mehrwert bei der Transformation der Werte in Preise (Kommunismus des Kapitals)
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  • 1629.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold M = P = Zins + Unternehmergewinn P = M in Spezialfllen: Standardware Input-Ouput Tabelle Zufallsmatrix, Arbeitsvektor und Numraire unkorreliert > Arbeitwertlehre gilt im Durchschnitt und P = M Es wird zum Gebrauchswert des Kapitals, Profit abzuwerfen Zins als Preis des Kapitals: eine verrckte Form Band III, 345 Zins als Preis des Kapitals ist von vornherein ein durchaus irrationeller Ausdruck. Hier hat eine Waare einen doppelten Werth, einmal einen Werth, und dann einen von diesem Werth verschiednen Preis, whrend Preis der Geldausdruck des Werthes ist.... Wie soll nun eine Werthsumme einen Preis haben auer ihrem eignen Preis, auer dem Preis, der in ihrer eignen Geldform ausgedrckt ist?
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  • 1729.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Elemente der Bhm-Bawerkschen Lsung (1) Datierung der Gter wie in der spteren Scholastik Streitfrage: Wuchert, wer nach der Ernte Korn verleiht und vor der Aussaat dieselbe Menge zurck fordert? Darlehensvertrag = Vertrag ber intertemporalen Tausch Zins = Agio, nicht Teil eines Mehrwerts Kapital als Wertsumme keine selbstndige Entitt (anders als bei Marx und bei Clark), sondern aufgelst in vorgetaner Arbeit. Problem des irrationalen Ausdrucks Preis des Kapitals entfllt.
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  • 1829.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Elemente der Bhm-Bawerkschen Lsung (2) Die Produktionsperiode wird verlngert, bis das Opfer zustzlichen Kapitaleinsatzes durch knftigen Mehrkonsum nicht mehr kompensiert wird Dies ist nicht Abstinenztheorie, sondern Konsumallokation. Es ist nicht Produktivittstheorie des Zinses, da solcher Tausch auch ohne Produktion vor sich gehen kann. Max Weber: Die groe Wirtschaftshistorische Zsur ist die Spaltung des alten produzierenden Hauses in konsumierenden Haushalt und produzierende Unternehmung
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  • 1929.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Elemente der Bhm-Bawerkschen Lsung (3) Die Unternehmung maximiert den Gewinn. Der Haushalt maximiert den Nutzen. Auch wenn die Unternehmung chrematistisch handelt, steht sie unter der gesellschaftlichen Kontrolle des Marktes. Der Arbeitseinsatz wird begrenzt durch das Arbeitsleid, der Konsum durch die Bedrfnisbefriedigung, die Akkumulation durch die Minderschtzung knftiger Gter. Hayek: Damit die Akkumulation einer gegebenen Bevlkerung begrenzt und ein stationrer Zustand erreicht wird, darf die Gegenwartsprferenz mit steigendem Reichtum nicht abnehmen. So dienen unternehmerische Produktion und Kreditvergabe einem natrlichen Erwerb.
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  • 2029.03.2015 Prof. Dr. Dres. h.c. Bertram Schefold Der Entwurf von Karl Marx Kapital, Bd. 2, S. 123 Denn der Kapitalismus ist schon in der Grundlage aufgehoben durch die Voraussetzung, dass der Genuss als treibendes Motiv wirkt, nicht die Bereicherung selbst.