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1 3. Arbeitspapier - Hamburger Qigong-Kongress 2018 Ulla Blum – Berlin San Bao: Die drei Schätze Jing, Qi und Shen eine numerologische Deutung der Dantian Theorie Alle Zahlen, alle Bemessungen und Aussagen über die Quantität und Qualität einer Sache werden ausgedrückt durch die Zahlen Eins bis Neun. Neun Zahlen plus die Null reichen aus, um die gesamte belebte und unbelebte Welt, um Entwicklung und Fortschritt zu beschreiben. Zählen liegt dem Menschen Die Hände vor Augen, ist es ein leichtes die Finger nicht nur zum Vergnügen und zur Arbeit, sondern auch zum Zählen zu nutzen. So gelingt es auch zu beschreiben, wie sich etwas entwickeln. Deshalb beobachten, vergleichen und bewerten wie fortlaufend, was wir an Veränderungen wahrnehmen. Wir können zum Beispiel beurteilen wie eine Pflanze wächst, und dieses mit unseren Händen und den fünf Fingern ausdrücken. Wir können zum Beispiel allein darüber fünf unterschiedliche Aussagen machen, indem wir einzelne Finger in die Luft strecken. Streckt man von 5 Fingern jeweils 2 in die Luft, ergeben sich 4 Variationen, hebt man jeweils 3 hervor, ergeben sich 3 Unterscheidungen. Beginnt man zu unterscheiden und zu zählen, bring man Ordnung in die Welt der „10.000 Dinge“. Zahlen als Embleme Die neun Grundzahlen sind universelle Einheiten, denn sie weisen weit über etwas Konkretes hinaus. Sie sind vielmehr die Abstraktion einer konkreten Sache und können alles darstellen. Deshalb sind sie im Gebrauch die Matrix aller Phänomene die sie beschreiben. Sie funktionieren ähnlich wie Symbole, doch sind sie weiterreichender als dieses. Die Grundzahlen umfassen die gesamte Erscheinung des Lebens, die lebendige und die nicht-lebendige Natur. Laozi sagt dazu: „Der Sinn [das Dao] erzeugt die Eins. Die Eins erzeugt die Zwei. Die Zwei erzeugt die Drei. Die Drei erzeugt alle Dinge. Alle Dinge haben im Rücken das Dunkle und streben nach dem Licht, und die strömende Kraft gibt ihnen Harmonie"1 Dao nicht von dieser Welt, nicht zu benennen Yin/Yang eine abstrakte Größe, die den Geist und das Denken betrifft. Yin/Yang/Qi Leben / Bewegung /sinnliche Erfahrung (lesen Sie weiter unter: Drei Schätze des Dao: www.ulla-blum.de/publikation) Zahlen in der Übung Wir beschäftigen uns nicht mit der , das führt zu keinen Ergebnissen. Wir beschäftigen uns mit der Dualität, der Welt in der wir leben. Grundsätzlich unterscheiden wir dabei zwischen angenehm oder unangenehm. Doch da sich unsere Erfahrungen beständig verändern, beginnen wir früher oder später zu denken. Nach-denkend versuchen wir uns Mittels des Denkens die zwei Seiten der Erfahrung vor Augen zu halten, denn wir wollen sie verstehen. So unterscheiden und urteilen wir beständig das, was uns begegnet. Man kann denkend auch lernen, sich selbst zu verstehen. Dann entwickelt man ein Bewusstsein über das was man tut, über sich selbst. Die Gewissheit was richtig oder falsch ist, kommt dabei aus dem inneren Selbst, der in uns. Das Dao, so heißt es, ist nicht von dieser Welt. Doch erkennen wir Spuren der ursprünglichen Einheit aus der wir kommen, in der Welt der Dinge. Das Dao hat sich gewandelt, und kommt nun zweifach in uns vor, als innerster Kern, und ganz außen als Hülle (Haut) des Menschen. Aus der (Gegensätze) kommt die . Die ist das Dazwischen, das die Gegensätze vereint. 1 Laotse, Tao te king, Übersetzung von Richard Wilhelm, Diederichs Gelbe Reihe, 1993, Vers 42, Seite 85

3. Arbeitspapier - Hamburger Qigong-Kongress 2018 Ulla ... · 1 3. Arbeitspapier - Hamburger Qigong-Kongress 2018 Ulla Blum – Berlin San Bao: Die drei Schätze Jing, Qi und Shen

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3. Arbeitspapier - Hamburger Qigong-Kongress 2018 Ulla Blum – Berlin San Bao: Die drei Schätze Jing, Qi und Shen eine numerologische Deutung der Dantian Theorie Alle Zahlen, alle Bemessungen und Aussagen über die Quantität und Qualität einer Sache werden ausgedrückt durch die Zahlen Eins bis Neun. Neun Zahlen plus die Null reichen aus, um die gesamte belebte und unbelebte Welt, um Entwicklung und Fortschritt zu beschreiben. Zählen liegt dem Menschen Die Hände vor Augen, ist es ein leichtes die Finger nicht nur zum Vergnügen und zur Arbeit, sondern auch zum Zählen zu nutzen. So gelingt es auch zu beschreiben, wie sich etwas entwickeln. Deshalb beobachten, vergleichen und bewerten wie fortlaufend, was wir an Veränderungen wahrnehmen. Wir können zum Beispiel beurteilen wie eine Pflanze wächst, und dieses mit unseren Händen und den fünf Fingern ausdrücken. Wir können zum Beispiel allein darüber fünf unterschiedliche Aussagen machen, indem wir einzelne Finger in die Luft strecken. Streckt man von 5 Fingern jeweils 2 in die Luft, ergeben sich 4 Variationen, hebt man jeweils 3 hervor, ergeben sich 3 Unterscheidungen. Beginnt man zu unterscheiden und zu zählen, bring man Ordnung in die Welt der „10.000 Dinge“. Zahlen als Embleme Die neun Grundzahlen sind universelle Einheiten, denn sie weisen weit über etwas Konkretes hinaus. Sie sind vielmehr die Abstraktion einer konkreten Sache und können alles darstellen. Deshalb sind sie im Gebrauch die Matrix aller Phänomene die sie beschreiben. Sie funktionieren ähnlich wie Symbole, doch sind sie weiterreichender als dieses. Die Grundzahlen umfassen die gesamte Erscheinung des Lebens, die lebendige und die nicht-lebendige Natur. Laozi sagt dazu: „Der Sinn [das Dao] erzeugt die Eins. Die Eins erzeugt die Zwei. Die Zwei erzeugt die Drei. Die Drei erzeugt alle Dinge. Alle Dinge haben im Rücken das Dunkle und streben nach dem Licht, und die strömende Kraft gibt ihnen Harmonie"1 ① à Dao à nicht von dieser Welt, nicht zu benennen ② à Yin/Yang à eine abstrakte Größe, die den Geist und das Denken betrifft. ③ à Yin/Yang/Qi à Leben / Bewegung /sinnliche Erfahrung (lesen Sie weiter unter: Drei Schätze des Dao: www.ulla-blum.de/publikation) Zahlen in der Übung ① à Wir beschäftigen uns nicht mit der ①, das führt zu keinen Ergebnissen. ② à Wir beschäftigen uns mit der Dualität, der Welt in der wir leben. Grundsätzlich unterscheiden wir dabei zwischen angenehm oder unangenehm. Doch da sich unsere Erfahrungen beständig verändern, beginnen wir früher oder später zu denken. Nach-denkend versuchen wir uns Mittels des Denkens die zwei Seiten der Erfahrung vor Augen zu halten, denn wir wollen sie verstehen. So unterscheiden und urteilen wir beständig das, was uns begegnet. Man kann denkend auch lernen, sich selbst zu verstehen. Dann entwickelt man ein Bewusstsein über das was man tut, über sich selbst. Die Gewissheit was richtig oder falsch ist, kommt dabei aus dem inneren Selbst, der ① in uns. Das Dao, so heißt es, ist nicht von dieser Welt. Doch erkennen wir Spuren der ursprünglichen Einheit aus der wir kommen, in der Welt der Dinge. Das Dao hat sich gewandelt, und kommt nun zweifach in uns vor, als innerster Kern, und ganz außen als Hülle (Haut) des Menschen. Aus der ② (Gegensätze) kommt die ③. Die ③ ist das Dazwischen, das die Gegensätze vereint.

1 Laotse, Tao te king, Übersetzung von Richard Wilhelm, Diederichs Gelbe Reihe, 1993, Vers 42, Seite 85

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oben - unten

③ Vektoren im Raum

vorne - hinten rechts - links

macht innen und außen ja - nein

Einerseits verbindet das Denken, andererseits ist Denken das Gegenteil von Einheit und der Ursprung von Trennung und Teilung. Der vergleichende Geist, der einerseits annimmt und andererseits verneint, ruft auch die Trennung hervor, und lässt in uns das Gefühl der Einsamkeit entstehen. Denken betrifft den Kopf, das obere Zentrale im Menschen.

Übungen mit den drei Beriechen 1. den eigenen Kopf/Brust/Bauch mit beiden Händen abtasten und fühlen, spüren, wahrnehmen … 2. einschätzend, kontrollierend, wertend, urteilend im Raum rumgehen und rumgucken.

Schau den Menschen in die Augen, nimm genau und prüfend wahr, welche Stimmung entsteht. Schau den Menschen auf die Brust, nimm genau und prüfend wahr, welche Stimmung entsteht. Schau den Menschen auf den Bauch, nimm genau und prüfend wahr, welche Stimmung entsteht.

② „Der Himmel kommt auf die Erde, die Erde bringt hervor“ Das Prinzip Leben ist prozessorientiert. Das Vorherige deutet auf das Kommende hin. ③ Das Leben entsteht ① à Himmel (Yang) à zeugend ② à Erde (Yin) à hervorbringend und nährend ③ à Kind von Himmel und Erde erscheint erst in der nachfolgende Generation ==> Qi / Mensch Es ist eine genealogische Betrachtung der Welt, welche die Bewegung der Zeit in die ewig gleiche Richtung miteinschließt. Die nachfolgende Generation ③, trägt die Einheit von Yin, Yang und Qi in sich, als eine neue, eigenständige Kraft. Damit verfügt das Qi, wie der Mensch, über eine unendlich große Potentialität (noch keine Form). Das Gesetz der ③ Drei Kategorie in der Betrachtung des Lebens, im Vergleich von Mikro- (Yin) und Makrokosmos (Yang).

③ à Du bist das Dazwischen, das die Dualität zum Leben erweckt. ③ erzeugt alle Dinge / das Leben / die Natur ③ ist Mutter jeder Form Es gibt nichts, das nicht wenigstens aus drei Teilen besteht Drei-Einheit

· Himmel, Erde, Mensch · Yin, Yang, Qi · Sonne (Yang), Mond (Yin), Sterne (Qi)

Das Ungerade beschreibt die Funktion ③ = ungerade = erste ungerade Zahl nach der ①. Die ③ist der ① am nächsten. Das Gerade beschreibt die Form (Verdoppelung) Die ② = gerade / Die Verdoppelung der ② führt zur ④ und weiter zur ⑧ Acht ⑧ heißt chinesisch ⑧ Trigramme / ⑧ Winde / ⑧ Übungen / ⑧ Meridiane / ⑧ …

3

2 / 4 / 8 statisch / dynamisch

Mit der ⑫ haben sich Yin, Yang und Qi auf der Erde ausgeglichen materialisiert.

Zählt man im Sinne von Laozi weiter, führt uns das Gesetz der ③ im folgenden Schritt zu den ④ Richtungen des Raumes. Dann, mit der Entwicklung bis zur ⑫ (12 Monate im Jahr / 12 Meridiane), erreicht die Entwicklung von einer Generation zur nächsten, eine Art Wiederkehr des Dao (Einheit) in der Welt der Dinge. Denn aus numerologischer Sicht vereinen sich in der zwölf die sechs geraden und ungeraden Zahlen, wie die drei und die vier auf perfekte Weise (3 x 4, wie 4 x 3).

Die ⑫ bringt die lebendigen Wesen hervor. Kosmisch wie irdisch kann mit der ⑫ alles fließen. Jedes Wesen erscheint als ein individueller Raum, begrenzt in der Zeit.

Oben am Himmel bewegen sich Sterne und Planeten in ihrem ewigen Kreislauf. Auf der Erde erfährt der Mensch den Kreislauf von Licht und Dunkelheit als beständige Kraft des Himmels, der die 12 Monate des Jahres und die 12 Doppelstunden des Tages, also den Rhythmus des Lebens erzeugt.

Im Menschen sind es die 12 Meridiane, die alles mit allem verbinden. Die 12 Meridiane ziehen vom:

Kopf zu den Füßen, den Füßen zur Brust, der Brust zu den Händen, den Händen zum Kopf.

Der ursprüngliche Dao-Kreis umschließt dabei immer noch jedes Wesen und jede Einheit, und bewahrt sein Yin und Yang als dynamische, sich gegenseitig ergänzende Opposition. Wir erleben dies kosmisch als Wechsel von Tag und Nacht, in Bezug auf die Elemente als Feuer und Wasser, bezogen auf die Wesen, als Mann und Frau, bezogen auf den Raum als oben und unten (u.v.m.). Gemeinsam rufen das jeweilige Yin-Yang die zyklische Wiederkehr der Erscheinungen und den beständigen Wandel der Dinge in der Zeit hervor.

Dem geborenen Menschen, perfekt ausgerüstet für die Welt, verleiht seine Umhüllung (Einheit) die Möglichkeit zur Individuation. Der Kreis ist das Symbol für Einheit, aber auch für Heilung und Ganzheit. Heilung ist die im Menschen angelegte Bewegung in Richtung Harmonie (Ausgleich aller Kräfte).

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Übung Das Körper-Ei: greife/berühre den Raum um dich herum in allen Richtungen. Nutze dabei: oben-unten und die Mitte vorne-hinten und die Mitte rechts-links und die Mitte

(mehr an anderer Stelle) Wann und wo spricht man im Qigong von der Drei-Einheit? Wann und wo kommt die Drei vor?

In der Pflege des Lebens (Yangsheng) Jing Qi Shen Gemeint sind die 3 Schätze/ 3 Essenzen

Die Einheit der 3 Schätze (Essenzen/Kräfte/Juwelen) Jing, Qi und Shen sind nötig, um das Leben zu erzeugen, damit es entstehen, sich entwickelt und wieder vergeht. Die Wesen kommen und gehen, werden geboren und sterben. Die Vorstellung von 3 grundlegenden Kräften ist auch verbunden mit den alchemistischen Künsten des Mittelalters und der Frühzeit. Es gibt die chemisch, substantielle Alchemie, die sich mit der Erzeugung lebensverlängernder Substanzen beschäftigt hat, und es gibt die die praktische Alchemie. Die praktischen Übungen zur Lebenspflege, halfen dem Menschen in seiner Entwicklung. Regelmäßig geübt verfeinerten und kultivierten sie ihn. In dieser Wissenschaft stehen die 3 Schätze für die 3 Wesenheiten des Menschen, für den Körper, für den Atem und die Emotion, und den Geist. Nur gemeinsam, und ausschließlich im Unteren Dantian, erzeugen sie die Ganzheit jedes Wesens. Die 3 Essenzen vereinigen sich im Unteren Dantian zu einer Kraft, und bringen das Leben hervor. Damit ist das Untere Dantian auch der Entstehungsort jeder Bewegung. In den Übungen des inneren Qigong (Nei Qigong) wird dieses Dantian als kreatürliche Kraft gepflegt und genutzt. In den alchemistischen Übungen fand dort der Schmelzvorgang des unteren „Kessels“ statt, um das Elixier des langen Lebens zu erzeugen. Jeder Teil des Körpers ist dazu in dauernder Wechselwirkung mit seiner Ganzheit. Manfred Kubny nennet die Drei, "… die für das Leben notwendige Einheit"(2).

Qi der 3 Dantian Wohnorte im Körper Akupunktur Körperliche Ebene Aufgabe Geist Shen

Siegelhalle Kopf auf der Stirn zwischen den Augenbrauen

Yin Tang 1. Extrapunkt

Oberes Dantian Shang Dantian Oberes Elixier-oder Zinnoberfeld

Wagenlenker

Energie Atem Emotion

Qi „Ich“ Mitte der Brust 4. Zwischenrippenraum

Tan Zhong Ren Mai 17

Mittleres Dantian Zhong Dantian Mittleres Elixier- oder Zinnoberfeld

Pferd

Essenz Gen-Pool

Jing Meer der Energie Bauch 2 Fingerbreit unter dem Nabel

Qi Hai Ren Mai 6

Unteres Dantian Xia Dantian Unteres Elixier- oder Zinnoberfeld

Wagen

2 Manfred Kubny, Qi Lebenskraftkonzepte in China, Haug 1995

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Shen Essenz von Geist und Bewusstsein (Tugend)

Denken und Reflexion Meditation

Qi Bewegung, Hitze, Macht Atem, Magnetismus, Körperkraft

Bewegungs- und Körperübungen

Jing Kreativität Sexualität Sexuelle Techniken T. Cleary beschreibt hier z.B. Schwerpunkte spezieller Techniken und Schulen, die im Laufe der Geschichte mit dieser Drei- Teilung einhergegangen sind, aus: „Die Drei Schätze des Dao“, Basistexte der inneren Alchemie (Fischer Spirit 1996). Es ist wichtig, die 3 Dantian von der Vorstellung des Dreifachen Erwärmers zu unterscheiden.

Doch ist die Vorstellungs-Welt unbegrenzt – 3 x 3 = die Totalität des Raumes – Luo Shu

Um im Qigong die Vorstellungswelt zu gestalten, nutzt man Bilder aus der Natur. Der Mensch gilt als das „kleine Qi“, die Natur als das „große Qi“.

Das Untere Dantian wird vorgestellt als ein runder Raum mit einem Zentrum. Dieses Zentrum strahlt Kräfte aus, wie die Sonne, der Mond und die Sterne. Es ist das Helle in der Dunkelheit. An diesem Ort findet man „den Stoff des Lebens“, den Uranfang, die Quelle, der Beginn, die schwarze Perle. Hier wird in der Versenkung das Elixier des langen Lebens gebraut und destilliert. Jedes der 3 Dantian hat 9 weitere Räume. Grafik/ Vorstellung aus: E. und I. Stiefvater Chinesische Gymnastik, Haug-Verlag 1962

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Die Beziehung der ② zur ④ - der vertikalen ① zur horizontalen ② Achse im Menschen

Der Weg zwischen Himmel und Erde bringt die existentielle Kraft aller Wesen hervor. Auf dieser Achse begegnen sich Raum und Zeit, Feuer und Wasser, Herz und Nieren und vereinen sich. Der in sich geschlossene Körper bekommt einen Geist. Der Geist kommt in die Erde. Fortan atmet und fühlt er. Er entwickelt sich und strebt zurück zu Licht. Weil wir werden und vergehen, streben wir unweigerlich ein Leben lang dem Ende entgegen. Doch indem wir geworden sind was wir sind, können wir das, was uns gegeben ist auf der Erde gebrauchen. Darin besteht die Freiheit des Menschen. Armen und Beinen gebrauchend von suchen wir ein beständiges Gleichgewicht entlang der horizontalen Achse. Wir selbst sind die Waage, das Lot, der Kompass. All das stecket bereits in uns, und entlang der horizontalen Achse, also zwischen rechts und links, gestalten wir unsere Verbindung zur Welt. Dazu braucht es in der Übung in einem ersten Schritt. Er heißt Erdung und Festigkeit. Erdung und Festigkeit braucht im körperlichen eine ③. Unten 2/ oben 3, unten fest/ oben leicht. Der Gravitation folgend, ist der Körper auf der Erde wie ein Gebäude. Er braucht ein gutes Fundament. Sitzend ist der Unterbauch das Zentrum der Kraft und gibt dem Menschen ein Gefühl der Mitte und Ausgeglichenheit. Das sagt uns unser inneres Gefühl. In der Übung helfen Vorstellungen wie …

Man richtet sich entlang der Mittelachse zwischen Himmel und Erde aus, und findet wie eine Waage, mittels der Schwerkraft das Gleichgewicht zwischen rechts und links. Das fördert die Verschmelzung der drei Schätze經 Jing, 氣 Qi und 神 Shen im Unterbauch, und der Prozess des Werdens wird angeregt. Bei der Entstehung des Menschen ist es ein grundsätzlicher Prozess der zunehmenden Materialisierung, auch „Weg der Erde“3 genannt. Er verläuft von Shen (Geist) über Qi (Energie) zu Jing (Essenz), und nimmt Form an (Gen-Pool), in der Tiefe des (späteren) Unterbauchs. Das Jing, die Essenz hat zunächst noch keine Form. Es ist „nur“ ein erster Ausdruck des Qi der Erde in uns. Damit beginnt die Lebenskraft im Unsichtbaren. Doch ist die Ebene des Unsichtbaren äußerst nützlich und potent. Sie erzeugt die Einheit des Wesens aus energetischer Sicht, also den nicht sichtbaren Ausdruck des Qi, die Meridiane im Menschen, und gibt damit die Wege des Qi auf seinen Bahnen vor. Dieser Energiekörper bildet den Menschen bereits in seiner Ganzheit ab. Ist die Ebene der Energie erst einmal in Bewegung versetzt, wird der physiologische Prozess der Entwicklung in Gang gesetzt. Einmal in Gang gesetzt, wächst die Form heran. Dabei hat der Mensch wenig Einfluss auf das, was zwischen Werden und Vergehen geschieht, denn alles was nun folgt, folgt einem vorgegebenen und perfekten Plan. Das ist das vorgeburtliche Qi.

3 Frank Fiedeler: Yin und Yang. Das kosmische Grundmuster in den Kulturformen Chinas Du Mont 1993, Kapitel 1.

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Drei Schätze des Menschen in Raum und Zeit Dieser Prozess der Vereinigung der Drei wirkt sich räumlich und zeitlich aus, und betrifft auch den Prozess der Vergeistigung oder Bewusstwerdung des Menschen. Im Prozess der Bewusstwerdung begründet sich die Freiheit des Menschen. Ist der Geist inkarniert, kann der Mensch verstehen und nutzen, was ihm gegeben ist. Als Aufwärtsbewegung verläuft dieser Prozess in umgekehrter Richtung von Jing über Qi zu Shen4. In zunehmender Entmaterialisierung, auch „Weg des Himmels5“ genannt, vollzieht er sich von unten nach oben. Er beschreibt den Weg des Vergehens, aber auch Atem- und Bewegungstechniken, wie sie der Daoismus, der Konfuzianismus und der Buddhismus hervorgebracht haben. Im Qi Gong heißt es dazu: „Konzentrieren des Geistes trainiert das Qi; trainieren des Qi bringt Essenz hervor; Essenz wandelt sich durch Training in Qi; Qi wandelt sich durch Training in Geist (Shen).“6

4 Vgl. Udo Lorenzen, „Mikrokosmische Landschaften“: „Dieses Qi umfasst drei Ebenen, die vom Grobstofflichen Jing 經 ausgehend immer feiner werden (Qi 氣) und im immateriellen, sehr flüchtigen Shen 神 enden“. Seite 35 5 Vgl. Zhuangzi, Kap. 13: Der Weg des Himmels, Peter Firebrace, Daoism and Chinese Medicine, Handout TCM Kongress Rothenburg 1999, Übersetzung Ulla Blum: Der Weise ist nicht still, weil er der Ruhe bedarf, um still zu sein. Er ist still, weil die 10.000 Dinge nicht geeignet sind seinen Geist abzulenken. Das ist der Grund, warum er still ist. Das stille Wasser zeigt ein klares Bild von Bart und Augenbraue. Der Ruhe des stillen Wassers folgend, bietet uns dieses Bild ein Beispiel, die Wirkung des großen Zimmermanns zu bemessen. Wenn uns also das stille Wasser ein Bild von so großer Klarheit gibt, wie viel mehr tut dies der reine Geist. Der stille Geist des weisen Menschen ist der Spiegel von Himmel und Erde, die Klarheit über die 10.00 Dinge. Leerheit, Stille, Klarheit, Ruhe, Nicht-handeln, das ist die Ebene von Himmel und Erde und die Substanz für den Weg der Tugend. 6 Jiao Guorui, Qigong Yangsheng, ML-Verlag Uelzen, Seite 96

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③ und die Atmung - Ming Men, Atmung und Yuan-Qi Neben der Atmung sind es der Körper und die Vorstellungkraft, die wir im Qigong zu einer Kraft vereinen. Wollen wir etwas als lebendig erkennen, suchen wir das „Ein“ und „Aus“ der Atmung, denn Atem ist Leben. Im Menschen ist es Shen, der Geist des Himmels, der sich im Punkt Ming Men (Du Mai 4) ein erstes Mal mit der Form Jing verbindet, wodurch die Lebenskraft entsteht. Zusammen mit den Nieren, deren doppeltes Vorkommen als Feuer- und Wasser-Niere das Qi ohne Unterbrechung zwischen den beiden Pfeilern der Niere bewegt, ist die physische Repräsentanz dieser Kraft der Punkt Ming Men. Da sich zwei Kräfte nur als Spiralbewegung austauschen können, ist diese erste Bewegung des Lebens bereits verbunden mit der Geburt der Spiralkraft im Menschen. Als „Acht“ kommt die Bewegung wieder zurück zu ihrem Ursprung und wird so „unendlich“ oft wiederholbar, warum die liegende Acht, die Lemniskate das Zeichen für die Unendlichkeit ist.

Ming Men / Symbol in der Bewegung:

Die Geburt der Spiralbewegung: Alles ist doppelt vorhanden!

Zeit: zyklisch, und als Bewegung im Raum

In dieser Wechselbewegung entstehet das pulsierende Leben, und jeder flüssige Austausch, der damit verbunden ist. Als Einatmungsimpuls bleibt dieser Beginn des Lebens ein Leben lang an den Punkt Ming Men gebunden. Denn Ming Men ist:

Ming Men ist das „Tor der Atmung“, die Quelle des San Jiao, die Qi erzeugende Quelle (Yuan-Qi), die Wurzel der fünf Yin-Organe und der 12 Meridiane.7

Vor allem in der bewussten Übung verleiht die Vereinigung der 3 Schätze im Unteren Dantian dem Menschen Bewusstsein über sich selbst. Der achtsame Atem-Geist im Innern entsteht und kann erkennen, was zu einem bestimmten Moment in mir geschieht. Und ich lerne beobachten, wie ich was in einer bestimmten Übung tue.

7 vgl. Nanjing, Klassiker der schwierigen Fragen, Kap. 66

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Im Laufe der embryonalen Entwicklung wird das „ursprüngliche“ Tor des Lebens vom Körper verborgen und geschützt zum Zentrum des unteren Dantian, dem „geheimen Ursprung“ des Yuan-Qi. Im Unterbauch gelegen, steht es am Anfang und am Ende jeder Übung. Dahin zielt die Besinnung auf das Untere Dantian zu Beginn, und am Ende jeder Übung. Der innere Zugang zum Körper ist die Atmung. Sie macht das Lebenstor und alle anderen Körperbereiche überhaupt erst fühlbar.

Indem der Shen des Himmels zusammen mit dem Qi Einzug in den Körper hält, wird Ming Men der Ort, wo Geist (Shen) und Feinstoffe (Jing) zusammen hausen.

Manfred Kubny, Qi Lebenskraftkonzepte in China, Haug 1995

In der Übung macht man sich dies zunutze und reist – wie ein Surfer auf der Welle – auf dem Ein und Aus der Atmung, um die Innenräume wahrzunehmen. Durchdrungen vom Shen des Geistes wird es möglich, das Qi im Innern absichtsvoll zu nähren und den eigenen Körper auf allen Ebenen immer tiefer zu verstehen. oberes Bild: älteste Darstellung von Shen 神, Shen, Geist auf einem Töpferwerkzeug. Im erweiterten Sinn bedeutet Shen auch "Person", "Persönlichkeit" oder "Lebensspanne eines Körpers. aus Qi 2-2017: D. Herzer: Warum wird der Geist durch Emotion verletzt?

unten aus: Leslie de Vries, Historical Views on the Body in Chinese Medicine, TCM Kongress, Rothenburg 27-5-2017

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Dabei gibt es prinzipielle Übereinstimmungen in den traditionellen chinesischen Vorstellungen mit denen des indischen Yoga und der modernen Köperpsychotherapie.

vorne-hinten-Beziehungen innen-außen-Beziehungen

aus: Dr. John Pierrakos, Core Energetik, Synthesis-Verlag 1987

aus: Internnet