Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
-------------------------.-------------··- ----·-·---··---·---·-·---··
Bayerischer Landtag 4. Wahlperiode
Stenographischer Bericht
31. Sitzung am Dienstag, dem 20. Oktober 1959, 15 Uhr
in München
Geschäftliches . 878,889,896,897,903,904,906
Glückwunschtelegramme der Landtagspräsidenten aus Anlaß des Wechsels im Amt des Bundespräsidenten . 878
70. Geburtstag der Abg. Wolf und Piechl, 65. Geburtstag des Abg. Lindig und 60. Geburtstag des Abg. Greib
Nachrufe auf die ehern. Landtagsabgeordneten Maderer, Lutz, Herrmann Hans, Dr. Laforet und Herrmann Mathäus und· das ehern. Mitglied der Verfassungg1ebenden
878
Landesversammlung Fey 878
Sitzungsfolge . 879
Mündliche Anfragen gemäß § 78 GeschO
1. Kohlenabsatz im bayerischen Bergbau Rau (CSU) Staatsminister Dr. Schedl .
2. Zeitnaher Geschichtsunterricht sämtlichen Schulen Bayerns
Sauer (SPD) Staatsminister Dr. Maunz ..
3. Bau von Schwesternwohnheimen Dr. Soenning (CSU) Staatssekretär Junker .
4. Auslieferung Dr. Eiseles Essl (SPD) Staatssekretär Hartinger
Stenogr. Ber. d. Bayer. Landtags 1959 31. Sitz. (Slg.J
an
879 87!)
880 880
881 881
881 881
5. Durchführung des Landtagsbeschlusses vom 26. Juni 1956 betr. bevorzugte Beförderung von Diplominhabern der VerwaJtungsakademie
Stenglein (SPD) . 882 Staatssekretär Dr. Lippert 882
6. Parkverbote im Bereich des Forstamts Etzenricht
Dr. Schier (GB) 883 Staatsminister Dr. Hundhammer 883
7. Ablösurug des Coburg.er Staatsvertrags Förster (SPD) 883 Stellv. Ministerpräsident, Staatsminister
Dr. Eberhard ' 883
8. Gefahr von P:rieiserhöhungen durch die Einführung einer Heizölsteuer
Pöllath (BP) . 883 Staatsminister Dr. Schedl . 883
9. Änderung der Gemeindewahlordnung Kramer (SPD) Staatssekretär Junker
10. Hilfe für Treuchtlingen im Zug·der Rationalisierungsmaßnahmen der Bundesbahn
Drexler (SPD) Staatsminister Dr. Schedl
11. Besieitigung der Notunterkünfte in Landsberg am Lech
884 884
884 884
Prochazka (GB) 885 Staatsminister Stain 885
12. Rückgang der Schülerzahlen an den landwirtschaftlichen Berufsschulen
Kiene (SPD) · . 886 Staatsminister Dr. Maunz . 886
13. Anpassung der Einkommensgrenze des § 27 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes
Wolff (SPD) 886 Staatssekretär Junker 887
14. Gefährdung der Einzelhandelsbetriebe durch ausländische „Supermarkets"
Dr. Becher (GB) 887 Staatsminister Dr. Schedl . 887
15. Sperrung der Deutschen Alpenstraße bei Unterjettenberg wegen Holzbringungsarbeiten
Irlinger (SPD) Staatssekretär Junker
16. Eingemeindung der ausmärkischen Industriesiedlung Piding bei Bad Reichenhall
887 888
Gabert (SPD) 888 Staatssekretär Junker 888
17. Überhang an geprüften Hauptwachtmeistern bei der Bayer. Landpolizei
Dr. Wüllner (GB) . 888 Staatssekretär Junker 889
876 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1ß59
Antrag der Abg. Huber Ludwig, Dr. Held, Ramelsberge.L"·Und Dr .. Zdralek betr. Gesetz zur Änderung des. Gesetzes über das Apothekenwesen (Beil. 613)
. ~; - - . .
- Erste Lesung -
Beschluß
Entwurf ·eines Zweiten Gesetzes zur Zinsverbilligung fiir Darlehen zur Instandsetzung von, Kunstdenk'malen in nichtstaatli~em Besitz (Beil. 652)
- Erste Lesung ...,.-
Beschluß ·,·
Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland über einen Finanzausgleich zwischen den ' Rundfunkanstalten und die Koordinierung des ersten Fernsehprogramms (Beil. 653) ·
- Erste Lesung -
889
889 i
Beschluß 889
Entwurf eines Gesetzes über die Einmessung der Gebäudeveränderungen (Beil. 661)
- Erste Lesung -
Beschluß 889
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vergnügungssteuergesetzes (Beil. 665)
- Erste Lesung -
Beschluß 890
Entw.urf eines Gesetzes über die Leistungen des Staates für private Höhere Schulen und Mittelschulen (Privatschulleisti.mgsgesetz) - Beil. 701-
- Erste Lesung -Beschluß 890
Antrag der Abg. Dr. Schier, Dr. Becher, Dr. Wüllner, Kluge u. Frakt. betr. Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für Heimatvertriebene, Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge (Beil. 702)
- Erste Lesung . .,,..,...
Beschluß 890
Antrag des Abg. Dr. Hoegner u. Frakt. betr. .·.Gesetz zur Änderung des Gesetzes über
den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz) - Beil. 703 •-
- Erste Lesung -
Beschluß 890
Entwurf eines Bayer. Beamtengesetzes {Beil. 720) ~ Erste Lesung -
Staatsminister Dr. Eberhard 890
Beschluß 892
Dringlichkeitsantrag der Abg. Klughammer, Dr. ~erk, Dr. Heubl µ. Frakt. betr. Gesetz zur Anderung des Gemeindewahlgesetzes (Beil. 757)
- Erste Les1,mg -
Beschluß
Entwurf ·eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Ausführung des Kriegsge;fangenenentschädigungsgesetzes (Beil. 763)
„ - Erste Lesung -
Beschluß
Antrag der Abg. Dr. Ernst, Dr. Fischbacher u. Frakt. betr. Gesetz für eine Geschäftsord~ung für die Untersuchungsausschüsse des Bayer. Landtags (Beil. 764)
- Erste Lesung -
Beschluß . '
Antrag der Abg. Heinrich, Bezold u. Frakt. betr .. Gesetz zur Änderung des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes (Beil. 765)
- Erst•e Lesung -
892
892
Dr. Hoegner (SPD), z. Geschäftsordnung 892
Beschluß 892
Schreiben des Verfassungsger.ichtshofs betr; Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Art. 109 und 113 Bayer. Beamtengesetz vom 28. 10. 1946 (BayBS III S. 256)
·Bericht des Verfassungsausschusses· (Beil. 713)
Dr. Zdralek (SPD), Berichterstatter . 892
Beschluß 893
Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betr. Antrag der Frau Erna Herpich in Bayr.euth auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Ergänzungsverordnung über eine vorläufige Regelung der. Arbeitslosenunterstützung für den Winter 1946/47 vom 5.12. 1946
:Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 721)
Dr. Seidl (CSU), Berichterstatter 893
Beschluß · . 893
Schreiben des Verfassungsgerichtshofs. betr. Antrag des Obermedizinalrats Dr. Luxenberger, Gabersee, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Art. 4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. 7. 1957 (GVBI. S. 162)
Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 722) .
, Hanauer (CSU), Berichterstatter 894
Beschluß 894
Bayerischer Landtag .,..-- 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 877
Schreiben dei; Bundesverfassungsgerichts betr. verfassungsrechtliche Prüfung, ob § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. 6. 1884 (RGBI. S. 61) als Bundesrecht fortgilt
Bericht des Verfassungsaussw.1.usses (Beil. 723)
Bezold (FDP), Berichterstatter 894
Beschluß 895
Schreiben des Bundesverfassiungsgerichts betr. verfassungsrechtliche Prüfung des Art. 24 des Bayer. Kostengesetzes vom 17.
. 12. 1956 (GVBl. S. 361)
Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 724) '
Dr. Seid! (CSU), Berichterstatter 895
Beschluß 896
Schr·eiben des Verfassungsgerichtshofs betr. Antrag des Karl Englert, München, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit verschiedener Bestimmungen der Satzung der Bayer. Ärzteversorgung sowie des Art. 10 des Gesetzes über das öffentl. . Versiche..rungswesen
Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 771)
Dr. Zdralek (SPD), Berichterstatter
Beschluß
Schreiben des Präsidenten des Bayer. Obersten Rechnungshofs. betr. Rechnung des Obersten Rechnungshofs (Epl. 11) für das Rechnungsjahr 1956 (Beil. 67) ·
Bericht des Haushaltsausschusses (Beil. 748)
Kallenbach (FDP), Berichterstatter ·
Beschluß
Antrag der Abg. Hanauer und Röhrl betr. Umorganisation der Landpolizei in Großstationen (Beil. 554)
Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 712)
896
896
897
897
Huber Ludwig (CSU), Berichterstatter 897 Dr. Schweiger (BP) 898, 900 Staatssekretär Junker 899 Hanauer (CSU) 900 Falk (FDP) 901
Beschluß
Antrag der Abg. Dr. Hamm-Brücher betr. Vorlage eines neuen Waffengesetzes (Beil. 659)
Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 711)
901
Bezold (FDP), Berichterstatter 901
Beschluß
Anträge des Abg. Röhrl, der Abg. Dr. Hoegner, Irlinger U·. Frakt. und des Abg. Wim-
902
mer betr. Hilfsmaßnahmen für die Hochwassergeschädigten (Beil. 668, 669, 671)
Bericht des Haushaltsausschusses (Beil. 710)
Dr. Eisenmann (CSU), Berichterstatter 902
Beschluß 903
Antrag der Abg. Dr. Heubl, Winkler, Dr. Elsen, Röhrl u. Frakt., Dr. Becher, Riediger u. Frakt„ Kallenbach, Bezold u.. Frakt. betr. Umstellung des Haushaltsjahres auf das Kalenderjahr (Beil. 553)
Bericht des Haushaltsausschusses (Beil.. 753)
Zillibiller (CSU), Berichterstatter " 903
Beschluß 903
· Antrag des Abg. Werner u. a. betr. Unterrichtung der Volks- und Berufsschiiler über die Bedeutung der Bienenzucht (Beil. 179)
Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses (Beil. 707)
Bantele (BP), Berichterstatter 903
Beschluß 904
'\ Antrag der Ahg. Wolff und Hirsch' betr. Vor-
lage eines Ausbauplanes für ein Luft'\;erkehrsnetz in Bayern (Beil. 548)
Bericht des Wirtschaftsausschusses (Beil. 727)
Demeter (SPD), Berichterstatter
Beschluß
Anrtmg der Abg. Huber Ludwig und Dr. Heubl betr. Beschleunigung der Planungen zur Verbauung der Tiroler Ache (Beil. 611)
Bericht des Wirtschaftsausschusses (Beil. · 728)
Essl (SPD); Berichterstatter
904
904
904
Beschluß 605
Antrag der Abg. Weishäup[ und Soldmann betr. Maßnahmen zur Behebung der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer (Beil. 419)
Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Beil. 528)
Dr. Brentano-Hommeyer (BP), Bericht-erstatter · 905
Beschluß
Antrag der Abg. Dr. Hoegner, Weishäupl u. Frakt. betr. Errichtung von Auskunfts- und Beratungsstellen zur Betreuung der Versicherten (Beil. 566)
Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Beil. 714)
Groß (SPD), Berichterstatter·
Beschluß
Nächste Sitzung
905
906
906
906
878 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
J?eginn der Sitzung: 15 Uhr 1 Minute.
Präsident Dr. Ehard: Meine sehr verehrten Da-. men, meine Herren! Ich eröffne die 31. Vollsitzung
des Bayerischen Landtags und heiße Sie nach den Ferien zur ersten Vollversamm~ung hier im Hause herzlich willkommen. Die Liste der Entschuldigten gebe ich zu den Akten.*)
Sie haben in der Zwischenzeit schon eine Reihe von Ausschußsitzungen hinter sich, deren Ergebnisse ihren Niederschlag auch in der Tagesordnung gefunden haben. Ich darf Sie hier doppelt willkommen heißen, nachdem der Sitzungssaal neu hergerichtet worden ist. Sie sehen, wir haben einen Läufer durchziehen lassen, und ich hoffe, daß die Atmosphäre, so hell und schön sie ist, auch auf die
· AUJssprach:en des Hauses ausstrahlt.
In der Zwischenzeit war ein Ereignis, das für die Deutsche Bundesrepublik von besonderer Bedeutung ist. Ich glaube, wir sollten uns auch hier dessen einen Augenblick erinnern. Der Herr Bundespräsident, Professor Dr. He u s s , hat sein Amt niedergelegt und an seine Stelle ist der neugewählte Bundespräsident Dr. h. c. Heinrich L üb k e getreten.
Auf Einladung des Herrn Bundestagspräsidenten nahmen an der feierlichen Verabschiedung des
----··-·-··-······--· . _ _Herrn B:u_ndespräsidenten:F':rofesso.r: :Or._ Jievss. J1JJ.d der Vereidigung des Herrn :Sundespr!:isidenten Dr. Heinrich Lübke am 15. September 1959 fast sämtliche Präsidenten der Länderparlamente teil.
Namens der Landtagspräsidentenkonferenz hat der derzeitige Vorsitzende, der Herr Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, folgendes Telegramm an den Herrn Bundespräsidenten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf:
„Die Präsidenten der Parlamente der Deutschen Länder grüßen Sie namens ihrer Parlamente sowie persönlich sehr herzlich und danken Ihnen für Ihr vorbildliches und erfolgreiches Wirken an der. Spitze der jungen Deutschen Bundesrepublik. Sie wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und hoffen, daß nach Ihrem Ausscheiden aus Ihrem Amt das vertrauensvolle persönliche Verhältnis weiterbestehen möge.
Im Namen der Konferenz der Präsidenten
Henneberg, Präsident des Abgeordnetenhauses Berlin."
Ein weiteres Telegramm wurde an den neuen Bundespräsidenten, Herrn Dr. Heinrich Lübke, ger'ichtet: ··
Die Präsidenten der. Parlamente der Deut~chen Länder beglückwünschen Sie zur Über-
*) Nach Artikel 5 Absatz 2 des Aufwands1entschätdigungsges•etzes sind entschul!digt oder heurlaubt die Abgeoridneten Böhi;n, Haisch, von Knoer.ingen, Reichl und Wimmer.
nahme Ihres hohen Amtes und wünschen Ihnen den besten Erfolg und stetes persönliches Wohlergehen. Sie versichern Ihnen bei dieser Gelegenheit besonders gerne, daß sie jederzeit zu einer vertrauensvollen Unterstützung Ihrer Arbeit für das Wohl der Bundesrepublik bereit sind.
Im Namen der Konferenz der Präsidenten
Henneberg, Präsident des Abgeordnetenhauses Berlin."
Ich darf Sie bitten, davon Kenntnis zu nehmen. Ich glaube, es war angezeigt, sich auch in diesem Hohen Hause dieses Ereignisses zu erinnern.
Nun darf ich Ihnen noch einige erfreuliche Dinge mitteilen. Seit unserer letzten Vollsitzung konnten verschiedene Mitglieder dieses Hohen Hauses'einen besonderen Geburtstag feiern, und zwar:
Herr Abgeordneter Franz Wolf am 31. August seinen 70„
' (Beifall)
Herr Abgeordneter Karl Greib am 5. September seinen 60„
(Beifall)o
Herr Abgeordneter Josef Piechl am 14. September seinen 70„·
_ (Beif<i_ll) 1
Herr Abgeordneter Robert Lindig am 29. September seinen 65. Geburtstag.
(Beifall)
Ich habe allen Jubilaren bereits schriftliche Glückwünsche des Hohen Hauses u_nd meine persönlichen Wünsche übermittelt, möchte diese Glückwünsche aber heute vor dem Hohen Hause noch einmal aussprechen.
Zu meinem Bedauern muß ich mich auch einer traurigen Pflicht entledigen und Sie von dem Ableben einer Reihe von Abgeordneten in Kenntni:s setzen, die dem Bayeri:schen Landtag und der Ver-. fassunggebenden Landesversammlung angehört haben.
(Die Abgeordneten erheben sich)
Es verstarben:
am 5. Juli 1959 Herr Andreas Maderer, Mitglied dieses Hohen Hauses von 1946 bis 1950,
am 4. August 1959 Herr Hermann· Lutz, Bürgermeister von Oettingen. Er gehörte bereits 1919 dem Bayerischen Landtag an; seine Wiederwahl erfolgte für die Zeit von 1928 bis 1932; nach 1945 gehörte er dem BayerisChen Landtag von 1949 bis 1958.an.
Am 20. August 1959 verstarb Herr Hans Herrmann, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg und Mitglied des Bayerischen Landtags von 1954 bis 1958.
Verstorben ist am 14. September 1959 Herr Geheimrat Professor Dr. Wilhelm Laforet, Mitglied des Bayerischen Landtags von 1946 bis 1949.
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 879
(Präsident Dr. Ehard)
Am 30. September starb Herr Mathäus Henmann, Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung und des Bayerischen Landtags Ms 1949,
und am 2. Oktober 1959 der ehemalige Bürgermeister von Memmingen, Herr Georg Fey, Mitglied des Vorparlaments vom 26. Februar bi:s 30. Juni 1946 und der Verfassunggebenden Landesversammlung vom 15. Juli bis 30. November 1946.
Alle Verstorbenen haben sich stets mit ihrer ganzen Kraft ihren parlamentarischen Aufgaben
·gewidmet. Ihre Tätigkeit in den Ausschüssen, in die sie durch ihre Fraktionen berufen wurden, war immer auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet und brachte ihnen Achtung und Anerkennung weit über die Grenzen ihrer. Fraktion hinaus ein. Wir werden ihnen stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Den Angehörigen habe ich bereits schriftlich das Beileid des Hohen Hauses ausgesprochen.
Sie haben sich zum Gedenken der Verstorbenen von Ihren Plätz'en erhoben; ich danke Ihnen.
Sie haben die T a g e s o r d n u n g vor ·Sich; sie ist vom Ältestenrat in dieser Form bereits genehmigt. Ich nehme an, daß eine Erinnerung dagegen nicht erhoben wird. Es wird Ihnen soeben eine Nachtragstagesordnung auf den Tisch gelegt. Ich bitte Sie um die Genehmigung, auch diese Nachtragstagesordnung mit abzuwickeln.
Ich darf Ihnen außerdem noch die Sitzungsfolge mitteilen, wie ·sie der Ältestenrat vorläufig festgelegt hat:
Wir haben jetzt in dieser Woche Plenarsitzungen und im Anschluß daran Ausschußsitzungen bis zum 31. Oktober, in der Woche· vom 2. November bis 7. November und in der Woche vom 9. bis 14. November wieder Ausschußsitzungen. Die Woche vom 16. bis 21. November soll sitzungsfrei sein. In der Woche vom 23. bis 28. November sind vom Dienstagnachmittag ab wieder Plenarsitzungen. Dann folgen bis zum 5. Dezember und in der Woche vom
.7. bis 12. Dezember Ausschußsitzungen und in der Woche vom 14. bis 19. Dezember wieder Plenarsitzungen. Anschli~ßend daran sollen bis 10. Januar 1960 Weihnachtsferien sein. Sie werden diese Sitzungsfolge auch auf den Tisch gelegt bekommen.
Was den A b 1 a u f der T a g e s o r d n u n g anlangt, so beginnen wir zunächst mit den mündlichen Anfragen. Ich schlage vor, daß wir dann die ersten Lesungen und anschließend die verschiedenen Verfassungsklagen erledigen, dann vielleicht da:s eine oder andere, was noch zum Abschluß gebracht werden kann. Ich schlage weiter vor, daß wir die zweite und· dritte Lesung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften für morgen um 9 Uhr ansetzen. Es wird keinen Zweck haben, heute noch damit anzufangen. - Ich nehme Ihr Einverständnis damit an.
2
Ich .rufe auf Pu n k t 1 der Tagesordnung:
Mündliche Anfragen gemäß § 78 der Geschäftsordnung
Erster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Rau.
Rau (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an den Herrn Wirtschaftsminister.
Wie beurteilt der Herr Wirtschaftsminister die derzeitige Lage im bayerischen Kohlenbergbau und welche Maßnahmen sind getroffen, um den Kohlenabsatz zu lenken?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.
Staatsminister Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Lage bei der bayerischen Pechkohle ist dadurch gekennzeichnet, daß Ende September bei den Gruben Hausham und Penzberg der Oberbayerischen Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau insgesamt 41 000 Tonnen Kohle der Hausbrandsorten und 15 000 Tonnen Kohle der Industriesorten auf Halde lagen.
Die Gründe für die Haldenbildung sind bei den Hausbrandsorten vor allen· Dingen der vergangene besonders milde Winter und die Tatsache, daß die auf Halde liegenden 30 000 Tonnen der Grube Penzberg infolge der Flözzusammensetzung nicht gerne auf Vorrat gelegt, sondern erst im Augenblick des Bedarfs abgerufen werden.
Auf Grund der vorliegenden Aufträge ist damit zu rechnen, daß bis zum Jahresende ein erheblicher Teil der Bestände an Industriekohle· der Gruben Hausham und Penzberg verkauft sein wird. Das gleiche gilt für die Hausbrandsorten in Hausham sowie für die Hausbrandsorten in Penzberg mit Ausnahme der Sorte Nuß III, von der rund 18 000 Tonnen auf Halde liegen. Für diese Sorte sind Absatzmöglichkeiten zur Zeit nicht zu sehen. Die Grube beabsichtigt daher, die 1959 begonnene Drosselung der Förderung im Jahre 1960 beizubehalten, und hat vor kurzem 35 Mann entlassen, die ohne Schwierigkeiten von der Wirtschaft aufgenommen worden sind. Das gleiche gilt für die 25 Mann, die in Hausham zum selben Zeitpunkt entlassen worden sind. Die natürlichen Abgänge durch Pensionierung werden nicht durch Neueinstellungen ausgeglichen, so daß sich bis zum Jahresende die Gesamtbelegschaft um rund 100 Personen verringern wird.
Der weiteren Anpassung an ·die Marktverhältnisse dient die Brikettfabrik in Hausham, die gerade gebaut wird und mit deren voller Produktion im nächsten Herbst zu rechnen ist. Für die dort aus Feinkohle hergestellten Eierbriketts wird bei der Kleinindustrl.e und beim Kleingewerbe günstige Aufnahme erwartet.
Außerdem wird zur Zeit geprüft, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, sowohl in Hausham als auch in Penzberg Kraftwerke zu errichten, in denen
880 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Staatsminister Dr. Schedl)
nicht absatzfähige Kohle an Ort und Stelle mit. wirtschaftlichem Erfolg zur Stromerzeugung ausgenutzt werden kann.
Bei den Gruben Peißenberg-Peiting der Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke Aktiengesellschaft lagen Anfang September rund 13 000 Tonnen auf Halde. Bei diesen Halden handelt es sich ausschließlich um , Feinkohle, deren Absatz zwar schwierig ist; doch rechnet die Grubenverwalturig damit, auch diese Kohle nach und nach auf dem Markt unterbringen zu können. Bei den Hausbrandsorten besteht nicht nur kein Absatzmangel, sondern ein Bedarf, der mit den Liefermöglichkeiten nur schwer in Einklang zu bringen ist .
. Auf lange Sicht wird aber auch für Peißenberg die Frage zu erwägen sein, ob nicht durch eine verstärkte Stromerzeugung aus den Mittelprodukten und den weniger gängigen Sorten das erforderliche Gleichgewicht im Absatz erhalten werden kann.
Ganz allgemein darf ich noch darauf hinweisen, daß die Bayerische Staatsregierung durch die Hergabe zinsverbilligter Darlehen zur Errichtung oder zum Umbau von Feuerungsanlagen den Verbrauch an heimischen Brennstoffen unmittelbar gefördert hat. Für die Pechkohle sind bis jetzt insgesamt
___________ lii1Q_PQD'.J2M_ a:y.fgey.re.11detworden _und ... damit. der. Absatz von rund 43 000 Tonnen oberbayerischer Pechkohle jäh~lich gebunden. Im laufenden Haushaltsjahr stehen noch 600 000 DM bereit, die einen Verbrauch von weiteren 20 OOÖ Tonnen Kohle im J i:ihr sichern können.
Vom bayerischen Braunkohlenbergbau und vom Bergwerk Stockheim wurden in letzter Zeit Ab:.. satzschwierigkeiten nicht berichtet.
Ich werde die Entwicklung im bayerischen Kohlenbergbau mit größter Aufmerksamkeit verfolgen und den bayerischen Bergbau mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln weiter fördern.
Präsident Dr. Ehard.: Der nächste Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Sauer.
~Sauer (SPD): Herr Präsident, meine Damen und erren! Meine Anfrage betrifft den Geschichtsnterricht an sämtlichen Schulen Bayerns. ,
„Hitler und Ulbricht" betitelte sich die aufsehenrregende Sendung, die das westdeutsche Fern
sehen Ende April über die Bildschirme gehen ließ.
Bei der Befragung von 50' Jungen und Mädchen aus 12 Ober- und Abschlußklassen der Bundesrepublik mußte man die bedauerliche Feststellung machen, daß den Schülern die elementarsten zusammenhänge der neueren Zeitgeschichte unbekannt sind. Hitler wurde u. a. als Erbauer der Autobahnen, als genialer Beseitiger der Arbeitslosigkeit genannt. Von den schweren Verbrechen dieses Regimes wußten sie nichts zu berichten.
Laut Beschluß des Bayerischen Landtages liegt die Verpflichtung vor, im Geschichtsunterricht eine
gründlichere Darlegung der Geschichte des 20. Jahrhunderts den Schülern zu vermitteln.
Meine Anfrage richtet sich daher ·an den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus:
1. Hat das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Überprüfling vorgenommen, oh auch tatsächlich im Geschichtsunterricht den Schülern die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts gelehrt wird?
2. Wenn nicht, was gedenkt das Staatsministerium für Unterricht und Kultus für die Zukunft in diesem Falle zu tun?
Präsident ·Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus.
Staatsminister Dr. Maunz: Herr Präsident, Hohes Haus! Das Kultusministerium hat am 17. Februar 1959 einen neuen Stoffplan für Geschichte an den Höheren Schulen in Bayern verkündet; er ist im Kultusministerialamtsblatt 1959 Nr. 3 abgedruckt. Eines der Hauptziele dieses Planes ist es, den Schulen die Behandlung der Zeitgeschichte zur Pflicht zu machen und die entscheidenden Themen dafür zu benennen. Da die Arbeit nach den neuen Grundsätzen der Stoffverteilung in den Schulen erst seit kurzem vor sich geht, können naturgemäß Ergebnisse darüber noch nicht vorliegen.
--- - ·- ·~----· -·- Bayerfr ist aber auch schon in den vergangenen
Jahren bemüht gewesen, -der Zeitgeschichte eine eingehende Behandlung in den Höheren Schulen angedeihen zu lassen. Um einen Einblick zu erhalten, wie weit der Geschichtsunterri~t in den einschlägigen Klassen an die Gegenwart herangekommen ist, wurde im Jahre 1958 in 50 Schulen, 19591 in 70 Schulen mit dem Stichtag 10. März eine Erhebung durchgeführt. Das Ergebnis zeigte für das Jahr 1959, daß zwei Drittel der befragten Schulen in der Behandlung des Geschichtsstoffes bereits über den 1. Weltkrieg hinausgekommen waren, obwohl noeh gut vier Monate bis zum Schulschluß für die Behandlung der Zeit nach 1918 zur Verfügung standen. Es darf angenommen werden, daß eine Überprüfung des Unterrichts auf Grund des neuen Stoffplanes noch erheblich positiver ausfallen , wird.
Die Ministerialbeauftragten für das Höhere Schulwesen sind angewiesen, bei Schulbesichtigungen dem Geschichtsunterricht in der 5., 6. und 9. Klasse der Höheren Schulen, in denen Zeitgeschichte behandelt wird, ihr besonderes Augenmerk zu widmen und dabei jedesmal festzustellen, ob tatsächlich den Schülern die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts eindringlich gelehrt wird. Außerdem wird das Kultusministerium im Frühjahr 1960 erneut durch eine allgemeine Erhebung feststellen, wie eindringlich und mit welchen Ergebnissen der Unterricht in Zeitgeschichte durchgeführt worden ist.
Für die bayerischen Mittelschulen wird noch im Herbst dieses Jahres ein neuer Lehrplan veröffentlicht werden,· in dem der Zeitgeschichte erheblich mehr Raum gegeben wir-d a1s bish-er; der Ge-
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 881
(Staatsminister Dr. Maunz)
schichtsunterricht des ganzen 4. Schuljahres ist darin der „neuesten Zeit" vorbehalten. Die Überprüfung der Ergebnisse in der praktischen Arbeit der Schulen wird in ähnlicher Weise durchgeführt werden wie in den Höheren Schulen.
Auch in der Volksschule ist der Geschichtsunterricht eines ganzen Schuljahres der neueren· und neuesten Geschichte gewidmet. Die enge Verbindung des Geschichtsunterrichts mit dem sozialkundlichen Unterricht gibt dem Lehrer gute Möglichkeiten, das Verständnis für die Zeitgeschichte zu wecken.
Die Ansichten der Jugendlichen über die Zeit des sogenannten Dritten Reiches werden nicht nur von der Schule geprägt, sondern auch durch mannigfache außerschulische Einflüsse. Was im Elternhaus, im Kameradenkreis und da und dort in der Öffentlichkeit gesprochen und gelesen wird, trägt erfahrungsgemäß oft stärker zur Meinungsbildung bei als die sachliche Aufklärung durch die Schule. Die Schulen bemühen sich aber nachdrüCklich, das richtige Bild über diese Zeit zu vermitteln.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Soenni.ng.
Dr. Soe1nning (CSU): Herr Präsident, meine sehr ver·ehrten Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an den Herrn Innenminister.
Eine Zusammenstellung der Förderungsmittel zur Sanierung des Krankenhauswesens ergab, daß einige Bundesländer von den Darlehensmitteln, die sie für .den sozialen Wohnungsbau erhalten, von ~ornherein einen Betrag für den Bau von Schwesternwohnheimen abspalten. In Bayern können Schwesternwohnheime nur dann mit Förderungsmitteln gebaut werden, wenn die Gemeinden aus den ihnen zugewiesenen Mitteln für den . sozialen Wohnungsbau dafür Einzelbeträge abzweigen.
Ich frage den Herrn Innenminister, wieviel Schwesternwohnräume bisher in Bayern durch Förderung aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaues erstellt worden sind und ob die bayerische Regelung genügt, um baldigst die .dringendst notwendigen Wohnräume für Krankenschwestern zu schaffen.
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär vom Staatsministerium des Innern.
Staatssekretär Junker: H'err Präsident, Hohes Haus! Die Antwort ge·staltet sich wie folgt:
Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat es sich seit Jahren angelegen sein lassen, den Bau von Schwesternwohnheimen in Verbindung mit Krankenanstalten mit Mitteln des öffentlicli geförderten Wohnungsbaues zu unterstützen. Die erforderlichen Mittel sind jeweils gemäß § 30 Absatz 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes zweckgebunden worden. Allein in den letzten drei Jahren wurden ohne die der Alt~rsversoFgung der
Schwestern dienenden Wohnheime in Bayern gefördert 2448 Wohnplätze mit 3 066 000 DM Landesmföeln und 2 563 000 DM Bundesmitteln. Darüber hinaus hat das Bayerische Staatsministerium des Innern alis Mitteln der allgemeinen Wohlfahrtspflege für drei Schwesternwohnheime Zuschüsse in Höhe von 160 000 DM und Darlehen in Höhe vom. 20 000 DM bereitgestellt.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern ist der Auffassung, daß bei der bisherigen Regelung der dringendste Bedarf im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Wohnungsbaumittel am ehesten befriedigt werden kann. Die nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz für solche Zwecke erforderlichen Bindungen können auf den jeweils anfallenden Bedarf nach Maßgabe der insgesamt zm Verfügung stehenden Mittel, unabhängig von der Höhe eines abgezweigten Betrages abgestellt wel'den. Das Bayerische Staatsministerium des Innern sieht deshalb - und auch der Folgen wegen - bewußt davon ab, für solche Zwecke Sondermittel von den im Verhältnis zum Gesamtbedarf beschränkten Wohnungsbaumitte.In abzuzweigen. Erfahrungsgemäß würde eine derartige Töpfchenwirtschaft zu einer Verzettelung und Aufspaltung der Mittel zum Nachteil sowohl der Hauptaufgabe, der Beseitigung der Wohnungsnot nämlich, wie auch der speziellen Aufgabe, der Beschaffung von Wohnraum für Schwestern, führen:
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Essl.
Essl (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage, die sich an die Bayerische Staatsregierung richtet, ist kurz und hat folgenden
. Wortlaut:
Was hat die Bayerische Staatsregierung im •einzelnen unternommen, um die Auslieferung Eiseles zu erreichen?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär vom Staatsmini~terium der Justiz.
Staatssekretär Hartinger: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anfrage des Herrn Abgeordn·eten beant\x.rorte ich wie folgt:
Am 10. Juli 1958 wurde das Bayerische Staatsministerium der Justiz unterrichtet, daß sich Dr. Eisele in Kairo aufhalte. Noch am gleichen Tage wurde der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München beauftragt, die erforderlichen Auslieferungsunterlagen vorzulegen. Dieser wiederum hat alsbald veranlaßt, daß Interpol Kairo telegraphisch um die Festnahme des Dr. Eisele ersucht wurde.
Die Auslieferungsunterlagen gingen am 24. Juli 1958 beim Staatsministerium der Justiz ein. Es handelte sich dabei um einen Haftbefehl vom 22. Juli 1958 wegen vier Verbrechen des Mordes und um umfangreiche Beweisunterlagen, weil von den ägyptischen Behörden in Auslieferungsfällen der Schuldverdacht nachgeprüft wird. Am 25. Juli 1958 wurden die AuslteferungSIUilterl·agen durch Eil-
882 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktbbe'r 1959
(Staatssekretär Hartinger)
boten .dem zur, Stellung des Auslieferungsersuchens zuständigen Bundesminister der Justiz zugeleitet, der i:rh Benehmen mit dem Auswärtigen Amt veranlaßt hat, daß die ägyptische Regierung auf dem . diplomatischen Weg um die Auslieferung des Dr. Eisele ersucht wurde. -
Mit Schreiben vom·· 18. August 1958 hat das Staatsministerium der Justiz dem Bundesminister der Justiz auf Grund weiterer Ermittlungen einen Ergänzungshaftbefehl vom 7. August 1958 wegen sechs weiterer Verbrechen des Mordes saxrit Be-' weisunterlagen und Übersetzungen übersandt. Der Bundesminister der Justiz hat veranlaßt, daß die ägypti•sche Regierung auch wegen dieser Straftaten um die Auslieferung des Dr. Ei>sele ersucht wurde. - ·
Mit Schreiben vom 20. Oktober 1958 teilte der Bundesminl.ster der Justiz mit, die ägyptische Regierung habe die Auslieferung mit der Begründung abgelehnt, daß die Dr, Eisele zur Last gelegten im Jahr:e 1941 begangenen Straftaten nach ägyptischem Recht bereits verjährt seien. Eine zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung war innerhalb der Verjährungszeit, die nach ägyptischem Recht nur zehn Jahre beträgt, gegen Dr. Eisele nicht vorgenommen worden.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1958, das beim Staatsministerium der Justiz am 27. Oktober 1958 einging, teilte der Bundesminister der JustiZ mit, daß es nach ägyptischem Recht ·zur Unterbrechung der Verjährung ausreiche, wenn gegen irgendeinen anderen, der an den dem Dr. Eisele zur Last liegenden Straftaten 'beteiligt gewesen sei, eine zur Unterbrechung der V:erjährung geeignete Maßnahme vorgenommen worden sei. Auf Grund dieser Mitteilung wurde der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München mit Entschließung vom · 4. November 1958 angewiesen, alle einschlägigen Verfahren darauf überprüfen zu lassen, ob vor 1951 eine solche Unterbrechungshandlung vorgenommen wol'd!en ·sei. Diese Überprüfung, über deren Ergebnisse wiederholt mit dem J?Undesminister der Justiz korrespondiert wurde, hat bis
_ jetzt zu keinem positiven Ergebnis geführt. Die Einvernahmen einiger im Ausland wohnhafter Zeugen, von de!len Aussagen sachdienliche Aufschlüsse erwartet werden, stehen allerdings noch aus. Sollten sich dabei brauchbare Gesichtspunkte ergeben, so wird die Auslieferung alsbald weiter betrieben werden.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Stenglein.
Stenglein (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vom 26. Juni 1956 besteht ein Landtagsbeschlllß, der folgendermaßen lautet: '
Verwaltungsdiplominhaber mit entsprechender ·dienstlicher Qualifikation sind auf Grund ihrer exworbenen Kenntnisse und zum Bew~is ihrer praktischen Befähigung bei nächster Ge-
legenheit in eine Stelle zu versetzen, in der eirre Bewährung und Beförderung möglich ist.
Ich frage die Bayerische Staatsregierung: Inwieweit wurde der vorliegende Landtagsbeschluß vq.11-zogen? Insbesondere: In welchem Ausmaß wurden die Diplominhaber tatsächlich gefördert?
Präsident Dr. Eha.rd: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsminfaterium der Finanzen.
Staatssekretär Dr. Lippert: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Staatsministerium der Finanzen hat den Beschluß des Bayerischen Landtags vom 26. Juni 1956 mit Bekanntmachung vom
' 24. Juli l956 im Bayerischen Staatsanzeige'r Nr. 46 veröffentlicht. Die obersten Dienstbehörden im staatlichen Bereich und deren nachgeordnete Dienststellen wurden dabei ersucht, die Grundsätze des Beschlusses des Bayerischen Landtags zu beachten; den Gemeinden und Gemeindeverbänden und den sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts wurde empfohlen, in ihrem Bereich in gleicher Weise zu verfahren. Damit ist im staatlichen Bereich allen Behörden die Beachtung des Beschlus.,. ses des Bayerischen Landtags zur Pflicht gemacht worden.
Die Förderung der Diplominhaber im Einzelfall ist_ abhängig von ihrer jeweiligen die!J.stlichen Beurteilung. Unterlagen, über die Zahl der geförderten Diplominhaber iil der Staatsverwaltung liegen nicht vor. Sie wären nu_r durch umfangreiche und zeitraubende. Erhebungen zu beschaffen.
(Abg. Stenglein: Eine Zusatzfrage!)
Prqsident •Dr.· Ehard: - Zu einer Zusatzfrage, bitte!
Stenglein (SPD): Ich möchte folgende Zu -s atz f r a g e stellen. Wenn es schon nur auf Grund umfangreicher Statistiken und sonstiger Erhebungen möglich ist festzustellen, daß die Diplominhaber gefördert werden, besteht dann überhaupt die Möglichkeit festzustellen, daß sie gefördert werden?
Staatssekretär Dr. Lippert: Diese Frage möchte ich folgendermaßen l;)eantworten:
Ich glaube, daß in Zukunft die Möglichkeit gegeben ist, daß wir uns von den Förderungen und Beförderungen von Diplominhabern berichten lassen. Ich darf noch hinzufügen, daß die Interessen der Diplominhaber im Finanzministerium gut aufgehoben sind. Ich habe selbst im Landtag vor Jahren schon einmal den Antrag gestellt, im Interesse der Diplominhaber die Laufbahnvorschriften zu ändern. Lej.der bin ich damals nicht durchgedrungen. Ich werde gern Ihre Anfrage und die weiteten Interessen der Diplominhaber im Auge behalten.
Präsident D.r. Ehard: Nächster Fragesteller ist c;ler Herr Abgeordnete Dr. Schier.
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 883
Dr. Schier (GB): Zwischen Dürnast und Röthenbach in der nördlichen Oberpfalz liegt ein schöner Waldsee. Infolge geringer Breite der zu ihm führenden Wege und infolge des Mangels an Parkmöglichkeiten parken die Kraftfahrzeuge seiner zahlreichen Besucher in den angrenzenden stillgelegten Sandgruben und auf den Wegabzweigungen. Obwohl das niemand stört und niemandem schadet, pflegt das Forstamt Etzenricht die Fahrze:uge ausnahmslos aufzuschreiben und den Besitzer anzuzeigen. Die Folge sind Strafbefehle der Gerichte. Selbst aber trägt das Forstamt nicht das geringste bei, Parkmöglichkeiten nach seinen Plänen zu schaffen.
Da dieses unverständliche, dem Fremdenverkehr feindliche Verhalten und schlechte Beispiel einer staatlichen Behörde erhebliches Ärgernis und eine überflüssige abfällige Kritik unter der Bevölkerung hervorruft, frage ich den Herrn Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ob 1er geneigt ist, ein solches Verhalten des Forstamtes Etzenricht und ähnlicher ebenso handelnder Forstämter abzustellen.
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Staatsminister Dr. Dr. Hundhammer: Herr Präsident, Hohes Haus! Bei dem in der Anfrage erwähnten Waldsee handelt es sich um einen. in Privatbesitz befindlichen größeren Karpfenteich, nicht um ein öffentliches Gewässer. Der Eigentümer desselben weist durch eine Verbotstafel darauf hin, daß dort das Baden und auf seinem anschließenden Grundstück auch das Parken verboten sei. Wenn trotz dieses vom privaten Eigentümer ausgesprochenen Verbotes dort zeitweise ein beachtlicher Badebetrieb herrschte, so bestand angesichts der geschilderten Sachlage für die Forstverwaltung noch kein begründeter Anlaß, auch noch eigene Parkmöglichkeiten dort zu schaffen.
Auch die in der Anfrage erwähnte nahegelegene stillgelegte Sandgrube befindet sich in Privatbesitz. Die Sperl'llng der in Frage kommenden Forstwege für Kraftfahrzeuge ist erfolgt durch die zuständigen Behörden, nicht durch die Forstverwaltung. Ein Parkverbot auf den schmalen Wegen erwies sich als notwendig, weil angesichts der mit dem starken Ausflugsverkehr bei der trockenen Witterung des heurigen Jahres verbundenen Waldbrandgefahr die Zufahrt für Löschfahrzeuge offengehalten werden mußte.
Sollte das zur Diskussion stehende Gewässer als Badegelände vom Eigentümer freigegeben werden, würden für die Forstbehörden bezüglich der Schaffung von Parkmöglichkeiten andere Vornussietzurn.gen gegeben sein und die Angelegenheit in entgegenkommendem Sinne überprüft werden.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Förster.
3
Förster (SPD): Hohes Haus! Meine Anfrage richtet sich an die Staatsregierung.
In der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 25. September 1959 wurde anläßlich der Beratung der Rechnungsprüfung die Frage einer eventuellen Ablösung des Coburger Staatsvertrages debattiert.
Ich frage die Staatsregierung:
1. Ist eine Ablösung des Staatsvertrags zwischen Coburg und Bayern beabsichtigt?
2. Sind schon ~ntsprechende Verhandlungen, auch über Teilbereiche, eingeleitet?
Präsident Dr. Eha,rd: Es antwortet der Herr Staatsminister der Finanzen.
SteHv. Ministerpräsident, Staatsminister Dr. Eberhard: Hohes Haus! Die Staatsregierung beabsichtigt von sich aus derzeit nicht, in generelle Verhandlungen über eine Neugestaltung der durch den Coburger Staatsvertrag geschaffenen Verhältnisse einzutreten.
Soweit über den Teilbereich Krankenhausverband Coburg bereits seit einiger Zeit Verhandlungen geführt werden, haben diese ihre Grundlage in dem Gesetz über die Bildung des Krankenhausverbandes Coburg vom 27. August 1921 selbst, das eine Ablösung der staatlichen Verpflichtungen ausdrücklich vorsieht. Rechte des Krankenhausverbandes können demzufolge nicht beeinträchtigt werden.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Pöllath.
Pöllath (BP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an die Bayerische Staatsregierung.
Wie durch Presse und Rundfunk bekannt wurde, hat die Bundesregierung am 16. September 1959 beschlossen, eine erhöhte Steuer für Heizöl - je Tonne von 30 DM - einzuführen. Von dieser neuen steuerlichen Belastung werden große Teile der bayerischen Bevölkerung betroffen.
Ich frage daher: Ist die Bayerische Staatsregieru~g bereit, im Bundesrat die Initiative zu ergreifen, um eine Preiserhöhung auf diesem Gebiet zu verhindern?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und.Verkehr.
Staatsminister Dr. Schedl: Herr Präsident, Hohes Haus! Lange bevor der vom Herrn Frag·esteller angesprochene Gesetzentwurf von der Bundesregierung vorgelegt wurde, habe ich bereits mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister sowie mit dem Bundeswirtschaftsministerium Verhandlungen und mit den beteiligten Wirtschaftskreisen Besprechungen über das Problem der Einführung einer Ausgleichsabgabe auf Heizöl bzw. der Wiederbesteuerung von Heizöl geführt. Als er-
-
884 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung; Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Staatsminister Dr. Schedl)
stes Ergebnis wurde erreicht, daß die ursprünglich geplante Verordnung zur Einführung einer Ausgleichsabgabe nicht erlassen wurde.
Nunmehr ist ein Gesetzentwurf der Bundesregieruµg z:ur ÄnderuDJg des Mineralölsteuergesetzes dem Bundesrat vorgelegt und in dessen Wirtschaftsausschuß mit 7 Stimmen - darunter die Stimme Bayerns - gegen 3 Stimmen abgelehnt worden. Allerdings muß ich darauf aufmerksam machen, daß dieser Gesetzentwurf nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Selbstverständlich werde ich. meine Bemühungen fortsetzen, eine Verteuerung des Heizöles. zu verhindern, weil durch die vorgesehene Steuer die Wettbewerbsfähigkeit gerade der bayerischen Wirtschaft, die schon jetzt die höchsten Energiekosten des Bundesgebietes zu tragen hat, besonders empfindlich getroffen würde.
Im übrigen hat der Ministerrat heute beschlossen, die fragliche Gesetzesvorlage im Bundesrat abzulehnen.
Abschließend darf ich bemerken, daß die Bayerische Staatsregierung in Übereinstimmung mit der bayerischen Wirtschaft bereit ist, einem im Interesse der gesamten Energiewirtschaft notwendigen
------- .-Opfer-~-zur Überwindung- der Strukturkrise im Kohlenbergbau zuzustimmen.
Präsident Dr . .Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Kramer.
Kramer (SPD): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Anfrage richtet sich an das Staatsministerium des Innern.
Der Bayerische Ministerrat hat in seiner Sitzung vom 29. September 1959 einen vom Innenministe".' rium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes zm; Änderung der Gemeindewahlordnung dem Senat zur gutachtlichen Äußerung zugeleitet.
Ich frage den Herrn Staatssekretär im Staatsministerium des Innern, ob diese Änderung schon für die kommende Wahl 1960 Gesetzeskraft erhalten soll oder für einen späteren Zeitpunkt.
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.
Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Anfrage des Herrn Abgeordneten K.ra-mer beantworte ich wie folgt: ·
Wie aus dem Zuleitungsschreiben des Herrn Bayerischen Ministerpräsidenten an den Herrn Präsidenten des Bayerischen Sena:ts vom 2. Ok.:. tober 1959 hervorgeht, soll das in der Anfrage genannte Gesetz noch vor den kommenden allgemeinen Kommunalwahlen verabschiedet werden. Die Änderungsbestimmungen des Gesetzes sollen also bereits für die kommenden Kommunalwahlen am 20. März 1960 gelten.
Dies setzt allerdings voraus, daß wegen der rund 2 Monate betragenden Wahlvorbereitungen und der gleichzeitig notwendigen Änderungen der Gemeindewahlordnung der Bayerische Landtag den Gesetzentwurf rechtzeitig verabschiedet.
(Abg. Dr. Hoegner: Erst müssen wir ihn haben! - Heiterkeit)
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der ·:Herr Abgeordnete Drexler.
Drexler (SPD): Hefr Präsident, meine Damen und Herren! Im Zuge der Rationalisierung und Elektrifizierung der Bundesbahn - Maßnahmen, die selbstverständlich bejaht werden - zeichnen sich besondere Härten für das ausgesprochene Eisenbahnerstädtchen Treuchtlingen ab, das we-
. nig Ausweichmöglichkeiten wirtsChaftlicher Art besitzt.
Ich frage daher den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenkt, um
1. auch bei einer elektrifizierten Bahn notwendige technische Betriebe für Treuchtlingen vorsehen zu lassen,
2. eventuell erforderliche andere Wirtschaftsmög-lichkeiten für Treuchtlingen zu schaffen.
--Ich-·erwarte die Einbeziehung deF--Stadt in--entsprechende Wirtschaftsförderungsprogramme des Landes und Bundes und frage daher, ob eine solche Einbeziehung, vorgesehen ist oder noch vorgesehen wird.
P,räsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.
Staatsmini"ster Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beehre mich, auf die. Anfrage des Herrn Abgeordneten Drexler wie folgt zu antworten:
1. Nach Abschluß der Elektrifizierung der Strekken Dachau-Ingolstadt, Ingolstadt-Treuchtlingen und Treuchtlingen-Änsbach~Würzburg, nach Auffassung der Bundesbahn also in etwa 5 bis 6 Jahren, ist für Treuchtlingen eine Außenstelle des Bahnbetriebswerks lngolstad,t mit 123 zur Wartung der elektrischen Lokomotiven notwendigen Dienstkräften sowie eine zu bildende Fahrleitungskolonne mit 25 Beschäftigten vorgesehen. Darüber hinaus hat sich die Deutsche Bundesbahn bereit erklärt, die freiwerdenden Gebäude des heutigen Bahnbetriebswerkes Treuchtlingen an Interessenten zu verkaufen oder zu verpachten.
2. Die Landesplanung bemüht sich mit besonderem Nachdruck, Industriebetriebe zu einer Niederlassung in Treuchtlingen zu veranlassen. Treuchtlingen wird von der Bezirksplanungsstelle bei der Regierung von Mittelfranken bei einer Neuansiedlung von Betrieben mit überwiegend Männerbeschäftigung an erster Stelle als Standort benannt. Zwar sind diesbezügliche Bemühungen bei verschiedenen Firmen erfolglos geblieben, jedoch
- ·-----.--------------
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 885
(Staatsminister Dr. Schedl)
werden zur Zeit aussichtsreiche Verhandlungen wegen einer Betriebsverlagerung nach. Treuchtlingen geführt.
3. Treuchtlingen wurde im Hi.m:bllck auf .seine besondere wirtschaftliche Situation bereits 1958 in das Programm zur Förderung der sogenannten „unterentwickelten Gebiete außerhalb der Sanierungs- und Ostrandgebiete" aufgenommen. Die Stadt erhielt im vergangenen Jahr zur Erschließung eines Industriegeländes und zum Ausbau einer· stadteigenen Werkhalle 157 000 DM an Zuschüssen und Darlehen, und auch in diesem Jahr wurde Treuchtlingen mit Zuschüssen und Darlehen aus diesem Programm vorrangig bedacht.
Ich darf also wohl sagen, daß die Erwartungen des Herrn Abgeordneten von der Staatsregierung erfüllt worden sind, ehe sie ausgesprochen wurden.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Prochazka.
Prochazka (GB): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich .an den Herrn Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsorge.
Nach eingehenden Ermittlungen stehen in Landsberg/Lech-Stadt noch 65 Baracken mit 191 Notunterkünften und rund 700· Einwohnern. Dies ist für eine Stadt mit 12 500 Einwohnern ·eine mehr als erschreckende Zahl. Mit größter Sorge muß der sehr rasch fortschreitend:e Verfall. und die immer größer werdende Hoffnungslosigkeit die'ser Lagerinsassen verfolgt werden. Der Zustand und die Verfassung der Baracken ist - gelinde gesagt - g:r;auenhaft.
Trotz größter Bemühungen des Landsberger Stadtrates in den letzten Jahren, die Lagerinsassen in familiengerechte Wohnungen 'unterzubringen, ist es bei der bereits genannten Zahl gieblieben.
Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um diesen eklatanten Fall, der keineswegs mehr allein von der kreisfreien Stadt Landsberg bewältigt werden kann, zu beseitigen?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsot'g·e.
Staatsminister Staln: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zutreffend, daß in der Stadt Landsbe.ng am Lech noch 65 Baracken- und NotunteJ;"künfte vorhanden sind, die mit 191 Familien (699 Personen) belegt sind. Bei diesen Baracken- und Notunterkünften handelt es sich ailler-dings nicht um staatliche Lager. Der größte Teil dieser Baracken- und Notunterkünfte ist nach fernmündlich1er Mitteilung der Regierung von Oberbayern im Besitz von Privatpersonen und Firm.en, ein Teil gehört deir Stadt Landsberg am Lech selbst und der restliche Teil steht im Eigentum und unter der Verwaltung der Bundesvermögensverwaltung. Der Bundesministe.r für Wohnungsbau hat am 11. Dezember 1958 für den Wohnungsbau zugunsten
von Bewohner-n von Barackeri.lagern Und Wohnbar.acken insgesamt einen Betrag von 14 Millionen DM auf die Länder verteilt, das Land Bayern hat hi:ervon 14,5 Prozent, das sind 2,03 Millionen DM, erhalten. Zur Auflösung der nichtstaa:tlichen Barackennotunterkünfte hat das Land Bayern weitere Finanzierungsmittel in Höhe von 6,92 Mil'lionen DM bereitgestellt. Ebenso wurden jedes Jahr in der Ver.gangenheit .neben staatlichen Lagern private und sonstige Notunterkünfte durch Ber-eitstellung staatlicher Mittel aufgelöst. Mit diesen Landesmitteln und den zugewiesenen Bundesmitteln sind im Baujahr 1959 insgesamt 939 Wohnungseinheiten gefördert worden.
Von diesen bewilligten Bundesmitteln hat die Regierung von Oberbayern 432 000 DM erhalten, aus den Landesmitteln wurden 1,3 Millionen DM zusätzlich für die RegieTUUg vori Oberbayern zur Verfügung gestellt. Mit diesen Mitteln konnten 215 Wohnungseinheiten gefördiert werden .. Weitere 44 AnmeMungen mit zusammen über 889 Wohnungseinheiten mußten von der Regierung von Oberbayern zuruckgestellt werden, da für diese Wohnungseinheiten ein zu:sätzlicher Mittelbedarf von 8,738 Millionen DM erforderlich gewesen wäre. Zu diesen Anmeldungen, die aus Mangel an Mit.teln zurückgestellt werden mußten, zählt auch ein Antrag der Stadt Landsberg am Lech auf Förderung von 50 Wohnungseinheiten zur Auflösillng der Barackennotunterkünfte d:er Stadt. Zu erwähnen ist, daß die Zuteilung der Mittel in den Zuständigkeitsbereich der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern fällt.
In diesem ZiUISammenhang muß hervorgehoben werden, daß nicht nur die Stadt Landsberg am Lech noch über eine letder bedeutend .große Anzahl von Notunterkünften verfügt, sondern daß in Bayern nach den letzten Erhebungen zum Stichtag vom 30. September 1959 nnch 26 568 Personen in Not.unterkünfte111 und nichtstaatrichen Lagern leben müssen. Bei deT Behandlung des· Gesetzentwurfs des Herrn Bundesministers für Wohnungsbau über den Abbau der W ohnungszwangswi):"tschaft und über ein soziales Mietrecht im Bundeskabinett hat der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und KriegsgeschäC[igte seine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf davon abhängig gemacht, daß der Bund sich bereiterklärt, Mittel zur Räumung der mehrfach ·genannten nichtstaatlichen Baracken- und Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau · hat hierzu seine Zustimmung erteilt. Nach einer Mitteilung im Bu11etin des Presse- und Informa-: tionsamtes der Bundesregierung vom 27. August 1959 ist der vom Kabinett einges:etzte Staatssekretär-Ausschuß, der Vorschläge zur Lagerräumung machen soll, bereits zu ·einem gewissen Ergebnis gekommen. Danach werden für etwa 100 000 Personen, die in der Bundesrepublik in nichtstaatlichen Lagern und Notunterkünften Leben, rund 25 000 Wohnungen erstellt werden müssen. Hierfür sind nach den heutigen Baupreisen ungefähr 650 Mil-
. lionen DM bereitzustelle1i.. Der Bund will aus freien Stücken einen Teil dieser Finanzierungsmittel übernehmen und erwartet, daß auch die Länder eigene Haushaltsmittel zur Auflösung dieser Baracken-
886 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20, Oktober 1959
(Staatsminister Stain)
notunterkühfte 1einsetzen. Der Rest der für den Wohnungsbau erforderlichen Finanzierungsmittel soll aus dem Kapitalmarkt gewonnen werden, wobei zur Verbilligung der Mieten an Zinssubventionen gedacht ist. Nach den Ausführungen von Herrn Staatssekretär Dr. Nahm im Bundresm'.i.nisterium für Y.ertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte sind c;lie Erwägungen de,s Staatssekretär-Ausschus,.. ses so weit· gediehen, daß nunmehr die Verhandlungen mit den Ländern ~ufgenommen werden können.
Im Zuge dfoseir Maßnahmen zur Auflösung von Barackennotu:riterkünften und nichtstaatlichen Lagern kann erwartet werd~n; daß auch die Stadt Landsberg am Lech bei .der Auflösung der dortigen Baracken· wirksamer als bisher bei 'der Zutellung öffentlicher Mittel berücksichtigt werden kann. Angesichts dieser Situation und der zu erwartenden HiJ:fle durch den Bund dürfte es wenig zweckmäßig sein, wenn die Bayerische Staats.regierung an das Bundesverteidigungsministerium herantritt, um von diesem zwecks Behebung des sozialen Notstandes in der Stadt Landsberg am Lech Mittel zur Verfügung gesteilt zu erhalten. Es: d:arf abschließend darauf hingewiesen werden, daß auf die Zuteilung der für die. Bundeswehrangehörigen erstellten Wohnungen in der Stadt LandsbeTg am Lech die Sta·atsregforung keinen Einfluß ausüben kann.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Kiene.
Kie·ne (SPD): Meine Anfrage richtet sich an den Herrn Staatsminister für Ernährung, LandW'irtschaft und F'o,rsten.
Die landwirtschaftlichen Berufsschulen verzieichnen seit zwei Jahren einen andauernden und beträchtlichen Rückgang ihr~r Schülerzahlen. Auf welche Weise sollen die zusammenschrumpfenden Klassen zusammengelegt werden und welche Maßnahmen sind beabsichttgt oder im Gang, um überflüssig werdende Lehrkräfte anderw~itiig zu ve:rwenden,?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus.
Staatsminister Dr. Maunz:· Herr Präsident, Hohes Haus! Seit 1952/53 ist ein stetes Sinken der Schülerzahlen an den landwirtschaftlichen Berufsschulen zu beobachten. Im vergangenen Schuljahr b~trug der Rückgang im Vergleich z,u den Schülern von 1952/53 etw;a 66 Pro:z;ent. Dieser empfindliche Rückgang beruht überwiegend auf der starken Abwanderung der Landjugend in andere Berufe.
Infolge des Rückgangs der Schülerzahlen sank auch die durchschnittliche Klassenstärke in den landwirtschaftlichen Berufsschulen von25 bis auf 17. In mehrer.en Fällen wurden auch Klasrsen mit 15 und weniger Schülern geführt. Das Ministerium ordnete daher an, daß für das laufende Schuljahr kleinste K1assen und Berufsschulen aufzuheben
sind. Mit dieser Aufhebung wurde eine durchschnittliche Klassenstärke von etwa 21 Schüliern erreicht.
Infolge Aufhebung der kleinsten Klassen konnte eine Reihe von Lehrkräften nicht mehr in landwirtschaftlichen Berufsschulen verwendet werdien. Daher sah sich , das Ministerium veranlaßt, für die männlichen Anwärteir einen Umschulungslehrgang für das Lehramt an Volksschulen anzus·eitzen. Zu diesem Umschulungslehrgang, der bereits am 15. Oktober 1959 an der Pädagogischren Hochschule in München-Pasing begann, wurden insgesamt 71 Anwärter des landwirtschaftlichen Berufsschukl,iehstes und 6 bereits zu Beamten ernannte Berufsschullehrer zugelassen. Dadurch ist den Junglehrern di1e Möglichkeit geboten, an Volksschulen, an denen Mangel all' Lehrern besteht, unterzukommen. Sollte auch in den nächsten zwei Jahr.en ein empfindlieher Rückgang der Schülerzahlen zu verzeichnen sein, so wird ein ähnlicher Umschulungslehrgang auch im nächsten Jahr für notwendig gehalten.
(Abg. Kiene: Eine Zusatzfrarge!)
Präsident D.r. Ehard; Zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Kiene!
Kfone (SPD): Es wäre eine Reihe von Fragen zu stellen; aber ich habe jetzt nur eine: We·lche Auswirkungen hat das: nun auf das Staatliche Institut für. die Ausbildung von landwirtschaftlichen Berufssch ulleh,rern?
Staatsm'inister D.r. Maunz: Es ist den Bewerbern für das Studium an dieser Staatsanstalt widerraten wordenl ~>i·ch dort aufnehmen zu 1assen, weil eine Aussicht, im Berufsschuldienst unterzukommen, nicht besteht. Ich glaube, das ist wohl .. das. wirksamste Mittel, das man hier 1ergreifen kann.
Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Wolff.
Wolff (SPD): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Frage ist an das Staatsministerium des Innern' ge-richtet. ·
Das Zweite Wohnungsbaugesetz ist im Juni 1956 in Kraft. getreten. Nach § 27 d!eses Gesetzes wird bei der Wohnraumversorgung der Wohnungsuch'enden mit geringem Einkommen für Alleinstehende ein Betrag von 2400 DM :;ils Jahresbrutto-Einkommen, für weitere Personen der Familie von je 1200 DM festgesetzt. .
Die Baukosten sind jedoch seit 1955 um zirka 40 bis 50 Prozent gestieg·en, so daß die im Zweiten Wohnungsbaugesetz festgesetzte Einkommensgrenze als überholt betrachtet werden kann. ·
Ist die Staatsregierung bereit, übeir' den Bundesrat Einfluß zu nehmen1 um eine höhere, den c;lerzeitigen Verhältniss!en angepaßte Einkommensgr.enze festsetzen zu lassen?
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.
Bayerischer Landtag ~ 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 887
Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Staatsregierung teilt di.e Auffassung des Herrn Anfragers und ist schon seit langem bemüht, über den Bundesriat eine den Notwendigkeiten entsp!'echende Änderung der Einkommensgrenzen des § 27 des zweiten WohnU:IllgsbaugesetZJeS zu erreichen.
Zuletzt hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht unter Ziffer 48 eine entsprechende Änderung der Einkommensgrenzen des § 27 verlangt. Danach wurde folgende neue F.ass.ung des § 27 Absatz 1 vorgeschlagen:
(1) Die zuständigen obersten Landesbehörden haben dafür zu so,rgen, daß die· Wohnungsuchenden mit geringem Einkommen in ausreichendem Maße mit Wohnraum zu tra,g.barer lV(iete oder Belastung versorgt werden. Als Wohnungsuchende mit geringem Einkommen gelten iJJ. der Regel diejenigen, deTen Jahl'eseinkommen .
a) bei Alleinstehenden den Betrag von 3600 Deutsche Mark,
b) bei Familien mit zw'~i Familienmitgliedern den Be.trag von 4800 Deutsche Mark, zuzüghch 1200 Deutsche Mark für jeden weiteren zur Familie rechnend!en Angehörigen
nicht überste1gt. Bei der Ermittlung des Jahres'" einkommens sind die Jahreseinkommen des Wohnun,gsuchenden .und der zur Familie rechnenden Angehörigen zusammenzwechnen.
Präside·nt 1Dr. Ehard:' Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Becher.
Dr. Becher (GB): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Frage richtet sich an den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.
In letzter Zeit wurden erneute Bestrebungen sichtbar, durch die Errichtung von sogenannten „Supermarkets" die Struktur unseres Handels auch durch unmittelbare Verbindung mit ausländischen Gesellschaften zu wandeln.
Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um die damit zusammenhängende Gefährdung der Einzelhandelsbetriebe und eine weitere Konzentration auf diesem Gebiete - vor allem in München und anderen größeren Städten Bayerns - hintanzuhalten?
Präsident 'Dr. Ehard: Es· antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.
Staatsmi·nister Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Möglichkeit, gegen die Errichtung von Supermärkten gewerberechtliche Maßnahmen zu treffen, liegt in der Zuständigkeit der Bundesregierung. Es ist jedoch fraglich, ob diese hiervon Gebrauch machen wird. Davon unabhängig erscheint es aber auf alle Fälle zweckmäßig, den mittelständischen Handel durch marktkonforme Maßnahmen auf dem Gebiete des Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Steuerrechts zu unter-
4
stützen. Hierher gehören in erster Linie Maßnahmen zur Herbeiführung einer wettbewerbsgerechten Umsatzsteuer. Die Bayerische Staatsregierung hat die Konzentrationserscheinungen auf dem Gebiet des Einzelhandels seit längerer Zeit aufmerksam verfolgt und bereits am 25. Mai dieses Jahres dem Bundeswil'tschaftsministerium eine Denkschrift über die Konzentrationstendenzen im Einzelhandel vorgelegt, die 'zugleich als Material für die parlamentarischen Verhandlungen im Bundestag dienen sollte.
Soweit der Entwicklung durch Maßnahmen begegnet werden kann, die durch die Bayerische Staatsregierung selbst getroffen werden können, ist es die Absicht der Staatsregierung, die natürlichen Vorteile der kleinen und Mittelbetriebe noch stärker als bisher zu aktivieren und zu diesem Zweck die Selbsthilfeeinrichtungen des mittelständischen Handels weiter zu stärken. Hierfür sind auch in diesem Jahr erneut beträchtliche Mit-. tel zur Verfügung gestellt worden. In der gleichen Richtung liegt die Errichtung eines „Hauses des Handels" in Nürnberg. In München besteht bereits eine derartige sehr segensreiche Einrichtung. Weiterhin sind d'ie Bemühungen der Staatsregierung auf eine Stärkung der Kreditfähigkeit des Handels gerichtet. Speziell zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit mit den kapitalkräftigen Großbetrieben sind für das laufende Haushaltsjahr zur Zinsverbilligung von Rationalisierungskrediten des Handels gleichfalls Mittel zur Verfügung gestellt worden.
P.räsident 1Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Irlinger; ich erteile ihm das wo·rt. '
lrUnger (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an die Bayerische Staatsregierung.
Die Deutsche Alpenstraße (Bundesstraße 305) ist in der Zeit vom 13. Oktober bis 13. November 1959 jeweils vom Montag mit Freitag von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr von Unterjettenberg bis Wachterl wegen Holzbringungsarbeiten für jeglichen Verkehr gesperrt.
Die Sperrung wurde durch die Regierung von Oberbayern im Einvernehmen mit der Oberforst;d!irektion München verfügt. Der Gemeinderat von Ramsau und verschiedene Verbände, insbesondere aus dem Fremdenverkehr, haben gegen diese Maßnahme energisch protestiert, und weite Teile der Bevölkerung haben für diese vollständige Sperrung kein Verständnis. Ich frage den Herrn Staatsminister des Innern, ob diese vollständige Sperrung auch die Billigung des Ministeriums findet.
Ich frage weiter, ob es nicht möglich wäre, in gegenseitigen Verhandlungen eine Lösung zu finden, die sowohl den Interessen der ltorstbehörden als auch den übrigen Interessen, insbesondere des Fremdenverkehrs, gerecht werden könnte.
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär des Staatsministeriums des Innern.
L.
888 Bayerischer Landtag 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Antwort stellt sich wie folgt dar:
Die schon seit Jahren zurückgestellte forstwirtschaftliche Nutzung des Waldgebietes an der Alpenstraße kann nicht mehr länger zurückgestellt werden, wenn nicht erhebliche Vermögenswerte verlorengehen sollen. Im vergangenen Jahr mußten die Arbeiten wegen schlechter Witterung frühzeitig eingestellt werden. Es muß deshalb in diesem Jahre das durch Windbruch angefallene Holz aufgearbeitet werden, damit kein Käferbefall eintritt. Wenn sich der Borkenkäfer einmal ausgebreitet hat, ist nach Auffassung der Oberforstdi-; rektion München der Wald nicht mehr zu retten; kahle Hänge würden für die Straßen erhöhte Steinschlaggefahr bedeuten. Der Abtransport des Holzes ist ohne Sperrung der Straße nicht zu verantworten; denn trotz größter Sorgfalt kann nicht verhindert werden, daß Steine oder Stämme auf die• tieferliegende Straße stürzen.
Das. Landratsamt _Berchtesgaden hat als Straßenverkehrsbehörde die Aufgabe, die forstwirtschaftlichen Notwendigkeiten mit den Interessen des Fremdenverkehrs abzustimmen. Da für die Arbeiten ein Termin gewählt wurde, bei dem sich nur eiri geringer Verkehr abwi'ckelt, hat die Regierung von Oberbayern der vom Landratsamt angeordneten Verkehrsbeschränkung zugestimmt. Im Hinbl'ick auf die derzeit anomal günstige Wetterlage und auf Grund einer Interventiön des Herrn Abgeordneten Röhrl- wurde die Sperre für diese Woche - vom 19. bis 25. Oktober - aufgehoben, also nicht . wie irrtümlich .;,om „Münchner Merkur" bericht~t wurde, nur auf die Dauer einer Stunde, sondern ganz. Weitere Vergünstigungen hängen allerdings vom Wetter ab.
Präside'nt Dr. Ehcm:I: Nächster Fragesteller ist der' Herr Abgeordnete Gabert. Ich erteile ihm da:s Wort.
Gabert (SPD): Meine Damen und Herren!· Meine. Anfrage richtet sich an den Herrn Staatsminister des Innern:
Schon bei zwei Gemeindewahlen durften die Einwohner der Industriesiedlung Piding bei Reichenhall nicht wählen, da die Siedlung auf soge:O:anntem ausmärkischem Gebiet liegt. Seit Jahren wird. den Einwohnern eine Eingemeindung in Aussicht gestellt.
Ich frage nun, ob die notwendigen vermögensrechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für eine Eingemeindung b'is zu den Gemeindewahlen 1960 getroffen sein werden.
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsmini.sterium des Innern.
·Staat·ssekretä'r Junk~r: Herr Präsident, Hohes Haus! Das Staatsministerium des Innern bemüht sich seit Jahren, die Eingliederung der Siedlung in die Gemeinde Piding, nicht zuletzt um den auf ausmärkischem Gebiet Wohnenden die Teilnahme an den Gemeindewahlen zu ermöglichen, zu fördern.
Nachdem die Kaufabsichten der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung gescheitert waren, hat d~s Staatsministerium des Innern unverzüglich erneu~e Verhandlungen zwischen Bund und Freistaat Bayern als Eigentümern des gemeindefreien Gebietes einerseits und der Gemeinde Piding andrerseits in die Wege geleitet mit dem Ziel, durch finanzielle Leistungen der Grundeigentümer der Gemeinde die Antragstellung auf Zuteilung des fraglichen Gebieties zu erleichtern. Besprechungen an Ort und Stelle sind für November dieses Jahr·es vorgesehen. Erst n~ch deren Ergebnis läßt sich sagen, ob eine Eingliederung mit Einverständnis der Gemeinde Piding noch vor den Gemeindewahlen 1960 möglich sein wird. Sollte eine Einigung. nicht erzielt werden, so müßte eine Eingliederung von Amts wegert - also gegen den Willen der Gemeinde - erwog.en werden:
(Abg. Dr. #Becher: Sehr gut!)
Präsident 1Dr. Eha.rd: Nächster Fragestell~r ist der Herr Abgeordnete Dr. Wülln~r.
Dr~ Wüllner (GB): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine große Zahl von Hauptwachtmeistern der Bayerischen Landpolizei hat bereits seit geraume~ Zeit für den mittleren Dienst die Prüfung mit Erfolg abgelegt, ohne i:n absehbarer Zeit ·eine Möglichkeit zu haben, eine Planstelle als Pqlizeimeister zu .erhalten. Gerade die jüngeren Kräfte im Dienste der Landpolizei, an deren Aufstieg und an deren Bleiben in der Landpolizei uns gelegen sein muß, werden vor die Entscheidung gestellt, entweder unter beträchtlichen Geldopfern bei der Landpolizei darauf zu war.ten, daß da und dort ein Polizeimeister in den Ruhestand tritt, dienstunfähig wird oder stirbt, oder daß sie, dem Werben der Wirtschaft und der Bundeswehr folgend, aus der Landpolizei ausscheiden und so den ungünstigen Altersaufbau der PoJizei noch deutlicher hervortreten lassen. Es erscheint auf die Dauer nicht tragbar, von zahlreichen Hauptwachtmeistern der Bayierisch.en LandpoJizei immer wieder Idealismus'zu verlangen und sie auf den durch die Prüfung zum mittleren Dien:s.t vorgesehenen Aufstieg zum Polizeimeister weiterhin warten zu lassen. So sind allein Jm V1erkehrszug 1 der Landpolizeidirektion Oberbayern etw:a 10 bis 12 Haupt- '· wachtmeister vorhanden, die seit Jahren auf die ihnen prüfungsmäßig zustehende Beförderung deshalb warten müssen, weil für sie keine Planstellen vorhanden seien.
Ich frage daher die Staatsregierung:
1. Geschieht innerhalb der Bayerisch0en Landpolizei alles, was dem unerwünschten Abwandern junger und. daher für den PoUzeidienst besonders befähigter Kräfte entgegenwirken könnte?
2. Ist die Staatsregierung bereit, durch eine großzügige 'Vermehrung der Planstellen für Polizeimeister den Überhang an geprüften, für den mittleren Dienst befähigten Hauptwachtmeistern· ehestens zu beseitigen und so den jungen, strebsamen Kräften echte Aufstiegsmöglichkeiten zu geben?
------· -··---------·-·-·---------- -- ------·····----
Bayerisch.er Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 889
Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.
StaatssekretÖ'r Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Antwort an den Herrn Abgeordneten Dr. Wüllner gestaltet sich wie folgt:
Eine größere Abwanderung von jungen Polizeidienstkräften in die freie Wirtschaft oder zur Bundeswehr ist zur Zeit nicht zu beobachten. Die durch die Aufstellung der Bundeswehr ausgelöste Personalbewegung kann im allgemeinen als abgeschlossen betrachtet werden. Die aus der LandpoHzei abgewanderten 186 Dienstkräfte setzten sich zum großen Teil aus Kriegsteilnehmern und damit aus Angehörigen der mittleren J.ahrgänge zusammen. Ihr Weggang brachte - neben einigen inzwischen behobenen Schwierigkeiten - sogar eine gewisse Entlastung in der Beförderungssituation der Landpolizei.
Der vom Landtag beschlossene Stellenschlüssel des mittleren Dienstes 40:40:20 ist in der. bayeri- · sehen staatlichen Polizei bereits von ausgeschöpft. Es entspvicht den Tatsachen, daß ·trotzdem auf Grund eines sehr ungünstigen Altersaufbaues in der LandpoJizei ein gewisser Überhang an älteren Hauptwachtmeistern besteht. Die gleichen Verhältnisse liegen jedoch auch in den übrigen Bundesländern vor, so daß sicherlich eine Abwanderung nicht allzusehr zu fürchten ist. Dabei hat der größte Teil der Bundesländer den Stellenschlüssel 40:40:20 im Gegensatz zu Bayern noch nicht erreicht. Zur Zeit sind Verhandlungen darüber im Gange, ob trotz dieser Lage - als Ausgleich für die. durch die Übernahme von Gemeindepolizeien verlorengegan-· genen Beförderungsstellen - zusätzliche BeförderungssteUen geschaffen werden sollen. Darüber wird zunächst der Ministerrat im Zuge der Beratungen zum Haushalt 1960 befinden. Letztlich hat darüber aber der Bayerische Landtag bei den Etatberatungen zu entscheiden.
Präsident Dr. Ehard: Damit ist die Fragestunde beendet.
Ehe wir zur weiteren Erledigung der Tagesordnung übergehen, habe ich Ihnen noch eine geschäftliche Mitteilung zu machen, die ich vorhin bei den Entschuldigungen übersehen habe:
Das Mitglied des Hohen Hauses, Fürst Fug g e r von G 1 ö t t, bittet in einem Schreiben unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses um Krankheitsurlaub bis Mitte Dezember. Ich bitte das Hohe Haus, davon Kenntnis zu nehmen.
Ich rufe auf die erste L es u n g zum
Antrag der Abgeordneten Huber Ludwig, Dr. Held, Ramelsberger und Dr. Zdralek
· betreffend Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen
(Beilage 613)
Es handelt sich um einen Initiativgesetzentwurf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich auf die er s t e L e s u n g zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Zinsverbilligung für Darlehen zur Instandsetzung von Kunstdenkmalen in nichtstaat-
lichem Besitz (Beilage 652)
Das ist eine Regierungsvorlage. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit de.m Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für kulturpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staatshaushalt U:nd Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Weiter rufe ich auf die erste Lesung zum Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfmikanstalten und die Koordinie1·ung des er-
sten Fernsehprogramms (Beilage 653)
Es handelt sich um eine Regierungsvorlage. Der Ältestenrat hat sich mit der Frage befaßt, ob es notwendig ist, dieses Abkom~en als einen Staatsvertrag zu betrachten oder ob man es als Verwaltungsabkommen ansehen kann. Er ist zu der Meinung gekommen, daß es als Staatsvertrag zu be'trachten sei. Auch die Staatskanzlei hat sich damit einverstanden erklärt. Infolgedessen müssen diese Abkommen wie Gesetze behandelt, also in drei Lesungen verabschiedet werden. Deshalb steht jetzt die erste Lesung auf der Tagesordnung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht ~Fill .
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich die Überweisung an den· Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen vor. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Ich rufe.auf die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes über die Ein
messung. der Gebäudeveränderungen (Beilage 661)
Das ist eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einve~nehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen erhebt sich nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe weiter auf die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Vergnügungssteuergesetzes (Beilage 665)
890 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
Es handelt sich um eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr, dem Ausschuß für kulturpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. Der Ältestenrat hat s!ch mit der Sache befaßt und empfiel:tlt, daß eine gemeinsame Sitzung der drei erstgenannten Ausschüsse, also des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, des Kulturpolföschen Ausschusses und des' Haushaltsausschusses, gemäß § 44 der Geschäftsordnung stattfindet. Es wäre dies deshalb zweckmäßig, weil bei einer früheren Beratung dieser Materie jeder Ausschuß eine andere Meinung hatte und einen anderen Beschluß gefaßt hat. Vielleicht könnte man sich bei einer gemeinsamen Sitzung leichter einigen. Ich würde empfehlen, das zu erwägen. Wird die Überweisung gebilligt? - Ein Widerspruch erhebt sich nicht; es ist so beschlossen.
Weiter rufe ich auf die erste Lesung zum
Entwurf eines Gesetzes über die Leistun-gen des Staates für private Höhere Schu-
len und Mittelschulen (Privatschullei~tt~ngsgE!i>Eit~) - .. ~E!ill:lg~ '(01-
Es ist dies eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für kulturpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und d.em Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überwei:;;en. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Es folgt die er s t e L e s u n g zum
Antrag der Abgeordneten Dr. Schier und anderer und Fraktion betreffend Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für
Heimatvertriebene, Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge (BeUage 702)
Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schl~ge ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen .wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Weiter folgt die erste Lesung zum
Antrag des Abgeordneten Dr. Hoegner und Fraktion betreffend Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz)
- Beilage 703 -
-~-----------~·--·--·--··
Wird d'as Wort dazu gewünscht? - Das i:st nicht der Fall.
Im Einvernehmen mit demÄltestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. - Es ist so beschlossen. '
Schließlich folgt die· e r s t e L e s u n g zum Entwurf eines Bayerischen Beamtengesetzes
(Beilage 720) Das ist eine Regierungsvorlage,
Dazu wünscht das Wort der Herr Staatsminister der Finanzen.
Staatsminister Dr. Eberhard: Hohes Haus, meine Damen und Herren! Der Umfang und die Be.deu- · tung des Ihnen von der Regierung vorgelegten Entwurfs eines neuen Bayerischen Beamtengesetzes rechtfertigen es, daß ich einige Worte über die Vorlage verliere. Die besondere Bedeutung des Gesetzes kommt nicht allein darin zum Ausdruck, daß es immerhin für rund 83 000 aktive bayerische Staatsbeamte und etwa 30 000 Körperschaftsbeamte sowie für 46 000 Staatspensionisten und 20 000 Körperschaftspensionisten gilt; vor allem kommt ihm ein staatspolitisches Gewicht deshalb zu, weil es die Stellung des Beirufsbeamtentums in unserefu sta.a:tswese:ri-für, wie'.foh gfaühe; vreie ·.ta:h.re Bestimmen wird.
Sie wissen alle, daß die Zeit noch nicht allzu· lange zurückHegt, als der Gedanke des Berufsbeamtentums hoffnungslos diskreditiert schien. Im NS-Staat war gerade da·s Berufsbeamtentum für Zwecke mißbraucht worden, die mit seinen herkömmlichen Funktionen sehr wenig mehr gemein hatten. Dieser Mißbrauch hat nicht nur zahlreiche Beamte nach 1945 zunächst ihr Amt gekostet, sondern auch die Institution des Berufsbeamtentums selb:st heftigen Angriffen ausgesetzt. In dem Zusammenbruch von 1945, der viele der bisherigen Werte und Traditionen in Frage stellte, schien daher auch die Stunde des Berufsbeamtentums geschlagen zu haben: Es brach sich allerdings doch bald d±e Einsicht Bahn, daß ein deutsches Staatswesen auf eine stabile Verwaltung durch geschulte und fachlich vorgebildete Beamte nicht ohne Schaden verzichten kann. Beachtliche Leistungen vollbrachten damals allerdings auch die in die Bresche gesprungenen Bediensteten, die bis dahin außerhalb des öffentlichen Dienstes gestanden waren uhd als Angestellte verwendet wurden. Das Elend der Zerstörungen, die Not der Vertriebenen und Obdachlosen, der Mangel an allem Lebensnotwendigen konnten aber schließlich mi't Hilfe des eingespielten Apparats des Berufsbeamtentums, der immer noch leidlich funktionierte, gemeistert werden.
Es hat dann sehr schwieriger Verhandlungen mit der damaligen Militärregi!erung bedurft, bis man den Bestand des Berufäbeamtentums als gesichert ansehen konnte. Im Jahre 1946 bereits konnte .·ein bayerisches Beamtengesetz erlassen
Bayei;isci?-er Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20: Oktober 1959 891
(Staatsminister Eberhard)
werden, das zwar auf den wesentlichen Traditionen des deutschen Berufsbeamtentums basierte, aber auch durchaus neue Gedankengänge brachte.
So schuf es ,etrstmalig im deutschen öffentlichen Dienst die Einrichtung eines selbständigen Landespersonalamtes, das auf dem Gebiet der Prüfungen, der Ausbildung und Fortbildung und des Laufbahnwesens wichtige und Z!=!ntrale Aufgaben erhielt. Diese Einrichtung des sogenannten Landespersonalamts hat sich - das läßt sich. wohl ohne weiteres behaupten - durchgesetzt und auch bewährt. Daher hat auch das Bundesbeamtengesetz von 1953 diese neue Idee aufgegriffen. Das Beamtenrechtsrahmengeset:z des Bundes macht nun die Einrichtung einer solchen unabhängigen Stelle allen Ländern zur Pflicht. Der Ihnen vorgelegte Entwurf festigt föe Stellung, die das Landespersonalamt bisher schon hatte.
Zwar war auch in den übrigen westdeutschen ;Ländern die Entwicklung des Beamtenrechts nach 1945 schließlich im Sinne des traditionellen deutschen Dienstrechts gelaufen, immerhin zeichnete sich aber schon bald die Gefahr einer Auseinanderentwicklung der Landesbeamtenrechte ab. Der Grundgesetzgeber, der diese Schwierigkeiten sah, hat daher dem Bund daJS Recht eingeräumt, Jfahmenvorschriften für den öffentlichen Dienst zu schaffen, damit die ReChtseinheit und die Einheit der Lebensverhältnisse durch eine in den Grundzügen übereinstimmende Ordnung des öffentlichen Dienstes ·im Bundesgebiet gewahrt werden kann.
Schon bald nach dem Inkrafttreten des Bundesbeamtengesetzes im Jahre 1953 begannen einge'hende Verhandlungen aller Beteil.d:gten in B1IDd, Lände:rn und Verbänden mit dem Ziel eines einheitlichen Rahmengesetzes für den öffentlichen Dienst der Länder, Ger:q.einden und sonstigen öffentlichen Körperschaften. Dieses Rahmengesetz, daJS dtie Grundlinie für ein zeitgerechtes Beamtenrecht absteckt, i:st schließlich am 1. September 1957 in Kraft getreten. Es verpflichtet die Länder, ihr Beamtenrecht innerhalb von drei Jahren an die Rahmenvorschriften anzupassen. Diesem verbindlichen Auftrag des Bundesgesetzgebers kommt der Entwurf des neuen Bayerischen Beamteil!gesetzes nach. 1
DaJS Beamtengesetz ist das letzte der drei großen Gesetze, die künftig das Gesicht des bayerischen öffentlichen Dienstes bestimmen werden. Im Grunde genommen hätte, wenn nicht der Bundesgesetzgeber mi:t seinem Rahmengesetz den Zeitplan bestimmt hätte, das Beamtengesetz zeitlich das erste Gesetz sein müssen, weil es eigentlich das Fundament für die Einrichtung des Beamtentums bii1det. Es ist aber vielleicht ganz gut, daß die heißen Eisen des Besoldungsgesetzes und des Personalvertretungsgesetzes nicht mehr im Feuer sind. So kann, wie ich· hoffe, das Beamtengesetz ih einer Atmosphäre beraten· werden, in der zwar das Für und Wider zu den einzelnen Fragen sehr ausgiebig erörtert werden wird, in der sich aber im großen
und ganzen die Gemüter nicht mehr all'zusehr erhitzen .sollten.
Das Gesetz ist sehr intensiv mehrmals mit allen Ministerien, mit dem Landespersonalamt, init den Spitzenorgani:sationen der Gewerkschaften und der Beamtenverbände sowie mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden. Ein erster Entwurf war den Beteili.gten bereits im September 1957, also unmittelbar nach Verabschiedung des Beamtenrechtsrahmengesetzes zugegangen. Der Entwurf legt - worauf ich besonders hinweisen möchte - We['t darauf, daß die Stellung der Gemeinden als Dienstherren in angemessener Weise berücksichtigt wird. Die . Vorschläge des Senats, der zu dem Entwurf am 2. Juli abschließend Stellung genommen hat, sind gleichfalls sehr eingehend geprüft un,d auch teilweise übernommen worden.
Der Gesetzentwurf regelt nicht das Recht der Hochschullehrer und das Recht der kommunalen Wahlbeamten. Beide Materien erschienen der Staatsregierung so bedeutsam, daß sie jeweils besonderen Gesetzen vorbehalten werden. Die entsprechenden Gesetzentwürfe werden vorbereitet. Das Recht dieses Personenkreises muß ebenfalls noch zeitgerecht an die Rahmenvorschriften angeglichen werden.
Einen umfangreichen Teil des .Gesetzentwurfs nehmen die versorgungsrechtlichen Vorschriften ein. Sie enthalten eine große Zahl von Verbesserungen für die Ruhestandsbeamten und die Beamtenhinterbliebenen. Die Staatsregierung hat darin auch versucht, di<e Versorgung der Hinterblie- · benen der in den beiden Weltkriegen gefallenen Beamten befriedigend zu lösen. Ein Antrag des Herrn Kollegen Gentner, der vor kurzem dem Landtagsausschuß für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung vorgelegen hat, zielte auf die versorgungsrechtliche Gleichbehandlung der Beamtenwitwen des ersten Weltkrieges mit de~en des zweiten Weltkrieges ab; diesem Wunsch, der auch einem dringenden Anliegen der Bayerischen Staatsregierung entspricht, ist in dem Gesetzent-wurf Rechnung getragen. ·
Das Beamtengesetz nimmt als· das Grundgesetz des Berufsbeamtentums in unser.er staatlichen Ordnung einen besonderen P1atz 'ein. Es sich.ert nicht nur die Rechte der Beamtenschaft, sondern es bestimmt in viel:en Punkten den Charakter und die Form d.er öffentlichen Ve,rwaltung und damit des Tätigwerdens der öffentlichen Hand überhaupt. Die Be-amten müssen sich daher auch stets bewußt sein, daß ihl'en besonderen Rechten auch ·erhöhte Pflichten und eine wette Verantwortung gregenüber der Allgemeinheit. zu entsprechen haben. Die Verwaltung kann nicht Selbstzweck sein, sondern muß dem Wohl aller Bürger dtenen. Bei einer Haltung der Beamtenschaft in diesem Sinne wird der Öffenili.chkeit die richtige Einstelllling zum Berufsbeamtentum, ZUT öffentlichen Verwaltung und zum Sta-atsganzen nicht sChwer fallen.
(Beifall bei den Regierungsparteien, vor allem bei der CSU)
892 Bayerischer Land~ag - 31,. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
Präsident Dr. Ehard: Wird weiter das Wort dazu gewünscht? - Da:s· is1t nicht der Fall. Dann schlage ich im Einv.ernehmen mit dem Ältestenrat vor, diesen Gesetzentwurf zu überweiS'en dem Ausschuß für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung, dem 'Ausschuß für Staatshaushalt Uil!d Finanzfragen und· dem Ausschuß für Verfassrwngsfragen und RechtSfragen. Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben? - Es ist so beschlossen.
Wenn Sie .einverstanden sind, möchte ich die vier erste!). Lesungen der N a c h t r a g s t a g e s o r d -nun g auch gleich aufrufen; ich glaube, das: macht kellie Schwierigkeiten.
Ich rufe auf die e r,s t •e Lesung z;um
Dringlichkeitsantrag der· Abgeordneten Klughammer, Dr .. Merk, Dr. Heubl und Fraktion betreffend Gesetz zur Änderung
des Gemeindewahlgesetzes (Beilage 757)
Es handelt sich dabei nur um die eine Fragie, ob die Gemeindewahlen an einem Sonntag im Monat März abgehalten weriden sollen oder, wie bisher, am vorl'etzten Sonntag des Monats März. Vielleicht ließe sich das im Rechts- und Verfassung1sausschuß vorbereiten, so daß wir. es noch im Laufe dieser Woch·e erledigen können. Wird das. Wort dazu gewünscht? __:_ Das ißt nicht der Fall ..
Ich schlage vor, diesen Entwurf dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragien zu überweisen. Eine Erinnerung dagegen - wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.
Nun rufe 'ich auf die erste L·esung zuin
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergä:nzung des Gesetzes zur Ausführung
des Kriegsgefangenenentschädigungs-. gesetzes.
Das ist eine Regierungsvorlage. Sie finden sie auf der' Beilage 763. Wird das Wort dazu gewünscht?-~ Das ist nicht der. Fal~. ·
Ich schlage vor, diesen EntwUtrf ebenfalls dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. Es wird zu prüfen sein, ob der Ausschuß für Staatshallishialt und Finanzfragen zugezogen werden soll._ Aber ich gl"aube, d'.3-s könnte man dem Ausschuß für Rechtsfragen und Verfassungsfrag~n zunächst einmal überlassen. Eine Erinnerung dagegen - wird nicht erhoben.
Nun rufe ich auf dte erste Lesung z~um _
Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst, Dr. Fischbacher uµd Fraktion betreffend Ge-. setz für eine „Geschäftsordnung für die ' Untersuchungsausschüsse des Bayerischen
' Landtags" (Beilage 7'64)' .
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
. Ich schlage vor, diesen Gesetzentwprf zu überweisen dem Ausschuß für die Geschäftsordnung und Wahlprüfung und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen. Eine Erinne·rung dage:gen - wird nicht erhoben. Es· ist sio beschlossen.
Schließlich rufe ich auf die er s t e L e s u n g zum
Antrag der Abgeordneten Heinrich, ,Bezold und Fraktion betreffend Gesetz zur Änderung. des Bayerischen Straßen- und Wege-
gesetzes (Beilage 765)
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich schlage vor, diesen Entwurf zu überweisen dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfriag1en. Auch bei diesem Gesetzentwurf ist z.u. erwägen, ob der Haushalts1ausschuß beteiligt werden soll. Ich glaube aber, von Anfang a.n sollte man ihn nicht beteiligen. '
Dazu hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Hoegner.
Dr. Hoegner (SPD): Herr Präsident! Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß das Straßen- und Wegegesetz seinerzeit zunächst dem Ausschuß für Verfassiungsrragen und Rechtsfragen zugewiesen war, nicht in erster Linie dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr.
(Abg. Dtr. Oechsle: Es bestehen keine Bedenken, umgekehrt zu verfahren!)
Präsident Dr. Ehard: Wenn es das Hohe Haus möchte, kann man auch an eine gleichzeitige Behandlung denken.
(Zuruf des Abg. Dr. Hoegner)
Ich würde also doch vorschlagen, •es so z.u machen. Wenn der Wirtschafts.ausschuß nicht will; kann er den Gesetzientwurf ohnehin dem Ausschuß für Ve1'-' fa:ssungsfr.agen und Rechtsfragen überweisen. Darf ich annehmen, daß es so beschlossen ist? - Es ist so beschlossen.
Ich schlage vor, nun in der Ta:gesordnun:g fort-zufahren, und zwar mit Punkt ? a:
Schreiben des Verfassungsgerichtshofes betreffend Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing . auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel 109 und 113 des Bayerischen Beamtengesetzes vom
28. 'Oktober 1946 (BayBS III S. 256)
Über die Verhandlungen des Ausschuss.es für Verfas.sungsfr.agen und Reehtsfragen (Beilage 713) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Zdralek.
Dr. Zdralek (SPD), B er ich t erstatte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 23. Sitzung am 25. September 1959 nüt
·dem vom Herrn. Präsidenten erwähnten Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel 109 und 113 des Bayerischen Beamtengesetzes vom 28. Oktober 1946 beschäftigt.
Der Herr Repetitor a. D. Hans Settgast führt zur Begründung seiner Popularklage aus, das Bayeri-' sehe Beamtengesetz sehe nicht vor, daß ein Witwer
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 893
(Dr. Zdralek rsPD])
einer bayerischen Beamtin Witwengeld bezieht, · wenn diese bayerische Beamtin für seinen Unterhalt zum Zeitpunkt ihres Todes gesetzlich aufzukommen hatte.
Der Herr Staatsminister der Finanzen hat bezüg;... lieh des Entwurfs des neuen Beamtengesetzes darauf hingewiesen, daß der Bundestag ein Beamtenrechtsrahmengesetz verabschiedet und den Ländern verschiedene Auflagen gemacht hat, die bis zum 1. September 1960 erfüllt werden müssen. In der Behandlung der Klage kam zum Ausdruck, daß in dem Entwurf des neuen Beamtengesetzes auch eine Bestimmung vorgesehen ist, die der Beschwerde des Herrn Settgast Abhilfe verschafft. In Würdigung der Aussprache war der Ausschuß der Auf-
. fassung, daß die Bayerische Verfassung den bisherigen Bestimmungen des Bayerischen Beamtengesetzes nicht entgegensteht und somit die angegriffenen Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind.
Inwieweit· die Bestimmungen des Bayerischen Beamtengesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar sind, hat nicht der Bayerische Verfassungsgerichtshof zu prüfen, sondern nur das Bundesverfassungsgericht.
Der Ausschuß kam infolgedessen zu dem Beschluß:
I. Der Landtag beteiligt sich am Verfahren.
II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.
III. Als Vertreter des Bayerischen Landtags wird Abg. Dr. Zdralek bestellt.
IV. Auf mündliche Verhand1ung wird verzichtet.
Ergänzend möchte .ich sagen, daß sich der Senat allerdings auf den Standpunkt gestellt hat, die Bestimmung des Bayerischen Beamtengesetzes sei verfassungswidrig. Außerdem möchte ich noch darauf hinweisen, daß nach Auffassung der Bayerischen S~aatsregierung, wie sie aus ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof hervorgeht, diese Bestimmung, wenn das neue Bayerische Beamtengesetz verkündet worden ist, erst ex nunc und nicht ex tune in Kraft tritt. Der Ausschuß war nach meiner Überzeugung einstimmig der Auffassung, daß dann diese neue Bestimmung des neuen Beamtengesetzes von dem Zeitpunkt an in Kraft treten müßte, in dem die Gleichberechtigung durch das Grundgesetz ausge-. sprochen worden ist.
Präsident Dr; Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Es wird vorgeschlagen, wie der Herr Berichterstatter vorgetragen hat - Beilage 713 -, den Beschluß zu fassen:
I. Der Landtag beteiligt sich am Verfahren.
II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.
III. Als Vertreter des Bayerischen Landtags wird Abg. Dr. Zdralek bestellt.
IV. Auf mündliche Verhandlung wird verzichtet.
Wer dem beitreten will, den bitte ich. um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen, wie vorgeschlagen.
Nächster Punkt:
Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag der Frau Erna Herpich in Bayreuth auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Ergänzungsverordnung über eine vorläufige Regelung der Arbeitslosenunterstützung für den Winter 1946/47 vom 5. Dezember 1946.
Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 721) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Seidl.
Dr. Seicf'I (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungs- und Rechtsfragen hat in· seiner Sitzung vom 29. September 1959 die Verfassungsbeschwerde der Frau Erna Herpich in Bayreuth behandelt. Die Antragstellerin macht geltend, daß die Ergänzungsverordnung über eine vorläufige Regelung der Arbeitslosenunterstützung für den Winter 1946/47 vom 5. Dezember 1946 verfassungswidrig sei. Trotz wiederholter Aufforderung hat die Beschwerdeführerin im einzelnen nicht angegeben, worauf sie die Behauptung stützt, daß diese Verordnung verfassungswidrig sei.
Tatsächlich können rechtliche Bedenken gegen diese Verordnung geltend gemacht werden, aber nur insofern, als damals, am 5. Dezember 1946, eine Verordnung vom Arbeitsministerium erlassen wurde, mit der gesetzliche Bestimmungen geändert . worden sind. Trotzdem 1st der Ausschuß für Verfassungs-, und Rechtsfragen zu dem Schluß gekommen, sich an diesem Verfahren nicht zu beteiligen, und zwar deshalb, weil es sich nicht um eine Verordnung des Bayerischen .Landtags handelt -es ist eine Verordnung des Arbeitsministeriums vom 5. Dezember 1946 -, sondern um eine Rechtsverordnung des Arbeitsministeriums, die erlassen wurde zu einer Zeit, als der Bayerische Landtag noch nicht als Gesetzgeber tätig geworden war.
Es wurde daher beschlossen, sich an diesem Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof nicht zu beteiligen.
Präsident ·Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Es wird also vorgeschlagen, wie Sie auf Beilage 721 sehen:
Der Landtag beteiligt sich nicht an dem Verfahren.
Das ist ein einstimmiger Beschluß des Ausschusses. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - ·Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig gemäß Beilage 721 ,beschlossen.
894 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Präsident Dr. Ehard)
Weiter: Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Obermedizinalrats Dr. Luxenberger, Gabersee, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel .4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. Juli 1957 (GVBI.
S.162) ·
Über· die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 722) berichtet der Herr Abgeordnete Hanauer.
Hanauer (CSU), B er ich t erstatte r : Die Verfassungsbeschwerde des Herrn Obermedizinalrats Dr. Luxenberger, Gabersee, wurde vom Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen in seiner 24. Sitzung am 29. September 1959 behandelt. Die Berichterstattung oblag mir; Mitberichterstatter war der Herr Kollege Dr. Zdralek.
Die Verfassungsbeschwerde des Herrn Dr. Luxenberger und vier anderer Amtsärzte zielt auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel 4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. Juli 1957. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil mit den erwähnten Bestimmungen des Kammergesetzes ihrer Eigenschaft als Beamte nicht hinreichend Rech-
·---,.c,-. - - -c-c-c·n.un.-g· getragen- wür<leil-seiii.S01Tilllci···w:eüi1ier uri:. gleiches gleich oder auch Gleiches ungleich behandelt worden sei.
In der Aussprache wurde hervorgehoben, daß das Gesetz, die Amtsärzte nicht in ihrer Eigenschaft als Beamte, sondern iri ihrer Eigenschaft als Ärzte, die auf Grund der Approbation das Recht zur Ausübung des ärztlichen Berufs hätten, habe erfassen wollen und erfaßt habe und daß in einer Reihe von Bestimmurigen den verschiedenen Pflichtenkreisen des beamteten Arztes hinreichend Rechnung getragen worden 'sei. Man sah die Verfassungsbeschwerde als nicht begründet an.
Der Ausschuß beschloß daher einstimmig:
I. Der Landtag beteiligt sich an dem Verfahren.
II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.
III. Mit der Vertretung des Landtags wird Abg. Hanauer beauftragt.
Diesen Beschluß finden Sie auf Beilage 722. Ich bitte, ihm beizutreten.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ausschuß schlägt also nach dem Bericht des Herrn Berichterstatters folgendes vor:
I. Der Landtag beteiligt sich an dem Verfahren.
II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.
III. Mit der Vertretung des Landtags wird Abg. Hanauer beauftragt: · ·
Wer diesem einstimmigen Beschluß laut Beilage 722 beitreten will, den bitte ich um ein Handzei-
chen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig gemäß Beilage
· 722 beschlossen.
Weiter: Schrei6en des Bundesverfassungsgerichts betreffend verfassungsrechtliche Prüfung, ob § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61) als Bundes
recht fortgilt - Vorlagebeschluß des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen (Beilage 723) berichtet der Herr Abgeordnete Bezold.
Bezold (FDP), B er ich t erst a t t er : Herr Präsident, Hohes Haus! Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat durch Beschluß vom 16. Juli 1959 in der Sache „Nachprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 12 der Sprengstofferlaubnisscheinverordnung vom 6. 12. 1956 sowie des § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. 6. 1884", die vom Amtsgericht Lichtenfels vorgelegt worden war, ·auf Vorlegung zum Bundesverfassungsgericht zwecks Prüfung der Frage entschieden, ob § 9 Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes als Bundesrecht fortgilt. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts als Vorsitzender des Zweiten Senats hat unter dem 4. 9. 1959 unter anderem auch den'
· Bayerischen Landtag -um ·Äußerung- gemäß §-77 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes gebeten.
Im Ausschuß vom 29. 9. 1959 ist die Frage sehr eingehend behandelt worden. D
0
er Ausschuß ist einstimmig zu der Erkenntnis gekommen, daß im Hinblick auf Artike! 125 des Grundgesetzes zu der Grundsatzfrage_ Stellung genommen werden muß„ was unter „Strafrecht" im Sinne des Artikels 74 Ziffer 1 des Grundgesetzes zu verstehen sei. Es komme darauf an, ob durch Artikel 74 Ziffer 1 des Grundgesetzes alle strafrechtlichen Normen irgendwelcher Art erfaßt werden, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um selbständige Strafrechtsnormen handelt oder um solche, die grundsätzlich nach Landesrecht zu regelnden Tatbeständen angehängt worden sind. Daß es sich bei der Ordnung des Sprengstoffwesens um Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handelt, schien dem Ausschuß bedenkenfrei im Beschluß erörtert worden zu sein. Danach würde die Regelung des Sprengstoffwesens also landesrechtlich zu erfolgen haben, also Landesrecht ,sein. Ist dem aber so, muß man
. doch wohl dem Gesichtspunkt des notwendigen Sachzusammenhanges den Vorrang einräumen und daher auch die strafrechtliche Regelung des Sprengstoffwesens als Landesrecht bejahen. Auf einem ähnlichen Standpunkt steht auch die Regierung von Bayern.
Der Ausschuß hat die Dinge sehr eingehend besprochen und ist dann in einem Beschluß zu folgender Stellungnahme gekommen - es handelt sich lediglich um eine Äußerung, die gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzugeben ist, nicht um einen Beschluß, der etwa auch eine Vertretung des Landtags beinhaltet -:
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober, 1959 895
(Bezold [FDP])
Der Bayerische L~ndtag steht aus dem Gesichtspunkt des notwendigen Sachzusammenhangs, soweit es sich um die Strafvorschrift des § 9 des Sprengstoffgesetzes handelt, auf dem Standpunkt, daß mit Rücksicht darauf, daß hier Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geregelt wird, § 9 des Sprengstoffgesetzes im Zusammenhang mit den §§ 1 bis 4 desselben Gesetzes Landesrecht geworden ist.
Ich bitte, sich dieser einstimmigen Entscheidung anzuschließen.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Sie haben den Vorschlag des Berichterstatters auf J?eilage 723 vor sich.
Wer diesem Vorschlag beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltung? - Einstimmig beschlossen wie auf Beilage 723 niedergelegt.
Ich rufe auf Punkt 3 e der Tagesordnung:
Schreiben des Bundesverfassungsgerichts betreffend verfassungsrechtliche Prüfung des ,!\.rtikels 24 des Bayerischen Kosten-
gesetzes vom 17. Dezember 1956 (GVBI. S. 361)
Es berichtet über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 724) der Herr Abgeordnete Dr. Seidl.
Dr. Seidl (CSU), B er ich t e r statte r : Der Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 24. Sitzung vom 29. September 1959 mit einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts befaßt. Gegenstand dieses Schreibens ist ein Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes als nicht übereinstimmend mit dem Grundgesetz erklärt worden ist. Gleichzeitig wurde ein Aussetzungsbeschluß und eih Vorlagebeschluß erlassen. Die Akten wurden dem Bundesverfassungsgericht zugeleitet, das nunmehr die Frage zu prüfen hat, ob Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes mit dem Grundgesetz in Übereinstimmung steht. Der Artikel 24 des Kosten:gesetzes vom 17. Dezember 1956 hat folgenden Wortlaut, der für die Beurteilung der Rechtsfrage von wesentlicher ,Bedeutung ist.
Dem Antragsteller kann durch Gerichtsbeschluß eine Frist zur Zahlung des Kostenvorschusses gesetzt werden; auf Antrag des Vertreters des öffentlichen Interesses hat das Gericht über die Vorschußpfiicht zu entscheiden. Wird der Kostenvorschuß nicht binnen
'.der Zahlungsfrist einbezahlt, dann gilt der Antrag als zurückgenommen. Hat der Antragsteller vor Ablauf der Frist die Bewilligung des Armenrechts beantragt, so endet die Zahlungsfrist mit dem Ablauf von 2 Wochen nach
Rechtskraft des den Armenrechtsantrag ganz oder teilweise ablehnenden Beschlusses.
Der Siebente Senat des Bundesverwaltungsgerichts ist der Überzeugung, daß diese Bestimmung des Bayerischen Kostengesetzes sowohl gegen den Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes als auch gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Sie werden ·sich daran erinnern, daß der Bayerische Landtag diese Bestimmung in das Kostengesetz aufgenommen hat, um auf diese Weise der immer größer werdenden Flut von Anfechtungsklagen, also von Verwaltungsgerichtsprozessen, Einhalt zu geb1eten. Es muß festgestellt werden, daß dieses Ziel letztlich nicht erreicht wurde. Es kann nur der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß in der bundeseinheitlichen Verwaltungsgerichtsordnung, die sich zur Zeit in Vorbereitung befindet, wirksamere Maßnahmen ergriffen. werden, . um den Verwaltungprozessen einigermaßen einen .Riegel vorzuschieben. Das soll aber nur nebenbei erwähnt werden.
Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Bayerischen Landtags ist nun aber zu der Überzeugung gekommen, daß die beiden rechtlichen Be.denken, die vom Bundesverwaltungsgericht vorgetragen wurden, nicht durchschlagend sein können, weil hier der Grundsatz des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes offenbar zu weit ausgelegt wur.de. Nach Artikel 19 Absatz 4 kann jeder, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, den Rechtsweg beschreit~n. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg, also der Weg zu den zivilen Gerichten, gegeben.
In dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts, in dem Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes als Verstoß gegen das Grundgesetz angesehen wur.-
, de, wird ausgeführt, daß die Rechtsweggarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes schon deshalb verletzt sei, weil hier. eine Kostenvorschußpfl.icht dekretiert werde. Der Rechts- und. Verfassungsausschuß ist aber der Über:t;eugung, daß darin allein noch keine Beschränkung der Rechtsweggarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes erblickt werden kann. Es ist Ihnen allen bekannt, daß auch für Klagen vor den ordentlichen Gerichten - z. B. bei Klagen gegen den Staat, also gegen die Bundesrepublik oder den Freistaat Bayern - aus Gründen der Staatshaftung nach den einschlägigen Bestimmungen der Zivilpro~eßordnung und des Gerichtskostengesetzes eine Kostenvorschußpfiicht nicht nur in das Ermessen des Gerichts gestellt, sondern zwingend vorgeschrieben ist. Bis jetzt ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und des Gerichtskostengesetzes nicht in Zweifel . gezogen worden. Es kann daher nicht eingesehen werden, warum nicht auch für Verwaltungsgerichtsverfahren eine solche Kostenvorschußpfl.icht im Gesetz vorgesehen sein sollte.
Es kommt außerdem hinzu, daß genau so wie im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten auch bei den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ein Arme~rechtsverfahren vorgesehen. ist. In die-
896 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Dr. Seidl [CSU]
sem Verfahren hat das Gericht im Beschlußwege nicht nur die Frage der Armut, sondern auch zu prüfen, ob eine hinreichende Aussicht für die Klage besteht. Dadurch ist nach einstimmiger Auffassung des Rechts- und Verfassungsausschusses eine ausreichende Garantie dafür gegeben, daß jeder, der glaubt, von der öffentlichen Hand in seinen Rechten beschränkt worden zu sein, auch vor dem Verwaltungsgericht zu seinem Recht kommen kann. Es ist außerdem zu bedenken, daß nach Auffassung des Rechts- und Verfassungsausschusses das Bundesverwaltungsgericht den Gleichheitsgrundsatz, wie er in Artikel 3 des Grundgesetzes und auch in der Bayerischen Verfassung seinen Niederschlag fand, offenbar doch zu weit ausgelegt hat. Ich habe vor mir eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der zum Gleichheitsgrundsatz ausgeführt ist:
„Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstiger sachliCh einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden l~ßt, kurzum, wenn die Bestimmung als Willkür bezeichnet werden muß."
Ein solcher Schluß kann jedoch aus Artikel 24 des Bayerischen Kos_tgp,ge_s_et.z_e01.r1.i_tji_t _ge_z;Qgen_wer_den •.
----·-----Es-'kann -I{eine Rede -davon sein, daß hier der Ge-setzgeber eine willkürliche Maßnahme getroffen hat.
Der Rechts- und Verfassungsausschuß ist daher zu der Schlußfolgerung gekommen, daß der Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes nicht in Widerspruch zu den Artikeln 19. Absatz 4 und 3 des Grundgesetzes steht und als mit dem Grundgesetz übereinstimmend erklärt werden soll.
Ich bitte Sie, diesem Beschluß des Rechts- und Verfassungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.
Präsident Dr. Ei,ard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Der Rechts- und Verfassungsausschuß schlägt vor, zu beschließen (Beilage 724):
Der Landtag nimmt dahin Stellung, daß Art. 24 des Bayerischen Kostengesetzes als in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz befindlich erklärt werden soll.
Es i:st ein einstimmiger Beschluß. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Ich bitte um die Gegenprobe.· - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe dann auf das
Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Herrn Karl Englert, München, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit verschiedener Bestimmungen der Satzung der Bayerischen .Ärzteversorgung sowie des Artikels 10 des Gesetzes über das öffen.tliche Versicherungswesen.
Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 771) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Zdralek. Sie finden den Punkt auf der Nachtragstagesordnung unter Nr. 2.
Dr. Zdra;ek (SPD), Berichterstatter : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 'Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 29. Sitzung am Donnerstag, dem 25. Oktober 1959 mit einem Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Herrn Karl Englert, München, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit verschiedener Bestimmungen der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung sowie des Artikels 10 des Gesetzes über das öffentliche Versicherungswesen befaßt.
Der Beschwerdeführer rügt, daß nach der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung die uh-" ehelichen Kinder im Verhältnis zur Mutter zwar unterhaltsberechtigt sind, aber nicht die unehelichen Kinder im Verhältni:s zum Vater, also der Gleichheitsgrundsatz verletzt sei. ·
Nachdem der BayerischeLandtag an derSatzung der Bayer~schen Ärzteversorgung nicht mitgewirkt hat, hat der Ausschuß beschlossen, sich an dem Verfahren nicht zu beteiligen. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß für den Fall, daß der Bayerische .. VerfaS1)!,!:gg!)g~:Q.c:htsJ12f ..... Z:lL c1em_ . Ergebnis kommen-soÜte, daß der GleiChheitsgrundsatz verletzt ist, im Entwurf des Bayerischen Beamtengesetzes die korrespondierende Bestimmung geändert werden müßte, die wörtlich so lautet wie in der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ausschuß schlägt vot - wie der Herr Berichterstatter bereits vorgetragen hat ~:
Der Landtag beteiligt sich nicht am Verfahren.
Sie finden diesen V~rschlag auf der Beilage 771.
Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen, wie der Ausschuß vorgeschlagen hat.
Beim nächsten Punkt ,der Tagesordnung, Nr. 4, haben Sie schon gebilligt, daß er erst morgen früh um 9 Uhr aufgerufen wird.
Den nächsten Punkt der Tagesordnung, 5a, Bericht des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen über die Staatshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956, müssen wir auch zurückstellen, weil der Herr Abgeordnete Dr. Elsen als Berichterstatter jetzt nicht anwesend sein kann.
Dann rufe ich auf den Punkt 5b der Tagesord-nung:
Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs betreffend Rechnung des Obersten Rechnungshofs (Einzelplan 11) für das Rechnungsjahr 1956
(Beilage 67)
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 897
(Präsident Dr. Ehard)
Über d'i.e Verhandlungen des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen (Beilage 748) berichtet der Herr Abgeordnete Kallenbach.
Kallenbach (FDP), Berichterstatter : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen hat sich in seiner Sitzung vom 23. JUJ!J.i 1959 mit dem Bericht des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes vom 22. Januar 1959 über die Rechnung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, Einzelplan 11, für das Rechnungsjahr 1956, abgedr.uckt auf Beilage 67, befaßt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr KoUege Wolf.
Der B er ich t erst a t t er erklärte, daß er mit Rücksi~t auf die dem Landtag beim Obersten Rechnungshof obliegende Pflicht zur eigenen Prüfung an Hand der Rechnungsbücher und -belege die Rechnung durch Vornahme einer großen Zahl von Stichproben selbst geprüft habe. Dabei habe sich nichts ergeben, was die Richtigkeit der Feststellung des Präsidenten des Obersten Rechnungsho.fes über die von ihm vorgenommene Vorprüfung in Fr·age stel.'len könnte, einmal, daß die in Ed.nnahmen und Ausgaben aufgeführten Beträge mit denjenigen der Rechnungslegungsbücher der rechnungslegenden Stelle übereinstimmen, ferner, daß sie ordnungsgemäß gelegt sind, und schließlich, daß Verstöße im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 2 des Rechnungshofgesetzes nicht festgestellt wurden.
Der Berichterstatter erklärte ferner, daß sich auch sonst nichts ergeben habe, was zu Bemerkungen Anlaß geben könnte. Dd.es gelte auch für die Anlage I über die überplanmäßigen Ausgaben.
Entsprechend dem Antrag des Berichterstatters er;ging dann der Beschluß auf Beilage 748. Ich bitte Sie, sich diesem Beschluß anzuschließen.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Der Haushaltsausschuß schlägt nach dem Bericht des Herrn Berichterstatters vor zu beschließen::
Für die Rechnung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs fÜr das Rechnungsjahr 1956 wird Entla.Stung erteilt.
Es handelt sich um einen einstimmrl.gen Beschluß des Ausschusses.
Wer diesem Beschluß beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen,, wie der Ausschuß auf Beilage 748 vorgeschlagen hat.
Ich bin , gebeten worden, den Tagesordnungspunkt 6 bis morgen zurückzustellen.
Nächster Punkt d~r Tagesordnung ist:
Antrag der Abgeordneten Hanauer und Röhrl betreffend Umorganisation der Land
polizei in Großstationen (Beilage 554)
Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 712) berichtet der Herr Abgeordnete Huber Ludwig.
Huber Ludwig (CSU), B er ich t erst a tt er : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Bayerischen Landtags hat sich in der Sitzung vom 24. September 1959 mit dem Antrag beschäftigt, den Sie auf Beilage 554 finden. Berichterstatter hin lieh gewesen, Mitberichterstatter der Herr Kollege Walter Fisch.er.
Ich habe ·als B e r i c h t e r s t a t t e r zunächst ausgeführt, daß mir die Einzelplanung für die Neu..: organisation der Landpolizei in Großraumstationen selbst weitgehend unbekannt ist. Soweit jedoch diese Einzelplanung bekannt sei, insbesondere was· meinen eigenen Stimmkreis betrifft, bestünden da-· gegen gewisse Bedenken. Ich habe vorgeschlagen, dem Antrag der Kollegen Hanauer und Röhrl im Grundgedanken. zuzustimmen, habe aber gegen die Grenze von ·3000 Einwohnern Bedenken geäußert.
Der Herr Abgeordnete Dr. Ho e .g n e r hat diesen Bedenken beigepflichtet und das Erscheinen des Herrn Staatsministers des Innern verlangt.
Der Mit b er i c h t e r statt e r , Korllege Walter Fischer, wandte sich gleichfallls gegen die 3000-Einwohner-Grenze. Ferner sprach er sich gegen „Ein-Mann-Nebenstationen" aus·, die sich nach seiner Erfahrung in Mittelfranken nicht bewährt hätten.
Der Antragsteller Hanau er erklärte, er wende sicll. mit diesem Antrag nicht gegen eine technische Verbesserung und nicht gegen eine Umorganisation der LandpoUzei als solche; Bedenken müsse er jedoch gegen Planungen am grünen Tisch geltend machen. Er habe beim bisherigen Vo~ug der Umorganisation der Landpolizei bisweilen den Eindruck gehabt, daß zu viel vom g:rünen Tisch ·aus geplant we:rde.
Herr Abgeordneter Hana.uer hat ferner erklärt, er wolle keine lex Starnberg, er wolle Starnberg lediglich als Beispiel bringen, da es sich um seinen Stimmkreis handle.
(Zuruf:· Lex Hanauer!)
- Eine .lex Hanauer will der Antragsteller nicht haben. Er hat darauf hingewiesen, daß in seinem Kreis 7 Orte mit über 3000 Einwohnern vorhanden seien und daß bisher 11 Polizeistationen mit 81 Beamten den Sicherheitszustand gewährleistet hätten, daß nun jedoch nur mehr 1 Großraumstation in Starnberg vorgesehen sei. Die neue Regelung sei unbefriedigend wegen der Verkehrsverhältnisse, wegen der Verkehrsdichte. Der Antragsteller wies insbesondere auch auf die Zustände hin, die sich auf der sehr dicht belebten Verbindungsskaße B 12 und auch auf der Olympia-Straße ergeben, wo es seiner Auffassung nach nicht möglich rst, mit einer Großraumstation allein auszukommen und den Bed:firfnissen gerecht zu werden.
Der Mit b e r i c h t e r s t a t t er erklärte, ihm komme es insbesondere darauf an, daß nÜ!cht unterbesetzte detachierte Stationen eingerichtet werden, die :niachts praktisch nur einen Briefkasten haben; das wäre eine unbefriedigende Einrichtung.
Auch der Herr Abgeordnete R ö h r 1 konnte natürlich nur auf die Verhältnisse in seinem eigenen Stimmkreis zurückgreifen, weil eine umfass!=nde
898 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 . .
(Hub~:r Ludwig [CSU]
Einteilung dieser d-roßraum~tationen . auch dem Rechts- und 'Verfassungsausschuß nicht bekannt gewesen ist.
Der Herr Abgeordnete Dr. Ho e g n e r machte nochmals :Bedenken geltend, daß bei einem täglichen Personalwechsel in den detachierten Stationen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu kurz komme. . . · Abgeordneter Dr. S e i d 1 erklärte, er habe selbst
ällch den Eindruck, daß zu schematisch verfahren werde und zü wenig ein Zusammenwirken mit den örtlichen Behörden stattgefunden habe.
Abgeordneter DT. Fischbach~ r setzte sich für eine stärkere Einscha+tung der örtlichen Stellen ein.
Der Staatsminister des lnnern, Herr Minister G'o p p e 1 , stellte da.gegen fest, daß sowohl die Re~ giernhgspräsl.denten als auch die Landräte sowie eine größere Anzahl von Bürgermeistern gehört worden seien,
· (Hört, hört!)
ehe es' zu diesen l?+an'ungen kam.
Die Einteilung in mehrere und kleinere Stationen bringe eine geringere Schlagkraft, im übrigen seien auch die detachierten Stationen, die sogenannten Nebenstationen, mit Wagen und :Funkgeräten aus-
. gerüstet, .
Die Abgeordneten Dr. Merk und Dr. He 1 d beklagten skh gleichfalls über die mangelnde Information der Abgeordneten über die Planung im einzelnen bezüglich dieser Großraumstationen.
Abg~ordneier Dr. z d r a i e k wandte allerdings ein, mit Ausnahme eines Landrates sei ihm nicht bekannt, daß Landräte gegen die bisherige Ein
. .richtung der Großraumstationen etwas eingewandt hätten.
(Zuruf: Völlig falsch informiert!)
Abgeordneter H an au er als Antragsteller erkUirte zuletzt das eigentliche Anliegen seines Antrags sei die Überprüfling der detachierten Stati?neri., die ungenügend seien und mehr der Optik dienen.
Als B e r i c h t erst a t t er habe ich noch darauf hingewiesen, daß sich Schwierigkeiten insbesondere auch in den Grenzgebieten ergeben - ich denke hier an meinen eigenen Stimmkreis Traunstein -, wenn nur Großraumstationen erriclitet werden; dadurch werde das Sicherheits}Jedürfnis im südlichen Bereich1 in Reit im Winkl etwa und in Inzell, nicht ausreichend befriedigt.
Schließlich meine Damen und Herren, wurde ein . ' . .
etwas veränderter Antrag angenommen. Auf me1~ nen Vorschlag wurde der Satz 2 wie folgt abgeändert:
Vor allem ist die besondere Läge in 9rten :mit größerer Siedlungsdichte uhd in Grenznähe entsprechend zu berücksiehtigen.
Und nach Vorschlag des Abgeordneten br. lioegner wurde der Satz 3 in 'folgender Weise abgeändert:
Die Einrichtung der sogenannten Nebenstationen ist vom Staatsministerium des Innern im
. Hinblick auf das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nochmals zu überprüfen.
Als· Vertreter der Regierung wies Regierungsdirektor M a r t i n auf meine Bemerkungen bezüglich der besonderen Situation in den Grenzgebieten darauf hin, daß eine größere Verordnung über die . Übertragung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Landpolizei auf die Grenzpolizei vorbereitet und in etwa 1 bis 2 Monaten veröffentlicht werde. Die Grenzpolizei so11 also allgemeine polizeiliche Aufgaben bekommen.
Die Antragsteller Ha n au e r und' R ö h r 1 haben sich mit den Änderungsvorschlägen, die von mir und von Dr. Hoegner ausgegangen waren, einverstanden erklärt. Sie hatten lediglic;h noch das A.nliegen, den Satz 3 so zu formulieren, daß nicht nur die Einrichtung, sondern auch die Ausstattung der Nebenstellen nochmals überprüft werden solle.
Zuletzt, meine Damen .und Herren, karri dann der Beschluß, den Sie auf Beilage 712 finden, einstimmig zustande.
(Zuruf: Ein einstimmiger Beschluß!)
Ich darf das Hohe Haus bitten, sich diesem einstimmigen Beschluß des Rechts- und Verfassungsausschusses anzuschließen.
Präsident Dr. ·Ehard: Dazu darf ich sagen: Es handelt sich zwar um einen einstünmigen Beschluß des Rechts- und Verfassungsausschusses. Es liegt aber ein Abänderungsantrag vor, derihrien auf den Tisch gelegt worden ist. Ich mache darauf aufmerksam, daß Absatz 1 dieses Abänderungsantrages wörtlich in der Beilage 71~ enthalten ist, daß also nur der Absatz 2 eine Ergänzung bedeutet.
Da:zu hät das Wort erbeten der Herr Abgeordnete Dr. Schweiger.
·Dr. Schweiger (BP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dem einstimmig angenommenen Antrag folgenden 2'. Absatz hinzuge,fügt:
Vor der e:tidgültigen Entscheidung sind bei der Umorganisation" der Landpolizei (Schaffung von Großraumstationen) die unteren Verwaltungsbehörden . (Landkreisverwaltungen) und ihre· besc):ilußfassenden Organe (Kreistage) zu hören.
Die Begründung geht allein'schon daraus hervor, daß Herr Kollege Huber all die Bedenkep. vorgetragen hat, welche Abgeordnete in ihren Stimm-: kreisen sammeln konnten. Es ist Tatsache, daß die Landpolizei heute bei der .Schaffung dieser Großraumstationen sehr ungern El.nwendungen der unteren Verwaltungsorgane entgegennimmt.
Wenn vorher von Oberb~yern gesprochel;l wurde, so darf ich hier einige Beispiele aus Schwaben zi- · tieren, die darlegen sollen, warum dieser Antrag nun el.nmal gestellt wurde, daß untere Verwaltungsorgane mit gehört werden sollen. In Schwaben sind nach 1~45 5 oder 6 kreisunmittelbare Städte geschaffen worden, die in der Größenordnung zwi-
Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 899
(Dr. Schweiger [BP])
sehen 10 000 und 20 000 Einwohnern liegen. Diese Städte haben heute mit den Landkreisen nichts zu tun.
Nun wurde beim Polizeiorganisationsgesetz, § 27 Absatz 3, folgende Fassung gewählt:
Landpolizeiinspektionen sind für den Bereich eines jeden Landkreises am Sitz des Landratsamtes einzurichten.
Als dieses Gesetz beraten wurde, war, glau'be ich, noch nicht bekannt, daß die Landpolizei umorganisiert und Großraumstationen geschaffen werden
·sollen. Durch die Bestimmung, daß die Großraumstationen, die Inspektionen, immer am Sitz des Landratsamtes errichtet werden sollen, ergeben sich Unzulänglichkeiten. Ich glaube, es wäre sogar zweckmäßig, hier eine Gesetzesänderung vorzunehmen, und zwar „sind einzurichten" in „sollen eingerichtet werden" umzuändern, darn'it ein gewisser Spielraum bei der Umorganisation der Landpolizei vorhanden ist.
Ich sprach vorhin davon, daß die einzelnen kleinen kreisunrnittelbaren Städte heute Sitz der Großraumstationen werden sollen. Aber. all diese kreisunmittelbaren Städte haben bereits eigene Ortspolizeien bzw. Stadtpolizeien; denn die kreisunmittelbaren Städte sind verpflichtet, eine eigene Polizei zu unterhalten. Demzufolge hätten die Großraumstationen der Landpolizei in diesen Städten überhaupt nichts zu tun. Sie müßten also erst aus der Stadt fahren, um draußen auf dem flachen Lande eingesetzt werden zu können. Viele Kollegen - ich spreche hier besonders die Herren Landräte an, die im Landtag sitzen - wissen ganz genau, daß in den Landkreisen - oft ist ja nicht nur eine Stadt da, sondern es sind zwei oder drei Städte da - ein großer Ringkampf und Konkurrenzkampf stattfindet, wobei es zum Teil um Prestigefragen geht, die man mehr oder weniger verstehen kann. Es ist nur zu wünschen, daß man hinsichtlich dieser Landkreise, in denen kreisunrnittelbare Städte vorhanden sind, im Zuge der Verwaltungsreform den Mut findet, eine ähnliche Rangfolge zu schaffen, wie wir sie in Baden-Württemberg haben. Die nach 1945 getroffene Regelung war vielleicht ein Rückschritt und nicht zum Wohle der Landkreise und, der bäuerlichen Bevölkerung, wenn auch vielleicht zum Wohle der kleinen Städte. Wenn später einmal diese kreisunrnittelbaren Städte diesen Rechtscharakter verlieren, dann könnten die Landpolizeistationen in diesen Städten untergebracht werden. Heute kann es jedoch unter keinen Umständen als richtig in der Organisation betrachtet werden, wenn die Landpolizei mit einer
. Stärke von 60 bis 80 Köpfen in Städten sitzt, in denen sie überhaupt nichts zu tun hat.
Ich möchte Sie deshalb bitten, diesen zweiten Absatz, den wir dem Antrag angefügt haben, anzunehmen, so daß die Kreistage - so ist es nun einmal in der Demokratie - zu diesen Fragen wenigstens Stellung nehmen und bei der Neuorganisation der Landpolizei durch Zusarnmenfas-
sung in Großraumstationen wenigstens durch einen Ratschlag mitsprechen können, wenn auch vielleicht ihre Beschlüsse dann nicht berücksichtigt werden.
P.räsident Dr. Ehard: Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.
Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Der vorn Ausschuß angenommene Text des Antrags zur Frage der Urngliederung der Landpolizei ist seinerzeit auch vonseiten des Innenministeriums in der entsprechenden Weise gutgeheißen worden.
Zu dem sogenannten Abänderungsantrag der Bayernpartei, der mehr oder weniger ein Zusatzantrag ist, habe ich folgendes auszuführen: Der erste Teil dieses Satzes, nämlich daß vor der Schaffung einer endgültigen Lösung die unteren Verwaltungsbehörden - also hier in concreto- die Landräte - zu hören sind, ist bereits erledigt. In allen Fällen, in denen von seiten des Landpolizeipräsidiums eine Lösung vorgeschlagen wurde, ist mit den Landräten Fühlung aufgenommen worden. Es haben sogar größere Besprechungen auch bei den Regierungspräsidenten stattgefunden. Es ist also in dieser Hinsicht dem Antragsvorbringen bereits entsprochen.
Gegen den zweiten Teil des Antrags muß allerdings von seiten der Staatsregierung Widerspruch angemeldet werden. Nach Artikel 77 der Bayerischen Verfassung ist die Einrichtung der Behörden im einzelnen eine Obliegenheit der Staatsregierung und auf Grund der v·on ihr erteilten Ermächtigung den einzelnen Staatsministerien überlassen. Es kann also nicht ohne weiteres gefolgert werden, daß die Landkreise mit ihren Kreistagen zu diesen doch sehr schwierigen reinen Organisationsproblemen noch einmal gehört werden sollen. Dies ist kein übergehen der Bevölkerung; denn die ganze Umorganisation erfolgt ja in Ausfluß der Organisationsgewalt der Staatsregierung. Ich möchte dabei darauf hinweisen, daß bisher schon eine solche Fülle von Vorschlägen von den verschiedensten Seiten auf die entsprechenden Dienststellen eingehagelt sind, daß wir nicht glauben, daß durch Beschlüsse der Kreistage - es handelt sich ja im wesentlichen nur um territoriale Verschiebungennoch wesentliche neue Gesichtspunkte beigebracht werden. Ich glaube, wir haben 10 oder 12 Denkschrift~n allein von verschiedenen Städten, die sich um eine Großraumstation bewerben.
Auf der anderen Seite haben wir aber das grundsätzliche Bedenken, daß es sich hier um einen Eingriff in die Exekutivgewalt der Staatsregierung handelt. Es ist nur ein Fall, nämlich die Ernennung der Regierungspräsidenten, bekannt, bei dem ein Gremium zu hören ist, und für diese Verpflichtung ist - wie es sicherlich richtig ist - die Gesetzesform gewählt worden. Ein Antrag ist also nicht die richtige :B;orrn dafür. '
(Abg. Dr. Hoegner: Der Landrat kann ja seinen Kreistag anhören!)
- Er kann ihn sowieso hören, wenn er das will; und wenn er das bisher nicht gemacht hat, dann
900 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Staatssekretär Junker)
dürfte er wahrscheinlich em1ge Gründe dafür gehabt haben. Er könnte es jedenfalls, wie ich aus zehnjähriger Erfahrung selbst weiß, ohne jede Schwierigkeit machen.
Nun möchte ich auf ein anderes Thema zu sprechen · kommen, das der Herr Abgeordnete Dr. Schweiger gerade angeschnitten hat, nämlich die Frage, ob die Großstationen zweckmäßigerweise ebenfalls am Sitz des Landratsamts eingerichtet werden sollen. Wir sind bereits in drei Fällen davon abgewichen. Wir werden in Zukunft wohl auch Inspektion' und Großstation nicht trennen. Wir werden also auch in Zukunft Ausnahmen von der bisher vorgesehenen Regelung - daß am Sitz des Landratsamtes die Inspektion zu sein hat, wie im Polizeiorganisationsgesetz festgelegt ist - machen können und werden dem Hohen Hause auch hier eine Änderung des Pölizeiorganisationsgesetzes vorschlagen. Nach den drei Ausnahmen sind zwei weitere - das kann ich, ohne Namen zu nennen, Herr Abgeordneter Dr. Schweiger, sageh -bereits in unserem Ministerium so gut wie beschlossen, so daß eine Änderung in dem von Ihnen ins Auge gefaßten konkreten Fall vielleicht sogar implicite damit verbunden ist.
Nach dieser Auskunft, die vielleicht auch Sie ent-~PreGhe11d befdedigt, ro9chte.Jch_füe __ ciQGh Jiitte:ri, _ von der Annahme des zweiten Teils abzusehen. Er rennt in seinem ersten Satz offene Türen ein. In seinem zweiten Satz scheint er mir verfassungsrechtlich nicht durchführbar zu sein.
Präsident Dr. 1Ehard: Das Wort hat noc.b.mals Herr Abgeordneter Dr. Schweiger.
Dr. Schweiger (BP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr kurz: Es freut mich, daß der Herr Staatssekretär eine so klare Auskunft gegeben hat und in drei positiven Fällen entgegen dem Polizeiorganisationsgesetz nun doch die Inspektion bereits dorthin gestellt hat, wohin die Großraumstationen kommen, also anscheinend nicht an den Sitz des Landratsamtes. Andere Orte könnten also, wenn es für sie in Frage kommt und sie den Antrag richtig begründen, ebenfalls etwas erreichen.
Wenn der Herr Staatssekretär nun schon so charmant aus seiner zehnjährigen Erfahrung heraus gemeint hat, daß ich vielleicht übergangen worden sei, so darf ich hier vor dem- Hohen Hause klarstellen, daß auch mit mir Rücksprache gepflogen worden ist. Diese Rücksprachen bei allen diesen Landratsämtern haben aber stattgefunden, als noch nicht bekannt war, wohin die Großraumstation kommen sollte und wie die ganze Umorganisation überhaupt aussieht. Damals wurde mit uns die Frage besprochen. Es wurde 1.UhS· aber nicht gesagt, daß die Großraumstation da oder dorthin komme und wohin die detachierten Stellen kämen. Das wurde uns allen nicht gesagt. Wir wurden leider nur gehört. Dazu muß ich aber sagen: Man hat uns nur angehört und uns eine Stunde Zeit geschenkt. Wenn die Herren der einzelnen Land-
polizeidirektionen der Regierungen. nicht gekommen wären, dann hätten sie dem Staat das Benzin und sich selbst die Zeit gespart; denn das, was wir damals sagten, hatte so viel Wert, als wenn an die Wand hingesprochen worden wäre.
Nachdem Sie, Herr Staatssekretär, die bindende Auskunft gegeben haben, daß man über diese Dinge sprechen könne, ziehe ich im Auftrag der Bayernpartei den Absatz 2 des Abänderungsantrages zum Antrag auf Beilage 712 zurück.
(Sehr gut!)
Präsident Dr. Ehard: Der Abänderungsantrag ist damit zurückgezogen. Wird das Wort gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter Hanauer!
Hanauer (CSU): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nachdem die Debatte über den Abänderungsantrag eine Klärung der Situation gebracht hat, möchte ich nur noch ein kurzes Wort sagen. Dazu wurde ich durch das Abgangswort des Herrn Staatssekretärs veranlaßt, der erklärte, der Antrag renne offene Türen ein. Das macht mich etwas skeptisch. Ich möchte deshalb nicht so sehr zu· Ihnen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, sprechen, weil Sie dem Antrag wahrscheinlich genauso wie im Ausschuß Ihre Zustimmung geben werden. Ich möchte aber die Staatsregierung dringend bitten; nicht-von -der -Auffas"sung auszugehen, daß das, was bisher geplant ist und was allmählich so durchgesickert ist, nun dem Inhalt und dem Gedanken dieses Antrags Rechnung trage. Es geht uns nicht darum - um ein Wort des Herrn Innenministers im Ausschuß aufzugreifen -, die Regierung am Regieren zu hindern, sondern wir möchten, daß die· Stimmen derjenigen, die auf Grund der örtlichen Nähe die Probleme kennen und erkennen, bei der Planung wirklich gebührend berücksichtigt werden. Ich glaube, es geht gar nicht so sehr darum, die Kreistage einzuschalten - was jeder Landrat kann -, sondern es geht darum, Herr Staatssekretär, daß Sie Ihre unteren und mittleren Polizeibehörden, die wirklich das größte Maß art Erfahrung, an Material und an Unterlagen haben, nicht nur anhören, sondern daß Sie deren Vorstellungen auch Ihren Planungen zugrunde legen. Wenn ich mir die Pla- , nungsvorbereitungen, von denen ich etwas erfahren habe, ansehe, so haben Sie Stationen mit 6, 7, 8 und 9 Funkwagen, aber auch solche mit zwei oder drei Wagen. Es wäre deshalb im Rahmen Ihrer Organisation durchaus möglich, die Stationen mit acht oder neun Funkwagen in zwei oder drei Stationen aufzuteilen, wenn die großen Siedlungen, ' der dichte Verkehr, die Nähe der Großstadt, die Nähe der Grenze dies im Interesse der Sicherheit gebieten. Mit detachierten Nebenstellen, die nicht motorisiert sind, Herr Staatssekretär, das wissen Sie ganz genau, die an das Amtszimmer gebunden und mit einem stets wechselnden Personalstand versehen sind, ist nichts zu machen. Letztlich müßte gerade das Leitmotiv Ihrer Organisationsplanung sein: Sicherheit geht über alles!
(Beifall)
Bayerischer· Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 901
Präsident Dr. Ehard: Weitere Wortmeldungen? -Herr Abgeordneter Falk!
Falk (FDP): Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kollegen von Oberbayern und Schwaben!
(Sehr gut! - Heiterkeit)
Sie können nichts dafür, daß Sie diesmal etwas hintennach hinken.
(Heiterkeit)
Aber es zeigt sich eben doch, daß die Franken etwas weiter sind, mindestens hier. Bei uns sind nun diese Großraumstationen eingeführt worden. Die Organisation hat bestens geklappt und sie klappt auch heute noch. Ich darf Ihnen - ergänzend zu dem, was der Herr Staatssekretär schon ausgeführt hat - zu Ihrer Beruhigung sagen, daß man weithin die Wünsche der Landkreise und der dortigen Bevölkerung berücksichtigt hat. Selbst kreisfreie Städte hat man dahingehend berücksichtigt, daß sogar die Stadtpolizei, wenn es ausdrücklich gewünscht war, übernommen wurde, um einerseits die Städte zu entlasten und andererseits eine tadellose Organisation der Landpolizei zu erreichen. Außerdem haben sogar zusätzliche Ortstermine, bei denen das Innenministerium anwesend war, stattgefunden. Man hat nur im besten Einvernehmen mit den dortigen Behörden gearbeitet und hat die Sache bestens durchgeführt, so daß wir heute im mittelfränkischen Raum mit der jetzigen Organisation ausgezeichnet· zufrieden sind. Ich glaube nicht, daß sich im Innenministerium irgend etwas gewandelt hat, sondern man wird dort heute genau so handeln wie vor einigen Jahren in Franken, so daß nach der Umorganisation auch unsere Kollegen aus Schwaben und Oberbayern bestens befriedigt sein werden.
(Zuruf von der SPD: Zum erstenmal für die Regierung!)
Präsident Dr. Ehard: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Ab s tim m u n g.
Der Abstimmung liegt zugrunde Beilage 712; ein einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen.
Wer dem Vorschlag des Ausschusses auf Beilage 712 zu.stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - 4 Stimmenthaltungen, im übrigen ohne Gegenstimme so beschlossen.
Jetzt rufe ich auf den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. HammBrücher betreffend Vorlage eines neuen
Waffengesetzes (Beilage 659)
Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 711) berichtet der Herr Abgeordnete Bezold.
Bezold (FDP), B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr Präsident, Hohes Haus! Der Antrag von Frau Dr. Harrim-Brücher auf B~ilage 659 lautet:
Der Landtag wolle be.schließen:
Auf Grund der zunehmenden Gefährdung der Bevölkerung durch verantwortungslose Schießereien Jugendlicher wird die Staatsregierung ersucht, das neue Waffengesetz beschleunigt vorzulegen und die darin vorgesehenen Bestimmungen über Erwerb und Besitz von Schußwaffen sowie die Kontrolle der Waffengeschäfte wesentlich. zu verschärfen.
Der Antrag stammt vom 6. August 1959. Der Rechts- und Verfassungsausschuß hat diesen Antrag nach den Ferien am 22. September 1959 behandelt. Dabei ergab sich, daß ich selbst zugleich Berichterstatter und Vertreter des Antrags war.
Ich glaube, ich kann mich sowohl hinsichtlich der B er i c h t e r s t a t t u n g als auch der V er t r e -tun g des Antrags sehr kurz fassen. Wir haben wohl alle - wenigstens im Ausschuß war das der Fall - .das Gefühl, daß sich hinsichtlich der Waffenführung von Jugendiichen in den letzten Zeiten vieles ergeben hat, was Anlaß zu Trauer und Bestürzung gab. Sie wissen, daß in München sogar ein Menschenleben zu beklagen war und die Polizei zugeben mußte, daß der Ort, an dem sich dieser Unfall oder Totschlag - wie Sie es .nennen wollen - ereignet hat, schon seit langer Zeit als eine Art wilder Übungsplatz für Waffenübungen, vor allem für Waffenübungen Jugendlicher, be-· nützt wird, wobei es schwierig ist - vor allem in einem Wald-, den Dingen auf die Spur zu kom.., men. Denn so viele Polizeikräfte sind gegebenenfalls doch nicht einsatzbereit. Den Dingen kann also - das war unsere Meinung im Ausschuß -nur dann gesteuert werden, wenn sie wirklich von der Wurzel her gepackt werden, und wenn man die Maßnahmen, die der Antrag .auf Beilage 659 vorsieht, mit Hilfe der Staatsregierung durchführt. Ich habe also beantragt, diesen Antrag anzunehmen.
Der Herr Mi t b e r i c h t e r s t a t t e r Kramer hat meinen Ausführtingen zugestimmt. Die Staats\,, regierung gab dann durch Herrn Ministerialdirigent Dr. Mayer eine sehr ausführliche und sachliche Erklärung. Es wurde klargestellt, daß Faustfeuerwaffen nur gegen Waffenerwerbs~chein abgegeben werden dürfen. Anders sei es bei den langen Waffen, das sind Kleinkalibergewehre, Flobertstutzen und Luftgewehre, die zwar nach dem strengeren bayerischen Recht waffenscheinpfüchtig seien, deren Erwerb aber nicht an eine behördliche Genehmigung gebunden sei. Strafbar sei nur das Mitsichführen einer solchen Waffe ohne Waffenschein außerhalb des umfriedeten Besitztums in der Absicht, notfalls von ihr Gebrauch zu machen. Pas Staatsministerium des Innern sei mit dem Antrag vollkommen einverstand~n, nur zu der Fassung: „das neue Waffengesetz beschleunigt vorzulegen" sei folgendes zu sagen:
Das Waffengesetz vom März 1938 gelte nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das in einer Entscheidung über das Schußwaffengesetz vom 29. April 1958 hierüber Ausführu.ngen gemacht habe, nur zum Teil als Landesrecht f?rt. Als
902 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Bezold [FDP])
Bundesrecht gelte es fort in dem gewerberechtlichen Teil, der die Waffenfabrikation, Waffeninstandsetzung und den Waffenhandel einschließlich Ein- und Ausfuhr regelt. Insoweit stehe die künftige Novellierung dem Bund zu. Die Länder könnten lediglich den Erwerb, den Besitz und das Führen von Waffen regeln. Um zu einer sinnvollen Novellierung zu kommen, bei der vor allem der Waffenbesitz einheitlich geregelt sei, seien zwei Ausschüsse gebildet worden. In einem Ausschuß sei der Bundeswirtschaftsminister zusammen mit den gewerblichen Abteilungen der Länder federführend; auch die Sicherheitsbehörden seien darin vertreten. Für die Länderwaffengesetze sei ein Unterausschuß gebildet worden, in dem die Innenmini-
, sterien der Länder vertreten seien, die an den Länderwaffengesetzen arbeiten. Beide Entwürfe seien bis auf die redaktionelle Schlußaussprache, die voraussichtlich im Oktober stattfinden werde, fertiggestellt. Es sei aber nicht gut möglich, daß die Länder ihre Länderwaffengesetze einbräChten, bevor das Bundeswaffengesetz über die Bühne ge-
· gangen sei, weil der Waffenbegriff, der im Bundesgesetz festgelegt werden müsse, als maßgeblicher Grundbegriff in die Ländergesetze übernommen werden solle, uni Schwierigkeiten im Vollzug zu vermeiden.
Es sei an sich bedauerlich, daß diese einheitliche Materie durch das Grundge~etz in zwei Teile zerrissen werde. Die verschärfte Kontrolle der Waffengeschäfte, die der Antrag wünsche, müsse in das Bundesgesetz - weil es ja eine gewerbliche Angelegenheit ist -, während die Bestimmungen über den Besitz von Schußwaffen in die Ländergesetze aufgenommen werden könnten.
Beide Entwürfe zeigten erhebliche Verschärfun·gen. So sollten Personen unter 14 Jahren über-
Besitz von Schußwaffen sowie die Kontrolle der Waffengeschäfte wesentlich zu verschärfen.
Ich bitte das Hohe Haus, diesem Beschluß beizutreten.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Es wird vorgeschlagen, dem einstimmigen Beschluß des Ausschusses auf Beilage 711, den der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, beizutreten. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Dann würde ich vorschlagen - ich muß eine Auswahl treffen wege~ der Berichterstatter - -
(Mehrere Zurufe)
- Die Lautsprecheranlage, die an sich neu ist, ist noch nicht ganz in Ordnung. Sie ist erstens furchtbar laut und zweitens - ~
(Abg. Dr. Hoegner: Die ·reinste Sphärenmusik! - Abg. Bezold: Aber erst seit sie erneuert und „verbessert" worden ist! Das
ist die Technik!)
- Sie muß erst eingestellt werden.
(Abg. Dr. Hoegner: Faust erster Teil, wenn der Vorhang a1;1fgeht!)
Ich würde dann vorschlagen, den Punkt 8 b zu nehmen; er geht, glaube ich, ohne weiteres. - Es sind die
Anträge der Abgeordneten Röhrl (Beilage 668), Dr. Hoegner, Irlinger und Fraktion (Beilage 669) und Wimmer (Beilage 671) betreffend Hilfsmaßnahmen für die
Jiochwassergeschädigten
haupt keine Waffen mehr erwerben können; an Über die Verhandlungen des Ausschusses für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren dürften Staatshaushalt und Finanzfragen (Beilage 710) be-nur mehr ganz leichte Luftgewehre abgegeben richtet der Herr Abgeordnete Dr. Eisenmann. Ich werden. ' - - -- - bitte ihn. -~ - --
(Zuruf: Einstimmiger Beschluß!)
Wie erwähnt, habe Bayern schon bisher eine Verschärfung gehabt; sie sei unter dem damaligen Innenminister Dr. Hoegner eingeführt worden, weil die Klagen zunahmen, daß viele Jugendliche auf Vögel schießen.
Er bitte darum, das Wort „beschleunnigt" - so sagte der Vertreter der Regierung - durch „so bald wie möglich" zu ersetzen.
Ich als Berichterstatter habe diese Änderung übernommen und der Ausschuß hat den Antrag unter Berücksichtigung dieser Änderung des Wortes „beschleunigt" angenommen. Der Antrag lautet jetzt:
Auf Grund der zunehmenden Gefährdung der Bevölkerung durch verantwortungslose Schießereien Jugendlicher wird die Staatsregierung ersucht, das neue Waffengese~z so bald wie möglich vorzulegen und die darin vorgesehenen Bestimmungen über den Erwerb und
Dr. Eisenmann (CSU), B er ich t erstatte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat in seiner 38. Sitzung am 22. September die drei ~hnen vom Herrn Präsidenten soeben zitierten Anträge eingehend beraten. Nach sehr ausführlicher Debatte kam er zu dem einstimmigen Ergebnis, einen Abänderungsantrag des Herrn Kollegen Röhrl anzunehmen, also die drei Anträge in diesen Abänderungsantrag zusammenzufassen. Dieser Antrag ist auf Beilage 710 wiedergegeben. Ich darf ihn verlesen:
Die Staatsregierung wird ersucht, im Hinblick auf die neue Hochwasserkatastrophe vom August 1959
1. die eingeleitete Auszahlung der Notstandsbeihilfen für die schwerbetroffene Bevölkerung beschleunigt fortzusetzen,
2. die bereits eingeleiteten wasserwirtschaftlichen Verhandlungen mit den österreipli-
------ ------------
Bayerischer J;_,arü~tag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 903'
(Dr. Eisenmann [CSU])
sehen Stellen zur raschen Erreichung der Hochwassersanierung der Salzach fortzusetzen,
3. die notwendigen umfassenden Hochwasserschutzbauten an den bayerischen Nebenflüssen der Salzach (Saalach, Sur und Achen) raschestens in Angriff zu nehmen,
4. im Rahmen der Erhöhung der Mittel des Alpenplanes speziell für einen ausreichenden Schutz der hochwassergefährdeten Gebiete Südostbayerns, insbesondere des Salzachtales, die notwendigen bayerischen Mittel zur Verfügung zu stellen und
5. soweit der Hochwasservollschutz durch technische Maßnahmen in wirtschaftlich vertretbarer Weise nicht erbracht werden kann, durch Mittelbereitstellung für freiwillige Aussiedlung bzw. Nutzungsänderung der Bevölkerung zu. helfen.
Ich empfehle Ihnen, dem einstimmigen Ausschußbeschluß beizutreten.
Präs'ident Dr. ·Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abs.tim m u n g über die Beilage 710', die der Herr Berichterstatter vorgetragen hat. Der Vorschlag des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen ist einstimmig gemacht worden. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Nun möchte ich vorschlagen, den Punkt 8 a zu behandeln - allerdings ist vom Finanzministerium niemand da.
Es ist der
Antrag der Abgeordneten J)r. Heubl, Winkler, Dr. Elsen, Röhrl und Fraktion, Dr. Becher, Riediger und Fraktion, Kallenbach, Bezold und Fraktion betreffend Umstellung des Haushaltsjahres auf das
Kalenderjahr (Beilage 553)
Es handelt sich um einen einstimmigen Beschluß. Besteht eine Erinnerung dagegen, daß wir den Antrag heute behandeln? -
Bitte, Herr Abgeordneter Zillibiller; ich gebe Ihnen das Wort zum Bericht über die Verhandlungen des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen (Beilage 753).
Zillibiller (CSU), B er ich t erstatte r : Meine Damen und Herren! Der auf Beilage 553 vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen wurde in der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 9. Oktober behandelt. Der Aussprache zum Antrag ging eine längere Ausführung des Herrn Finanzministers über die Haushaltslage voraus. Ihr war zu entnehmen, daß bereits ein großer Teil der in den drei Punkten des Antrags verlangten Maßnahmen
eingeleitet ist und daß über die anderen verlangten Maßnahmen bereits Erwägungen angestellt werden. Der Antrag fand daraufhin die einstimµiige Annahme des Haushaltsausschusses. Der Herr Finanzminister hat lediglich noch auf eine Anfrage hin betont, daß die Staatsregierung nicht daran denke, die zweijährige Haushaltsberatung weiterzuführen, sondern daß nur für die Übergangszeit die drei Vierteljahre und das folgende Jahr zusammen behandelt werden sollen.
Präsident Dr. Ehard: Es wird Zustimmung vorgeschlagen zu dem Antrag auf Beilage 553, der folgendermaßen lautet:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird ersucht:
1. im Bundesrat dahin zu wirken, daß die Umstellung des Haushaltsjahres auf das Kalenderjahr von allen Ländern gleichlaufend mit der Umstellung des Bundeshaushaltes zum 1. Januar 1961 vollzogen wird;
2. alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Gemeinden, Gemeindeverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften die Umstellung zu erleichtern;
3. alle Maßnahmen, insbesondere die gesetzlichen Vorlagen, zeitgerecht vorzubereiten, um die Umstellung des Bayerischen Staatshaushaltes zum 1. Januar 1961 zu gewährleisten.
Es handelt sich um einen einstimmigen Beschluß. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Antrag auf Beilage 553, wie er von mir verlesen worden ist, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Der Herr Finanzminister hat, da er heute schon weggehen mußte, gebeten, zwei weitere Punkte möchten zurückgestellt werden. '
Da der Herr Abgeordnete Bantele da ist, kön-nen wir noch Punkt 10 a erledigen:
Antrag der Abgeordneten Werner und anderer betreffend :Unterrichtung der Volks- und Berufsschüler über die :Bedeu-
tung der Bienenzucht (Beilage 179)
Über die Verhandlungen . des Ausschusses für kulturpolitische Fragen (Beilage 707)
(Abg. Winkler: Das gehört in den Sicher hei tsa ussch uß !)
berichtet der Herr.Abgeordnete Bantele.
Bantele (BP), Berichterstatter: Der Kulturpolitische Ausschuß befaßte sich mit dem Antrag auf Beilage 179, der lautet:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird ersucht, anzuordnen, daß in den naturkundlichen Fächern der
904 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den zo. Oktober 1959
(Bantele [BP])
Oberklassen der Volksschulen und Berufsschulen die Bienenzucht entsprechend ihrer Bedeutung behandelt wird.
Nach Ausführungen des J3 er ich t erstatte r s und des Mi t b er i c h t e r s t a t t e r s , die beide auf die volkswfrtschaftliche und volksgestindheitliche Bedeutung der' Bienen und ihrer Arbeit hinwiesen, und einer eingehenden Debatte, an der sich alle Mitglieder des Ausschusses beteiligten, stimmte der Ausschuß folgender Fassung des Antrags einstimmig zu:
Die Staatsregierung wird ersucht, anzuregen, , daß in ·den Schulen, vor allem in den ländlichen Volksschulen ;und landwirtschaftlichen Berufsschulen, die Biene und ihre volkswirt.:. schaftliche Bedeutung im Unterricht behandelt wird.
Ich bitte, dem beizutreten.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Es handelt sich um den einstimmigen Beschluß des Kulturpolitischen Ausschusses auf
, Beilage 707, wie ihn der Berichterstatter eben vor-getragen hat. , ·
Wer ih:rn . beitreten will, den bitte ich um ein Hand:;;eichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Punkt 10 b der Tagesordnung können wir heute nicht mehr erledigen, weil der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Helmschrott, nicht mehr da ist.
Aber Punkt 9 a kann ich aufrufen:
Antrag· der Abgeordneten Wolff und Hirsch betreffend Vorlage eines Ausbauplanes für
ein Luftverkehrsnetz in Bayern (Beilage 548)
, Über die Verhandlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr (Beilage 727) berichtet der Herr Abgeordnete Demeter.
Demeter (SPD), B er ich t erstatte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr behandelte in seiner 15. Sitzung am 1. Oktober 1959 den Antrag der Abgeordneten Wolff und Hirsch betreffend Vorlage 'eines Ausbauplanes für ein Luftverkehrsnetz in Bayern. Nach eingehender Beratung dieser Materie beschloß der Ausschuß einstimmig folgende Fassung, die auf Beilage 727 ab'gedruckt ist:
Die Staatsregierung wird ersucht, zu prüfen, ob Voraussetzungen für die Erstellung eines Luftnahverkehrsnetzes unter Berücksichtigung einer künftigen wirtschaftlichen und verkehrsmäßigen Entwicklung bestehen. ·
Ich bitte, diesem Antrag beizutreten.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge-wünscht? -
Wer dem Antrag auf Beilage 727, wie ihn der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte
um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? Einstimmig beschlossen.
Wir können noch Punkt 9 b erledigen:
Antrag ~er Abgeordneten Huber Ludwig und Dr. Heubl betreffend Beschleunigung der Planungen zur Verbauung der Tiroler
Ache (Beilage 611)
Über die Verhandlungen des Ausschusses füi Wirtschaft und Verkehr (Beilage 728) berichtet der Herr Abgeordnete Essl. · · '
Essl (SPD), B er ich t erst a t t er : Herr Präsid!=nt, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr hat sich in seiner 15. Sitzung am 1. Oktober 1959 mit einem Antrag des Kollegen Huber Ludwig beschäftigt, der auf Beilage 611 abgedruckt ist und folgenden Wortlaut hat:
Der Landtag wolle beschließen:
'Die Staatsregierung' wird ersucht, die Pla..: nungen zur Verbauung der Tiroler Ache beschleunigt zum Abschluß zu. bringen.
Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der ' Herr Kollege Ramelsberger.
Als B er ich t e r s t a t t e r wies· ich darauf hin, daß die Verbauung der Tiroler Ache schon seit 1928130 geplant, aber noch nicht ausgeführt worden sei, weil die Anlieger die geforderte fünfzehnprozentige Beteiligung an der Bausümme nicht hätten tragen können ..
Der Kollege H u b e r beschäftigte sich sehr eingehend mit den geschichtlichen Vorgängen um die Verbauung der Tiroler Ache und legte dar, die Verbauung der Tiroler Ache sei seit 80 Jahren geplant, aber i:n;imer wieder hinausgeschoben worden. Er nannte drei mögliche Lösungen: Erstens eine völlige. Verbaruung von der Grenze bis Marquartstein; diese Lösung könne aber, meinte er, an den finanziellen Möglichkeiten scheitern. Zweitens die Verbauung wenigstens der besonders gefährdeten Teile der bisher nicht verbauten Strecke. Drittens die Schaffung einer Rückstauanlage auf österreichischem Gebiet.
kls Vertreter der Regierung schilderte Herr Ministerialrat Be r g l er noch einmal sehr eingehend die VerhäJ.tnisse. Er wies besonders darauf hin, daß die Oberste Baubehörde nach dem Bekanntwerden des vorliegenden Antrags eine Studie über die Möglichkeiten der Hochwasserfreiiegung dieses Bereichs aufgestellt habe. Nach deren genauen Ermittlungen betrage die überschwemmte Fläche im Bereich zwi"'." sehen d·er Landesgrenze und Marquartstein rund 460 Hektar, von denen 350. landwirts.chaftlich genutzt seien. Etwa 12 Anwesen seien in diesem Abschnitt durch Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen worden.
Auch der Regierungsvertreter hat eine Reihe vbn Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Dann haben sich die Kollegen R a m e 1 s b e r g e ,r und H u b e r noch einmal sehr eingehend mit dem Antl'ag beschäftigt.· Der Herr Kollege Dr. W ü 11 n e r hat insbesondere erklärt, daß er wenig Verständnis. dafür habe, daß bisher vonseiten der Staatsregierung, wie
Bayerischer Landtag' - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 905
(Essl [SPD])
vom Regierungsvertreter ausgeführt, versäumt worden sei, die notwendigen Verhandlungen mit Tirol aufzunehmen.
Am Ende hat dann der Ausschuß den Antrag in der Fassung der Beilage ·611 einstimmig angenommen. Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag ebenfalls einstimmig anzunehmen.
„räsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Antrag auf Beilage 611 lautet:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird ersucht, die Planungen zur Verbauung der Tiroler Ache beschleunigt zum Abschluß zu bringen.
Das i:st ein einstimmiger Vorschlag .des Ausschusses. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein HandZ'eichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Jetzt können wir noch den Punkt 11 a erledigen:
Antrag der Abgeordneten Weishäupl und Soldmann betreffend Maßnahmen zur Behebung der Arbeitslosigkeit älterer Arbeit-
nehmer (Beilage 419)
Auch hierzu liegt ein einstimmiger Ausschußbeschluß vor. Über die Verhandlungen des Sozialpolitischen Ausschusses (Beilage 528) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Brentano-Hommeyer.
Dr. Brentano-Hommeyer (BP), B er ich t er -statte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für sozialpolitische Angelegenheiten hat sich in seiner Sitzung am Freitag, dem 5. Juni 1959 mit dem Antrag auf Beilage 419 beschäftigt, der lautet:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Statsregierung wird ersucht, allen bayerischen Staatsbehörden die Verpflichtung aufzuerlegen, daß bei Errichtung neuer Dienststellen, bei Übertragung neuer Aufgaben oder bei Personalvermehrungen bevorzugt ältere Arbeitnehmer eingestellt werden.
Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr Kollege Pflüger.
Ich habe zunächst darauf hingewiesen, daß es trotz der Vollbeschäftigung noch. das Problem gibt, daß ältere Arbeitnehmer, insbesondere ältere Angestellte, nicht unterkommeh können, weil von der Industrie und der Wirtschaft hauptsächlich jüngere Kräfte gesucht werden.
Der Herr Kollege Pf 1 ü g er hat im gleichen · Sinne gesprochen, hielt aber eine Verpflichtung der Staatsbehörden für zu weitgehend und meinte, man solle den Behörden nur eine Empfehlung erteilen.
Der Herr Kollege S o 1 dm a n n führte für die Antragsteller aus, daß es sich doch noch um ein sehr erm;tes Problem handle und daß in der Öf-
fentlichkeit gerade durch das Schlagwort der Voll-:' beschäftigung vielfach falsche Auffassungen entstanden seien. Er gab zu, daß die Behörden, auch die Bundesbehörden, schon verschiedentlich Bemühungen unternommen hätten, um ältere Leute einzustellen. Er wies auch auf vorliegende Empfeh-; lungen des Bundesarbeitsministeriums hin, daß man bei den Dienststellen des Staates vor allem die älteren Angestellten mehr berücksichtigen sollte, meinte aber, daß das alles in vielen einzelnen Härtefällen eben doch ungenügend sei, daß es also zweckmäßig wäre, wenn der Landtag das Problem nochmals in Erinnerung brächte.
An der Debatte beteiligten sich die Kollegen Dr. Sahliger, Deininger Leonhard, Schmidramsl, Groß und Ohliger. Im wesentlichen ging es nur darum, ob man den Antrag in der vorgelegten oder in einer weniger scharfen Form, nämlich als Empfehlung an die Sfaatsregierung, annehmen solle. Der Ausschuß einigte sich schließlich aber doch dahin, den Antrag unverändert anzunehmen. Er wurde dann einstimmig angenommen.
Ich bitte das Hohe Haus, diesem Beschluß beizutreten.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Antrag auf Beilage 419, wie ihn der Be-richterstatter vorgetragen hat, lautet: ·
Die Staatsregierung wird ersucht, allen baye:: rischen Staatsbehörden die Verpflichtung aufzuerlegen, daß bei Errichtung neuer Dienststellen, bei Übertragung neuer Aufgaben oder bei Personalvermehrungen bevorzugt ältere Arbeitnehmer eingestellt werden.
Der. Sozialpolitische Ausschuß schlägt einstimmig vor, diesem Antrag zuzustimmen. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? -Es ist einstimmig so beschlossen.
Dann möchte ich als letzten Punkt den Punkt 11 b der Tagesordnung vorschlagen:
Antrag der Abgeordneten Dr. Hoegner, Weishäupl und Fraktion betreffend Errichtung von Auskunfts- und Beratungs-
stellen zur Betreuung der Versicherten (Beilage 566)
Es berichtet über die Verhandlungen des Ausschusses für sozialpolitische Angelegenheiten (Bälage 714) der Herr Abgeordnete Groß.
Groß (SPD), B er i c h t er s tat t er : Her.r Präsident, meine Damen und Herren! Der Sozialpolitische AussChuß hat sich in seiner 15. Sitzung am 24. September 1959 mit .einem Antrag Dr. Hoegner, W eishäupl und Fraktion, den Sie auf Beilage 566 finden, betreffend Errichtung von Auskunftsund Beratungsstellen .zur Betreuung der Versicherten befaßt. Er lautet:
Der Landtag wolle beschließen .
Die Staatsregierung wird ersucht, dahin zu wirken, daß die Bundesversicherungsanstalt für
906 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959
(Groß [SPD])
Angestellte in Berlin am Sitz der Landesversicherungsanstalten und in den größten Städten, unabhängig von der Tätigkeit der ehrenamtlichen Versichertenältesten, Auskunfts- und Beratungsstellen zur zweckmäßigen Betr~uung der Versicherten errichtet.
Da es sich um einen einstimmigen Beschluß handelt, kann ich mich mit meinen Ausführungen kurz fassen. Als Berichterstatter war ich eingeteilt, Mitberichterstatter war Herr Kollege Staudacher.
Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte handelt es sich um einen stark zentralisierten Versicherungsträger mit einer Versichertenzahl von 6 Millionen. Jährlich werden von der Bundesversicherungsanstalt .240 000 Rentenanträge und 150 000 Heilverfahrensanträge behandelt. 1958 hat:- , te die Bundesversicherungsanstalt einen durchschnittlichen monatlichen Posteingang von 400 000 Briefen zu verzeichnen. Aus diesen Zahlen, meine Damen und Herren, erkennen Sie, daß es große Schwierigkeiten macht, bei einem derart zentralisierten Versicherungsträger die VersfCherten entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu betreuen. Bei den Versicherten der LVA's in der Arbeiterversicherung ist es bedeuterid einfacher, weil man an die Landesversicherungsanstalten ohne weiteres herankommen kann, während mit Berlin
__________ . _ . nur eine_. äußerst. schwierige .. Verbindung.-besteht. Der Äntrag zielt deshalb darauf ab, daß den Versicherten der Angestelltenversicherung die Möglichkeit gegeben wird, durch die Errichtung von Auskunfts- und Beratungsstellen sich persönlich Auskünfte über ihre Rentenangelegenheiten dort einzuholen. Wir haben zur Zeit bei der Bundesversicherungsanstalt 1200 Versichertenälteste, die ehrenamtlich diesen Dienst in der Bundesrepublik und in Westberlin verrichten. Diese Versichertenältesten sind aber nicht autorisiert, Auskünfte mit rechtlicher Wirkung zu geben. Dieser Zustand ist
unbefriedigend. Der Antrag kommt nun dem Wunsch einer großen Zahl von Versicherten unter den Angestellten entgegen, die ihre Rentenangelegenheiten persönlich wahrnehmen wollen. Deshalb kam der Ausschuß für sozialpolitische Angelegenheiten zu dem einstimmigen Beschluß, den Antrag in folgender Form etwas abgeändert anzunehmen.:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird ersucht, dahin zu wirken, daß die.Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin am Sitz der Landesversicherungsanstalten und in den größten Städten, unabhängig von der Tätigkeit der ehrenamtlichen Versichertenältesten, baldmöglichst Auskunfts- und Beratungsstellen zur zweckmäßigen Betreuung der Versicherten errichtet.
Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt. Ich empfehle deshalb dem Hohen Haus die Annahme dieses Antrags.
Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu gewünscht? - Es wird einstimmig vom Sozialpolitischen Ausschuß vorgeschlagen, den Antrag auf Beilage 566 mit der Beifügung anzunehmen, daß vor „Auskunfts- und Beratungsstellen" das Wört.chen „baldmöglichst" eingefügt wird.
__ Y[c=_r_ ߧJ:!l _Q.E!.ii;:r-~te:tL_wJll, .. den __ bitte ich um_ein -- Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -
Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Ich schlage Ihnen vor, für heute abzubrechen und morgen um 9 Uhr, gleich beginnend mit der 2. Lesung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften, fortzufahren.
Damit ist die Sitzung für heute geschlossen.
(Schluß der Sitzung: 17 Uhr 56 Minuten)