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-------------------------.-------------··- ----·-·---··---·---·-·---·· Bayerischer Landtag 4. Wahlperiode Stenographischer Bericht 31. Sitzung am Dienstag, dem 20. Oktober 1959, 15 Uhr in München Geschäftliches . 878,889,896,897,903,904,906 Glückwunschtelegramme der Landtagspräsi- denten aus Anlaß des Wechsels im Amt des Bundespräsidenten . 878 70. Geburtstag der Abg. Wolf und Piechl, 65. Geburtstag des Abg. Lindig und 60. Ge- burtstag des Abg. Greib Nachrufe auf die ehern. Landtagsabgeordne- ten Maderer, Lutz, Herrmann Hans, Dr. Laforet und Herrmann Mathäus und· das ehern. Mitglied der Verfassungg 1 ebenden 878 Landesversammlung Fey 878 Sitzungsfolge . 879 Mündliche Anfragen gemäß § 78 GeschO 1. Kohlenabsatz im bayerischen Bergbau Rau (CSU) Staatsminister Dr. Schedl . 2. Zeitnaher Geschichtsunterricht sämtlichen Schulen Bayerns Sauer (SPD) Staatsminister Dr. Maunz .. 3. Bau von Schwesternwohnheimen Dr. Soenning (CSU) Staatssekretär Junker . 4. Auslieferung Dr. Eiseles Essl (SPD) Staatssekretär Hartinger Stenogr. Ber. d. Bayer. Landtags 1959 31. Sitz. (Slg.J an 879 87!) 880 880 881 881 881 881 5. Durchführung des Landtagsbeschlusses vom 26. Juni 1956 betr. bevorzugte Be- förderung von Diplominhabern der VerwaJtungsakademie Stenglein (SPD) . 882 Staatssekretär Dr. Lippert 882 6. Parkverbote im Bereich des Forstamts Etzenricht Dr. Schier (GB) 883 Staatsminister Dr. Hundhammer 883 7. Ablösurug des Coburg.er Staatsvertrags Förster (SPD) 883 Stellv. Ministerpräsident, Staatsminister Dr. Eberhard ' 883 8. Gefahr von P:rieiserhöhungen durch die Einführung einer Heizölsteuer Pöllath (BP) . 883 Staatsminister Dr. Schedl . 883 9. Änderung der Gemeindewahlordnung Kramer (SPD) Staatssekretär Junker 10. Hilfe für Treuchtlingen im Zug·der Ra- tionalisierungsmaßnahmen der Bundes- bahn Drexler (SPD) Staatsminister Dr. Schedl 11. Besieitigung der Notunterkünfte in Landsberg am Lech 884 884 884 884 Prochazka (GB) 885 Staatsminister Stain 885 12. Rückgang der Schülerzahlen an den landwirtschaftlichen Berufsschulen Kiene (SPD) · . 886 Staatsminister Dr. Maunz . 886 13. Anpassung der Einkommensgrenze des § 27 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes Wolff (SPD) 886 Staatssekretär Junker 887 14. Gefährdung der Einzelhandelsbetriebe durch ausländische „Supermarkets" Dr. Becher (GB) 887 Staatsminister Dr. Schedl . 887 15. Sperrung der Deutschen Alpenstraße bei Unterjettenberg wegen Holzbrin- gungsarbeiten Irlinger (SPD) Staatssekretär Junker 16. Eingemeindung der ausmärkischen In- dustriesiedlung Piding bei Bad Rei- chenhall 887 888 Gabert (SPD) 888 Staatssekretär Junker 888 17. Überhang an geprüften Hauptwacht- meistern bei der Bayer. Landpolizei Dr. Wüllner (GB) . 888 Staatssekretär Junker 889

31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

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Page 1: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

-------------------------.-------------··- ----·-·---··---·---·-·---··

Bayerischer Landtag 4. Wahlperiode

Stenographischer Bericht

31. Sitzung am Dienstag, dem 20. Oktober 1959, 15 Uhr

in München

Geschäftliches . 878,889,896,897,903,904,906

Glückwunschtelegramme der Landtagspräsi­denten aus Anlaß des Wechsels im Amt des Bundespräsidenten . 878

70. Geburtstag der Abg. Wolf und Piechl, 65. Geburtstag des Abg. Lindig und 60. Ge­burtstag des Abg. Greib

Nachrufe auf die ehern. Landtagsabgeordne­ten Maderer, Lutz, Herrmann Hans, Dr. Laforet und Herrmann Mathäus und· das ehern. Mitglied der Verfassungg1ebenden

878

Landesversammlung Fey 878

Sitzungsfolge . 879

Mündliche Anfragen gemäß § 78 GeschO

1. Kohlenabsatz im bayerischen Bergbau Rau (CSU) Staatsminister Dr. Schedl .

2. Zeitnaher Geschichtsunterricht sämtlichen Schulen Bayerns

Sauer (SPD) Staatsminister Dr. Maunz ..

3. Bau von Schwesternwohnheimen Dr. Soenning (CSU) Staatssekretär Junker .

4. Auslieferung Dr. Eiseles Essl (SPD) Staatssekretär Hartinger

Stenogr. Ber. d. Bayer. Landtags 1959 31. Sitz. (Slg.J

an

879 87!)

880 880

881 881

881 881

5. Durchführung des Landtagsbeschlusses vom 26. Juni 1956 betr. bevorzugte Be­förderung von Diplominhabern der VerwaJtungsakademie

Stenglein (SPD) . 882 Staatssekretär Dr. Lippert 882

6. Parkverbote im Bereich des Forstamts Etzenricht

Dr. Schier (GB) 883 Staatsminister Dr. Hundhammer 883

7. Ablösurug des Coburg.er Staatsvertrags Förster (SPD) 883 Stellv. Ministerpräsident, Staatsminister

Dr. Eberhard ' 883

8. Gefahr von P:rieiserhöhungen durch die Einführung einer Heizölsteuer

Pöllath (BP) . 883 Staatsminister Dr. Schedl . 883

9. Änderung der Gemeindewahlordnung Kramer (SPD) Staatssekretär Junker

10. Hilfe für Treuchtlingen im Zug·der Ra­tionalisierungsmaßnahmen der Bundes­bahn

Drexler (SPD) Staatsminister Dr. Schedl

11. Besieitigung der Notunterkünfte in Landsberg am Lech

884 884

884 884

Prochazka (GB) 885 Staatsminister Stain 885

12. Rückgang der Schülerzahlen an den landwirtschaftlichen Berufsschulen

Kiene (SPD) · . 886 Staatsminister Dr. Maunz . 886

13. Anpassung der Einkommensgrenze des § 27 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes

Wolff (SPD) 886 Staatssekretär Junker 887

14. Gefährdung der Einzelhandelsbetriebe durch ausländische „Supermarkets"

Dr. Becher (GB) 887 Staatsminister Dr. Schedl . 887

15. Sperrung der Deutschen Alpenstraße bei Unterjettenberg wegen Holzbrin­gungsarbeiten

Irlinger (SPD) Staatssekretär Junker

16. Eingemeindung der ausmärkischen In­dustriesiedlung Piding bei Bad Rei­chenhall

887 888

Gabert (SPD) 888 Staatssekretär Junker 888

17. Überhang an geprüften Hauptwacht­meistern bei der Bayer. Landpolizei

Dr. Wüllner (GB) . 888 Staatssekretär Junker 889

Page 2: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

876 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1ß59

Antrag der Abg. Huber Ludwig, Dr. Held, Ramelsberge.L"·Und Dr .. Zdralek betr. Gesetz zur Änderung des. Gesetzes über das Apo­thekenwesen (Beil. 613)

. ~; - - . .

- Erste Lesung -

Beschluß

Entwurf ·eines Zweiten Gesetzes zur Zinsver­billigung fiir Darlehen zur Instandsetzung von, Kunstdenk'malen in nichtstaatli~em Besitz (Beil. 652)

- Erste Lesung ...,.-­

Beschluß ·,·

Abkommen zwischen den Ländern der Bun­desrepublik Deutschland über einen Fi­nanzausgleich zwischen den ' Rundfunk­anstalten und die Koordinierung des ersten Fernsehprogramms (Beil. 653) ·

- Erste Lesung -

889

889 i

Beschluß 889

Entwurf eines Gesetzes über die Einmessung der Gebäudeveränderungen (Beil. 661)

- Erste Lesung -

Beschluß 889

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vergnügungssteuergesetzes (Beil. 665)

- Erste Lesung -

Beschluß 890

Entw.urf eines Gesetzes über die Leistungen des Staates für private Höhere Schulen und Mittelschulen (Privatschulleisti.mgsgesetz) - Beil. 701-

- Erste Lesung -Beschluß 890

Antrag der Abg. Dr. Schier, Dr. Becher, Dr. Wüllner, Kluge u. Frakt. betr. Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für Heimat­vertriebene, Vertriebene und Sowjetzonen­flüchtlinge (Beil. 702)

- Erste Lesung . .,,..,...

Beschluß 890

Antrag des Abg. Dr. Hoegner u. Frakt. betr. .·.Gesetz zur Änderung des Gesetzes über

den Finanzausgleich zwischen Staat, Ge­meinden und Gemeindeverbänden (Finanz­ausgleichsgesetz) - Beil. 703 •-

- Erste Lesung -

Beschluß 890

Entwurf eines Bayer. Beamtengesetzes {Beil. 720) ~ Erste Lesung -

Staatsminister Dr. Eberhard 890

Beschluß 892

Dringlichkeitsantrag der Abg. Klughammer, Dr. ~erk, Dr. Heubl µ. Frakt. betr. Gesetz zur Anderung des Gemeindewahlgesetzes (Beil. 757)

- Erste Les1,mg -

Beschluß

Entwurf ·eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Ausführung des Kriegsge;fangenenentschädigungsgeset­zes (Beil. 763)

„ - Erste Lesung -

Beschluß

Antrag der Abg. Dr. Ernst, Dr. Fischbacher u. Frakt. betr. Gesetz für eine Geschäfts­ord~ung für die Untersuchungsausschüsse des Bayer. Landtags (Beil. 764)

- Erste Lesung -

Beschluß . '

Antrag der Abg. Heinrich, Bezold u. Frakt. betr .. Gesetz zur Änderung des Bayer. Stra­ßen- und Wegegesetzes (Beil. 765)

- Erst•e Lesung -

892

892

Dr. Hoegner (SPD), z. Geschäftsordnung 892

Beschluß 892

Schreiben des Verfassungsger.ichtshofs betr; Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing auf Feststellung der Verfas­sungswidrigkeit der Art. 109 und 113 Bayer. Beamtengesetz vom 28. 10. 1946 (BayBS III S. 256)

·Bericht des Verfassungsausschusses· (Beil. 713)

Dr. Zdralek (SPD), Berichterstatter . 892

Beschluß 893

Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betr. Antrag der Frau Erna Herpich in Bayr.euth auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Ergänzungsverordnung über eine vor­läufige Regelung der. Arbeitslosenunter­stützung für den Winter 1946/47 vom 5.12. 1946

:Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 721)

Dr. Seidl (CSU), Berichterstatter 893

Beschluß · . 893

Schreiben des Verfassungsgerichtshofs. betr. Antrag des Obermedizinalrats Dr. Luxen­berger, Gabersee, auf Feststellung der Ver­fassungswidrigkeit der Art. 4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. 7. 1957 (GVBI. S. 162)

Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 722) .

, Hanauer (CSU), Berichterstatter 894

Beschluß 894

Page 3: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

Bayerischer Landtag .,..-- 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 877

Schreiben dei; Bundesverfassungsgerichts betr. verfassungsrechtliche Prüfung, ob § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. 6. 1884 (RGBI. S. 61) als Bundesrecht fortgilt

Bericht des Verfassungsaussw.1.usses (Beil. 723)

Bezold (FDP), Berichterstatter 894

Beschluß 895

Schreiben des Bundesverfassiungsgerichts betr. verfassungsrechtliche Prüfung des Art. 24 des Bayer. Kostengesetzes vom 17.

. 12. 1956 (GVBl. S. 361)

Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 724) '

Dr. Seid! (CSU), Berichterstatter 895

Beschluß 896

Schr·eiben des Verfassungsgerichtshofs betr. Antrag des Karl Englert, München, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit ver­schiedener Bestimmungen der Satzung der Bayer. Ärzteversorgung sowie des Art. 10 des Gesetzes über das öffentl. . Versiche..­rungswesen

Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 771)

Dr. Zdralek (SPD), Berichterstatter

Beschluß

Schreiben des Präsidenten des Bayer. Ober­sten Rechnungshofs. betr. Rechnung des Obersten Rechnungshofs (Epl. 11) für das Rechnungsjahr 1956 (Beil. 67) ·

Bericht des Haushaltsausschusses (Beil. 748)

Kallenbach (FDP), Berichterstatter ·

Beschluß

Antrag der Abg. Hanauer und Röhrl betr. Umorganisation der Landpolizei in Groß­stationen (Beil. 554)

Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 712)

896

896

897

897

Huber Ludwig (CSU), Berichterstatter 897 Dr. Schweiger (BP) 898, 900 Staatssekretär Junker 899 Hanauer (CSU) 900 Falk (FDP) 901

Beschluß

Antrag der Abg. Dr. Hamm-Brücher betr. Vorlage eines neuen Waffengesetzes (Beil. 659)

Bericht des Verfassungsausschusses (Beil. 711)

901

Bezold (FDP), Berichterstatter 901

Beschluß

Anträge des Abg. Röhrl, der Abg. Dr. Hoeg­ner, Irlinger U·. Frakt. und des Abg. Wim-

902

mer betr. Hilfsmaßnahmen für die Hoch­wassergeschädigten (Beil. 668, 669, 671)

Bericht des Haushaltsausschusses (Beil. 710)

Dr. Eisenmann (CSU), Berichterstatter 902

Beschluß 903

Antrag der Abg. Dr. Heubl, Winkler, Dr. Elsen, Röhrl u. Frakt., Dr. Becher, Riedi­ger u. Frakt„ Kallenbach, Bezold u.. Frakt. betr. Umstellung des Haushaltsjahres auf das Kalenderjahr (Beil. 553)

Bericht des Haushaltsausschusses (Beil.. 753)

Zillibiller (CSU), Berichterstatter " 903

Beschluß 903

· Antrag des Abg. Werner u. a. betr. Unter­richtung der Volks- und Berufsschiiler über die Bedeutung der Bienenzucht (Beil. 179)

Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses (Beil. 707)

Bantele (BP), Berichterstatter 903

Beschluß 904

'\ Antrag der Ahg. Wolff und Hirsch' betr. Vor-

lage eines Ausbauplanes für ein Luft'\;er­kehrsnetz in Bayern (Beil. 548)

Bericht des Wirtschaftsausschusses (Beil. 727)

Demeter (SPD), Berichterstatter

Beschluß

Anrtmg der Abg. Huber Ludwig und Dr. Heubl betr. Beschleunigung der Planungen zur Verbauung der Tiroler Ache (Beil. 611)

Bericht des Wirtschaftsausschusses (Beil. · 728)

Essl (SPD); Berichterstatter

904

904

904

Beschluß 605

Antrag der Abg. Weishäup[ und Soldmann betr. Maßnahmen zur Behebung der Ar­beitslosigkeit älterer Arbeitnehmer (Beil. 419)

Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Beil. 528)

Dr. Brentano-Hommeyer (BP), Bericht-erstatter · 905

Beschluß

Antrag der Abg. Dr. Hoegner, Weishäupl u. Frakt. betr. Errichtung von Auskunfts- und Beratungsstellen zur Betreuung der Ver­sicherten (Beil. 566)

Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Beil. 714)

Groß (SPD), Berichterstatter·

Beschluß

Nächste Sitzung

905

906

906

906

Page 4: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

878 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

J?eginn der Sitzung: 15 Uhr 1 Minute.

Präsident Dr. Ehard: Meine sehr verehrten Da-. men, meine Herren! Ich eröffne die 31. Vollsitzung

des Bayerischen Landtags und heiße Sie nach den Ferien zur ersten Vollversamm~ung hier im Hause herzlich willkommen. Die Liste der Entschuldigten gebe ich zu den Akten.*)

Sie haben in der Zwischenzeit schon eine Reihe von Ausschußsitzungen hinter sich, deren Ergeb­nisse ihren Niederschlag auch in der Tagesordnung gefunden haben. Ich darf Sie hier doppelt will­kommen heißen, nachdem der Sitzungssaal neu hergerichtet worden ist. Sie sehen, wir haben einen Läufer durchziehen lassen, und ich hoffe, daß die Atmosphäre, so hell und schön sie ist, auch auf die

· AUJssprach:en des Hauses ausstrahlt.

In der Zwischenzeit war ein Ereignis, das für die Deutsche Bundesrepublik von besonderer Bedeu­tung ist. Ich glaube, wir sollten uns auch hier dessen einen Augenblick erinnern. Der Herr Bun­despräsident, Professor Dr. He u s s , hat sein Amt niedergelegt und an seine Stelle ist der neugewähl­te Bundespräsident Dr. h. c. Heinrich L üb k e getreten.

Auf Einladung des Herrn Bundestagspräsiden­ten nahmen an der feierlichen Verabschiedung des

----··-·-··-······--· . _ _Herrn B:u_ndespräsidenten:F':rofesso.r: :Or._ Jievss. J1JJ.d der Vereidigung des Herrn :Sundespr!:isidenten Dr. Heinrich Lübke am 15. September 1959 fast sämt­liche Präsidenten der Länderparlamente teil.

Namens der Landtagspräsidentenkonferenz hat der derzeitige Vorsitzende, der Herr Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol­gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden­ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf:

„Die Präsidenten der Parlamente der Deut­schen Länder grüßen Sie namens ihrer Parla­mente sowie persönlich sehr herzlich und dan­ken Ihnen für Ihr vorbildliches und erfolg­reiches Wirken an der. Spitze der jungen Deutschen Bundesrepublik. Sie wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und hoffen, daß nach Ihrem Ausscheiden aus Ihrem Amt das vertrauensvolle persönliche Verhältnis weiter­bestehen möge.

Im Namen der Konferenz der Präsidenten

Henneberg, Präsident des Abgeordnetenhauses Berlin."

Ein weiteres Telegramm wurde an den neuen Bundespräsidenten, Herrn Dr. Heinrich Lübke, ge­r'ichtet: ··

Die Präsidenten der. Parlamente der Deut­~chen Länder beglückwünschen Sie zur Über-

*) Nach Artikel 5 Absatz 2 des Aufwands1entschätdi­gungsges•etzes sind entschul!digt oder heurlaubt die Ab­georidneten Böhi;n, Haisch, von Knoer.ingen, Reichl und Wimmer.

nahme Ihres hohen Amtes und wünschen Ihnen den besten Erfolg und stetes persönliches Wohl­ergehen. Sie versichern Ihnen bei dieser Ge­legenheit besonders gerne, daß sie jederzeit zu einer vertrauensvollen Unterstützung Ihrer Arbeit für das Wohl der Bundesrepublik be­reit sind.

Im Namen der Konferenz der Präsidenten

Henneberg, Präsident des Abgeordnetenhauses Berlin."

Ich darf Sie bitten, davon Kenntnis zu nehmen. Ich glaube, es war angezeigt, sich auch in diesem Hohen Hause dieses Ereignisses zu erinnern.

Nun darf ich Ihnen noch einige erfreuliche Dinge mitteilen. Seit unserer letzten Vollsitzung konnten verschiedene Mitglieder dieses Hohen Hauses'einen besonderen Geburtstag feiern, und zwar:

Herr Abgeordneter Franz Wolf am 31. August seinen 70„

' (Beifall)

Herr Abgeordneter Karl Greib am 5. September seinen 60„

(Beifall)o

Herr Abgeordneter Josef Piechl am 14. Septem­ber seinen 70„·

_ (Beif<i_ll) 1

Herr Abgeordneter Robert Lindig am 29. Sep­tember seinen 65. Geburtstag.

(Beifall)

Ich habe allen Jubilaren bereits schriftliche Glückwünsche des Hohen Hauses u_nd meine per­sönlichen Wünsche übermittelt, möchte diese Glück­wünsche aber heute vor dem Hohen Hause noch einmal aussprechen.

Zu meinem Bedauern muß ich mich auch einer traurigen Pflicht entledigen und Sie von dem Ab­leben einer Reihe von Abgeordneten in Kenntni:s setzen, die dem Bayeri:schen Landtag und der Ver-. fassunggebenden Landesversammlung angehört haben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Es verstarben:

am 5. Juli 1959 Herr Andreas Maderer, Mitglied dieses Hohen Hauses von 1946 bis 1950,

am 4. August 1959 Herr Hermann· Lutz, Bürger­meister von Oettingen. Er gehörte bereits 1919 dem Bayerischen Landtag an; seine Wiederwahl er­folgte für die Zeit von 1928 bis 1932; nach 1945 ge­hörte er dem BayerisChen Landtag von 1949 bis 1958.an.

Am 20. August 1959 verstarb Herr Hans Herr­mann, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg und Mitglied des Bayerischen Landtags von 1954 bis 1958.

Verstorben ist am 14. September 1959 Herr Ge­heimrat Professor Dr. Wilhelm Laforet, Mitglied des Bayerischen Landtags von 1946 bis 1949.

Page 5: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 879

(Präsident Dr. Ehard)

Am 30. September starb Herr Mathäus Hen­mann, Mitglied der Verfassunggebenden Landes­versammlung und des Bayerischen Landtags Ms 1949,

und am 2. Oktober 1959 der ehemalige Bürger­meister von Memmingen, Herr Georg Fey, Mit­glied des Vorparlaments vom 26. Februar bi:s 30. Juni 1946 und der Verfassunggebenden Landes­versammlung vom 15. Juli bis 30. November 1946.

Alle Verstorbenen haben sich stets mit ihrer ganzen Kraft ihren parlamentarischen Aufgaben

·gewidmet. Ihre Tätigkeit in den Ausschüssen, in die sie durch ihre Fraktionen berufen wurden, war immer auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerich­tet und brachte ihnen Achtung und Anerkennung weit über die Grenzen ihrer. Fraktion hinaus ein. Wir werden ihnen stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Den Angehörigen habe ich bereits schriftlich das Beileid des Hohen Hauses ausge­sprochen.

Sie haben sich zum Gedenken der Verstorbenen von Ihren Plätz'en erhoben; ich danke Ihnen.

Sie haben die T a g e s o r d n u n g vor ·Sich; sie ist vom Ältestenrat in dieser Form bereits geneh­migt. Ich nehme an, daß eine Erinnerung dagegen nicht erhoben wird. Es wird Ihnen soeben eine Nachtragstagesordnung auf den Tisch gelegt. Ich bitte Sie um die Genehmigung, auch diese Nach­tragstagesordnung mit abzuwickeln.

Ich darf Ihnen außerdem noch die Sitzungsfolge mitteilen, wie ·sie der Ältestenrat vorläufig fest­gelegt hat:

Wir haben jetzt in dieser Woche Plenarsitzungen und im Anschluß daran Ausschußsitzungen bis zum 31. Oktober, in der Woche· vom 2. November bis 7. November und in der Woche vom 9. bis 14. No­vember wieder Ausschußsitzungen. Die Woche vom 16. bis 21. November soll sitzungsfrei sein. In der Woche vom 23. bis 28. November sind vom Diens­tagnachmittag ab wieder Plenarsitzungen. Dann folgen bis zum 5. Dezember und in der Woche vom

.7. bis 12. Dezember Ausschußsitzungen und in der Woche vom 14. bis 19. Dezember wieder Plenar­sitzungen. Anschli~ßend daran sollen bis 10. Ja­nuar 1960 Weihnachtsferien sein. Sie werden diese Sitzungsfolge auch auf den Tisch gelegt bekommen.

Was den A b 1 a u f der T a g e s o r d n u n g anlangt, so beginnen wir zunächst mit den münd­lichen Anfragen. Ich schlage vor, daß wir dann die ersten Lesungen und anschließend die verschiede­nen Verfassungsklagen erledigen, dann vielleicht da:s eine oder andere, was noch zum Abschluß ge­bracht werden kann. Ich schlage weiter vor, daß wir die zweite und· dritte Lesung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergän­zung des Gesetzes über die Übernahme von Staats­bürgschaften für morgen um 9 Uhr ansetzen. Es wird keinen Zweck haben, heute noch damit an­zufangen. - Ich nehme Ihr Einverständnis damit an.

2

Ich .rufe auf Pu n k t 1 der Tagesordnung:

Mündliche Anfragen gemäß § 78 der Ge­schäftsordnung

Erster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Rau.

Rau (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an den Herrn Wirtschaftsminister.

Wie beurteilt der Herr Wirtschaftsminister die derzeitige Lage im bayerischen Kohlenbergbau und welche Maßnahmen sind getroffen, um den Koh­lenabsatz zu lenken?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminister Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Lage bei der bayerischen Pechkohle ist dadurch gekennzeichnet, daß Ende September bei den Gruben Hausham und Penzberg der Oberbayerischen Aktiengesellschaft für Koh­lenbergbau insgesamt 41 000 Tonnen Kohle der Hausbrandsorten und 15 000 Tonnen Kohle der In­dustriesorten auf Halde lagen.

Die Gründe für die Haldenbildung sind bei den Hausbrandsorten vor allen· Dingen der vergangene besonders milde Winter und die Tatsache, daß die auf Halde liegenden 30 000 Tonnen der Grube Penzberg infolge der Flözzusammensetzung nicht gerne auf Vorrat gelegt, sondern erst im Augen­blick des Bedarfs abgerufen werden.

Auf Grund der vorliegenden Aufträge ist damit zu rechnen, daß bis zum Jahresende ein erheblicher Teil der Bestände an Industriekohle· der Gruben Hausham und Penzberg verkauft sein wird. Das gleiche gilt für die Hausbrandsorten in Hausham sowie für die Hausbrandsorten in Penzberg mit Ausnahme der Sorte Nuß III, von der rund 18 000 Tonnen auf Halde liegen. Für diese Sorte sind Ab­satzmöglichkeiten zur Zeit nicht zu sehen. Die Grube beabsichtigt daher, die 1959 begonnene Drosselung der Förderung im Jahre 1960 beizube­halten, und hat vor kurzem 35 Mann entlassen, die ohne Schwierigkeiten von der Wirtschaft auf­genommen worden sind. Das gleiche gilt für die 25 Mann, die in Hausham zum selben Zeitpunkt entlassen worden sind. Die natürlichen Abgänge durch Pensionierung werden nicht durch Neuein­stellungen ausgeglichen, so daß sich bis zum Jahres­ende die Gesamtbelegschaft um rund 100 Personen verringern wird.

Der weiteren Anpassung an ·die Marktverhält­nisse dient die Brikettfabrik in Hausham, die ge­rade gebaut wird und mit deren voller Produktion im nächsten Herbst zu rechnen ist. Für die dort aus Feinkohle hergestellten Eierbriketts wird bei der Kleinindustrl.e und beim Kleingewerbe gün­stige Aufnahme erwartet.

Außerdem wird zur Zeit geprüft, ob es wirt­schaftlich sinnvoll ist, sowohl in Hausham als auch in Penzberg Kraftwerke zu errichten, in denen

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880 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

(Staatsminister Dr. Schedl)

nicht absatzfähige Kohle an Ort und Stelle mit. wirtschaftlichem Erfolg zur Stromerzeugung aus­genutzt werden kann.

Bei den Gruben Peißenberg-Peiting der Bayeri­schen Berg-, Hütten- und Salzwerke Aktiengesell­schaft lagen Anfang September rund 13 000 Ton­nen auf Halde. Bei diesen Halden handelt es sich ausschließlich um , Feinkohle, deren Absatz zwar schwierig ist; doch rechnet die Grubenverwalturig damit, auch diese Kohle nach und nach auf dem Markt unterbringen zu können. Bei den Haus­brandsorten besteht nicht nur kein Absatzmangel, sondern ein Bedarf, der mit den Liefermöglich­keiten nur schwer in Einklang zu bringen ist .

. Auf lange Sicht wird aber auch für Peißenberg die Frage zu erwägen sein, ob nicht durch eine verstärkte Stromerzeugung aus den Mittelproduk­ten und den weniger gängigen Sorten das erforder­liche Gleichgewicht im Absatz erhalten werden kann.

Ganz allgemein darf ich noch darauf hinweisen, daß die Bayerische Staatsregierung durch die Her­gabe zinsverbilligter Darlehen zur Errichtung oder zum Umbau von Feuerungsanlagen den Verbrauch an heimischen Brennstoffen unmittelbar gefördert hat. Für die Pechkohle sind bis jetzt insgesamt

___________ lii1Q_PQD'.J2M_ a:y.fgey.re.11detworden _und ... damit. der. Absatz von rund 43 000 Tonnen oberbayerischer Pechkohle jäh~lich gebunden. Im laufenden Haus­haltsjahr stehen noch 600 000 DM bereit, die einen Verbrauch von weiteren 20 OOÖ Tonnen Kohle im J i:ihr sichern können.

Vom bayerischen Braunkohlenbergbau und vom Bergwerk Stockheim wurden in letzter Zeit Ab:.. satzschwierigkeiten nicht berichtet.

Ich werde die Entwicklung im bayerischen Koh­lenbergbau mit größter Aufmerksamkeit verfolgen und den bayerischen Bergbau mit den mir zur Ver­fügung stehenden Mitteln weiter fördern.

Präsident Dr. Ehard.: Der nächste Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Sauer.

~Sauer (SPD): Herr Präsident, meine Damen und erren! Meine Anfrage betrifft den Geschichts­nterricht an sämtlichen Schulen Bayerns. ,

„Hitler und Ulbricht" betitelte sich die aufsehen­rregende Sendung, die das westdeutsche Fern­

sehen Ende April über die Bildschirme gehen ließ.

Bei der Befragung von 50' Jungen und Mädchen aus 12 Ober- und Abschlußklassen der Bundes­republik mußte man die bedauerliche Feststellung machen, daß den Schülern die elementarsten zu­sammenhänge der neueren Zeitgeschichte unbe­kannt sind. Hitler wurde u. a. als Erbauer der Autobahnen, als genialer Beseitiger der Arbeits­losigkeit genannt. Von den schweren Verbrechen dieses Regimes wußten sie nichts zu berichten.

Laut Beschluß des Bayerischen Landtages liegt die Verpflichtung vor, im Geschichtsunterricht eine

gründlichere Darlegung der Geschichte des 20. Jahr­hunderts den Schülern zu vermitteln.

Meine Anfrage richtet sich daher ·an den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus:

1. Hat das Bayerische Staatsministerium für Un­terricht und Kultus eine Überprüfling vorgenom­men, oh auch tatsächlich im Geschichtsunterricht den Schülern die Zeitgeschichte des 20. Jahrhun­derts gelehrt wird?

2. Wenn nicht, was gedenkt das Staatsministe­rium für Unterricht und Kultus für die Zukunft in diesem Falle zu tun?

Präsident ·Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus.

Staatsminister Dr. Maunz: Herr Präsident, Hohes Haus! Das Kultusministerium hat am 17. Februar 1959 einen neuen Stoffplan für Geschichte an den Höheren Schulen in Bayern verkündet; er ist im Kultusministerialamtsblatt 1959 Nr. 3 abgedruckt. Eines der Hauptziele dieses Planes ist es, den Schulen die Behandlung der Zeitgeschichte zur Pflicht zu machen und die entscheidenden Themen dafür zu benennen. Da die Arbeit nach den neuen Grundsätzen der Stoffverteilung in den Schulen erst seit kurzem vor sich geht, können naturgemäß Ergebnisse darüber noch nicht vorliegen.

--- - ·- ·~----· -·- Bayerfr ist aber auch schon in den vergangenen

Jahren bemüht gewesen, -der Zeitgeschichte eine eingehende Behandlung in den Höheren Schulen angedeihen zu lassen. Um einen Einblick zu erhal­ten, wie weit der Geschichtsunterri~t in den ein­schlägigen Klassen an die Gegenwart herangekom­men ist, wurde im Jahre 1958 in 50 Schulen, 19591 in 70 Schulen mit dem Stichtag 10. März eine Er­hebung durchgeführt. Das Ergebnis zeigte für das Jahr 1959, daß zwei Drittel der befragten Schulen in der Behandlung des Geschichtsstoffes bereits über den 1. Weltkrieg hinausgekommen waren, ob­wohl noeh gut vier Monate bis zum Schulschluß für die Behandlung der Zeit nach 1918 zur Ver­fügung standen. Es darf angenommen werden, daß eine Überprüfung des Unterrichts auf Grund des neuen Stoffplanes noch erheblich positiver ausfallen , wird.

Die Ministerialbeauftragten für das Höhere Schulwesen sind angewiesen, bei Schulbesichtigun­gen dem Geschichtsunterricht in der 5., 6. und 9. Klasse der Höheren Schulen, in denen Zeitge­schichte behandelt wird, ihr besonderes Augen­merk zu widmen und dabei jedesmal festzustellen, ob tatsächlich den Schülern die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts eindringlich gelehrt wird. Außer­dem wird das Kultusministerium im Frühjahr 1960 erneut durch eine allgemeine Erhebung feststellen, wie eindringlich und mit welchen Ergebnissen der Unterricht in Zeitgeschichte durchgeführt worden ist.

Für die bayerischen Mittelschulen wird noch im Herbst dieses Jahres ein neuer Lehrplan veröffent­licht werden,· in dem der Zeitgeschichte erheblich mehr Raum gegeben wir-d a1s bish-er; der Ge-

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 881

(Staatsminister Dr. Maunz)

schichtsunterricht des ganzen 4. Schuljahres ist darin der „neuesten Zeit" vorbehalten. Die Über­prüfung der Ergebnisse in der praktischen Arbeit der Schulen wird in ähnlicher Weise durchgeführt werden wie in den Höheren Schulen.

Auch in der Volksschule ist der Geschichtsunter­richt eines ganzen Schuljahres der neueren· und neuesten Geschichte gewidmet. Die enge Verbin­dung des Geschichtsunterrichts mit dem sozial­kundlichen Unterricht gibt dem Lehrer gute Mög­lichkeiten, das Verständnis für die Zeitgeschichte zu wecken.

Die Ansichten der Jugendlichen über die Zeit des sogenannten Dritten Reiches werden nicht nur von der Schule geprägt, sondern auch durch mannig­fache außerschulische Einflüsse. Was im Elternhaus, im Kameradenkreis und da und dort in der Öffent­lichkeit gesprochen und gelesen wird, trägt erfah­rungsgemäß oft stärker zur Meinungsbildung bei als die sachliche Aufklärung durch die Schule. Die Schulen bemühen sich aber nachdrüCklich, das rich­tige Bild über diese Zeit zu vermitteln.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Soenni.ng.

Dr. Soe1nning (CSU): Herr Präsident, meine sehr ver·ehrten Damen und Herren! Meine Anfrage rich­tet sich an den Herrn Innenminister.

Eine Zusammenstellung der Förderungsmittel zur Sanierung des Krankenhauswesens ergab, daß einige Bundesländer von den Darlehensmitteln, die sie für .den sozialen Wohnungsbau erhalten, von ~ornherein einen Betrag für den Bau von Schwe­sternwohnheimen abspalten. In Bayern können Schwesternwohnheime nur dann mit Förderungs­mitteln gebaut werden, wenn die Gemeinden aus den ihnen zugewiesenen Mitteln für den . sozialen Wohnungsbau dafür Einzelbeträge abzweigen.

Ich frage den Herrn Innenminister, wieviel Schwesternwohnräume bisher in Bayern durch Förderung aus Mitteln des sozialen Wohnungs­baues erstellt worden sind und ob die bayerische Regelung genügt, um baldigst die .dringendst not­wendigen Wohnräume für Krankenschwestern zu schaffen.

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär vom Staatsministerium des Innern.

Staatssekretär Junker: H'err Präsident, Hohes Haus! Die Antwort ge·staltet sich wie folgt:

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat es sich seit Jahren angelegen sein lassen, den Bau von Schwesternwohnheimen in Verbindung mit Krankenanstalten mit Mitteln des öffentlicli geför­derten Wohnungsbaues zu unterstützen. Die er­forderlichen Mittel sind jeweils gemäß § 30 Ab­satz 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes zweck­gebunden worden. Allein in den letzten drei Jah­ren wurden ohne die der Alt~rsversoFgung der

Schwestern dienenden Wohnheime in Bayern ge­fördert 2448 Wohnplätze mit 3 066 000 DM Landes­mföeln und 2 563 000 DM Bundesmitteln. Darüber hinaus hat das Bayerische Staatsministerium des Innern alis Mitteln der allgemeinen Wohlfahrts­pflege für drei Schwesternwohnheime Zuschüsse in Höhe von 160 000 DM und Darlehen in Höhe vom. 20 000 DM bereitgestellt.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern ist der Auffassung, daß bei der bisherigen Regelung der dringendste Bedarf im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Wohnungsbaumittel am ehesten befriedigt werden kann. Die nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz für solche Zwecke erforderlichen Bindungen können auf den jeweils anfallenden Bedarf nach Maßgabe der insgesamt zm Verfügung stehenden Mittel, unabhängig von der Höhe eines abgezweigten Betrages abgestellt wel'den. Das Bayerische Staatsministerium des In­nern sieht deshalb - und auch der Folgen wegen - bewußt davon ab, für solche Zwecke Sonder­mittel von den im Verhältnis zum Gesamtbedarf beschränkten Wohnungsbaumitte.In abzuzweigen. Er­fahrungsgemäß würde eine derartige Töpfchen­wirtschaft zu einer Verzettelung und Aufspaltung der Mittel zum Nachteil sowohl der Hauptaufgabe, der Beseitigung der Wohnungsnot nämlich, wie auch der speziellen Aufgabe, der Beschaffung von Wohnraum für Schwestern, führen:

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Essl.

Essl (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage, die sich an die Bayerische Staatsregierung richtet, ist kurz und hat folgenden

. Wortlaut:

Was hat die Bayerische Staatsregierung im •ein­zelnen unternommen, um die Auslieferung Eiseles zu erreichen?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär vom Staatsmini~terium der Justiz.

Staatssekretär Hartinger: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anfrage des Herrn Ab­geordn·eten beant\x.rorte ich wie folgt:

Am 10. Juli 1958 wurde das Bayerische Staats­ministerium der Justiz unterrichtet, daß sich Dr. Eisele in Kairo aufhalte. Noch am gleichen Tage wurde der Generalstaatsanwalt beim Oberlandes­gericht München beauftragt, die erforderlichen Auslieferungsunterlagen vorzulegen. Dieser wie­derum hat alsbald veranlaßt, daß Interpol Kairo telegraphisch um die Festnahme des Dr. Eisele er­sucht wurde.

Die Auslieferungsunterlagen gingen am 24. Juli 1958 beim Staatsministerium der Justiz ein. Es handelte sich dabei um einen Haftbefehl vom 22. Juli 1958 wegen vier Verbrechen des Mordes und um umfangreiche Beweisunterlagen, weil von den ägyptischen Behörden in Auslieferungsfällen der Schuldverdacht nachgeprüft wird. Am 25. Juli 1958 wurden die AuslteferungSIUilterl·agen durch Eil-

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882 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktbbe'r 1959

(Staatssekretär Hartinger)

boten .dem zur, Stellung des Auslieferungsersuchens zuständigen Bundesminister der Justiz zugeleitet, der i:rh Benehmen mit dem Auswärtigen Amt ver­anlaßt hat, daß die ägyptische Regierung auf dem . diplomatischen Weg um die Auslieferung des Dr. Eisele ersucht wurde. -

Mit Schreiben vom·· 18. August 1958 hat das Staatsministerium der Justiz dem Bundesminister der Justiz auf Grund weiterer Ermittlungen einen Ergänzungshaftbefehl vom 7. August 1958 wegen sechs weiterer Verbrechen des Mordes saxrit Be-' weisunterlagen und Übersetzungen übersandt. Der Bundesminister der Justiz hat veranlaßt, daß die ägypti•sche Regierung auch wegen dieser Straf­taten um die Auslieferung des Dr. Ei>sele ersucht wurde. - ·

Mit Schreiben vom 20. Oktober 1958 teilte der Bundesminl.ster der Justiz mit, die ägyptische Re­gierung habe die Auslieferung mit der Begrün­dung abgelehnt, daß die Dr, Eisele zur Last ge­legten im Jahr:e 1941 begangenen Straftaten nach ägyptischem Recht bereits verjährt seien. Eine zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung war innerhalb der Verjährungszeit, die nach ägyp­tischem Recht nur zehn Jahre beträgt, gegen Dr. Eisele nicht vorgenommen worden.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 1958, das beim Staatsministerium der Justiz am 27. Oktober 1958 einging, teilte der Bundesminister der JustiZ mit, daß es nach ägyptischem Recht ·zur Unterbrechung der Verjährung ausreiche, wenn gegen irgendeinen anderen, der an den dem Dr. Eisele zur Last lie­genden Straftaten 'beteiligt gewesen sei, eine zur Unterbrechung der V:erjährung geeignete Maß­nahme vorgenommen worden sei. Auf Grund die­ser Mitteilung wurde der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München mit Entschließung vom · 4. November 1958 angewiesen, alle einschlägigen Verfahren darauf überprüfen zu lassen, ob vor 1951 eine solche Unterbrechungshandlung vorge­nommen wol'd!en ·sei. Diese Überprüfung, über deren Ergebnisse wiederholt mit dem J?Undesmi­nister der Justiz korrespondiert wurde, hat bis

_ jetzt zu keinem positiven Ergebnis geführt. Die Einvernahmen einiger im Ausland wohnhafter Zeugen, von de!len Aussagen sachdienliche Auf­schlüsse erwartet werden, stehen allerdings noch aus. Sollten sich dabei brauchbare Gesichtspunkte ergeben, so wird die Auslieferung alsbald weiter betrieben werden.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Stenglein.

Stenglein (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vom 26. Juni 1956 besteht ein Land­tagsbeschlllß, der folgendermaßen lautet: '

Verwaltungsdiplominhaber mit entsprechen­der ·dienstlicher Qualifikation sind auf Grund ihrer exworbenen Kenntnisse und zum Bew~is ihrer praktischen Befähigung bei nächster Ge-

legenheit in eine Stelle zu versetzen, in der eirre Bewährung und Beförderung möglich ist.

Ich frage die Bayerische Staatsregierung: Inwie­weit wurde der vorliegende Landtagsbeschluß vq.11-zogen? Insbesondere: In welchem Ausmaß wurden die Diplominhaber tatsächlich gefördert?

Präsident Dr. Eha.rd: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsminfaterium der Finanzen.

Staatssekretär Dr. Lippert: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Staatsministerium der Finanzen hat den Beschluß des Bayerischen Land­tags vom 26. Juni 1956 mit Bekanntmachung vom

' 24. Juli l956 im Bayerischen Staatsanzeige'r Nr. 46 veröffentlicht. Die obersten Dienstbehörden im staatlichen Bereich und deren nachgeordnete Dienst­stellen wurden dabei ersucht, die Grundsätze des Beschlusses des Bayerischen Landtags zu beachten; den Gemeinden und Gemeindeverbänden und den sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts wurde empfohlen, in ihrem Bereich in gleicher Weise zu verfahren. Damit ist im staatlichen Be­reich allen Behörden die Beachtung des Beschlus.,. ses des Bayerischen Landtags zur Pflicht gemacht worden.

Die Förderung der Diplominhaber im Einzelfall ist_ abhängig von ihrer jeweiligen die!J.stlichen Be­urteilung. Unterlagen, über die Zahl der geförder­ten Diplominhaber iil der Staatsverwaltung liegen nicht vor. Sie wären nu_r durch umfangreiche und zeitraubende. Erhebungen zu beschaffen.

(Abg. Stenglein: Eine Zusatzfrage!)

Prqsident •Dr.· Ehard: - Zu einer Zusatzfrage, bitte!

Stenglein (SPD): Ich möchte folgende Zu -s atz f r a g e stellen. Wenn es schon nur auf Grund umfangreicher Statistiken und sonstiger Erhebun­gen möglich ist festzustellen, daß die Diplom­inhaber gefördert werden, besteht dann überhaupt die Möglichkeit festzustellen, daß sie gefördert werden?

Staatssekretär Dr. Lippert: Diese Frage möchte ich folgendermaßen l;)eantworten:

Ich glaube, daß in Zukunft die Möglichkeit ge­geben ist, daß wir uns von den Förderungen und Beförderungen von Diplominhabern berichten las­sen. Ich darf noch hinzufügen, daß die Interessen der Diplominhaber im Finanzministerium gut auf­gehoben sind. Ich habe selbst im Landtag vor Jah­ren schon einmal den Antrag gestellt, im Inter­esse der Diplominhaber die Laufbahnvorschriften zu ändern. Lej.der bin ich damals nicht durchge­drungen. Ich werde gern Ihre Anfrage und die weiteten Interessen der Diplominhaber im Auge behalten.

Präsident D.r. Ehard: Nächster Fragesteller ist c;ler Herr Abgeordnete Dr. Schier.

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 883

Dr. Schier (GB): Zwischen Dürnast und Röthen­bach in der nördlichen Oberpfalz liegt ein schöner Waldsee. Infolge geringer Breite der zu ihm füh­renden Wege und infolge des Mangels an Park­möglichkeiten parken die Kraftfahrzeuge seiner zahlreichen Besucher in den angrenzenden still­gelegten Sandgruben und auf den Wegabzweigun­gen. Obwohl das niemand stört und niemandem schadet, pflegt das Forstamt Etzenricht die Fahr­ze:uge ausnahmslos aufzuschreiben und den Be­sitzer anzuzeigen. Die Folge sind Strafbefehle der Gerichte. Selbst aber trägt das Forstamt nicht das geringste bei, Parkmöglichkeiten nach seinen Plä­nen zu schaffen.

Da dieses unverständliche, dem Fremdenverkehr feindliche Verhalten und schlechte Beispiel einer staatlichen Behörde erhebliches Ärgernis und eine überflüssige abfällige Kritik unter der Bevölke­rung hervorruft, frage ich den Herrn Staatsmini­ster für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ob 1er geneigt ist, ein solches Verhalten des Forst­amtes Etzenricht und ähnlicher ebenso handeln­der Forstämter abzustellen.

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Staatsminister Dr. Dr. Hundhammer: Herr Präsident, Hohes Haus! Bei dem in der Anfrage erwähnten Waldsee handelt es sich um einen. in Privatbesitz befindlichen größeren Karpfenteich, nicht um ein öffentliches Gewässer. Der Eigen­tümer desselben weist durch eine Verbotstafel dar­auf hin, daß dort das Baden und auf seinem an­schließenden Grundstück auch das Parken ver­boten sei. Wenn trotz dieses vom privaten Eigen­tümer ausgesprochenen Verbotes dort zeitweise ein beachtlicher Badebetrieb herrschte, so be­stand angesichts der geschilderten Sachlage für die Forstverwaltung noch kein begründeter Anlaß, auch noch eigene Parkmöglichkeiten dort zu schaf­fen.

Auch die in der Anfrage erwähnte nahege­legene stillgelegte Sandgrube befindet sich in Pri­vatbesitz. Die Sperl'llng der in Frage kommenden Forstwege für Kraftfahrzeuge ist erfolgt durch die zuständigen Behörden, nicht durch die Forstver­waltung. Ein Parkverbot auf den schmalen Wegen erwies sich als notwendig, weil angesichts der mit dem starken Ausflugsverkehr bei der trockenen Witterung des heurigen Jahres verbundenen Waldbrandgefahr die Zufahrt für Löschfahrzeuge offengehalten werden mußte.

Sollte das zur Diskussion stehende Gewässer als Badegelände vom Eigentümer freigegeben werden, würden für die Forstbehörden bezüglich der Schaf­fung von Parkmöglichkeiten andere Vornussietzurn.­gen gegeben sein und die Angelegenheit in ent­gegenkommendem Sinne überprüft werden.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Förster.

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Förster (SPD): Hohes Haus! Meine Anfrage richtet sich an die Staatsregierung.

In der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 25. September 1959 wurde anläßlich der Beratung der Rechnungsprüfung die Frage einer eventuel­len Ablösung des Coburger Staatsvertrages debat­tiert.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Ist eine Ablösung des Staatsvertrags zwischen Coburg und Bayern beabsichtigt?

2. Sind schon ~ntsprechende Verhandlungen, auch über Teilbereiche, eingeleitet?

Präsident Dr. Eha,rd: Es antwortet der Herr Staatsminister der Finanzen.

SteHv. Ministerpräsident, Staatsminister Dr. Eberhard: Hohes Haus! Die Staatsregierung be­absichtigt von sich aus derzeit nicht, in generelle Verhandlungen über eine Neugestaltung der durch den Coburger Staatsvertrag geschaffenen Verhält­nisse einzutreten.

Soweit über den Teilbereich Krankenhausver­band Coburg bereits seit einiger Zeit Verhand­lungen geführt werden, haben diese ihre Grund­lage in dem Gesetz über die Bildung des Kranken­hausverbandes Coburg vom 27. August 1921 selbst, das eine Ablösung der staatlichen Verpflichtungen ausdrücklich vorsieht. Rechte des Krankenhaus­verbandes können demzufolge nicht beeinträch­tigt werden.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Pöllath.

Pöllath (BP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an die Bayerische Staatsregierung.

Wie durch Presse und Rundfunk bekannt wur­de, hat die Bundesregierung am 16. September 1959 beschlossen, eine erhöhte Steuer für Heizöl - je Tonne von 30 DM - einzuführen. Von dieser neuen steuerlichen Belastung werden große Teile der bayerischen Bevölkerung betroffen.

Ich frage daher: Ist die Bayerische Staatsregie­ru~g bereit, im Bundesrat die Initiative zu ergrei­fen, um eine Preiserhöhung auf diesem Gebiet zu verhindern?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und.Verkehr.

Staatsminister Dr. Schedl: Herr Präsident, Hohes Haus! Lange bevor der vom Herrn Frag·e­steller angesprochene Gesetzentwurf von der Bundesregierung vorgelegt wurde, habe ich be­reits mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister so­wie mit dem Bundeswirtschaftsministerium Ver­handlungen und mit den beteiligten Wirtschafts­kreisen Besprechungen über das Problem der Ein­führung einer Ausgleichsabgabe auf Heizöl bzw. der Wiederbesteuerung von Heizöl geführt. Als er-

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(Staatsminister Dr. Schedl)

stes Ergebnis wurde erreicht, daß die ursprüng­lich geplante Verordnung zur Einführung einer Ausgleichsabgabe nicht erlassen wurde.

Nunmehr ist ein Gesetzentwurf der Bundes­regieruµg z:ur ÄnderuDJg des Mineralölsteuer­gesetzes dem Bundesrat vorgelegt und in dessen Wirtschaftsausschuß mit 7 Stimmen - darunter die Stimme Bayerns - gegen 3 Stimmen abge­lehnt worden. Allerdings muß ich darauf auf­merksam machen, daß dieser Gesetzentwurf nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Selbstverständlich werde ich. meine Bemühun­gen fortsetzen, eine Verteuerung des Heizöles. zu verhindern, weil durch die vorgesehene Steuer die Wettbewerbsfähigkeit gerade der bayerischen Wirt­schaft, die schon jetzt die höchsten Energiekosten des Bundesgebietes zu tragen hat, besonders emp­findlich getroffen würde.

Im übrigen hat der Ministerrat heute beschlos­sen, die fragliche Gesetzesvorlage im Bundesrat abzulehnen.

Abschließend darf ich bemerken, daß die Baye­rische Staatsregierung in Übereinstimmung mit der bayerischen Wirtschaft bereit ist, einem im Inter­esse der gesamten Energiewirtschaft notwendigen

------- .-Opfer-~-zur Überwindung- der Strukturkrise im Kohlenbergbau zuzustimmen.

Präsident Dr . .Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Kramer.

Kramer (SPD): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Anfrage richtet sich an das Staatsministe­rium des Innern.

Der Bayerische Ministerrat hat in seiner Sitzung vom 29. September 1959 einen vom Innenministe".' rium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes zm; Änderung der Gemeindewahlordnung dem Senat zur gutachtlichen Äußerung zugeleitet.

Ich frage den Herrn Staatssekretär im Staats­ministerium des Innern, ob diese Änderung schon für die kommende Wahl 1960 Gesetzeskraft erhal­ten soll oder für einen späteren Zeitpunkt.

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.

Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Anfrage des Herrn Abgeordneten K.ra-mer beantworte ich wie folgt: ·

Wie aus dem Zuleitungsschreiben des Herrn Bayerischen Ministerpräsidenten an den Herrn Präsidenten des Bayerischen Sena:ts vom 2. Ok.:. tober 1959 hervorgeht, soll das in der Anfrage ge­nannte Gesetz noch vor den kommenden allgemei­nen Kommunalwahlen verabschiedet werden. Die Änderungsbestimmungen des Gesetzes sollen also bereits für die kommenden Kommunalwahlen am 20. März 1960 gelten.

Dies setzt allerdings voraus, daß wegen der rund 2 Monate betragenden Wahlvorbereitungen und der gleichzeitig notwendigen Änderungen der Gemeindewahlordnung der Bayerische Landtag den Gesetzentwurf rechtzeitig verabschiedet.

(Abg. Dr. Hoegner: Erst müssen wir ihn haben! - Heiterkeit)

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der ·:Herr Abgeordnete Drexler.

Drexler (SPD): Hefr Präsident, meine Damen und Herren! Im Zuge der Rationalisierung und Elektrifizierung der Bundesbahn - Maßnahmen, die selbstverständlich bejaht werden - zeichnen sich besondere Härten für das ausgesprochene Eisenbahnerstädtchen Treuchtlingen ab, das we-

. nig Ausweichmöglichkeiten wirtsChaftlicher Art be­sitzt.

Ich frage daher den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenkt, um

1. auch bei einer elektrifizierten Bahn notwendige technische Betriebe für Treuchtlingen vorsehen zu lassen,

2. eventuell erforderliche andere Wirtschaftsmög-lichkeiten für Treuchtlingen zu schaffen.

--Ich-·erwarte die Einbeziehung deF--Stadt in--ent­sprechende Wirtschaftsförderungsprogramme des Landes und Bundes und frage daher, ob eine sol­che Einbeziehung, vorgesehen ist oder noch vorge­sehen wird.

P,räsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsmini"ster Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beehre mich, auf die. Anfrage des Herrn Abgeordneten Drexler wie folgt zu antworten:

1. Nach Abschluß der Elektrifizierung der Strek­ken Dachau-Ingolstadt, Ingolstadt-Treuchtlingen und Treuchtlingen-Änsbach~Würzburg, nach Auf­fassung der Bundesbahn also in etwa 5 bis 6 Jah­ren, ist für Treuchtlingen eine Außenstelle des Bahnbetriebswerks lngolstad,t mit 123 zur War­tung der elektrischen Lokomotiven notwendigen Dienstkräften sowie eine zu bildende Fahrleitungs­kolonne mit 25 Beschäftigten vorgesehen. Darüber hinaus hat sich die Deutsche Bundesbahn bereit erklärt, die freiwerdenden Gebäude des heutigen Bahnbetriebswerkes Treuchtlingen an Interessen­ten zu verkaufen oder zu verpachten.

2. Die Landesplanung bemüht sich mit besonde­rem Nachdruck, Industriebetriebe zu einer Nieder­lassung in Treuchtlingen zu veranlassen. Treucht­lingen wird von der Bezirksplanungsstelle bei der Regierung von Mittelfranken bei einer Neuansied­lung von Betrieben mit überwiegend Männer­beschäftigung an erster Stelle als Standort be­nannt. Zwar sind diesbezügliche Bemühungen bei verschiedenen Firmen erfolglos geblieben, jedoch

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 885

(Staatsminister Dr. Schedl)

werden zur Zeit aussichtsreiche Verhandlungen wegen einer Betriebsverlagerung nach. Treuchtlin­gen geführt.

3. Treuchtlingen wurde im Hi.m:bllck auf .seine besondere wirtschaftliche Situation bereits 1958 in das Programm zur Förderung der sogenannten „unterentwickelten Gebiete außerhalb der Sanie­rungs- und Ostrandgebiete" aufgenommen. Die Stadt erhielt im vergangenen Jahr zur Erschlie­ßung eines Industriegeländes und zum Ausbau einer· stadteigenen Werkhalle 157 000 DM an Zu­schüssen und Darlehen, und auch in diesem Jahr wurde Treuchtlingen mit Zuschüssen und Dar­lehen aus diesem Programm vorrangig bedacht.

Ich darf also wohl sagen, daß die Erwartungen des Herrn Abgeordneten von der Staatsregierung erfüllt worden sind, ehe sie ausgesprochen wurden.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Prochazka.

Prochazka (GB): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich .an den Herrn Staatsminister für Arbeit und soziale Für­sorge.

Nach eingehenden Ermittlungen stehen in Landsberg/Lech-Stadt noch 65 Baracken mit 191 Notunterkünften und rund 700· Einwohnern. Dies ist für eine Stadt mit 12 500 Einwohnern ·eine mehr als erschreckende Zahl. Mit größter Sorge muß der sehr rasch fortschreitend:e Verfall. und die immer größer werdende Hoffnungslosigkeit die­'ser Lagerinsassen verfolgt werden. Der Zustand und die Verfassung der Baracken ist - gelinde gesagt - g:r;auenhaft.

Trotz größter Bemühungen des Landsberger Stadtrates in den letzten Jahren, die Lagerinsas­sen in familiengerechte Wohnungen 'unterzubrin­gen, ist es bei der bereits genannten Zahl gieblieben.

Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um diesen eklatanten Fall, der keineswegs mehr allein von der kreisfreien Stadt Landsberg bewältigt werden kann, zu beseitigen?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Arbeit und soziale Fürsot'g·e.

Staatsminister Staln: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Es ist zutreffend, daß in der Stadt Landsbe.ng am Lech noch 65 Baracken- und NotunteJ;"künfte vorhanden sind, die mit 191 Fami­lien (699 Personen) belegt sind. Bei diesen Ba­racken- und Notunterkünften handelt es sich ailler-­dings nicht um staatliche Lager. Der größte Teil dieser Baracken- und Notunterkünfte ist nach fern­mündlich1er Mitteilung der Regierung von Ober­bayern im Besitz von Privatpersonen und Firm.en, ein Teil gehört deir Stadt Landsberg am Lech selbst und der restliche Teil steht im Eigentum und unter der Verwaltung der Bundesvermögensverwaltung. Der Bundesministe.r für Wohnungsbau hat am 11. Dezember 1958 für den Wohnungsbau zugunsten

von Bewohner-n von Barackeri.lagern Und Wohn­bar.acken insgesamt einen Betrag von 14 Millionen DM auf die Länder verteilt, das Land Bayern hat hi:ervon 14,5 Prozent, das sind 2,03 Millionen DM, erhalten. Zur Auflösung der nichtstaa:tlichen Ba­rackennotunterkünfte hat das Land Bayern weitere Finanzierungsmittel in Höhe von 6,92 Mil'lionen DM bereitgestellt. Ebenso wurden jedes Jahr in der Ver.gangenheit .neben staatlichen Lagern private und sonstige Notunterkünfte durch Ber-eitstellung staatlicher Mittel aufgelöst. Mit diesen Landes­mitteln und den zugewiesenen Bundesmitteln sind im Baujahr 1959 insgesamt 939 Wohnungseinheiten gefördert worden.

Von diesen bewilligten Bundesmitteln hat die Regierung von Oberbayern 432 000 DM erhalten, aus den Landesmitteln wurden 1,3 Millionen DM zusätzlich für die RegieTUUg vori Oberbayern zur Verfügung gestellt. Mit diesen Mitteln konnten 215 Wohnungseinheiten gefördiert werden .. Weitere 44 AnmeMungen mit zusammen über 889 Woh­nungseinheiten mußten von der Regierung von Oberbayern zuruckgestellt werden, da für diese Wohnungseinheiten ein zu:sätzlicher Mittelbedarf von 8,738 Millionen DM erforderlich gewesen wäre. Zu diesen Anmeldungen, die aus Mangel an Mit­.teln zurückgestellt werden mußten, zählt auch ein Antrag der Stadt Landsberg am Lech auf Förde­rung von 50 Wohnungseinheiten zur Auflösillng der Barackennotunterkünfte d:er Stadt. Zu erwähnen ist, daß die Zuteilung der Mittel in den Zuständig­keitsbereich der Obersten Baubehörde im Bayeri­schen Staatsministerium des Innern fällt.

In diesem ZiUISammenhang muß hervorgehoben werden, daß nicht nur die Stadt Landsberg am Lech noch über eine letder bedeutend .große Anzahl von Notunterkünften verfügt, sondern daß in Bayern nach den letzten Erhebungen zum Stichtag vom 30. September 1959 nnch 26 568 Personen in Not­.unterkünfte111 und nichtstaatrichen Lagern leben müssen. Bei deT Behandlung des· Gesetzentwurfs des Herrn Bundesministers für Wohnungsbau über den Abbau der W ohnungszwangswi):"tschaft und über ein soziales Mietrecht im Bundeskabinett hat der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flücht­linge und KriegsgeschäC[igte seine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf davon abhängig gemacht, daß der Bund sich bereiterklärt, Mittel zur Räu­mung der mehrfach ·genannten nichtstaatlichen Ba­racken- und Notunterkünfte zur Verfügung zu stel­len. Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau · hat hierzu seine Zustimmung erteilt. Nach einer Mitteilung im Bu11etin des Presse- und Informa-: tionsamtes der Bundesregierung vom 27. August 1959 ist der vom Kabinett einges:etzte Staatssekre­tär-Ausschuß, der Vorschläge zur Lagerräumung machen soll, bereits zu ·einem gewissen Ergebnis gekommen. Danach werden für etwa 100 000 Per­sonen, die in der Bundesrepublik in nichtstaatlichen Lagern und Notunterkünften Leben, rund 25 000 Wohnungen erstellt werden müssen. Hierfür sind nach den heutigen Baupreisen ungefähr 650 Mil-

. lionen DM bereitzustelle1i.. Der Bund will aus freien Stücken einen Teil dieser Finanzierungsmittel über­nehmen und erwartet, daß auch die Länder eigene Haushaltsmittel zur Auflösung dieser Baracken-

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886 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20, Oktober 1959

(Staatsminister Stain)

notunterkühfte 1einsetzen. Der Rest der für den Wohnungsbau erforderlichen Finanzierungsmittel soll aus dem Kapitalmarkt gewonnen werden, wo­bei zur Verbilligung der Mieten an Zinssubventio­nen gedacht ist. Nach den Ausführungen von Herrn Staatssekretär Dr. Nahm im Bundresm'.i.nisterium für Y.ertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte sind c;lie Erwägungen de,s Staatssekretär-Ausschus,.. ses so weit· gediehen, daß nunmehr die Verhand­lungen mit den Ländern ~ufgenommen werden können.

Im Zuge dfoseir Maßnahmen zur Auflösung von Barackennotu:riterkünften und nichtstaatlichen La­gern kann erwartet werd~n; daß auch die Stadt Landsberg am Lech bei .der Auflösung der dortigen Baracken· wirksamer als bisher bei 'der Zutellung öffentlicher Mittel berücksichtigt werden kann. An­gesichts dieser Situation und der zu erwartenden HiJ:fle durch den Bund dürfte es wenig zweckmäßig sein, wenn die Bayerische Staats.regierung an das Bundesverteidigungsministerium herantritt, um von diesem zwecks Behebung des sozialen Notstandes in der Stadt Landsberg am Lech Mittel zur Ver­fügung gesteilt zu erhalten. Es: d:arf abschließend darauf hingewiesen werden, daß auf die Zuteilung der für die. Bundeswehrangehörigen erstellten Woh­nungen in der Stadt LandsbeTg am Lech die Sta·ats­regforung keinen Einfluß ausüben kann.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Kiene.

Kie·ne (SPD): Meine Anfrage richtet sich an den Herrn Staatsminister für Ernährung, LandW'irt­schaft und F'o,rsten.

Die landwirtschaftlichen Berufsschulen verzieich­nen seit zwei Jahren einen andauernden und be­trächtlichen Rückgang ihr~r Schülerzahlen. Auf welche Weise sollen die zusammenschrumpfenden Klassen zusammengelegt werden und welche Maß­nahmen sind beabsichttgt oder im Gang, um über­flüssig werdende Lehrkräfte anderw~itiig zu ve:r­wenden,?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus.

Staatsminister Dr. Maunz:· Herr Präsident, Hohes Haus! Seit 1952/53 ist ein stetes Sinken der Schüler­zahlen an den landwirtschaftlichen Berufsschulen zu beobachten. Im vergangenen Schuljahr b~trug der Rückgang im Vergleich z,u den Schülern von 1952/53 etw;a 66 Pro:z;ent. Dieser empfindliche Rückgang be­ruht überwiegend auf der starken Abwanderung der Landjugend in andere Berufe.

Infolge des Rückgangs der Schülerzahlen sank auch die durchschnittliche Klassenstärke in den landwirtschaftlichen Berufsschulen von25 bis auf 17. In mehrer.en Fällen wurden auch Klasrsen mit 15 und weniger Schülern geführt. Das Ministerium ordnete daher an, daß für das laufende Schuljahr kleinste K1assen und Berufsschulen aufzuheben

sind. Mit dieser Aufhebung wurde eine durch­schnittliche Klassenstärke von etwa 21 Schüliern er­reicht.

Infolge Aufhebung der kleinsten Klassen konnte eine Reihe von Lehrkräften nicht mehr in landwirt­schaftlichen Berufsschulen verwendet werdien. Da­her sah sich , das Ministerium veranlaßt, für die männlichen Anwärteir einen Umschulungslehrgang für das Lehramt an Volksschulen anzus·eitzen. Zu diesem Umschulungslehrgang, der bereits am 15. Oktober 1959 an der Pädagogischren Hochschule in München-Pasing begann, wurden insgesamt 71 An­wärter des landwirtschaftlichen Berufsschukl,iehstes und 6 bereits zu Beamten ernannte Berufsschul­lehrer zugelassen. Dadurch ist den Junglehrern di1e Möglichkeit geboten, an Volksschulen, an denen Mangel all' Lehrern besteht, unterzukommen. Sollte auch in den nächsten zwei Jahr.en ein empfindlieher Rückgang der Schülerzahlen zu verzeichnen sein, so wird ein ähnlicher Umschulungslehrgang auch im nächsten Jahr für notwendig gehalten.

(Abg. Kiene: Eine Zusatzfrarge!)

Präsident D.r. Ehard; Zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Kiene!

Kfone (SPD): Es wäre eine Reihe von Fragen zu stellen; aber ich habe jetzt nur eine: We·lche Aus­wirkungen hat das: nun auf das Staatliche Institut für. die Ausbildung von landwirtschaftlichen Be­rufssch ulleh,rern?

Staatsm'inister D.r. Maunz: Es ist den Bewerbern für das Studium an dieser Staatsanstalt widerraten wordenl ~>i·ch dort aufnehmen zu 1assen, weil eine Aussicht, im Berufsschuldienst unterzukommen, nicht besteht. Ich glaube, das ist wohl .. das. wirk­samste Mittel, das man hier 1ergreifen kann.

Präsident Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Wolff.

Wolff (SPD): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Frage ist an das Staatsministerium des Innern' ge-richtet. ·

Das Zweite Wohnungsbaugesetz ist im Juni 1956 in Kraft. getreten. Nach § 27 d!eses Gesetzes wird bei der Wohnraumversorgung der Wohnungsuch'en­den mit geringem Einkommen für Alleinstehende ein Betrag von 2400 DM :;ils Jahresbrutto-Einkom­men, für weitere Personen der Familie von je 1200 DM festgesetzt. .

Die Baukosten sind jedoch seit 1955 um zirka 40 bis 50 Prozent gestieg·en, so daß die im Zweiten Wohnungsbaugesetz festgesetzte Einkommensgrenze als überholt betrachtet werden kann. ·

Ist die Staatsregierung bereit, übeir' den Bundes­rat Einfluß zu nehmen1 um eine höhere, den c;ler­zeitigen Verhältniss!en angepaßte Einkommens­gr.enze festsetzen zu lassen?

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.

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Bayerischer Landtag ~ 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 887

Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Staatsregierung teilt di.e Auffassung des Herrn Anfragers und ist schon seit langem bemüht, über den Bundesriat eine den Notwendigkeiten ent­sp!'echende Änderung der Einkommensgrenzen des § 27 des zweiten WohnU:IllgsbaugesetZJeS zu er­reichen.

Zuletzt hat der Bundesrat in seiner Stellung­nahme zu dem Entwurf eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht unter Ziffer 48 eine entspre­chende Änderung der Einkommensgrenzen des § 27 verlangt. Danach wurde folgende neue F.ass.ung des § 27 Absatz 1 vorgeschlagen:

(1) Die zuständigen obersten Landesbehörden haben dafür zu so,rgen, daß die· Wohnung­suchenden mit geringem Einkommen in aus­reichendem Maße mit Wohnraum zu tra,g.barer lV(iete oder Belastung versorgt werden. Als Wohnungsuchende mit geringem Einkommen gelten iJJ. der Regel diejenigen, deTen Jahl'es­einkommen .

a) bei Alleinstehenden den Betrag von 3600 Deutsche Mark,

b) bei Familien mit zw'~i Familienmitgliedern den Be.trag von 4800 Deutsche Mark, zu­züghch 1200 Deutsche Mark für jeden wei­teren zur Familie rechnend!en Angehörigen

nicht überste1gt. Bei der Ermittlung des Jahres'" einkommens sind die Jahreseinkommen des Wohnun,gsuchenden .und der zur Familie rech­nenden Angehörigen zusammenzwechnen.

Präside·nt 1Dr. Ehard:' Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Becher.

Dr. Becher (GB): Herr Präsident, Hohes Haus! Meine Frage richtet sich an den Herrn Staatsmini­ster für Wirtschaft und Verkehr.

In letzter Zeit wurden erneute Bestrebungen sichtbar, durch die Errichtung von sogenannten „Supermarkets" die Struktur unseres Handels auch durch unmittelbare Verbindung mit auslän­dischen Gesellschaften zu wandeln.

Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um die damit zusammenhängende Gefährdung der Einzel­handelsbetriebe und eine weitere Konzentration auf diesem Gebiete - vor allem in München und anderen größeren Städten Bayerns - hintanzu­halten?

Präsident 'Dr. Ehard: Es· antwortet der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsmi·nister Dr. Schedl: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Möglichkeit, gegen die Errichtung von Supermärkten gewerberechtliche Maßnahmen zu treffen, liegt in der Zuständigkeit der Bundesregierung. Es ist jedoch fraglich, ob diese hiervon Gebrauch machen wird. Davon unab­hängig erscheint es aber auf alle Fälle zweck­mäßig, den mittelständischen Handel durch markt­konforme Maßnahmen auf dem Gebiete des Wirt­schafts-, Wettbewerbs- und Steuerrechts zu unter-

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stützen. Hierher gehören in erster Linie Maßnah­men zur Herbeiführung einer wettbewerbsgerech­ten Umsatzsteuer. Die Bayerische Staatsregierung hat die Konzentrationserscheinungen auf dem Ge­biet des Einzelhandels seit längerer Zeit aufmerk­sam verfolgt und bereits am 25. Mai dieses Jahres dem Bundeswil'tschaftsministerium eine Denk­schrift über die Konzentrationstendenzen im Ein­zelhandel vorgelegt, die 'zugleich als Material für die parlamentarischen Verhandlungen im Bundes­tag dienen sollte.

Soweit der Entwicklung durch Maßnahmen be­gegnet werden kann, die durch die Bayerische Staatsregierung selbst getroffen werden können, ist es die Absicht der Staatsregierung, die natür­lichen Vorteile der kleinen und Mittelbetriebe noch stärker als bisher zu aktivieren und zu die­sem Zweck die Selbsthilfeeinrichtungen des mittel­ständischen Handels weiter zu stärken. Hierfür sind auch in diesem Jahr erneut beträchtliche Mit-. tel zur Verfügung gestellt worden. In der gleichen Richtung liegt die Errichtung eines „Hauses des Handels" in Nürnberg. In München besteht bereits eine derartige sehr segensreiche Einrichtung. Wei­terhin sind d'ie Bemühungen der Staatsregierung auf eine Stärkung der Kreditfähigkeit des Han­dels gerichtet. Speziell zur Verbesserung der Wett­bewerbsfähigkeit mit den kapitalkräftigen Groß­betrieben sind für das laufende Haushaltsjahr zur Zinsverbilligung von Rationalisierungskrediten des Handels gleichfalls Mittel zur Verfügung gestellt worden.

P.räsident 1Dr. Ehard: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Irlinger; ich erteile ihm das wo·rt. '

lrUnger (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Anfrage richtet sich an die Bayerische Staatsregierung.

Die Deutsche Alpenstraße (Bundesstraße 305) ist in der Zeit vom 13. Oktober bis 13. November 1959 jeweils vom Montag mit Freitag von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr von Unterjettenberg bis Wachterl wegen Holzbringungsarbeiten für jeglichen Verkehr ge­sperrt.

Die Sperrung wurde durch die Regierung von Oberbayern im Einvernehmen mit der Oberforst;­d!irektion München verfügt. Der Gemeinderat von Ramsau und verschiedene Verbände, insbesondere aus dem Fremdenverkehr, haben gegen diese Maß­nahme energisch protestiert, und weite Teile der Bevölkerung haben für diese vollständige Sperrung kein Verständnis. Ich frage den Herrn Staatsmini­ster des Innern, ob diese vollständige Sperrung auch die Billigung des Ministeriums findet.

Ich frage weiter, ob es nicht möglich wäre, in gegenseitigen Verhandlungen eine Lösung zu fin­den, die sowohl den Interessen der ltorstbehörden als auch den übrigen Interessen, insbesondere des Fremdenverkehrs, gerecht werden könnte.

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär des Staatsministeriums des Innern.

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L.

888 Bayerischer Landtag 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Antwort stellt sich wie folgt dar:

Die schon seit Jahren zurückgestellte forstwirt­schaftliche Nutzung des Waldgebietes an der Al­penstraße kann nicht mehr länger zurückgestellt werden, wenn nicht erhebliche Vermögenswerte verlorengehen sollen. Im vergangenen Jahr muß­ten die Arbeiten wegen schlechter Witterung früh­zeitig eingestellt werden. Es muß deshalb in die­sem Jahre das durch Windbruch angefallene Holz aufgearbeitet werden, damit kein Käferbefall ein­tritt. Wenn sich der Borkenkäfer einmal ausge­breitet hat, ist nach Auffassung der Oberforstdi-; rektion München der Wald nicht mehr zu retten; kahle Hänge würden für die Straßen erhöhte Steinschlaggefahr bedeuten. Der Abtransport des Holzes ist ohne Sperrung der Straße nicht zu ver­antworten; denn trotz größter Sorgfalt kann nicht verhindert werden, daß Steine oder Stämme auf die• tieferliegende Straße stürzen.

Das. Landratsamt _Berchtesgaden hat als Straßen­verkehrsbehörde die Aufgabe, die forstwirtschaft­lichen Notwendigkeiten mit den Interessen des Fremdenverkehrs abzustimmen. Da für die Arbei­ten ein Termin gewählt wurde, bei dem sich nur eiri geringer Verkehr abwi'ckelt, hat die Regierung von Oberbayern der vom Landratsamt angeordne­ten Verkehrsbeschränkung zugestimmt. Im Hin­bl'ick auf die derzeit anomal günstige Wetterlage und auf Grund einer Interventiön des Herrn Ab­geordneten Röhrl- wurde die Sperre für diese Wo­che - vom 19. bis 25. Oktober - aufgehoben, also nicht . wie irrtümlich .;,om „Münchner Merkur" be­richt~t wurde, nur auf die Dauer einer Stunde, sondern ganz. Weitere Vergünstigungen hängen allerdings vom Wetter ab.

Präside'nt Dr. Ehcm:I: Nächster Fragesteller ist der' Herr Abgeordnete Gabert. Ich erteile ihm da:s Wort.

Gabert (SPD): Meine Damen und Herren!· Meine. Anfrage richtet sich an den Herrn Staatsminister des Innern:

Schon bei zwei Gemeindewahlen durften die Einwohner der Industriesiedlung Piding bei Rei­chenhall nicht wählen, da die Siedlung auf soge­:O:anntem ausmärkischem Gebiet liegt. Seit Jahren wird. den Einwohnern eine Eingemeindung in Aus­sicht gestellt.

Ich frage nun, ob die notwendigen vermögens­rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für eine Eingemeindung b'is zu den Gemeindewahlen 1960 getroffen sein werden.

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsmini.sterium des Innern.

·Staat·ssekretä'r Junk~r: Herr Präsident, Hohes Haus! Das Staatsministerium des Innern bemüht sich seit Jahren, die Eingliederung der Siedlung in die Gemeinde Piding, nicht zuletzt um den auf aus­märkischem Gebiet Wohnenden die Teilnahme an den Gemeindewahlen zu ermöglichen, zu fördern.

Nachdem die Kaufabsichten der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung gescheitert waren, hat d~s Staatsministerium des Innern unverzüglich erneu~e Verhandlungen zwischen Bund und Freistaat Bayern als Eigentümern des gemeindefreien Ge­bietes einerseits und der Gemeinde Piding andrer­seits in die Wege geleitet mit dem Ziel, durch finanzielle Leistungen der Grundeigentümer der Gemeinde die Antragstellung auf Zuteilung des fraglichen Gebieties zu erleichtern. Besprechungen an Ort und Stelle sind für November dieses Jahr·es vorgesehen. Erst n~ch deren Ergebnis läßt sich sagen, ob eine Eingliederung mit Einverständnis der Gemeinde Piding noch vor den Gemeindewah­len 1960 möglich sein wird. Sollte eine Einigung. nicht erzielt werden, so müßte eine Eingliederung von Amts wegert - also gegen den Willen der Ge­meinde - erwog.en werden:

(Abg. Dr. #Becher: Sehr gut!)

Präsident 1Dr. Eha.rd: Nächster Fragestell~r ist der Herr Abgeordnete Dr. Wülln~r.

Dr~ Wüllner (GB): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine große Zahl von Hauptwacht­meistern der Bayerischen Landpolizei hat bereits seit geraume~ Zeit für den mittleren Dienst die Prüfung mit Erfolg abgelegt, ohne i:n absehbarer Zeit ·eine Möglichkeit zu haben, eine Planstelle als Pqlizeimeister zu .erhalten. Gerade die jüngeren Kräfte im Dienste der Landpolizei, an deren Auf­stieg und an deren Bleiben in der Landpolizei uns gelegen sein muß, werden vor die Entscheidung ge­stellt, entweder unter beträchtlichen Geldopfern bei der Landpolizei darauf zu war.ten, daß da und dort ein Polizeimeister in den Ruhestand tritt, dienstunfähig wird oder stirbt, oder daß sie, dem Werben der Wirtschaft und der Bundeswehr fol­gend, aus der Landpolizei ausscheiden und so den ungünstigen Altersaufbau der PoJizei noch deut­licher hervortreten lassen. Es erscheint auf die Dauer nicht tragbar, von zahlreichen Hauptwacht­meistern der Bayierisch.en LandpoJizei immer wie­der Idealismus'zu verlangen und sie auf den durch die Prüfung zum mittleren Dien:s.t vorgesehenen Aufstieg zum Polizeimeister weiterhin warten zu lassen. So sind allein Jm V1erkehrszug 1 der Land­polizeidirektion Oberbayern etw:a 10 bis 12 Haupt- '· wachtmeister vorhanden, die seit Jahren auf die ihnen prüfungsmäßig zustehende Beförderung des­halb warten müssen, weil für sie keine Planstellen vorhanden seien.

Ich frage daher die Staatsregierung:

1. Geschieht innerhalb der Bayerisch0en Land­polizei alles, was dem unerwünschten Abwan­dern junger und. daher für den PoUzeidienst besonders befähigter Kräfte entgegenwirken könnte?

2. Ist die Staatsregierung bereit, durch eine groß­zügige 'Vermehrung der Planstellen für Poli­zeimeister den Überhang an geprüften, für den mittleren Dienst befähigten Hauptwacht­meistern· ehestens zu beseitigen und so den jungen, strebsamen Kräften echte Aufstiegs­möglichkeiten zu geben?

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Bayerisch.er Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 889

Präsident Dr. Ehard: Es antwortet der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.

StaatssekretÖ'r Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Antwort an den Herrn Abgeordneten Dr. Wüllner gestaltet sich wie folgt:

Eine größere Abwanderung von jungen Polizei­dienstkräften in die freie Wirtschaft oder zur Bun­deswehr ist zur Zeit nicht zu beobachten. Die durch die Aufstellung der Bundeswehr ausgelöste Perso­nalbewegung kann im allgemeinen als abgeschlos­sen betrachtet werden. Die aus der LandpoHzei ab­gewanderten 186 Dienstkräfte setzten sich zum großen Teil aus Kriegsteilnehmern und damit aus Angehörigen der mittleren J.ahrgänge zusammen. Ihr Weggang brachte - neben einigen inzwischen behobenen Schwierigkeiten - sogar eine gewisse Entlastung in der Beförderungssituation der Land­polizei.

Der vom Landtag beschlossene Stellenschlüssel des mittleren Dienstes 40:40:20 ist in der. bayeri- · sehen staatlichen Polizei bereits von ausgeschöpft. Es entspvicht den Tatsachen, daß ·trotzdem auf Grund eines sehr ungünstigen Altersaufbaues in der LandpoJizei ein gewisser Überhang an älteren Hauptwachtmeistern besteht. Die gleichen Verhält­nisse liegen jedoch auch in den übrigen Bundes­ländern vor, so daß sicherlich eine Abwanderung nicht allzusehr zu fürchten ist. Dabei hat der größte Teil der Bundesländer den Stellenschlüssel 40:40:20 im Gegensatz zu Bayern noch nicht erreicht. Zur Zeit sind Verhandlungen darüber im Gange, ob trotz dieser Lage - als Ausgleich für die. durch die Übernahme von Gemeindepolizeien verlorengegan-· genen Beförderungsstellen - zusätzliche Beförde­rungssteUen geschaffen werden sollen. Darüber wird zunächst der Ministerrat im Zuge der Be­ratungen zum Haushalt 1960 befinden. Letztlich hat darüber aber der Bayerische Landtag bei den Etatberatungen zu entscheiden.

Präsident Dr. Ehard: Damit ist die Frage­stunde beendet.

Ehe wir zur weiteren Erledigung der Tagesord­nung übergehen, habe ich Ihnen noch eine ge­schäftliche Mitteilung zu machen, die ich vorhin bei den Entschuldigungen übersehen habe:

Das Mitglied des Hohen Hauses, Fürst Fug g e r von G 1 ö t t, bittet in einem Schreiben unter Vor­lage eines ärztlichen Zeugnisses um Krankheits­urlaub bis Mitte Dezember. Ich bitte das Hohe Haus, davon Kenntnis zu nehmen.

Ich rufe auf die erste L es u n g zum

Antrag der Abgeordneten Huber Ludwig, Dr. Held, Ramelsberger und Dr. Zdralek

· betreffend Gesetz zur Änderung des Ge­setzes über das Apothekenwesen

(Beilage 613)

Es handelt sich um einen Initiativgesetzentwurf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überwei­sen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht er­hoben. Es ist so beschlossen.

Dann rufe ich auf die er s t e L e s u n g zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Zins­verbilligung für Darlehen zur Instandset­zung von Kunstdenkmalen in nichtstaat-

lichem Besitz (Beilage 652)

Das ist eine Regierungsvorlage. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit de.m Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für kulturpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staats­haushalt U:nd Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überwei­sen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht er­hoben. Es ist so beschlossen.

Weiter rufe ich auf die erste Lesung zum Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfmik­anstalten und die Koordinie1·ung des er-

sten Fernsehprogramms (Beilage 653)

Es handelt sich um eine Regierungsvorlage. Der Ältestenrat hat sich mit der Frage befaßt, ob es notwendig ist, dieses Abkom~en als einen Staats­vertrag zu betrachten oder ob man es als Verwal­tungsabkommen ansehen kann. Er ist zu der Mei­nung gekommen, daß es als Staatsvertrag zu be'­trachten sei. Auch die Staatskanzlei hat sich da­mit einverstanden erklärt. Infolgedessen müssen diese Abkommen wie Gesetze behandelt, also in drei Lesungen verabschiedet werden. Deshalb steht jetzt die erste Lesung auf der Tagesordnung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht ~Fill .

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich die Überweisung an den· Ausschuß für Ver­fassungsfragen und Rechtsfragen vor. - Eine Er­innerung dagegen wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.

Ich rufe.auf die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes über die Ein­

messung. der Gebäudeveränderungen (Beilage 661)

Das ist eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einve~nehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Aus­schuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen erhebt sich nicht. Es ist so beschlossen.

Ich rufe weiter auf die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des

Vergnügungssteuergesetzes (Beilage 665)

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890 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

Es handelt sich um eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr, dem Ausschuß für kul­turpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staats­haushalt und Finanzfragen und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu über­weisen. Der Ältestenrat hat s!ch mit der Sache be­faßt und empfiel:tlt, daß eine gemeinsame Sitzung der drei erstgenannten Ausschüsse, also des Aus­schusses für Wirtschaft und Verkehr, des Kultur­polföschen Ausschusses und des' Haushaltsaus­schusses, gemäß § 44 der Geschäftsordnung statt­findet. Es wäre dies deshalb zweckmäßig, weil bei einer früheren Beratung dieser Materie jeder Aus­schuß eine andere Meinung hatte und einen ande­ren Beschluß gefaßt hat. Vielleicht könnte man sich bei einer gemeinsamen Sitzung leichter eini­gen. Ich würde empfehlen, das zu erwägen. Wird die Überweisung gebilligt? - Ein Widerspruch er­hebt sich nicht; es ist so beschlossen.

Weiter rufe ich auf die erste Lesung zum

Entwurf eines Gesetzes über die Leistun-gen des Staates für private Höhere Schu-

len und Mittelschulen (Privatschul­lei~tt~ngsgE!i>Eit~) - .. ~E!ill:lg~ '(01-

Es ist dies eine Regierungsvorlage. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für kulturpolitische Fragen, dem Ausschuß für Staats­haushalt und Finanzfragen und d.em Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überwei­:;;en. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht er­hoben. Es ist so beschlossen.

Es folgt die er s t e L e s u n g zum

Antrag der Abgeordneten Dr. Schier und anderer und Fraktion betreffend Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für

Heimatvertriebene, Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge (BeUage 702)

Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schl~ge ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Aus­schuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen .wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.

Weiter folgt die erste Lesung zum

Antrag des Abgeordneten Dr. Hoegner und Fraktion betreffend Gesetz zur Än­derung des Gesetzes über den Finanzaus­gleich zwischen Staat, Gemeinden und Ge­meindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz)

- Beilage 703 -

-~-----------~·--·--·--··

Wird d'as Wort dazu gewünscht? - Das i:st nicht der Fall.

Im Einvernehmen mit demÄltestenrat schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und dem Aus­schuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. - Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben. - Es ist so beschlossen. '

Schließlich folgt die· e r s t e L e s u n g zum Entwurf eines Bayerischen Beamtengesetzes

(Beilage 720) Das ist eine Regierungsvorlage,

Dazu wünscht das Wort der Herr Staatsmini­ster der Finanzen.

Staatsminister Dr. Eberhard: Hohes Haus, meine Damen und Herren! Der Umfang und die Be.deu- · tung des Ihnen von der Regierung vorgelegten Entwurfs eines neuen Bayerischen Beamtenge­setzes rechtfertigen es, daß ich einige Worte über die Vorlage verliere. Die besondere Bedeutung des Gesetzes kommt nicht allein darin zum Ausdruck, daß es immerhin für rund 83 000 aktive bayerische Staatsbeamte und etwa 30 000 Körperschaftsbeam­te sowie für 46 000 Staatspensionisten und 20 000 Körperschaftspensionisten gilt; vor allem kommt ihm ein staatspolitisches Gewicht deshalb zu, weil es die Stellung des Beirufsbeamtentums in unserefu sta.a:tswese:ri-für, wie'.foh gfaühe; vreie ·.ta:h.re Be­stimmen wird.

Sie wissen alle, daß die Zeit noch nicht allzu· lange zurückHegt, als der Gedanke des Berufs­beamtentums hoffnungslos diskreditiert schien. Im NS-Staat war gerade da·s Berufsbeamtentum für Zwecke mißbraucht worden, die mit seinen her­kömmlichen Funktionen sehr wenig mehr gemein hatten. Dieser Mißbrauch hat nicht nur zahlreiche Beamte nach 1945 zunächst ihr Amt gekostet, son­dern auch die Institution des Berufsbeamtentums selb:st heftigen Angriffen ausgesetzt. In dem Zu­sammenbruch von 1945, der viele der bisherigen Werte und Traditionen in Frage stellte, schien da­her auch die Stunde des Berufsbeamtentums ge­schlagen zu haben: Es brach sich allerdings doch bald d±e Einsicht Bahn, daß ein deutsches Staats­wesen auf eine stabile Verwaltung durch geschulte und fachlich vorgebildete Beamte nicht ohne Scha­den verzichten kann. Beachtliche Leistungen voll­brachten damals allerdings auch die in die Bresche gesprungenen Bediensteten, die bis dahin außer­halb des öffentlichen Dienstes gestanden waren uhd als Angestellte verwendet wurden. Das Elend der Zerstörungen, die Not der Vertriebenen und Obdachlosen, der Mangel an allem Lebensnotwen­digen konnten aber schließlich mi't Hilfe des ein­gespielten Apparats des Berufsbeamtentums, der immer noch leidlich funktionierte, gemeistert wer­den.

Es hat dann sehr schwieriger Verhandlungen mit der damaligen Militärregi!erung bedurft, bis man den Bestand des Berufäbeamtentums als ge­sichert ansehen konnte. Im Jahre 1946 bereits konnte .·ein bayerisches Beamtengesetz erlassen

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Bayei;isci?-er Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20: Oktober 1959 891

(Staatsminister Eberhard)

werden, das zwar auf den wesentlichen Traditionen des deutschen Berufsbeamtentums basierte, aber auch durchaus neue Gedankengänge brachte.

So schuf es ,etrstmalig im deutschen öffentlichen Dienst die Einrichtung eines selbständigen Landes­personalamtes, das auf dem Gebiet der Prüfungen, der Ausbildung und Fortbildung und des Lauf­bahnwesens wichtige und Z!=!ntrale Aufgaben er­hielt. Diese Einrichtung des sogenannten Landes­personalamts hat sich - das läßt sich. wohl ohne weiteres behaupten - durchgesetzt und auch be­währt. Daher hat auch das Bundesbeamtengesetz von 1953 diese neue Idee aufgegriffen. Das Be­amtenrechtsrahmengeset:z des Bundes macht nun die Einrichtung einer solchen unabhängigen Stelle allen Ländern zur Pflicht. Der Ihnen vorgelegte Entwurf festigt föe Stellung, die das Landesper­sonalamt bisher schon hatte.

Zwar war auch in den übrigen westdeutschen ;Ländern die Entwicklung des Beamtenrechts nach 1945 schließlich im Sinne des traditionellen deut­schen Dienstrechts gelaufen, immerhin zeichnete sich aber schon bald die Gefahr einer Auseinander­entwicklung der Landesbeamtenrechte ab. Der Grundgesetzgeber, der diese Schwierigkeiten sah, hat daher dem Bund daJS Recht eingeräumt, Jfah­menvorschriften für den öffentlichen Dienst zu schaffen, damit die ReChtseinheit und die Einheit der Lebensverhältnisse durch eine in den Grund­zügen übereinstimmende Ordnung des öffentlichen Dienstes ·im Bundesgebiet gewahrt werden kann.

Schon bald nach dem Inkrafttreten des Bundes­beamtengesetzes im Jahre 1953 begannen einge­'hende Verhandlungen aller Beteil.d:gten in B1IDd, Lände:rn und Verbänden mit dem Ziel eines ein­heitlichen Rahmengesetzes für den öffentlichen Dienst der Länder, Ger:q.einden und sonstigen öf­fentlichen Körperschaften. Dieses Rahmengesetz, daJS dtie Grundlinie für ein zeitgerechtes Beamten­recht absteckt, i:st schließlich am 1. September 1957 in Kraft getreten. Es verpflichtet die Länder, ihr Beamtenrecht innerhalb von drei Jahren an die Rahmenvorschriften anzupassen. Diesem verbind­lichen Auftrag des Bundesgesetzgebers kommt der Entwurf des neuen Bayerischen Beamteil!gesetzes nach. 1

DaJS Beamtengesetz ist das letzte der drei großen Gesetze, die künftig das Gesicht des bayerischen öffentlichen Dienstes bestimmen werden. Im Grunde genommen hätte, wenn nicht der Bundes­gesetzgeber mi:t seinem Rahmengesetz den Zeit­plan bestimmt hätte, das Beamtengesetz zeitlich das erste Gesetz sein müssen, weil es eigentlich das Fundament für die Einrichtung des Beamtentums bii1det. Es ist aber vielleicht ganz gut, daß die hei­ßen Eisen des Besoldungsgesetzes und des Perso­nalvertretungsgesetzes nicht mehr im Feuer sind. So kann, wie ich· hoffe, das Beamtengesetz ih einer Atmosphäre beraten· werden, in der zwar das Für und Wider zu den einzelnen Fragen sehr ausgiebig erörtert werden wird, in der sich aber im großen

und ganzen die Gemüter nicht mehr all'zusehr er­hitzen .sollten.

Das Gesetz ist sehr intensiv mehrmals mit allen Ministerien, mit dem Landespersonalamt, init den Spitzenorgani:sationen der Gewerkschaften und der Beamtenverbände sowie mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden. Ein erster Ent­wurf war den Beteili.gten bereits im September 1957, also unmittelbar nach Verabschiedung des Beamtenrechtsrahmengesetzes zugegangen. Der Entwurf legt - worauf ich besonders hinweisen möchte - We['t darauf, daß die Stellung der Ge­meinden als Dienstherren in angemessener Weise berücksichtigt wird. Die . Vorschläge des Senats, der zu dem Entwurf am 2. Juli abschließend Stel­lung genommen hat, sind gleichfalls sehr einge­hend geprüft un,d auch teilweise übernommen wor­den.

Der Gesetzentwurf regelt nicht das Recht der Hochschullehrer und das Recht der kommunalen Wahlbeamten. Beide Materien erschienen der Staatsregierung so bedeutsam, daß sie jeweils be­sonderen Gesetzen vorbehalten werden. Die ent­sprechenden Gesetzentwürfe werden vorbereitet. Das Recht dieses Personenkreises muß ebenfalls noch zeitgerecht an die Rahmenvorschriften ange­glichen werden.

Einen umfangreichen Teil des .Gesetzentwurfs nehmen die versorgungsrechtlichen Vorschriften ein. Sie enthalten eine große Zahl von Verbesse­rungen für die Ruhestandsbeamten und die Be­amtenhinterbliebenen. Die Staatsregierung hat dar­in auch versucht, di<e Versorgung der Hinterblie- · benen der in den beiden Weltkriegen gefallenen Beamten befriedigend zu lösen. Ein Antrag des Herrn Kollegen Gentner, der vor kurzem dem Landtagsausschuß für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung vorgelegen hat, zielte auf die versorgungsrechtliche Gleichbehandlung der Be­amtenwitwen des ersten Weltkrieges mit de~en des zweiten Weltkrieges ab; diesem Wunsch, der auch einem dringenden Anliegen der Bayerischen Staatsregierung entspricht, ist in dem Gesetzent-wurf Rechnung getragen. ·

Das Beamtengesetz nimmt als· das Grundgesetz des Berufsbeamtentums in unser.er staatlichen Ord­nung einen besonderen P1atz 'ein. Es sich.ert nicht nur die Rechte der Beamtenschaft, sondern es be­stimmt in viel:en Punkten den Charakter und die Form d.er öffentlichen Ve,rwaltung und damit des Tätigwerdens der öffentlichen Hand überhaupt. Die Be-amten müssen sich daher auch stets bewußt sein, daß ihl'en besonderen Rechten auch ·erhöhte Pflich­ten und eine wette Verantwortung gregenüber der Allgemeinheit. zu entsprechen haben. Die Verwal­tung kann nicht Selbstzweck sein, sondern muß dem Wohl aller Bürger dtenen. Bei einer Haltung der Beamtenschaft in diesem Sinne wird der Öf­fenili.chkeit die richtige Einstelllling zum Berufs­beamtentum, ZUT öffentlichen Verwaltung und zum Sta-atsganzen nicht sChwer fallen.

(Beifall bei den Regierungsparteien, vor allem bei der CSU)

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892 Bayerischer Land~ag - 31,. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

Präsident Dr. Ehard: Wird weiter das Wort dazu gewünscht? - Da:s· is1t nicht der Fall. Dann schlage ich im Einv.ernehmen mit dem Ältestenrat vor, die­sen Gesetzentwurf zu überweiS'en dem Ausschuß für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung, dem 'Ausschuß für Staatshaushalt Uil!d Finanzfragen und· dem Ausschuß für Verfassrwngsfragen und RechtSfragen. Eine Erinnerung dagegen wird nicht erhoben? - Es ist so beschlossen.

Wenn Sie .einverstanden sind, möchte ich die vier erste!). Lesungen der N a c h t r a g s t a g e s o r d -nun g auch gleich aufrufen; ich glaube, das: macht kellie Schwierigkeiten.

Ich rufe auf die e r,s t •e Lesung z;um

Dringlichkeitsantrag der· Abgeordneten Klughammer, Dr .. Merk, Dr. Heubl und Fraktion betreffend Gesetz zur Änderung

des Gemeindewahlgesetzes (Beilage 757)

Es handelt sich dabei nur um die eine Fragie, ob die Gemeindewahlen an einem Sonntag im Monat März abgehalten weriden sollen oder, wie bisher, am vorl'etzten Sonntag des Monats März. Vielleicht ließe sich das im Rechts- und Verfassung1sausschuß vorbereiten, so daß wir. es noch im Laufe dieser Woch·e erledigen können. Wird das. Wort dazu ge­wünscht? __:_ Das ißt nicht der Fall ..

Ich schlage vor, diesen Entwurf dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragien zu über­weisen. Eine Erinnerung dagegen - wird nicht erhoben. Es ist so beschlossen.

Nun rufe 'ich auf die erste L·esung zuin

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergä:nzung des Gesetzes zur Ausführung

des Kriegsgefangenenentschädigungs-. gesetzes.

Das ist eine Regierungsvorlage. Sie finden sie auf der' Beilage 763. Wird das Wort dazu gewünscht?-~ Das ist nicht der. Fal~. ·

Ich schlage vor, diesen EntwUtrf ebenfalls dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen zu überweisen. Es wird zu prüfen sein, ob der Aus­schuß für Staatshallishialt und Finanzfragen zu­gezogen werden soll._ Aber ich gl"aube, d'.3-s könnte man dem Ausschuß für Rechtsfragen und Verfas­sungsfrag~n zunächst einmal überlassen. Eine Er­innerung dagegen - wird nicht erhoben.

Nun rufe ich auf dte erste Lesung z~um _

Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst, Dr. Fischbacher uµd Fraktion betreffend Ge-. setz für eine „Geschäftsordnung für die ' Untersuchungsausschüsse des Bayerischen

' Landtags" (Beilage 7'64)' .

Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

. Ich schlage vor, diesen Gesetzentwprf zu über­weisen dem Ausschuß für die Geschäftsordnung und Wahlprüfung und dem Ausschuß für Verfas­sungsfragen und Rechtsfragen. Eine Erinne·rung da­ge:gen - wird nicht erhoben. Es· ist sio beschlossen.

Schließlich rufe ich auf die er s t e L e s u n g zum

Antrag der Abgeordneten Heinrich, ,Bezold und Fraktion betreffend Gesetz zur Ände­rung. des Bayerischen Straßen- und Wege-

gesetzes (Beilage 765)

Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich schlage vor, diesen Entwurf zu überweisen dem Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr und dem Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechts­friag1en. Auch bei diesem Gesetzentwurf ist z.u. er­wägen, ob der Haushalts1ausschuß beteiligt werden soll. Ich glaube aber, von Anfang a.n sollte man ihn nicht beteiligen. '

Dazu hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Hoegner.

Dr. Hoegner (SPD): Herr Präsident! Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß das Straßen- und Wegegesetz seinerzeit zunächst dem Ausschuß für Verfassiungsrragen und Rechtsfragen zugewiesen war, nicht in erster Linie dem Ausschuß für Wirt­schaft und Verkehr.

(Abg. Dtr. Oechsle: Es bestehen keine Be­denken, umgekehrt zu verfahren!)

Präsident Dr. Ehard: Wenn es das Hohe Haus möchte, kann man auch an eine gleichzeitige Be­handlung denken.

(Zuruf des Abg. Dr. Hoegner)

Ich würde also doch vorschlagen, •es so z.u machen. Wenn der Wirtschafts.ausschuß nicht will; kann er den Gesetzientwurf ohnehin dem Ausschuß für Ve1'-' fa:ssungsfr.agen und Rechtsfragen überweisen. Darf ich annehmen, daß es so beschlossen ist? - Es ist so beschlossen.

Ich schlage vor, nun in der Ta:gesordnun:g fort-zufahren, und zwar mit Punkt ? a:

Schreiben des Verfassungsgerichtshofes be­treffend Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing . auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel 109 und 113 des Bayerischen Beamtengesetzes vom

28. 'Oktober 1946 (BayBS III S. 256)

Über die Verhandlungen des Ausschuss.es für Verfas.sungsfr.agen und Reehtsfragen (Beilage 713) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Zdralek.

Dr. Zdralek (SPD), B er ich t erstatte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 23. Sitzung am 25. September 1959 nüt

·dem vom Herrn. Präsidenten erwähnten Schreiben des Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Repetitors a. D. Hans Settgast in Straubing auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Artikel 109 und 113 des Bayerischen Beamtengesetzes vom 28. Oktober 1946 beschäftigt.

Der Herr Repetitor a. D. Hans Settgast führt zur Begründung seiner Popularklage aus, das Bayeri-' sehe Beamtengesetz sehe nicht vor, daß ein Witwer

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 893

(Dr. Zdralek rsPD])

einer bayerischen Beamtin Witwengeld bezieht, · wenn diese bayerische Beamtin für seinen Unter­halt zum Zeitpunkt ihres Todes gesetzlich aufzu­kommen hatte.

Der Herr Staatsminister der Finanzen hat bezüg;... lieh des Entwurfs des neuen Beamtengesetzes dar­auf hingewiesen, daß der Bundestag ein Beamten­rechtsrahmengesetz verabschiedet und den Ländern verschiedene Auflagen gemacht hat, die bis zum 1. September 1960 erfüllt werden müssen. In der Behandlung der Klage kam zum Ausdruck, daß in dem Entwurf des neuen Beamtengesetzes auch eine Bestimmung vorgesehen ist, die der Beschwerde des Herrn Settgast Abhilfe verschafft. In Würdi­gung der Aussprache war der Ausschuß der Auf-

. fassung, daß die Bayerische Verfassung den bis­herigen Bestimmungen des Bayerischen Beamten­gesetzes nicht entgegensteht und somit die ange­griffenen Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind.

Inwieweit· die Bestimmungen des Bayerischen Beamtengesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar sind, hat nicht der Bayerische Verfassungsgerichts­hof zu prüfen, sondern nur das Bundesverfassungs­gericht.

Der Ausschuß kam infolgedessen zu dem Be­schluß:

I. Der Landtag beteiligt sich am Verfahren.

II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.

III. Als Vertreter des Bayerischen Landtags wird Abg. Dr. Zdralek bestellt.

IV. Auf mündliche Verhand1ung wird ver­zichtet.

Ergänzend möchte .ich sagen, daß sich der Senat allerdings auf den Standpunkt gestellt hat, die Be­stimmung des Bayerischen Beamtengesetzes sei verfassungswidrig. Außerdem möchte ich noch darauf hinweisen, daß nach Auffassung der Baye­rischen S~aatsregierung, wie sie aus ihrer Stellung­nahme gegenüber dem Bayerischen Verfassungsge­richtshof hervorgeht, diese Bestimmung, wenn das neue Bayerische Beamtengesetz verkündet worden ist, erst ex nunc und nicht ex tune in Kraft tritt. Der Ausschuß war nach meiner Überzeugung ein­stimmig der Auffassung, daß dann diese neue Be­stimmung des neuen Beamtengesetzes von dem Zeitpunkt an in Kraft treten müßte, in dem die Gleichberechtigung durch das Grundgesetz ausge-. sprochen worden ist.

Präsident Dr; Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Es wird vorgeschlagen, wie der Herr Bericht­erstatter vorgetragen hat - Beilage 713 -, den Beschluß zu fassen:

I. Der Landtag beteiligt sich am Verfahren.

II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.

III. Als Vertreter des Bayerischen Landtags wird Abg. Dr. Zdralek bestellt.

IV. Auf mündliche Verhandlung wird verzich­tet.

Wer dem beitreten will, den bitte ich. um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so be­schlossen, wie vorgeschlagen.

Nächster Punkt:

Schreiben des Bayerischen Verfassungs­gerichtshofs betreffend Antrag der Frau Erna Herpich in Bayreuth auf Feststel­lung der Verfassungswidrigkeit der Er­gänzungsverordnung über eine vorläufige Regelung der Arbeitslosenunterstützung für den Winter 1946/47 vom 5. Dezem­ber 1946.

Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 721) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Seidl.

Dr. Seicf'I (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Verfassungs- und Rechtsfragen hat in· seiner Sitzung vom 29. September 1959 die Ver­fassungsbeschwerde der Frau Erna Herpich in Bayreuth behandelt. Die Antragstellerin macht gel­tend, daß die Ergänzungsverordnung über eine vorläufige Regelung der Arbeitslosenunterstützung für den Winter 1946/47 vom 5. Dezember 1946 ver­fassungswidrig sei. Trotz wiederholter Aufforde­rung hat die Beschwerdeführerin im einzelnen nicht angegeben, worauf sie die Behauptung stützt, daß diese Verordnung verfassungswidrig sei.

Tatsächlich können rechtliche Bedenken gegen diese Verordnung geltend gemacht werden, aber nur insofern, als damals, am 5. Dezember 1946, eine Verordnung vom Arbeitsministerium erlassen wur­de, mit der gesetzliche Bestimmungen geändert . worden sind. Trotzdem 1st der Ausschuß für Ver­fassungs-, und Rechtsfragen zu dem Schluß ge­kommen, sich an diesem Verfahren nicht zu betei­ligen, und zwar deshalb, weil es sich nicht um eine Verordnung des Bayerischen .Landtags handelt -es ist eine Verordnung des Arbeitsministeriums vom 5. Dezember 1946 -, sondern um eine Rechts­verordnung des Arbeitsministeriums, die erlassen wurde zu einer Zeit, als der Bayerische Landtag noch nicht als Gesetzgeber tätig geworden war.

Es wurde daher beschlossen, sich an diesem Ver­fahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichts­hof nicht zu beteiligen.

Präsident ·Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Es wird also vorgeschlagen, wie Sie auf Beilage 721 sehen:

Der Landtag beteiligt sich nicht an dem Ver­fahren.

Das ist ein einstimmiger Beschluß des Ausschus­ses. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - ·Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig gemäß Beilage 721 ,beschlossen.

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894 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

(Präsident Dr. Ehard)

Weiter: Schreiben des Bayerischen Verfassungs­gerichtshofs betreffend Antrag des Ober­medizinalrats Dr. Luxenberger, Gabersee, auf Feststellung der Verfassungswidrig­keit der Artikel .4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. Juli 1957 (GVBI.

S.162) ·

Über· die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 722) berichtet der Herr Abgeordnete Hanauer.

Hanauer (CSU), B er ich t erstatte r : Die Verfassungsbeschwerde des Herrn Obermedizinal­rats Dr. Luxenberger, Gabersee, wurde vom Aus­schuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen in seiner 24. Sitzung am 29. September 1959 behan­delt. Die Berichterstattung oblag mir; Mitbericht­erstatter war der Herr Kollege Dr. Zdralek.

Die Verfassungsbeschwerde des Herrn Dr. Lu­xenberger und vier anderer Amtsärzte zielt auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Arti­kel 4, 6, 11, 16 und 20 des Kammergesetzes vom 15. Juli 1957. Die Beschwerdeführer rügen die Ver­letzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil mit den erwähnten Bestimmungen des Kammergesetzes ih­rer Eigenschaft als Beamte nicht hinreichend Rech-

·---,.c,-. - - -c-c-c·n.un.-g· getragen- wür<leil-seiii.S01Tilllci···w:eüi1ier uri:. gleiches gleich oder auch Gleiches ungleich behan­delt worden sei.

In der Aussprache wurde hervorgehoben, daß das Gesetz, die Amtsärzte nicht in ihrer Eigen­schaft als Beamte, sondern iri ihrer Eigenschaft als Ärzte, die auf Grund der Approbation das Recht zur Ausübung des ärztlichen Berufs hätten, habe erfassen wollen und erfaßt habe und daß in einer Reihe von Bestimmurigen den verschiedenen Pflich­tenkreisen des beamteten Arztes hinreichend Rech­nung getragen worden 'sei. Man sah die Verfas­sungsbeschwerde als nicht begründet an.

Der Ausschuß beschloß daher einstimmig:

I. Der Landtag beteiligt sich an dem Verfahren.

II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.

III. Mit der Vertretung des Landtags wird Abg. Hanauer beauftragt.

Diesen Beschluß finden Sie auf Beilage 722. Ich bitte, ihm beizutreten.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Der Ausschuß schlägt also nach dem Bericht des Herrn Berichterstatters folgendes vor:

I. Der Landtag beteiligt sich an dem Verfahren.

II. Es wird beantragt, die Klage abzuweisen.

III. Mit der Vertretung des Landtags wird Abg. Hanauer beauftragt: · ·

Wer diesem einstimmigen Beschluß laut Beilage 722 beitreten will, den bitte ich um ein Handzei-

chen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimm­enthaltungen? - Es ist einstimmig gemäß Beilage

· 722 beschlossen.

Weiter: Schrei6en des Bundesverfassungsgerichts betreffend verfassungsrechtliche Prüfung, ob § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61) als Bundes­

recht fortgilt - Vorlagebeschluß des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs

Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen (Beilage 723) be­richtet der Herr Abgeordnete Bezold.

Bezold (FDP), B er ich t erst a t t er : Herr Präsident, Hohes Haus! Der Bayerische Verfas­sungsgerichtshof hat durch Beschluß vom 16. Juli 1959 in der Sache „Nachprüfung der Verfassungs­mäßigkeit des § 12 der Sprengstofferlaubnisschein­verordnung vom 6. 12. 1956 sowie des § 9 Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes vom 9. 6. 1884", die vom Amtsgericht Lichtenfels vorgelegt worden war, ·auf Vorlegung zum Bundesverfassungsgericht zwecks Prüfung der Frage entschieden, ob § 9 Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes als Bundesrecht fortgilt. Der Vizepräsident des Bundesverfassungs­gerichts als Vorsitzender des Zweiten Senats hat unter dem 4. 9. 1959 unter anderem auch den'

· Bayerischen Landtag -um ·Äußerung- gemäß §-77 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes gebeten.

Im Ausschuß vom 29. 9. 1959 ist die Frage sehr eingehend behandelt worden. D

0

er Ausschuß ist ein­stimmig zu der Erkenntnis gekommen, daß im Hinblick auf Artike! 125 des Grundgesetzes zu der Grundsatzfrage_ Stellung genommen werden muß„ was unter „Strafrecht" im Sinne des Artikels 74 Ziffer 1 des Grundgesetzes zu verstehen sei. Es komme darauf an, ob durch Artikel 74 Ziffer 1 des Grundgesetzes alle strafrechtlichen Normen ir­gendwelcher Art erfaßt werden, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um selbständige Strafrechts­normen handelt oder um solche, die grundsätzlich nach Landesrecht zu regelnden Tatbeständen an­gehängt worden sind. Daß es sich bei der Ordnung des Sprengstoffwesens um Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handelt, schien dem Aus­schuß bedenkenfrei im Beschluß erörtert worden zu sein. Danach würde die Regelung des Spreng­stoffwesens also landesrechtlich zu erfolgen haben, also Landesrecht ,sein. Ist dem aber so, muß man

. doch wohl dem Gesichtspunkt des notwendigen Sachzusammenhanges den Vorrang einräumen und daher auch die strafrechtliche Regelung des Spreng­stoffwesens als Landesrecht bejahen. Auf einem ähnlichen Standpunkt steht auch die Regierung von Bayern.

Der Ausschuß hat die Dinge sehr eingehend be­sprochen und ist dann in einem Beschluß zu fol­gender Stellungnahme gekommen - es handelt sich lediglich um eine Äußerung, die gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzugeben ist, nicht um einen Beschluß, der etwa auch eine Vertretung des Landtags beinhaltet -:

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober, 1959 895

(Bezold [FDP])

Der Bayerische L~ndtag steht aus dem Ge­sichtspunkt des notwendigen Sachzusammen­hangs, soweit es sich um die Strafvorschrift des § 9 des Sprengstoffgesetzes handelt, auf dem Standpunkt, daß mit Rücksicht darauf, daß hier Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geregelt wird, § 9 des Spreng­stoffgesetzes im Zusammenhang mit den §§ 1 bis 4 desselben Gesetzes Landesrecht gewor­den ist.

Ich bitte, sich dieser einstimmigen Entscheidung anzuschließen.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall. Sie haben den Vorschlag des Berichterstatters auf J?eilage 723 vor sich.

Wer diesem Vorschlag beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Ich bitte um die Gegen­probe. - Stimmenthaltung? - Einstimmig be­schlossen wie auf Beilage 723 niedergelegt.

Ich rufe auf Punkt 3 e der Tagesordnung:

Schreiben des Bundesverfassungsgerichts betreffend verfassungsrechtliche Prüfung des ,!\.rtikels 24 des Bayerischen Kosten-

gesetzes vom 17. Dezember 1956 (GVBI. S. 361)

Es berichtet über die Verhandlungen des Aus­schusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 724) der Herr Abgeordnete Dr. Seidl.

Dr. Seidl (CSU), B er ich t e r statte r : Der Ausschuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 24. Sitzung vom 29. September 1959 mit einem Schreiben des Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts befaßt. Gegen­stand dieses Schreibens ist ein Beschluß des Bun­desverwaltungsgerichts, mit dem Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes als nicht übereinstim­mend mit dem Grundgesetz erklärt worden ist. Gleichzeitig wurde ein Aussetzungsbeschluß und eih Vorlagebeschluß erlassen. Die Akten wurden dem Bundesverfassungsgericht zugeleitet, das nun­mehr die Frage zu prüfen hat, ob Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes mit dem Grundgesetz in Übereinstimmung steht. Der Artikel 24 des Ko­sten:gesetzes vom 17. Dezember 1956 hat folgenden Wortlaut, der für die Beurteilung der Rechtsfrage von wesentlicher ,Bedeutung ist.

Dem Antragsteller kann durch Gerichts­beschluß eine Frist zur Zahlung des Kosten­vorschusses gesetzt werden; auf Antrag des Vertreters des öffentlichen Interesses hat das Gericht über die Vorschußpfiicht zu entschei­den. Wird der Kostenvorschuß nicht binnen

'.der Zahlungsfrist einbezahlt, dann gilt der Antrag als zurückgenommen. Hat der Antrag­steller vor Ablauf der Frist die Bewilligung des Armenrechts beantragt, so endet die Zah­lungsfrist mit dem Ablauf von 2 Wochen nach

Rechtskraft des den Armenrechtsantrag ganz oder teilweise ablehnenden Beschlusses.

Der Siebente Senat des Bundesverwaltungs­gerichts ist der Überzeugung, daß diese Bestim­mung des Bayerischen Kostengesetzes sowohl ge­gen den Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes als auch gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes ver­stößt. Sie werden ·sich daran erinnern, daß der Bayerische Landtag diese Bestimmung in das Ko­stengesetz aufgenommen hat, um auf diese Weise der immer größer werdenden Flut von Anfech­tungsklagen, also von Verwaltungsgerichtsprozessen, Einhalt zu geb1eten. Es muß festgestellt werden, daß dieses Ziel letztlich nicht erreicht wurde. Es kann nur der Hoffnung Ausdruck gegeben wer­den, daß in der bundeseinheitlichen Verwaltungs­gerichtsordnung, die sich zur Zeit in Vorbereitung befindet, wirksamere Maßnahmen ergriffen. wer­den, . um den Verwaltungprozessen einigermaßen einen .Riegel vorzuschieben. Das soll aber nur ne­benbei erwähnt werden.

Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Baye­rischen Landtags ist nun aber zu der Überzeu­gung gekommen, daß die beiden rechtlichen Be.­denken, die vom Bundesverwaltungsgericht vorge­tragen wurden, nicht durchschlagend sein können, weil hier der Grundsatz des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes offenbar zu weit ausgelegt wur.­de. Nach Artikel 19 Absatz 4 kann jeder, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, den Rechtsweg beschreit~n. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg, also der Weg zu den zivilen Gerichten, gegeben.

In dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts, in dem Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes als Verstoß gegen das Grundgesetz angesehen wur.-

, de, wird ausgeführt, daß die Rechtsweggarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes schon deshalb verletzt sei, weil hier. eine Kostenvorschuß­pfl.icht dekretiert werde. Der Rechts- und. Verfas­sungsausschuß ist aber der Über:t;eugung, daß dar­in allein noch keine Beschränkung der Rechtsweg­garantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgeset­zes erblickt werden kann. Es ist Ihnen allen be­kannt, daß auch für Klagen vor den ordentlichen Gerichten - z. B. bei Klagen gegen den Staat, also gegen die Bundesrepublik oder den Freistaat Bay­ern - aus Gründen der Staatshaftung nach den einschlägigen Bestimmungen der Zivilpro~eßordnung und des Gerichtskostengesetzes eine Kostenvor­schußpfiicht nicht nur in das Ermessen des Gerichts gestellt, sondern zwingend vorgeschrieben ist. Bis jetzt ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestim­mungen der Zivilprozeßordnung und des Gerichts­kostengesetzes nicht in Zweifel . gezogen worden. Es kann daher nicht eingesehen werden, warum nicht auch für Verwaltungsgerichtsverfahren eine solche Kostenvorschußpfl.icht im Gesetz vorgesehen sein sollte.

Es kommt außerdem hinzu, daß genau so wie im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten auch bei den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ein Arme~rechtsverfahren vorgesehen. ist. In die-

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896 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

(Dr. Seidl [CSU]

sem Verfahren hat das Gericht im Beschlußwege nicht nur die Frage der Armut, sondern auch zu prüfen, ob eine hinreichende Aussicht für die Klage besteht. Dadurch ist nach einstimmiger Auffassung des Rechts- und Verfassungsausschusses eine aus­reichende Garantie dafür gegeben, daß jeder, der glaubt, von der öffentlichen Hand in seinen Rech­ten beschränkt worden zu sein, auch vor dem Ver­waltungsgericht zu seinem Recht kommen kann. Es ist außerdem zu bedenken, daß nach Auffassung des Rechts- und Verfassungsausschusses das Bun­desverwaltungsgericht den Gleichheitsgrundsatz, wie er in Artikel 3 des Grundgesetzes und auch in der Bayerischen Verfassung seinen Niederschlag fand, offenbar doch zu weit ausgelegt hat. Ich habe vor mir eine Entscheidung des Bundesverfassungs­gerichts, in der zum Gleichheitsgrundsatz ausge­führt ist:

„Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache er­gebender oder sonstiger sachliCh einleuchten­der Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden l~ßt, kurzum, wenn die Bestimmung als Willkür bezeichnet werden muß."

Ein solcher Schluß kann jedoch aus Artikel 24 des Bayerischen Kos_tgp,ge_s_et.z_e01.r1.i_tji_t _ge_z;Qgen_wer_den •.

----·-----Es-'kann -I{eine Rede -davon sein, daß hier der Ge-setzgeber eine willkürliche Maßnahme getroffen hat.

Der Rechts- und Verfassungsausschuß ist daher zu der Schlußfolgerung gekommen, daß der Artikel 24 des Bayerischen Kostengesetzes nicht in Wider­spruch zu den Artikeln 19. Absatz 4 und 3 des Grundgesetzes steht und als mit dem Grundgesetz übereinstimmend erklärt werden soll.

Ich bitte Sie, diesem Beschluß des Rechts- und Verfassungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.

Präsident Dr. Ei,ard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Der Rechts- und Verfassungsausschuß schlägt vor, zu beschließen (Beilage 724):

Der Landtag nimmt dahin Stellung, daß Art. 24 des Bayerischen Kostengesetzes als in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz be­findlich erklärt werden soll.

Es i:st ein einstimmiger Beschluß. Wer ihm bei­treten will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Ich bitte um die Gegenprobe.· - Stimmenthaltun­gen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe dann auf das

Schreiben des Verfassungsgerichtshofs be­treffend Antrag des Herrn Karl Englert, München, auf Feststellung der Verfas­sungswidrigkeit verschiedener Bestimmun­gen der Satzung der Bayerischen .Ärzte­versorgung sowie des Artikels 10 des Ge­setzes über das öffen.tliche Versicherungs­wesen.

Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 771) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Zdralek. Sie finden den Punkt auf der Nachtragstagesordnung unter Nr. 2.

Dr. Zdra;ek (SPD), Berichterstatter : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 'Aus­schuß für Verfassungsfragen und Rechtsfragen hat sich in seiner 29. Sitzung am Donnerstag, dem 25. Oktober 1959 mit einem Schreiben des Verfas­sungsgerichtshofs betreffend Antrag des Herrn Karl Englert, München, auf Feststellung der Ver­fassungswidrigkeit verschiedener Bestimmungen der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung so­wie des Artikels 10 des Gesetzes über das öffent­liche Versicherungswesen befaßt.

Der Beschwerdeführer rügt, daß nach der Sat­zung der Bayerischen Ärzteversorgung die uh-" ehelichen Kinder im Verhältnis zur Mutter zwar unterhaltsberechtigt sind, aber nicht die unehe­lichen Kinder im Verhältni:s zum Vater, also der Gleichheitsgrundsatz verletzt sei. ·

Nachdem der BayerischeLandtag an derSatzung der Bayer~schen Ärzteversorgung nicht mitgewirkt hat, hat der Ausschuß beschlossen, sich an dem Verfahren nicht zu beteiligen. Ich möchte noch dar­auf hinweisen, daß für den Fall, daß der Baye­rische .. VerfaS1)!,!:gg!)g~:Q.c:htsJ12f ..... Z:lL c1em_ . Ergebnis kommen-soÜte, daß der GleiChheitsgrundsatz ver­letzt ist, im Entwurf des Bayerischen Beamtenge­setzes die korrespondierende Bestimmung geändert werden müßte, die wörtlich so lautet wie in der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Der Ausschuß schlägt vot - wie der Herr Be­richterstatter bereits vorgetragen hat ~:

Der Landtag beteiligt sich nicht am Verfahren.

Sie finden diesen V~rschlag auf der Beilage 771.

Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so be­schlossen, wie der Ausschuß vorgeschlagen hat.

Beim nächsten Punkt ,der Tagesordnung, Nr. 4, haben Sie schon gebilligt, daß er erst morgen früh um 9 Uhr aufgerufen wird.

Den nächsten Punkt der Tagesordnung, 5a, Be­richt des Ausschusses für Staatshaushalt und Fi­nanzfragen über die Staatshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956, müssen wir auch zurück­stellen, weil der Herr Abgeordnete Dr. Elsen als Berichterstatter jetzt nicht anwesend sein kann.

Dann rufe ich auf den Punkt 5b der Tagesord-nung:

Schreiben des Präsidenten des Bayeri­schen Obersten Rechnungshofs betreffend Rechnung des Obersten Rechnungshofs (Einzelplan 11) für das Rechnungsjahr 1956

(Beilage 67)

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 897

(Präsident Dr. Ehard)

Über d'i.e Verhandlungen des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen (Beilage 748) be­richtet der Herr Abgeordnete Kallenbach.

Kallenbach (FDP), Berichterstatter : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen hat sich in seiner Sitzung vom 23. JUJ!J.i 1959 mit dem Bericht des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rech­nungshofes vom 22. Januar 1959 über die Rech­nung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, Einzelplan 11, für das Rechnungsjahr 1956, abge­dr.uckt auf Beilage 67, befaßt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr KoUege Wolf.

Der B er ich t erst a t t er erklärte, daß er mit Rücksi~t auf die dem Landtag beim Obersten Rechnungshof obliegende Pflicht zur eigenen Prü­fung an Hand der Rechnungsbücher und -belege die Rechnung durch Vornahme einer großen Zahl von Stichproben selbst geprüft habe. Dabei habe sich nichts ergeben, was die Richtigkeit der Feststellung des Präsidenten des Obersten Rechnungsho.fes über die von ihm vorgenommene Vorprüfung in Fr·age stel.'len könnte, einmal, daß die in Ed.nnahmen und Ausgaben aufgeführten Beträge mit denjenigen der Rechnungslegungsbücher der rechnungslegen­den Stelle übereinstimmen, ferner, daß sie ord­nungsgemäß gelegt sind, und schließlich, daß Ver­stöße im Sinne des § 20 Absatz 1 Nr. 2 des Rech­nungshofgesetzes nicht festgestellt wurden.

Der Berichterstatter erklärte ferner, daß sich auch sonst nichts ergeben habe, was zu Bemer­kungen Anlaß geben könnte. Dd.es gelte auch für die Anlage I über die überplanmäßigen Ausgaben.

Entsprechend dem Antrag des Berichterstatters er;ging dann der Beschluß auf Beilage 748. Ich bitte Sie, sich diesem Beschluß anzuschließen.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Der Haushaltsausschuß schlägt nach dem Bericht des Herrn Berichterstatters vor zu be­schließen::

Für die Rechnung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs fÜr das Rechnungsjahr 1956 wird Entla.Stung erteilt.

Es handelt sich um einen einstimmrl.gen Beschluß des Ausschusses.

Wer diesem Beschluß beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegen­probe. - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen,, wie der Ausschuß auf Beilage 748 vorgeschlagen hat.

Ich bin , gebeten worden, den Tagesordnungs­punkt 6 bis morgen zurückzustellen.

Nächster Punkt d~r Tagesordnung ist:

Antrag der Abgeordneten Hanauer und Röhrl betreffend Umorganisation der Land­

polizei in Großstationen (Beilage 554)

Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 712) berichtet der Herr Abgeordnete Huber Ludwig.

Huber Ludwig (CSU), B er ich t erst a tt er : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Bayerischen Landtags hat sich in der Sitzung vom 24. September 1959 mit dem Antrag beschäftigt, den Sie auf Bei­lage 554 finden. Berichterstatter hin lieh gewesen, Mitberichterstatter der Herr Kollege Walter Fisch.er.

Ich habe ·als B e r i c h t e r s t a t t e r zunächst ausgeführt, daß mir die Einzelplanung für die Neu..: organisation der Landpolizei in Großraumstationen selbst weitgehend unbekannt ist. Soweit jedoch diese Einzelplanung bekannt sei, insbesondere was· meinen eigenen Stimmkreis betrifft, bestünden da-· gegen gewisse Bedenken. Ich habe vorgeschlagen, dem Antrag der Kollegen Hanauer und Röhrl im Grundgedanken. zuzustimmen, habe aber gegen die Grenze von ·3000 Einwohnern Bedenken geäußert.

Der Herr Abgeordnete Dr. Ho e .g n e r hat diesen Bedenken beigepflichtet und das Erscheinen des Herrn Staatsministers des Innern verlangt.

Der Mit b er i c h t e r statt e r , Korllege Wal­ter Fischer, wandte sich gleichfallls gegen die 3000-Einwohner-Grenze. Ferner sprach er sich gegen „Ein-Mann-Nebenstationen" aus·, die sich nach sei­ner Erfahrung in Mittelfranken nicht bewährt hät­ten.

Der Antragsteller Hanau er erklärte, er wende sicll. mit diesem Antrag nicht gegen eine technische Verbesserung und nicht gegen eine Umorganisation der LandpoUzei als solche; Bedenken müsse er je­doch gegen Planungen am grünen Tisch geltend machen. Er habe beim bisherigen Vo~ug der Um­organisation der Landpolizei bisweilen den Ein­druck gehabt, daß zu viel vom g:rünen Tisch ·aus geplant we:rde.

Herr Abgeordneter Hana.uer hat ferner erklärt, er wolle keine lex Starnberg, er wolle Starnberg lediglich als Beispiel bringen, da es sich um seinen Stimmkreis handle.

(Zuruf:· Lex Hanauer!)

- Eine .lex Hanauer will der Antragsteller nicht haben. Er hat darauf hingewiesen, daß in seinem Kreis 7 Orte mit über 3000 Einwohnern vorhanden seien und daß bisher 11 Polizeistationen mit 81 Be­amten den Sicherheitszustand gewährleistet hätten, daß nun jedoch nur mehr 1 Großraumstation in Starnberg vorgesehen sei. Die neue Regelung sei unbefriedigend wegen der Verkehrsverhältnisse, wegen der Verkehrsdichte. Der Antragsteller wies insbesondere auch auf die Zustände hin, die sich auf der sehr dicht belebten Verbindungsskaße B 12 und auch auf der Olympia-Straße ergeben, wo es seiner Auffassung nach nicht möglich rst, mit einer Großraumstation allein auszukommen und den Be­d:firfnissen gerecht zu werden.

Der Mit b e r i c h t e r s t a t t er erklärte, ihm komme es insbesondere darauf an, daß nÜ!cht unter­besetzte detachierte Stationen eingerichtet werden, die :niachts praktisch nur einen Briefkasten haben; das wäre eine unbefriedigende Einrichtung.

Auch der Herr Abgeordnete R ö h r 1 konnte na­türlich nur auf die Verhältnisse in seinem eigenen Stimmkreis zurückgreifen, weil eine umfass!=nde

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898 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 . .

(Hub~:r Ludwig [CSU]

Einteilung dieser d-roßraum~tationen . auch dem Rechts- und 'Verfassungsausschuß nicht bekannt gewesen ist.

Der Herr Abgeordnete Dr. Ho e g n e r machte nochmals :Bedenken geltend, daß bei einem täg­lichen Personalwechsel in den detachierten Statio­nen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu kurz komme. . . · Abgeordneter Dr. S e i d 1 erklärte, er habe selbst

ällch den Eindruck, daß zu schematisch verfahren werde und zü wenig ein Zusammenwirken mit den örtlichen Behörden stattgefunden habe.

Abgeordneter DT. Fischbach~ r setzte sich für eine stärkere Einscha+tung der örtlichen Stellen ein.

Der Staatsminister des lnnern, Herr Minister G'o p p e 1 , stellte da.gegen fest, daß sowohl die Re~ giernhgspräsl.denten als auch die Landräte sowie eine größere Anzahl von Bürgermeistern gehört worden seien,

· (Hört, hört!)

ehe es' zu diesen l?+an'ungen kam.

Die Einteilung in mehrere und kleinere Stationen bringe eine geringere Schlagkraft, im übrigen seien auch die detachierten Stationen, die sogenannten Nebenstationen, mit Wagen und :Funkgeräten aus-

. gerüstet, .

Die Abgeordneten Dr. Merk und Dr. He 1 d be­klagten skh gleichfalls über die mangelnde Infor­mation der Abgeordneten über die Planung im einzelnen bezüglich dieser Großraumstationen.

Abg~ordneier Dr. z d r a i e k wandte allerdings ein, mit Ausnahme eines Landrates sei ihm nicht bekannt, daß Landräte gegen die bisherige Ein­

. .richtung der Großraumstationen etwas eingewandt hätten.

(Zuruf: Völlig falsch informiert!)

Abgeordneter H an au er als Antragsteller er­kUirte zuletzt das eigentliche Anliegen seines An­trags sei die Überprüfling der detachierten Stati?­neri., die ungenügend seien und mehr der Optik dienen.

Als B e r i c h t erst a t t er habe ich noch darauf hingewiesen, daß sich Schwierigkeiten insbesondere auch in den Grenzgebieten ergeben - ich denke hier an meinen eigenen Stimmkreis Traunstein -, wenn nur Großraumstationen erriclitet werden; dadurch werde das Sicherheits}Jedürfnis im südlichen Be­reich1 in Reit im Winkl etwa und in Inzell, nicht ausreichend befriedigt.

Schließlich meine Damen und Herren, wurde ein . ' . .

etwas veränderter Antrag angenommen. Auf me1~ nen Vorschlag wurde der Satz 2 wie folgt abge­ändert:

Vor allem ist die besondere Läge in 9rten :mit größerer Siedlungsdichte uhd in Grenznähe entsprechend zu berücksiehtigen.

Und nach Vorschlag des Abgeordneten br. lioeg­ner wurde der Satz 3 in 'folgender Weise abge­ändert:

Die Einrichtung der sogenannten Nebenstatio­nen ist vom Staatsministerium des Innern im

. Hinblick auf das Sicherheitsbedürfnis der Be­völkerung nochmals zu überprüfen.

Als· Vertreter der Regierung wies Regierungs­direktor M a r t i n auf meine Bemerkungen bezüg­lich der besonderen Situation in den Grenzgebieten darauf hin, daß eine größere Verordnung über die . Übertragung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Landpolizei auf die Grenzpolizei vorbereitet und in etwa 1 bis 2 Monaten veröffentlicht werde. Die Grenzpolizei so11 also allgemeine polizeiliche Auf­gaben bekommen.

Die Antragsteller Ha n au e r und' R ö h r 1 haben sich mit den Änderungsvorschlägen, die von mir und von Dr. Hoegner ausgegangen waren, einver­standen erklärt. Sie hatten lediglic;h noch das A.n­liegen, den Satz 3 so zu formulieren, daß nicht nur die Einrichtung, sondern auch die Ausstattung der Nebenstellen nochmals überprüft werden solle.

Zuletzt, meine Damen .und Herren, karri dann der Beschluß, den Sie auf Beilage 712 finden, ein­stimmig zustande.

(Zuruf: Ein einstimmiger Beschluß!)

Ich darf das Hohe Haus bitten, sich diesem ein­stimmigen Beschluß des Rechts- und Verfassungs­ausschusses anzuschließen.

Präsident Dr. ·Ehard: Dazu darf ich sagen: Es handelt sich zwar um einen einstünmigen Beschluß des Rechts- und Verfassungsausschusses. Es liegt aber ein Abänderungsantrag vor, derihrien auf den Tisch gelegt worden ist. Ich mache darauf aufmerk­sam, daß Absatz 1 dieses Abänderungsantrages wörtlich in der Beilage 71~ enthalten ist, daß also nur der Absatz 2 eine Ergänzung bedeutet.

Da:zu hät das Wort erbeten der Herr Abgeordnete Dr. Schweiger.

·Dr. Schweiger (BP): Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Wir haben dem einstimmig ange­nommenen Antrag folgenden 2'. Absatz hinzuge,­fügt:

Vor der e:tidgültigen Entscheidung sind bei der Umorganisation" der Landpolizei (Schaf­fung von Großraumstationen) die unteren Ver­waltungsbehörden . (Landkreisverwaltungen) und ihre· besc):ilußfassenden Organe (Kreistage) zu hören.

Die Begründung geht allein'schon daraus hervor, daß Herr Kollege Huber all die Bedenkep. vorge­tragen hat, welche Abgeordnete in ihren Stimm-: kreisen sammeln konnten. Es ist Tatsache, daß die Landpolizei heute bei der .Schaffung dieser Groß­raumstationen sehr ungern El.nwendungen der un­teren Verwaltungsorgane entgegennimmt.

Wenn vorher von Oberb~yern gesprochel;l wurde, so darf ich hier einige Beispiele aus Schwaben zi- · tieren, die darlegen sollen, warum dieser Antrag nun el.nmal gestellt wurde, daß untere Verwal­tungsorgane mit gehört werden sollen. In Schwaben sind nach 1~45 5 oder 6 kreisunmittelbare Städte geschaffen worden, die in der Größenordnung zwi-

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Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 899

(Dr. Schweiger [BP])

sehen 10 000 und 20 000 Einwohnern liegen. Diese Städte haben heute mit den Landkreisen nichts zu tun.

Nun wurde beim Polizeiorganisationsgesetz, § 27 Absatz 3, folgende Fassung gewählt:

Landpolizeiinspektionen sind für den Bereich eines jeden Landkreises am Sitz des Landrats­amtes einzurichten.

Als dieses Gesetz beraten wurde, war, glau'be ich, noch nicht bekannt, daß die Landpolizei umorga­nisiert und Großraumstationen geschaffen werden

·sollen. Durch die Bestimmung, daß die Großraum­stationen, die Inspektionen, immer am Sitz des Landratsamtes errichtet werden sollen, ergeben sich Unzulänglichkeiten. Ich glaube, es wäre sogar zweckmäßig, hier eine Gesetzesänderung vorzuneh­men, und zwar „sind einzurichten" in „sollen ein­gerichtet werden" umzuändern, darn'it ein gewisser Spielraum bei der Umorganisation der Landpoli­zei vorhanden ist.

Ich sprach vorhin davon, daß die einzelnen klei­nen kreisunrnittelbaren Städte heute Sitz der Großraumstationen werden sollen. Aber. all diese kreisunmittelbaren Städte haben bereits eigene Ortspolizeien bzw. Stadtpolizeien; denn die kreis­unmittelbaren Städte sind verpflichtet, eine eigene Polizei zu unterhalten. Demzufolge hätten die Großraumstationen der Landpolizei in diesen Städ­ten überhaupt nichts zu tun. Sie müßten also erst aus der Stadt fahren, um draußen auf dem flachen Lande eingesetzt werden zu können. Viele Kolle­gen - ich spreche hier besonders die Herren Land­räte an, die im Landtag sitzen - wissen ganz ge­nau, daß in den Landkreisen - oft ist ja nicht nur eine Stadt da, sondern es sind zwei oder drei Städte da - ein großer Ringkampf und Konkurrenz­kampf stattfindet, wobei es zum Teil um Prestige­fragen geht, die man mehr oder weniger verstehen kann. Es ist nur zu wünschen, daß man hinsichtlich dieser Landkreise, in denen kreisunrnittelbare Städte vorhanden sind, im Zuge der Verwaltungs­reform den Mut findet, eine ähnliche Rangfolge zu schaffen, wie wir sie in Baden-Württemberg ha­ben. Die nach 1945 getroffene Regelung war viel­leicht ein Rückschritt und nicht zum Wohle der Landkreise und, der bäuerlichen Bevölkerung, wenn auch vielleicht zum Wohle der kleinen Städte. Wenn später einmal diese kreisunrnittelbaren Städte diesen Rechtscharakter verlieren, dann könn­ten die Landpolizeistationen in diesen Städten un­tergebracht werden. Heute kann es jedoch unter keinen Umständen als richtig in der Organisation betrachtet werden, wenn die Landpolizei mit einer

. Stärke von 60 bis 80 Köpfen in Städten sitzt, in denen sie überhaupt nichts zu tun hat.

Ich möchte Sie deshalb bitten, diesen zweiten Absatz, den wir dem Antrag angefügt haben, an­zunehmen, so daß die Kreistage - so ist es nun einmal in der Demokratie - zu diesen Fragen wenigstens Stellung nehmen und bei der Neuor­ganisation der Landpolizei durch Zusarnmenfas-

sung in Großraumstationen wenigstens durch einen Ratschlag mitsprechen können, wenn auch viel­leicht ihre Beschlüsse dann nicht berücksichtigt werden.

P.räsident Dr. Ehard: Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Staatsministerium des Innern.

Staatssekretär Junker: Herr Präsident, Hohes Haus! Der vorn Ausschuß angenommene Text des Antrags zur Frage der Urngliederung der Land­polizei ist seinerzeit auch vonseiten des Innenmini­steriums in der entsprechenden Weise gutgeheißen worden.

Zu dem sogenannten Abänderungsantrag der Bayernpartei, der mehr oder weniger ein Zusatz­antrag ist, habe ich folgendes auszuführen: Der erste Teil dieses Satzes, nämlich daß vor der Schaf­fung einer endgültigen Lösung die unteren Ver­waltungsbehörden - also hier in concreto- die Landräte - zu hören sind, ist bereits erledigt. In allen Fällen, in denen von seiten des Landpolizei­präsidiums eine Lösung vorgeschlagen wurde, ist mit den Landräten Fühlung aufgenommen worden. Es haben sogar größere Besprechungen auch bei den Regierungspräsidenten stattgefunden. Es ist also in dieser Hinsicht dem Antragsvorbringen bereits entsprochen.

Gegen den zweiten Teil des Antrags muß aller­dings von seiten der Staatsregierung Widerspruch angemeldet werden. Nach Artikel 77 der Bayeri­schen Verfassung ist die Einrichtung der Behörden im einzelnen eine Obliegenheit der Staatsregierung und auf Grund der v·on ihr erteilten Ermächtigung den einzelnen Staatsministerien überlassen. Es kann also nicht ohne weiteres gefolgert werden, daß die Landkreise mit ihren Kreistagen zu diesen doch sehr schwierigen reinen Organisationsproblemen noch einmal gehört werden sollen. Dies ist kein übergehen der Bevölkerung; denn die ganze Um­organisation erfolgt ja in Ausfluß der Organisa­tionsgewalt der Staatsregierung. Ich möchte dabei darauf hinweisen, daß bisher schon eine solche Fülle von Vorschlägen von den verschiedensten Seiten auf die entsprechenden Dienststellen ein­gehagelt sind, daß wir nicht glauben, daß durch Beschlüsse der Kreistage - es handelt sich ja im wesentlichen nur um territoriale Verschiebungen­noch wesentliche neue Gesichtspunkte beigebracht werden. Ich glaube, wir haben 10 oder 12 Denk­schrift~n allein von verschiedenen Städten, die sich um eine Großraumstation bewerben.

Auf der anderen Seite haben wir aber das grund­sätzliche Bedenken, daß es sich hier um einen Ein­griff in die Exekutivgewalt der Staatsregierung handelt. Es ist nur ein Fall, nämlich die Ernennung der Regierungspräsidenten, bekannt, bei dem ein Gremium zu hören ist, und für diese Verpflichtung ist - wie es sicherlich richtig ist - die Gesetzes­form gewählt worden. Ein Antrag ist also nicht die richtige :B;orrn dafür. '

(Abg. Dr. Hoegner: Der Landrat kann ja seinen Kreistag anhören!)

- Er kann ihn sowieso hören, wenn er das will; und wenn er das bisher nicht gemacht hat, dann

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(Staatssekretär Junker)

dürfte er wahrscheinlich em1ge Gründe dafür ge­habt haben. Er könnte es jedenfalls, wie ich aus zehnjähriger Erfahrung selbst weiß, ohne jede Schwierigkeit machen.

Nun möchte ich auf ein anderes Thema zu spre­chen · kommen, das der Herr Abgeordnete Dr. Schweiger gerade angeschnitten hat, nämlich die Frage, ob die Großstationen zweckmäßigerweise ebenfalls am Sitz des Landratsamts eingerichtet werden sollen. Wir sind bereits in drei Fällen da­von abgewichen. Wir werden in Zukunft wohl auch Inspektion' und Großstation nicht trennen. Wir werden also auch in Zukunft Ausnahmen von der bisher vorgesehenen Regelung - daß am Sitz des Landratsamtes die Inspektion zu sein hat, wie im Polizeiorganisationsgesetz festgelegt ist - ma­chen können und werden dem Hohen Hause auch hier eine Änderung des Pölizeiorganisationsgeset­zes vorschlagen. Nach den drei Ausnahmen sind zwei weitere - das kann ich, ohne Namen zu nen­nen, Herr Abgeordneter Dr. Schweiger, sageh -bereits in unserem Ministerium so gut wie be­schlossen, so daß eine Änderung in dem von Ihnen ins Auge gefaßten konkreten Fall vielleicht sogar implicite damit verbunden ist.

Nach dieser Auskunft, die vielleicht auch Sie ent­-~PreGhe11d befdedigt, ro9chte.Jch_füe __ ciQGh Jiitte:ri, _ von der Annahme des zweiten Teils abzusehen. Er rennt in seinem ersten Satz offene Türen ein. In seinem zweiten Satz scheint er mir verfassungs­rechtlich nicht durchführbar zu sein.

Präsident Dr. 1Ehard: Das Wort hat noc.b.mals Herr Abgeordneter Dr. Schweiger.

Dr. Schweiger (BP): Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Sehr kurz: Es freut mich, daß der Herr Staatssekretär eine so klare Auskunft gege­ben hat und in drei positiven Fällen entgegen dem Polizeiorganisationsgesetz nun doch die Inspektion bereits dorthin gestellt hat, wohin die Großraum­stationen kommen, also anscheinend nicht an den Sitz des Landratsamtes. Andere Orte könnten also, wenn es für sie in Frage kommt und sie den Antrag richtig begründen, ebenfalls etwas erreichen.

Wenn der Herr Staatssekretär nun schon so char­mant aus seiner zehnjährigen Erfahrung heraus ge­meint hat, daß ich vielleicht übergangen worden sei, so darf ich hier vor dem- Hohen Hause klarstellen, daß auch mit mir Rücksprache gepflogen wor­den ist. Diese Rücksprachen bei allen diesen Land­ratsämtern haben aber stattgefunden, als noch nicht bekannt war, wohin die Großraumstation kommen sollte und wie die ganze Umorganisation überhaupt aussieht. Damals wurde mit uns die Frage besprochen. Es wurde 1.UhS· aber nicht gesagt, daß die Großraumstation da oder dorthin komme und wohin die detachierten Stellen kämen. Das wurde uns allen nicht gesagt. Wir wurden leider nur gehört. Dazu muß ich aber sagen: Man hat uns nur angehört und uns eine Stunde Zeit ge­schenkt. Wenn die Herren der einzelnen Land-

polizeidirektionen der Regierungen. nicht gekom­men wären, dann hätten sie dem Staat das Benzin und sich selbst die Zeit gespart; denn das, was wir damals sagten, hatte so viel Wert, als wenn an die Wand hingesprochen worden wäre.

Nachdem Sie, Herr Staatssekretär, die bindende Auskunft gegeben haben, daß man über diese Dinge sprechen könne, ziehe ich im Auftrag der Bayernpartei den Absatz 2 des Abänderungsantra­ges zum Antrag auf Beilage 712 zurück.

(Sehr gut!)

Präsident Dr. Ehard: Der Abänderungsantrag ist damit zurückgezogen. Wird das Wort ge­wünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter Hanauer!

Hanauer (CSU): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nachdem die Debatte über den Ab­änderungsantrag eine Klärung der Situation ge­bracht hat, möchte ich nur noch ein kurzes Wort sagen. Dazu wurde ich durch das Abgangswort des Herrn Staatssekretärs veranlaßt, der erklärte, der Antrag renne offene Türen ein. Das macht mich etwas skeptisch. Ich möchte deshalb nicht so sehr zu· Ihnen, meine Damen und Herren des Ho­hen Hauses, sprechen, weil Sie dem Antrag wahr­scheinlich genauso wie im Ausschuß Ihre Zustim­mung geben werden. Ich möchte aber die Staats­regierung dringend bitten; nicht-von -der -Auffas"­sung auszugehen, daß das, was bisher geplant ist und was allmählich so durchgesickert ist, nun dem Inhalt und dem Gedanken dieses Antrags Rech­nung trage. Es geht uns nicht darum - um ein Wort des Herrn Innenministers im Ausschuß auf­zugreifen -, die Regierung am Regieren zu hin­dern, sondern wir möchten, daß die· Stimmen der­jenigen, die auf Grund der örtlichen Nähe die Pro­bleme kennen und erkennen, bei der Planung wirk­lich gebührend berücksichtigt werden. Ich glaube, es geht gar nicht so sehr darum, die Kreistage einzuschalten - was jeder Landrat kann -, son­dern es geht darum, Herr Staatssekretär, daß Sie Ihre unteren und mittleren Polizeibehörden, die wirk­lich das größte Maß art Erfahrung, an Material und an Unterlagen haben, nicht nur anhören, son­dern daß Sie deren Vorstellungen auch Ihren Pla­nungen zugrunde legen. Wenn ich mir die Pla- , nungsvorbereitungen, von denen ich etwas erfah­ren habe, ansehe, so haben Sie Stationen mit 6, 7, 8 und 9 Funkwagen, aber auch solche mit zwei oder drei Wagen. Es wäre deshalb im Rahmen Ihrer Or­ganisation durchaus möglich, die Stationen mit acht oder neun Funkwagen in zwei oder drei Sta­tionen aufzuteilen, wenn die großen Siedlungen, ' der dichte Verkehr, die Nähe der Großstadt, die Nähe der Grenze dies im Interesse der Sicherheit gebieten. Mit detachierten Nebenstellen, die nicht motorisiert sind, Herr Staatssekretär, das wissen Sie ganz genau, die an das Amtszimmer gebunden und mit einem stets wechselnden Personalstand versehen sind, ist nichts zu machen. Letztlich müßte gerade das Leitmotiv Ihrer Organisations­planung sein: Sicherheit geht über alles!

(Beifall)

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Bayerischer· Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 901

Präsident Dr. Ehard: Weitere Wortmeldungen? -Herr Abgeordneter Falk!

Falk (FDP): Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kollegen von Oberbayern und Schwaben!

(Sehr gut! - Heiterkeit)

Sie können nichts dafür, daß Sie diesmal etwas hintennach hinken.

(Heiterkeit)

Aber es zeigt sich eben doch, daß die Franken et­was weiter sind, mindestens hier. Bei uns sind nun diese Großraumstationen eingeführt worden. Die Organisation hat bestens geklappt und sie klappt auch heute noch. Ich darf Ihnen - ergänzend zu dem, was der Herr Staatssekretär schon ausgeführt hat - zu Ihrer Beruhigung sagen, daß man weit­hin die Wünsche der Landkreise und der dortigen Bevölkerung berücksichtigt hat. Selbst kreisfreie Städte hat man dahingehend berücksichtigt, daß sogar die Stadtpolizei, wenn es ausdrücklich ge­wünscht war, übernommen wurde, um einerseits die Städte zu entlasten und andererseits eine ta­dellose Organisation der Landpolizei zu errei­chen. Außerdem haben sogar zusätzliche Orts­termine, bei denen das Innenministerium anwesend war, stattgefunden. Man hat nur im besten Ein­vernehmen mit den dortigen Behörden gearbeitet und hat die Sache bestens durchgeführt, so daß wir heute im mittelfränkischen Raum mit der jet­zigen Organisation ausgezeichnet· zufrieden sind. Ich glaube nicht, daß sich im Innenministerium ir­gend etwas gewandelt hat, sondern man wird dort heute genau so handeln wie vor einigen Jahren in Franken, so daß nach der Umorganisation auch unsere Kollegen aus Schwaben und Oberbayern bestens befriedigt sein werden.

(Zuruf von der SPD: Zum erstenmal für die Regierung!)

Präsident Dr. Ehard: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlos­sen. Wir kommen zur Ab s tim m u n g.

Der Abstimmung liegt zugrunde Beilage 712; ein einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Ver­fassungsfragen und Rechtsfragen.

Wer dem Vorschlag des Ausschusses auf Beilage 712 zu.stimmen will, den bitte ich um ein Hand­zeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimm­enthaltungen? - 4 Stimmenthaltungen, im übri­gen ohne Gegenstimme so beschlossen.

Jetzt rufe ich auf den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Hamm­Brücher betreffend Vorlage eines neuen

Waffengesetzes (Beilage 659)

Über die Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungsfragen und Rechtsfragen (Beilage 711) berichtet der Herr Abgeordnete Bezold.

Bezold (FDP), B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr Präsident, Hohes Haus! Der Antrag von Frau Dr. Harrim-Brücher auf B~ilage 659 lautet:

Der Landtag wolle be.schließen:

Auf Grund der zunehmenden Gefährdung der Bevölkerung durch verantwortungslose Schießereien Jugendlicher wird die Staatsre­gierung ersucht, das neue Waffengesetz be­schleunigt vorzulegen und die darin vorgese­henen Bestimmungen über Erwerb und Besitz von Schußwaffen sowie die Kontrolle der Waffengeschäfte wesentlich. zu verschärfen.

Der Antrag stammt vom 6. August 1959. Der Rechts- und Verfassungsausschuß hat diesen An­trag nach den Ferien am 22. September 1959 be­handelt. Dabei ergab sich, daß ich selbst zugleich Berichterstatter und Vertreter des Antrags war.

Ich glaube, ich kann mich sowohl hinsichtlich der B er i c h t e r s t a t t u n g als auch der V er t r e -tun g des Antrags sehr kurz fassen. Wir haben wohl alle - wenigstens im Ausschuß war das der Fall - .das Gefühl, daß sich hinsichtlich der Waf­fenführung von Jugendiichen in den letzten Zeiten vieles ergeben hat, was Anlaß zu Trauer und Be­stürzung gab. Sie wissen, daß in München sogar ein Menschenleben zu beklagen war und die Poli­zei zugeben mußte, daß der Ort, an dem sich die­ser Unfall oder Totschlag - wie Sie es .nennen wollen - ereignet hat, schon seit langer Zeit als eine Art wilder Übungsplatz für Waffenübungen, vor allem für Waffenübungen Jugendlicher, be-· nützt wird, wobei es schwierig ist - vor allem in einem Wald-, den Dingen auf die Spur zu kom.., men. Denn so viele Polizeikräfte sind gegebenen­falls doch nicht einsatzbereit. Den Dingen kann al­so - das war unsere Meinung im Ausschuß -nur dann gesteuert werden, wenn sie wirklich von der Wurzel her gepackt werden, und wenn man die Maßnahmen, die der Antrag .auf Beilage 659 vorsieht, mit Hilfe der Staatsregierung durchführt. Ich habe also beantragt, diesen Antrag anzuneh­men.

Der Herr Mi t b e r i c h t e r s t a t t e r Kramer hat meinen Ausführtingen zugestimmt. Die Staats\,, regierung gab dann durch Herrn Ministerialdiri­gent Dr. Mayer eine sehr ausführliche und sachliche Erklärung. Es wurde klargestellt, daß Faustfeuerwaffen nur gegen Waffenerwerbs~chein abgegeben werden dürfen. Anders sei es bei den langen Waffen, das sind Kleinkalibergewehre, Flo­bertstutzen und Luftgewehre, die zwar nach dem strengeren bayerischen Recht waffenscheinpfüchtig seien, deren Erwerb aber nicht an eine behördliche Genehmigung gebunden sei. Strafbar sei nur das Mitsichführen einer solchen Waffe ohne Waffen­schein außerhalb des umfriedeten Besitztums in der Absicht, notfalls von ihr Gebrauch zu machen. Pas Staatsministerium des Innern sei mit dem An­trag vollkommen einverstand~n, nur zu der Fas­sung: „das neue Waffengesetz beschleunigt vorzu­legen" sei folgendes zu sagen:

Das Waffengesetz vom März 1938 gelte nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das in einer Entscheidung über das Schußwaffengesetz vom 29. April 1958 hierüber Ausführu.ngen ge­macht habe, nur zum Teil als Landesrecht f?rt. Als

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902 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

(Bezold [FDP])

Bundesrecht gelte es fort in dem gewerberechtli­chen Teil, der die Waffenfabrikation, Waffen­instandsetzung und den Waffenhandel einschließ­lich Ein- und Ausfuhr regelt. Insoweit stehe die künftige Novellierung dem Bund zu. Die Länder könnten lediglich den Erwerb, den Besitz und das Führen von Waffen regeln. Um zu einer sinnvollen Novellierung zu kommen, bei der vor allem der Waffenbesitz einheitlich geregelt sei, seien zwei Ausschüsse gebildet worden. In einem Ausschuß sei der Bundeswirtschaftsminister zusammen mit den gewerblichen Abteilungen der Länder federfüh­rend; auch die Sicherheitsbehörden seien darin ver­treten. Für die Länderwaffengesetze sei ein Unter­ausschuß gebildet worden, in dem die Innenmini-

, sterien der Länder vertreten seien, die an den Länderwaffengesetzen arbeiten. Beide Entwürfe seien bis auf die redaktionelle Schlußaussprache, die voraussichtlich im Oktober stattfinden werde, fertiggestellt. Es sei aber nicht gut möglich, daß die Länder ihre Länderwaffengesetze einbräChten, bevor das Bundeswaffengesetz über die Bühne ge-

· gangen sei, weil der Waffenbegriff, der im Bundes­gesetz festgelegt werden müsse, als maßgeblicher Grundbegriff in die Ländergesetze übernommen werden solle, uni Schwierigkeiten im Vollzug zu vermeiden.

Es sei an sich bedauerlich, daß diese einheitliche Materie durch das Grundge~etz in zwei Teile zer­rissen werde. Die verschärfte Kontrolle der Waf­fengeschäfte, die der Antrag wünsche, müsse in das Bundesgesetz - weil es ja eine gewerbliche Angelegenheit ist -, während die Bestimmungen über den Besitz von Schußwaffen in die Länder­gesetze aufgenommen werden könnten.

Beide Entwürfe zeigten erhebliche Verschärfun­·gen. So sollten Personen unter 14 Jahren über-

Besitz von Schußwaffen sowie die Kontrolle der Waffengeschäfte wesentlich zu verschärfen.

Ich bitte das Hohe Haus, diesem Beschluß bei­zutreten.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Es wird vorgeschlagen, dem einstimmigen Be­schluß des Ausschusses auf Beilage 711, den der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, beizutreten. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so be­schlossen.

Dann würde ich vorschlagen - ich muß eine Auswahl treffen wege~ der Berichterstatter - -

(Mehrere Zurufe)

- Die Lautsprecheranlage, die an sich neu ist, ist noch nicht ganz in Ordnung. Sie ist erstens furcht­bar laut und zweitens - ~

(Abg. Dr. Hoegner: Die ·reinste Sphären­musik! - Abg. Bezold: Aber erst seit sie erneuert und „verbessert" worden ist! Das

ist die Technik!)

- Sie muß erst eingestellt werden.

(Abg. Dr. Hoegner: Faust erster Teil, wenn der Vorhang a1;1fgeht!)

Ich würde dann vorschlagen, den Punkt 8 b zu nehmen; er geht, glaube ich, ohne weiteres. - Es sind die

Anträge der Abgeordneten Röhrl (Bei­lage 668), Dr. Hoegner, Irlinger und Frak­tion (Beilage 669) und Wimmer (Beilage 671) betreffend Hilfsmaßnahmen für die

Jiochwassergeschädigten

haupt keine Waffen mehr erwerben können; an Über die Verhandlungen des Ausschusses für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren dürften Staatshaushalt und Finanzfragen (Beilage 710) be-nur mehr ganz leichte Luftgewehre abgegeben richtet der Herr Abgeordnete Dr. Eisenmann. Ich werden. ' - - -- - bitte ihn. -~ - --

(Zuruf: Einstimmiger Beschluß!)

Wie erwähnt, habe Bayern schon bisher eine Verschärfung gehabt; sie sei unter dem damaligen Innenminister Dr. Hoegner eingeführt worden, weil die Klagen zunahmen, daß viele Jugendliche auf Vögel schießen.

Er bitte darum, das Wort „beschleunnigt" - so sagte der Vertreter der Regierung - durch „so bald wie möglich" zu ersetzen.

Ich als Berichterstatter habe diese Änderung übernommen und der Ausschuß hat den Antrag unter Berücksichtigung dieser Änderung des Wor­tes „beschleunigt" angenommen. Der Antrag lau­tet jetzt:

Auf Grund der zunehmenden Gefährdung der Bevölkerung durch verantwortungslose Schießereien Jugendlicher wird die Staatsre­gierung ersucht, das neue Waffengese~z so bald wie möglich vorzulegen und die darin vorge­sehenen Bestimmungen über den Erwerb und

Dr. Eisenmann (CSU), B er ich t erstatte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat in seiner 38. Sitzung am 22. September die drei ~hnen vom Herrn Präsi­denten soeben zitierten Anträge eingehend beraten. Nach sehr ausführlicher Debatte kam er zu dem einstimmigen Ergebnis, einen Abänderungsantrag des Herrn Kollegen Röhrl anzunehmen, also die drei Anträge in diesen Abänderungsantrag zu­sammenzufassen. Dieser Antrag ist auf Beilage 710 wiedergegeben. Ich darf ihn verlesen:

Die Staatsregierung wird ersucht, im Hin­blick auf die neue Hochwasserkatastrophe vom August 1959

1. die eingeleitete Auszahlung der Notstands­beihilfen für die schwerbetroffene Bevölke­rung beschleunigt fortzusetzen,

2. die bereits eingeleiteten wasserwirtschaft­lichen Verhandlungen mit den österreipli-

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Bayerischer J;_,arü~tag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 903'

(Dr. Eisenmann [CSU])

sehen Stellen zur raschen Erreichung der Hochwassersanierung der Salzach fortzu­setzen,

3. die notwendigen umfassenden Hochwasser­schutzbauten an den bayerischen Neben­flüssen der Salzach (Saalach, Sur und Achen) raschestens in Angriff zu nehmen,

4. im Rahmen der Erhöhung der Mittel des Alpenplanes speziell für einen ausreichen­den Schutz der hochwassergefährdeten Ge­biete Südostbayerns, insbesondere des Salz­achtales, die notwendigen bayerischen Mittel zur Verfügung zu stellen und

5. soweit der Hochwasservollschutz durch tech­nische Maßnahmen in wirtschaftlich ver­tretbarer Weise nicht erbracht werden kann, durch Mittelbereitstellung für freiwillige Aussiedlung bzw. Nutzungsänderung der Bevölkerung zu. helfen.

Ich empfehle Ihnen, dem einstimmigen Ausschuß­beschluß beizutreten.

Präs'ident Dr. ·Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abs.tim m u n g über die Beilage 710', die der Herr Berichterstatter vorge­tragen hat. Der Vorschlag des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen ist einstimmig gemacht worden. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist ein­stimmig so beschlossen.

Nun möchte ich vorschlagen, den Punkt 8 a zu behandeln - allerdings ist vom Finanzministerium niemand da.

Es ist der

Antrag der Abgeordneten J)r. Heubl, Winkler, Dr. Elsen, Röhrl und Fraktion, Dr. Becher, Riediger und Fraktion, Kal­lenbach, Bezold und Fraktion betreffend Umstellung des Haushaltsjahres auf das

Kalenderjahr (Beilage 553)

Es handelt sich um einen einstimmigen Beschluß. Besteht eine Erinnerung dagegen, daß wir den Antrag heute behandeln? -

Bitte, Herr Abgeordneter Zillibiller; ich gebe Ihnen das Wort zum Bericht über die Verhandlun­gen des Ausschusses für Staatshaushalt und Fi­nanzfragen (Beilage 753).

Zillibiller (CSU), B er ich t erstatte r : Meine Damen und Herren! Der auf Beilage 553 vorlie­gende Antrag der Koalitionsfraktionen wurde in der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 9. Okto­ber behandelt. Der Aussprache zum Antrag ging eine längere Ausführung des Herrn Finanzmini­sters über die Haushaltslage voraus. Ihr war zu entnehmen, daß bereits ein großer Teil der in den drei Punkten des Antrags verlangten Maßnahmen

eingeleitet ist und daß über die anderen verlang­ten Maßnahmen bereits Erwägungen angestellt werden. Der Antrag fand daraufhin die einstim­µiige Annahme des Haushaltsausschusses. Der Herr Finanzminister hat lediglich noch auf eine Anfrage hin betont, daß die Staatsregierung nicht daran denke, die zweijährige Haushaltsberatung weiterzuführen, sondern daß nur für die Über­gangszeit die drei Vierteljahre und das folgende Jahr zusammen behandelt werden sollen.

Präsident Dr. Ehard: Es wird Zustimmung vor­geschlagen zu dem Antrag auf Beilage 553, der folgendermaßen lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird ersucht:

1. im Bundesrat dahin zu wirken, daß die Um­stellung des Haushaltsjahres auf das Kalen­derjahr von allen Ländern gleichlaufend mit der Umstellung des Bundeshaushaltes zum 1. Januar 1961 vollzogen wird;

2. alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Gemeinden, Gemeindeverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften die Umstellung zu erleichtern;

3. alle Maßnahmen, insbesondere die gesetzli­chen Vorlagen, zeitgerecht vorzubereiten, um die Umstellung des Bayerischen Staatshaus­haltes zum 1. Januar 1961 zu gewährlei­sten.

Es handelt sich um einen einstimmigen Beschluß. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag auf Beilage 553, wie er von mir verlesen worden ist, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegen­probe. - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.

Der Herr Finanzminister hat, da er heute schon weggehen mußte, gebeten, zwei weitere Punkte möchten zurückgestellt werden. '

Da der Herr Abgeordnete Bantele da ist, kön-nen wir noch Punkt 10 a erledigen:

Antrag der Abgeordneten Werner und anderer betreffend :Unterrichtung der Volks- und Berufsschüler über die :Bedeu-

tung der Bienenzucht (Beilage 179)

Über die Verhandlungen . des Ausschusses für kulturpolitische Fragen (Beilage 707)

(Abg. Winkler: Das gehört in den Sicher hei tsa ussch uß !)

berichtet der Herr.Abgeordnete Bantele.

Bantele (BP), Berichterstatter: Der Kul­turpolitische Ausschuß befaßte sich mit dem An­trag auf Beilage 179, der lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird ersucht, anzuord­nen, daß in den naturkundlichen Fächern der

Page 30: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

904 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den zo. Oktober 1959

(Bantele [BP])

Oberklassen der Volksschulen und Berufs­schulen die Bienenzucht entsprechend ihrer Bedeutung behandelt wird.

Nach Ausführungen des J3 er ich t erstatte r s und des Mi t b er i c h t e r s t a t t e r s , die beide auf die volkswfrtschaftliche und volksgestindheit­liche Bedeutung der' Bienen und ihrer Arbeit hin­wiesen, und einer eingehenden Debatte, an der sich alle Mitglieder des Ausschusses beteiligten, stimmte der Ausschuß folgender Fassung des Antrags ein­stimmig zu:

Die Staatsregierung wird ersucht, anzuregen, , daß in ·den Schulen, vor allem in den länd­lichen Volksschulen ;und landwirtschaftlichen Berufsschulen, die Biene und ihre volkswirt.:. schaftliche Bedeutung im Unterricht behan­delt wird.

Ich bitte, dem beizutreten.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Es handelt sich um den einstimmigen Beschluß des Kulturpolitischen Ausschusses auf

, Beilage 707, wie ihn der Berichterstatter eben vor-getragen hat. , ·

Wer ih:rn . beitreten will, den bitte ich um ein Hand:;;eichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Einstimmig beschlossen.

Punkt 10 b der Tagesordnung können wir heute nicht mehr erledigen, weil der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Helmschrott, nicht mehr da ist.

Aber Punkt 9 a kann ich aufrufen:

Antrag· der Abgeordneten Wolff und Hirsch betreffend Vorlage eines Ausbauplanes für

ein Luftverkehrsnetz in Bayern (Beilage 548)

, Über die Verhandlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr (Beilage 727) berichtet der Herr Abgeordnete Demeter.

Demeter (SPD), B er ich t erstatte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr behandelte in seiner 15. Sitzung am 1. Oktober 1959 den Antrag der Abgeordneten Wolff und Hirsch betreffend Vor­lage 'eines Ausbauplanes für ein Luftverkehrsnetz in Bayern. Nach eingehender Beratung dieser Ma­terie beschloß der Ausschuß einstimmig folgende Fassung, die auf Beilage 727 ab'gedruckt ist:

Die Staatsregierung wird ersucht, zu prüfen, ob Voraussetzungen für die Erstellung eines Luftnahverkehrsnetzes unter Berücksichtigung einer künftigen wirtschaftlichen und verkehrs­mäßigen Entwicklung bestehen. ·

Ich bitte, diesem Antrag beizutreten.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge-wünscht? -

Wer dem Antrag auf Beilage 727, wie ihn der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte

um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? Einstimmig beschlossen.

Wir können noch Punkt 9 b erledigen:

Antrag ~er Abgeordneten Huber Ludwig und Dr. Heubl betreffend Beschleunigung der Planungen zur Verbauung der Tiroler

Ache (Beilage 611)

Über die Verhandlungen des Ausschusses füi Wirtschaft und Verkehr (Beilage 728) berichtet der Herr Abgeordnete Essl. · · '

Essl (SPD), B er ich t erst a t t er : Herr Präsi­d!=nt, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr hat sich in seiner 15. Sit­zung am 1. Oktober 1959 mit einem Antrag des Kollegen Huber Ludwig beschäftigt, der auf Bei­lage 611 abgedruckt ist und folgenden Wortlaut hat:

Der Landtag wolle beschließen:

'Die Staatsregierung' wird ersucht, die Pla..: nungen zur Verbauung der Tiroler Ache be­schleunigt zum Abschluß zu. bringen.

Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der ' Herr Kollege Ramelsberger.

Als B er ich t e r s t a t t e r wies· ich darauf hin, daß die Verbauung der Tiroler Ache schon seit 1928130 geplant, aber noch nicht ausgeführt worden sei, weil die Anlieger die geforderte fünfzehnpro­zentige Beteiligung an der Bausümme nicht hätten tragen können ..

Der Kollege H u b e r beschäftigte sich sehr ein­gehend mit den geschichtlichen Vorgängen um die Verbauung der Tiroler Ache und legte dar, die Verbauung der Tiroler Ache sei seit 80 Jahren ge­plant, aber i:n;imer wieder hinausgeschoben worden. Er nannte drei mögliche Lösungen: Erstens eine völlige. Verbaruung von der Grenze bis Marquart­stein; diese Lösung könne aber, meinte er, an den finanziellen Möglichkeiten scheitern. Zweitens die Verbauung wenigstens der besonders gefährdeten Teile der bisher nicht verbauten Strecke. Drittens die Schaffung einer Rückstauanlage auf österreichi­schem Gebiet.

kls Vertreter der Regierung schilderte Herr Mi­nisterialrat Be r g l er noch einmal sehr eingehend die VerhäJ.tnisse. Er wies besonders darauf hin, daß die Oberste Baubehörde nach dem Bekanntwerden des vorliegenden Antrags eine Studie über die Mög­lichkeiten der Hochwasserfreiiegung dieses Bereichs aufgestellt habe. Nach deren genauen Ermittlungen betrage die überschwemmte Fläche im Bereich zwi"'." sehen d·er Landesgrenze und Marquartstein rund 460 Hektar, von denen 350. landwirts.chaftlich ge­nutzt seien. Etwa 12 Anwesen seien in diesem Ab­schnitt durch Hochwasser in Mitleidenschaft gezo­gen worden.

Auch der Regierungsvertreter hat eine Reihe vbn Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Dann haben sich die Kollegen R a m e 1 s b e r g e ,r und H u b e r noch einmal sehr eingehend mit dem Antl'ag be­schäftigt.· Der Herr Kollege Dr. W ü 11 n e r hat ins­besondere erklärt, daß er wenig Verständnis. dafür habe, daß bisher vonseiten der Staatsregierung, wie

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Bayerischer Landtag' - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959 905

(Essl [SPD])

vom Regierungsvertreter ausgeführt, versäumt wor­den sei, die notwendigen Verhandlungen mit Tirol aufzunehmen.

Am Ende hat dann der Ausschuß den Antrag in der Fassung der Beilage ·611 einstimmig angenom­men. Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag ebenfalls einstimmig anzunehmen.

„räsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Der Antrag auf Beilage 611 lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird ersucht, die Pla­nungen zur Verbauung der Tiroler Ache be­schleunigt zum Abschluß zu bringen.

Das i:st ein einstimmiger Vorschlag .des Ausschus­ses. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein HandZ'eichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.

Jetzt können wir noch den Punkt 11 a erledigen:

Antrag der Abgeordneten Weishäupl und Soldmann betreffend Maßnahmen zur Be­hebung der Arbeitslosigkeit älterer Arbeit-

nehmer (Beilage 419)

Auch hierzu liegt ein einstimmiger Ausschußbe­schluß vor. Über die Verhandlungen des Sozial­politischen Ausschusses (Beilage 528) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Brentano-Hommeyer.

Dr. Brentano-Hommeyer (BP), B er ich t er -statte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für sozialpolitische Angele­genheiten hat sich in seiner Sitzung am Freitag, dem 5. Juni 1959 mit dem Antrag auf Beilage 419 beschäftigt, der lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Statsregierung wird ersucht, allen baye­rischen Staatsbehörden die Verpflichtung auf­zuerlegen, daß bei Errichtung neuer Dienststel­len, bei Übertragung neuer Aufgaben oder bei Personalvermehrungen bevorzugt ältere Arbeit­nehmer eingestellt werden.

Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr Kollege Pflüger.

Ich habe zunächst darauf hingewiesen, daß es trotz der Vollbeschäftigung noch. das Problem gibt, daß ältere Arbeitnehmer, insbesondere ältere An­gestellte, nicht unterkommeh können, weil von der Industrie und der Wirtschaft hauptsächlich jün­gere Kräfte gesucht werden.

Der Herr Kollege Pf 1 ü g er hat im gleichen · Sinne gesprochen, hielt aber eine Verpflichtung der Staatsbehörden für zu weitgehend und meinte, man solle den Behörden nur eine Empfehlung er­teilen.

Der Herr Kollege S o 1 dm a n n führte für die Antragsteller aus, daß es sich doch noch um ein sehr erm;tes Problem handle und daß in der Öf-

fentlichkeit gerade durch das Schlagwort der Voll-:' beschäftigung vielfach falsche Auffassungen ent­standen seien. Er gab zu, daß die Behörden, auch die Bundesbehörden, schon verschiedentlich Bemü­hungen unternommen hätten, um ältere Leute ein­zustellen. Er wies auch auf vorliegende Empfeh-; lungen des Bundesarbeitsministeriums hin, daß man bei den Dienststellen des Staates vor allem die älteren Angestellten mehr berücksichtigen soll­te, meinte aber, daß das alles in vielen einzelnen Härtefällen eben doch ungenügend sei, daß es also zweckmäßig wäre, wenn der Landtag das Pro­blem nochmals in Erinnerung brächte.

An der Debatte beteiligten sich die Kollegen Dr. Sahliger, Deininger Leonhard, Schmidramsl, Groß und Ohliger. Im wesentlichen ging es nur darum, ob man den Antrag in der vorgelegten oder in einer weniger scharfen Form, nämlich als Empfeh­lung an die Sfaatsregierung, annehmen solle. Der Ausschuß einigte sich schließlich aber doch dahin, den Antrag unverändert anzunehmen. Er wurde dann einstimmig angenommen.

Ich bitte das Hohe Haus, diesem Beschluß bei­zutreten.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Das ist nicht der Fall.

Der Antrag auf Beilage 419, wie ihn der Be-richterstatter vorgetragen hat, lautet: ·

Die Staatsregierung wird ersucht, allen baye:: rischen Staatsbehörden die Verpflichtung auf­zuerlegen, daß bei Errichtung neuer Dienst­stellen, bei Übertragung neuer Aufgaben oder bei Personalvermehrungen bevorzugt äl­tere Arbeitnehmer eingestellt werden.

Der. Sozialpolitische Ausschuß schlägt einstimmig vor, diesem Antrag zuzustimmen. Wer ihm beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? -Es ist einstimmig so beschlossen.

Dann möchte ich als letzten Punkt den Punkt 11 b der Tagesordnung vorschlagen:

Antrag der Abgeordneten Dr. Hoegner, Weishäupl und Fraktion betreffend Er­richtung von Auskunfts- und Beratungs-

stellen zur Betreuung der Versicherten (Beilage 566)

Es berichtet über die Verhandlungen des Aus­schusses für sozialpolitische Angelegenheiten (Bä­lage 714) der Herr Abgeordnete Groß.

Groß (SPD), B er i c h t er s tat t er : Her.r Prä­sident, meine Damen und Herren! Der Sozialpoli­tische AussChuß hat sich in seiner 15. Sitzung am 24. September 1959 mit .einem Antrag Dr. Hoeg­ner, W eishäupl und Fraktion, den Sie auf Beilage 566 finden, betreffend Errichtung von Auskunfts­und Beratungsstellen .zur Betreuung der Versicher­ten befaßt. Er lautet:

Der Landtag wolle beschließen .

Die Staatsregierung wird ersucht, dahin zu wirken, daß die Bundesversicherungsanstalt für

Page 32: 31. Sitzung...Abgeordnetenhauses von Berlin, Henneberg, fol gendes Telegramm an den Herrn Bundespräsiden ten gerichtet, das ich Ihnen zur Kenntnis geben darf: „Die Präsidenten

906 Bayerischer Landtag - 31. Sitzung. Dienstag, den 20. Oktober 1959

(Groß [SPD])

Angestellte in Berlin am Sitz der Landesver­sicherungsanstalten und in den größten Städ­ten, unabhängig von der Tätigkeit der ehren­amtlichen Versichertenältesten, Auskunfts- und Beratungsstellen zur zweckmäßigen Betr~uung der Versicherten errichtet.

Da es sich um einen einstimmigen Beschluß han­delt, kann ich mich mit meinen Ausführungen kurz fassen. Als Berichterstatter war ich eingeteilt, Mit­berichterstatter war Herr Kollege Staudacher.

Bei der Bundesversicherungsanstalt für Ange­stellte handelt es sich um einen stark zentralisier­ten Versicherungsträger mit einer Versichertenzahl von 6 Millionen. Jährlich werden von der Bundes­versicherungsanstalt .240 000 Rentenanträge und 150 000 Heilverfahrensanträge behandelt. 1958 hat:- , te die Bundesversicherungsanstalt einen durch­schnittlichen monatlichen Posteingang von 400 000 Briefen zu verzeichnen. Aus diesen Zahlen, meine Damen und Herren, erkennen Sie, daß es große Schwierigkeiten macht, bei einem derart zentrali­sierten Versicherungsträger die VersfCherten ent­sprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu be­treuen. Bei den Versicherten der LVA's in der Arbeiterversicherung ist es bedeuterid einfacher, weil man an die Landesversicherungsanstalten ohne weiteres herankommen kann, während mit Berlin

__________ . _ . nur eine_. äußerst. schwierige .. Verbindung.-besteht. Der Äntrag zielt deshalb darauf ab, daß den Ver­sicherten der Angestelltenversicherung die Möglich­keit gegeben wird, durch die Errichtung von Aus­kunfts- und Beratungsstellen sich persönlich Aus­künfte über ihre Rentenangelegenheiten dort ein­zuholen. Wir haben zur Zeit bei der Bundesver­sicherungsanstalt 1200 Versichertenälteste, die eh­renamtlich diesen Dienst in der Bundesrepublik und in Westberlin verrichten. Diese Versicherten­ältesten sind aber nicht autorisiert, Auskünfte mit rechtlicher Wirkung zu geben. Dieser Zustand ist

unbefriedigend. Der Antrag kommt nun dem Wunsch einer großen Zahl von Versicherten unter den Angestellten entgegen, die ihre Rentenange­legenheiten persönlich wahrnehmen wollen. Des­halb kam der Ausschuß für sozialpolitische Ange­legenheiten zu dem einstimmigen Beschluß, den Antrag in folgender Form etwas abgeändert an­zunehmen.:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird ersucht, dahin zu wirken, daß die.Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin am Sitz der Landesver­sicherungsanstalten und in den größten Städ­ten, unabhängig von der Tätigkeit der ehren­amtlichen Versichertenältesten, baldmöglichst Auskunfts- und Beratungsstellen zur zweck­mäßigen Betreuung der Versicherten errichtet.

Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt. Ich empfehle deshalb dem Hohen Haus die Annahme dieses Antrags.

Präsident Dr. Ehard: Wird das Wort dazu ge­wünscht? - Es wird einstimmig vom Sozialpoli­tischen Ausschuß vorgeschlagen, den Antrag auf Beilage 566 mit der Beifügung anzunehmen, daß vor „Auskunfts- und Beratungsstellen" das Wört­.chen „baldmöglichst" eingefügt wird.

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Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.

Ich schlage Ihnen vor, für heute abzubrechen und morgen um 9 Uhr, gleich beginnend mit der 2. Lesung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften, fortzu­fahren.

Damit ist die Sitzung für heute geschlossen.

(Schluß der Sitzung: 17 Uhr 56 Minuten)