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03.07.22 Prof. Dr. R. Robert 1 Transnationa le Unternehmen und Demokratie GRUNDKURS II

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Transnationale Unternehmen

und Demokratie

GRUNDKURS II

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Konsequenzen der Globalisierung für die Politikgestaltung

Das staatliche Regelungsmonopol wird durch Prozesse der Entgrenzung und Verflechtung in Frage gestellt.

Der Primat der Politik wird tendenziell durch den Primat der Ökonomie abgelöst.

Neue nicht-staatliche Akteure gewinnen an Bedeutung für die Politik, darunter

transnationale Unternehmen

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Transnationales UnternehmenWas ist ein Unternehmen?

Eine selbständig handelnde Einheit, deren Zweck die Erstellung von Gütern und/oder Dienstleistungen ist.

Was ist ein transnationales Unternehmen?Ein transnationales Unternehmen ist ein weltweit

agierendes Unternehmen unter einheitlicher Leitung einer Obergesellschaft mit

• maßgeblichem Einfluss auf die jeweiligen gesellschaftlichen Strukturen,

• Aktivitäten, die „quervernetzt“ zum Machtanspruch politischer Systeme sind, und

• der Fähigkeit, sich einzelstaatlicher Kontrolle in vielfältiger Weise zu entziehen.

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Was ist neu an transnationalen Unternehmen?

Ihre Zahl und Größenordnung - ca. 60. bis 70.000 mit Tochtergesellschaften ca. 900.000 und ca. 75 Mio. Beschäftigten.

Ihre Herauslösung aus der Objektrolle gegenüber dem politischen System.

Ihre Transformation zu Subjekten des weltwirtschaftlichen Geschehens.

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Transnationale Unternehmen und politisches System

Politisches System

Politisches System

Politisches System

Politisches System

Politisches System Politisches

System

Transnationales Unternehmen

Transnationales Unternehmen

Verflechtung

Entgrenzung

Globalisierung

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„Deutsche“ transnationale Unternehmen

18 der 200 weltweit größten Konzerne hatten 2009 ihren Sitz in Deutschland

Im „global ranking“ lag Volkswagen mit Sitz in Wolsburg auf Platz 14 der Fortune-Liste der weltweit größten Unternehmen.

Umsatz, Produktionsstätten und Beschäftigte der transnationalen Unternehmen verweisen auf die Gleichzeitigkeit von Globalität und Lokalität.

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Die größten deutschen Unternehmen 2009Rang global

Name Sitz Umsatz in Mio. US-$

Gewinn/Verlust in Mio. US-$

Beschäftigte

14 Volkswagen Wolfsburg 166.579 +6.957 369.928

20 Allianz München 142.395 -3.577 182.865

23 Daimler Stuttgart 140.328 +1.973 273.216

26 E.ON Düsseldorf 127.278 +1.853 93.538

30 Siemens München 123.595 +8.595 420.800

54 Deutsche Post Bonn 98.708 -2.471 451.515

59 BASF Ludwigshafen 91.193 +4.262 96.924

61 Telecom Bonn 90.260 +2.171 227.747

70 Deutsche Bank Frankfurt/M. 81.360 -5.613 80.456

74 Thyssen-Krupp Düsseldorf 80.210 +3.295 199.374

78 BMW München 77.864 +474 100.041

89 RWE Essen 71.851 +3.774 65.908

95 Münchener Rück München 67.515 +2.200 44.209

98 Bosch Gerlingen 66.052 +504 281.71711.04.23 Prof. Dr. R. Robert 7

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Gefährdungen des politischen Systems durch „Entcontainerisierung“

Herausbildung neuer Politikebenen

Verlust des demokratischen Grundkonsenses durch transnationale Unternehmen

Neue transnationale Spielregeln der Entscheidungsfindung

Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des politischen Systems

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Drei zentrale Problemfelder

Das Selbstverständnis transnationaler Unternehmen: Unternehmensstruktur und Unternehmensphilosophie

Die transnationalen Unternehmen in der „Innenpolitik“: Auswirkungen auf das liberal-pluralistische System der Bundesrepublik

Die transnationalen Unternehmen in den internationalen Beziehungen: Das Problem des „Reembedding“

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Unternehmensstruktur und Unternehmensphilosophie

Shareholder value– Ein Unternehmen fühlt sich nur seinen Eigentümern

verpflichtet und ist vorrangig um Gewinnerzielung bemüht.

– Eigentümer als Unternehmensbürger, dennoch keine Unternehmensdemokratie

Stakeholder value– Erweiterung der Wert- und Zielvorstellungen eines

Unternehmens über bloße Gewinnerzielung hinaus– Problem: Erfassung und Gewichtung unterschiedlicher

Interessen und Akteure

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Ansätze zu einer „stakeholder-democracy“ in Deutschland I:Unternehmensmitbestimmung

Unternehmensmitbestimmung

als Instrument zur Bildung von Gegenmacht

als Instrument zur gesellschaftlichen Integration Unternehmensmitbestimmung ist ein Ansatz zur

„stakeholder-democracy“, der sich auf die Arbeitnehmer und ihre Interessenvertreter – die Gewerkschaften - konzentriert.

Andere „stakeholder“ mit Ausnahme der Kapitaleigner bleiben ausgeschlossen.

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Ansätze zu einer „stakeholder-democracy“ in Deutschland II: Gemeinwirtschaft

Gemeinwirtschaft gibt dem Ziel der Bedarfsdeckung den Vorrang vor dem Ziel des Gewinnstrebens.

Die Umsetzung öffentlicher Zwecke, das Wohl des übergeordneten Ganzen ist das wesentliche Element dieser Wirtschaftsgesinnung.

Als ein primär binnenstaatliches Konzept steht es in offenkundigem Widerspruch zur Globalisierung.

Das Konzept der Gemeinwirtschaft ist vor allem dann kaum auf „Global Player“ anwendbar, wenn diese ihren Hauptsitz außerhalb Deutschlands haben.

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Ansätze zu einer „stakeholder-democracy“ in Deutschland III:

Multifaktorielle und multilokale Ansätze

Unverbindliche Verhaltenregeln für transnationale Konzerne durch OECD und ILO

Grenzüberschreitende Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren für die Belegschaft transnationaler Unternehmen auf freiwilliger Basis

Verbindliche Richtlinie der EU zur Einrichtung transnationaler BetriebsräteEs bleibt das Grundsatzproblem: Wer ist „stake-

holder“ und wer nicht!

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Transnationale Unternehmen und Innenpolitik I

Korporatismus bedeutet: Ein System unmittelbarer Teilhabe organisierter Interessen

an der Ausführung von Politik,Vergesellschaftung des Staates / Verstaatlichung der

Gesellschaft sowieVerknüpfung und Parallelismus von Staat und organisierten

Interessen

Transnationale Unternehmen verschieben das innenpolitische Parallelogramm der Kräfte.

Das auf Wettbewerb beruhende System liberal-pluralistischer Interessenvermittlung mit dominierender Widerlagerfunktion des Staates droht verloren zu gehen.

Transnationale Unternehmen erzwingen geradezu ein korporatistisches System.

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Transnationale Unternehmen und Innenpolitik II

Korporatismus schließt für die transnationale Unternehmen die Möglichkeit ein:staatliche Steuerungsleistungen zu bestimmen und

durchzusetzen.das Instrument der politischen Verweigerung oder

Verhinderung zum Einsatz zu bringen. sich auf eine partielle Zusammenarbeit mit dem

politischen System zu beschränken.sich wegen ihrer „Reichweite“ einzelstaatlicher

Politik zumindest partiell zu entziehen.

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Internationales „reembedding“ transnationaler Unternehmen

Möglichkeiten:

Zentralistischer Weltstaat

Föderaler Superstaat

Sich selbst steuernde Gemeinschaft von Weltbürgern

Keine dieser Antworten vermag zu überzeugen.

Als Ausweg bleibt das Modell eines „dritten Weges“ - das Konzept der „global governance“.

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Übersicht: Souveränitätsverlust, Entgrenzung und Global Governance

Fortschritt der Produktivkräfte Globalisierung der Produktion, Dienstlei-stungen, und des Kapitalverkehrs Entstofflichung der Weltwirtschaft

Wachstum der Menge regionaler, na-tionaler, internationaler, transnationalerAkteure und Organisationen, daruntertransnationaler Unternehmen

Verdichtung globaler Verflechtungen in Schlüsselbereichen: Wirtschaft, Poli-tik, Technologie, Kommunikation, Verkehr, Migration, Rechtswesen Wachsende Durchlässigkeit von Grenzen

Reduzierung der Fähigkeit des staatlich – politischen Systems zur Steuerung desStroms von Gütern, Dienstleistungen, Ideen und Personen

Wachsende Notwendigkeit zwischenstaatlicher Kooperation zur Beeinflussung /Gestaltung von Politikergebnissen Wachstum der Menge internationaler Institutionen / Organisationen zur Kon-fliktbearbeitung und -bewältigung Ansatzweise Entstehung eines Systems der „global governance“ und Neudefinitionder Kompetenzen / Handlungsmöglichkeiten nationaler Akteure Fragiles independentes Weltsystem auf neoliberaler Grundlage mit ungeklärtenMachtbeziehungen und unbeantworteten Demokratieproblemen

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„Global Governance“

Zurückzuführen ist das Modell der „Global Governance“ auf einen Bericht der Kommission für Weltordnungspolitik von 1995.

„Global Governance“ meint die Gesamtheit der Wege, „auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln.“

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Das Konzept basiert auf fünf Elementen:

Akteursvielfalt anstelle von Staatenzentrismus Pluralität von Entscheidungen auf lokaler,

regionaler, nationaler, inter-/supranationaler Ebene Multiple Entscheidungsstrukturen ohne feste

Hierarchien Weltweite Anerkennung menschenrechtlicher

Standards Ausbildung eines Mindestmaßes an

zivilgesellschaftlicher Identität

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Einbindung in eine Weltordnungspolitik

Elemente einer solchen Weltordnungspolitik:Sicherung bzw. Stärkung der weltweiten

Konkurrenz mit Hilfe strikter Wettbewerbsregelnfreiwillige Vereinbarungen über Mindeststandards

unternehmerischen VerhaltensWeltweite Bloßstellung unternehmerischen

Fehlverhaltens nicht zuletzt durch NGOsErrichtung eines Rates für wirtschaftliche

Sicherheit bei den Vereinten Nationen

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Schwächen des Konzepts:

Globalisierung wird als quasi naturgegeben erachtet.

Unterordnung machtbewusster transnationaler Unternehmen unter eine auf Kooperation beruhende Weltordnungspolitik

Überbetonung der „Machbarkeit“ bürgernaher Zivilgesellschaft

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Ergebnis

Möglichkeiten einer Einbindung transnationaler Unternehmen in die gesellschaftliche Zusammenhängeeine innere Neustrukturierung von

Großunternehmeneine flexible Reaktion des politischen Systems

durch stärkere korporatistische Ausrichtungeine systematische Weltordnungspolitik

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!