41
3Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden 464 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP Ulrich Atzbach und Andreas Flemming Die nachfolgenden Algorithmen sollen ei- ne einheitliche Schulungsgrundlage für Notfallsanitäter darstellen. Bei Medikationen und Besonderheiten sind immer die regionalen Protokolle (SOP, Algorithmen etc.) des zuständigen ÄLRD verbindlich, nur hierdurch lässt sich die Aktualität und regionale Anpassung gewährleisten. Die pharmakologischen Grundlagen müssen bekannt sein und be- achtet werden. Alle Algorithmen basieren auf dem Algorithmus „Ersteintreffen und ABCDE- Schema“. Grundsätzlich sind Leitlinieninhalte eingearbeitet worden. Algorithmen müssen regelmäßig auf Aktualität geprüft und angepasst werden. Vor Einsatz „erweiterter Techniken“ und „Medikationen“ ist der aufklärungsfähige Patient situationsbezogen aufzuklären. Alle gelben Felder enthalten Medika- mentenbeispiele bzw. invasive (erwei- terte) Techniken. Schraffierte gelbe Feld- er unterliegen weiteren Besonderheiten (BtM etc.), welche regional definiert und beachtet werden müssen. Die Notarztnachalarmierung bei Not- wendigkeit erweiterter Maßnahmen un- terliegt regionalen Vorgaben sowie der Verfügbarkeit im Einsatzfall. Die unterlas- sene NA-Nachalarmierung bedarf einer sinnvollen Begründung basierend auf ei- ner kritischen Einzelfallabwägung. Einige Bundesländer haben bereits Exper- tengruppen eingesetzt, die eigene Rah- men-SOP erstellen sollen. Stellvertretend sei hier neben Niedersachsen das Bun- desland Hessen genannt. Die dort erarbei- teten Algorithmen sind Bestandteil des Rahmenlehrplans und dienen als Grund- lage für die Aus- und Fortbildung erwei- terter und heilkundlicher Maßnahmen durch den Notfallsanitäter. Diese können sich sowohl in Art als auch Umfang von den hier abgebildeten Algorithmen un- terscheiden. Die Umsetzung der aktuellen notfallmedizinischen Leitlinien und die Strukturierung des Managements nach dem ABCDE-Schema haben jedoch grund- sätzlich alle Algorithmen gemein. Die Algorithmen bzw. Rahmenlehr- pläne in den Bundesländern können, so- bald sie von den zuständigen Stellen frei- gegeben wurden, über das Online-Portal dieses Buches abgerufen werden. Wir empfehlen allen Lesern, sich anhand der regionalen SOP bzw. Länder-Algorithmen vorzubereiten. Dies beinhaltet gegebe- nenfalls auch eine Anpassung der heil- kundlichen Maßnahmen, wie sie in den internistischen und traumatologischen Fallbeispielen beschrieben sind.

3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

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Page 1: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

464

3.3.10Muster-Algorithmen/SOP

Ulrich Atzbach und Andreas Flemming

Die nachfolgenden Algorithmen sollen ei-ne einheitliche Schulungsgrundlage für Notfallsanitäter darstellen.

Bei Medikationen und Besonderheiten sind immer die regionalen Protokolle (SOP, Algorithmen etc.) des zuständigen ÄLRD verbindlich, nur hierdurch lässt sich die Aktualität und regionale Anpassung gewährleisten. Die pharmakologischen Grundlagen müssen bekannt sein und be-achtet werden.

Alle Algorithmen basieren auf dem Algorithmus „Ersteintreffen und ABCDE-Schema“.

Grundsätzlich sind Leitlinieninhalte eingearbeitet worden.

Algorithmen müssen regelmäßig auf Aktualität geprüft und angepasst werden. Vor Einsatz „erweiterter Techniken“ und „Medikationen“ ist der aufklärungsfähige Patient situationsbezogen aufzuklären.

Alle gelben Felder enthalten Medika-mentenbeispiele bzw. invasive (erwei-terte) Techniken. Schraffierte gelbe Feld-er unterliegen weiteren Besonderheiten (BtM etc.), welche regional definiert und beachtet werden müssen.

Die Notarztnachalarmierung bei Not-wendigkeit erweiterter Maßnahmen un-terliegt regionalen Vorgaben sowie der Verfügbarkeit im Einsatzfall. Die unterlas-sene NA-Nachalarmierung bedarf einer sinnvollen Begründung basierend auf ei-ner kritischen Einzelfallabwägung.

Einige Bundesländer haben bereits Exper-tengruppen eingesetzt, die eigene Rah-men-SOP erstellen sollen. Stellvertretend

sei hier neben Niedersachsen das Bun-desland Hessen genannt. Die dort erarbei-teten Algorithmen sind Bestandteil des Rahmenlehrplans und dienen als Grund-lage für die Aus- und Fortbildung erwei-terter und heilkundlicher Maßnahmen durch den Notfallsanitäter. Diese können sich sowohl in Art als auch Umfang von den hier abgebildeten Algorithmen un-terscheiden. Die Umsetzung der aktuellen notfallmedizinischen Leitlinien und die Strukturierung des Managements nach dem ABCDE-Schema haben jedoch grund-sätzlich alle Algorithmen gemein.

Die Algorithmen bzw. Rahmenlehr-pläne in den Bundesländern können, so-bald sie von den zuständigen Stellen frei-gegeben wurden, über das Online-Portal dieses Buches abgerufen werden. Wir empfehlen allen Lesern, sich anhand der regionalen SOP bzw. Länder-Algorithmen vorzubereiten. Dies beinhaltet gegebe-nenfalls auch eine Anpassung der heil-kundlichen Maßnahmen, wie sie in den internistischen und traumatologischen Fallbeispielen beschrieben sind.

Page 2: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung (ABCDE-Schema)

Sicherheit und Beurteilung der Einsatzstelle– Persönliche Schutzausrüstung ausreichend?– Gefahren an der Einsatzstelle?– Entsprechen Lage und Patientenanzahl dem Alarmierungsbild?– Weitere Kräfte oder Ausrüstung erforderlich?

Sofortige Nachforderung / Rückmeldung erforderlich?

Versorgungsgrundsätze: Verschlechterung = ABCDE – Kontrolle und Therapie! Leitsymptom / Verdachtsdiagnose / Differenzialdiagnose = Algorithmus?

Alle Probleme entsprechend Priorität / Zeitfaktor behandeln! Von einfachen zu komplexen Maßnahmen!Basis: ABCDE, (spezielle) Lagerung, Ruhigstellung, psychologische Betreuung, zeitgerechter Transport, ggf. Voranmeldung, regelmäßige

Verlaufskontrolle, Dokumentation; Situationsabhängig: Notarztnachforderung, Monitoring, situationsangepasste Sauerstoffgabe, Gefäßzugang, Infusion und Medikation (ggf. Leitsymptom- oder Verdachtsdiagnose-Algorithmus)

Ersteindruck / Ersteinschätzung– Gesamteindruck – vitale Bedrohung sofort erkennbar?

Altersgruppe / Besonderheiten / Umgebung?– Lebensbedrohl. externe Blutung? Vorgezogene Priorität sofortige Blutstillung (C)!– Generalisierter (unklarer) Verletzungsmechanismus = Fokussierte Untersuchung!˘ Stimulation und ggf. Oberkörper entkleiden (Stripping) zur AB-Beurteilung

Schnelleinschätzung Bewusstsein: z. B. WASB

- Eigen- + Fremdanamnese (SAMPLE, VAS, HITS, etc. )- WärmeerhaltSituationsabhängig:- systematische / gezielte Untersuchung- Entkleidung / therapeutische Hypothermie- Monitoring vervollständigen- Asservierung von Giftstoffen- Algorithmus: Leitsymptom / Verdachtsdiagnose?- Analgesie

- Immer bei: < wach in der Ersteinschätzung!- GCS, Pupillen, BZ, DMS, Neurologie (CPSS etc.)- Algorithmus: Leitsymptom / Verdachtsdiagnose?

- Blutstillung (lebensbedrohliche Blutung) s.o.- CPR bei Kreislaufstillstand- situationsabhängiger Volumenersatz und Katechol-

amintherapie- Anzeichen für nicht stillbare (innere) lebensbe-

drohliche Blutung erkennen: z.B. schnelle Trauma Untersuchung (STU)

- Ziel STU: Erkennen einer Transportpriorität bei kritischen Patienten

- initial hochdosierte Sauerstoffgabe- assistierte / kontrollierte Beatmung- Medikamenteninhalation (Leitsymp.-Algorithmus)- Thoraxentlastungspunktion (nur bei vitaler Indika-

tion, Entlastungskriterien [SOP])

- Atemweg freimachen- Atemweg situationsabhängig sichern- HWS-Immobilisation

4 S

A

B

CABC-Problem?Soforttherapie,Teameinteilung,situationsgerech-ter NA-Ruf!

D

E

Atemweg freiund sicher?

Atmungsfunktionausreichend?

Kreislauffunktionausreichend?

Neurologie undBewusstseinslage?

ErweiterteUntersuchung

nein

nein

nein

ja

ja

Soforttherapie nach Befund

ja

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Beurteilung Atemwege

Kein A-ProblemAlgorithmus

Erweiterte Atemwegssicherung

Kein A-Problem

Manuelle / einfacheAtemwegstechniken:

Esmarch-Handgriff, Guedel- /Wendltubus

Manuelle Fixation der HWS

Modifizierter Esmarch- Handgriff, einfache

Atemwegstechniken

Manuelle / einfache Atemwegstechniken

Seitenlage (falls kein Trauma) Absaugung

AlgorithmusFremdkörperentfernung

Adrenalinvernebelung, z. B. 4 mg*

Spricht ohne inspirator. Stridor?

Anzeichen für Verlegung?

Atemweg frei?

Atemweg frei?

Atemweg frei?

Atemweg frei?

Atemweg frei?

Atemweg frei?

Trauma d. Atemwegs oder

Mittelgesichts?

Weichteil-verlegung obere

Atemwege?

Verlegung durch Flüssigkeit?

Verlegung durch Fremdkörper

(Bolus)?

Teil- verlegung

durch entzündlichen/ allergischen

Prozess?

Anzeichen für A-Problem im Ersteindruck:˘ Zyanose ˘ Stridor, Nasenflügeln (Säugling), Husten˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe)˘ Inverse Atmung (Einziehungen)˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik

A

B

Algorithmus: A-Problem

nein

ja

jaja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

* Off-Label-Use; beachte regionale Medikationsprotokolle

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Manuelle / einfache Techniken: (modifizierter) Esmarch-Handgriff, Guedel-, Wendl-Tubus, Absaugen von Flüssigkeiten, Apnoe / Hypoventilation: Sauerstoffbeatmung mit hoher FiO2 (ideal 1,0) (Beutel-maskenbeatmung (BMV), ggf. Zwei-Hand-Technik)Bewusstseinslage: bewusstlos, keine Schutzreflexe. Bei CPR: Beachte CPR-Protokoll.A

Algorithmus: A-Problem – Erweiterte Atemwegssicherung

EGA / Tubus entfernen

Laryngoskopie zur Fremdkörperentfernung / Absaugung und ggf. Notintubation* unter Sicht!

(Lagekontrolle: Auskultation und Kapnometrie / -grafie)

Beatmung (mit hoher FiO2) fortführen,ggf. maschinelle Beatmung und Anpassung

der FiO2 – regionale Protokolle –

BMV (mit hoher FiO2) fortführen,Situation optimieren, oxygenieren!***

Atemwegfrei?

Technik erfolgreich?**

BMV (noch )möglich?

ja

nein

ja

ja

nein

Technik erfolgreich?**

nein

EGA* (extraglottischer Atemweg)

Beachte: Bei maschineller Beatmung über EGA und unsynchronisierter TK*:Gefahr der Mageninsuff- lation und / oder Hypo-ventilation.

Keine Beatmung / Atmung möglich:chirurgische Technik

– beachte regionales Protokoll –

Einmaliger Wiederholungsversuch;situationsabhängig: EGA / Intubation

oder alternative Intubationstechniken entsprechendregionaler Verfügbarkeit / Ausstattung / Indikation

Beatmung (FiO2 1,0) fortführen,ggf. maschinelle Beatmung

und Anpassung der FiO2 – regionale Protokolle –

* Beachte Zeitfenster: Notintubation bei CPR: maximal 10 sec Unterbrechung der Thoraxkompressionen.Bei CPR: Falls Bolusgeschehen unwahrscheinlich ist, sofortiger EGA-Einsatz möglich, sonst initial BMV mit manuellen einfachen Techniken.

** Lagekontrolle: Auskultation und Kapnometrie / Kapnografie bei jeder invasiven Atemwegssicherung*** Nach zweimaligem Versagen erweiterter Techniken zur Atemwegssicherung: BMV fortführen, bis weitere qualifizier-

te Hilfe (NA) verfügbar.

ja

nein

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Beurteilung Belüftung

* Klinische Anzeichen für Spannungspneu + erfüllte Entlastungskriterien (mind. 2 von 3):

˘ Atemnot / Zyanose˘ Bewusstseinsstörungen durch Hypoxie˘ Fehlender Radialispuls.

Indikationsabhängige O2-Gabe, Ziel 97-98 %.

Bei ABC-Problemen grundsätzlich hochdosiert

(Maske mit Reservoir).

Kein B-Problem

Algorithmus Obstruktive Atemnot

Ass. normofrequente Be-atmung mit hoher FiO2

Neubeurteilung der Belüftung

Ass. normofrequente Beatmung mit hoher FiO2; ggf. regionales CPAP / NIV-Protokoll

Algorithmus CPR

Kontrollierte Beatmung mit hoher

FiO2; ggf. ass. Beatmung

Normo-frequente Atmung ∅

Stridor?

Exspiratorischer Stridor?

Aspiration?

Kardiale Genese?

Feuchte Atemgeräusche /

Rasseln?

Bradypnoe?

Tachypnoe?

Atemwegssicherung in A? (3)

Atemfrequenzen:˘ Säugling 30 – 60 / min˘ Kleinkind 24 – 45 / min˘ Schulkind 18 – 30 / min˘ Jugendl./Erwachsener 12 – 15 / min

B

C

Algorithmus: B-Problem

nein

ja

ja

ja

ja

ja

ja

Apnoe oder Schnappatmung?

ja

nein

nein

nein

nein

nein

O2-Gabe, ggf. Beatmung,ggf. Algorithmus

Erweiterte Atemwegs-sicherung

Algorithmus Lungenödem

Entlastungspunktion bei erfüllten

Entlastungskriterien*

Spannungspneu?*

nein

ja

nein

nein

ja

ja

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D

Beurteilung der Zirkulation

Blutstillung*

Kein C-Problem

Algorithmus Reanimation

Bei Instabilität: Algorithmus Lebensbe-drohliche Bradykardie

Bei Instabilität:Algorithmus Tachykardie

Algorithmus Hypertensiver Notfall

Algorithmus ACS oder LAE

Relevante äußere Blutung?

Gut tastbarer normofrequenter

Puls?

Patient puls- los; oder keine aus-

reichende Zir- kulation?

Bradykardie?

Tachykardie?

Arterielle Hypertonie?

Zeichen für C-Problem im Ersteindruck:˘ Blässe ˘ schnelle Atmung˘ Verwirrtheit ˘ Kaltschweißigkeit˘ zunehmender VigilanzabfallC

Algorithmus: C-Problem

nein

ja

ja

ja

ja

ja

ja

Kardiale Genese?

ja

nein

nein

nein

nein

nein

nein

Wenn noch nicht erfolgt: Blutstillung!

Beginn einer forcierten Volumengabe**

Boli: 20 ml/kg KG

Volumen- bedingte Bedarfs-

tachykardie?

Weitere Ursachensuche /Neubeurteilung der

Zirkulation

* Lebensbedrohliche externe Blutungen werden mit Priorität initial gestillt (Erstein-schätzung!).

** Infusionstherapie mittels balancierter kristalloider Lösungen (z. B. Ionosteril® oder Ringer-Acetat) durchführen, bis Zeichen einer adäquaten Gewebeperfusion erkennbar; ggf. Katecholamingabe (Ultima Ratio) durch NA oder im Rahmen separater regionaler Protokolle.

*** Ziel: niedrig-stabiles Niveau ~ 90 mmHg sys.; Ausnahmen für permissive Hypoten-sion: SHT (GCS ≤ 9), Hypertonie und Schwangerschaft – hier Normotension.

Bei nicht kontrollier-barer Blutung: schnelle Transporteinleitung / situationsangepasste

Volumengabe***

ja

nein

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E

Zeichen für D-Problem im Ersteindruck:˘ fehlende oder vegetativ gesteuerte Reaktionen

(z. B. Krampfanfall) ˘ motorische / sensible und / oder Sprach- / Sprech-

störungenD

Algorithmus: D-Problem

(1) Ziel der Infusionstherapie: Sicherstellung eines ausreichend hohen MAD. Steuerung über systolischen Druck (beim Kind: Alter × 2 + 90)

(2) Nach Atemwegssicherung: Milde Hyperventilation bei Erwachsenen 20 / min, bei Kinder 30 / min.

Beurteilung der Neurologie

Kein D-Problem

Volumengabe mit Ziel Normotension (1)

Algorithmus Generalisierter Krampfanfall

Algorithmus Hypoglykämie

Algorithmus Schlaganfall

Algorithmus Intoxikation

Vigilanz und Motorik normal?

ZNS-Trauma?

Generalisierter Krampfanfall?

Motorische Störung /Aphasie?

BZ < 60 mg/dl?

ja

ja ja

jaja

ja

ja

Anzeichen fürIntoxikation?

nein

nein nein

neinnein

nein

Klassifizierung der Vigilanz (GCS) und

Pupillen, Beurteilung der Neurologie

milde Hyperventilation (2)

Antipyrese mit z. B. Paracetamol supp.

Hirndruckzeichen?

Begleitzeichen Fieber?

Klassifizierung der Vigilanz (GCS)

ja

nein

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Hypothermien:˘ leichte Hypothermie 34 – 36 °C˘ mittlere Hypothermie 30 – 34 °C˘ schwere Hypothermie < 30 °CE

Algorithmus: E-Problem

Beurteilung der Körpertemperatur

Weitere Versorgungsgrundsätze Versorgungsgrundsätze: Verschlechterung = ABCDE – Kontrolle und Therapie!

Leitsymptom / Verdachtsdiagnose / Differenzialdiagnose = Algorithmus? Alle Probleme entsprechend Priorität / Zeitfaktor behandeln!

Basis: ABCDE, (spezielle) Lagerung, Ruhigstellung, psychologische Betreuung, zeitgerechter Transport, ggf. Voranmeldung,regelmäßige Verlaufskontrolle, Dokumentation. Situationsabhängig: Notarztnachforderung, Monitoring, situationsangepasste Sauerstoff-

gabe, Gefäßzugang, Infusion und Medikation (ggf. Leitsymptom- oder Verdachtsdiagnose-Algorithmus).

Fieber

Beim Kind ggf. Wadenwickel

Ggf. Antipyrese

Hypertherme Schädigung

z. B. Hitzschlag

Moderates Kühlen von Kopf + Rumpf

Leichte Hypothermie

Ggf. äußere Wiedererwärmung

Wärmeerhalt (1)

Mittlere bzw. schwere Hypothermie

Wärmeerhalt (1)

Immobilisation

Kein E-Problem

Hyperthermie Hypothermie Normothermie

Trauma / unklar: Suche nach (weiteren) Verletzungen:gezielte Untersuchung / Ganzkörper-

untersuchung

Situationsabhängig:weitere Informationsgewinnung

Eigen- / Fremdanamnese,Untersuchung (gezielt / vollständig),Wärmeerhalt / ggf. therapeutische Hypothermie (regionales Protokoll)

VAS > 6: Analgesie durchführen –

regionales Protokoll

(1) Wärmeerhalt erzielen durch Verhinderung einer weiteren Auskühlung sowie durch Gabe vorgewärmter Infusions- lösungen und – wenn möglich – durch Applikation von vorgewärmtem Sauerstoff.

(2) Die Behandlung von lebensbedrohlichen Verbrennungen oder Verbrühungen erfolgt entsprechend der jeweiligen Symptomatik in den Phasen A, B und C.

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Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

ROSC(Wiedereinsetzender

Spontankreislauf)

Transport in Klinik

ABC – Basismaßnahmen

Algorithmus: CPR

Sofortige Weiterbehandlung• ABCDE-Methode anwenden• Sauerstoffgabe + Beatmung• 12-Kanal-EKG (Erwachsene)• auslösende Faktoren behandeln• Temperaturkontrolle, ggf. thera-

peutische Hypothermie beginnen

Keine Defibrillation

CPR sofort für 2 min

fortführen

CPR sofort für 2 min

fortführen

1 × Defibrillation

Während der CPR

• Hochqualizierte CPR sicherstellen: Frequenz (100 – 120/min), Tiefe, Entlastung

• CPR-Unterbrechung minimieren, Maßnahmen planen!• hochdosiert Sauerstoff• Atemwegssicherung (EGA / ggf. ITN, ggf. erst nach ROSC) und

Kapnografie• Herzdruckmassage ohne Unterbrechung, wenn Atemweg gesichert• Gefäßzugang: intravenös, alternativ intraossär (im Kindesalter primär

intraossär)• Adrenalin 1 mg alle 3 – 5 min injizieren (Kinder: 0,01 mg / kg KG); 1. Gabe

bei KF / pVT nach 3. Defibrillation, bei Asystolie schnellstmöglich• Amiodaron nach dem 3. erfolglosen Defibrillationsversuch 300 mg

(Kinder: 5 mg / kg KG), ggf. weitere Gabe von 150 mg (Kinder: 5 mg / kg KG) bei refraktärem VF/VT

Reversible Ursachen suchen und behandeln!

• Hypoxie• Hypovolämie• Hypo- / Hyperkalämie /

metabolisch• Hypothermie• Herzbeuteltamponade• Intoxikation• Thromboembolie (AMI, LAE)• Spannungspneumothorax

ABC: LeitsymptomAtem- / Kreislaufstillstand

Defibrillierbarer Rhythmus?

Bewusstloser Patient ohne normale Atmung, ohne Lebenszeichen

Beachte: Pulskontrolle nur bei Verdacht auf pulsatilen Rhythmus im EKGSonderfall: - beobachtetes Kammerflim-

mern / pVT: sofort bis zu 3 × Defibrillation(s. a. Algorithmus Tachykardie)

Beachte:- ggf. AED-Einsatz- manueller Modus:

Energiewahl- 150 – 200 Joule (biphasisch)- 360 Joule (monophasisch)- Kinder: 4 Joule / kg KG

- CPR starten (Diagnosezeit: 10 sec)- ggf. EGA zur frühzeitigen

Atemwegssicherung- Patchelektroden des Defibrillators

anschließen

Besonderheiten Kinder:- bei Feststellung Atemstillstand:

5 × initiale Beatmung- dann C-Kontrolle (+ Lebenszeichen?)- dann CPR Beginn

Beachte:- NA-Ruf zeitnah (parallel)

Therapeutische Hypothermie:regionale Vorgaben

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- ggf. PCI (Herzkatheter)- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)- CPR Abbruch nur durch NA- Sondersituation:

Transport unter laufender CPR

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Leitsymptom: Obstruktive Atemnot

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen,ggf. CPAP

SABA*-Vernebelung(z. B. Salbutamol 1,25 mg)

Steroidsystemisch / oral

(z. B. Methylprednisolon 50 mg)

Anticholinergika-Vernebelung(z. B. Ipratropiumbromid 0,25 mg)

Ggf. Betasympathomimetikasystemisch (regionales Protokoll)

(z. B. Reproterol 0,09 mg langsam i. v.)

B: LeitsymptomObstruktive Atemnot

Verschlechterung?

Beachte:- Anamnese, Vormedikation- Auskultationsbefund

Beachte:- ggf. regionales CPAP-Protokoll- ggf. regionales NIV-Protokoll- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte Warnsignale:- verlängertes Exspirium- AF > 25 / min, SpO2 < 92%- HF > 110 / min- Silent-Lung-Phänomen

- *SABA: short acting b2-Agonist= b2-Mimetika, Steigerung auf 5,0 mg möglich

Steigerung auf 100 mg möglich

Steigerung auf 0,5 mg möglich,ggf. in Kombination mit SABA

Besserung:- Verbesserung der Klinik- Abnahme der AF- SpO2 > 92% Verschlechterung:- Verschlechterung der Klinik- ggf. Bewusstseinstrübung- SaO2-Abfall < 85%

Beachte:Tachykardie / Extrasystoliebei zu schneller Applikation

Beachte:- frühzeitiger Transportbeginn

unter Inhalationstherapie- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

ja

nein

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Leitsymptom: ThoraxschmerzLeitdiagnose: Akutes Koronarsyndrom (ACS)

Eintreffen und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous,

Voranmeldung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Nitrat1 Hub / 0,4 mg (RDE*),

bei persistierenden Schmerzen ggf. Repetition nach 5 min

Aspirindirekt® oral

12-Kanal-EKG(innerhalb 10 min nach Erstkontakt)

E: Akutes Koronarsyndrom

Analgesie bei VAS ≥ 6 – regionales Protokoll –

(z. B. Morphium 3 mg Boli [RDE] i. v.)

Antiemese– regionales Protokoll –

(Dimenhydrinat 62 mg [RDE] i. v.)

Sedierung– regionales Protokoll –

(z. B. Midazolam 2 mg Boli [RDE] i. v.)

Beachte: - Anamnese, Vormedikation - atypische Symptomatik möglich (Diabetiker, Frauen) - Thoraxschmerzen differenzieren: (z. B. Lungenembolie,

Aortendissektion, Pneumothorax)

Beachte:- fortlaufendes EKG-Monitoring / Defi-Bereitschaft- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)Unkompliziertes ACS:- Sauerstoffanpassung SpO2 94 – 98% erwägen

Beachte Warnsignale:- Herzrhythmusstörungen- kardiogener Schock- Lungenödem

Grundsätzlich bei thorakalen Schmerzen:- EKG bezüglich STEMI qualifiziert auswerten- beachte regionale Möglichkeiten:

Telemetrie, softwareunterstütze EKG-Auswertung

Beachte: Keine Nitrat-Gabe bei:- Anzeichen einer Rechtsherzbelastung / InsuffizienzGrenzwerte regionales Protokoll:- RR systolisch < 120 mmHg- HF < 60 oder > 120 / min- Einnahme lang wirksamer Vasodilatatoren < 24 h: bspw.

Sildenafil (Viagra®), Tadalafil (Cialis®), Vardenafil (Levitra®)Beachte Kontraindikationen:- Allergie oder Asthma auf Wirkstoff,- akute nicht kontrollierte Blutung (z. B. Ulcus),- Vorbehandlung mit Gerinnungshemmerpräparaten- ggf. Aspisol 500 mg i. v. (regionales Protokoll)- ggf. Heparin 5 000 I.E. i. v. (regionales Protokoll)Beachte (regionales Protokoll):- Ziel VAS < 3 bzw. Halbierung VAS- BtM-Medikation oder Sedierung nur im Rahmen

regionaler Protokolle!

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- regionales STEMI-Protokoll- Voranmeldung STEMI (Ankunftsuhrzeit)

*RDE= Richtdosis ErwachseneBeachte regionale Medikationsprotokolle

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Leitdiagnose: Kardiales Lungenödem

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen,ggf. CPAP

Furosemid(z. B. Lasix 20 mg i. v. RDE)

Nitrat2 Hübe Nitro-Spray (0,8 mg RDE*)

sublingual

B: Verdachtsdiagnose Kardiales Lungenödem

Besserung?

ja

nein

Titrierte Morphingabe (regionales Protokoll)

in 3 mg Boli i. v.

Beachte:- Anamnese, Vormedikation- Auskultationsbefund- toxisches Lungenödem

Beachte:- regionales CPAP-Protokoll- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte Warnsignale:- fein- bzw. grobblasige Rasselgeräusche- AF > 25 / min, SpO2 < 92%- HF > 110 / min

bzw. hypoxische Bradykardie

Besserung:- Verbesserung der Klinik- Abnahme der AF- vesikuläres Atemgeräusch- SpO2 > 92%

Ausschluss von Kontraindikationen,Grenzwerte (regionales Protokoll):- RR systolisch < 120 mmHg- HF < 60 oder > 120 / min- Einnahme lang wirksamer Vasodilata-

toren < 24 h: bspw. Sildenafil (Viagra®), Tadalafil (Cialis®), Vardenafil (Lavitra®)

Gemäß regionaler Protokolle;beachte:- Gefahr von Blutdruckabfall- Atemdepression

Steigerung auf 40 mg möglich

Beachte:- r egionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte regionale Medikationsprotokolle

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Leitdiagnose: Thermischer Schaden

Eintreffen und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten undBasismaßnahmen

Bei geschädigter KOF (≥ II°) ≥ 10%Infusionstherapie (z. B. Ringer-Acetat)

Erwachsene ca. 1 000 ml / hKinder ca. 15 – 20 ml / kg KG / h

WärmeerhaltWundversorgung

E: Leitdiagnose Thermischer Schaden

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous,

Voranmeldung

Analgesie bei VAS ≥ 6– regionales Protokoll –

(z. B. Morphium 3 mg Boli RDE* i. v.)(ggf. frühzeitig [vorgezogen] MAD-Einsatz)

Beachte besonders:- CO, Starkstrom!- Cave: Pulsoxymetrie

Beachte:- Inhalationstrauma mit folgendem A-Problem?- zirkuläre Rumpfverbrennung mit folgendem B-Problem?- Bei C-Problem (Schock):

Ursachensuche: Begleitverletzung (z. B. Sturz)?- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- geschädigte KOF abschätzen:

Neuner Regel II.- III. Grad

Beachte:alternativ MAD (Off Label),beachte regionales Protokoll:- Ketamin- Midazolam (Reizung Nasenschleimhaut!)- Fentanyl

Beachte:- Kühlmaßnahme der Laienhilfe beenden- keine Kühlung durch RD bei > 5 – 10% VKOF- konsequenter Wärmeerhalt- Wundversorgung trocken und keimfrei

Beachte:- ohne NA: nächste geeignete chirurgische Klinik- Primärtransport in SBVZ** nur nach Rücksprache mit NA

und ZV HH*** und Transportzeit < 45 min- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Anhalt Parklandformel: - (4 ml × % VKOF ≥ II°) × Körpergewicht- davon die Hälfte über die ersten 8 h!- Vermeiden einer Überinfusion!Beachte:C- Problem: Ursachensuche?

Beachte regionale Medikationsprotokolle

* RDE = Richtdosis Erwachsene** SBVZ = Schwerbrandverletztenzentrum*** ZV HH = zentrale Bettenvergabe Schwerbrandverletzte Hamburg

Page 14: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitdiagnose: Allergischer Schock (≥ Grad 2)

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Adrenalin50 μg Boli (i. v. / i. o.) bis stabil

Steroid(z. B. 250 mg Methylprednisolon i. v. RDE)

Adrenalin i. m.(> 12 Jahre = 500 μg;

6 – 12 Jahre = 300 μg; < 6 Jahre = 150 μg)

Zusätzliche Volumenboli(z. B. Ringer-Acetat

Boli 10 – 20 ml / kg KG [RDE* 750 ml])

Fortlaufende Adrenalin-Vernebelung

z. B. 2 – 4 mg Adrenalin

A+B: Leitsymptom Dyspnoe / Stridor

C: LeitsymptomKreislaufinstabilität

Schockzeichen + kein tastbarer

peripherer Puls?

ja

nein

Beachte:- Anamnese, Fremdanamnese- Allergen bekannt?

Beachte:- Allergen beseitigen- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:Situationsabhängig bei A-Problematik: Frühestmöglicher Transportbeginn und NA-Rendezvous (evt. frühzeitige Notwendigkeit chirurgischer Atemwegssicherung)

Kein zentraler Puls: CPR!

Zieldruck unter Katecholamin- und Volumengabe: Normotension

i. m. Injektion lateraler Oberschenkel

Zieldruck unter Katecholamin- und Volumengabe: Normotension

Beachte regionale Protokolle:- ggf. auch H1 / H2-Blocker- leichte allergische Reaktion Grad 1

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

*RDE = Richtdosis ErwachseneBeachte regionale Medikationsprotokolle

Page 15: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitsymptom: Abdominelle Schmerzen

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Volumengabez. B. Ringer-Acetat 500 ml (RDE*)

Ggf. Antiemesez. B. 62 mg Dimenhydrinat (RDE)

Spasmoanalgesiez. B. 20 – 40 mg Butylscopolamin und 1 g

Metamizol per Infusion (RDE)

C-Problem /Schockzeichen?

E-Problem / Kolikschmerz?

E-Problem / Schmerzen

VAS ≥ 6?

ja

ja

ja

nein

nein

nein

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Zielblutdruck bei Verdacht auf innere Blutung(beachte regionale Protokolle):- permissive Hypotension (regionale Protokolle)- ggf. Boli à 500 ml wiederholen (20 ml / kg KG)- Frühzeitiger Transportbeginn

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte:- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- NA-Ruf

(ggf. regionale Vorgaben)

Beachte regionales Pro-tokoll:- Gefahr von Blutdruck-

abfall und / oder Atem-depression

- Cave: Kolikschmerz

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Titrierte i. v.-Morphingabein 3 mg-Schritten bis Besserung

(regionales Protokoll)

Page 16: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Glucosegabez. B. 8 – 16 g (0,2 g / kg KG)i. v. bei laufender Infusion

– orale Gabe nur bei wachem Patienten –

D: LeitsymptomBewusstseinsstörung

LD: Hypoglykämie

BZ < 60 mg / dl?

ja

nein

Beachte:- ggf. aggressiver oder

inadäquater Patient- Fehldiagnose z. B. Intoxikation,

Schlaganfall, Krampfleiden etc.- Anamnese, Vormedikation

Bei Bedarf:- beachte regionale Protokolle- Repetitionsdosis gemäß regionaler

Protokolle

- Ggf. weitere Ursachenfindung- NA-Ruf bei unklarer oder anhaltender

Bewusstseinsstörung oder Therapie-resistenz (regionale Vorgaben)

- Transportverweigerung nach RD-Behandlung: regionales Protokoll

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Leitdiagnose: Hypoglykämie

Page 17: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitdiagnose: Schlaganfall

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik Versorgungszeit vor Ort minimieren

ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

RR sys. 120 – 220 mmHg

Keine RR-relevante erweiterte Therapie

RR sys. > 220 mmHg RR dia. > 130 mmHg

Vorsichtige RR-Senkungum max. 20%

(nicht unter ~ 180 / 110)z. B. Ebrantil 10 mg Boli

RR sys. < 120 mmHgbzw. Zeichen einer Dehydratation,

keine Herzinsuffizienz

Volumengabez. B. Ringer-Acetat (500 ml RDE*)

mit Ziel einer Normotension

D: LeitsymptomBewusstseinsstörung

LD: Schlaganfall

Beachte:- Hydrationszustand- Anamnese

Beachte Warnsignale:- Vernichtungskopfschmerz

(v. a. SAB)- Beginn und Dauer der

Symptomatik?- Halbseitensymptomatik- Sprach- und Sprechstörungen- Persönlichkeitsveränderungen- passagere Symptomatik möglich- vegetative Begleitsymptome- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

- Ggf. weitere Ursachenfindung, Vormedikation

- ggf. NA-Nachforderung / Rendez-vous bei unklarer Bewusstseins-störung oder Therapieresistenz

- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung

(Ankunftsuhrzeit)- idealerweise in Stroke Unit:

regionale Zuweisungsstrategie

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:Ausschluss einer

Hypoglykämie

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Page 18: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitdiagnose: Schlaganfall

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

Transport in Klinik Versorgungszeit vor Ort minimieren

ggf. NA-Rendezvous

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

RR sys. 120 – 220 mmHg

Keine RR-relevante erweiterte Therapie

RR sys. > 220 mmHg RR dia. > 130 mmHg

Vorsichtige RR-Senkungum max. 20%

(nicht unter ~ 180 / 110)z. B. Ebrantil 10 mg Boli

RR sys. < 120 mmHgbzw. Zeichen einer Dehydratation,

keine Herzinsuffizienz

Volumengabez. B. Ringer-Acetat (500 ml RDE*)

mit Ziel einer Normotension

D: LeitsymptomBewusstseinsstörung

LD: Schlaganfall

Beachte:- Hydrationszustand- Anamnese

Beachte Warnsignale:- Vernichtungskopfschmerz

(v. a. SAB)- Beginn und Dauer der

Symptomatik?- Halbseitensymptomatik- Sprach- und Sprechstörungen- Persönlichkeitsveränderungen- passagere Symptomatik möglich- vegetative Begleitsymptome- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

- Ggf. weitere Ursachenfindung, Vormedikation

- ggf. NA-Nachforderung / Rendez-vous bei unklarer Bewusstseins-störung oder Therapieresistenz

- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung

(Ankunftsuhrzeit)- idealerweise in Stroke Unit:

regionale Zuweisungsstrategie

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:Ausschluss einer

Hypoglykämie

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Leitsymptom: Generalisierter Krampfanfall

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Basismaßnahmen

Weitere Gabe (ggf. i. v.) bei therapieresistentem Krampfanfall

Ggf. Antipyrese bei Fieber z. B. Paracetamol Supp. (10 – 15 mg / kg KG)

Antikonvulsivaz. B. Midazolam 0,2 mg / kg KG nasal (MAD)

D: Leitsymptom Bewusstseinsstörung / Generali-

sierter Krampfanfall

Transport in Klinik

Beachte:- Anamnese, Vormedikation

Beachte Warnsignale:- obere Atemwegsverlegung- ggf. oberes Atemwegsproblem in der

Nachschlafphase- ggf. fokale oder generalisierte Krämpfe- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- bei Bewusstseinsstörung Ausschluss ei-

ner zugrunde liegenden Hypoglykämie

Alternativ, beachte regionale Protokolle:- Midazolam-Gabe titriert 0,1 mg / kg KG i. v.oder- Lorazepam 2,5 mg buccaloder- Midazolam buccal (Buccolam®)oder- Diazepam Rectiole 0,3 – 0,5 mg / kg KG;

5 mg bei < 15 kg KG (4 Monate – etwa 3 Jahre), 10 mg bei > 15 kg KG (ca. 3 Jahre – ca. 6 Jahre)

Wenn Venenzugang vorhanden:- Midazolam-Gabe titriert

0,1 mg / kg KG i. v.

Beachte regionale Protokolle;physikalische Maßnahmen: z. B. Wadenwickel

- Ggf. weitere Ursachenfindung- ggf. NA-Rendezvous bei unklarer

Bewusstseinsstörung oder persistieren-dem Krampfanfall

- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Page 19: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitdiagnose: Intoxikation

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Med. Kohle oder Wassernur bei erhaltenem Bewusstsein

0,5 – 1,0 g / kg KG oral

Antidottherapiedurch NA oder gemäß regionaler

Protokolle oder GIZ

D: LeitdiagnoseVergiftung

Orale Giftaufnahme?

ja

nein

Alkylphosphat-Intoxikation*?

ja

nein

Atropin5 mg i. v. (RDE*)

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:- Anamnese und Umfeld- ggf. aggressiver oder inadäquater Patient

NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

- Erbrechen bei erhaltenen Schutz- reflexen unterstützen

- Giftasservierung- Anruf Giftinformationszentrum (GIZ)- Stoff, Menge, Zeit- Therapieempfehlung?

Beachte:cholinerge Anzeichen

Beachte:- vorher Auskunft des GIZ - Kontraindikationen:

• Bewusstseinstrübung• eingeschränkte Schutzreflexe• Intoxikation mit Laugen, Alkohol,

Schwermetallen, anorganischen Säuren

Ggf. Repetitionsdosis bei Wiedereinsetzen von Speichelfluss bzw. Fortbestehen der Bradykardie- schnellstmögliche Gabe von Toxogonin in

der aufnehmenden Klinik anstreben

Beachte regionales Protokoll:z. B. Naloxon

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Page 20: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Leitsymptom: Lebensbedrohliche Bradykardie

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

Adrenalin (titrierend)2 – 10 μg / min

1 mg / 500 ml VEL = 1 Trpf. / sec = 6 μg / min oder 1 mg / 100 ml NaCl 0,9% = 1 ml = 10 μg

C: LeitsymptomBradykardie

HF < 60 / min und Instabilitätszeichen?

ja

nein

HF < 60 / min und Instabilitätszeichen?

Herzfrequenz ≤ 40 und Instabilitätszeichen?

ja

ja ja

nein

nein

Atropin1 mg i. v. (RDE)

Atropin0,5 mg i. v. (RDE*)

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

+ Bewusstlos:Transkutane

Schrittmachertherapie

oder

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:- ggf. aggressiver oder

inadäquater Patient- hypoxische Bradykardie- Anamnese, Vormedikation

Beachte Instabilitätszeichen :- Hypotonie- Schockanzeichen- ggf. Bewusstseinsstörung- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte Adrenalin: bei Überdosierung Tachykardie / Extrasystolie bis Kammer- flimmern möglich!

Beachte:Bewusstseinsstörung ursächlich durch kardiale Instabilität, meist erst bei HF < 40 / min

Beachte:Schrittmachertherapie / Adrenalin beachte Verfügbarkeit und regio-nale Protokolle

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Beachte:Kein Atropin bei Zustand nach Herztransplantation

Beachte:Steigerung auf 3 mg möglich (beachte regionales Protokoll)

Page 21: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Defibrillation (erfolglos: bis zu 3 × )(EKG-beobachtetes KF, pVT)

ggf. CPR-Algorithmus

Leitsymptom: Lebensbedrohliche Tachykardie

Ersteindruck und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

C: LeitsymptomTachykardie

Bedarfstachykardie?

Bewusstlos + zentraler Puls nicht

mehr tastbar?

Bewusstlos + peripherer Puls nicht

mehr tastbar?

ja

ja

nein

nein

Ursachenbehandlungz. B. Volumengabe /

Blutstillung

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

Kardioversionbeachte regionale Protokolle

nein

ja

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:- ggf. aggressiver oder

inadäquater Patient- Anamnese, VormedikationBeachte Instabilitätszeichen:- Hypotonie- Herzinsuffizienz- Schockanzeichen- ggf. Bewusstseinsstörung- NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- erst ab HF > 150 / min Instabilitäts-

zeichen, ggf. früher- immer EKG und Pulsmessung- Pulsoxymetrie

Beachte:Bewusstseinsstörung ursächlich durch kardiale Instabilität

Beachte Bedarfstachykardie:- Hinweis im EKG: regelmäßi-

ge Schmalkomplexe!- Ausschließen und Behandeln

von Volumenmangel, Schmerz etc.

Beachte:- regionales Protokoll Kardioversion- Energiestufe, Wiederholung

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Page 22: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

Nitrat0,8 mg / 2 Hübe (Boli) RDE*

titrieren – messen

Leitsymptom: Hypertensiver Notfall

Eintreffen und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

C: LeitsymptomRR > 230 / 120

Führende klinische Symptomatik?

Kardial?

ZNS?

ja

ja

nein

nein

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

Antihypertensivaz. B. Ebrantil 10 mg (Boli) RDE

titrieren – messen

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:- Anamnese, Vormedikation

NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- immer beidseitige RR-Messung

Achte besonders auf:- Lungenödem- ACS- Schlaganfall

Beachte regionales Protokoll:- Steigerung auf 1,2 mg möglich- bei Lungenödem: Furosemid- bei ACS: 12-Kanal-EKG- keine Nitrate bei:

• Anzeichen einer Rechtsherzinsuffizienz• HF < 60 oder > 120 / min• Einnahme lang wirksamer

Vasodilatatoren < 24 h: bspw. Sildenafil (Viagra®), Tadalafil (Cialis®), Vardenafil (Lavitra®)

Beachte regionales Protokoll:- vorsichtig titrieren, keine unkontrol-

lierte RR-Senkung!- RR nicht unter 180 / 100 bei Verdacht

auf Schlaganfall

Beachte:- regionale Protokolle zur Behandlung der

Hypertension ohne Endorganschädigung- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Page 23: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

12-Kanal-EKG

Leitdiagnose: Lungenarterienembolie (LAE)

Eintreffen und standardisierte Erstuntersuchung

ABCDE – Prioritäten und Basismaßnahmen

B: DyspnoeLD: Lungenarterienembolie

ACS mit Linksherzinsuffizienz

ausgeschlossen?

Transport in Klinik ggf. NA-Rendezvous

Heparin10 000 I.E. (RDE*)

KreislauftherapieKatecholamin- / Volumengabe

entsprechend regionaler Protokolle

LAE und kardiogener

Schock?

ja

nein

*RDE = Richtdosis Erwachsene

Beachte:- Anamnese- beachte: Immobiliserung, Risikofaktoren- Symptomatik

NA-Ruf (ggf. regionale Vorgaben)

Beachte:- keine Rasselgeräusche, keine Spastik- begleitende Kreislaufproblematik- Hypotonie / Tachykardie, ggf. Extrasystolie- Plötzliche Schmerzen?- ggf. Hämoptysen- keine spezifische Symptomatik

Grundsätzlich bei thorakalen Schmerzen:- EKG bezüglich LAE / STEMI qualifiziert

auswerten- beachte regionale Möglichkeiten / Algo-

rithmen: Telemetrie, softwareunterstützte EKG-Auswertung?

- instabiler Patient- Lyse durch NA

Beachte regionales Protokoll

Beachte:- regionale Zuweisungsstrategie- Voranmeldung (Ankunftsuhrzeit)

ja

Beachte regionale Medikationsprotokolle

Algorithmus ACS

nein

Page 24: 3.3.10 Muster- Algorithmen / SOP - skverlag.de€¦ · ˘ Tachypnoe, Dyspnoe oder (Apnoe) ˘ Inverse Atmung (Einziehungen) ˘ Bewusstseinsstörung ˘ Panik A B Algorithmus: A-Problem

3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

487

3.3.11MedikamentengabedurchNotSannachFreigabedesÄLRD(SOP)

Hans-Peter Hündorf

˘  Adrenalin / Suprarenin®ZusammensetzungDie Dosis beträgt 1 mg Adrenalin pro ml. Die Gesamtmenge in verschiedenen han-delsüblichen Abpackungen ist unter-schiedlich:– Ampulle mit 1 mg in 1 ml– Stechampulle mit 25 mg in 25 ml– in der Schweiz auch Ampullen

mit 10 mg in 10 ml.VerabreichungsformenAdrenalin kann bei verschiedenen Indika-tionen grundsätzlich – intramuskulär (i.m.), – intravenös (i.v.), – inraossär (i.o.) und – inhalativ über eine Verneblermaske appliziert werden.Indikation / Wirkung Adrenalin ist ein Katecholamin/Sym-pathomimetikum und gehört unter an-derem bei der Reanimation und beim anaphylaktischen Schock zur elementaren Therapie. Es sollte ab Grad II einer anaphy-laktischen Reaktion gegeben werden. Es wirkt vasokonstriktorisch (α1-Wirkung), bronchodilatatorisch (β2-Wirkung) sowie positiv inotrop, positiv chronotrop, posi-tiv dromotrop und positiv bathmotrop (β1-Wirkung). Zudem vermindert es die Histaminausschüttung. Außerdem kann Adrenalin bei bradykarden Herzrhythmus-störungen eingesetzt werden.

Da Adrenalin sowohl auf α- als auch auf β-Rezeptoren wirkt, ist der Effekt un-

terschiedlich: Bei der Reanimation ist die α-adrenerge Stimulation durch das Ka-techolamin von großer Bedeutung. Die Er-höhung des peripheren Widerstandes und des diastolischen Blutdrucks führt zu einer gesteigerten Koronarperfus ion (Durch-blutung der Herzkranzgefäße). Eine Un-terstützung des venösen Rückstroms zum Herzen findet durch eine periphere Veno-konstriktion statt. Durch die verbesserte Herzfüllung ist der Effekt der Thoraxkom-pression größer. Die Wirkung von Adrena-lin setzt nach 30 – 60 Sekunden ein.DosierungReanimation Erwachsene:– bei Asystolie und PEA (nicht defibril-

lierbar) 1 mg i.v. oder i.o. sofort, wenn Zugang vorhanden (+ 20 ml Flüssig-keitsbolus z.B. VEL), Repetition alle 3 – 5 Minuten

– bei VF oder PVT (defibrillierbar) 1 mg i.v. oder i.o. nach der 3. Defibrillation (+ 20 ml Flüssigkeitsbolus z.B. VEL), Repe-tition alle 3 – 5 Minuten.

Reanimation Kinder:– 0,01 mg/kg KG i.v. oder i.o. (+ 20 ml

Flüssigkeitsbolus z.B. VEL), Repetition alle 3 – 5 Minuten.

Anaphylaktische Reaktion mit Atemnot und Stridor (kein Schock!) bei Kindern und Erwachsenen:– 3 mg + 6 Liter O2/min inhalativ.Anaphylaxie Erwachsene:– initial 0,5 mg (500 μg) i.m.– wenn Zugang (i.v./i.o.) vorhanden und

persistierender Schock (RRsys < 80 mmHg), 0,05 mg (50 μg)/min titriert, bis RRsys ≥ 80 mmHg erreicht.

Anaphylaxie Kinder:– 6 bis 12 Jahre: 0,3 mg i.m.– < 6 Jahre: 0,15 mg i.m.– wenn Zugang (i.v./i.o.) vorhanden

und persistierender Schock (RRsys

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3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

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3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

< 70 mmHg), 1 µg/kg KG titriert, bis RRsys ≥ 70 mmHg erreicht.

Bradykarde Rhythmusstörungen: – 0,01 mg titrieren, bis die gewünschte

Wirkung erreicht ist.NebenwirkungenTachykardie, Extrasystolie, Zittern, An-stieg des Blutzuckerspiegels.KontraindikationenBei Reanimation keine; Tachykardie, ta-chykarde Rhythmusstörungen.

˘  Amiodaron / Cordarex®Zusammensetzung1 Ampulle mit 3 ml enthält 150 mg Amio-daronhydrochlorid.IndikationTherapieresistente supraventrikuläre und ventrikuläre Arrhythmien, Vorhofflattern und Vorhofflimmern, AV-Knoten-Tachy-kardien, Re-entry-Tachykardien, WPW-Syndrom, Herzstillstand nach Kammer-flimmern nach erfolgloser Adrenalingabe und Defibrillation, Vorbeugung von er-neuten Tachykardien nach primär erfolg-reicher Defibrillation.Wirkung Amiodaron greift an Ionenkanälen, Re-zeptoren und Membranen an und be-sitzt antiarrhythmische Eigenschaften aller vier Antiarrhythmika-Klassen nach Vaughan Williams.

Es verzögert den repolarisierenden Kalium-Auswärtsstrom, verlängert die Dauer des Aktionspotenzials und die Re-fraktärstrecke, unterbricht kreisende Erre-gungen und senkt die Herzfrequenz und geringfügig auch die Herzkraft.

Amiodaron hat nach den aktuellen Leitlinien einen festen Stellenwert in der CPR bei Kammerflimmern/-flattern und pulsloser VT. Zurzeit gibt es noch keine

Hinweise auf eine Überlebenssteigerung bis zur Krankenhausentlassung, aller-dings wurde das Kurzzeitüberleben ge-steigert. Die ALIVE-Studie verglich 2002 beide Antiarrhythmika miteinander, un-ter Gabe von Amiodaron erreichten etwa doppelt so viele Patienten lebend die Kli-nik wie unter Gabe von Lidocain.

Wirkungseintritt: 2 – 5 Minuten.DosierungBei Reanimation: 300 mg Bolus i.v./i.o. (nach 3. erfolgloser Defibrillation), ggf. Re-petition von 150 mg bei persistierendem KF/PVT; Kinderdosis: 5 mg/kg KG, ggf. er-neut 5 mg/kg KG nach 5. erfolgloser Defi-brillation.

Zur antiarrhythmischen Therapie: 300 mg in Glucose 5% über 10 – 20 Minu-ten applizieren; ggf. Repetition: 150 mg; ggf. Dauertherapie. Keine zweite Injektion früher als 15 Minuten nach der ersten In-jektion, auch wenn beim ersten Mal nicht die maximale Dosis gegeben wurde.

Bei der Dauerinfusion ist Lichtschutz erforderlich. Das Pharmakon sollte grund-sätzlich nicht mit anderen Lösungen ge-mischt werden. Halbwertzeit ist nicht mit Wirkdauer zu verwechseln! Das Antiar-rhythmikum wirkt trotz einer Halbwert-zeit von 100 Tagen nur 3 – 8 Minuten.NebenwirkungenBlutdrucksenkung, AV-Blockierung (be-schränkt auf die parenterale Einmalgabe). Hat kaum negativ inotrope und nur we-nig proarrhythmische Nebenwirkungen, kann aber eine Torsade-de-pointes-Tachy-kardie auslösen (QT-Verlängerung). Wei-terhin sind Hyper- und Hypothyreosen sowie thyreotoxische Krisen schon nach Einmalgabe beschrieben.KontraindikationenBekannte Unverträglichkeit, Sinusbra-dykardie, alle Formen einer Leitungsver-

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3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden 3 Medizinische Diagnostik und Therapie ˘  3.3 Lebenserhaltende Maßnahmen / Abwendung v. Schäden

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zögerung, AV-Block II. und III. Grades, Kreislaufkollaps, Hypotonie, schwere Atem insuffizienz, Kardiomyopathie, Herz-insuffizienz, Neugeborene.Achtung!Bei gleichzeitiger Verabreichung mit Kal-ziumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazem-Typ oder β-Blockern kann es zu einer exzessiven Bradykardie, zu hö-hergradigen atrioventrikulären Überlei-tungsstörungen und zu einer verstärkten kardiodepressiven Wirkung kommen.

˘  Antiemetika: Dimenhydrinat – Vomacur®, Vomex A®

Antiemetika sind Medikamente, die bei Symptomen wie starker Übelkeit, Erbre-chen und Kinetosen eingesetzt werden. Zur Gruppe der Antiemetika zählen Wirk-stoffe bzw. Medikamente wie:– Dimenhydrinat: Vomacur®, Vomex A®– Metoclopramid: MCP®, Paspertin®.

Die Zusammensetzungen/Verpackungs-größen sind für die einzelnen Wirkstoffe unterschiedlich und müssen je nach Me-dikament (Handelsname) individuell nachgesehen werden.

WirkungDimenhydrinat ist ein H1-Rezeptor-Anta-gonist und blockiert direkt die Rezeptoren im emetischen System. Wirkungseintritt: 3 – 5 Minuten.IndikationÜbelkeit, Erbrechen, Morbus Menière, ze-rebraler Schwindel.Dosierung1 – 2 mg/kg KG i.v.NebenwirkungenMüdigkeit, Tachykardie, paradoxe Reakti-onen, Mundtrockenheit, Sehstörungen.

KontraindikationenBekannte Unverträglichkeit, Asthma bronchiale, Krampfanfälle, letztes Trime-non der Schwangerschaft, Früh- und Neu-geborene, gleichzeitige Behandlung mit Monoaminooxidase-Hemmern, bestehen-de Therapie mit Aminoglykosiden.

˘  Antiemetika: Metoclopramid – MCP® (MetoCloPramid), Paspertin®

WirkungDer antiemetische Effekt von Metoclopra-mid wird durch die Blockade der D2-Re-zeptoren im emetischen System, die Stei-gerung der Acetylcholin Freisetzung und Sensibilisierung der muskarinergen Ace-tylcholin-Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt erreicht. Wirkungseintritt: 1 – 3 Mi-nuten.IndikationÜbelkeit, Erbrechen, Schluckauf (Singul-tus).Dosierung0,1 – 0,2 mg/kg KG langsam i.v.NebenwirkungenMüdigkeit, Kopfschmerzen, RR-Abfall, Urtikaria, Durchfall, Herzrhythmusstö-rungen (selten).KontraindikationenBekannte Unverträglichkeiten, Blutungen und Perforationen im Magen-Darm-Trakt, Epilepsie, mechanischer Ileus, erstes Tri-menon der Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder < 2 Jahre.Achtung!Metoclopramid vermindert die Wirkung von Dopamin und verstärkt bzw. verlän-gert die Wirkung von Succinylcholin. Me-toclopramid kann auch bei Injektion zu extrapyramidalen Symptomen (Tremor, Zittern, Ataxie usw.) führen.

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˘  Acetylsalicylsäure / Aspirin i.v.® / Aspegic® (CH)

ZusammensetzungEine Injektionsflasche enthält als Tro-ckensubstanz 0,5 g Acetylsalicylsäure.IndikationenLeichte bis mittlere Schmerzzustände, be-sonders bei Myokardinfarkt, koronarer Herzerkrankung sowie Entzündungszu-ständen, akutes Koronarsyndrom (STE-MI, NSTEMI, instabile Angina pectoris), Thromboseprophylaxe, wenn andere Möglichkeiten kontraindiziert, Migräne.WirkungDurch Hemmung der Prostaglandinbio-synthese wirkt der Stoff analgetisch, an-tiphlogistisch (entzündungshemmend), antipyretisch (fiebersenkend) und hemmt die Thrombozytenaggregation (Blutgerin-nung). Wirkungseintritt: Analgesie: 4 – 10 Minuten, Maximum nach 20 Minuten, Wirkdauer: 3 – 4 Stunden. Sofortige und für mehrere Tage irreversible Thrombo-zytenaggregationshemmung.Dosierung Erwachsene: eine Injektionsflasche = 0,5 g langsam i.v., bei starken Schmerzen die doppelte Dosis. Nebenwirkungen Magenbeschwerden, allergische Reakti-onen, Asthmaanfall.Kontraindikationen Magen- und indikationsabhängig auch Zwölffingerdarmgeschwüre (relativ), er-höhte Blutungsneigung, Asthma.Interaktionen Die Kombination mit anderen gerin-nungshemmenden Pharmaka wie Mar-cumar® kann zu lebensgefährlichen Blu-tungssituationen führen, da dann sowohl die plasmatische als auch die thrombozy-täre Gerinnung gehemmt wird.

˘  AtropinZusammensetzungAmpullen mit 0,5, 1,0 und 2,0 mg/ml At-ropin (Hochdosis als Antidot: 50- und 100-mg-Ampullen).IndikationenVagolyse vor therapeutischen oder dia-gnostischen Eingriffen, Krämpfe und Ko-liken der inneren Organe, bradykarde Rhythmusstörungen, Antidot in hoher Dosierung bei Vergiftungen mit Parasym-pathomimetika und Pflanzenschutzmit-teln (Alkylphosphaten).WirkungDas Parasympatholytikum hemmt die Aktivität des parasympathischen Nervensys tems. Da dieser Teil des Ner-vensystems unterschiedliche Organfunk-tionen beeinflusst, besitzt Atropin eine Vielzahl von erwünschten und auch uner-wünschten Wirkungen: – Steigerung der Herzfrequenz durch

Hemmung der Wirkung des Vagus-nerves am Herzen

– Verbesserung der Reizleitung von den Vorhöfen in die Kammern

– Hemmung der Speichel- und Schleim-sekretion

– Erschlaffung der Bronchialmuskulatur (Bronchospasmolyse).

Wirkungseintritt: 1 – 3 Minuten; Wirkdau-er: bis zu 2 Stunden.DosierungBradykardie, Bradyarrhythmie: 0,5 mg i.v. alle 3 – 5 Minuten, ggf. Steigerung auf ins-gesamt 3 mg möglich. Cave: Gaben unter 0,5 mg können paradoxe Reaktionen aus-lösen. Ebenfalls möglich ist die subkutane oder endobronchiale Applikation (Dosis-erhöhung). Als Antidot (bei Alkylphosphaten): initial 0,03 – 0,06 g/kg KG (bis 100 mg/Tag).

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NebenwirkungenTachykardie, Glaukomanfall bei entspre-chend disponierten Patienten, Pupillen-erweiterung, psychische Veränderungen, Wärmestau.Kontraindikationen Bekannte Unverträglichkeit; Vorsicht bei Patienten mit koronaren Herzerkran-kungen, Schilddrüsenüberfunktion, Vor-hofflimmern und absoluter Arrhythmie.

˘  Benzodiazepine Benzodiazepine gehören zur Gruppe der Antikonvulsiva. Die im Rettungsdienst am häufigsten verwendeten Wirkstoffe und Medikamente sind:– Diazepam: Diazepam®, Faustan®,

Valium®– Midazolam: Dormicum®, Midazolam®.Indikationen– Angst- und Erregungszustände– akut lebensbedrohliche Stresssituati-

onen (Herzinfarkt, Traumen)– Prämedikation und Einleitung einer

Narkose– Tetanus- und Epilepsiebehandlung – pädiatrische Notfälle wie Epiglottitis

oder Kruppsyndrom; cave: zu starke Se-dierung

– Status epilepticus. Dosierung– Diazepam: (Beispiel: anhaltender Krampfanfall) Erwachsene: 0,1 mg/kg KG i.v. Kinder bis 15 kg: 5 mg rektal Kinder > 15 kg: 10 mg rektal.– Midazolam: 0,05 – 0,1 mg/kg KG i.v.; Buccolam® oral nach Alter:

3 Monate – 1 Jahr 2,5 mg, < 5 LJ 5 mg, < 10 LJ 7,5 mg,

10 – 18 LJ 10 mg; nasal (off label) MAD®: 0,2 mg kg/ KG; Erwachsene > 50 kg 10 mg.WirkungBenzodiazepine gehören zur Gruppe der Tranquilizer. Der Begriff leitet sich vom Englischen „tranquilize“ ab, was soviel be-deutet wie „beruhigen“. Diese Stoffe grei-fen in Hirnregionen an, in denen Antrieb, Stimmung und Affektivität reguliert wer-den (zerebrales limbisches System). Der Wirkmechanismus von Tranquilizern ist noch nicht vollständig geklärt. Benzo-diazepine lagern sich im Körper an be-stimmten Bindungsstellen (Benzodiaze-pin-Rezeptoren) an und bewirken so eine Dämpfung des zentralen Nervensystems. Die Regulierung erfolgt dabei über die Überträgersubstanz GABA (Gammaami-nobuttersäure). Benzodiazepine besitzen ein breites pharmakologisches Profil. Do-sisabhängig wirken sie:– sedativ– hypnotisch– antikonvulsiv (zentrale Heraufsetzung

der Krampfschwelle)– muskelrelaxierend– anxiolytisch (angstlösend)– amnestisch.Weitere Einsatzgebiete sind Erkran-kungen, bei denen eine Herabsetzung des Sauerstoffbedarfs sinnvoll ist oder der Teufelskreis „Angst – Spannung – Schmerz“ durchbrochen werden muss. Traumen, Herzinfarkte und bestimmte Atemstörungen sind deshalb erweiterte Indikationsgebiete von Benzodiazepinen.

Benzodiazepine gelten als sehr sichere Arzneimittel, da sie über eine große thera-peutische Breite verfügen. Als Antidot bei Vergiftungen steht der, allerdings nur sehr kurz wirkende, Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil (Anexate®) zur Verfügung.

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NebenwirkungenBlutdrucksenkung, Atembehinderung, pa-radoxe Reaktionen (Erregungszustände).Kontraindikationen Bekannte Unverträglichkeit, Myasthenia gravis, obstruktive Atemwegserkran-kungen.

˘  FlumazenilWirkung Anexate® ist ein Benzodiazepinantago-nist. Er bindet als kompetitiver Antago-nist an der GABA-Bindungsstelle (der Benzodiazepine).IndikationÜberdosierung bzw. Intoxikation von Benzodiazepinen und Aufheben der Se-dierung. Kritische Indikationsstellung, ggf. bei Intoxikationen mit unbekannter Menge/Art Rücksprache mit GIZ. Cave: Entzugssymptomatik. Aufgrund kurzer Wirkdauer(< 2 h) ist eine Rückkehr der Symptomatik möglich und eine klinische Überwachung erforderlich.Dosierung0,1 – 0,2 mg bis zum gewünschten Erfolg (max. 1 mg); Wirkeintritt nach 3 – 5 min.

˘  β2-SympathomimetikaBei den am häufigsten im Rettungsdienst verwendeten β2-selektiven Sympathomi-metika handelt es sich um folgende Me-dikamente:– Fenoterol: Partusisten®, Berotec®– Reproterol: Bronchospasmin®– Terbutalin: Bricanyl®– Salbutamol: Salbutamol®.Wirkungβ2-Sympathomimetika sind bronchiener-weiternde Arzneimittel, die hauptsächlich

zur Behandlung von Asthma, COPD und chronischer Bronchitis eingesetzt werden. Sie stimulieren selektiv die adrenergen β2-Rezeptoren der Bronchialmuskulatur und relaxieren die Uterusmuskulatur. Die Applikation der Medikamente kann i.v. oder inhalativ über entsprechende Dosier-systeme bzw. handelsfertige Dosieraero-sole erfolgen.– bronchospasmolytisch: entspannen

die glatte Muskulatur der Bronchien– bronchienerweiternd– entzündungshemmend– stimulieren die Ausschüttung von In-

sulin und fördern die Aufnahme von Kalium in die Zellen

– anabol durch Förderung der Insulin-ausschüttung

– wehenhemmend.Indikationen– Asthma bronchiale– chronische Bronchitis– COPD– akuter Bronchospasmus– Hyperkaliämie (fördern die Aufnahme

von Kalium in die Zellen)– Wehenhemmung.Indikation, Dosierung, Kontra-indikationen, NebenwirkungenFenoterol: Partusisten®Indikation:Tokolyse (Wehenhemmung).Dosierung:titriert nach Wirkung bis zu 4 µg/min i.v.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, tachykarde Rhythmusstörungen, WPW-Syndrom, fri-scher Herzinfarkt.Nebenwirkungen:Tachykardie, Kopfschmerzen, Schwindel, Palpitationen, Übelkeit.

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Reproterol: Bronchiospasmin®Indikation:obstruktive Atemwegserkrankungen.Dosierung:1 µg/kg KG i.v.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, Hyperthyreose.Nebenwirkungen:Tachykardie, Kopfschmerzen, Schwindel, Palpitationen, Übelkeit, Rhythmusstö-rungen, Tokolyse.

Terbutalin: Bricanyl®Indikation:obstruktive Atemwegserkrankungen.Dosierung:5 – 10 µg/kg KG s.c.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, Kinder < 12 Jahre.Nebenwirkungen:Tachykardie, Muskelkrämpfe, Kopf-schmerzen, Schwindel, Palpitationen, Übelkeit, Rhythmusstörungen, Tokolyse.

Salbutamol: Salbutamol®Indikation:obstruktive Atemwegserkrankungen.Dosierung:1 – 2 Fertigampullen (5 ml = 2,5 mg) + 6 Li-ter O2/min inhalativ; Steigerung auf 5 mg möglich.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, Kinder < 12 Jahre.Nebenwirkungen:Tachykardie, Muskelkrämpfe, Kopf-schmerzen, Schwindel, Palpitationen, Übelkeit, Rhythmusstörungen, Tokolyse.

˘  Ipratropium – Atrovent®WirkungIpratropium gehört zur Gruppe der Para-sympatholytika und hat einen bronchodi-latativen sowie einen antitussiven Effekt.IndikationenAsthma bronchiale, COPD, allergische Re-aktionen mit Atemnot.Dosierung0,1 – 0,5 mg (= 1 – 2 Sprühstöße Dosiera-erosol) inhalativ; Verneblermaske: 1 – 2 Fertig ampullen (2 ml = 0,25 bzw. 0,5 mg).NebenwirkungenKopfschmerzen, Schwindel, Tachykardie, Urtikaria, Juckreiz, Übelkeit, Erbrechen, allergische Reaktion.KontraindikationenBekannte Unverträglichkeit, Glaukom.

˘  β-Blocker: Esmolol – Brevibloc®, Metoprolol – Beloc®

AllgemeinesPräparate dieser Gruppe werden auch als β-Sympatholytika oder Beta-Blocker bezeichnet. Sie gehören zu den Antiar-rhythmika der Gruppe II nach Vaughan Williams und heben die Wirkung der Ka-techolamine an β1- und β2-Rezeptoren durch kompetitiven Antagonismus auf. Die Folge ist am Herzen und im Stoff-wechsel ein hemmender und in der glatten Muskulatur ein stimulierender Effekt. β-Blocker wirken unterschied-lich selektiv, d. h. die Besetzung der β-Rezeptortypen unterscheidet sich quan-titativ. Bei kardialer Indikation setzt man solche Beta-Blocker ein, die spezifisch an den β1-Rezeptoren angreifen. Die Selek-tivität ist immer nur relativ, auch die β2-Rezeptoren in der Bronchialmuskulatur werden beeinflusst, was die Kontraindika-

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tion beim Asthma bronchiale erklärt. Al-le Wirkstoffnamen dieser Gruppe sind an der Endung „-olol“ zu erkennen.WirkungSenkung der Herzfrequenz, Verminde-rung der Kontraktilität, Herabsetzung der Erregbarkeit, Verlangsamung der Erre-gungsleitung, Senkung des systolischen Blutdrucks, Reduktion des myokardialen Sauerstoffverbrauchs, (relativ) selektive β1-Wirkung. Wirkungseintritt: 2 Minuten, Halbwertzeit: 9 Minuten (Esmolol). Esmo-lol ist somit gut steuerbar.ZusammensetzungEsmolol:10 ml Infusionslösung enthalten 100 mg, 10 ml Infusionslösungskonzentrat 2,5 g Esmolol.Metoprolol:1 Ampulle = 5 mg in 5 ml.IndikationenSupraventrikuläre Tachykardien, soweit diese nicht durch eine vorzeitige Erre-gung des Herzens aufgrund atypischer Leitungsbahnen bedingt sind (Re-entry-Mechanismen), therapiebedürftige, nicht-kompensatorische Sinustachykardie, hy-perkinetisches Herzsyndrom.DosierungEsmolol: initial: 500 – 1 000 µg/kg KG über eine Minute i.v./; Perfusor (Erhaltungsdosis): 50 µg/kg KG/min.Metoprolol:0,05 – 0,1 mg/kg KG langsam i.v.NebenwirkungenBronchospasmus (selten, bei empfind-lichen Patienten), Blutdruckabfall, Bra-dykardie, AV-Block (selten), Übelkeit, Erbrechen, übermäßiger Anstieg der Herzfrequenz ca. 30 Minuten nach Infu-sionsende (Rebound-Effekt, nur bei Es-molol).

KontraindikationenBradykardie, Nutzen-Risiko-Abwägung und gegebenenfalls Dosisreduktion bei bronchospastischen Erkrankungen, kom-pensatorische Herzinsuffizienz.

˘  N-Butylscopolamin / Buscopan®ZusammensetzungEine Ampulle Buscopan® zu 1 ml ent-hält 20 mg, eine Stechampulle zu 10 ml 200 mg N-Butylscopolamin.IndikationenSpasmen von Harnwegen, Gallengängen und Darm.WirkungButylscopolamin wirkt, ähnlich wie das verwandte Atropin, als Antagonist an den Rezeptoren des parasympathischen Ner-vensystems. Das Parasympatholytikum verhindert die Bindung von Acetylcholin an den postganglionären Rezeptoren. Die Erregungsübertragung der Nervenreize wird vermindert und so der Tonus und die Peristaltik der glatten Muskulatur der abdominalen Hohlorgane verringert. Als Nebenwirkung wird die Speichel-, Bron-chial- und Schweißdrüsensekretion redu-ziert. Verglichen mit Atropin überwindet Butylscopolamin in erheblich geringerem Maße die Blut-Hirn-Schranke. Die zentra-len Nebenwirkungen sind deshalb deut-lich geringer ausgeprägt. Wirkungsein-tritt: 2 – 4 Minuten, Wirkdauer: mehrere Stunden.Dosierung1 ml = 20 mg Butylscopolamin langsam i. v., ggf. Wiederholung. NebenwirkungenTachykardie, Erhöhung des Augeninnen-druckes, Mundtrockenheit. Hemmung der Schweißsekretion mit Wärmestau, Mik-tionsbeschwerden.

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KontraindikationenTachyarrhythmien, Engwinkelglaukom, Prostataadenom mit Restharnbildung, Stenosen im Magen-Darm-Trakt.

˘  Furosemid / Lasix®ZusammensetzungEine Ampulle zu 2 ml (4 ml) enthält 20 mg (40 mg) Furosemid. IndikationenLungenödem, Ödembildung, Steigerung der renalen Giftauswaschung bei be-stimmten Toxinen.WirkungFurosemid hemmt die Rückresorption von Natrium und damit sekundär auch die von Chlorid im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife. Die Ausscheidung von Ka-lium, Kalzium und Magnesium nimmt als Folge der gesteigerten Natriumkonzen-tration zu. Die Elektrolyte binden osmo-tisch Wasser an sich, sodass es bei ihrer Ausscheidung zum gewünschten diure-tischen Effekt kommt.

Furosemid besitzt eine starke Wir-kung, je nach Dosis können bis zu 60 Li-ter Flüssigkeit in 24 Stunden ausgeschie-den werden. Durch die Weitstellung der Kapazitätsgefäße vor dem rechten Her-zen kommt es zu einem „inneren Ader-lass“ (venöses Pooling) mit Reduktion der Herzarbeit durch Abnahme des links-ventrikulären Füllungsdruckes. Der Pul-monalarteriendruck nimmt ebenfalls ab. Wirkungseintritt: in 2 Minuten an den Ge-fäßen und in ca. 20 Minuten diuretisch, Wirkdauer: ca. 2 Stunden.DosierungInitial: 20 – 40 mg langsam i.v. (max. 4 mg/min). Säuglinge und Kleinkinder: 0,4 – 0,6 mg/kg KG.

NebenwirkungenStörungen des Wasser- und Elektrolyt-haushaltes, Hypokaliämie, Hypomag-nesämie, Hyponatriämie und Hypo-chlorämie bei längerer Anwendung, Harnsäureanstieg, reversible Hörverluste nach schneller intravenöser Applikation hoher Dosen.KontraindikationenNierenversagen mit Anurie, Überemp-findlichkeit auf Antibiotika der Sulfo-namidgruppe; Schwangerschaft: stren-ge Indikationsstellung. Cave: Nicht als Mischspritze verabreichen, Gefahr von In-kompatibilitäten.

˘  Glukoselösung / Glucose 20 / 40%®ZusammensetzungEine Ampulle Glucose 20% zu 10 ml ent-hält 2 g Glukose. Eine Ampulle Glucose 40%® zu 10 ml enthält 4 g Glukose. IndikationenHypoglykämie.WirkungSteigerung der Blutzuckerkonzentration.DosierungInitial 20 ml Glucose 40%® = 8 g i.v. Bei Fortbestehen der Symptomatik weitere 8 g in Trägerlösung. Cave: Konzentrierte Glukoselösung nie unverdünnt geben (Verdünnung 1 : 1 [auf 20%] mit NaCl 0,9% wegen starker Venenreizung notwendig).NebenwirkungenVenenreizung. Glukoselösung muss streng intravenös gegeben werden, bei ei-ner paravenösen Gabe sind Gewebeschä-den bis hin zur Nekrose möglich.

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˘  H1- und H2-Blocker H1- und H2-Blocker gehören zu den Grup-pen der Antihistaminika und der Antie-metika. Die im Rettungsdienst gebräuch-lichsten Wirkstoffe und Medikamente dieser Gruppe sind:– Clemastin: Tavegil® (H1-Blocker)– Dimenhydrinat: Vomex A® (H1-Blocker)

(s. Antiemetika)– Dimetinden: Fenistil® (H1-Blocker)– Ranitidin: Ranitiv®, Ranitidin-ratio-

pharm® (H2-Blocker).Indikation, Dosierung, Kontra-indikationen, NebenwirkungenClemastin: Tavegil®Indikation:allergische Reaktionen.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, Kinder < 1 Jahr, akute Porphyrie.Dosierung:0,03 mg/kg KG i.v.Nebenwirkungen:Müdigkeit, Sedierung, Kopfschmerzen, Ta-chykardie, Übelkeit.Dimetinden: Fenistil®Indikation:allergische Reaktionen.Kontraindikationen:bekannte Unverträglichkeit, Kinder < 1 Jahr, akute Porphyrie.Dosierung:0,03 mg/kg KG i.v.Nebenwirkungen:Müdigkeit, Sedierung, Kopfschmerzen, Tachykardie, Übelkeit.

˘  Heparin – Heparin®, Liquemin®WirkungHeparin gehört zur Gruppe der Gerin-nungshemmer (Fibrinolytika) und ist ein körpereigener Stoff, der von Lunge, Le-

ber, Milz sowie den basophilen Granulo-zyten gebildet wird. Heparin hemmt in der Gerinnungskaskade die Wirkung von Thrombin auf Fibrinogen sowie die Um-wandlung von Prothrombin zu Throm-bin. Zusätzlich verhindert Heparin die Thrombozytenaggregation und somit die Thrombenbildung, es fördert dadurch aber die Blutungsneigung bzw. Stärke und Dauer bestehender Blutungen.IndikationenAkuter Herzinfarkt, ACS.KontraindikationenBekannte Unverträglichkeiten, akute Blu-tungen, Heparin-induzierte Thrombozy-topenie (HIT-Syndrom).Dosierung5 000 I.E. i.v.

˘  IbuprofenIbuprofen wird meist lediglich als Schmerztablette eingesetzt (Aktren®, An-algien®, Dolormin®, Migränin® usw.) und wird im Rettungsdienst/als Notfallme-dikament nicht (mehr) eingesetzt. Daher wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung verzichtet.

˘  Paracetamol / Ben-u-ron®ZusammensetzungSuppositorien mit 125, 250, 500 oder 1 000 mg Paracetamol. Tabletten und Kap-seln mit 500 und 1 000 mg, Saft.IndikationenLeichte bis mittelstarke, nicht-entzünd-liche Schmerzzustände, Fieber, (Fieber-)Krämpfe in der Pädiatrie.WirkungParacetamol hemmt die Prostaglandin-synthese auf zerebraler Ebene stärker als Acetylsalicylsäure, in der Periphe-

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rie jedoch schwächer. Im Hypothalamus hemmt es die Bildung von fiebererzeu-genden Stoffen (Pyrogenen) und wirkt so fiebersenkend. Im Gegensatz zur Acetyl-salicylsäure wirkt es nahezu nicht ent-zündungshemmend. Paracetamol besitzt keine direkte antikonvulsive oder spas-molytische Wirkung, ist bei Fieberkrämp-fen jedoch wegen seines antipyretischen Effektes wirksam.DosierungErwachsene: 500 – 1 000 mg oral, Wieder-holung bis zur vierfachen Einzeldosis; Kinder von 6 – 12 Jahren: 500 mg rektal oder 250 mg oral; Kinder von 1 – 5 Jahren: 250 mg rektal oder 60 bis 120 mg oral; Kinder unter 1 Jahr: 125 mg rektal oder 60 mg oral. Als injizierbare Infusionslö-sungen existieren Perfalgan® oder Da-falgan®. Diese spielen allerdings bei der Notwendigkeit einer hochpotenten not-fallmedizinischen Analgesie keine Rolle.NebenwirkungenAllergische Hautreaktionen, reversible Niereninsuffizienz (gelegentlich bzw. sehr selten). Bei Einhaltung der Höchstdosen ist Paracetamol ein nebenwirkungsarmes Arzneimittel. Bedingt durch seine geringe therapeutische Breite kann es bei Über-dosierung jedoch zu lebensbedrohlichen Intoxikationen kommen. Bereits 140 mg/kg KG können zu Lebernekrosen führen (dies entspricht dem Inhalt einer 10er-Pa-ckung Paracetamoltabletten!), Dosen um 25 g sind tödlich.

Als Antidot gibt man in der Klinik N-Acetylcystein i.v., das den endogenen Ab-bau des giftigen Metaboliten unterstützt.KontraindikationenSchwere Nieren- und Leberfunktionsstö-rungen.

˘  Ketamin / Ketanest®, Esketamin/Ketanest® S, Ketalar (Schweiz)

ZusammensetzungEs stehen Darreichungsformen (Ampul-len, Stechflaschen) mit 10 mg/ml und mit 50 mg/ml zur Verfügung.

Ketanest® S in 5 ml/25 mg (1 ml/5 mg), 10 ml/250 mg und 2 ml/50 mg (1 ml/25 mg).IndikationenKurznarkotikum für diagnostische und therapeutische Eingriffe, z.B. zur Rettung eingeklemmter Personen, Narkoseeinlei-tung, Analgetikum, Near Fatal Asthma.

Als Narkosemittel mit analgetischer Potenz soll es hierzu durch Ärzte mit ent-sprechender Erfahrung eingesetzt wer-den. Eine unbeabsichtigte Narkose durch „Überdosierung“ muss bei fachgerechter Formulierung und Anwendung einer An-algesie-SOP durch Rettungsfachpersonal ausgeschlossen werden. Häufig wird die Kombination mit Benzodiazepinen emp-fohlen, dies muss dann entsprechend in der SOP dargestellt sein.WirkungKetamin wirkt dosisabhängig stark anal-getisch bis mäßig narkotisch und ruft eine Amnesie hervor. An Opiatrezeptoren wirkt es agonistisch, am NMDA-Rezeptor (N-Me-thyl-D-Aspartat) als Antagonist. Die Re-flexe bleiben erhalten, der Sympathikoto-nus wird gesteigert. Ketanest® S ist stärker wirksam. Wirkungseintritt: sofort; Wirk-dauer: Anästhesie: 10 – 15 Minuten, Analge-sie: 40 Minuten, Amnesie: 1 – 2 Stunden.DosierungAnalgesie: 0,25 – 0,5 mg/kg KG i.v., Nar-koseeinleitung: 1 – 2 mg/kg KG langsam i.v. (rektale, orale und i.m. Gabe möglich), Near Fatal Asthma: bis 7 mg/kg KG. Bei der Verwendung von Ketanest® S als An-algetikum und Narkotikum halbiert sich

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Tab. 42 ˘ Guidelines für die präklinische Behandlung des Asthma bronchialeLeichter bis mittelschwerer Anfall

– 10 - 15 l/min O2 über Maske mit Reservoir

– Prednisolon p.o. 25 - 50 mg

– 2 - 4 Hübe eines schnell wirkenden Beta-2-Sympatikomimetikums (Salbutamol (MDI + Spacer)

– Inhalation kann nach 15 min wiederholt werden

Schwerer Asthmaanfall

– 10 - 15 l/min O2 über Maske mit Reservoir

– Prednisolon 50 - 100 mg i. v.

– 2 - 4 Hübe Salbutamol (Wiederholung alle 15 Minuten), alternativ: kontinuierliche Gabe von SABA (kurz wirksame β2-Agonisten) über Verneblermaske

– stationäre Überwachung initial unter Monitor über mindestens 12 - 24 h

Lebensbedrohlicher Asthmaanfall

– 10 - 15 l/min O2 über Maske mit Reservoir

– Prednisolon 50 - 100 mg i. v. alle 4 - 6 h

– kontinuierliche Gabe von kurzwirksamen β2-Agonisten über Vernebler in Kombination mit einem Parasympathikolytikum (Ventolin®/Atrovent®)

– falls inhalative β2-Sympatikomimetika nicht ausreichend: Beta-2-Sympatikomimetika (Reproterol 0,09 mg) langsam i. v.

– Cave: Auslösung von Herzrhythmusstörungen

– bei Bedarf alle 4 - 6 h wiederholen

– Magnesiumsulfat (2 000 mg i. v.)

– stationäre Überwachung initial unter Monitor über mindestens 24 h

– ausreichende Flüssigkeitszufuhr

Weitere therapeutische Maßnahmen

– Ipratropiumbromid 0,5 mg durch Vernebelung

– Beta-2-Sympathomimetikum parenteral: z.B. Terbutalin 0,25 - 0,5 mg s. c. (ggf. Wiederholung in 4 Stunden)

– oder Reproterol 0,09 mg (= 1 ml Amp.) langsam i. v. (Wiederholung nach 10 min möglich); Perfusor: 5 Amp. Reproterol auf 50 ml (Geschwindigkeit 2 - 10 ml pro Stunde = 0,018 - 0,09 mg Reproterol pro Stunde)

– oder Salbutamol 0,25 - 0,5 mg langsam i. v.; Perfusor: 5 Amp. Salbutamol-Infusionskonzentrat (1 Amp. = 5 mg Salbutamol) auf 50 ml, Geschwindigkeit 2 - 10 ml pro Stunde = 1 - 5 mg Salbutamol pro Stunde)

Cave

– Hydratation mit großen Flüssigkeitsvolumina (vor allem bei älteren Patienten)

– Mukopharmaka (Zunahme des Hustens möglich)

– Sedativa (Atemdepression; vermindertes Dyspnoe-Empfinden ohne objektive Besserung)

– Physikalische Therapie, Physiotherapie (zusätzliche Belastung) (nach National Heart, Lung and Blood Institute, 2007; Global Initiative for Asthma, 2008)

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aufgrund der höheren Potenz der Sub-stanz die Dosierung.NebenwirkungenErhöhter Muskeltonus, Steigerung des Hirndruckes bei unzureichender Beat-mung, Halluzinationen, Aufwachreakti-onen (lassen sich durch die gleichzeitige Gabe von Benzodiazepinen reduzieren), langer Nachschlaf, selten Atemdepression (vor allem bei zu rascher Injektion), sym-pathomimetische Nebenwirkungen (Blut-druck-, Herzfrequenzanstieg, Bronchialer-weiterung).KontraindikationenFehlende Beatmungsmöglichkeit, schwe-re Hypertonie, Krampfneigung, Apoplex, Herzinfarkt. Bei einem schweren SHT mit kontrollierter Beatmung ist Ketamin ein-setzbar, insbesondere, wenn der arterielle Mitteldruck niedrig ist.

˘  KortisonKortikoide werden auch als Glukokortiko-ide oder Kortisonderivate bezeichnet. Kor-tisol ist ein Hormon der Nebennierenrinde und reguliert eine Vielzahl von Vorgängen. Die unterschiedlichen Präparate haben qualitativ die gleichen pharmakologischen Effekte, unterscheiden sich jedoch in ihrer antiphlogistischen Wirkstärke. IndikationenAnaphylaktische Reaktionen, Near Fatal Asthma, toxisches Lungenödem, Krupp-syndrom.Wirkung– Entzündungshemmend– membranstabilisierend– immunsuppressiv (die Immunreaktion

abschwächend)– Förderung der Glukoneogenese und

der Glykogenbildung (Zucker- bzw. Stärkebildung)

– Beeinflussung des Elektrolythaus-haltes

– Herabsetzung der Krampfschwelle.Nebenwirkungen– Erhöhung des Blutzuckerspiegels– Pilzbesiedlung der Lunge (inhalativ –

immunsuppressiv).

˘  Kristalloide Infusionen: Isotone Kochsalzlösung 0,9%

PräparateAmpullen, Stechampullen, Infusionsfla-schen, Plastikflaschen und Infusionsbeu-tel stehen zur Verfügung.Zusammensetzung1 000 ml enthalten 9 g Natriumchlorid (3,54 g Natrium, 5,46 g Chlorid).IndikationenTrägerlösung, Flüssigkeitsersatz, Anfeuch-ten von Verbänden, kaliumfreie Elektro-lytlösung für Patienten mit Hyperkaliä-miegefahr (z.B. Dialysepatienten).NebenwirkungenHypernatriämie, Hyperchlorämie.KontraindikationenAzidose, hypertone Hydratation (Über-wässerung), Hypokaliämie, Hypernatri-ämie.

˘  Kristalloide Infusion: Vollelektrolytlösung

Diese Lösungen enthalten nicht nur Na-trium und Chlorid, sondern zusätzlich Kalium, Kalzium, teilweise Magnesium, Azetat und Laktat in unterschiedlicher Konzentration. Für Kinder stehen beson-dere Zubereitungsformen zur Verfügung, die aber in der Notfallmedizin entbehr-lich sind.IndikationenExtrazelluläre Flüssigkeitssubstitution.

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KontraindikationenÖdeme, hypertone Dehydratation, ausge-prägte Niereninsuffizienz.

˘  Kolloidale Lösungen: HyperHAES® 250 ml

Volumenersatzmittel verbleiben länger im Körper und im Gefäßsystem als die Elektrolytlösungen. Durch den Zusatz von künstlichen Kolloiden, die die Gefäß-wände nicht wie die Elektrolyte einfach überwinden können, erreicht man eine längere Verweildauer im Gefäßsystem. Durch die Änderung der Molekülstruktur (Substitutionsgrad) kann die intravasale Verweildauer von HAES-Lösungen erhöht werden. Einige dieser Lösungen können auch einen „wasseranziehenden“ Effekt im Gefäßsystem aufweisen. Die Flüssig-keit wird hierbei hauptsächlich aus dem Interstitium mobilisiert und erhöht somit den Volumeneffekt über die direkt infun-dierte Menge hinaus. Diesen Effekt nennt man Plasmaexpandereffekt.

Aufgrund aktueller Studienergebnisse sind kolloidale Stärkelösungen (HAES) nur noch empfohlen, wenn mit kristallinen VEL keine ausreichende Stabilisierung er-reicht werden kann. Im Einzelfall kann der Einsatz von kolloiden Lösungen beim hämorrhagischen Schock deshalb zusätz-lich erwogen werden.

Eine Sonderstellung nehmen die hyper onkotischen/hyperosmolaren Vo-lumenersatzmittel (z.B. HyperHAES®) im Rahmen der Small Volume Resuscitation ein. Diese Infusionslösungen enthalten eine höher konzentrierte (7,2 – 7,5%) NaCl-Lösung und ein kolloides Volumenersatz-

mittel. Durch die hohe Natriumkonzen-tration entsteht hierbei ein zusätzlicher starker und schneller Volumeneffekt, der durch den Zusatz eines Kolloids stabili-siert werden kann.

Die infundierte Menge muss streng begrenzt werden, damit keine schweren Nebenwirkungen durch die hyperosmo-lare Lösung auftreten. Somit lässt sich auch die Bezeichnung „Small Volume Re-suscitation“ nachvollziehen, denn mit ei-ner kleinen Infusionsmenge (4 ml/kg KG) lässt sich ein größeres Volumen mobili-sieren, allerdings nur, wenn extravaskulär mobilisierbares Volumen vorhanden ist.

Anschließend muss ein entspre-chender normaler Volumenersatz zeit-gerecht fortgeführt werden, um eine erneute Verschlechterung der bereits sta-bilisierten Kreislaufsituation zu verhin-dern. Diese Substanz unterliegt folglich einer strengen notärztlichen Indikations-stellung.

Das Produkt HyperHAES® ist im März 2014 vom Hersteller zurückgezogen wor-den, inwiefern Ersatzpräparate zugelas-sen werden bzw. verfügbar sind, ist frag-lich.IndikationSchwerer hämorrhagischer Schock.Dosierung250 ml (max. 4 ml/kg KG) über 2 – 5 min. Anschließend kalkulierten Volumenersatz fortführen!NebenwirkungenHypernatriämie, Hypervolämie, aller-gische Reaktion.KontraindikationenFür Säuglinge und Kleinkinder nicht zu-gelassen.

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˘  Lidocain / Xylocain®ZusammensetzungEine Ampulle 2% zu 5 ml enthält 100 mg Lidocain, 10% zu 3 ml 300 mg.IndikationenVentrikuläre Extrasystolen, Kammer-tachykardie (bei Patienten mit aku-tem Koronarsyndrom sowie Kreislauf-stabilität), Digitalisintoxikationen, Kammerflimmern/-flattern (wenn Amio-daron nicht verfügbar ist). Denn bei nicht erfolgreicher Defibrillation ist Amiodaron (Cordarex®, Cordarone® [CH]) angezeigt.WirkungDie antiarrhythmische Wirkung beruht auf einem direkten Angriff an der Herz-muskelmembran. Die Schrittmacher-aktivität wird besonders am Ventrikel gehemmt und ist abhängig vom Aus-gangsruhepotenzial. Der Natriumein-strom während der Depolarisation wird verhindert und die Durchlässigkeit für Kalium und Natrium auch in der Diasto-le gehemmt. Die Dauer des Aktionspoten-zials und die Refraktärzeit (Ruhephase) nehmen zu, und die Freisetzung von Nor-adrenalin aus seinen Speichern wird ge-hemmt. Wirkungseintritt: 1 – 2 Minuten; Wirkungsdauer: 15 – 20 Minuten. DosierungBei Kammerflimmern nur, wenn Amioda-ron nicht verfügbar ist; nach erfolgloser primärer Defibrillation 1,5 mg/kg KG i.v., Dosisreduktion um 50% bei Leberinsuffi-zienz.NebenwirkungenVentrikuläre Extrasystolen, Kammerflim-mern, AV-Block, Verschlechterung des De-fibrillationserfolges, zentralnervöse Aus-wirkungen.

KontraindikationenAV-Block III. Grades, Bradykardie, AV-Dis-soziation, Schock und schwere Herzinsuf-fizienz.

˘  Metamizol / Novalgin®, Novaminsulfon-ratiopharm®

Zusammensetzung1 Ampulle zu 2 ml enthält 1 g Metamizol, Dragees zu 500 mg.IndikationenMittelstarke bis starke Schmerzen, Krämpfe der Hohlorgane, therapie-resistentes Fieber.WirkungMetamizol hemmt die Prostaglandinbil-dung und aktiviert vermutlich Neuronen der zentralen Schmerzhemmung. Seine schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung ist stärker als die von Acetylsa-licylsäure oder Paracetamol. Durch seine spasmolytische Wirkung ist es bei Krämp-fen der Hohlorgane indiziert. Wirkeintritt: 1 – 8 Minuten, Maximum nach 60 Minu-ten; Wirkdauer: 2 – 6 Stunden.Dosierung0,5 – 1,0 mg Metamizol = 1 – 2 ml Lösung = 10 – 20 mg/kg KG langsam über 1 – 2 Mi-nuten i.v., nach 4 Stunden gegebenenfalls Wiederholung.NebenwirkungenBlutdruckabfall, Blutbildschäden (Agranu-lozytose, sehr selten), allergische Reaktion bis hin zum Schock (sehr selten).KontraindikationenRisikoabschätzung bei Hypotonie.InkompatibilitätenNicht mit Lösungen mit saurem pH-Wert mischen (Ausfällung).

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˘  Naloxon – Naloxon®, Narcanti®WirkungNaloxon wirkt als direkter Antagonist an den Opiatrezeptoren und wird im Ret-tungsdienst als Antidot eingesetzt. Es ver-drängt nahezu alle Opiate aus der Rezep-torbindung.IndikationenIntoxikationen mit Opioiden/Opiaten, Drogenintoxikationen (Heroin), Überdo-sierung von Opioiden/Opiaten im Rah-men der Schmerztherapie.DosierungSiehe Tabelle 43.NebenwirkungenRR-Anstieg, Tachykardie, Entzugssympto-matik.KontraindikationenBekannte Unverträglichkeiten.Achtung!Durch die meist hervorgerufene Entzugs-symptomatik kommt es bei der Gabe von Naloxon bei Drogenintoxikationen oft zu Aggressionen und gewalttätigen Hand-lungen der Patienten gegenüber dem Ret-tungsdienstpersonal.

˘  Nitrate WirkungNitrate gehören zur Gruppe der Antihy-pertensiva. Der im Rettungsdienst am häufigsten verwendete Wirkstoff ist Gly-ceroltrinitrat (Nitrangin®, Nitrolingual®). Glyceroltrinitrat setzt Stickstoffmonoxid (NO) im Organismus frei, was zur Dilata-tion der großen venösen Gefäße sowie der Herzkranzgefäße mit resultierender Senkung der Vorlast und Verbesserung der Koronardurchblutung führt. Außer-dem wird dadurch der Sauerstoffver-brauch des Herzens herabgesetzt.

Gleichzeitig führt die Dilatation der Gefäße in den meisten Fällen aber auch zu einem nennenswerten RR-Abfall und einer daraus resultierenden reflekto-rischen Tachykardie.IndikationenAngina pectoris, Herzinfarkt, Linksherz-insuffizienz mit kardialem Lungenödem, hypertensiver Notfall.KontraindikationenBekannte Unverträglichkeit, Hypoto-nie 100 – 120 mmHg (bzw. deutlich unter Normwert des Patienten), Bradykardie als möglicher Hinweis auf eine „Rechtsherz-beteiligung“, Schock, Einnahme von Me-dikamenten gegen erektile Dysfunktion < 24 h (z.B. Viagra®/Sildenafil) oder pul-monale Hypertonie (z.B. Revatio®/Silden-afil), akuter Rechtsherzinfarkt, Lungenem-bolie.Dosierung– 0,4 – 0,8 mg (= 1 – 2 Hübe) sublingual– 1 – 6 ml/h i.v. (über Perfusor

50 mg/50 ml) unter engmaschiger RR-Kontrolle

– handelsübliche Ampullen: 1 Ampulle = 5, 25 oder 50 ml. Pro ml ist in allen Ver-packungseinheiten jeweils 1 mg Wirk-stoff enthalten.

Tab. 43 ˘ Dosierung von NaloxonPatient/Indikation Dosis

Erwachsener (Notfall)

Drogennotfall

0,4 - 2,0 mg i.v. (i.m./s.c.) in 3 - 5-min-Intervallen bis 10 mg oderWegtitrieren mit 40 μg jede min i.v.;0,4 - 0,8 mg i.v. (0,8 mg i.m.)

Kind (Notfall) 0,1 mg/kg KG i.v. (i.m./s.c.) alle 10 min

Neugeborene (Nofall)

10 - 100 μg/kg KG

Erwachsener (Remorphinisie-rungsprophylaxe)

5 - 15 μg/kg KG/h (bis 30 μg/kg KG/h bei Methadon-Intoxikation)

Kind (Remorphinisie-rungsprophylaxe)

10 - 150 μg/kg KG/h

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Achtung!Bei der Verabreichung von Glyceroltrini-trat ist als Kontraindikation besonders die Einnahme von Medikamenten gegen erektile Dysfunktion < 24 h (z.B. Viagra®/Sildenafil) zu beachten. Außerdem müs-sen vor der Applikation immer der RR ge-messen und die Grenzwerte (SOP) zur Ap-plikation beachtet werden.

˘  Opiate: Morphin (BtM)ZusammensetzungEine Ampulle Morphinum hydrochlori-cum zu 1 ml enthält 10 bzw. 20 mg Mor-phinhydrochlorid, eine Tablette MST Mundipharma® 10, 30, 60 oder 100 mg.WirkungWirkungseintritt: 5 Minuten, Wirkmaxi-mum nach 20 Minuten; Wirkdauer: 3 – 5 Stunden.DosierungIntravenös fraktioniert, bis ausreichende Analgesie erreicht; in Kombination mit Antiemetika, Neuroleptika oder Sedativa. KontraindikationCave: Asthma bronchiale (Histaminfrei-setzung).

˘  Opiate: Pethidin / Dolantin® (BtM)ZusammensetzungEine Ampulle zu 2 ml enthält 50 mg Pethidin.WirkungMorphinähnliches Wirkprofil, an Gal-le, Darm und Harnblase jedoch weniger spasmogen (krampferzeugend). Es besitzt einen Ceiling-Effekt, d.h. wenn alle Opi-atrezeptoren besetzt sind, kommt es trotz Dosissteigerung zu keiner Wirkungs-zunahme und zu keiner Steigerung der Atemdepression. Dieser Effekt tritt bei ei-

ner Dosis ab etwa 200 mg ein. Wirkstär-ke: ein Zehntel so wirksam wie Morphin; Wirkungseintritt: 5 Minuten, Maximum nach ungefähr 15 Minuten; Wirkdauer: 2 – 3 Stunden.Dosierung50 – 100 mg i.v. verdünnt nach Wirkung; Gabe s.c. oder i.m.: 1 – 2 ml unverdünnt.NebenwirkungenBradykardie, Tachykardie, Hypotonie, Bronchospasmen, Übelkeit, Überempfind-lichkeitsreaktionen.

˘  Opiate: Fentanyl / Fentanyl®-Janssen (BtM)

ZusammensetzungEine Ampulle zu 2 ml enthält 0,1 mg Fentanyl, zu 10 ml 0,5 mg.WirkungFentanyl (i.v.) ist ein Analgetikum zum Einsatz als analgetischer Zusatz während der Allgemeinanästhesie. Es soll deshalb nur in Situationen angewendet werden, die ggf. auch eine Beatmung ermöglichen (materiell und personell). Der Einsatz zur Mono analgesie wird abweichend von der Herstellerempfehlung im Notarztdienst beobachtet. Das potentere Sufentanil er-setzt in vielen Kliniken und RD-Bezirken das Fentanyl.Wirkstärke: 100 – 200 im Vergleich zu Morphin, Wirkungseintritt: 20 Sekunden, Maximum nach ca. 2 Minuten; Wirkdauer: 20 Minuten, kein Ceiling- Effekt.DosierungInitialdosis zur Anästhesie: 5,0 µg/kg KG i.v.NebenwirkungenAusgeprägte Atemdepression, Kreis-laufwirkungen wie bei Morphin, initiale Blutdrucksenkung, Übelkeit und Erbre-chen.

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KontraindikationenVorsicht bei Asthmatikern (geringe Hista-minfreisetzung, aber Erhöhung der Tho-raxrigidität, Tonusverlust der Bronchial-muskulatur).

˘  Opiate: Tramadol / Tramal®ZusammensetzungEine Ampulle zu 1 ml enthält 50 mg, zu 2 ml 100 mg Tramadol. WirkungWirkstärke: ca. 0,1 von Morphin; Wir-kungseintritt: 5 – 8 Minuten, Maximum nach 20 Minuten; Wirkdauer: 3 – 4 Stun-den.DosierungInitialdosis: 1,0 – 1,5 mg/kg KG langsam i.v., gegebenenfalls Wiederholung.NebenwirkungenÜbelkeit (verglichen mit anderen Opio-iden stärker ausgeprägt), Schwitzen, Se-dierung. Der Einsatz von Tramal® im Rettungsdienst ist wegen der geringen Wirkstärke fragwürdig. Opioid ohne BtM-Pflicht.

˘  Nifedipin / Adalat®,Nitrendipin / Bayotensin akut®

ZusammensetzungEine Kapsel Nifedipin enthält 10 mg Ni-fedipin. Eine Phiole Nitrendipin enthält 5 mg.IndikationenHypertensiver Notfall, jedoch nicht Mittel der 1. Wahl.WirkungDer Wirkstoff Nifedipin gehört zur Grup-pe der Kalziumantagonisten des Dihydro-pyridintyps. Am Herzen kommt es durch eine Hemmung des Kalziumkanals zu ei-ner Verringerung der intrazellulären Kal-

ziumkonzentration. Die Folgen sind eine Abschwächung der Kontraktionskraft, ei-ne Reduzierung der Herzfrequenz und ei-ne Verzögerung der Überleitung. Das er-wünschte Ergebnis ist eine Senkung des Sauerstoffbedarfs und des Blutdruckes.

Im Gegensatz zu anderen Kalziuman-tagonisten (z.B. Verapamil) beeinflusst Nifedipin die kardiale Erregungsbildung und -leitung nicht und hat somit keine antiarrhythmische Wirkung.Dosierung1 – 2 Kapseln. Adalat® wird oral verab-reicht! Die beste und schnellste Resorp-tion ist dann gegeben, wenn eine Kapsel zerbissen und anschließend mit Restin-halt geschluckt wird. Bei Beißschwierig-keiten kann die Gelatinekapsel mit einer Kanüle angestochen werden.NebenwirkungenKopfschmerzen, Wärmegefühl, Blutan-sammlung im Gesicht (Flush), initiale starke Blutdrucksenkung, pektanginöse Beschwerden.KontraindikationenSchwere Hypotonie (cave: Überdosierung), Schock, Herzinfarkt; cave: Die Gabe von kurzwirksamen Kalziumantagonisten wie Nifedipin und Nitrendipin (Bayoten-sin akut®) beim Herzinfarkt verschlech-tert die Prognose des Patienten deutlich und ist somit strikt kontraindiziert.