15
37 3 Ultraschall in der Regionalanästhesie Lange Zeit galt die sonografische Darstellung von Nerven als nicht durchführbar. Seit Ende der 70 er Jahre des letz- ten Jahrhunderts wurden jedoch zunehmend Arbeiten veröffentlicht, welche die Darstellung nervaler Struktu- ren durch sonografische Untersuchungen beschreiben. Dies wurde durch die technische Entwicklung von hoch- auflösenden Ultraschallsystemen möglich. Sample et al. identifizierten 1978 als erstes den N. la- ryngeus. 1985 belegten Solbati et al., dass die Sonografie aufgrund der Darstellbarkeit möglicher Pathologika im Verlauf des N. laryngeus bei der Diagnostik von Stimm- bandlähmungen eine wertvolle Ergänzung bildet. Dabei wurde der Nerv als hypoechogene Struktur mit einem Diameter von 1–2 mm beschrieben. 1988 setzte Fornage erstmalig einen Linearscanner mit 7,5 MHz für die Untersuchung peripherer Nerven in der oberen und unteren Extremität ein. Auch er be- schrieb die Nerven als hypoechogene Struktur mit fibril- lären Unterbrechungen, ähnlich der sonografischen Struktur von Sehnen, und konnte pathologische Be- funde an den Nerven erheben. Fornage stellt außerdem in seiner Publikation fest, dass zur Identifikation der Nerven mit Hilfe des Ultraschalls die sichere Identifika- tion der umliegenden anatomischen Strukturen not- wendig ist. Graif et al. (1991) untersuchten sonografisch den N. is- chiadicus bei insgesamt 10 Freiwilligen und 16 Patien- ten mit Verdacht auf Nervenläsionen. Der N. ischiadicus stellte dabei eine fibrilläre Grundstruktur dar und im Transversalschnitt wurden feinblasige hypoechogene Reflexzonen festgestellt. Silvestri et al. (1995) bestätigten die vorherigen Be- funde und erkannten durch Vergleiche mit histologi- schen Präparaten, dass es sich bei den hyperechogenen fibrillären Strukturen um eine Mischung aus Bindege- webe, feinen Blutgefäßen und Fettgewebe handelt. Sheppard et al. (1998) untersuchten an Freiwilligen die Möglichkeit der Darstellung des brachialen Plexus und konnten die jeweiligen Trunki, Faszikel und Nerven sowohl supra- als auch infraklavikulär darstellen. Auch hier imponierten die jeweiligen Strukturen des Plexus brachialis als klar abgrenzbare hypoechogene Bezirke mit teilweise hyperechogenem Saum. Aufgrund dieser Befunde wurde erstmalig die Verwendung der Sonogra- fie für anästhesiologische Zwecke in Betracht gezogen. Weitere Arbeiten mit ähnlichen Ergebnissen folgten sowohl in der radiologischen als auch in der anästhesio- logischen Literatur. Yang et al. (1998) sowie Perlas et al. (2003) beschrieben die sonografische Unterstützung bei der Blockade des Plexus brachialis – unabhängig vom Zugang – als sicher und effektiv. Bei den letztgenannten Arbeiten wurden Frequenzen von 15 MHz angewandt, ein Bereich, der aufgrund hoher Investitionskosten im Routinealltag der Klinik bislang noch keinen hohen Stel- lenwert besitzt. 3.1 Voraussetzungen für die Darstellung von Nerven- gewebe Bezüglich des Auflösungsvermögens im Bereich peri- pherer Nerven ist der Ultraschall dem MRT als gleich- wertig zu betrachten, in einigen Fragestellungen sogar überlegen. Bei Anwendung hoher Frequenzen lässt sich eine hohe Auflösung erzielen. Bekanntermaßen geht je- doch eine hohe Auflösung auf Kosten der Eindringtiefe. Für die Darstellung peripherer Nerven werden in der Regel Frequenzen zwischen 7 und 12 MHz verwendet, die Grenzen für die Eindringtiefe liegen bei ca. 5 cm ab Hautniveau. Bei niedrigerer Frequenz können weniger Faszikel aufgelöst werden und es kommt zu einer Ver- schmelzung der Fasern. Laut Literatur werden idealer- weise auch im Rückenmarkbereich Frequenzen zwi- schen 5 und 10 MHz benutzt. Persönlich empfehlen wir eine feste Einstellung des Ultraschall-Gerätes auf 10 MHz und – wie für die Dar- stellung von Gefäßen – die Verwendung eines Linear- schallkopfes. Dadurch kann für beide Anwendungsge- biete – Gefäßpunktion und Blockade von Nerven – die- selbe Geräteausrüstung vom Anästhesisten genutzt werden und das umständliche Wechseln von Gerät- schaften entfällt. Die Darstellung nervaler Strukturen ist stark abhängig von der Position des Schallkopfes. Allein die Verschie- bung in bestimmte Richtungen kann eine scheinbare Veränderung der anatomischen Strukturen hervorrufen (Abb. 3.1). Dessen sollte man sich während der sonogra- fischen Untersuchung immer bewusst sein. aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

37 3 Ultraschall in der Regionalanästhesie · pherer Nerven ist der Ultraschall dem MRT als gleich-wertig zu betrachten, in einigen Fragestellungen sogar überlegen. Bei Anwendung

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • 37

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    Lange Zeit galt die sonografischeDarstellung vonNervenals nicht durchführbar. Seit Ende der 70er Jahre des letz-ten Jahrhunderts wurden jedoch zunehmend Arbeitenveröffentlicht, welche die Darstellung nervaler Struktu-ren durch sonografische Untersuchungen beschreiben.Dies wurde durch die technische Entwicklung von hoch-auflösenden Ultraschallsystemen möglich.

    Sample et al. identifizierten 1978 als erstes den N. la-ryngeus. 1985 belegten Solbati et al., dass die Sonografieaufgrund der Darstellbarkeit möglicher Pathologika imVerlauf des N. laryngeus bei der Diagnostik von Stimm-bandlähmungen eine wertvolle Ergänzung bildet. Dabeiwurde der Nerv als hypoechogene Struktur mit einemDiameter von 1–2 mm beschrieben.

    1988 setzte Fornage erstmalig einen Linearscannermit 7,5 MHz für die Untersuchung peripherer Nerven inder oberen und unteren Extremität ein. Auch er be-schrieb die Nerven als hypoechogene Struktur mit fibril-lären Unterbrechungen, ähnlich der sonografischenStruktur von Sehnen, und konnte pathologische Be-funde an den Nerven erheben. Fornage stellt außerdemin seiner Publikation fest, dass zur Identifikation derNerven mit Hilfe des Ultraschalls die sichere Identifika-tion der umliegenden anatomischen Strukturen not-wendig ist.

    Graif et al. (1991) untersuchten sonografisch den N. is-chiadicus bei insgesamt 10 Freiwilligen und 16 Patien-ten mit Verdacht auf Nervenläsionen. Der N. ischiadicusstellte dabei eine fibrilläre Grundstruktur dar und imTransversalschnitt wurden feinblasige hypoechogeneReflexzonen festgestellt.

    Silvestri et al. (1995) bestätigten die vorherigen Be-funde und erkannten durch Vergleiche mit histologi-schen Präparaten, dass es sich bei den hyperechogenenfibrillären Strukturen um eine Mischung aus Bindege-webe, feinen Blutgefäßen und Fettgewebe handelt.

    Sheppard et al. (1998) untersuchten an Freiwilligendie Möglichkeit der Darstellung des brachialen Plexusund konnten die jeweiligen Trunki, Faszikel und Nervensowohl supra- als auch infraklavikulär darstellen. Auchhier imponierten die jeweiligen Strukturen des Plexusbrachialis als klar abgrenzbare hypoechogene Bezirkemit teilweise hyperechogenem Saum. Aufgrund dieserBefunde wurde erstmalig die Verwendung der Sonogra-fie für anästhesiologische Zwecke in Betracht gezogen.

    Weitere Arbeiten mit ähnlichen Ergebnissen folgtensowohl in der radiologischen als auch in der anästhesio-logischen Literatur. Yang et al. (1998) sowie Perlas et al.(2003) beschrieben die sonografische Unterstützung beider Blockade des Plexus brachialis – unabhängig vomZugang – als sicher und effektiv. Bei den letztgenanntenArbeiten wurden Frequenzen von 15 MHz angewandt,ein Bereich, der aufgrund hoher Investitionskosten imRoutinealltag der Klinik bislang noch keinen hohen Stel-lenwert besitzt.

    3.1 Voraussetzungen für dieDarstellung von Nerven-gewebe

    Bezüglich des Auflösungsvermögens im Bereich peri-pherer Nerven ist der Ultraschall dem MRT als gleich-wertig zu betrachten, in einigen Fragestellungen sogarüberlegen. Bei Anwendung hoher Frequenzen lässt sicheine hohe Auflösung erzielen. Bekanntermaßen geht je-doch eine hohe Auflösung auf Kosten der Eindringtiefe.Für die Darstellung peripherer Nerven werden in derRegel Frequenzen zwischen 7 und 12 MHz verwendet,die Grenzen für die Eindringtiefe liegen bei ca. 5 cm abHautniveau. Bei niedrigerer Frequenz können wenigerFaszikel aufgelöst werden und es kommt zu einer Ver-schmelzung der Fasern. Laut Literatur werden idealer-weise auch im Rückenmarkbereich Frequenzen zwi-schen 5 und 10 MHz benutzt.

    Persönlich empfehlen wir eine feste Einstellung desUltraschall-Gerätes auf 10 MHz und – wie für die Dar-stellung von Gefäßen – die Verwendung eines Linear-schallkopfes. Dadurch kann für beide Anwendungsge-biete – Gefäßpunktion und Blockade von Nerven – die-selbe Geräteausrüstung vom Anästhesisten genutztwerden und das umständliche Wechseln von Gerät-schaften entfällt.

    Die Darstellung nervaler Strukturen ist stark abhängigvon der Position des Schallkopfes. Allein die Verschie-bung in bestimmte Richtungen kann eine scheinbareVeränderung der anatomischen Strukturen hervorrufen(Abb. 3.1). Dessen sollte man sich während der sonogra-fischen Untersuchung immer bewusst sein.

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 38

    Grundsätzlich ist zu sagen, dass es ein spezifisches so-nografisches Zeichen bzw. einen „Indikator“ für nervaleStrukturen nicht gibt. Die jeweilige Darstellung und so-mit auch die Identifizierung der Nerven ist von so vielenParametern abhängig, dass eine Voraussage nur bedingtmöglich ist. Nicht zu vernachlässigen ist ferner die hoheindividuelle Variabilität. Dies alles erschwert dem An-fänger die Interpretation und Detektion von Nerven er-heblich.

    Im Allgemeinen ist die Darstellung nervaler Struktu-ren äußerst inhomogen. Dies hat mehrere Ursachen. Mi-kroskopisch betrachtet, handelt es sich bei einem Nervum eine so genannte „hypoechogene“ Struktur. Die „Hy-poechogenität“ stellt sich sonografisch als eine dunkleZone dar. Diese Zone entspricht also der eigentlichennervalen Struktur. Die faszikulären Umhüllungen diesernervalen Strukturen – also Perineurium, Binde- undFettgewebe – können jedoch erheblich zu einer Refle-xion beitragen, was als „hyperechogene“ Struktur impo-niert. Als Summationseffekt dieser beiden Phänomeneerhält man eine Mischung aus hell aufblitzenden For-men, die mit einer Fülle von feinblasigen Binnenstruk-turen vergesellschaftet sind. Je nach Nerv kann das Ver-hältnis zwischen hypo- und hyperechogenen Anteilenunterschiedlich ausfallen (Abb. 3.2 u. Abb. 3.3). Zudemsind diese Phänomene je nach Einstellung des Ultra-schallgerätes und Wahl des Winkels des Schallkopfesunterschiedlich ausgeprägt.

    Allgemein gilt, dass man dann eine optimale sonogra-fische Darstellung von Nervengewebe erzielt, wenn die

    Abb. 3.1 Schematische Darstellung eines Querschnittsdurch einen Nerv.

    Abb. 3.2 Die Mischung aus hypo- undhyperechogenen Anteilen einer nervalenStruktur ist je nach Nerv unterschiedlich,wie hier am Beispiel des N. ischiadicusbzw. des N. musculocutaneus deutlichwird. Beide Nerven unterscheiden sichbezüglich ihrer sonografischen Echotexturerheblich.

    Abb. 3.3 Die Trunki (N) des Plexus brachialis erscheinendeutlich hypoechogen mit einem hyperechogenen Saum, derdem Perineurium und Fett entspricht.

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 39

    Abb. 3.4 Durch Veränderung der Lagedes Schallkopfes (US) und der Richtungder Schallwellen kann eine scheinbarePositionsverschiebung der Nerven (N)vorgetäuscht werden.

    Schallwellenebene die jeweils zu untersuchenden Ner-ven orthograd schneidet. Schon geringfügige Änderun-gen können die Bildqualität erheblich beeinträchtigen.Daher ist es sinnvoll, den Schallkopf einige Male zu kip-pen, bis die beste Darstellung am Monitor erscheint(Abb. 3.4 bis 3.7).

    Sehr leicht können Nerven mit Sehnen verwechseltwerden. Gerade an der unteren Extremität kommen sol-che Situationen häufiger vor, da beide Strukturen vielehyperechogene Anteile besitzen. In solchen Fällen mussman sich in erster Linie an der topografischen Anatomieorientieren. Weiterhin können Verläufe – wie die Auf-zweigung nach distal beim N. ischiadicus –, die typischfür eine bestimmte Struktur sind, als weiteres Unter-scheidungskriterium herangezogen werden.

    Abb. 3.5 Die sonografische Darstellung von Nerven wird er-heblich vom Winkel der Schallebene beeinflusst. Die güns-tigste Darstellung erreicht man bei orthogradem Auftreffender Schallwellen auf die Nervenfasern.

    Abb. 3.6a, b Darstellung des N. ischiadicus bei verschiede-nen Winkeln zur Schallebene.a Der Winkel zwischen Schallebene und Nerv beträgt ca. 45°.Der N. ischiadicus lässt sich zwischen den Muskellogen nurerahnen.

    b Der Winkel zwischen Schallebene und Nerv beträgt ca. 90°.Der N. ischiadicus lässt sich jetzt optimal sonografisch dar-stellen und grenzt sich eindeutig von der Umgebung ab.

    a b

    3.1 Voraussetzungen für die Darstellung von Nervengewebe

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 40

    Abb. 3.7a, b Schematische Darstellung des Puktionsvor-ganges zur Nervenblockade.a Die Punktionsnadel liegt in unmittelbarer Nähe des Nervs,das Lokalanästhetikum verteilt sich konzentrisch. Obenrechts ist die entsprechender Monitordarstellung abgebil-det.

    b Die Punktionsnadel ist paranerval plaziert, das Lokalanäs-thetikum verteilt sich ebenfalls konzentrisch. Oben rechtsentsprechende Monitordarstellung.

    An der oberen Extremität sind viele der sonografischzugänglichen Nerven eher als hypoechogene Gesamt-struktur zu erkennen. Im Gegensatz dazu erscheinen dieNerven der unteren Extremität in der sonografischenDarstellung mit mehr Anteilen von „harten“ Reflexmus-tern verbunden und somit eher hyperechogen.

    Mittels Ultraschalluntersuchung lassen sich folgendeVeränderungen im Nervengewebe erfassen:➥ Schwellungen (bedingt durch Trauma, Infekt, Häma-

    tom etc.),➥ Nervenkompressionen,➥ raumfordernde Prozesse.

    Neben den nervalen Strukturen lässt sich auch die Punk-tionsnadel zur Applikation von Lokalanästhetika sono-grafisch darstellen. Sowohl Nerv als auch Nadel gleich-zeitig optimal darzustellen, erfordert einige Übung. Da-her empfiehlt es sich, Erfahrungen bei der ultraschallge-stützten Punktion von großen Gefäßen zu sammeln unddiese auf die Nervenblockade zu übertragen. Die Punkti-onsnadel zeigt sich dabei als hyperechogene Struktur.Auch anhand der Gewebeverdrängung und -verschie-bung während des Punktionsvorgangs kann die Nadel-position lokalisiert werden. All diese Zeichen gilt es zunutzen, um eine effektive Blockade zu erreichen.

    Zusammenfassend ist die sonografische Darstellungvon Nerven von folgenden Faktoren abhängig:➥ Art des Nervs,➥ verwendete Frequenz,➥ Anatomie der umgebenden Strukturen,➥ Winkel zwischen Schallebene und Nerv,➥ individuelle Variabilität,➥ persönliche Erfahrung des Anwenders.

    Bei Einhaltung der oben genannten Voraussetzungenermöglicht die Sonografie die kostengünstige nichtinva-sive Darstellung von Nervengewebe. Für die Anwen-dung des Ultraschalls in der Regionalanästhesiologie er-geben sich folgende Vor- und Nachteile:

    Vorteile:

    ➥ schnellere Durchführung,➥ Minimierung von Komplikationen,➥ insgesamt Reduktion von Kosten,➥ unabhängig von anatomischen Verhältnissen,➥ Visualisierung der Punktion,➥ Möglichkeit der nachträglichen Komplettierung von

    nicht ausreichenden Blockaden,➥ Detektion von untypischen Nervenverläufen,➥ Kontrolle und Korrekturmöglichkeit der Ausbreitung

    des Lokalanästhetikums,➥ Detektion pathologischer Befunde,➥ teilweise Steigerung der Erfolgsrate von Nervenblo-

    ckaden.

    Nachteile:

    ➥ Anschaffungskosten,➥ mehr Materialien erforderlich,➥ regelmäßiges Training unabdingbar.

    Auch bei der ultraschallgestützten Nervenblockadesollte man sich – analog zu den ultraschallgesteuertenPunktionen großer Gefäße – an eine vorab definierteVorgehensweise halten. Diese beinhaltet:➥ Aufklärung des Patienten: Wie bei allen Maßnah-

    men müssen die Patienten über die sonografischeUntersuchung informiert werden. Die Erklärung,dass die Nerven vor der Blockade mittels Ultraschallaufgesucht und dargestellt werden, wird von den Pa-tienten gerne angenommen.

    ➥ Inspektion vor jeder Maßnahme: Es bietet sich an,die Nervenverläufe, aber auch angrenzende Struktu-ren wie Sehnen und Gefäße vorab zu untersuchen.Gerade dem Anfänger unterlaufen häufig Verwechs-lungen, vor allem von Nerven und Sehnen. Auch

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    a b

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 41

    sollte der günstigsteWinkel des Schallkopfs zur Hautbestimmt werden, bei dem die optimalste Nerven-darstellung zu erzielen ist. Ebenso sollte die Vergrö-ßerung ermittelt werden, bei der die besten Voraus-setzungen für die spätere Punktion vorliegen.

    ➥ Optimierung der Lagerung: Bei der Blockade peri-pherer Nerven sollte die Lagerung selbstverständlichso gestaltet sein, dass der Patient so bequem wiemöglich liegt und zugleich der Informationsgewinnaus der Bildgebung so optimal wie möglich ist.

    3.2 UltraschallgesteuerteAnnäherung an Nerven

    Neben der korrekten Darstellung von nervalen Struktu-ren bedarf es bei der Punktion auch der sicheren Annä-herung an den entsprechenden Nerv. Das heißt, dassauch der Vorgang der Punktion sonografisch sicher dar-gestellt werdenmuss, um letztlich die korrekte Applika-tion von Lokalanästhetika zu gewährleisten.

    Bezüglich der sonografischen Darstellung des Punkti-onsvorganges sind vorab einige Grundüberlegungennotwendig. Einerseits muss das Zielorgan – hier der zublockierende Nerv – in der Schallebene sicher darge-stellt werden und darf während des Punktionsvorgangsnicht aus der Bildfläche verschwinden. Andererseitsmuss die Punktionsebene mit der Schallebene so aufei-nander abgestimmt sein, dass sich die Punktionsnadelgut darstellen lässt.

    Der ultraschallgesteuerte Punktionsvorgang zur Blo-ckade peripherer Nerven kann – analog zur ultraschall-gesteuerten Gefäßpunktion – auf zwei verschiedeneWeisen durchgeführt werden:➥ Die Punktionsnadel steht in einem definierten Win-

    kel zur Schallebene und wird von dieser geschnitten.Die Punktionsnadel wird zur Schallebene vorgescho-ben, bis beide sich treffen und es zu einer Reflexionder Schallwellen kommt. Dadurch stellt sich diePunktionsnadel als solitärer Punkt dar. Die Lage derSpitze der Punktionskanüle kann somit nur vermutetwerden (vgl. Abb. 1.15).

    ➥ Die Punktionsnadel bewegt sich in der Schallebeneund kann in ihrer vollen Länge dargestellt werden.Dadurch lässt sich die Position der Spitze der Punkti-onskanüle exakt bestimmen. Diese Vorgehensweiseist speziellen Blockaden vorbehalten und erfordertvom Anwender einige praktische Erfahrung (vgl.Abb. 1.16).

    Stehen Schallebene und Punktionsebene parallel zuei-nander, so kann keine Bildgebung der Punktionsnadelerfolgen, da keine Schallwellen reflektiert werden. Dasheißt, es sollte ein Winkel zwischen 60° und 120° ge-wählt werden. In diesem Bereich können – je nach Ge-webe und Konfiguration der Punktionsnadel – entspre-chende Schalleffekte dargestellt werden.

    Nicht selten werden jedoch keine Schalleffekte darge-stellt. In diesen Fällen besteht auch die Möglichkeit, diePosition der Nadel indirekt über die Verdrängung, Ver-schiebung und Stauchung des Gewebes zu bestimmen.Dies sollte allerdings als suboptimale Vorgehensweiseerachtet und – wenn möglich – nur in Ausnahmefällenpraktiziert bzw. akzeptiert werden.

    Üblicherweise wird versucht – egal ob mit Nervensti-mulator oder mit Ultraschall –, die Punktionsnadel sonah wie möglich an den Nerv heranzuführen um an-schließen das Lokalanästhetikum zu injizieren(Abb. 3.7a). Eine weitereMöglichkeit ist die so genannteparanervale Punktion. Dabei wird bewusst nicht mitden nervalen Strukturen Kontakt aufgenommen, son-dern die Punktionsnadel wird neben den jeweils zu blo-ckierenden Nerv gebracht (Abb. 3.7b). Die anschlie-ßende Applikation des Lokalanästhetikums kann dannultraschallgesteuert erfolgen. Die Überlegung dabei ist,dass für das korrekte Ausbreitungsverhalten des Loka-lanästhetikums nur eine relative Nähe der Punktionsna-del zum Nerv erforderlich ist und ein gewisser Abstanddie Entwicklung einer kompletten Nervenblockadenicht beeinträchtigen muss. Diese ultraschallgesteu-erte paranervale Punktion (UPP) erscheint in einigenSituationen und für bestimmte Blockadetechniken inte-ressant, ist aber noch Gegenstand weiterer Untersu-chungen. Nach persönlicher Erfahrung kann bei Blocka-den des Plexus brachialis oder des N. ischiadicus eineähnlich hohe Trefferquote erzielt werden wie beim di-rekten „Anpeilen“ der Nerven. Voraussetzung ist jedochdie permanente Beobachtung des Ausbreitens der Loka-lanästhetika. Dadurch kann eine korrekte Infiltrationder zu blockierenden Nerven erreicht werden.

    3.3 UltraschallgesteuerteApplikation von Lokal-anästhetika

    Der Applikation von Lokalanästhetika unter sonografi-scher Kontrolle kommt eine große Bedeutung in der An-ästhesiologie zu. Sind sonografische Inspektion undPunktion sicher eingeübt (siehe L.U.C.I.A. Kap. 1), sokann dieses Verfahren als nächstes angewandt werden.

    Nachdem die korrekte Position der Punktionskanülesonografisch ermittelt wurde, kann – nach vorherigerAspiration – das Lokalanästhetikum injiziert werden. Dader Untersucher Schallkopf und Punktionsnadel hält,bedarf es einer weiteren Arbeitskraft für den Injektions-vorgang.

    Wichtig ist, genau darauf zu achten, wie sich das Loka-lanästhetikum ausbreitet. Normalerweise sollte es sichkonzentrisch umden jeweils zu blockierendenNerv aus-breiten, um eine komplette Nervenblockade zu bewir-ken. Die Verteilung des Lokalanästhetikums kann sono-grafisch bestens beobachtet und kontrolliert werden(Abb. 3.8). Im Falle einer Ausbreitung neben dem Nerv

    3.3 Ultraschallgesteuerte Applikation von Lokalanästhetika

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 42

    Abb. 3.8 Sonografische Darstellung eines isolierten N. is-chiadicus (oben vor, unten nach Aufzweigung in N. peronaeusund N. tibialis) vor und nach einstündiger Behandlung mit Pri-locain 1%: Man erkennt eine deutliche Schwellung des nerva-

    len Gewebes mit Zunahme der hypoechogenen blasigenStrukturen, was der Resorption von Lokalanästhetikum ent-spricht.

    oder gar weg davon – muss mit einer inkompletten Blo-ckade gerechnet werden. Zeichnet sich eine inadäquateAusbreitung des Lokalanästhetikums ab, kann die Injek-

    tion rechtzeitig gestopptundnachKorrekturder Positionder Punktionsnadel noch einmal durchgeführt werden.

    Andererseits kann das Lokalanästhetikum auch verse-hentlich in die umgebendeMuskulatur injiziert werden.Dies erkennt man daran, dass das Depot des Lokalanäs-thetikums keine glatte Begrenzung aufweist, sonderneine unscharfe Kontur inne hat. Eine Beziehung zumNerv ist nicht vorhanden und damit auch keine blockie-rende Wirkung.

    Die erfolgreiche Blockade wird klinisch anhand derToleranz chirurgischer Stimuli bzw. an der Reduktionder Beschwerden gemessen. Über vergleichende Unter-suchungen bezüglich der Erfolgsrate der ultraschallge-steuerten vs. der nervenstimulationsgesteuerten Blo-ckade ist in der Literatur bislang wenig publiziert wor-den. Marhofer et al. (1997) ermittelten für die Blockadedes N. femoralis bei Anwendung des Ultraschalls eineähnlich hohe Trefferquote wie bei Anwendung des Ner-venstimulators. Ähnliche Ergebnisse konnten in eigenenUntersuchungen festgestellt werden, in denen die Blo-ckadeerfolge beim axillären Plexus brachialis mit denenaus der Literatur verglichen wurden (Abb. 3.9 u. 3.10).Hierbei ergab sich eine ähnlich hohe Trefferquote beiAnwendung des Ultraschalls zur Blockade des axillärenPlexus brachialis (ca. 97%) wie bei Anwendung einesNervenstimulators (65–95%).

    Erfolgsrate

    Abb. 3.9 Erfolgsraten bei der Blockade des axillären Plexusbrachialis bei Verwendung verschiedener Hilfsmittel (u. a. nachNeal et al. [2002] und eigenen Erfahrungen). PÄ: Parästhesien,TA: transarteriell, NS: Nervenstimulation, US: Ultraschall.

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 43

    Erfolgsrate

    Abb. 3.10 Prozentuale Angaben der Erfolgsraten verschie-dener ultraschallgesteuerter peripherer Nervenblockaden beica. 300 Patienten in einem Zeitraum von ungefähr 18 Mona-ten an folgenden Punktionsorten: ax. P.: axillärer Plexus bra-chialis, isk. P.: interskalenärer Plexus brachialis, dist. I.: distalerM. ischiadicus im Bereich der Fossa poplitea, Fem.: N. femora-lis im Bereich der Leiste.

    3.4 UltraschallgesteuerteBlockaden an der oberenExtremität

    3.4.1 Axillärer Plexus brachialis

    Der axilläre Zugang zur Blockade des Plexus brachialiswird am häufigsten angewandt für Eingriffe am Unter-arm und an der Hand. Trotz hoher Erfolgsraten beimEinsatz eines Nervenstimulators kann mittels der Sono-grafie eine weitere Steigerung der Anzahl an komplet-ten Blockaden erreicht werden. Es bereitet keine großeSchwierigkeiten, sowohl die A. axillaris als auch die um-gebenden Nerven darzustellen (Abb. 3.11).

    Die Patienten werden üblicherweise – wie bei der An-wendung des Nervenstimulators – in Rückenlage gela-gert, der Arm um ca. 90° abduziert und im Ellenbogenauch um ca. 90° gebeugt.

    In dieser Position werden zunächst die Gefäße im Be-reich der Axilla via Ultraschall aufgesucht. Der Schall-kopf wird so positioniert, dass die linke Seite des Bild-schirms immer ulnarwärts gerichtet ist. Anschließendwerden mittels Vergrößerung die nervalen Strukturenidentifiziert. Erst nach dieser Vorinspektion erfolgt dereigentliche Punktionsvorgang.

    Unter sterilen Kautelen werden die A. axillaris und dienervalen Strukturen dargestellt. Der Schallkopf wird sopositioniert, dass die A. axillaris genau in der Mitte desBildschirms zur Darstellung kommt. Unter Sicht wirdeine Hautquaddel mit 1–3ml Scandicain 1% gesetzt. An-schließend wird eine handelsübliche Punktionsionsna-del (z. B. Plexufix 50 mm Fa. Braun/Melsungen, Ger-many) unter gleichzeitiger sonografischer Kontrolle alserstes vorsichtig zum N. radialis vorgeschoben. An die-

    Abb. 3.11a, b Nervale Strukturen im axillären Bereich desPlexus brachialis.a Schematischer Querschnitt.

    b Sonografische Darstellung im Querschnitt. Die jeweiligenNerven sind hypoechogen, jedoch teilweise von schmalenhyperechogenen Strängen durchsetzt.

    ser Stelle werden in der Regel 10 ml Prilocain 1% appli-ziert. Danach werden der N. medianus und der N. ulna-ris in der gleichen Art und Weise aufgesucht und um-spritzt. Optional kann zusätzlich der N. musculocuta-neus mit der gleichen Menge an Lokalanästhetikum in-filtriert werden, falls er sich auf der gewählten Schnitt-ebene darstellen lässt. Er ist gut zu erkennen, weil er

    a b

    3.4 Ultraschallgesteuerte Blockaden an der oberen Extremität

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 44

    meist recht früh den Plexus brachialis verlässt unddurch den M. coracobrachialis läuft.

    Nach eigenen Erfahrungen kann diese Technik rascherlernt werden. Die Erfolgsraten liegen dabei in der Re-gel bei mindestens 97%.

    Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Blockade istdie sichere Darstellung der nervalen Strukturen.Werdendiese nicht gesichtet, so ist eine korrekte Applikation desLokalanästhetikums nicht sicher gewährleistet. DieserFall kann sekundär auftreten, wenn sich das Lokalanäs-thetikum zwischen Schallkopf und Nerv ausbreitet. Ausdiesem Grunde sollte bei der Plexus-Blockade nicht derN. ulnaris bzw.medianus als erstes umspritztwerden, dasomit imVerlaufder tiefer liegendeN. radialis nichtmehrgesichtetwerden kann. Deshalb erfolgt als erstes die Blo-ckade des N. radialis. Idealerweise sollte sich das Loka-lanästhetikum zwischen der Faszie des M. triceps undder A. axillaris ausbreiten (Abb. 3.12). Auf diese Weisekann der N. radialis sicher blockiert werden. Das Loka-lanästhetikumdepot drückt etwas die Gefäß-Nerven-Scheide zur Hautoberfläche hoch, vermag aber nicht dieDarstellung der beiden anderen zu blockierenden Ner-ven zu beeinträchtigen. In manchen Fällen kann sogarwährend der Blockade des N. radialis ein Ausbreiten desLokalanästhetikums zum N. ulnaris bzw. zum N. media-nus beobachtet werden. Dieser Umstand kann ausge-nutzt werden, um mit einem Injektionsvorgang zweiNerven – unter Sicht – zu blockieren.

    Das grundlegende Prinzip der oben beschriebenen ul-traschallgesteuerten Nervenblockade ist im Ausbreitendes Lokalanästhetikums um den jeweils zu blockieren-den Nerv zu sehen. Die Applikation des Lokalanästheti-kums lässt sich sonografisch problemlos darstellen unddessen Ausbreitung sehr gut verfolgen. Der Ausbrei-tungsvorgang muss kontinuierlich beobachtet werden,um eine korrekte Positionierung zu gewährleisten. Brei-tet sich das Lokalanästhetikum versehentlich vom Nerv

    weg aus, so sollte der Injektionsvorgang gestoppt undnach Korrektur der Nadelposition wiederholt werden.

    Der Vollständigkeit halber muss darauf hingewiesenwerden, dass zur Nervenblockade unter sonografischenBedingungen keine erhöhten Ansprüche an die Konfigu-ration der Punktionsnadeln gestellt werden müssen. Esbedarf weder einer Isolation noch eines zuführendenSchenkels zur Stromapplikation. Dadurch kannnatürlicheine deutliche Kostenersparnis erzielt werden.

    Die üblicherweise bei der Anwendung des Nervensti-mulators als „Problemnerven“ in Erscheinung tretendenStrukturen, wie der N. radialis bzw. der N. musculocuta-naeus, können in der Regel sehr leicht sonografisch dar-gestellt werden. Dadurch vermag der Ultraschall dieseLücke leicht zu füllen.

    Der axilläre Plexus brachialis bietet sich als Einstieg –neben dem N. femoralis oder dem N. ischiadicus im Be-reich der Fossa poplitea – an, um die Technik der ultra-schallgesteuerten Nervenblockade zu erlernen, da hierdie anatomischen Strukturen meist leicht zu erkennensind.

    Von Nachteil ist die limitierende Anwendung des Ul-traschalls nach InjektionvonLokalanästhetika.Durchdieinjizierten Substanzen können die anatomischen Bildernicht korrekt sonografisch abgebildet werden, da die fürdenNerv typische Echogenität durchdas Lokalanästheti-kumdepot eingeschränkt wird.

    Indikationen:

    ➥ perioperative Schmerztherapie bei Eingriffen an El-lenbogen, Unterarm und Hand,

    ➥ Mobilisation,➥ Behandlung eines CRPS,➥ Phantomschmerzbehandlung.

    Abb. 3.12 Sonografische Darstellungder nervalen Strukturen im axillären Be-reich des Plexus brachialis vor und nachder Applikation von Lokalanästhetika amN. radialis. Der N. radialis lässt sich unter-halb der A. axillaris darstellen. Beachtedie versehentliche Applikation des Lokal-anästhetikums unterhalb der Faszie desM. triceps. Nach diskretem Zurückziehender Punktionsnadel stellt sich eine kor-rekte Ausbreitung des Lokalanästheti-kums um den N. radialis dar.

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 45

    Abb. 3.13a–e Vorgehensweise bei der ultraschallgesteuer-ten Blockade des axillären Plexus brachialis.a Materialbedarf: Punktionskanüle, steriles Gel, Lokanästhe-tikum.

    b Vorinspektion.c Applikation von sterilem Gel.d Subkutane Applikation von Lokalanästhetikum.e Aufsuchen nervaler Strukturen und anschließende ultra-schallgesteuerte Injektion von Lokalanästhetikum.

    a

    c

    b

    d

    e

    Lagerung:

    ➥ Rückenlage,➥ Oberkörper möglichst flach,➥ Abduktion des Armes um ca. 90°,➥ Beugung im Ellenbogengelenk um ca. 90°.

    Sonografische Orientierung:

    ➥ A. axillaris,➥ M. biceps,➥ M. coracobrachialis,➥ Humerus.

    3.4 Ultraschallgesteuerte Blockaden an der oberen Extremität

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 46

    a b

    c

    Abb. 3.14a–k Anleitung zur ultraschallgesteuerten axillärenPlexusanästhesie.a Vorinspektion.b Vorbereitung zur sterilen Umhüllung des Schallkopfes.c Sterile Umhüllung des Schallkopfes.d Steril umhüllter Schallkopf wird zur Detektion der nervalenStrukturen auf die Haut platziert.

    e Die subkutane Applikation des Lokalanästhetikums wirdunter Sicht durchgeführt.

    f Anleitung zur Punktion der ultraschallgesteuerten axillärenPlexusanästhesie.

    g Anleitung zur Punktion der ultraschallgesteuerten axillärenPlexusanästhesie.

    d

    e f

    g

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 47

    Abb. 3.14h–kh Detektion des günstigsten Punktionswinkels: Schallebeneund Punktionsebene sind hier nahezu parallel zueinander.Dadurch kann keine sichere Schallgebung der Punktions-knüle erfolgen.

    i Erneute Detektion des günstigsten Punktionswinkels:Schallebene und Punktionsebene bilden nun einen Winkel

    h

    j

    i

    k

    von ca. 45°. Dadurch ist eine sichere Schallgebung derPunktionsknüle möglich.

    j Detektion des günstigsten Punktionswinkels: Schallebeneund Punktionsebene bilden einen Winkel von fast 90°. Jenach Darstellung auf dem Monitor kann dieser Winkel zurApplikation der Lokalanästhetika nötig sein.

    k Endgültige Injektion des Lokalanästhetikums zur Blockadedes axillären Plexus brachialis ohne Nervenstimulation.

    Schallkopfposition:

    ➥ Lage im Bereich der Axilla,➥ Schallebene zunächst orthograd zur A. axillaris,➥ Führung des Schallkopfes so proximal wie möglich.

    Sonografische Darstellung derNervenstrukturen:➥ 3 rundliche Bezirke um die A. axillaris, teilweise hy-

    poechogen, gelegentlich vermischt mit hyperechoge-nen Anteilen,

    ➥ hyperechogener Saum jeweils optional,➥ cave: N. musculocutaneus oftmals solitär imM. cora-

    cobrachialis liegend!

    Ultraschallgesteuerte Vorgehensweise:

    ➥ Siehe Ausführungen oben sowie Abb. 3.13 bis 3.16.

    3.4.2 Interskalenärer Plexus brachialis

    Eine weitere, häufig angewandte Technik bei der Blo-ckade an der oberen Extremität ist der interskalenäreBlock. Hauptindikation sind Beschwerden im Bereichder Schulter und des Oberarmes.

    Wenn auch eine recht hohe Trefferquote in der Litera-tur angegeben wird, so kann die Sonografie doch zu-sätzlich eine deutliche Hilfe sein. Vorab ist zu bemerken,dass die ultraschallgesteuerte interskalenäre Blockadeein gewisses Maß an Vorkenntnissen erfordert, sowohlwas die anatomischen Strukturen anbelangt, als auch

    3.4 Ultraschallgesteuerte Blockaden an der oberen Extremität

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 48

    Abb. 3.16a, b Sonografischen Darstellung des Plexus bra-chialis und dessen einzelner Nerven während der Inspektion.a Vor der sterilen Umhüllung des Schallkopfes sind alle dreiNerven hypoechogen dargestellt.

    b Nach der sterilen Umhüllung des Schallkopfes kommt es zueiner Reduktion der hypoechogenen Zonen der Nerven.

    Abb. 3.15 Beispiel für die Fixierung eines ultraschallgesteu-erten Katheters zur Blockade des axillären Plexus brachialis.

    was die Interpretation der sonografischen Bilder angeht.Auf engstem Raum liegen Gefäße, Nerven und Muskelnnebeneinander, so dass für den Anfänger zunächst einenicht beherrschbare Situation entsteht. Aus diesemGrund empfehlen wir, dass die ultraschallgesteuerte in-terskalenäre Blockade erst nach ausreichender Erfah-rung mit der Sonografie bei der Punktion großer Gefäßeund bei Nervenblockaden unter Anleitung durchgeführtwerden sollte.

    Zunächst empfiehlt es sich, die interskalenäre Lückedarzustellen. Hierbei können Erfahrungen aus der ultra-schallgestützten Punktion der V. jugularis interna vonVorteil sein. Ausgehend von den Halsgefäßen wird derSchallkopf – auf Höhe des Kehlkopfes –nach lateral inHorizontalrichtung geführt. Dabei erkennt man nebendemM. sternocleidomastoideus den anterioren und denmedialen Skalenusmuskel als ovale Strukturen(Abb. 3.17a, b). Zwischen den beiden Skalenusmuskelnliegt eine Lücke, die mit nervalen Strukturen ausgefülltist. In dieser Position erscheint es notwendig, denSchallkopf etwas nach kaudal zu kippen (Abb, 3.18a, b u.

    3.19a, b). Dabei werden die Strukturen des Plexus bra-chialis eher senkrecht getroffen, so dass die Bildgebungder Nerven besser zur Geltung kommt. Bei optimalerDarstellung erkennt man die drei Trunki als runde, hy-poechogene Kreise, die perlschnurartig nebeneinanderaufgereiht sind (Abb. 3.20). Diese Strukturen könnennach kaudal verfolgt werden, indem der Schallkopf inRichtung Klavikula geführt wird. Je nach Einfallswinkelder Schallebene können die einzelnen Strukturen teil-weise voneinander diskriminiert werden.

    Das Zusammentreffen unterschiedlichster anatomi-scher Strukturen auf engstem Raum erfordert einerseitssehr gute Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich des Ul-traschalls, anderseits können hier Schallwellen im Be-reich von 15 MHz eine deutliche Steigerung der Bildge-bung bewirken. Dies erklärt, weshalb die ultraschallge-steuerte Blockade des interskalenären Plexus Fortge-schrittenen vorbehalten bleiben sollte.

    Die Sonografie bringt insbesondere Vorteile bei ana-tomischen Variationen und in Situationen, in denen dieSkalenuslücke nicht getastet werden kann. Sie wird pri-

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    a b

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 49

    Abb. 3.17a Schematische Darstellung des Plexus brachialiszwischen den interskalenären Muskeln, korrekte Position desSchallkopfes und schematische Wiedergabe der Monitor-An-zeige.

    Abb. 3.17b Schematische Darstellung des interskalenärenPlexus brachialis ohne den M. scalenus anterior. Der Winkelder Schallebene muss so gewählt werden, dass die Trunkisenkrecht getroffen werden können.

    Abb. 3.18a, b Ausgangsposition des Schallkopfes zur Detektion des interskalenären Plexus brachialis am Patienten (a) und ent-sprechendes sonografisches Bild (b).

    a b

    mär zur ultraschallgesteuerten Blockade des interskale-nären Plexus genutzt, vermag aber auch bei erschwer-ten Punktionsverhältnissen wertvolle Hinweise zumPunktionsort geben, wenn ein Nervenstimulator ver-wendet wird.

    Indikationen:

    ➥ perioperative Schmerztherapie bei Eingriffen amSchultergelenk, Ellenbogen, und Unterarm,

    ➥ Mobilisation,➥ Behandlung eines CRPS,➥ Phantomschmerzbehandlung.➥ fehlende Landmarken

    3.4 Ultraschallgesteuerte Blockaden an der oberen Extremität

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 50

    Abb. 3.19a, b Anschließendes Führen des Schallkopfes nachlateral (a), bis die Skalenuslücke mit den darin liegendenTrunki des Plexus brachialis zur Darstellung kommt (b).a

    b

    Abb. 3.20 Typisches Bild der Skalenuslücke mit den quer ge-troffenen Trunki des Plexus brachialis, die perlschnurartig auf-gereiht erscheinen. T: Trunki, SA: M. scalenus anterior, SM: M.scalenus medialis.

    Lagerung:

    ➥ Rückenlage,➥ Oberkörper möglichst flach,➥ Adduktion des Armes,➥ diskrete Rotation des Kopfes nach kontralateral,➥ Oberkörper leicht erhöht.

    Sonografische Orientierung:

    ➥ A. carotis communis,➥ V. jugularis interna,➥ M. scalenus anterior,➥ M. scalenus medialis.

    Schallkopfposition:

    ➥ Höhe auf Kehlkopfebene,➥ Schallebene zunächst horizontal,➥ Führung des Schallkopfes nach lateral, bis sich Skale-

    nuslücke mittig darstellt,➥ diskrete Kippung der Schallebene nach kaudal.

    Sonografische Darstellung derNervenstrukturen:

    ➥ Trunki als drei hypoechogene rundliche Bezirke,➥ meist hyperechogener Saum.

    Ultraschallgesteuerte Vorgehensweise:➥ Punktionsnadel von lateral kommend,➥ Punktionsebene in Schallebene halten

    (Abb. 3.21a–e).

    3 Ultraschall in der Regionalanästhesie

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag

  • 51

    3.4.3 Infraklavikulärer Plexus brachialis

    Die Blockade des infraklavikulären Plexus brachialismittels Nervenstimulation findet zunehmend Eingangin die klinische Routine. Wenn auch äußerst selten, sobesteht doch grundsätzlich ein Restrisiko für einen ver-sehentlichen Pneumothorax. Gerade aufgrund der Näheder Pleura zum Punktionsort erscheint der Ultraschallals wertvolle Ergänzung. In einer Reihe von Untersu-chungen konnte sowohl die sichere sonografische Dar-

    Abb. 3.21a–e Durchführung einer interskalenären Blo-ckade:a Vorinspektion mit entsprechendem sonografischem Be-fund.

    b Applikation des Lokalanästhetikums nach korrekter Posi-tion der Punktionsnadel.

    c Sonografische Darstellung der Punktionsnadel in Bezie-hung zu den Trunki (T).

    d Einführen des Katheters zur Blockade des interskalenärenPlexus.

    e Fixation des Katheters zur Blockade des interskalenärenPlexus.

    stellung der Nervenstrukturen erzielt werden als auchdie Identifikation anatomischer Strukturen wie Pleuraund arterieller Gefäße (Abb. 3.22). Durch diese zusätzli-che Information lässt sich eine sichere Führung derPunktionsnadel unter Umgehung sensibler Strukturenerreichen.

    In mehreren Publikationen wurden die Effizienz unddie Bedeutung der ultraschallgesteuerten Blockade desinfraklavikulären Plexus brachialis mehrfach nachge-wiesen.

    b

    d

    a

    c

    e

    3.4 Ultraschallgesteuerte Blockaden an der oberen Extremität

    aus: Sonografie in der Anästhesie, Fotios Kefalianakis, (ISBN 3–13–139711–X) © 2004 Georg Thieme Verlag