114
VWL II Kapitel 4 Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 1 4. 4. Makro Makro ö ö konomische Analyse konomische Analyse in der mittleren Frist in der mittleren Frist Blanchard/Illing: Kapitel 6 bis 9 4.1 Grundlagen 4.1 Grundlagen Blanchard/Illing: Kapitel 6

4. Makroökonomische Analyse in der mittleren Frist. Dr. Gerhard Illing VWL II Kapitel 4 Seite 1 4. Makroökonomische Analyse in der mittleren Frist Blanchard/Illing: Kapitel 6 bis

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VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 1

4.4. MakroMakroöökonomische Analyse konomische Analyse in der mittleren Fristin der mittleren Frist

Blanchard/Illing: Kapitel 6 bis 9

4.1 Grundlagen4.1 Grundlagen

Blanchard/Illing: Kapitel 6

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 2

4.1 Einführung in die mittlere Frist

Bislang untersuchten wir die kurze Frist (IS-LM Modell)Dabei unterstellten wir konstante Preise: Produktion wird kurzfristig allein von Nachfrage bestimmt

Bei Nachfrageänderungen erfolgt Anpassung auf dem Gütermarkt ausschließlich über MengenProduktionssteigerungen haben keinerlei Preiseffekte

Mittelfristig aber wird das Produktionsniveau von verfügbaren Ressourcen (Produktionspotential) bestimmt

Nun fragen wir: Wovon wird das Produktionspotential bestimmt?Wie kommt es zu Veränderungen des Preisniveaus?

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 3

4.1 Einführung in die mittlere Frist

Mittelfristig: Produktion

entspricht

Produktionspotential

YN

Produktionspotential: Produktion, die unter

gegebenen strukturellen

Rahmenbedingungen

bei

normaler

Auslastung

aller

Produktionskapazitäten

erreicht

werden

kann (“natürliches”

Produktionsniveau)

Produktionspotential hängt von strukturellen Bedingungen insbesondere auf dem Arbeitsmarkt ab: Kapitel 4.2

Kurzfristig:

Divergenz

zwischen

tatsächlichem

BIP und YN

Was bestimmt Schwankungen um YN („Produktionslücke“)?

Hier zentrale Bedeutung der aggregierten

Nachfrage: Kap. 4.3

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 4

4.1. Einführung in die mittlere Frist

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 5

4.1 Einführung in die mittlere Frist

Bislang (IS-LM Modell):Kurze Frist: Horizontale Angebotskurve

Wie wirken sich Nachfrageschwankungen aus?

P

YYN

Bislang: Annahme eines fixen Preis-/Lohnniveaus Völlig elastisches Angebot Produktion wird allein von Nachfrage bestimmt

Nachfrageschwankungen ohne Effekte auf Preise Ausschließlich Fluktuationen der

Produktion

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 6

4.1 Einführung in die mittlere Frist

Erweitertes Modell in der mittleren Frist:Vertikale Angebotskurve

Wie wirken sich Nachfrageschwankungen aus?

P

YYN

Kapitel 4.2: Mittlere Frist: Preise und Löhne flexibel

Produktion von strukturellen Faktoren und Ressourcen bestimmt (Produktionspotential)

Völlig unelastisches Angebot Keine Produktionsfluktuationen

Nachfrageschwankungen haben ausschließlich Preiseffekte

P1

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 7

4.1 Einführung in die mittlere Frist

Wie wirken sich Nachfrageschwankungen aus?

P

YYN

Kapitel 4.3: Preise reagieren unvollständig, Löhne verzögert Produktion und Preise fluktuieren

Nachfrageschwankungen lösen Produktionsänderungen, diese dann Preisänderungen aus kurzfristigschwanken Preise und Mengen;

Erweitertes Modell in der kurzen Frist: Angebotskurve mit positiver Steigung (AS-Kurve)

mittelfristig

bewegt sich die Wirtschaft zum Gleichgewicht YN

4.2 4.2 Der ArbeitsmarktDer Arbeitsmarkt

Blanchard/Illing: Kapitel 6

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 9

4.2 Der Arbeitsmarkt

Unemployment has been falling in most OECD countries since 1994.In the euro area, the joblessness rate has crept lower over the past decade,

from 10.8% in 1994 to 8.8% in 2003, yet it remains higher than in most rich countries. That is partly because German unemployment has increased during the period,

and now stands at 9.3%. Japan is one of the few other places where the unemployment rate

has risen, but only to 5.2%.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 10

4.2.1 Grundlagen

Unterscheide:Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Arbeitslosigkeit auf Grund von Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Strukturelle Arbeitslosigkeit: Arbeitslosigkeit, die sich durch die Arbeitsmarktstruktur ergibt, Rigiditäten wie z.B. Mindestlöhne, Kündigungsschutzbestimmungen, etc.

Komplexes ZusammenspielMittlere Frist: Die Struktur des Arbeitsmarkts bestimmt das ProduktionspotentialKurze Frist: Entwicklungen am Gütermarkt Schwankung der Kapazitätsauslastung Beschäftigung/ArbeitslosenquoteWie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Güter- und Arbeitsmarkt? Was sind die Ursachen für Arbeitslosigkeit?

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 11

4.2.1 Grundlagen

Je nach Diagnose ganz unterschiedliche Therapie!

Konjunkturelle Arbeitslosigkeit:Diagnose: Fehlende gesamtwirtschaftliche Nachfrage Therapie: Beschäftigungsstimulierung durch Konjunkturprogramme

Strukturelle Arbeitslosigkeit:Diagnose:

Mismatch, Sucharbeitslosigkeit durch Strukturwandel

Monopolmacht aus Arbeitsmärkten: Gewerkschaften

Staatliche Unterstützungssysteme (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld)

Therapie: Abbau von Rigiditäten, Qualifizierungsoffensive

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 12

4.2.1 Grundlagen

Verfügbare Ressourcen bestimmen das Produktionspotential

Kapital und technisches Wissen betrachten wir zunächst als gegeben (langfristige Perspektive)

Gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion: Y=Y (N)

Welche Faktoren bestimmen die Zahl der gesamtwirtschaftlich eingesetzten Arbeitsstunden?

Strukturelle Faktoren:

a)

Bereitschaft zum Arbeitseinsatz (Abwägung zu Freizeit) Arbeitsangebot

b)

Arbeitsproduktivität (einfachster Fall: konstant: Y= N) Arbeitsnachfrage

c)

Institutionelle Rahmenbedingungen (Struktur des Arbeitsmarktes) strukturelle Rigiditäten

Wichtig: Genaueres Verständnis des Arbeitsmarktes!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 13

4.2.1 Grundlagen

Vorgehensweise:Untersuche zunächst, wodurch Produktionspotential und strukturelle Arbeitslosigkeit bestimmt wird

Mittelfristige Perspektive: P = Pe

Struktur der Arbeitsmärkte, institutionelle Rahmenbedingungen

Kapitel 4.2.2 –

4.2.5Untersuche dann Schwankungen von Produktion und Beschäftigung um das Produktionspotential und Rückkehr zum mittelfristigen Gleichgewicht

Kapitel 4.3

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 14

4.2.2 Das Modell perfekten Wettbewerbs

ArbeitsnachfrageUnternehmen: Preis- und Lohnnehmer Reallohn gleich GrenzertragSetzen Arbeitskräfte ein, bis Ertrag zusätzlicher Arbeit genau den Aufwendungen entspricht, die seine Einstellung notwenig machtJe höher der Reallohn, desto niedriger die Nachfrage nach Arbeitskräften

ArbeitsangebotArbeitnehmer sind Preis- und LohnnehmerSie wägen zwischen Nutzen (zusätzliche Konsummöglichkeiten) und Kosten (geringere Freizeit) zusätzlicher Arbeit abJe höher der Reallohn, desto höher Arbeitsangebot.

Im Gleichgewicht: Reallohn spielt sich so ein, dass keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit führt zu einem Sinken des Reallohns

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 15

4.2.2 Das Modell perfekten Wettbewerbs

N

YY*

Arbeitsnachfrage Unternehmer maximiert seinen Gewinn G= PY-

WN mit Y=Y(N)

G =P Y(N) -

WN

N

N

WP

WNYP =

∂∂

PW

NY=

∂∂oder

Im Buch: Y(N)=NLineare Produktionsfunktion!→ Arbeitnachfrage horizontal

Arbeitsnachfrage: Reallohn = Grenzprodukt der Arbeit

PW

NY

==∂∂ 1

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 16

4.2.2 Das Modell perfekten WettbewerbsArbeitsangebot

Arbeitsangebot: Abwägen: Zusätzlicher

Nutzen aus Freizeit vs. zusätzlicher Nutzen aus Konsum ~ Grenzleid der Arbeit(Verzicht auf Freizeit)

Freizeit

Konsum C

T

C(W/P)0

Max U(C, F) unter der Budgetrestriktion:PC= WN+G

N(W/P)0

T-N

PW

CUFU=

∂∂∂∂

//

= W(T-F)+G oder C= W/P (T-F) + G/P

W/P

G/P

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 17

4.2.2 Das Modell perfekten WettbewerbsAngebot und Nachfrage

N

W/P

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 18

4.2.2 Das Modell perfekten WettbewerbsStandardtheorie von Angebot und Nachfrage:

Markträumender Reallohn spielt sich so ein, dass: effiziente Beschäftigung N*effiziente Produktionsmenge Y*keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit

Arbeitsmarktmodell bei vollständigem Wettbewerb liefert kein realistisches Bild:

Unfreiwillige Arbeitslosigkeit Warum werden Löhne oberhalb des Reservationslohns gezahlt?Kollektive oder individuelle Lohnverhandlungen, nicht eine Arbeitsangebotsentscheidung bei gegebenem ReallohnUnternehmen setzen Preise und beeinflussen somit den Reallohn W/P

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 19

4.2.3 Unvollständiger Wettbewerb

Alternative Theorie des Arbeitsmarktes:

Reallohn ergibt sich aus Zusammenspiel von Lohnsetzung und Preissetzung

LohnsetzungArbeitnehmer verhandeln mit Arbeitgebern über Nominallohn, gegeben ihre Erwartungen bzgl. Preisentwicklung

Streben Reallohn als Zielgröße an Abbildung in Form einer Lohnsetzungskurve

PreissetzungUnternehmen sind in der Lage, Preise zu setzenMarktmacht Bei Preiserhöhung abwägen zwischen Umsatzeinbußen und Ertrag pro abgesetzter Einheit

Welche Faktoren bestimmen über Preis- und Lohnsetzung?

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 20

4.2.3 LohnsetzungskurveIn der Realität verschiedene Mechanismen zur Festsetzung von Löhnen:

Kollektive Verhandlungen (Gewerkschaften)Individuelle Verhandlungen (bei höher Qualifizierten)Take-it-or-leave-it-offers

Wichtige Beobachtungen:Löhne liegen häufig über dem ReservationslohnLöhne hängen von den Bedingungen am Arbeitsmarkt ab

ErklärungsansätzeLohnverhandlungenEffizienzlöhne

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 21

4.2.3 LohnsetzungskurveLohnverhandlungen und Verhandlungsmacht

Verhandlungsmacht des Arbeitnehmers nimmt zu, je schwieriger er zu ersetzen ist (Qualifikation + institutionelle Rahmenbedingungen)Verhandlungsmacht nimmt zu, je mehr Alternativen zur Verfügung stehen ( je niedriger die Arbeitslosenquote)

Effizienzlöhne: Löhne oberhalb des ReservationslohnsZiele: Arbeitnehmer an Unternehmen binden und motivierenZusätzliche Anreize v. a. notwendig, wenn attraktive OutsideOptions (in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit)

Fazit: Höhe der Arbeitslosenquote und institutionelle Rahmenbedingungen beeinflussen Lohnhöhe

Für langfristige Kontrakte auch wichtig: Erwartungen über die Preisentwicklung während der Laufzeit der Kontrakte

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 22

4.2.3 Lohnsetzungskurve

Lohnfindung:Lohnfindung:

),(),(

+−= zuFPW e

Lohn

W hängt

ab

von:Pe

=

erwartetes

Preisniveau

u

= Arbeitslosenquotez =

Andere

Variable, die Lohnsetzung

beeinflussen

(institutionelle Faktoren; Beispiele: Gewerkschaftsmacht; Lohnnebenkosten; Arbeitslosenunterstützung)

Der

Arbeitsmarkt

-

kein

vollkommener, kompetitiver

MarktDer

Arbeitsmarkt

-

kein

vollkommener, kompetitiver

Markt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 23

4.2.3 Lohnsetzungskurve

Einfluss

der

ArbeitslosenquoteEinfluss

der

Arbeitslosenquote

),(),(

+−= zuFPW e

Anstieg der Arbeitslosenquote u:

Erhöht Wahrscheinlichkeit, dass Arbeiter Job verlieren

Verringert Wahrscheinlichkeit, dass Unbeschäftigte Arbeit finden

Erhöht die Dauer der Arbeitslosigkeit

Anstieg von u

verringert Verhandlungsmacht und senkt Reservationslohn

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 24

4.2.3 Lohnsetzungskurve

Einfluss

anderer

Faktoren

zEinfluss

anderer

Faktoren

z

),(),(

+−= zuFPW e

z: institutionelle Faktoren beeinflussen Flexibilität am Arbeitsmarkt

z. B.:

Organisationsgrad der Gewerkschaften Höhe der ArbeitslosenunterstützungMarginale Steuersätze Lohnnebenkosten

Anreizeffekte

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 25

4.2.3 Lohnsetzungskurve

Einfluss

der PreiserwartungenEinfluss

der Preiserwartungen

),(),(

+−= zuFPW e

Lohnverhandlungen vereinbaren NominallöhneNominallöhne orientieren sich am erwarteten

Reallohn W/PPreiserwartungen (Pe) haben zentrale BedeutungMit steigenden Preiserwartungen (Pe) nehmen

Nominallöhne (W) zu

Zunächst unterstellen wir: Die Preiserwartungen (Pe) entsprechen dem tatsächlichem Preisniveau P

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 26

4.2.3 Lohnsetzungskurve

N

W/P

N*

Lohnsetzungskurve: monopolistischer Spielraum

verschiebt effektives Arbeitsangebot nach links

Marktmacht bei Lohnsetzung → Beschäftigung NN

sinkt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 27

4.2.4 PreissetzungskurveWenn die Unternehmen auf den Gütermärkten über eine gewisse Marktmacht verfügen, verlangen sie einen Preisaufschlag (mark-up) μ=1/(ε-1).Folge: der Preis liegt über den Grenzkosten,

der Reallohn unter dem Grenzprodukt, die Arbeitsnachfrage ist niedriger als dasGrenzprodukt der Arbeit.

Produktion und Beschäftigung in allen Sektoren zu niedrig: NN < N*

Institutionelle Faktoren beeinflussen Marktmacht:Verschärfter Wettbewerb auf den Gütermärkten reduziert mark-up μ → Beschäftigung NN steigt.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 28

4.2.4 Preissetzungskurve: Monopolmacht

!0=−∂∂

+=∂∂ WY

YPP

YG

WWP

WP

⋅+=⋅−

=

=−⋅

)1(1

;)11(

μεεε

Monopolmacht lässtProduktion und Beschäftigung sinken

Y

P

W

Beispiel: Gütermarkt mit linearer Produktionsfunktion Y=N und fallender NachfrageMonopolist maximiert seinen Gewinn G= P(Y) Y-

W Y

Y* (ohne Marktmacht)

Ohne Marktmacht: P=W; Y=Y*

Grenzerlös = Grenzkosten W

P=(1+μ) W

μ=1/(ε-1)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 29

4.2.4 Preissetzungskurve

N

W/P

Preissetzungskurve• Markup

reduziert

• Arbeitsnachfrage

Grenzproduktder

Arbeit

NY

μPW

∂∂

+=

11

1

N*

Grenzleid der Arbeit

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 30

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

N

W/P

N*

Preissetzungs-kurve

Lohnsetzungs-kurve

μ+11

1

Rigiditäten verschieben sowohl Arbeitsangebot und –nachfrage nach links → Beschäftigung sinkt auf NN

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 31

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

Strukturelle Rigiditäten (Marktmacht auf Güter- und Arbeitsmärkten) verschieben das effektive Arbeitsangebot und die effektive Arbeitsnachfrage nach links

Beschäftigung im Marktgleichgewicht: Strukturelles Beschäftigungsniveau NN ist

ineffizient niedrig: NN < N*Dementsprechend ist auch das Produktionspotential YNniedrig;es gibt eine hohe „natürliche“ (strukturelle) Arbeitslosenquote uN .

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 32

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

W/P

N*

Preissetzungs-kurve

Lohnsetzungs-kurve

u

W/P

N

Niedrige Gleichgewichtsbeschäftigung entspricht einer hohen „natürlichen“

Arbeitslosenquote

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 33

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

Arbeitslosenquote, die sich am Markt bei gegebenen institutionellen Rigiditäten z und μ einspielt.

Rate ist nicht naturgegeben; sie wird von institutionellen Faktoren bestimmt: z; μ ~Inflexibilität auf Güter- und Faktormärkten

Treffendere Bezeichnung: Strukturelle Arbeitslosenquote

*NN1

*NN*N

*NUu NNN

N −=−

==

„Natürliche“

Arbeitslosenquote uN

:

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 34

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

Wichtig:

Niedrige Gleichgewichtsbeschäftigung NN bedeutet strukturell niedriges Produktionspotential

YN

N

Y

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 35

4.2.5 Mittelfristiges Gleichgewicht

Zusammenfassung:

Bei Rigiditäten auf Güter- und Arbeitsmärkten gilt im Marktgleichgewicht:

Beschäftigung NN und Produktionspotential YN sind ineffizient niedrigDie „natürliche“ Arbeitslosenquote uN ist hoch

Strukturelle Reformen (höhere Flexibilität) steigern Produktionspotential und -beschäftigung

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 36

4.2.6 Exkurs: Arbeitslosigkeit in Europa im Buch: Abschnitt 13.4

0,0%

2,0%

4,0%

6,0%

8,0%

10,0%

12,0%

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000

unem

ploy

men

t rat

e

unemployment rateUSA

unemployment rateEuroarea

unemployment rate

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 37

Natürliche Arbeitslosigkeit ist bestimmt durch…

Lohnsetzungsgleichung

Preissetzungsgleichung

Rigiditäten, die auf Arbeits- und Gütermärkten in Europa zuhoher Arbeitslosigkeit beitragen (Eurosklerose/ Hysterese):

Hohe Steuern und Sozialabgaben → hohe LohnnebenkostenKündigungsschutz → indirekte ArbeitskostenStarke GewerkschaftsmachtUmfassende Arbeitslosenversicherung

( ),W F u zP

=

11

WP µ

=+

4.2.6.1

Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Eurosklerose”

Anstieg

von z

Geringer

Wettbewerb

auf den Produktmärkten → erhöht

die Monopolmacht

der

Unternehmen

→ Anstieg

von μ

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 38

4.2.6.1 Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Eurosklerose”

PSμ+1

1

Rea

llohn

(W/P

)

Arbeitslosenquote

u

WS ( = F(u, Z)PW

Anstieg

von Z

B

un

´

WS´

( = F(u, Z´), (Z´

> Z))PW´PS´

C

Anstieg

von μ

´11μ+

un

´´

A

un

Die Determinaten der natürlichen

ArbeitslosenquoteEin Anstieg von z oder von µ

erhöhen

jeweils die natürliche Arbeitslosenquote un

.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 39

4.2.6.1

Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Eurosklerose”

Bewertung der Eurosklerose:Viele Rigiditäten gab es bereits in den 1960 Jahren; manche haben heute nur noch geringe Bedeutung(Abnehmende Macht der Gewerkschaften).Andere (etwa Lohnnebenkosten) haben sich bis 1995 verschärft.Hat ein rascherer Strukturwandel im Zug der Globalisierung den Effektder Rigiditäten erhöht? Empirisch: Strukturwandel heute nicht viel höher als früherTechnischer Wandel lässt Nachfrage nach unqualifiziertenArbeitskräften im Vergleich zu Qualifizierten sinken. Die Rigiditäten in Europa (geringe Lohnspreizung) könnten die Arbeitslosigkeit der Geringqualifizierten erhöht haben. Konkrete Ausgestaltung der Arbeitslosenunterstützung (Dauer und Konditionen) hat starken Einfluss auf die Arbeitsanreize

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 40

4.2.6.2

Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Hysterese”

Hysterese als komplementäre ErklärungDie natürliche Arbeitslosenrate hängt zum Teil auch vom Verlaufder Arbeitslosigkeit in der Vergangenheit ab.Persistent hohe Arbeitslosigkeit übt immer weniger Druck auf die Lohnsetzung aus:

- Langzeitarbeitslose werden zu Outsidern- Sie spielen also keine Rolle mehr bei der Lohnfindung.Ein Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit erhöht damit die natürlicheArbeitslosenrate!

Hysterese

erklärt

hohe

Arbeitslosigkeit

bei

konstanter

Inflation

Disinflation kann

die natürliche

Arbeitslosigkeit

erhöhen

und dadurch lang

andauernde

Arbeitslosigkeit

schaffen.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 41

4.2.6.2

Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Hysterese”

Hysterese

Ist der Anteil von Langzeitarbeitslosen hoch, hat die Arbeitslosenrate keinen dämpfenden Effekt auf die Lohn-

bildung. Es kommt zu einer Verschie-

bung

der natürlichen Arbeitslosenquote.

PSμ+1

1

Rea

lohn

l(W

/P)

Arbeitslosenquote

u

WS

A

un

WS´

bei

hoher

Langzeit

arbeitslosigkeit

B

un

´

bei

niedrigerLangzeitarbeitslosigkeit

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 42

4.2.6.2

Rigiditäten

auf dem

Arbeitsmarkt: “Hysterese”

Eurosklerose und Hysterese – der Einfluss von RigiditätenUnterschiede der Institutionen am Arbeitsmarkt zwischenden USA und Europa sowie innerhalb Europas könnenerklären, warum Arbeitslosigkeit in manchen LändernEuropas so hoch ist.Beispiel:

Arbeitslosenversicherung: in den USA nur

6 Wochen; In Europa

viel

länger; früher

zum

Teil

sogar

unbegrenzt

Arbeitsmärkte

in den USA sind

flexibler: die Löhne passen

sich

an, bis

die Arbeitslosigkeit

auf ein

normales

Niveau

zurückkehrt.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 43

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

Auf den Arbeitsmärkten kann vieles schief laufen:

Großzügige Arbeitslosenunterstützung, v. a. wenn sie dauerhaft gewährt wird, verzerrt die Anreize, nach einem neuen Job zu suchen.

Hohe Mindestlöhne und Gesetze mit striktem Arbeitsplatzschutz machen es für Unternehmen unattraktiv, neue Beschäftigte einzustellen – etwa Jugendliche ohne Erfahrung: Trennung zwischen Insidern und Outsidern

Hohe effektive Steuersätze treiben einen Keil zwischen Brutto-und Nettolohn. Sie entmutigen die Arbeitsanbieter und schrecken Unternehmen davon ab, Arbeitskräfte einzustellen.

Mit steigender Dauer der Arbeitslosigkeit gehen die Fähigkeiten verloren, die von Unternehmen verlangt werdenLangzeitarbeitslose werden zu Outsidern

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 44

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

In den letzten 10 Jahren wurden in vielen OECD Staaten drastische Reformen am Arbeitsmarkt durchgeführt

Wesentliche Änderungen: Abbau der GrenzsteuersätzeWeniger großzügige Unterstützung der Arbeitslosen

Diese Reformen führten zu einem Anstieg der Beschäftigung Aber: Es gibt keinen Königsweg zur Reform der Arbeitsmärkte!

Manche Staaten waren sehr erfolgreich, andere nicht.

OECD Studie: (OECD Employment Outlook 2006): Die OECD Staaten lassen sich in vier Gruppen einteilen: Zwei Gruppen waren sehr erfolgreich mit niedriger Arbeitslosigkeit und überdurchschnittlich hoher Beschäftigung Die anderen beiden dagegen waren (bis jetzt noch) nicht erfolgreich.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 45

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

Erfolgreiche Gruppen:

(1)

“Mainly English-speaking”

(USA, England, aber auch Japan, Südkorea und Schweiz): schwacher Arbeitsplatzschutz

(2)

“Nordeuropäische”

Gruppe (Skandinavien, aber auch Niederlande, Österreich, Irland): Hohe Arbeitslosenunterstützung

Bislang nicht erfolgreiche Gruppen:

(3)

Südeuropäische Länder, aber auch Frankreich und Deutschland Hohe Arbeitslosenunterstützung

(4)

Osteuropäische Länder Niedrige Arbeitslosenunterstützung

Fazit: Es gibt verschiedene Wege zum Erfolg: Es gibt nicht nur eine Kombination von Politik und Institutionen, die für gute Resultate auf dem Arbeitsmarkt sorgt

Eine erfolgreiche Politik sollte schlüssig sein Entscheidender Faktor: Ein gut durchdachtes Anreizsystem!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 46

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 47

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

Erfolgreiche Gruppen:Die erste Gruppe (“mainly English-speaking”) ist charakterisiert durch schwachen Arbeitsplatzschutz: Niedrige Arbeitslosenunterstützung und unterdurchschnittlich hohe Steuersätzeüberdurchschnittlich hohe Beschäftigung; niedrige Arbeitslosenrate

Die zweite “nordeuropäische” Gruppe (Skandinavien, Niederlande, Österreich, Irland) mit großzügiger, aber zeitlich begrenzter Arbeitslosenunterstützung sowie hohen Steuersätzen; starker Kündigungsschutz, aber auch aktive Arbeitsmarktprogramme, die zu intensiver Jobsuche motivieren / zwingen

Die durchschnittliche Beschäftigung in Gruppe 2 ist sogar höher, die Arbeitslosenrate niedriger als in Gruppe 1

Beide Gruppen zeichnen sich aus durch makroökonomische Stabilität und hohe Wettbewerbsintensität auf den Gütermärkten!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 48

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

Nicht erfolgreiche Gruppen:

(3) Südeuropäische Länder, Frankreich und Deutschland: Hohe Unterstützung der Arbeitslosen wird nicht durch aktive Arbeitsmarktprogramme ausgeglichen; die Produktmärkte sind relativ stark gegen Wettbewerb abgeschirmt

(4) Gruppe (Tschechische Republik, Polen, Slowakei): Niedrige Arbeitslosenunterstützung, aber hoher Kündigungsschutz; kaum aktive Arbeitsmarktprogramme; stark regulierte Gütermärkte

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 49

4.2.6.3

Arbeitsmarktreformen

ein

Vergleich

Wesentliches Erfolgsrezept der zweiten Gruppe:

Aktive Arbeitsmarktprogramme Verhindern, dass arbeitsfähige Personen sich aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen (keine großzügigen automatischen Programme im Fall von Krankheit und Behinderung),Sie versuchen aber gleichzeitig, die wirklich Bedürftigen zu schützen

Das Ausmaß der Arbeitsfähigkeit wird regelmäßig kontrolliert bei denjenigen, die eine Unterstützung erhalten.

Für Arbeitsfähige gibt es Unterstützung, aber auch starke finanzielle Anreize/Druck, sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen

Vgl. Diskussion um Hartz IV Reformen in Deutschland: Ausgestaltung eines „Kombilohns“ zur Erhöhung der Beschäftigung im Niedriglohnbereich

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 50

4.3 4.3 Das Das ASAS--ADAD ModellModell

Blanchard/ Illing : Kapitel 7

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 51

4.3.1 Einführung

Zentrale Frage der Makroökonomie: Wodurch wird das Produktionsniveau bestimmt?Bisherige Ergebnisse:

Kurzfristig: Gesamtwirtschaftliche Nachfrage

Mittelfristig: Gesamtwirtschaftliches Angebot(verfügbare Ressourcen)

Nun: Zusammenspiel zwischen aggregiertem Angebot (AS) und aggregierter Nachfrage (AD)Erfordert simultane Betrachtung der Gleichgewichte…

…am Arbeitsmarkt (abgebildet durch die AS-Funktion)…am Güter-, Geld- und Finanzmarkt (AD-Funktion)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 52

4.3.1 Einführung

Wichtige Begriffe:

Produktionspotential: „natürliches“

Produktionsniveau, das unter gegebenen

strukturellen

Bedingungen

(Kap. 4.2) bei

Normalauslastung

der

Produktionskapazitäten

erreicht

wird

Produktionslücke: Differenz zwischen Produktionspotential

und tatsächlicher Produktion

AD-Kurve: gibt die aggregierte

Nachfrage (aggregate

demand) an

AS-Kurve: gibt das aggregierte

Angebot (aggregate

supply) an

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 53

4.3.2 Arbeitsmarkt und AS-Funktion

Y

P AS-Kurve

in der mittleren Frist

Preiserwartungen sind korrekt: Pe = P Starre Angebotsfunktion

Auf dem Arbeitsmarkt: uN NN

Produktion entspricht Produktionspotential

Y = YN

strukturelle Faktoren entscheidend

Kurzfristig:

Preisniveau kann von Preiserwartungen abweichen: Pe

P Positiv geneigte AS-KurveEin Anstieg von Y führt zu einem Anstieg von P

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 54

4.3.2.1 Die Ableitung der AS-Funktion

),()1( zuFPP e μ+=

LY

LN

LUu −=−== 11

Wie verändert sich unsere Analyse des Arbeitsmarktes, wenn P von Pe abweichen kann? Formale Analyse:

Einsetzen der Lohnsetzungsgleichung W = PeF(u,z)

in die Preissetzungsgleichung P

= (1+μ)W

ergibt:

Unter Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen Arbeitslosenquote, Beschäftigung und Produktion (Y=N)

erhalten wir

),1()1( zLYFPP e −+= μ 0/ >dYdP

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 55

4.3.2.2 Der Verlauf der AS-Kurve

Die AS-Funktion stellt einen positiven Zusammenhang zwischen Y und P her Positive Steigung der AS-Kurve:

Y

PDie AS-Kurve hat eine positive Steigung Ein Anstieg von Y zieht einen Anstieg von P nach sich. Grund: s. 4.3.2.3Die AS-Kurve verläuft durch Punkt A, in dem gilt:

Y = YNP = Pe

Grund: s. 4.3.2.3

P = Pe

(1+μ) F (1-Y/L, z)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 56

Y

P

YN

Steigende Preiserwartungen verschieben die AS Kurve nach oben

P0e

AS (für P0e)

4.3.2.2 Der Verlauf der AS-Kurve

Die AS-Funktion stellt einen positiven Zusammenhang zwischen P und Pe her Verschiebung der AS-Kurve:

P = Pe

(1+μ) F (1-Y/L, z)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 57

4.3.2.3 Interpretation der AS-Funktion

Welche ökonomischen Mechanismen verbergen sich hinter der AS-Kurve?

1.

Positive Steigung der AS-Kurve:

Ein Anstieg der Produktion lässt Beschäftigung steigen u sinkt

Verbesserte Verhandlungsposition der Arbeitnehmer W steigtHöhere Lohnkosten veranlassen Unternehmen zu Preiserhöhungen P steigt, da Unternehmen Preise als markup auf die Löhne kalkulierenBeachte: Die Höhe der Nominallohnsteigerung hängt von der Art der Preiserwartungen ab s. 4.3.2.4

P = Pe

(1+μ) F (1-Y/L, z)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 58

4.3.2.3 Interpretation der AS-Funktion

Welche ökonomischen Mechanismen verbergen sich hinter der AS-Kurve?

2.

Die AS-Kurve verläuft bei Pe=Pt

durch einen Punkt, bei dem die Produktion ihrem natürlichen Niveau entspricht:

Natürliche Arbeitslosenquote wird definitionsgemäßerreicht, wenn P=Pe N = NN Y = YN

Aus dieser Einsicht ergibt sich eine wichtige Schlussfolgerung:

Y > YN ↔ P > Pe

Y < YN ↔ P < Pe

P = Pe

: 1=(1+μ) F (1-YN

/L, z)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 59

4.3.2.3 Interpretation der AS-Funktion

Welche ökonomischen Mechanismen verbergen sich hinter der AS-Kurve?

3.

Ein Anstieg der Preiserwartungen verschiebt die AS- Kurve nach oben:

Anstieg der Preiserwartungen führt (bei gegebener Produktion / gegebener Arbeitslosenquote) zu höheren Lohnforderungen W steigtEin Anstieg von W erhöht die Produktionskosten Da die Preise als Aufschlag auf die Kosten kalkuliert werden, steigt P.

Wie hängen diese Aussagen mit unserer Analyse des Arbeitsmarktes zusammen? Warum ist es entscheidend, dass Preise und Preiserwartungen auseinander fallen können?

P = Pe

(1+μ) F (1-Y/L, z)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 60

4.3.2.4 Die Rolle der Erwartungen

Warum ergibt sich ein positiver Zusammenhang zwischen Y und P nur dann, wenn Preise und Preiserwartungen auseinander fallen? Ausgangspunkt: Alternative Erklärung der positiven Steigung der AS-Funktion:

In Lohnverhandlungen werden feste Nominallöhne für längere Laufzeit festgelegt. Tarifparteien orientieren sich am erwarteten Preisniveau: W=Pe F(u,z)Solange Preiserwartungen korrekt sind (Pe=P), wird immer Produktionspotential YN produziert; (da W/P=W/Pe u=uN)Haben die Lohnsetzer falsche Preiserwartungen unterstellt, ändert sich der ReallohnZu einem höheren (niedrigeren) Reallohn haben Unternehmen Anreiz, weniger (mehr) zu produzieren.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 61

4.3.2.4 Die Rolle der Erwartungen

Sind die Preise höher als erwartet (P > Pe): Reallohn sinkt, da Nominallohn für eine gewisse Periode festgelegtProduktion und Beschäftigung nehmen zu, da Arbeitsnachfrage bei sinkendem Reallohn steigt

Sind die Preise niedriger als erwartet (P < Pe ): Reallohn höher als erwartet → Arbeitsnachfrage geht zurück

Produktion und Beschäftigung sinken

Kurzfristig steigt Y mit P, da ein höheres Preisniveau einen niedrigeren Reallohn und damit eine vermehrte Arbeitsnachfrage nach sich zieht. AS-Funktion:

)( ettNt PPaYY −+=

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 62

4.3.2.4 Die Rolle der Erwartungen

Im IS-LM-Modell ist Pkonstant Folglich muss W konstant sein, da P = (1+μ)W !

Konstanter Nominallohn führt zu horizontaler AS-Kurve

Produktionsänderungen haben deshalb keine Preiseffekte

Y

P

YN

Kontrollfrage: Welche Annahmen bzgl. Preisen und Löhnen wurden im IS-LM-Modell gemacht?

Nun: Allgemeiner Fall: steigende AS-Kurve

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 63

4.3.2.5 Zusammenfassung: Die AS-Funktion

Einfaches

Modell

Erhöht sich P bei konstantem Pe , so führt Reallohnsenkungzu Produktionsausweitung

),1()1( zLYFPP e −+= μ)( e

ttNt PPaYY −+=

Wie hängen beide Darstellungen der AS-Funktion zusammen?

Komplementäre Erklärungen für den positiven Zusammenhang zwischen Y und P in der AS-Kurve

Strukturelles

Modell

Erhöht sich Y, so sinkt die Arbeitslosigkeit, was über höhere Lohnforderungen auch das Preisniveau erhöht

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 64

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

P

Y

Aggregierte

Nachfrage – Gleichgewicht

auf Güter-, Geld

und Finanzmarkt wird aus dem IS-LM Rahmen in ein (P,Y) Diagramm übertragen:

Mit steigenden Preisen sinkt das reale Geldangebot M/P Zinsen steigen; Gesamtnachfrage geht zurück

Negative Steigung der AD- Kurve

im (P,Y) Raum

Was passiert im IS-LM Raumbei steigendem P? Nächste Folie!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 65

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

Anstieg des Preisniveaus im IS-LM-Modell:

• Sinkt

auf:P

M´P

M

LM verschiebt

sich

auf LM´

(P´

> P)

Neues

Gleichgewichtim

Punkt

• i steigt

auf i´•Y

sinkt

auf Y´

P steigt

auf P’

bei konstantem

MLM (P)

IS

Y

iA Ausgangs-

punkt

i

Y

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 66

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

Grafische Ableitung der AD-Kurve

LM´

(P´ > P)

IS

LM (P)

Y

i A A

Y

P

i´ A´

P

YY

i

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 67

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

Y geht mit steigendem P zurückVerschiebungen von IS oder LM (= Änderungen von Konsum, Investition, Staatsausgaben, Geldangebot…) verschieben die AD Kurve

),,(

),,(

−++

= TGPMYY

AD-Kurve:

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 68

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

Expansive Fiskalpolitik: Rechtsverschiebung der AD-Kurve

IS´

i´ A´

Y

P

AD

A

LM (M/P)

IS

Y

i

Y Y

Pi

A

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 69

LM´(M’)

AD

Y

P

LM (M)

IS

Y

i A

A

4.3.3 Aggregierte

Nachfrage

Restriktive Geldpolitik: Linksverschiebung der AD-Kurve

i´ A´

Y

P

Y

i

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 70

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Mittelfristig wird Produktionspotential YN bzw. Beschäftigungsniveau NNals Gleichgewicht bei gegebenen strukturellen Rigiditäten realisiert

Kurzfristig aber verläuft die Angebotsfunktion steigend

Y

P

Mittelfristiges Gleichgewicht:

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 71

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Beachte: Y kann Produktions-

potential

YN

übersteigen

AS

Y

AKurzfristiges GleichgewichtP

Pe

YN Y

P

Kurzfristiges Gleichgewicht: Schnittpunkt von AD-

und AS-Kurve

Zum Zeitpunkt der Tarifverhandlungen erwartete durchschnittliche NachfrageB

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 72

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Wie verläuft der Anpassungsprozess, falls Y das Produktionspotential YN übersteigt? Wie passen sich die Erwartungen an?

Wir betrachten folgenden Anpassungsmechanismus:Die Tarifpartner auf dem Arbeitsmarkt erkennen, dass ihre Preiserwartungen zu niedrig warenFolge: Sie revidieren ihre Preiserwartungen. Das neue erwartete Preisniveau entspricht dem Preisniveau der Vorperiode: Pt

e

= Pt-1

Die AS-Kurve verschiebt sich solange nach oben, bis das mittelfristige Gleichgewicht erreicht wird.

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 73

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Dynamische Anpassung von Produktion und Preisen

Gleichungen:

Annahme:

),,(:AD TGPMYYt

t =

M, G und

T sind

konstant

1−= tet PP

),1()1( :AS zLYFPP e −+= μ

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 74

Ausgangspunkt B: Mittelfristiges GGW

Nachfrageschock verschiebt AD nach rechts auf AD(t)

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Dynamische Anpassung von Produktion und Preisen

AS(t)

Y

P

YN

Pet

= Pt-1 BAD(t-1)

Zum Preisniveau Pt-1

: Nachfrageüberschuss Produktion steigt usinkt W steigt Psteigt (Bewegung entlang AS zu Punkt A)

Verständnistest: Was passiert im IS-LM-Modell?Weil P

steigt M/P sinkt

i steigt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 75

Gleichgewicht im Jahr

t• Punkt

A: Yt

> YN

Pt

> Pet

= Pt-1

Folge:

Revision von Pe

W steigt Verschiebung AS auf AS’

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD Modell

Dynamische Anpassung von Produktion und Preisen

AS(t)

AD(t)

Y

P

YN

Pet

= Pt-1 B

Yt

Pet+1

= Pt AB´ Wie weit verschiebt sich AS? AS’ verläuft durch Punkt B’!

Nun: Bewegung hin zu A’

Dann: Verschiebung zu AS’‘

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 76

AS´

4.3.4 Gleichgewicht im AS-AD-Modell

Dynamische Anpassung von Produktion und Preisen

Prozess setzt sich fort, bis AS* erreicht

Neues Mittelfristiges Gleichgewicht bei PN

, YNYt+1

A´Pt+1

Abstände zwischen AS- Kurven werden kleiner

Pe nähert sich immer mehr P an

Bewegung entlang AD bis Punkt A*

Y

P

AD

Yt

Pt

AS

A

YN

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 77

4.3.5 Wirkung von Geld-

und Fiskalpolitik

Kurze

Frist

:

Y>YN oder

Y<YN

Mittlere

Frist

: Preise

passen

sich

an, bis Produktionspotential

YN

erreicht

ist

In Kapitel 2 sahen wir, dass Geld-

und Fiskalpolitik gesamtwirtschaftliche Nachfrage und Produktion beeinflussen, wenn P konstant ist.

Durch die Berücksichtigung des Arbeitsmarkts können wir nun eine vollständigere Analyse wirtschaftspolitischer Maßnahmen entwickeln.

Einsicht: Dynamische

Anpassung

von Produktion

und Preisen

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 78

AD

AD´

AS

4.3.5.1 Wirkung

expansiver

Geldpolitik

•Produktion

steigt• A´

(Yt

> YN

)

• AD → AD´

• AS → AS´´

Mittelfristig:• YN

und PN•

10% Anstieg

von M führt

zu

10% Anstieg

in P

AS´´

A´´PN

´

Y

P

YN

PN A

Yt

• M: Yt

= Y( , G, T)tP

M

A´Pt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 79

AD´

AS´

LM´´

(PN

)

i

Y1

B

4.3.5.1 Wirkung

expansiver

Geldpolitik

Genauere

Betrachtung: IS-LM Modell

LM (PN

)

YN

PN

AS

AD IS

Y

i

Y

A

iN

YN

A

LM´

(P´)

Yt

it

Yt

P´ A´P´N

A´´ A´´

LM (PN

´)P

B

Y1

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 80

4.3.5.1 Wirkung

expansiver

Geldpolitik

Zusammenfassung

In der kurzen Frist gilt:Nimmt M zu, dann nehmen auch Y und P zu. Wie stark P bzw. Y steigen, hängt von Steigung derAS-Kurve ab

In der mittleren Frist gilt:Das Preisniveau P steigt proportional zur Geldmenge M; Y kehrt wieder zum Ausgangsniveau zurückIn diesem Zusammenhang spricht man auch von derNeutralität des Geldes

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 81

AS´´

AD

AS

YN

PN A

4.3.5.2 Abbau

des Budgetdefizits

AD´

Y

P

Y1

A´´PN

´´

• Gleichgewicht

vonA nach

• Y

sinkt

auf Y1

G-T sinkt

• AD → AD´Kurzfristig:

• P sinkt

& • AS →

AS´´

• Gleichgewicht

A´´P → PN

´´

& Y → YN

Mittelfristig:

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 82

AS´´

LM´´

IS´AD´

AD

AS

YN

PNA

IS

LM

Ai

YN

LM´

Y1

A´P´

i´´ A´´

PN

´´ A´´

Y1

A´i1

´

4.3.5.2 Abbau

des BudgetdefizitsDynamische

Anpassung

bei

sinkendem

Budgetdefizit:

P

Y

i

YY´

i´ B

B

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 83

4.3.5.2 Abbau

des BudgetdefizitsWirkung auf Produktion und Investitionen –

Zusammenfassung:

KurzfristigOhne kompensierende Geldpolitik: Produktionseinbruch

MittelfristigY steigt wieder auf YN

Niedrigeres ZinsniveauHöhere Privatinvestitionen gleichen Rückgang der staatlichen Nachfrage aus

LangfristigAnstieg der Privatinvestitionen stimuliert Aufbau von Kapital:YN steigt (sofern der Rückgang des Budgetdefizits öffentliche Infrastruktur nicht beeinträchtigt)

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 84

4.3.6 Wirkung

von Angebotsschocks

(Ölpreisschock)

Ölpreisschock

verändert

natürliche

Arbeitslosenquote/Produktionspotential

WS

μ+11 PS ( )

uN u

Anstieg

des ÖlpreisesPW

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 85

AS´AS

Y

P

AD

APt-1

YN

4.3.6 Wirkung

von Angebotsschocks

(Ölpreisschock)Anpassungsprozess

AS´´

A´´Pt+1

A´P´

Ölpreisanstieg:

• YN

sinkt

auf YN

´• AS verschiebt

sich

Kurzfristiger

Effekt: Von A nach

Mittelfristig: von A nach

A´´

• steigtμ

B

Y´N

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 86

4.3.7 Schlussfolgerungen

Schlussfolgerungen:Schlussfolgerungen:

Kurze

Frist:

Mittlere

FristProduktion

Zinsen

Preise

Produktion

Zinsen

Preise

Expansive Geldpolitik

↑ ↓ ↑

--

--

(klein)

Abbau

des Defizits

↓ ↓ ↓

--

↓ ↓

(klein)

Ölpreisschock

↓ ↑ ↑

↓ ↑ ↑

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 87

4.3.7 Schlussfolgerungen

Schocks

und AnpassungsmechanismenSchocks

und Anpassungsmechanismen

• Schocks

verschieben

AD

und AS

Kurven

• Die Schocks

haben

dynamische

Effekte

auf P

und Y

• Der

Anpassungsprozess

hängt

von der

Art des Schocks

ab

• Geld-

und Fiskalpolitik

kann

Nachfrageschocks

stabilisieren

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 88

4.4 4.4 Dynamische AnalyseDynamische Analyse

undundPhillipskurvePhillipskurve

Blanchard/ Illing; Kapitel 8 und 9

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 89

4.4.1 Einführung

Bislang: Beziehung zwischen Preisniveau und Produktion im Rahmen des AS-AD Ansatzes.

Nun: Beziehung zwischen den Wachstumsraten:Inflation, Produktionswachstum, Geldmengenwachstum(und Arbeitslosigkeit)

Ziel: Verstehe den Zusammenhang zwischen:Phillipskurve; Gesetz von Okun und AS-KurveGeldmengenwachstum und AD-Kurve

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 90

4.4.2 Phillipskurve

A. W. Phillips beobachtet 1958 empirisch eine negative Beziehung zwischen Lohnsteigerungen (bzw. Inflation π) und der Arbeitslosenquote u

Nominallohnsteigerungen:Löhne steigen bei angespanntem Arbeitsmarkt stärker

Inflation: Aufschlagskalkulation der Unternehmen:Lohnsteigerungen führen zu Preissteigerungen

Gibt es einen Trade-Off? Ist ein niedrigeres u nur bei steigendem π zu erreichen?

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 91

4.4.2 Phillipskurve –

USA 1890-1960

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 92

4.4.2 Phillipskurve: DeutschlandPhillips-Kurve von 1959 bis 1973

3

1973

1959

0

1

2

3

4

5

6

7

8

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3

Arbeitslosenquote

Infla

tions

rate

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 93

4.4.2 Phillipskurve

u

π

Gibt es einen Trade-Off zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation?

In den 60er Jahren verbreitete Auffassung: Es gibt einen politisch nutzbaren Trade-Off:

Arbeitslosigkeit kann durch Anstieg der Inflation bekämpft werden

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 94

4.4.2 Phillipskurve:

Kritik von ökonomischen Theoretikern (Phelps/ Friedman): Es kann keinen stabilen Trade-Off geben:Erwartungen spielen zentrale Rolle bei Lohnabschluss; sie reagieren auch auf Politikänderungen!

Empirisch: In den 70er Jahren brach die stabile Beziehung tatsächlich zusammen! (Ölpreisschocks)

Lucas Kritik: Wirtschaftspolitische Analyse muss berücksichtigen, dass Wirtschaftssubjekte auf Änderungen der Politik reagieren!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 95

4.4.2 Phillipskurve: DeutschlandPhillips-Kurve für die Bundesrepublik Deutschland

(alte Länder) 1954 bis 2005

2005

1954

1959

19641969

1974

1979

1984

1989 1994

1996

2000

1999

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

8

0 2 4 6 8 10 12

Arbeitslosenquote

Infla

tions

rate

Phillips-Kurve 1981 bis 2005

2005

2000

1996

1981

1986

1991

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

0 2 4 6 8 10 12

Arbeitslosenquote

Infla

tions

rate

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 96

4.4.2 Phillipskurve: Deutschland/USA

-4,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

0,0% 2,0% 4,0% 6,0% 8,0% 10,0% 12,0%

Arbeitslosenquote

Ände

rung

Infla

tions

rate

(Pro

zent

punk

te)

Deutschland USA

-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

0,0% 2,0% 4,0% 6,0% 8,0% 10,0% 12,0%

Arbeitslosenquote

Änd

erun

g In

flatio

nsra

te(P

roze

ntpu

nkte

)

D 1962-1980 D 1981-1990 D 1991-2000

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 97

4.4.2 Phillipskurve

Kurzfristige Phillips-Kurve: negative Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosenquote gilt nur kurzfristig bei konstanten Erwartungen!

)( 1−−−= tettNt duu ππ

u

π

Mittelfristige Phillips-Kurve: Natürliche

Arbeitslosenquote falls π

=πe: u=uN

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 98

4.4.2 Phillipskurve: Die Rolle der Erwartungen

uNu

Niveau der kurzfristigen Phillipskurve wird von den Inflationserwartungen bestimmt

π Höhere Inflationserwartungen verschieben die kurzfristige Phillipskurve

nach

oben

π1e Überlegung:

mittelfristig wird Beschäftigung allein von realen Faktoren bestimmt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 99

4.4.2 PhillipskurveDrei Versionen der Phillipskurve:

Ursprüngliche Version (Anfang 1960‘er): Statische Phillipskurve unterstellt einen stabilen, langfristigen Trade-Off; Annahme damals: konstante Erwartungen:

1−= tet ππ

)( tet E ππ =

'Aet =π

Moderne Sicht

(Lucas): Legt rationale Erwartungen zu Grunde:

Modifizierte Phillipskurve (Ende 1960‘er): Kritik der Theorie (Phelps/Friedman): Wirtschaftssubjekte

lernen aus Fehlern → (adaptive) Erwartungen: Theoretische Kritik wird durch Entwicklung der

70er Jahre bestätigt

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 100

4.4.3 Phillipskurve und aggregiertes

Angebot

Beziehung zwischen Phillipskurve und aggregiertem

Angebot

Gesetz von Okun: )(1 yNyttt ggbuu −−=− −

)( ettNyyt agg ππ −+=

Arbeitslosenquote sinkt nur, wenn die Produktionschneller wächst als das Potentialwachstum gyN (mit b<1)

Potentialwachstum: Summe aus Beschäftigungswachstum und Wachstum der Arbeitsproduktivität

Phillipskurve + Gesetz von Okun →

Aggregierte Angebotsfunktion

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 101

4.4.3 Phillipskurve und aggregiertes

Angebot

Das Gesetz

von Okun

-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

-4,0% -2,0% 0,0% 2,0% 4,0% 6,0% 8,0%

Wachstumsrate reales BIP

Änd

erun

g A

rbei

tslo

senq

uote

(P

roze

ntpu

nkte

)

DeutschlandVereinigte Staaten

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 102

4.4.3 Phillipskurve und aggregiertes

Angebot

u

π π

Zusammenhang: Phillipskurve

und

aggregiertes

AngebotAS/AD Modell mit Veränderungsraten

PhillipskurveAggregiertesAngebot

)( te

tyNyt agg ππ −+=)( te

tNt duu ππ −−=

gy

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 103

4.4.4 Aggregierte

NachfrageWir

betrachten

nun Wachstumsraten

(gyt

) statt

Niveaus

(Y)

)(lnlnlnln iLYpM ttt +=−

tmtyt gg π−=

Wir unterstellen von nun an einen konstanten Kassen- haltungskoeffizient 0=Lg

Es ergibt sich folgende Beziehung:

ytg = Wachstumsrate der Produktionmtg = Wachstumsrate

der

Geldmenge

Lyttmt ggg +=−π , wobei

Um die Wachstumsraten

zu

erhalten

wird

der

Logarithmus nach

der

Zeit

t abgeleitet:

→= )(iLYpMLogarithmiere

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 104

4.4.4 Aggregierte

NachfrageGrundlage des Geldmengenkonzepts der EZB: Ltytmt ggg ++= π

tytmt gg π+=Stärkeres Geldmengenwachstum (Anstieg von gm ) verschiebtaggregierte Nachfrage nach außen; mittelfristig steigt die Inflation

Mittelfristig entspricht die Inflation dem um das Normalwachstumder Produktion bereinigte Geldmengenwachstum

yNm gg −=π

Einfachster Fall: gL

= 0:

Referenzwert für Geldmengenwachstum gm

wird bestimmt durch(1) Angestrebte Inflationsrate (2) Potentialwachstum der Produktion(3) Veränderung der Kassenhaltungsgewohnheiten

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 105

4.4.4 Aggregierte

NachfrageKann Geldpolitik das Produktionswachstum gezielt über gYN

hinaus steigern?π

gYNgY

πe

Bei adaptiven Erwartungen:Unerwartet expansive Politik erzeugt kurzfristig Boom;mittelfristig passen sich die Erwartungen aber an:

es kommt zu einer Verschiebung der AS-Kurve

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 106

4.4.4 Aggregierte

Nachfrage: DisinflationBei adaptiven Erwartungen ist Stabilisierung des Preisniveaus nur erreichbar, wenn kurzfristig Produktionseinbußen, bzw. Beschäftigungseinbrüche akzeptiert werden

zunächst Bewegung entlang der kurzfristigen Angebotskurve von A nach B

π

tHmtyt gg π−=

gY

π0e=

πH

gYNgY1

π1

tmtyt gg π−= *

A

BC

Inflationserwartungen πe

passen sich langsam an:

Langsame Bewegung nach C (mit π*)

π*

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 107

4.4.5 Die Lucas-Kritik

Erwartungen und Glaubwürdigkeit –

die Lucas-KritikBisher adaptive Erwartungen: π t

e = π t-1

Wenn sich Inflationserwartungen π te aber an den

Ankündigungen der Zentralbank für stabilere Preise zusorgen, orientieren, dann gilt bei einer Ankündigung, die Inflation von πH auf π* zu senken:

Inflation geht unmittelbar auf π* zurück, ohneAuswirkung auf die Arbeitslosenquote

Rückgang des Geldmengenwachstums ist neutral

*ππ =et so dass *)( ππ −−= tNt duu

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 108

4.4.5 Die Lucas-KritikBob Lucas: bei rationalen Erwartungen ist Stabilisierung des Preisniveaus ohne Produktionseinbußen möglich

Zentralbank muss nur Reduktion des Geldmengenwachstums auf g* ankündigen: Inflationserwartungen πe

passen sich an, sofern Politik glaubwürdig ist

π

gYN

tHmtyt gg π−=

gY

π0e= πH

A

Ctmtyt gg π−= *

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 109

4.4.5 Die Lucas-Kritik

Fazit:

Bei Glaubwürdigkeit und rationalen Erwartungen kann Disinflation ohne Kosten erreicht werden.(Lucas, Sargent/Wallace)

De facto aber:

Probleme bei mangelnder Glaubwürdigkeit

Bei längerfristigen, überlappenden Kontrakten:Disinflation braucht selbst bei Glaubwürdigkeit längere Zeit (Fischer/ Taylor)!

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 110

4.4.6 Systematische Stabilisierungspolitik

These von Lucas:

Geldpolitik hat reale Auswirkungen nur, wenn sie unerwartet ist

Eine systematische, stabilisierende Geldpolitik ist nicht möglich

Aber: Bei rigiden nominalen Löhnen und Preisen: Stabilisierungspolitik kann Schwankungen von

Wachstum und Inflation erfolgreich dämpfen

Unterscheide: Angebots- oder Nachfrageschock?

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 111

4.4.6.1 Stabilisierung bei NachfrageschocksUnerwarteter Nachfrageeinbruch führt zu niedrigerem Wachstum (evt. Rezession) und nachlassendem Preisdruck

Nachfrageschock verschiebt AD-Kurve nach links

π

gYN gY

πe•

A

Bei rigiden Löhnen/ Preisen: Langsamer Anpassungsprozess

zurück zum potentialwachstum

Nachfrageeinbruch

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 112

4.4.6.1 Stabilisierung bei NachfrageschocksFalls Geldpolitik schneller reagiert, kann expansive Politik den

Nachfrageeinbruch dämpfen -

ohne Gefahr für Preisstabilität

Nachfrageschock verschiebt AD-Kurve nach links

π

gYN gY

πeA

Expansive Geldpolitik verschiebt AD-Kurve wieder zurück

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 113

4.4.6.2 Stabilisierung bei AngebotsschocksNegativer Angebotsschock verschiebt Potentialwachstum und kurzfristige Angebotskurve nach links: Produktionseinbruch, steigende Preise (Stagflation)

π

gYNgY

πeNegativer Angebotsschock verschiebt AS-Kurve nach links

gYN1

πB

A

VWL II Kapitel 4Prof. Dr. Gerhard Illing Seite 114

4.4.6.2 Stabilisierung bei AngebotsschocksExpansive oder kontraktive

Geldpolitik?

Trade Off bei Angebotsschocks

π

gYN gY

πe

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