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Jlfiit ÄicrÄttig WOCHENENDE 45 SonntBft, 5. Januar 1960 Nr. 5 (Fernnugjrabe Nr. 4) 45 Sprachglosse Der befaßte Bundesrat w/i. Meine Hoffnung, daß diese deutsche Mode auf ihrem Vor- marsch am Rhein haltmache, ist zuschanden geworden. Es zeigt sich ein neues Mal, wie beflissen die Hirtenknaben alles nachzu- plappern bereit sind, was draußen an Sprachtorheiten in Schwang kommt. Nun werden also auch bei uns alle möglichen Instanzen belaßt: der Gemeinderat mit de r Verkehrsmisere, das Zürcher Obergericht mit dem Fall Koella, de r Nationalrat mit der Universitätsreform und der Bundesrat mit der Flüchtlingsfrage wie ja schon vor Jahren laut unsern Zeitungen de r Sicherheitsrat in New York mit de r Ungarnfrage und de r amerikanische Senat mit dem Neger- problem belaßt wurde. Noch etwas früher wäre das undenkbar gewesen. Da wäre eine Angelegenheit dem Bundesrat unterbreitet, vorgelegt oder überwiesen worden, und er hätte sich dann damit belaßt. Denn das reflexive sich belassen (mit etwas) und das transitive (etwas) belassen (d. h. anrühren, befühlen, anfassen, be- tasten) wurden noch säuberlich auseinandergehalten. Jetzt .scheint auch das Reflexivum sich zum Transitlvum durchmausern zu wol- len, und es wird ihm gelingen, wenn die Sprachpflege dem nicht doch noch energisch entgegentritt. Da stehen die Aussichten nun freilich, wio ich zu meinem Leid- wesen einräumen muß, schon ziemlich schlecht. Hat doch der Duden dem neuen Brauch, wenn auch mit Vorbehalt, bereits seinen Segen gegeben: «Die transitive Verwendung ist nicht als falsch zu bezeichnen, aber dio Ausdruckswelse gehört der Verwaltungs- sprache an und wirkt außerhalb dieses Bereiches befremdend.» (Band 9, Seite 105.) Was aber befremdend wirkt so meine ich , sollte man doch eigentlich bekämpfen und nicht noch, wenn auch mit Einschränkung, ausdrücklich gutheißen. Von mir jedenfalls hat da niemand etwas zu befürchten: ich werde keinen belassen . Ich werde mich aber auch nie belassen lassen. Wohl aber beabsichtige ich, mich in diesen Spalton auch fürderhin mit Sprachtorheiten wie dieser zu belassen, indem ich sie gebührend an den Pranger stelle. Platz für wilde Tiere Vermehrter Raubvogelschutz in Europa wwl. Die Raubvögel bilden insgesamt eine der am meisten be- drohten Tiergruppen der Welt. Ueberall, wo sie vorkommen, sind sie heute in ihrem Bestand, ja in ihrer Existenz, gefährdet, bedroht durch die fortschreitende Dezimierung ihres Lebensraumes, be- droht aber auch durch direkte Verfolgung durch den Menschen. So gehören vielo Geier, Adler, Falken und Eulen heute zu den akut gefährdeten Arten. Dies gilt nicht etwa nur für fremde Erdteile, sondern auch für Europa. In der Tat figurieren unter den 22 Arten, die in ganz Europa als Brutvögel äußerst bedroht erscheinen, nicht weniger als 9 Greifvögel und eine Eulenart, darunter Bartgeier, Mönchsgeier, Kaiseradler, Wanderfalke and Uhu. Diese Tatsache zwingt zu konkreten Maßnahmen zur Verbesse- rung des Raubvogelschutzes. Zwar sind in vielen Ländern Europas diese Raubvögel gesamthaft oder doch teilweise durch das Gesetz geschützt, und weitere Länder sind daran, die rechtlichen Grund- lagen für einen vermehrten Schutz zu schaffen oder zu verbessern. Doch nützen vielenorts auch die besten Rechtsgrundlagen wenig, solange große Teile der Bevölkerung und insbesondere Wildhüter, JägeT und Bauern die Raubvögel und ihre wichtige Rolle im Natur- haushalt nicht besser kennen. Darum heißt ein Gebot de r Stunde: Vermehrte Orientierung der Oeffentlichkeit für einen vermehrten Raubvogelschutz. Dieses Gebot wollen sich die zuständigen Natur- schutzfachorganisationen und insbesondere de r Internationale Rat für Vogelschutz (CIPO| und der Weltnaturfonds World Wildlife Fund (WWF) zu eigen machen. Sie arbeiten gegenwärtig an Massenprospekten und anderen visuellen Hilfsmitteln, die späte- stens im Rahmen des Europäischen Naturschutzjahres 1970 in einer Reihe von europäischen Ländern in großer Zahl unter die Bevölkerung verteilt werden und zu einem wirksameren Raub- vogelschutz aufrufen sollen. Es ist zu hoffen, daß diesen Bestrebun- gen zur Erhaltung einer für das Gleichgewicht im Naturhaushalt so bedeutungsvollen Gruppe von Tierarten ein voller Erfolg be- schieden sein wird. Nebenbei 1969 und Blick zurück Die beiden Endziffern des neuen Jahres haben den eigen- artigen Reiz, daß sie sich mit den Endziffern des Lebensalters decken, das de r Urvater der Menschheit, Methusalem, erreicht haben soll: 969 Jahre. Aber selbst dieses für uns nicht mehr erreichbare Alter wäre für den heutigen Menschen nicht hoch genug, um das immerhin schon neunzehnhundert Jahre zurück- liegende Jahr 69 erlebt zu haben. Es war das Jahr, in welchem das Römische Reich vier Kaiser in rascher Folge an seiner Spitze hatte. Die Soldatenkaiser Galba, Otho und Vitellius kanten im selben Jahre um, und Titus Flavius Vespasianus wurde der erste römische Kaiser aus dem Plebejerhaus der Flnvicr. Im Verhältnis zu dieser fast 2000 Jahre zurückliegenden Zeit ist es fast jüngste Vergangenheit, daß vor nur 200 Jahren, 1769, Napoleon und Alexander von Humboldt geboren wurden, der kriegerische Eroberer Europas und der friedliche Eroberer Süd- amerikas. So hatte Humboldt sich in frühster Jugend selbst ge- nannt. Als er mit 16 Jahren dem durch Berlins Tiergarten reiten- den Friedrich dem Großen begegnete, fragte ihn dieser nach seinem Namen und sagte dann: «Alexander, das ist ein schöner Name. Er erinnert mich an einen Welteroberer gleichen Namens. Will er auch die Welt erobern?» Humboldt antwortete: «Ja, Sire aber mit dem Kopf.» Uebrigens ist mnemotechnisch nicht uninter- essant, daß im Abstand von jeweils zehn Jahren drei Berühmt- heiten geboren wurden: Goethe 1749, Schüler 1759 und Napo- leon 1769. 1769 ist auch das Todesjahr des Fabeldichters Christian Fürchte- gott Gellert und das Geburtsjahr des patriotischen Sängers und Napoleonhassers Ernst Moritz Arndt, der nebenbei bemerkt erst 1860 mit mehr als 90 Jahren starb. Vor 100 Jahren, 1869, wurde Indiens Mahatma Gandhi geboren, der 1948 einem Attentäter zum Opfer fiel. Um sich des nur 50 Jahre zurückliegenden Jahres 1919 zu erinnern, braucht man kein Methusalem zu sein. Für mich als geborenen Danziger hat es eine besondere Bedeutung: damals wurde meine Heimat, die in meinen jungen Jahren zu West- preußen gehört hatte, zum Freistaat Danzig (Freie Stadt). 1920 wurde der neue Staat dem Protektorat des Völkerbundes unter- stellt. Danzigs letzter Völkerbundskommissar (1937 39) war der Schweizer Historiker und Diplomat Carl Jacob Burckhardt. Vor 50 Jahren gab es auch zwei literarische Ereignisse: das Erscheinen von Tolstois «Krieg und Frieden» und des heute wieder bedeutsam gewordenen Romans von Jules Verne «20 000 Meilen unter dem Meere». Diejenigen, die 25 Jahre zurückblicken können, brauchen kaum daran erinnert zu werden, daß 1944 das Jahr des mißglückten Hitler-Attentats war und das Jahr, in welchem Rommel In den Selbstmord getrieben wurde. Im gleichen Jahr sind mehrere bekannte Persönlichkeiten der Literatur und Kunst gestorben: in Deutschland die Dichterin Isolde Kurz und der aus Gütland, nicht weit von Danzig, stam- mende Dichter Max Halbe sowie in Frankreich die Dichter Romain Rolland und Antoine Saint-Exuperyi ferner der norwegische Ex- pressionist Edvard Munch und der aus Rußland stammende Be- gründer der «absoluten Kunst» oder «gegenstandslosen Malerei» Wassily Kandinsky. ... .. ' Walter Roome Panettone-Fabrikanten, vereinigt euch! ag Die Tessiner Panettone-Fabrikcinten haben sich zwecks Wah- rung der Echtheil und Qualität dieses Kuchen» zu einem Verband zusammengeschlossen Dei Panettone wurde Im 17. Jahrhundert von einem Mailänder Konditor erfunden und riegen 1900 ins Tessin eingeführt. Um den Konsumenten die Wahl zu erleichtern, hat man den echten Panettone mit einem Qualitätszeichen versehen, das beim Eidgenössischen Patentamt in Bern hinterlegt wurde. Mode Gipsy- Look aus England II. G. Die Engländerin hat eine eigene Einstellung zur Mode. Immer wieder läßt sie sich mit Begeisterung zu allen neuen Gags und extravaganten Ideen hinreißen, jedoch nur mit einem «twinkle in her eye» ohne das jeweilige Modediktat ernstzu- nehmen. In den Winterkollektionen der britischen Modeschöpfer In der NZZ vor 175 Jahren Von links nach rechts: Paarweise durchgeknöpite Abendrobe von Mary Quant; GJpsy-KfeJd aus purputlurbigem, goldbesticktem Samt (Susan Small); Hosenanzug aus Cripe mit langer Bluse (Modell Simon Massey): Cardigan-Set und Rollkragenpullover (Lyle & Scott). sind Minis und Maxis zur Gleichberechtigung gelangt. Man trägt, was man will die unendlich große Kleiderauswahl macht dies auch möglich. Die neuen Winterkleider lassen eine leichte Abkehr vom Kleinmädchenstil de r vergangenen Jahre erkennen, ihre Linie tendiert zu taillennaher Silhouette, zu langen, schmalen Aermeln und sanft ausschwingenden Röcken. Bestseller dieses Winters sind vierteilige Ensembles: Jacke, Jupe, Bluse oder Pullover und ein mit vielen Knöpfen besetztes Gilet. Zum «hit» erkoren wurden ärmellose Boleros, die Seiden- bluse und Faltenjupe zum Trois-pieces machen Kombinationen von karierten Kleidern, Baskenmützen, Shawls und Jacken sowie Complets aus Compose-Stoffen bleiben bei der englischen Mode unentbehrlich. Die Winterfarbskala bevorzugt Dunkelbraun und leuchtendes Orange, Hellbeige, Burgunder- und Pflaumenblau. Baumwollsamt wird mit viktorianisch inspirierten Girlanden- und Blumenstraußmustern gerne für das «kleine Kleid» gewählt. Ecru, Pergament, Whisky und Tobacco, Maulbeerrot und ein grünliches Bronze sind dabei tonangebend. In de r Abendmode begeistert der Gipsy-Look: aus Samt und bunten Brokatstoffen, mit viel Perlen und Kordelstickereien, wip- penden Quasten, glitzerndem Stirnschmuck, Goldbändern fürs Haar, bunten Ketten und Stiefeln. Typisch für ihn sind weite Jupes, Münzengürtel, Seidenblusen mit Bauschärmeln, darüber das Bolero, generös mit Goldplättchen bestickt. Von englischen Modeschöpfern lanciert, hat die Zigeunermode sofort die Bouti- ques erobert und wird bereits, wie alle großen Modeschlager, konfektionell hergestellt. Wem der Gipsy-Look zu bunt ist, trägt für den Abend das Kleid aus schwarzem Crepe. Seine Versionen sind vorne streng hochgeschlossen, im Rucken gewagt dekolletiert oder betont jugendlich, vom Hals bis zur Zehenspitze durchgeknöpft und mit Glasperlen besetztem weißem Seidenkragen geschmückt. Taillen- nah und schmal, mit wippenden Straußfedern, Straßspangen oder weißen, bodenlangen Echarpen, ist es von unvergleichlicher Eleganz. Frankreich. Mittwoch, den 1. Jenner 1794 Konvent Von den Armeen ist nichts von Wichtigkeit ein- berichtet worden. Am 3. Nlvose halte man von de r Wiederein- nahme von Toulon in Paris noch keine Nachricht. Ueber die will- kürlichen Einkerkerungen de r Bürger werden in mehrern Depar- tements Klagen geführt. Unter andern heißt es, daß in den Ardennen mehr als 3000 Menschen in die Gefängnisse geworfen worden, von denen wenigstens 3 Viertel untadclhafte Patrioten seyen. Der Konvent schien geneigt, diesem Uebelstande abhelfen zu wollen. Aber er muß sich ungemein verhaßt machen, nach- stehende Addresse nicht, wie sie es verdiente, beherziget zu haben. Diese Addresse ist aus Ville Affranchie (ehemals Lyon), und enthält unter andern Folgendes: «Als durch die bekannten Umstände das Reich des Despotismus vertilgt wurdet glaubten und wünschten wir, daß die Willkür de r Gerechtigkeit Platz machen, daß Anklagen, welche nur leidenschaftlicher Haß zur Welt bringt, nicht mehr angehört, und daß Niemand, der nicht mit dem Charakter eines uneigennützigen Patrioten auftreten kann, vor den Richtern der Nazion zu erscheinen sich unterstehen würde. Dieses waren unsre Wünschet der Krieg hörte auf; aber wir seufzen izt unter Drangsalen, die weit empfindlicher, als die Schrecken des Krieges sind. Man errichtete nämlich zwo Kom- missionen. In Zeit von einem Monate sind durch die Urtheilc dieser Kommissionen 400 Menschen enthauptet worden. Es kamen nun neue Blutrichter zum Vorschein, denen das Blut nicht häufig und nicht schnell genug vergossen wird. Deswegen haben sie eine Revoluzionskommlsslon niedergesczt, die ans 7 Gliedern besteht, die sich in die Gefängnisse begeben, und dort schnell hinweg über die große Menge der Gefangenen das Endurtheil sprechen müssen. Kaum haben diese den Sentenz gefällt, als die Verurtheil- ten in eine Masse zusammengereiht und auf sie mit Hagel- geschütz gefeuert wird. Sie fallen einer über den andern hinüber; oft haben sie, verstümmelt, nur zur Hälfte ihr Leben verloren. Aber man macht demselben bald ein Ende, nachdem man in die- jenigen, welche noch athmen, mit Säbelhieben und Musketen- feuer hauet und schießet ... Repräsentanten des Volkesl Väter des Vaterlandes! um jener Barmherzigkeit willen, die zwar die Heizen aller Menschen empfinden, deren Gefühl aber in den Herzen der Obrigkeit weit mächtiger und wirksamer seyn soll» weil sie mehr, als. andere Menschen. Golc.qi-'nhnit hat, Gutes zu' thnn und Thränen abzutrocknen, um dieser Barmherzigkeit willen bitten wir euch, gegen die Stimme einer mehr unglücklichen als strafbaren Stadt nicht taub zu seyn, und einen demüthigen und reuenden Theil des Volkes anzuhören, welches, gebeugt vor der Majestät des ganzen Volkes um Gnade bittet, aber nicht des- wegen, als hätte es sich ein Verbrechen vorzuwerfen (denn die Urheber und Agenten dieser Verbrechen hdben es bereits mit ihrem Leben gebüßt) sondern es bittet ihrer misleiteten und irre- geführten Schwachheit wegen, und wir wagen es zu sagen, selbst für die mißkannte Unschuld und für jene Patrioten um Gnade, welche nichts anders wünschen, als ihre Fehler wieder gut zu machen. Lasset doch einmal statt des Schreckens Liebe herrschenl Ihr Reich ist weit das stärkste und dauerhafteste. Schrecken ge- bührt sich nur für Sklaven, und für unsere Feinde.» Unterschrieben waren Changeux, Brillat, Chauchat und Prost. Der Konvent überließ es seiner allgemeinen Heilskommission, darüber zu rapportieren. Dieses geschah folgenden Tages durch Collot d'Herbois. Er sagte: Diese rebellische Stadt habe auch nach ihrer Einnahme noch stets den Plan gehabt, alle mittäglichen Provinzen in Aufruhr zu bringen, und bey Toulon sich zu setzen. Mehr als 5000 Emigrirte oder reiche Royalisten wären in Lyon zurückgeblieben, die abgestraft werden müßten. Als man dort die RBvoluzionkommission errichte t habe, seyen heimliche Kom- plotte geschmiedet, anonyme Aufruhrschriften in den Häusern unhergeboten. und selbst das Leben der dort befindlichen Volks- repräsentanten meuchelmörderisch bedrohet worden. Diese Um- stände hätten es nöthig gemacht, die Prozedur gegen die Gefan- genen zu beschleunigen, und man hätte beschlossen, sie allemal gleich nach ausgesprochenem Endurtheile hinzurichten. Ein sol- ches Urtheil sey über 60 Uebelthäter gesprochen worden. Man hätte unrecht gethan, wenn man sich bloß an die Häupter der Verschwörung hätte halten wollen. Sie alle hätten den Tod tausendmal verdient. An den Fenstern hätten sie einst mehrere Republikaner aufgehenkt, Häuser in den Brand gesteckt, und selbst den Konvent für vogeUrey erkläret. Als man sie zur Hin- richtung ausführte, hätten sie: es lebe der König geschrien. Es sey allerdings wahr, daß man steh zu ihrer Hinrichtung der Kanonen und Fünten bedient, und daß zweycn davon, welche entwischten, durch die Freywilligen Kugeln vor den Kopf geschos- sen worden. Frankreich. Samstag, den 4. Jenner 1704 Royalisten in der Vendee. Sie hatten sich nach ihrer Nieder- lage zu Mens bey Blin verschanzt. Als aber die republikanische Armee sich näherte, verliesen sie diese Schäme, und lagerten sieb auf der Straße nach Berval. Auch dorthin folgten ihnen ungeachtet des heftigsten Regens die Republikaner. Bald kam es (am 29. Primaire) zu einer allgemeinen Schlacht Die Royalisten fochten mit Verzweiflung. Allein die Kavallerie, vom General Westermann angeführt, brach die Linien durch, und verfolgte sie bis an den Wald, in welchen sie flüchteten, aber zu 1000 auf ihrer Flucht niedergehauen wurden. Die Schlacht dauerte bis in die Nacht, und am folgenden Morgen begann sie von neuem. Die Royalisten vertheidigten sich mit 8 Kanonen sehr muthig; wurden aber auch diesesmal über den Haufen geworfen, und mit Hinter- lassung ihrer Artillerie und Bagage in die Flucht geschlagen. Neue Zürcher Zeitung vom 05.01.1969

45 · für Vogelschutz (CIPO| und der Weltnaturfonds World Wildlife Fund (WWF) zu eigen machen. Sie arbeiten gegenwärtig an Massenprospekten und anderen visuellen Hilfsmitteln, die

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Page 1: 45 · für Vogelschutz (CIPO| und der Weltnaturfonds World Wildlife Fund (WWF) zu eigen machen. Sie arbeiten gegenwärtig an Massenprospekten und anderen visuellen Hilfsmitteln, die

Jlfiit ÄicrÄttig WOCHENENDE45

SonntBft, 5. Januar 1960 Nr. 5(Fernnugjrabe Nr. 4) 45

Sprachglosse

Der befaßte Bundesrat

w/i. Meine Hoffnung, daß diese deutsche Mode auf ihrem Vor-marsch am Rhein haltmache, ist zuschanden geworden. Es zeigt

sich ein neues Mal, wie beflissen die Hirtenknaben alles nachzu-plappern bereit sind, was draußen an Sprachtorheiten in Schwang

kommt.

Nun werden also auch bei uns alle möglichen Instanzen belaßt:der Gemeinderat mit d er Verkehrsmisere, das Zürcher Obergericht

mit dem Fall Koella, d er Nationalrat mit der Universitätsreformund der Bundesrat mit der Flüchtlingsfrage wie ja schon vorJahren laut unsern Zeitungen d er Sicherheitsrat in New Yorkmit d er Ungarnfrage und d er amerikanische Senat mit dem Neger-problem belaßt wurde. Noch etwas früher wäre das undenkbargewesen. Da wäre eine Angelegenheit dem Bundesrat unterbreitet,vorgelegt oder überwiesen worden, und er hätte sich dann damitbelaßt. Denn das reflexive sich belassen (mit etwas) und dastransitive (etwas) belassen (d. h. anrühren, befühlen, anfassen, be-tasten) wurden noch säuberlich auseinandergehalten. Jetzt .scheintauch das Reflexivum sich zum Transitlvum durchmausern zu wol-len, und es wird ihm gelingen, wenn die Sprachpflege dem nichtdoch noch energisch entgegentritt.

Da stehen die Aussichten nun freilich, wio ich zu meinem Leid-wesen einräumen muß, schon ziemlich schlecht. Hat doch derDuden dem neuen Brauch, wenn auch mit Vorbehalt, bereits seinenSegen gegeben: «Die transitive Verwendung ist nicht als falsch zubezeichnen, aber dio Ausdruckswelse gehört der Verwaltungs-sprache an und wirkt außerhalb dieses Bereiches befremdend.»(Band 9, Seite 105.) Was aber befremdend wirkt so meine ich ,

sollte man doch eigentlich bekämpfen und nicht noch, wenn auchmit Einschränkung, ausdrücklich gutheißen.

Von mir jedenfalls hat da niemand etwas zu befürchten: ichwerde keinen belassen. Ich werde mich aber auch nie belassenlassen. Wohl aber beabsichtige ich, mich in diesen Spalton auchfürderhin mit Sprachtorheiten wie dieser zu belassen, indem ichsie gebührend an den Pranger stelle.

Platz für wilde Tiere

Vermehrter Raubvogelschutz in Europa

wwl. Die Raubvögel bilden insgesamt eine der am meisten be-drohten Tiergruppen der Welt. Ueberall, wo sie vorkommen, sindsie heute in ihrem Bestand, ja in ihrer Existenz, gefährdet, bedrohtdurch die fortschreitende Dezimierung ihres Lebensraumes, be-droht aber auch durch direkte Verfolgung durch den Menschen.So gehören vielo Geier, Adler, Falken und Eulen heute zu den akutgefährdeten Arten. Dies gilt nicht etwa nur für fremde Erdteile,sondern auch für Europa. In der Tat figurieren unter den 22 Arten,die in ganz Europa als Brutvögel äußerst bedroht erscheinen, nichtweniger als 9 Greifvögel und eine Eulenart, darunter Bartgeier,Mönchsgeier, Kaiseradler, Wanderfalke and Uhu.

Diese Tatsache zwingt zu konkreten Maßnahmen zur Verbesse-rung des Raubvogelschutzes. Zwar sind in vielen Ländern Europas

diese Raubvögel gesamthaft oder doch teilweise durch das Gesetzgeschützt, und weitere Länder sind daran, die rechtlichen Grund-lagen für einen vermehrten Schutz zu schaffen oder zu verbessern.Doch nützen vielenorts auch die besten Rechtsgrundlagen wenig,solange große Teile der Bevölkerung und insbesondere Wildhüter,JägeT und Bauern die Raubvögel und ihre wichtige Rolle im Natur-haushalt nicht besser kennen. Darum heißt ein Gebot d er Stunde:Vermehrte Orientierung der Oeffentlichkeit für einen vermehrtenRaubvogelschutz. Dieses Gebot wollen sich die zuständigen Natur-schutzfachorganisationen und insbesondere d er Internationale Ratfür Vogelschutz (CIPO| und der Weltnaturfonds World WildlifeFund (WWF) zu eigen machen. Sie arbeiten gegenwärtig anMassenprospekten und anderen visuellen Hilfsmitteln, die späte-

stens im Rahmen des Europäischen Naturschutzjahres 1970 ineiner Reihe von europäischen Ländern in großer Zahl unter dieBevölkerung verteilt werden und zu einem wirksameren Raub-vogelschutz aufrufen sollen. Es ist zu hoffen, daß diesen Bestrebun-gen zur Erhaltung einer für das Gleichgewicht im Naturhaushaltso bedeutungsvollen Gruppe von Tierarten ein voller Erfolg be-schieden sein wird.

Nebenbei

1969 und Blick zurückDie beiden Endziffern des neuen Jahres haben den eigen-

artigen Reiz, daß sie sich mit den Endziffern des Lebensaltersdecken, das d er Urvater der Menschheit, Methusalem, erreichthaben soll: 969 Jahre. Aber selbst dieses für uns nicht mehrerreichbare Alter wäre für den heutigen Menschen nicht hochgenug, um das immerhin schon neunzehnhundert Jahre zurück-liegende Jahr 69 erlebt zu haben. Es war das Jahr, in welchemdas Römische Reich vier Kaiser in rascher Folge an seiner Spitze

hatte. Die Soldatenkaiser Galba, Otho und Vitellius kanten imselben Jahre um, und Titus Flavius Vespasianus wurde der ersterömische Kaiser aus dem Plebejerhaus der Flnvicr.

Im Verhältnis zu dieser fast 2000 Jahre zurückliegenden Zeitist es fast jüngste Vergangenheit, daß vor nur 200 Jahren, 1769,

Napoleon und Alexander von Humboldt geboren wurden, derkriegerische Eroberer Europas und der friedliche Eroberer Süd-

amerikas. So hatte Humboldt sich in frühster Jugend selbst ge-

nannt. Als er mit 16 Jahren dem durch Berlins Tiergarten reiten-den Friedrich dem Großen begegnete, fragte ihn dieser nach

seinem Namen und sagte dann: «Alexander, das ist ein schönerName. Er erinnert mich an einen Welteroberer gleichen Namens.Will er auch die Welt erobern?» Humboldt antwortete: «Ja, Sireaber mit dem Kopf.» Uebrigens ist mnemotechnisch nicht uninter-essant, daß im Abstand von jeweils zehn Jahren drei Berühmt-heiten geboren wurden: Goethe 1749, Schüler 1759 und Napo-

leon 1769.

1769 ist auch das Todesjahr des Fabeldichters Christian Fürchte-gott Gellert und das Geburtsjahr des patriotischen Sängers und

Napoleonhassers Ernst Moritz Arndt, der nebenbei bemerkterst 1860 mit mehr als 90 Jahren starb. Vor 100 Jahren, 1869, wurdeIndiens Mahatma Gandhi geboren, der 1948 einem Attentäterzum Opfer fiel.

Um sich des nur 50 Jahre zurückliegenden Jahres 1919 zuerinnern, braucht man kein Methusalem zu sein. Für mich alsgeborenen Danziger hat es eine besondere Bedeutung: damalswurde meine Heimat, die in meinen jungen Jahren zu West-preußen gehört hatte, zum Freistaat Danzig (Freie Stadt). 1920wurde der neue Staat dem Protektorat des Völkerbundes unter-stellt. Danzigs letzter Völkerbundskommissar (1937 39) war derSchweizer Historiker und Diplomat Carl Jacob Burckhardt.

Vor 50 Jahren gab es auch zwei literarische Ereignisse: dasErscheinen von Tolstois «Krieg und Frieden» und des heute wiederbedeutsam gewordenen Romans von Jules Verne «20 000 Meilenunter dem Meere».

Diejenigen, die 25 Jahre zurückblicken können, brauchen kaumdaran erinnert zu werden, daß 1944 das Jahr des mißglückten

Hitler-Attentats war und das Jahr, in welchem Rommel In denSelbstmord getrieben wurde.

Im gleichen Jahr sind mehrere bekannte Persönlichkeiten derLiteratur und Kunst gestorben: in Deutschland die DichterinIsolde Kurz und der aus Gütland, nicht weit von Danzig, stam-mende Dichter Max Halbe sowie in Frankreich die Dichter RomainRolland und Antoine Saint-Exuperyi ferner der norwegische Ex-pressionist Edvard Munch und der aus Rußland stammende Be-gründer der «absoluten Kunst» oder «gegenstandslosen Malerei»Wassily Kandinsky. ... ..' Walter Roome

Panettone-Fabrikanten, vereinigt euch!ag Die Tessiner Panettone-Fabrikcinten haben sich zwecks Wah-

rung der Echtheil und Qualität dieses Kuchen» zu einem Verbandzusammengeschlossen Dei Panettone wurde Im 17. Jahrhundertvon einem Mailänder Konditor erfunden und riegen 1900 ins Tessineingeführt. Um den Konsumenten die Wahl zu erleichtern, hat manden echten Panettone mit einem Qualitätszeichen versehen, dasbeim Eidgenössischen Patentamt in Bern hinterlegt wurde.

Mode

Gipsy- Look aus England

II. G. Die Engländerin hat eine eigene Einstellung zur Mode.Immer wieder läßt sie sich mit Begeisterung zu allen neuen Gags

und extravaganten Ideen hinreißen, jedoch nur mit einem«twinkle in her eye» ohne das jeweilige Modediktat ernstzu-nehmen. In den Winterkollektionen der britischen Modeschöpfer

In der NZZ vor 175 Jahren

Von links nach rechts: Paarweise durchgeknöpite Abendrobe von MaryQuant; GJpsy-KfeJd aus purputlurbigem, goldbesticktem Samt (SusanSmall); Hosenanzug aus Cripe mit langer Bluse (Modell Simon Massey):

Cardigan-Set und Rollkragenpullover (Lyle & Scott).

sind Minis und Maxis zur Gleichberechtigung gelangt. Man trägt,was man will die unendlich große Kleiderauswahl macht diesauch möglich. Die neuen Winterkleider lassen eine leichte Abkehrvom Kleinmädchenstil d er vergangenen Jahre erkennen, ihreLinie tendiert zu taillennaher Silhouette, zu langen, schmalenAermeln und sanft ausschwingenden Röcken.

Bestseller dieses Winters sind vierteilige Ensembles: Jacke,Jupe, Bluse oder Pullover und ein mit vielen Knöpfen besetztesGilet. Zum «hit» erkoren wurden ärmellose Boleros, die Seiden-bluse und Faltenjupe zum Trois-pieces machen Kombinationenvon karierten Kleidern, Baskenmützen, Shawls und Jacken sowieComplets aus Compose-Stoffen bleiben bei der englischen Modeunentbehrlich. Die Winterfarbskala bevorzugt Dunkelbraun undleuchtendes Orange, Hellbeige, Burgunder- und Pflaumenblau.Baumwollsamt wird mit viktorianisch inspirierten Girlanden- undBlumenstraußmustern gerne für das «kleine Kleid» gewählt. Ecru,Pergament, Whisky und Tobacco, Maulbeerrot und ein grünliches

Bronze sind dabei tonangebend.

In d er Abendmode begeistert der Gipsy-Look: aus Samt undbunten Brokatstoffen, mit viel Perlen und Kordelstickereien, wip-penden Quasten, glitzerndem Stirnschmuck, Goldbändern fürsHaar, bunten Ketten und Stiefeln. Typisch für ihn sind weiteJupes, Münzengürtel, Seidenblusen mit Bauschärmeln, darüberdas Bolero, generös mit Goldplättchen bestickt. Von englischenModeschöpfern lanciert, hat die Zigeunermode sofort die Bouti-ques erobert und wird bereits, wie alle großen Modeschlager,

konfektionell hergestellt.

Wem der Gipsy-Look zu bunt ist, trägt für den Abend dasKleid aus schwarzem Crepe. Seine Versionen sind vorne strenghochgeschlossen, im Rucken gewagt dekolletiert oder betontjugendlich, vom Hals bis zur Zehenspitze durchgeknöpft und mitGlasperlen besetztem weißem Seidenkragen geschmückt. Taillen-nah und schmal, mit wippenden Straußfedern, Straßspangen oderweißen, bodenlangen Echarpen, ist es von unvergleichlicherEleganz.

Frankreich. Mittwoch, den 1. Jenner 1794

Konvent Von den Armeen ist nichts von Wichtigkeit ein-berichtet worden. Am 3. Nlvose halte man von d er Wiederein-nahme von Toulon in Paris noch keine Nachricht. Ueber die will-kürlichen Einkerkerungen d er Bürger werden in mehrern Depar-

tements Klagen geführt. Unter andern heißt es, daß in denArdennen mehr als 3000 Menschen in die Gefängnisse geworfenworden, von denen wenigstens 3 Viertel untadclhafte Patriotenseyen. Der Konvent schien geneigt, diesem Uebelstande abhelfenzu wollen. Aber er muß sich ungemein verhaßt machen, nach-stehende Addresse nicht, wie sie es verdiente, beherziget zuhaben. Diese Addresse ist aus Ville Affranchie (ehemals Lyon),

und enthält unter andern Folgendes: «Als durch die bekanntenUmstände das Reich des Despotismus vertilgt wurdet glaubten

und wünschten wir, daß die Willkür d er Gerechtigkeit Platzmachen, daß Anklagen, welche nur leidenschaftlicher Haß zurWelt bringt, nicht mehr angehört, und daß Niemand, der nichtmit dem Charakter eines uneigennützigen Patrioten auftretenkann, vor den Richtern der Nazion zu erscheinen sich unterstehenwürde. Dieses waren unsre Wünschet der Krieg hörte auf; aberwir seufzen izt unter Drangsalen, die weit empfindlicher, als dieSchrecken des Krieges sind. Man errichtete nämlich zwo Kom-missionen. In Zeit von einem Monate sind durch die Urtheilcdieser Kommissionen 400 Menschen enthauptet worden. Es kamennun neue Blutrichter zum Vorschein, denen das Blut nicht häufig

und nicht schnell genug vergossen wird. Deswegen haben sie eineRevoluzionskommlsslon niedergesczt, die ans 7 Gliedern besteht,

die sich in die Gefängnisse begeben, und dort schnell hinweg

über die große Menge der Gefangenen das Endurtheil sprechen

müssen. Kaum haben diese den Sentenz gefällt, als die Verurtheil-ten in eine Masse zusammengereiht und auf sie mit Hagel-geschütz gefeuert wird. Sie fallen einer über den andern hinüber;

oft haben sie, verstümmelt, nur zur Hälfte ihr Leben verloren.Aber man macht demselben bald ein Ende, nachdem man in die-jenigen, welche noch athmen, mit Säbelhieben und Musketen-feuer hauet und schießet . . .

Repräsentanten des Volkesl Väterdes Vaterlandes! um jener Barmherzigkeit willen, die zwar dieHeizen aller Menschen empfinden, deren Gefühl aber in den

Herzen der Obrigkeit weit mächtiger und wirksamer seyn soll»weil sie mehr, als. andere Menschen. Golc.qi-'nhnit hat, Gutes zu'thnn und Thränen abzutrocknen, um dieser Barmherzigkeit willenbitten wir euch, gegen die Stimme einer mehr unglücklichen als

strafbaren Stadt nicht taub zu seyn, und einen demüthigen undreuenden Theil des Volkes anzuhören, welches, gebeugt vor derMajestät des ganzen Volkes um Gnade bittet, aber nicht des-wegen, als hätte es sich ein Verbrechen vorzuwerfen (denn dieUrheber und Agenten dieser Verbrechen hdben es bereits mitihrem Leben gebüßt) sondern es bittet ihrer misleiteten und irre-geführten Schwachheit wegen, und wir wagen es zu sagen, selbstfür die mißkannte Unschuld und für jene Patrioten um Gnade,

welche nichts anders wünschen, als ihre Fehler wieder gut zu

machen. Lasset doch einmal statt des Schreckens Liebe herrschenl

Ihr Reich ist weit das stärkste und dauerhafteste. Schrecken ge-

bührt sich nur für Sklaven, und für unsere Feinde.»

Unterschrieben waren Changeux, Brillat, Chauchat und Prost.

Der Konvent überließ es seiner allgemeinen Heilskommission,

darüber zu rapportieren. Dieses geschah folgenden Tages durchCollot d'Herbois. Er sagte: Diese rebellische Stadt habe auch nach

ihrer Einnahme noch stets den Plan gehabt, alle mittäglichen

Provinzen in Aufruhr zu bringen, und bey Toulon sich zu setzen.

Mehr als 5000 Emigrirte oder reiche Royalisten wären in Lyonzurückgeblieben, die abgestraft werden müßten. Als man dortdie RBvoluzionkommission errichtet habe, seyen heimliche Kom-plotte geschmiedet, anonyme Aufruhrschriften in den Häusernunhergeboten. und selbst das Leben der dort befindlichen Volks-repräsentanten meuchelmörderisch bedrohet worden. Diese Um-

stände hätten es nöthig gemacht, die Prozedur gegen die Gefan-genen zu beschleunigen, und man hätte beschlossen, sie allemalgleich nach ausgesprochenem Endurtheile hinzurichten. Ein sol-

ches Urtheil sey über 60 Uebelthäter gesprochen worden. Man

hätte unrecht gethan, wenn man sich bloß an die Häupter derVerschwörung hätte halten wollen. Sie alle hätten den Tod

tausendmal verdient. An den Fenstern hätten sie einst mehrereRepublikaner aufgehenkt, Häuser in den Brand gesteckt, und

selbst den Konvent für vogeUrey erkläret. Als man sie zur Hin-richtung ausführte, hätten sie: es lebe der König geschrien. Es

sey allerdings wahr, daß man steh zu ihrer Hinrichtung der

Kanonen und Fünten bedient, und daß zweycn davon, welcheentwischten, durch die Freywilligen Kugeln vor den Kopf geschos-

sen worden.

Frankreich. Samstag, den 4. Jenner 1704

Royalisten in der Vendee. Sie hatten sich nach ihrer Nieder-lage zu Mens bey Blin verschanzt. Als aber die republikanische

Armee sich näherte, verliesen sie diese Schäme, und lagerten

sieb auf der Straße nach Berval. Auch dorthin folgten ihnenungeachtet des heftigsten Regens die Republikaner. Bald kam es(am 29. Primaire) zu einer allgemeinen Schlacht Die Royalisten

fochten mit Verzweiflung. Allein die Kavallerie, vom GeneralWestermann angeführt, brach die Linien durch, und verfolgte sie

bis an den Wald, in welchen sie flüchteten, aber zu 1000 auf ihrerFlucht niedergehauen wurden. Die Schlacht dauerte bis in dieNacht, und am folgenden Morgen begann sie von neuem. DieRoyalisten vertheidigten sich mit 8 Kanonen sehr muthig; wurdenaber auch diesesmal über den Haufen geworfen, und mit Hinter-lassung ihrer Artillerie und Bagage in die Flucht geschlagen.

Neue Zürcher Zeitung vom 05.01.1969