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Peter Hubwieser Didaktik der Informatik I WS 1998/99 Seite 1 5 Ein Gesamtkonzept f r die Schulinformatik 5.1 Wozu ein Pflichtfach ? Lehrerausbildung Nur im Rahmen eines eigenen Pflichtfaches kann sichergestellt werden, daß der Unterricht von Lehrkr ften mit ad quater Ausbildung durchgef hrt wird. Intellektuelle Anspr che Die vorgeschlagenen Lerninhalte stellen zum Teil hohe Anforderungen an die intellektuelle Leistungsf higkeit der Sch ler. Die Sch ler sind zu derartigen Anstrengungen nur in einem Fach bereit, das formal anderen F chern mit hnlichen Anspr chen (etwa Mathematik) gleichgestellt ist. Kontinuit t Die vorgeschlagenen Lerninhalte sind auf keinem Fall innerhalb einer Jahrgangsstufe vermittelbar. Das Zustandekommen von Wahlkursen h ngt stark von wechselnden Rahmenbedingungen wie Sch lerinteresse, Verf gbarkeit von R umen und Lehrkr ften und hnlichem ab. Ein kontinuierliches Arbeiten ber mehrere Schuljahre ist deshalb in diesem Rahmen nicht m glich. 5.2 Das Fundamentum 4 Alter: 5./6. JGSt. 4 Ziel: Grundlegende Einf hrung in die wichtigsten Begriffe und Denkweisen der Informatik 4 Vorgehen: altersgem ß spielerisch und handlungsorientiert, jedoch keinesfalls ungenau oder unsystematisch. 4 Themenschwerpunkt: Arbeit mit Dokumenten 4 Lerninhalte: 1. Erstellung und Pr sentation von Dokumenten Textverarbeitung: Texte, Abs tze, Zeichen als Objekte mit Attributen. Markieren, Ausschneiden, Einf gen als grundlegende Operationen auf Texten, Einbau von Grafiken. Hypertext: Struktur von Hypertextdokumenten, Einbau von Verweisen und multimedialen Objekten Tabellenkalkulation: Zeilen, Spalten und Zellen, Typen von Zellinhalten, Verweise auf andere Zellen, einfache Rechenfunktionen, einfache Pr sentationstechniken Grafikprogramme: typische Datenstrukturen von Vektor- und Pixelgrafik, m gliche Operationen darauf, Absch tzung des Platzverbrauchs, Manipulationsm glichkeiten. Hierarchische Dateisysteme: Dateien als Container f r die Daten von Standardsoftwareprogrammen, L schen und Kopieren von Dateien. 2. Verwaltung und Transport von Dokumenten Ordner zur hierarchischen Verwaltung von Dateien, beispielhafte Ordnersysteme, Verschieben und Kopieren von Dateien und Unterordnern, Versand von Dokumenten mit Hilfe von elektronischer Post, Publikation von Dokumenten im Internet, Client-Server Prinzip Systematische Suche nach Dokumenten in Verzeichnisstrukturen und im Internet

5 Ein Gesamtkonzept f r die Schulinformatik · Verarbeitungsvorschriften (Algorithmen, Kontrollstrukturen, Struktogramme), Systembeschreibungen (Datenflußdiagramme, Zustands- bergangsdiagramme)

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5 Ein Gesamtkonzept f r die Schulinformatik

5.1 Wozu ein Pflichtfach ?

LehrerausbildungNur im Rahmen eines eigenen Pflichtfaches kann sichergestellt werden, daß der Unterrichtvon Lehrkr ften mit ad quater Ausbildung durchgef hrt wird.

Intellektuelle Anspr cheDie vorgeschlagenen Lerninhalte stellen zum Teil hohe Anforderungen an die intellektuelleLeistungsf higkeit der Sch ler. Die Sch ler sind zu derartigen Anstrengungen nur in einemFach bereit, das formal anderen F chern mit hnlichen Anspr chen (etwa Mathematik)gleichgestellt ist.

Kontinuit tDie vorgeschlagenen Lerninhalte sind auf keinem Fall innerhalb einer Jahrgangsstufevermittelbar. Das Zustandekommen von Wahlkursen h ngt stark von wechselndenRahmenbedingungen wie Sch lerinteresse, Verf gbarkeit von R umen und Lehrkr ften undhnlichem ab. Ein kontinuierliches Arbeiten ber mehrere Schuljahre ist deshalb in diesem

Rahmen nicht m glich.

5.2 Das Fundamentum4 Alter: 5./6. JGSt.4 Ziel: Grundlegende Einf hrung in die wichtigsten Begriffe und Denkweisen der

Informatik4 Vorgehen: altersgem ß spielerisch und handlungsorientiert, jedoch keinesfalls ungenau

oder unsystematisch.4 Themenschwerpunkt: Arbeit mit Dokumenten

4 Lerninhalte:

1. Erstellung und Pr sentation von Dokumenten• Textverarbeitung: Texte, Abs tze, Zeichen als Objekte mit Attributen. Markieren,

Ausschneiden, Einf gen als grundlegende Operationen auf Texten, Einbau von Grafiken.• Hypertext: Struktur von Hypertextdokumenten, Einbau von Verweisen und multimedialen

Objekten• Tabellenkalkulation: Zeilen, Spalten und Zellen, Typen von Zellinhalten, Verweise auf

andere Zellen, einfache Rechenfunktionen, einfache Pr sentationstechniken• Grafikprogramme: typische Datenstrukturen von Vektor- und Pixelgrafik, m gliche

Operationen darauf, Absch tzung des Platzverbrauchs, Manipulationsm glichkeiten.• Hierarchische Dateisysteme: Dateien als Container f r die Daten von

Standardsoftwareprogrammen, L schen und Kopieren von Dateien.

2. Verwaltung und Transport von Dokumenten• Ordner zur hierarchischen Verwaltung von Dateien, beispielhafte Ordnersysteme,

Verschieben und Kopieren von Dateien und Unterordnern,• Versand von Dokumenten mit Hilfe von elektronischer Post,• Publikation von Dokumenten im Internet, Client-Server Prinzip• Systematische Suche nach Dokumenten in Verzeichnisstrukturen und im Internet

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3. Verarbeitung von Dokumenten und Automatisierung dieser Verarbeitung• Umgangssprachliche Formulierung von Verarbeitungsvorschriften f r Objekte aus dem

Bereich der Standardsoftware• Bausteine von Algorithmen: Sequenz, Wiederholung und Auswahl• Funktionsweise von Rechenanlagen in einfachen Blockschaltbildern• Automatisierung von Verarbeitungsvorg ngen durch einfache Makros• Unterscheidung von Daten- und Programmdateien.

5.3 Die Aufbaumodule4 Alter: 7. - 9. JGSt.4 Ziel: Sicherung der Kontinuit t bei der Besch ftigung mit der Informatik, Vertiefung der

eingef hrten Begriffe und Denkweisen

4 Themenschwerpunkt: Dokumente und Verarbeitungstechniken.

4 Lerninhalte:

• Textverarbeitung: Einbindung von Grafiken, Tabellen und anderen Objekten in Texte,Layoutprinzipien, Layoutvorlagen, Serienbriefe, Grundprinzipien vonTexterkennungssystemen.

• Hypertextstrukturen: Abbildung logischer Beziehungsgef ge in Dokumentenstrukturen,Anreicherung mit multimedialen oder aktiven Elementen, Pr sentation durch Webserver.

• Kommunikation in Rechnernetzen: Dienste in Rechnernetzen (Vertiefung),Informationssuche im Internet, Versand und Herunterladen von Dokumenten, Produktionund Ver ffentlichung eigener Dokumente.

• Tabellenkalkulation: Berechnungen und Pr sentation mit Hilfe von Tabellenkalkulation,Funktionsbegriff, Verkn pfung von Funktionen, ausf hrliche Gestaltung vonPr sentationsgraphiken, Einsatz von Tabellenkalkulationen im Bereich der Wirtschaft

• Computergrafik: Pixel- und Verktorgrafiken, Absch tzung des Platzbedarfs,Scannerpinzip, mathematsiche Formulierung von ebenen oder r umlichenTransformationen, Grundstrukturen von CAD-Systemen.

• Konzeption von Rechenanlagen: Aufbau und Funktionsweise von Computern undComputernetzen, Konzeption und Planung von lokalen Netzwerken, Rechte- undVerzeichnisstrukturen, Sicherungsstrategien

Selbstverst ndlich ist auch eine Vermischung einzelner Module denkbar. In diesem Bereichder Informatik sollten die Sch lerinteressen auf jeden Fall Vorrang haben.

5.4 Allgemeinbildungsmodule4 Alter: 10./11. JGSt.4 Ziel: vertiefte informatische Allgemeinbildung zur Vorbereitung auf Studium und Beruf

4 Themenschwerpunkt: Modellierung von realen oder geplanten Systemen

4 Lerninhalte:

1. Prinzipien der Repr sentation von Information (ca. 16 Std.)• Grundprinzip der Informationsverarbeitung: Aufbereiten und Darstellen von

Informationen, Verarbeiten, Transportieren, Rekonstruieren und Interpretieren vonRepr sentationen

• Modellierung als idealisierte, vereinfachte Beschreibung eines realen oder geplantenSystems

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• Erarbeitung einfacher Beschreibungstechniken an Beispielen aus der Erfahrungswelt derSch ler: Datenstrukturen (Texte, Tabellen, Grafiken, Dateien und Verzeichnisse),Verarbeitungsvorschriften (Algorithmen, Kontrollstrukturen, Struktogramme),Systembeschreibungen (Datenflußdiagramme, Zustands- bergangsdiagramme)

• Repr sentation durch Sprache: Zeichensatz, Syntax, Semantik, Unterschiede zwischennat rlichen und k nstlichen Sprachen,

2. Datenmodellierung (ca. 20 Std.)• Modellierung mit Hilfe von Entity-Relationship-Diagrammen: Entit ten (Datenobjekte);

Klassen von Entit ten; Attribute und Wertebereiche; Beziehungen zwischenEntit tsklassen

• Umsetzung von ER-Modellen in relationale Datenbanken: Schema, Tabellen, Spalten,Datentypen, Datens tze, Schl ssel, Redundanz, Konsistenz, Normalformen 1-3

• Operationen auf Tabellen: Datenmanipulation, Abfragen, Berichte, Datenschutz, Client-Server Prinzip.

3. Zustandsorientierte Modellierung und Algorithmen (ca. 20 Std.)• Modellierung von Abl ufen mit Hilfe von Zustands- bergangsdiagrammen: Zust nde und

berg nge; andauernde, ausl sende und ausgel ste Aktionen; endliche deterministischeAutomaten mit und ohne Ausgabe

• Implementierung von Automaten durch imperative Programme: Bausteine vonAlgorithmen (Zuweisung, Kontrollstrukturen: Sequenz, Auswahl, Wiederholung),Darstellung durch Struktogramme, Zust nde von Variablen, Steuerung der berg ngedurch Kontrollstrukturen, Syntaxdiagramm

• Automatenmodell des von Neumann-Rechners: Realisierung von Variablen undVerarbeitungsvorschriften durch Zust nde von Speicherzellen

4. Funktionale Modellierung (ca. 12 Std.)• Aufteilung komplexer Systeme in Teilsysteme (Komponenten), Datenflußdiagramme,

schrittweise Verfeinerung• Modularisierung von imperativen Programmen: Funktionen und Prozeduren;

Schnittstellen; Ein- und Ausgabeparameter; globale und lokale Variable; strukturierteProgrammierung

• Rekursion als Hilfsmittel zur Probleml sung: Rekursive Beschreibung von Algorithmenaus funktionaler Sicht

5. Objektorientierte Modellierung (ca. 16 Std.)• Objektmodell: Identifikation von Objekten, Klassenbildung• Objekte als Automaten: Objekte vereinen Datenstrukturen (Attribute) und

Verarbeitungsvorschriften (Methoden); Attributname und –wert; Objekt als Instanz seinerKlasse; Datenkapselung

• Kommunikation zwischen Objekten: Gegenseitiger Aufruf von Methoden durchBotschaften

6. Verteilte Systeme (ca. 8 Std.)• Modellierung paralleler Abl ufe mit Hilfe von einfachen Message Sequence Charts• Kopplung paralleler Prozesse; Zugriff auf gemeinsame Ressourcen• Kommunikation zwischen parallelen Prozessen: Protokolle, Protokollschichten• Ein Beispiel f r ein verteiltes System mit parallelen Prozessen (Internet)

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7. Unterrichtsprojekt: Entwicklung eines hinreichend komplexen Systems (ca. 20 Std.)• Phasenmodell der Softwareentwicklung : Planung, Analyse, Entwurf, Implementierung,

Test und Einf hrung, Wartung und Pflege• Anwendung des Phasenmodells bei der Konstruktion und Simulation eines komplexen

Systems zu einer selbstgew hlten Aufgabenstellung; Beachtung von Prinzipien desDatenschutzes und Datensicherheit; Simultaner Einsatz mehrerer Modellierungstechnikenw hrend verschiedener Phasen des Projektes

• Erstellung einer ausf hrlichen Dokumentation von Vorgaben, Projektverlauf undErgebnissen der einzelnen Phasen; ausf hrliche Abschlußphase mit kritischer Wertungdes gesamten Projektverlaufs

5.5 Oberstufe4 Alter: 11./12. JGSt.4 Ziel: Spezielle Studienvorbereitung (Fachwissenschaftsprop deutik)

4 Themenschwerpunkt: Vertiefung der Modellierung, Aspekte der theoretischenFundierung und der Implementierung

4 Lerninhalte:

• Formale Sprachen: Notationen: Grammatiken, BNF-Notation, Syntax-Diagramme,Programmiersprachen, endliche Automaten, Kellerautomaten

• Rekursive Datenstrukturen: Verwendung von Listen und B umen zur Verarbeitung vonInformation, Funktionale Programmierung

• Objektorientierung (Fortsetzung): H here Konzepte der Objektorientierung: Vererbung,Polymorphismus, Vertiefung der Objektorientierten Programmierung

• Rechnersysteme: Einf hrung in die Rechnerarchitektur, Grundlegende Konzepte vonBetriebssystemen

• Konzepte von Rechnernetzen: Adressierungs- und Vermittlungstechniken

• Einf hrung in die Aussagen- und Pr dikatenlogik: Modellierung mit Hilfe von Regeln,Logikprogrammierung

• Berechenbarkeit und Komplexit t: Abstrakte Maschinenmodelle: Turingmaschine,Registermaschine, Existenz nichtberechenbarer Funktionen, Komplexit tsklassen

• Projektarbeit (Fortsetzung): Schwerpunkt Zusammenarbeit von Projektgruppen

5.6 Implementierung in BayernUnsere Bem hungen um eine Verbesserung der Informatikausbildung konzentrierten sichbisher auf das bayerische Gymnasium, wo sich im Schuljahr 1998/99 mit dem Beginn derSchulversuche zu neuen Stundentafeln ein erster großer Erfolg anbahnte.

Da es aus naheliegenden Gr nden nahezu unm glich ist, eine bestehende Stundentafelzugunsten eines neuen Schulfaches massiv zu korrigieren, versucht die bayerischeStaatsregierung, die Informatik ber neue Gymnasialtypen einzuf hren. Im wesentlichenhandelt es sich dabei um eine neue Stundentafel f r das mathematisch naturwissenschaftliche

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Gymnasium (MNG II) und zwei neue Typen des Europ ischen Gymnasiums (EGy Typ II undIII).

MNG IIDie vom bayerischen Landtag entworfene alternative Stundentafel f r das mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium wird seit Herbst 1998 an ca. 30 bayerischen Gymnasienab Jahrgangsstufe 6 erprobt Darin ist Informatik als zweist ndiges Fach in denJahrgangsstufen 10 und 11 vertreten. Leider ist es nicht gelungen, den unserer Ansicht nachsehr wichtigen Fundamentalbereich aufzunehmen. Die erste Informatik-Unterrichtsstunde inder 10. Jahrgangsstufe ist im Herbst 2002 zu erwarten.

EGy IILeider hat die Informatik keinen Einlaß in den Pflichtbereich dieses neuen Gymnasialtypsgefunden. Immerhin ist wenigstens ein Wahlpflichtangebot ab der 7. JGSt. enthalten, so daß,ausreichende Nachfrage vorausgesetzt, die Sch lerinnen und Sch ler auch in diesem Zweig inden Genuß einer fundierten dreij hrigen Ausbildung in Informatik kommen k nnen. Bei

EGy IIIDie Konzeption des EGyIII mit Informatik in den Jahrgangsstufen 6, 10 und 11 wird in einemoffiziellen Schulversuch ab Herbst 1999 an ca. 20 Schulen erprobt werden. Aus unserer Sichtw re die Informatik in diesem Konzept ausreichend ber cksichtigt, da bereits in der 6.Klassedie n tigen systematischen Kenntnisse f r eine Wahlkursphase im Bereich 7-11 gelegtwerden. Zus tzlich bietet dieser Zweig die M glichkeit, Informatik in den JGSt. 7-9 alsWahlpflichtfach zu w hlen, wodurch Informatik in einer bundesweit einmaligen Tiefeunterrichtet werden k nnte.

Die folgende Tabelle faßt die Informatik-Angebote als Pflichtfach (P) bzw. Wahlpflichtfach(WP) im Rahmen der aktuellen bayerischen Schulversuche zusammen.

JGSt. MNG II EGy I, II EGy III56 WP: Modul

FundamentumP: ModulFundamentum

7 WP: Wahlmodul 1 WP: Wahlmodul 18 WP: Wahlmodul 2 WP: Wahlmodul 29 WP: Wahlmodul 3 WP: Wahlmodul 310 P: Modul

Allgemeinbildung (1)WP: ModulAllgemeinbildung (1)

P: ModulAllgemeinbildung (1)

11 P: ModulAllgemeinbildung (2)

WP:Modul Allgemeinbildung (2)

P: ModulAllgemeinbildung (2)

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5.7 Unterrichtsbeispiel f r das Fundamentum

Der Dateibaumzu 1. Erstellung und Pr sentation von Dokumenten

Die Lernaufgabe:Wir wollen Informationen ber den Kontinent Amerika strukturieren. Dazu legen wir einenVerzeichnisbaum an, der die geographische Struktur widerspiegelt. Dann sammeln wir inGruppenarbeit Informationen ber die einzelnen L nder aus B chern, CD`s und dem Internetund legen sie in Form geeigneter Dokumente in dem jeweiligen Verzeichnis ab.

Wir wollen auf jeden Fall f r jedes Land ein Datendokument mit Informationen ber Staatsoberhaupt, Staatsform, Hauptstadt und

Einwohnerzahl, ein Bilddokument mit der Flagge ein Bilddokument mit der Landkarte ein Tondokument mit der Nationalhymne

einbauen.

Zus tzlich werden in den Verzeichnissen der mittleren Ebene Landkarten und allgemeineInformationen abgelegt.

Abbildung 1: Der Dateibaum in der 6.Klasse

Die Lerninhalte:

Dokumente k nnen mit Hilfe von Verzeichnissen geordnet werden. Verzeichnisse k nnen Dokumente und/oder andere Verzeichnisse (Unterverzeichnisse)

enthalten.

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Verzeichnisse bilden Verzeichnisb ume:• Es gibt ein Verzeichnis, in dem alle anderen enthalten sind (Wurzel)• Jedes Verzeichnis (bis auf die Wurzel) hat genau ein Oberverzeichnis, in dem es

enthalten ist.

5.8 Unterrichtsbeispiele f r das Modul Allgemeinbildung

5.8.1 Funktionales Modell einer Rechenanlage

Einordnung:1. Prinzipien der Repr sentation von Information (ca. 16 Std.)• Modellierung als idealisierte, vereinfachte Beschreibung eines realen oder geplanten

Systems• Erarbeitung einfacher Beschreibungstechniken an Beispielen aus der Erfahrungswelt der

Sch ler: Datenstrukturen (Texte, Tabellen, Grafiken, Dateien und Verzeichnisse),Verarbeitungsvorschriften (Algorithmen, Kontrollstrukturen, Struktogramme),Systembeschreibungen (Datenflußdiagramme, Zustands- bergangsdiagramme)

VerlaufsskizzeAls erstes Beispiel f r eine Modellierung wollen wir das funktionale Modell einesEinzelplatzrechners erstellen. Wir konzentrieren uns dabei auf die Beschreibung derAufteilung in Subsysteme und die Datenfl sse dazwischen. Das Modell kann nat rlichbeliebig verfeinert werden. Wir verwenden dazu die Sprache der "Datenflußdiagramme":

Rechner BildschirmFestplatte

Datenquelle oderDatensenke

Informationsverarbeitender Prozeß

Persistentes Datenobjekt

Abbildung 2: Syntax funktionaler Modelle1

Bei dieser Modellierungstechnik haben wir die folgenden Symbole zur Verf gung:

1. Subsysteme: Informationsverarbeitende Prozesse (Ellipsen): Diese Subsysteme ver ndern Daten.

Sie haben in jedem Fall Ein- und Ausg nge

Persistente Datenobjekte (Zylinder) dienen zur Zwischenspeicherung von Daten."Persistent" meint dabei (im Gegensatz zu den Datenleitungen) auch sehr kurzfristigeAufbewahrung.

Datenquellen bzw. -senken (Rechtecke) modellieren die Schnittstellen des Systems nachaußen.

2. Datenleitungen (Pfeile) symbolisieren Kommunikationswege und k nnen durchaus auchf r technisch anspruchsvolle Baueinheiten wie Busse stehen.

1 nach Rumbaugh e.a.

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Die Syntaxregeln sind ebenfalls sehr einfach:

1. Subsysteme k nnen nur durch Datenleitungen verbunden werden2. Datenquellen haben nur Ausg nge, Datensenken nur Eing nge

Damit sieht (irgend-)ein Rechner wie folgt aus:

CPU

Bildschirm

Festplatte

TastaturMaus

DruckerRAM

ROM

E/A-Prozessor

Tastatur-Prozessor

BS-RAM

E/A-Prozessor

Tastatur-Puffer

E/A-Prozessor

Drucker-Puffer

Drucker-Prozessor

BS-Prozessor

E/A-Prozessor

Abbildung 3: Funktionales Modell eines Rechners

5.8.2 Bildverarbeitung

1) Einordnung1. Prinzipien der Repr sentation von Information (ca. 16 Std.)• Erarbeitung einfacher Beschreibungstechniken an Beispielen aus der Erfahrungswelt der

Sch ler: Datenstrukturen (Texte, Tabellen, Grafiken, Dateien und Verzeichnisse),Verarbeitungsvorschriften (Algorithmen, Kontrollstrukturen, Struktogramme),Systembeschreibungen (Datenflußdiagramme, Zustands- bergangsdiagramme)

2) ProblemgewinnungWir zeichnen mit einem Bitmap-Zeichenprogramm (wie MS -Paint,enthalten in Windows95 , Corel-Painto. .) eine beliebige Strichzeichnung beider sich die Notwendigkeit einerVerschiebung gezeichneter Figurenergibt. Eine M glichkeit w re etwa dieErstellung eines Einrichtungsplans f reine Wohnung.

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Die Sch ler stellen fest, daß eine nachtr gliche Einpassung gezeichneter Objekte mit einemBitmap-Programm nur unter Mitnahme der ganzen Umgebung innerhalb eines Rechteckesm glich ist.

Nun versuchen wir, dieselbe Aufgabe mittels eines vektororientierten Zeichenprogramms(MS-Draw , Corel-Draw o. .) zu l sen. Dabei sehen wir, daß sich einzelne Figuren ohneBeeinflussung der Umgebung verschieben lassen. Dieselbe Aufgabe f llt pl tzlich sehr leicht.

3) Problembeschreibung

4 Eine Tabellenkalkulation als GrafikprogrammZur n heren Betrachtung der angerissenen Problematik versuchen wir nun, einGrafikprogramm mit Hilfe einer Tabellenkalkulation zu simulieren.

Zur Vorbereitung stellen wir in einem Bereich der Tabelle Spaltenbreite und Zeilenh he soein, daß die einzelnen Zellen am Bildschirm quadratisch erscheinen.

Beispiel: Einstellungen bei MS-Works f r WindowsBereich Spalte A - AX (50 Spalten)

Zeile 1 - 50 (50 Zeilen)Zellenh he 11Zellenbreite 2Manuell berechnen einFonts: Zeile 1 Spalte A und im Bereich A1:E3 Arial 6

sonst Wingdings 12

Dann erstellen wir am linken und oberen Rand eine Zahlenfolge als Koordinatensystem.

Beispiel: Zelle A1 = 0, Zelle A2 und B1 =A1+1, nun kopieren nach rechts und unten

Jetzt sollen die Sch ler zwei Kreise k1(A;5) und k2(B;10) mit A(30;20) und B(20;20) aus"Pixeln" zeichnen, wobei ein Pixel durch den Eintrag eines schwarzen Quadrats (inWingdings mit der -Taste) in eine Zelle simuliert wird. In einem ersten Versuch werden siedie Pixel manuell eintragen (s. Abbildung 4) .

Die n chste Aufgabenstellung wirft dann wie dieselben Probleme auf wie oben: "Verschiebeden Kreis um B so, daß beide Kreise konzentrisch um den Mittelpunkt A liegen !"

Die L sung mittels Ausschneiden und Kopieren beinhaltet den Sch nheitsfehler, daß die R n-der des kopierten Rechtecks mitgenommen werden. Teile des Kreises um A werden daherebenfalls verschoben. Eine erneute Zeichnung beider Kreise scheint auf den ersten Blick dieeinzige L sungsm glichkeit zu sein.

4 Wir definieren die Figuren mathematischWir versuchen einen zweiten Ansatz, indem wir die Intelligenz der Tabellenkalkulationausnutzen und die Pixel automatisch eintragen lassen, je nach Position der Zelle.

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Dazu ben tigen wir zun chst Kreisgleichungen (bei Bedarf erfolgt eine Herleitung mit Hilfedes Satzes von Pythagoras):

k: (x - mx)2 + (y - my)2 = r2

Abbildung 4: Eine Tabelle als Bitmap-Grafik

Also soll ein Pixel gesetzt werden, falls gilt P(x | y) k1 oder P(x | y) k2, oder

(x - 30)2 + (y - 30)2 = 25 (x - 20)2 + (y - 20)2 = 100

Dies bersetzen wir nun gem ß der Syntax der Tabellenkalkulation mit Hilfe der Tatsache,daß sich die x-Koordinaten in Zeile 1 und die y-Koordinaten in der A-Spalte befinden, ineinen bedingten Ausdruck (im Beispiel von MS-WORKS in einen WENN-Ausdruck):

WENN(ODER((B$1-30)^2 + ($A2-20)^2 = 25;(B$1-20)^2 + ($A2-20)^2 = 100);"n";" "),

den wir zun chst in Zelle B2 eintragen, um ihn anschließend in alle noch freien Zellen zukopieren. (Hier handelt es sich in gewissem Sinn um Funktionale Programmierung !)

Nun werden die Kreise zwar "automatisch" gezeichnet, das Verscheiben eines Kreises istallerdings immer noch m hsam, weil• die Formel ge ndert und• dann wieder in alle Zellen kopiert werden muß .

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Als Verbesserung wird vorgeschlagen, daß ein Bereich der Tabelle f r den Eintrag der Radienund Mittelpunkte reserviert wird.

Beispiel:B C D E

2 k1: m1x m1y r13 k2: m2x m2y r2

Die zweite Version der Formel nimmt dann auf diese Eintr ge bezug (z.B. Formel in F2):

WENN(ODER((F$1-$C$2)^2+($A2-$D$2)^2 = $E$2^2;(F$1-$C$3)^2 + ($A2-$D$3)^2 = $E$3^2);"n";" ")

Nun kopieren wir das Ergebnis wieder in alle noch freien Zellen und k nnen Kreise mit belie-bigen Mittelpunkten und Radien auf Knopfdruck (Befehl: "Tabelle berechnen", z.B. in MS-Works mit Taste � ) zeichnen lassen.

Zusammenfassung:Es gibt offensichtlich zwei Arten der Darstellung von digitalen Bildinformationen:1. Wir k nnen f r jeden Punkt der Grafikebene einen Farb-/Grauwert festhalten (Pixelgrafik,

Bitmap),2. Man kann die geometrischen Eigenschaften der darzustellenden Objekte mathematisch

definieren und speichern (Vektorgrafik).

4) Modellierung

4 Ein DatenmodellWir erarbeiten nun je ein Datenmodell f r die beiden M glichkeiten:

Pixelgrafik

Pixel

Farbwert Position

x-Wert y-Wert

Vektorgrafik

Objekt

Kreis Strecke

RadiusStil-

F llung

x-Wert y-Wert Dicke Typ Farbe Muster Farbe

Rechteck usw.

Mittel-punkt

Stil-Rand

Abbildung 5: Datenmodelle f r Grafiken

Anschließend besprechen wir die Eigenheiten der beiden Darstellungsarten sowie diehnlichkeit der Pixelstruktur mit der Datenstruktur der Tabellenkalkulation (s. Abbildung 6).

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Zelle

Blatt

Formel Wert

String DatumZahl

Abbildung 6: Datenstruktur einer Tabellenkalkulation (vereinfacht)

4 PixelgrafikMan hat es meist mit einer festen Anzahl zu zeichnender Pixel zu tun (Bildschirm, Drucker-Raster,..). Deshalb kann man die Position aus der Lage des Pixel-Elementes in der Sequenzbestimmen. Falls das Bild die Spalten x 0 .. xanz-1 und die Zeilen y 0 .. yanz-1 hat, soliegt ein Pixel mit den Koordinaten x, y in der Sequenz an der Stelle

s = y*(xanz) + x.

Umgekehrt ergeben sich die Koordinaten zu

y = s div xanz undx = s mod xanz.

Der Farbwert kann unterschiedlich fein abgestuft sein (Farbtiefe), feinere Farbaufl sung gehtallerdings auf Kosten des Speicherbedarfs, der erhebliche Ausmaße annehmen kann. Ein Bildmit 1014 x 768 Pixel beansprucht in Abh ngigkeit von der Farbtiefe (v llig unabh ngig vonseinem „semantischen“ Informationsgehalt!) etwa folgenden Speicherplatz:

Farbtiefe Anzahl der Farbstufen Speicherplatz ca.1 Byte 256 500kB2 Byte 65536 1MB3 Byte 17 Mio 1,5MB

Diese Zahlen k nnen durch Betrachten der Gr ße der bei unseren „Bitmapversuchen“produzierten Dateien (etwa 700kB als BMP) verifiziert und gegebenenfalls nachgerechnetwerden.

4 VektorgrafikEin einzelner Kreis in Vektorgrafik verbraucht dagegen kaum Speicherplatz. In unseremDatenmodell k nnte man zum Beispiel 4 Byte je Komponente zugestehen und erhielte soeinen Platzbedarf von 8 x 4 = 31 Byte f r ein Objekt.

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Zus tzlich zu den Objekten m ssen bei den Vektorgrafiken allerdings Informationen berBildgr ße, Hintergrund, usw. mitgef hrt werden, die nat rlich auch Platz beanspruchen.

Wie k nnen auch das mit Hilfe unserer Dateigr ßen verifizieren (ca. 13kB).

4 Umwandlungen zwischen den FormatenJetzt sind wir in der Lage, die Umwandlungsm glichkeiten zwischen den beidenDarstellungsarten zu besprechen:

Vektorgrafik -> BitmapDiese Richtung macht kaum Probleme. Der Algorithmus sieht etwa so aus:

WIEDERHOLE f r alle SpaltenWIEDERHOLE f r alle Zeilen (der Pixelgrafik):

WENN der Punkt zu einem Objekt geh rt,DANN wende dessen Attribute auf den Punkt an,SONST zeichne ihn in Hintergrundfarbe

Alle rasterorientierten Ausgabeger te m ssen Grafiken so darstellen.

Bitmap -> VektorgrafikDiese Richtung ist weitaus aufwendiger. Hier muß ein ausgekl gelter, zeit- und rechen-intensiver Algorithmus

1. das Pixelmuster auf das Vorhandensein bekannter mathematisch beschreibbarerMuster absuchen,

2. diese identifizieren und3. ihre Attribute richtig setzen.

5) RealisierungWir stellen uns nun eine konkrete Aufgabe je Datenmodell.

4 Vektorgrafik und UmwandlungenZum Beispiel wollen wir als bung in Vektorgrafik den Umkreis eines Dreiecks neuproduzieren oder als alte Version laden und in eine Bitmap-Grafik umwandeln.

Das Ergebnis bearbeiten wir mit einem Bitmap-Grafik-Programm, um die Unterschiedefestzustellen und versuchen eine R cktransformation in eine Vektorgrafik.

Wir zeichnen zun chst ein Dreieck, drei Strecken und einen Kreis. Dann versuchen wir durchVerschieben, Drehen und Skalieren der Objekte, die gew nschte Situation ann hernd zu rea-lisieren. Hier werden die M glichkeiten der Vektorgrafik verdeutlicht (Abbildung 7).

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Abbildung 7: Vektorgrafik vor (links) und nach (rechts) Hin- und R cktransformation in Bitmap-Grafik

Nach der Erstellung und Speicherung wandeln wir das Bild (etwa mit der Option„Exportieren“ aus Corel-Draw ) in eine Bitmap-Grafik (*.BMP-Date) mit 16-bit Farbtiefeum.

Ein Vergleich des Dateiumfangs zeigt dann, daß die Pixelgrafik ungef hr den 50-fachen Platzauf der Festplatte belegt.

Nun laden wir unsere Bitmap-Grafik in ein pixelorientiertes Zeichenprogramm (etwa Corel-Paint ) und versuchen, mittels der Winkelhalbierenden einen Inkreis einzuzeichnen. Wegender mangelnden Korrekturm glichkeiten gelingt dies nur schwer.

Im n chsten Schritt vektorisieren wir dann unsere ver nderte Bitmap-Grafik mittels eines ge-eigneten Programmes (etwa Corel-Trace ) und speichern das Ergebnis. Wenn wir dieses indas Vektor-Zeichenprogramm laden, stellen wir fest, daß wir nun wieder Zugriff aufeinzelnen Objekte haben. Allerdings sind diese nun anders gruppiert, so sind die Kreise meistin Einzelteile zerlegt (Abb.15).

4 Pixelgrafik, PhotoretuscheAls typische Bitmap-Anwendung wollen wir in einer Photo-Retusche ein Werbephoto f reinen Urlaubsort "versch nern" (alternativ eine geplante Umgehungsstraße in eine vorher un-ber hrte Landschaft einpassen oder hnliches).

Mittels eines Scanners lesen wir ein das Photo einer griechischen Urlaubsortes aus einemKatalog ein und retuschieren den darauf abgebildeten monstr sen Hotelkomplex weg. EineVektorgrafik w re f r dieses Bild ungeeignet, da es kaum identifizierbare geometrischeObjekte aufweist (siehe Abbildung 8 und Abbildung 9).

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Abbildung 8: Bitmap-Grafik mit Hotel

Abbildung 9: Bitmapgrafik ohne Hotel

6) Wertung und AusblickAbschließend fassen wir Vor- und Nachteile der beiden Darstellungsarten zusammen undbesprechen spezielle Einsatzgebiete.

Pixelgrafik VektorgrafikCharakter Sequenz von Pixeln Arrangement von komplexen

ObjektenVorteile Gut retuschierbar

Keine analytische Beschreibung derFormen n tig.Einfache Verarbeitungsalgorithmen

Geometrische Operationen mit denObjekten sind leicht realisierbar.Niedriger Speicherplatzverbrauch

Nachteile Hoher Speicherplatzverbrauch Komplexe ErkennungsalgorithmenAnwendungen Photorealistische und k nstlerische

Bilder,Bilder mit geometrischen Objekten

Als Ausblick kann man noch m gliche Komprimierungsarten von Pixelbildern nennen undmit den entsprechenden Formaten arbeiten:

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4 Graphics Interchange FormatDas GIF-Format (Compuserve) ben tzt ein Kompressionsverfahren ohne Informationsverlust.H ufig vorkommende Folgen von Bytes werden in Tabellen eingetragen und durch einen Ver-weis auf den Eintrag ersetzt.

Beispiel: (aus Savola T., Using HTML, Indianapolis, IN, 1995) Der Text "The rain in Spainfalls mainly on the plain, while the rain in the Amazon just falls." enth lt 85 Zeichen. Mit denAbk rzungen: the = W; ain = X; on = Y; falls = Z erh lt man daraus die neue Darstellung"W rX in SpX mXly Y W plX, while W rX in W AmazY just Z" mit lediglich 56 Zeichen. Dabeigeht keinerlei Information verloren. Kosten entstehen lediglich durch den Zeitverbrauch desKompressionsalgorithmus.

4 Joint Photographic Experts Group (*.JPG)Hier werden die Farben des Bildes analysiert und solche Informationen weggelassen, mitdenen das menschliche Auge ohnehin nichts anfangen kann. Bei dieser Kompressionstechnikgeht also Information verloren, was in den meisten F llen bei einem Vergleich mit demunkomprimierten Bild deutlich sichtbar wird.

Ein Vergleich der drei Formate BMP, GIF und JPG f r unser Hotelphoto aus Abbildung 8liefert die folgenden Dateigr ßen:BMP GIF JPG246 kB 153kB 25kB

5.9 Literatur

Anderson J.R.: Cognitive Psychology and Its Implications. Freeman & Co, New York, Ox-ford, 1985

Born G.: Referenzhandbuch Dateiformate. Addison-Wesley, Bonn, M nchen, Reading (MA),1991.

Engesser Hermann [Hrsg.]; Claus Volker, Schwill Andreas [Bearb.]: Duden Informatik. Du-den-Verlag , Mannheim; Leipzig, Wien, Z rich 1993.

Hubwieser P., Broy M.: Der informationszentrierte Ansatz. Ein Vorschlag f r einezeitgem ße Form des Informatikunterrichtes am Gymnasium. Institut f r Informatik derTechnischen Universit t M nchen, Technischer Bericht TUM-I9624, Mai 1996

Hubwieser P., Broy M.: Ein neuer Ansatz f r den Informatikunterricht am Gymnasium. In:LOG IN 3/4 (1997) S. 42-47

Hubwieser P., Broy M.: Grundlegende Konzepte von Informations- und Kommunikationssy-stemen f r den Informatikunterricht. In: Hoppe H.U., Luther W.(Hrsg.): Informatik undLernen in der Informationsgesellschaft. 7. GI-Fachtagung Informatik und Schule Duisburg1997. S.40 - 50. Springer, Berlin, Heidelberg 1997.

Rumbaugh J., Blaha M., Premerlani W., Eddy F., Lorensen W. : Object-Oriented Modelingand Design. Prentice-Hall, Englewood Cliffs, NJ, 1991

Sekretariat der St ndigen Konferenz der Kultusminister der L nder der BundesrepublikDeutschland (KMK) (Hrsg.): Beschl sse der Kultusministerkonferenz: Einheitliche Pr -fungsanforderungen in der Abiturpr fung. Informatik. Beschluß vom 1.12.1989. Luchter-hand, Neuwied, 1989