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1 Christoph Perleth Institut für Pädagogische Psychologie „Rosa und David Katz“ der Universität Rostock August-Bebel-Str. 28, 18051 Rostock, Tel.: 0381 / 498 – 2650, Mail: [email protected] Einführung in die Sonderpädagogische Diagnostik Achtung Voraussetzung für Teilnahmebestätigung: Korrekte Beantwortung der Kontroll- fragen bis 1.2.10. Achtung: Teilnahmebestätigungen für den Besuch der Vorlesung bis Ende Wintersemester 2010/11. Fehlerquellen bei der Beurteilung Das diagnostische Gespräch Verhaltensbeobachtung Diagnostische Methoden Entwicklungsdiagnostik Intelligenz Konzentration/Aufmerksamkeit Persönlichkeitsdiagnostik Motorik Analyse sozialer Beziehungen Informationsquellen der (son- der-)pädagogischen Diagnostik

5. Kapitel_ In Formations Quell En Sonderpadagogischer Diagnostik

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Page 1: 5. Kapitel_ In Formations Quell En Sonderpadagogischer Diagnostik

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Christoph PerlethInstitut für Pädagogische Psychologie

„Rosa und David Katz“ der Universität Rostock

August-Bebel-Str. 28, 18051 Rostock, Tel.: 0381 / 498 – 2650, Mail: [email protected]

Einführung in die Sonderpädagogische

Diagnostik

Achtung

Voraussetzung für Teilnahmebestätigung: Korrekte Beantwortung der Kontroll-fragen bis 1.2.10.Achtung: Teilnahmebestätigungen für den Besuch der Vorlesung bis Ende Wintersemester 2010/11.

Fehlerquellen bei der BeurteilungDas diagnostische GesprächVerhaltensbeobachtungDiagnostische Methoden• Entwicklungsdiagnostik• Intelligenz• Konzentration/Aufmerksamkeit• Persönlichkeitsdiagnostik• Motorik• Analyse sozialer Beziehungen

Informationsquellen der (son-der-)pädagogischen Diagnostik

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Wahrnehmungssystem:• Selektion.• Organisation.• Akzentuierung.• Fixierung.

Fehlerquellen bei der Beurteilung

Beurteilungsfehler:• Ähnlichkeitsfehler vs. Kontrastfehler (bzw.

Sympathie- und Antipathiefehler).• Milde-/Strengefehler, zentrale Tendenz.• Fehlbeurteilungen gegenüber Angehörigen

anderer (Sub-) Kulturen.• Hof- oder Halo-Effekt.• Fehler des ersten Eindrucks.• Primacy- bzw. Recency-Effekt.• Erwartungsfehler (Rosenthal-Effekt, selffulfilling

prophecy).• Hawthorne-Effekt.

Fehlerquellen bei der Beurteilung

Arten:• Anamnese,• Exploration,• psychodiagnostisches Interview.

Standardisierung:• Freie Exploration, • halbstandardisierte Befragung, • vollstandardisierte Fragebogentechnik.

Das diagnostische Gespräch

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Das diagnostische Gespräch

Aus Fisseni (1998, S. 216)

Beispiele:• Szenen eines Beratungsgesprächs 1.• Szenen eines Beratungsgesprächs 2.

Das diagnostische Gespräch

Formulierung von Fragen:• Vermeide:

- Doppelfragen.- Doppelte Verneinungen.- Suggestivfragen. - Bewertungen.

Fragetypen• Geschlossene Fragen. • Offene Fragen.• Direkte Fragen.• Indirekte Fragen.

Das diagnostische Gespräch

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Psychodiagnostische Einzelfallgespräche - Inhaltlich-thematische Bereiche:• Leistungsverhalten.• Familiäres Lernumfeld, Sozialisations- bzw.

sozioökonomischer Hintergrund.• Schulisches Lernumfeld.• Individuelle Persönlichkeitsentwicklung und

aktuelle Lebenssituation.• Körperliche Entwicklung.

Das diagnostische Gespräch

Signale, die Bereitschaft ausdrücken, zuzuhören und zu verstehen:• Kopfnicken (nicht Kopfschütteln).• Zugewandter, freundlicher Blick (nicht Blick

abwenden).• Zugewandte Köperhaltung (nicht sich

zurücksetzen).• Äußerungen wie „Ja“, „Hm“, „Genau“, „Aha“ usw.

(nicht „Nein“, „Aber“, „Ach was“ usw.)

Das diagnostische Gespräch

Durchführung eines diagnostischen Gesprächs:• Angenehme Atmosphäre schaffen.• Gespräches steuern und gliedern.• Genügend Redezeit einräumen.• Nonverbale Signale beachten.• Auf das Wesentliches konzentrieren.• Wertungen vermeiden, keine eigenen

Erfahrungen einbringen.• Wesentliches notieren (Gesprächsprotokoll).

Das diagnostische Gespräch

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Das diagnostische Gespräch

Registrierung gesprächsdiagnostischer Informationen:• Stichwortprotokolle.• Mitschrift.• Tonbandaufzeichnungen.• Videoaufzeichnungen.• Aussagen der Interviewpartner im Konjunktiv

(indirekte Rede) festhalten!

Das diagnostische Gespräch

Auswertung gesprächsdiagnostischer Informationen:• Themenbereiche identifizieren.• Aussagen zu Themenbereichen

zusammenfassen.• Verarbeitung zu fortlaufendem Text.• Zusammenfassende Interpretationen.• Wertung der Interviewinhalte:

- Prinzip des Doppel- oder Mehrfachbeleges.- Prinzip der unwahrscheinlichen Widerlegbarkeit.

Das diagnostische Gespräch

Zur Zuverlässigkeit (Reliabilität) gesprächs-diagnostischer Informationen:• Standardisierte Befragungen >

unstandardisierte.• Fragenbatterien von Fragen zum selben Thema

> Einzelfragen.• Globalere Auskünfte > Detailauskünfte.• Fakten > Meinungen.• Gegenwart > Vergangenheit.• Persönliche Ereignisse > neutrale Sachverhalte.• Qualitative Angaben > quantitative Häufigkeiten.

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Verhaltensbeobachtung

Begriffsbestimmung

• Verhalten: Physische Aktivität eines lebenden Organismus, die von Beobachtern feststellbar ist.

• Beobachtung: Absichtliche, aufmerksam-selektive Art des Wahrnehmens.

„Eine Beobachtung besteht in der Wahrnehmung eines Verhaltens oder einer Verhaltensäußerung durch einen Beobachter. Verhalten ist jedes Agieren, jede Reaktion oder Nichtreaktion, die überhaupt der Beobachtung zugänglich ist“ (Jäger, 2000, S. 50).

Verhaltensbeobachtung

Begriffsbestimmung

• Verhalten: Physische Aktivität eines lebenden Organismus, die von Beobachtern feststellbar ist.

• Beobachtung: Absichtliche, aufmerksam-selektive Art des Wahrnehmens.

Phasen der wissenschaftlichen Beobachtung:• Phase der Vorentscheidung und Vorbereitung• Phase der Beobachtung• Phase der Beschreibung und Protokollierung• Phase der Analyse und Beurteilung

Verhaltensbeobachtung

Begriffsbestimmung

• Verhalten: Physische Aktivität eines lebenden Organismus, die von Beobachtern feststellbar ist.

• Beobachtung: Absichtliche, aufmerksam-selektive Art des Wahrnehmens.

• Verhaltensbeobachtung: Zentrale Methode der Informationserhebung für Diagnostik und Forschung.

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Verhaltensbeobachtung

Einsatzbereiche der Verhaltensbeobachtung (Beispiele):• Lern- und Verhaltensanalyse.

• Interventionsvorbereitung (Entscheidung über Intervention).

• Interventionskontrolle bzw- -steuerung.

• Schullaufbahn- Berufsberatung.

• Forschung (Hypothesentestung).

Ein System zur Einteilung von Formen der Verhaltensbeobachtung (nach Kleber)

Verhaltensbeobachtung

Form des Protokolls.Kodierung:

Fraktioniert vs. unfraktioniert.Zeit:Strukturiert vs. unstrukturiert.Strukturiertheit:

Gelegenheitsbeobachtung vs. systematische Beobachtung.

Anlass.

Beobachtung im Feld vs. Labor.Ort:Offene vs. verdeckte Beobacht.Offenheit:

Teilnehmende vs. nicht-teilnehmende Beobachtung.

Distanz:

Selbst- vs. Fremdbeobachtung.Richtung:

Äuß

ere

Aspe

kte

Inne

re

Aspe

kte

Unsystematische Verhaltensbeobachtung

Zielt eher auf Breite als auf Genauigkeit.Oft zufällig, ungeplant, subjektiv.Funktionen:• Erste Hinweise für Situationen von

Problemverhalten. • Ermittlung konkreter Verhaltensweisen für

Problemverhalten.• Operationalisierung des Verhaltens.• Erste Hinweise zu auslösenden und/oder

aufrechterhaltende Faktoren.

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Unsystematische Verhaltensbeobachtung

Beispiel: Gelegenheitsbeobachtung:• Bewusste, ungeplante, nur bedingt gezielte

Beobachtung; diskontinuierlich.

• Aufgefallenes Verhalten/Ereignisse werden willkürlich schriftlich festgehalten.

• Für Lehrkraft: Was passiert in der Klasse?

• Funktion:- Fragestellungen aufwerfen.- Problemfelder und Störvariablen erkennen.- Festlegen von Schülern für genaue Beobachtung.

Unsystematische Verhaltensbeobachtung

Bsp: Technik des kritischen Ereignisses• Vollständige, kontinuierliche Protokollierung

eines vorher festgelegten Verhaltens und dessen Auswirkungen.

• Erfassen eines größeren Abschnitts des Verhaltensstroms.

• Beschrieben werden sollten:- Situative Bedingungen der Tätigkeit,- die beobachtete Tätigkeit,- sichtbare Ergebnisse der Tätigkeit.

BeispielprotokollFreie Gelegenheitsbeobachtung

Name: Herbert Klasse: 3Schule: SfL Datum: 4.1.2005Fach: Deutsch Beobachter: RunowBeobachtungszeit: 2. Stunde

Verhaltensweisen/VerhaltensereignisseMalt während des UnterrichtsHört trotz mehrfacher Aufforderung nicht aufSchaut aus dem FensterWeigert sich mitzuarbeitenHolt Schulbrot aus der Tasche und isst es

Mutzeck, W. (1998). Verhaltensbeobachtung in der Schule. Kiel.

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Beispiel für unsystematische Beobachtung• Verhaltensanalyse (S-O-R-K-C):

Unsystematische Verhaltensbeobachtung

der Lehrer schimpft oder die Klasse sich beschwert.

dann zeigt Anita Stör- und/oder Kasperlverhalten bis

Lehrer spricht mit anderen Schüler

Lehrer ruft nächsten auf.

Anita liest ordentlich,

Lehrer ruft Anita auf,

Konsequenz KReaktion RSituation S

Unsystematische Verhaltensbeobachtung

Gefahren/Probleme bei der unsystematischer Beobachtung: • Konzentration auf herausragende Ereignisse

Übergeneralisierung.• Keine Angaben zur Frequenz des beobachteten

Verhaltens.• Gedächtniseffekte.

Systematische Verhaltensbeobachtung

Ziel: Eher Genauigkeit als Breite:

Überprüfung von Aussagen u. Hypothesen.

Anwendung eines Beobachtungssystemsund genauer Verfahrensvorschrift für Datenerhebung und -weiterverarbeitung.

Einhaltung der Phasen einer Verhaltens-beobachtung (Vorbereitung, Beobachtung, Aufzeichnung, Ergebnisdarstellung, Beurteilung)

Gütekriterien beachten!

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Systematische Verhaltensbeobachtung

Isomorphe Beobachtungssysteme:Gesamtes Verhalten einer Person wird vollständig mittels Alltagssprache wiedergegeben.

Reduktive Beobachtungsysteme:Nur bestimmte interessierende Aspekte, Kategorien oder Verhaltensweisen werden beobachtet (z.B. Kategoriensysteme).

Quantifizierung von Verhalten:• Verhaltenshäufigkeit. • Verhaltensdauer.• Verhaltensintensität.

Systematische Verhaltensbeobachtung

Welchen Verhaltensausschnitt beobachten?• Ereignisstichproben: Für die Fragestellung

wichtige Ereignisse, egal wann sie auftreten.• Zeitstichproben: Was alles in bestimmtem

Zeitraum geschieht.Was wird beobachtet?• Verhaltenseinheit = inhaltliche Bestimmung

dessen, was beobachtet werden soll:- kleinstes, nicht mehr reduzierbares Verhalten oder- komplexes Verhaltensmuster

Systematische Verhaltensbeobachtung

Beobachtungssysteme• sollen die reliable Zuordnung von

Ereignissen in einer bestimmten Situation zu Aussagen über diese Situation ermöglichen.

• Unterschieden werden: - Zeichensysteme (Indexsysteme),- Kategoriensysteme,- Ratingskalen (Schätzskalen).

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Systematische Verhaltensbeobachtung

Zeichensysteme:• Unterscheide

- Prädiktoren (Eigenschaften…, z.B. Scham) und- Indikatoren („Symptome“, z.B. „rot werden“).

Beispiel: Interventions-begleitende Beobachtung

Grundraten unterrichtsbezogener VerhaltensweisenVerhalten 1. Tag 2. Tag 3. Tag

Sich melden I II I

Antwort geben I

anderen zuhören I

Konzentriert nach vorne sehen I II

….

Summe 2 3 4

Beispiel: Interventions-begleitende Beobachtung

Grundraten nicht unterrichtsbezogener VerhaltensweisenVerhalten 1. Tag 2. Tag 3. Tag

Unterhält sich mit Nachbarn nicht III IIII Izum Thema

Kramt im Ranzen II I

Schaut aus dem Fenster III II II

Legt den Kopf auf den Tisch I III

Summe 9 9 4

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Systematische Verhaltensbeobachtung

Zeichensysteme:• Unterscheide

- Prädiktoren (Eigenschaften…, z.B. Scham) und- Indikatoren („Symptome“, z.B. „rot werden“).

• Probleme:- Was ist ein guter Indikator? (z.B. Woran

erkennt man Angst?)- Sind alle Indikatoren gleichrangig? - Habe ich alle relevanten Indikatoren erfasst?

Systematische Verhaltensbeobachtung

Kategoriensysteme: qualitatives Beschreibungssystem, das einen in der Regel einheitlich gedachten Verhaltens-aspekt zu jedem Zeitpunkt abdeckt

ständiges Protokollieren.jede auftretende Verhaltensweise wird einer Kategorie zugeordnet.

• Hohe Anforderungen an die Beobachter (z.B. 3-Sekundenrhythmus Training erforderlich).

• Hochinferente Kategorien.

Beispiel für ein hochformalisiertes Verfahren: Verhaltensbeobachtung nach Flanders.• Lehreräußerungen

- Akzeptiert Gefühle.- Lobt oder ermutigt.- Geht auf Gedanken der Schüler ein.- Stellt Fragen.- Trägt vor.- Gibt Anweisungen.- Kritisiert oder rechtfertigt Maßnahmen.

• Schüleräußerungen:- Antwortet.- Spricht freiwillig.

• Restkategorie: Schweigen oder Durcheinander.

Systematische Verhaltensbeobachtung

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Systematische Verhaltensbeobachtung

Systematische Verhaltensbeobachtung

Beispiel: Das Münchner Aufmerksam-keitsinventar (Helmke & Renkl):• Merkmale:

- Zeitstichprobenverfahren: Alle 5 Sekunden eine Beobachtung.

- Mehrere Durchgänge (Zyklen). - Multiples Kodierungssystem.

Beispiel: Das Münchner Aufmerk-samkeitsinventar (Helmke & Renkl):• Kodierung des Kontextes:

- Lehrerzentrierter Unterricht. - Stillarbeit, Gruppen- und

Partnerarbeit, kollektive Arbeiten. - Tests, Proben, Lernzielkontrolle. - Übergang. - Musik, Spiel, Gymnastik. - Management, Klassenführung. - Prozedurales. - Private Interaktionen.

Systematische Verhaltensbeobachtung

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Beispiel: Das Münchner Aufmerk-samkeitsinventar (Helmke & Renkl):• Kodierung des Aufmerksam-

keitsverhaltens: - ON-TASK - passiv.- ON-TASK - aktiv. - ON-TASK - reaktiv/fremd-initiiert. - OFF-TASK - passiv, nicht

interagierend. - OFF-TASK - aktiv, interagierend,

störend. - NO-TASK: Schüler hat keine Aufgabe.

Systematische Verhaltensbeobachtung

Systematische Verhaltensbeobachtung

Kategorie = abstrakt, enthalten Schluss-folgerungen

Indices = konkret, verhaltensnah

jedes Verhalten wird kategorisiert

es gibt registrierfreie Zeiten

Kategorien schließen sich gegenseitig aus

einzelne Indices können gemeinsam auftreten

KategoriensystemZeichensystem

Merkmale:• Nicht das Vorkommen, sondern das Ausmaß

(quantitativ oder qualitativ) eines Merkmals wird registriert.

• Sind zeitlich von Beobachtungssituationen weiter entfernt.

• Ratingskalen unterscheiden sich - im Grad der Inferenz,- Skalenniveau,- Anzahl der Stufen- Stufenbeschreibung (sprachlich; graphisch;

numerisch),- Polarität.

Verhaltensbeobachtung/ Ratingverfahren

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Ratingverfahren/Schätzskalen:

• Unipolare Schätzskala:Die Denkfähigkeit des Schülers ist 1- 2 - 3 - 4 - 5 (stark ausgeprägt)

• Bipolare Schätzskala:Der Schüler ist ehermißerfolgsängstl. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 erfolgszuversichtl.

• Graphische Schätzskala: Anstrengungsbereitschaft

niedrig hoch

Verhaltensbeobachtung/ Ratingverfahren

Verhaltensbeobachtung/ Ratingverfahren

Verhaltensbeobachtung/ Ratingverfahren

Polaritätenprofil

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Planung einer Verhaltensbeobachtung

Festlegung von Beobachtungseinheiten (was beobachten?):• Beobachtungsgegenstände (Schülerverhalten,

Interaktionen, Kommunikation im Unterricht, Arbeitsverhalten…).

• Relevante Verhaltensweisen.• Vollständigkeit anstreben.

Wie soll beobachtet werden?• Welche Form?• Wann? (Zeit- vs. Ereignisstichproben?)• In welcher Situation?

Wie soll registriert werden?

Planung einer Verhaltensbeobachtung

Vermeiden von Beobachtungsfehlern:• Arbeiten Sie mit einem Beobachtungs-

schema!• Trennen Sie die Beobachtungskategorien

genau (keine Überlappung)!• Je weniger Kategorien, desto besser!• Beobachten Sie unauffällig (verdeckt)!• Lassen Sie (sich) Zeit zum Beobachten!

Definition:• Konzentration = Fähigkeit, das eigene

Leistungsverhalten zielgerichtet (willentlich) über einen bestimmten Zeitraum auf einen bestimmten Gegenstand oder Sachverhalt zu richten (Schwarzer).

• Man unterscheidet:- willkürlichen Aufmerksamkeit- unwillkürlichen Aufmerksamkeit: sie wird mehr durch

Außenreize gelenkt.Konzentration als willkürlich gerichtete Aufmerksamkeit

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

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Aspekte der Konzentrationsleistung:• Ablenkbarkeit• Leistungsgüte• Leistungsmenge• Ausdauer• Leistungsverlauf• Umfang des Aufmerksamkeitsfeldes

Eher geringe Zusammenhänge zwischen diesen Aspekten.

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Konzentrationsmessung• Paradigma 1: Durchstreichtest.• Paradigma 2: Rechenaufgaben. • Paradigma 3: Sortieraufgaben. • Paradigma 4: Selbststeuerung und

Ablenkbarkeit.• „Hybrides“ Verfahren: Testreihe zur Prüfung der

Konzentrationsleistung (TPK).• Paradigma 5: Fremdbeurteilungen

(Lehrerfragebogen).• Verhaltens(selbst-)beobachtung!

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Konzentrationsstörungen:• Körperlich bedingte Konzentrationsschwächen

- Nervös-vegetative Störungen- Zerebrale Erkrankungen

• Familiär bedingte Konzentrationsschwächen - Ungünstig: Strafende, gefühlsindifferente und weniger zärtliche

Eltern, zerrüttete Ehen, nervöse Mütter... - Günstig: positives, aber auch forderndes Familienklima.

• Schulisch bedingte Konzentrationsschwächen- Überforderung - Desinteresse des Schülers- Lehrer-Schüler-Verhältnis

• Schwacher Selbststeuerung und starke unwillkürlicher Aufmerksamkeit.

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

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Was nützen einfache Konzentrations-übungen (Westhoff et al.)?• Tempo konzentrierten Arbeitens

- Steigerung beim trainierten Aufgabentyp - Kein Transfer auf andere Aufgabentypen- Tempo nimmt wieder ab, wenn Übungen ausgesetzt

werden• Anteil an Konzentrationsfehlern

- Wie beim Tempo

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung nach dem DSM-IV• A) Mindestens 6 Monate mindestens 6 aus 9 Symptomen

der Unaufmerksamkeit bzw. Hyperaktivität/Impulsivität. Unaufmerksamkeit:

- Beachtet Einzelheiten nicht, Flüchtigkeitsfehler.- Schwierigkeiten, Aufmerksamkeit aufrechtzuhalten (Spielen).- Scheint nicht zuzuhören.- Schwierigkeiten, Aufträge vollständig auszuführen.- Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren. - Meidet längere Anstrengungen.- Verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben benötigt werden.- Leicht durch externe Reize ablenkbar.- Vergesslich bei Alltagtätigkeiten.

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung nach dem DSM-IV• A) Mindestens 6 Monate mindestens 6 aus 9 Symptomen

der Unaufmerksamkeit bzw. Hyperaktivität/Impulsivität. Hyperaktivität…

- Häufiges Zappeln mit Händen und Füßen.- Kann nur schwer sitzenbleiben.- Läuft herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen es

unpassend ist.- Kann nur schwer ruhig spielen.- Ist häufig „auf Achse“ oder handelt oft, als wäre es „getrieben“.- Redet übermäßig viel

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

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Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung nach dem DSM-IV• A) Mindestens 6 Monate mindestens 6 aus 9 Symptomen

der Unaufmerksamkeit bzw. Hyperaktivität/Impulsivität. Impulsivität

- Herausplatzen (Antwort, bevor Frage vollständig gestellt).- Kann beim Spiel (Gruppe) nur schwer warten.- Unterbricht andere, platzt ins Spiel...

• B) Beginn vor 7. Lebensjahr…• C) …in mindestens 2 Bezugssystemen.• D) deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame

Beeinträchtigung.• E) Keine tiefgreifende Entwicklungsstörung.

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

• Subtests der Aufmerksamkeits-/Hyper-aktivitätsstörung nach DSM-IV.

• Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung• als Mischtyp,• bei vorherrschender Unaufmerksamkeit,• bei vorherrschender

Hyperaktivität/Impulsivität.

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Folgen von Aufmerksamkeitsstörungen:• Lernschwierigkeiten, • Verhaltensschwierigkeiten, • Erziehungsschwierigkeiten, • soziale Probleme, • motivationale Probleme,• negative Karrieren bis ins Erwachsenenalter.• usw.

Anteil aufmerksamkeitsgestörter Kinder in Förderschulen besonders hoch!

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

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Erklärung von AufmerksamkeitsstörungenAufmerksamkeitsstörung als Handlungsbeeinträchtigung

Mangelnde Grundfertigkeiten.Mangelnde Steuerung der Handlungsausführung.Mangelnde Handlungsplanung und Organisation.

Biologisch-somatische FaktorenHirnschädigungen.Reizüberflutung und Übererregung.Aktivierungsmangel.Gestörte Immunregulation.

Psychosoziale FaktorenIntegratives Modell

Diagnostische Methoden: Konzentration/Aufmerksamkeit

Persönlichkeitsdiagnostik und Persönlichkeitstheorien

Persönlichkeitsdiagnostik

Theorie

Operationalisierungen

ForschungKlinische Psychologie

Diagnostik

Psychoanalytische PersönlichkeitstheoriePsychosexuelle Entwicklung: • Orale Phase. • Anale Phase. • Phallische Phase.

Fixierungen:• Orale Phase: Depression, Sucht. • Anale Phase: Zwangsneurose. • Genitalphallische Phase: Identifikation, Hysterie.

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

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Psychoanalytische PersönlichkeitstheorieInstanzenmodell/Ich-Struktur: • Es: Triebe, Affekte. • Ich: Wahrnehmung, Denken, Realitätsprüfung. • Über-Ich: Normen, Werte, Ideale.

Diagnostik• Bestätigung von Diagnosen durch

psychodiagnostische Gespräche• Tiefenpsychologisch fundierte Anamnese.• Projektive Verfahren (Rohrschach, Familie in Tieren).

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

Cattells FaktorentheorieEigenschaften: Relativ stabile Dispositionen. Spezifikationsgleichung: V = sjaA + sjtT + sjeE+ sjmM+ sjrR+ sjsS• V = Verhalten.• A = ability source traits (Fähigkeit).• T = temperament source traits.• E = ergic source traits.• M = motivation source traits. • R = role traits.• S = states (momentane Zustände/Stimmungen). • sjx = Gewichtung je nach Situation.

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

Cattells FaktorentheorieDatenquellen:

L-DatenQ-DatenT-Daten

Terminologie:Surface vs. source.Constitutional traits vs. environmental mould traits.

Forschungsprogramm:Verhaltensuniversum ermitteln.Oberflächeneigenschaften ermitteln. Dem Verhalten zugrunde liegende Faktoren ermitteln.

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

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Cattells FaktorentheorieErgebnis: Test 16 PF: • Sachorientierung vs. Kontaktorientierung• Emotionale Störbarkeit vs. emotionale

Widerstandfähigkeit • Besonnenheit vs. Begeisterungsfähigkeit• Zurückhaltung vs. Selbstsicherheit• Vertrauensbereitschaft vs. skeptische Haltung• Unbefangenheit vs. Überlegenheit• Sicherheitsinteresse vs. Veränderungsbereitschaft• Spontaneität vs. Selbstkontrolle

Weitere Tests: HSPQ, CPQ, PPQ.Kritik.

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

Die Faktorentheorie EysencksHierarch. Beschreibungssystem: • Extraversion-Introversion (E-I).• Neurotizismus (N).• Psychotizismus (P).

Fragebogenskalen:• Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI)• Maudley Personality Questionnaire (MPQ)• Eysenck Personality Inventory (EPI)• usw.

Kritik.

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

Persönlichkeitsdimensionen Eysencks in Bezug zu den vier

Temperamenten von Hippokrates

Aus Brickenkamp(1997, S. 543)

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Persönlichkeitspsychologie und -diagnostik heuteForschung und Diagnostik eher zu Teilbereichen der Persönlichkeit.„Big Five“: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeitz.B. Selbstkonzeptz.B. Hierarchische Konzeption von Shavelsonz.B. Studie von Weinert (Scholastic) oder Heller z.B. Angstz.B. kognitive Streßbewältigungstheorie von LazarusDifferentielles Angstdiagnostikum von Rost & Schermer

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

Hierarchische Strukturen des Selbstwertgefühls in der Mitte der

Grundschuljahre (Harter, 1998, 1999)

Aus Berk (2005, S. 433)

Persönlichkeitspsychologie und -diagnostik heuteForschung und Diagnostik eher zu Teilbereichen der Persönlichkeit.„Big Five“: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeitz.B. Selbstkonzeptz.B. Hierarchische Konzeption von Shavelsonz.B. Studie von Weinert (Scholastic) oder Heller z.B. Angstz.B. kognitive Streßbewältigungstheorie von LazarusDifferentielles Angstdiagnostikum von Rost & Schermer

Diagnostische Methoden: Persönlichkeitsdiagnostik

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Motorische Entwicklung:• Phase 1: Eher ausagierende, diffuse, grob koordinierte

Bewegungen• Phase 2: Verfeinerung, verbesserte Steuerung und

Anpassung an momentane Anforderungen• Phase 3: Automatisierung

Einflussfaktoren auf motorische Lernprozesse:• Frühkindlicher Bewegungsdrang.• Visueller und des kinästhetischer Sinn. • Reifungsprozesse (ZNS, mot. Ausführungsorgane).• Lernumgebung.• Sprache.

Diagnostische Methoden: Motorik

Diagnostische Möglichkeiten:• Verhaltensbeobachtung

- Feinmotorik: Ausschneiden, Schnürsenkel, Spielkarten.

- Händigkeit: Perlen auffädeln, malen mit links vs. rechts.

- Gleichgewichtskoordination: Zehenspitzen stehen, Balancieren.

- Grobmotorik: Weitsprung, auf einem Bein hüpfen, Fangen.

• Beispiele für Testverfahren: - Tests zur Motorische Entwicklung (z.B. ROS).- Händigkeitstest (z.B. HDT).- Eignungstests (z.B. Drahtbiegeprobe).

Diagnostische Methoden: Motorik

Diagnostische Methoden: Analyse sozialer Beziehungen

Diagnostik des Lehrerverhaltens:• Beispiele für Dimensionen (Lukesch):

- Strukturiertheit vs. Unstrukturiertheit.- Strenge vs. Schülerorientierung.- Monitoring (Überblick über Klassengeschehen).- Zeitverschwendung vs. Zeitnutzung.

• Beispiele für Diagnostische Verfahren zur Lehrerbeurteilung:

- Durch Experten: Diverse Checklisten und Fragebögen.

- Durch Schüler: z.B. Dortmunder Skala zum Lehrerverhalten.

- Dozenten durch Studierende: HILVE, MILVA.

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Diagnostik sozialer Beziehungen in der Schulklasse:• Soziogramm nach Moreno

- Neben wem möchtest Du sitzen? Neben wem auf keinen Fall?

- Wen willst Du zu Deinem Geburtstagsfest einladem? Wen willst Du dort nicht sehen?

- Auswertung: Darstellung als Netz und in Tabellenform

- Star, Clique, Außenseiter (ignorierte und abgelehnte)

Diagnostische Methoden: Analyse sozialer Beziehungen

Diagnostik von Familienbeziehungen:• Projektive Verfahren:

- Familie in Tieren - Familienskulptur

• Fragebogenbeispiel: Hamburger Erziehungs-verhaltensliste für Mütter (HAMEL)

- Strenge- Unterstützung- Zuwendung

• Daneben generell: Verhaltensbeobachtung.

Diagnostische Methoden: Analyse sozialer Beziehungen

Christoph PerlethInstitut für Pädagogische Psychologie

„Rosa und David Katz“ der Universität Rostock

August-Bebel-Str. 28, 18051 Rostock, Tel.: 0381 / 498 – 2650, Mail: [email protected]

Einführung in die Sonderpädagogische

Diagnostik