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Instrumentelle Analytik Kernresonanzspektrometrie NMR Seite N171_KernresonanzSpektrometrie_c_BAneu.doc - 1/22 5 Kernresonanzspektrometrie (NMR-Spektrometrie) Die NMR-Spektrometrie beruht auf der Wechselwirkung des Eigendrehimpulses eines Atomkerns mit einem äußeren Magnetfeld B 0 . Der mit dem Drehimpuls verbundene magnetische Dipol des Kerns wechselwirkt aber nicht nur mit dem äußeren Magnetfeld sondern auch mit den Elektronen, die das Atom umgeben chemische Verschiebung induktive Abschirmung mit den Elektronen der übrigen Atome chemische Verschiebung Entschirmung mit benachbarten Atomkernen im selben Molekül J-Kopplung Spin-Spin-Kopplung Diese verschiedenen Wechselwirkungen liefern ein sehr genaues Abbild über das Innere des Moleküls. Damit ist die NMR-Spektrometrie neben der Röntgenstrukturanalyse heute die wichtigste Methode zur Strukturaufklärung in der analytischen Chemie und Biologie. 5.1 Physikalische Grundlagen Grundlage der NMR-Spektrometrie ist das Verhalten von Atomkernen in einem äußeren Magnetfeld B 0 . Atomkerne (Isotope, Symbol X) bestehen aus Protonen und Neutronen. Ordnungszahl Z = Anzahl der Protonen Massenzahl A = Anzahl von Protonen + Anzahl Neutronen Die meisten Atomkerne besitzen einen Kerndrehimpuls, den Kernspin J. In der klassischen Vorstellung ist dieser auf die Rotation der Kerne (Protonen und Neutronen) um eine Kernachse zurückzuführen. Wie viele andere atomare Größen auch, ist der Kernspin J quantisiert. ) 1 ( | | I I J J I ist die Kernspinquantenzahl und kann halbzahlig oder ganzzahlig sein. Da mit einer rotierenden Ladung immer auch die Erzeugung eines Magnetfeldes verbunden ist, besitzt jeder Atomkern mit dem Kernspin J ein magnetisches Moment μ. J heißt gyromagnetisches Verhältnis und ist für die einzelnen Isotope unterschiedlich. Atomkern als Kompassnadel im Magnetfeld (klassisch) Kerne mit Ι = 0 als Kernspinquantenzahl, haben keinen Drehimpuls und kein magnetisches Moment. Vom gyromagnetischen Verhältnis γ hängt die Nachweisempfindlichkeit eines Kernes für das NMR-Experiment ab. Die Messmethode wird mit steigendem γ empfindlicher. N Regel: gg I = 0 ug I = halbz. gu I = halbz. uu I = ganzz. [T] = Vsm -2 H C, : z.B. X 1 1 12 6 A Z

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5 Kernresonanzspektrometrie (NMR-Spektrometrie)

Die NMR-Spektrometrie beruht auf der Wechselwirkung des Eigendrehimpulses eines Atomkerns mit einem äußeren Magnetfeld B0. Der mit dem Drehimpuls verbundene magnetische Dipol des Kerns wechselwirkt aber nicht nur mit dem äußeren Magnetfeld sondern auch

mit den Elektronen, die das Atom umgeben chemische Verschiebung induktive Abschirmung

mit den Elektronen der übrigen Atome chemische Verschiebung Entschirmung

mit benachbarten Atomkernen im selben Molekül J-Kopplung Spin-Spin-Kopplung

Diese verschiedenen Wechselwirkungen liefern ein sehr genaues Abbild über das Innere des Moleküls. Damit ist die NMR-Spektrometrie neben der Röntgenstrukturanalyse heute die wichtigste Methode zur Strukturaufklärung in der analytischen Chemie und Biologie.

5.1 Physikalische Grundlagen

Grundlage der NMR-Spektrometrie ist das Verhalten von Atomkernen in einem äußeren Magnetfeld B0.

Atomkerne (Isotope, Symbol X) bestehen aus Protonen und Neutronen. Ordnungszahl Z = Anzahl der Protonen Massenzahl A = Anzahl von Protonen + Anzahl Neutronen

Die meisten Atomkerne besitzen einen Kerndrehimpuls, den Kernspin J. In der klassischen Vorstellung ist dieser auf die Rotation der Kerne (Protonen und Neutronen) um eine Kernachse zurückzuführen. Wie viele andere atomare Größen auch, ist der Kernspin J quantisiert.

)1(|| IIJJ

I ist die Kernspinquantenzahl und kann halbzahlig oder ganzzahlig sein.

Da mit einer rotierenden Ladung immer auch die Erzeugung eines Magnetfeldes verbunden ist, besitzt jeder Atomkern mit dem Kernspin J ein magnetisches Moment µ.

J

heißt gyromagnetisches Verhältnis und ist für die einzelnen Isotope unterschiedlich.

Atomkern als Kompassnadel im Magnetfeld (klassisch)

Kerne mit Ι = 0 als Kernspinquantenzahl, haben keinen Drehimpuls und kein magnetisches Moment. Vom gyromagnetischen Verhältnis γ hängt die Nachweisempfindlichkeit eines Kernes für das NMR-Experiment ab. Die Messmethode wird mit steigendem γ empfindlicher.

N

Regel:

gg I = 0 ug I = halbz. gu I = halbz. uu I = ganzz.

[T] = Vsm-2

H C, :z.B. X 11

126

AZ

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Kerne im äußeren Magnetfeld (I = ½)

Ohne äußeres Magnetfeld sind die magnetischen Dipole der Kerne einer Probe alle zufällig ausgerichtet. In einem äußeren Magnetfelde B0 richten sich die mag. Dipole aus. Dabei tritt Richtungsquantisierung nach den Gesetzen der Quantenmechanik auf:

Die Komponente Jz des Drehimpulses in Richtung des Magnetfeldes kann nur die (2I+1) Werte mJ z einnehmen, wobei die magnetische Quantenzahl m = I, I-1, I-2, ... -I sein kann.

mJ z

mz

Spin ½ - Kerne (I = ½ ) haben damit zwei Einstellmöglichkeiten, parallel (m = + ½ , -Stellung) oder antiparallel (m = - ½ , -St.)

Energie im Magnetfeld B0

Die Energie eines magnetischen Dipols in einem Magnetfeld B0 beträgt:

00 cos BBW

00 BmBW z

Damit ergeben sich für einen Kern mit I = ½ zwei Energieniveaus, die sogenannten Kern-Zeeman-Niveaus, wobei die Orientierung mit der Spinquantenzahl m = +½ (parallele Ausrichtung) die energetisch günstigere ist.

Der Energieunterschied der Energieniveaus beträgt:

02/12/1 BWWW

Im Resonanzfall klappt das Proton von der “parallelen“ in die “antiparallele“ Orientierung um.

Präzession im Magnetfeld

Befindet sich der Atomkern mit dem mag. Moment in einem Magnetfeld, so präzediert der Vektor J

und sein mag. Moment auf

einem Kegelmantel um die Richtung von B0.

dt

JdBM

0Drehm.

dt

dJB

sinsin0

LJJBB 00

0BL

Die Larmor-Präzessionsfrequenz L entspricht der Energiedifferenz LW und ist proportional zum angelegten B0-Feld.

32

1|| J

W

B0 = 0

energiereich “antiparallel“m = - 1/2

energiearm “parallel“ m = + 1/2

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Die makroskopische Magnetisierung M

Die einzelnen Kernmomente rotieren mit ihrer Larmor-Frequenz auf den beiden Kegelmänteln, jedoch mit statistisch verteilter Phase, so dass sich sämtliche transversalen Komponenten µx und µy der Spinvektoren senkrecht zu B0 herausmitteln.

Ebenso verhindert die Temperaturbewegung eine Einstellung aller Dipolmomente parallel zu B0.

Im thermischen Gleichgewicht sind die beiden Zustände entsprechend der Boltzmann-Verteilung besetzt, mit einem geringfügigen Besetzungsüberschuss im energieärmeren Niveau “parallel“ zu B0.

)exp(α parallel;

β antip.;

kT

W

N

N

Zahlenbeispiel für Protonen (1H): B0 = 1,41 T

(Ergebnis: 9999904,0p

a

N

N)

Die Addition sämtlicher mag. Dipolmomente ergibt dann eine makroskopische Magnetisierung M in Richtung von B0. Sie resultiert aus dem geringen Besetzungs-überschuss im energieärmeren Spinniveau α.

Spinanregung (Präparation des Spinzustandes)

Mit einer Sendespule wird ein linear polarisiertes Wechselfeld B1 , z.B. in x-Richtung eingestrahlt.

Wenn die Frequenz des Wechselfeldes der Lamor-Frequenz L der anzuregenden Kerne entspricht, rotiert eine Komponente von B1 genauso wie die Einzelspins der Kerne um das Feld B0.1

Der Vektor B1 mit dem gleichen Drehsinn wie die Präzession der Kerne kann mit dem Vektor M in Wechselwirkung treten. Es erfolgt Resonanzabsorption ( ß), sodass sich die Population der Spins zugunsten ß verändert.

Mikroskopisch werden einzelne Spins von der energiearmen Parallelstellung in die energie-reichere Stellung umgeklappt und laufen synchron mit dem drehenden B1-Feld. Kerne werden so in einen kohärent, mit fester Phasenlage präzedierenden Zustand versetzt.

Makroskopisch ist das Ergebnis ein Kippen des Magnetisierungsvektors M um den Winkel . Dadurch tritt nun auch in der transversalen xy-Ebene senkrecht zu B0 und senkrecht zu B1 eine Komponente auf, die sogenannte transversale Magnetisierung Mxy.

1 Das linear in x-Richtung oszillierende B1-Feld in der Spule kann man durch zwei um die z-Richtung rotierende Vektoren entgegengesetzter Drehrichtung beschreiben.

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Das Kippen der makroskopischen Magnetisierung M kann anschaulich auch in einem rotierenden Koordinatensystem (RKS) erklärt werden, das sich um die z-Achse mit der Larmorfrequenz dreht. Damit wird das (im Laborsystem sich drehende) B1-Feld im RKS zu einem statischen Magnetfeld: B1 = const ! Die transversalen Achsen bezeichnen wir dann mit x' und y'.

Rotierendes System In dem mit L rotierenden System wirkt auf M ein Drehmoment 1.Drehm BMM

(vom angelegten B1-Feld).

Die makroskopische Magnetisierung M erfährt eine Präzession um die rotierende x'-Achse und wird aus der senkrechten Stellung ausgelenkt.

Es entsteht die transversale (Quer-)Magnetisierung Mxy.

Gleichzeitig wird die Mz-Komponente gegenüber dem Ausgangszustand (Mz = M0) verkleinert.

Laborsystem Insgesamt bewegt sich der Vektor M der Gesamtmagnetisierung dann im Laborsystem spiralförmig auf der Oberfläche einer Kugel.

Während des B1-Pulses präzediert (dreht sich) M um die Richtung von B1 (x’) für die analog gilt: ω1 = γB1 und erreicht bis zum Pulsende den sog. Flipwinkel α (tp ist die Pulsdauer).

Pp tBt 111

Ist die Pulsdauer so gewählt, dass = π/2 (90°; π/2-Puls), liegt M gerade auf der y'-Achse, d.h. es liegt eine maximale Quermagnetisierung vor, aber keine longitudinale Magnetisierung mehr. Die beiden Energiezustände sind dann gleich populiert!

Free Induction Decay Schaltet man nun das B1-Feld (HF-Impuls) ab, so präzediert die Magnetisierung im Laborsystem weiterhin in der xy-Ebene und induziert in der Empfängerspule eine Spannung, das Kernresonanzsignal ( FID).

Dies ist der Prozess, der gemessen und letztlich als NMR-Spektrum dargestellt wird.

Da die Dauer tP des B1-Pulses nur einige µs beträgt, ist die spektrale Breite (f 1/tP ) ausreichend groß, um auch Kerne mit leicht unterschiedlichen Resonanzfrequenzen mit einem einzigen Hf-Impuls der Frequenz L anzuregen.

x’

y’

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Free Induction Decay FID

Nach dem Abschalten des B1-Impulses läuft die synchrone Magnetisierung wieder auseinander, um letztlich in ihren Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Die Relaxation der Quermagnetisierung Mxy wird als Free Induction Decay (FID) bezeichnet und bei der NMR-Spektrometrie primär gemessen.

Die Ursache für das Abklingen des Signals sind im wesentlichen leicht unterschiedliche Umlaufzeiten der Spins aufgrund von Inhomogenitäten des lokalen B0-Feldes an den Kernorten ( T2*).

Longitudinale und transversale Relaxation*

Die Relaxation nach Abschalten des B1-Impulses wird von zwei unabhängigen Relaxationsprozessen bestimmt, der Spin-Gitter-Relaxation T1 und der Spin-Spin-Relaxation T2. Die Zeitkonstanten T1 und T2 sind erheblich langsamer als der Puls (µs), üblicherweise 0,1 bis 100s. Es gilt: T2 T1.

1) Longitudinale (Spin-Gitter-) Relaxation T1

(Energie)-Relaxation ins thermodynamische Gleichgewicht entlang der z-Achse. Das ursprüngliche Boltzmann-Gleichgewicht stellt sich wieder ein. Die Überschussenergie wird als thermische Energie an die Umgebung abgegeben.

Dieser Vorgang ist aber nicht direkt beobachtbar, weil er in z-Richtung, also senkrecht zum Detektor erfolgt.

Die Längsrelaxationszeit T1 ist abhängig von der sog. "Spin-Gitter"-Wechselwirkung, d.h. von der chemischen Umgebung des beobachteten Kerns.

FID-Signal 90°-Impuls

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Messung von T1

Bei entsprechend doppelter Pulsdauer ist = π (180°; π-Puls).

Die Boltzmannsche Spinverteilung wird damit umgekehrt und es gibt auch keine Quermagnetisierung (der ß-Zustand ist jetzt überpopuliert).

Die Zeit T1 misst man, indem man die relaxierende Magnetisierung M zu verschie- denen Zeiten mit einem 90° -Impuls umklappt und die Stärke des transversalen FID-Signals misst. Trifft man z.B. die Zeit t = 0,693T1 ist das FID Signal Null.

2) Transversale (Spin-Spin-) Relaxation T2

Durch den B1-Puls wurde die gleichmäßige Verteilung der Einzelspins auf den Kegelmänteln teilweise aufgehoben und so die Quermagnetisierung erzeugt (kohärent synchroner Umlauf der Einzelspins). Diese Störung wird beim Ausschalten des B1-Feldes rückgängig gemacht.

Wegen der Spin-Spin-Wechselwirkung, bei der die Kerne eines Moleküls untereinander Spinenergie austauschen (Energieübertragung auf einen Nachbarspin) und aufgrund von Inhomogenitäten des B0-Feldes laufen die Spins mit leicht unterschiedlichen Geschwindigkeiten herum. Sie verlieren damit ihre Phasenkohärenz und laufen auseinander. Die Spins verteilen sich wieder gleichmäßig auf den Kegelmänteln.

Damit verkleinert sich die transversale Magnetisierung Mxy, bis sie zu Null zerfallen ist. Es ändert sich aber nicht der Besetzungsunterschied, d.h. die Magnetisierung in z-Richtung.

Messung von T2 (Spinecho)

Erst wird mit einem 90°-Impuls die Magnetisierung M in die x,y-Ebene gedreht. Nach einer bestimmten Zeit t = tE/2 (tE = Echozeit) wird ein 180°-Impuls eingestrahlt, der die auseinanderlaufenden Spins um 180° umklappt. Nach der doppelten Zeit t = tE sind dann alle Spins wieder in Phase und erzeugen das Echo-Signal.

Mz(t)

t

Mz

180°-Puls

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Zur Messung von T2 strahlt man nun mehrere 180°-Impulse im Abstand von tE ein. Dabei können aber die aufgrund von Spin-Spin-Relaxation die (statistisch) dephasierten Spins nicht mehr refokussiert werden. Nur die Dispersion der Umlaufzeiten aufgrund der B0-Inhmogenitäten wird rückgängig gemacht (refokussiert). Die Abnahme der Echo-Signale wird dann nur durch die Spin-Spin-Relaxationszeit T2 verursacht.

T2 beschreibt damit die zeitliche Auffächerung der Quermagnetisierung nach einem Auslenkungsimpuls, die auch durch 180°-Rephasierung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Da T2 auf intramolekularer Spin-Spin-Wechselwirkung beruht und nicht von der Umgebung abhängt, ist sie ein wichtiger Parameter für die Strukturaufklärung.2

Ein Anwendungsbeispiel außerhalb der Analytik ist die Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT), wo Unterschiede in den Relaxationszeiten T1 und T2 zur Bildgebung in der modernen Medizin genutzt werden.

Abb. rechts:

Typische Längsrelaxationszeiten T1 in s von menschlichem Gewebe.

Da T1 in spezifischer Weise von der Art der Bindung des Wassers (Protonen) im Gewebe abhängig ist, kann so gesundes von krankem Gewebe unterschieden werden.

Primär dient die T1-Messung zur Kontrast steigerung in der MRT.

2 Das FID-Signal fällt mit der sog T2*-Relaxationszeit ab. Dieser Abfall setzt sich aus zwei Beiträgen zusammen. Der erste Beitrag ist die Spin-Spin-Relaxation T2. Der zweite Beitrag kommt dadurch zustande, dass die einzelnen Kerne wegen der Inhomogenität B0 des B0-Feldes leicht unterschiedliche Umlaufzeiten, bzw. Larmorfrequenzen besitzen.

Es gilt: 2

0

2

1

2*

1

T

B

T

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5.2 Messgrößen der NMR-Spektrometrie

Einfluss der Umgebung des betrachteten Kerns

Bei gegebener Magnetfeldstärke B0 ist die Resonanzfrequenz für einen bestimmten Kern festgelegt.

In einem realen Atom beeinflussen jedoch die Elektronen, die einen Kern umgeben und die Elektronenverteilung der übrigen Atome im Molekül das lokale Magnetfeld am Kernort.

Die Elektronenbewegung verursacht nämlich kleine magnetische Zusatzfelder. Je nachdem, ob diese Zusatzfelder dem externen Feld B0 am Atomkern entgegenwirken oder dieses verstärken, bezeichnet man dieses Phänomen als Abschirmung oder Entschirmung.

Abschirmung: Das angelegte Feld B0 bewirkt eine kreisförmige Bewegung der Elektronen um den Kern. Diese Ringströme induzieren im Bereich des Kerns ein sekundäres Feld BInd , das dem äußeren entgegengesetzt ist (diamagnetischer Effekt ; Lenzsche Regel).

Auf diese Weise wirkt am Kernort ein verringertes Magnetfeld Abschirmung

Indeff BBB 0

)1(000 BBBBeff

Damit ergibt sich eine Verminderung der Resonanzfrequenz.

)1(0 B

000 B

Die Abschirmkonstante liegt im ppm-Bereich und ist eine typische Molekülkonstante (für einen bestimmten Kern), die durch die intra- molekulare chemische Umgebung des jeweiligen Kerns bestimmt wird.

ist um so größer, je größer die Elektronendichte um den Kern ist und hängt daher von den Bindungsverhältnissen ab - z.B. verstärken elektronenliefernde Nachbaratome die Abschirmung.

Entschirmung: Befinden sich in der Nachbarschaft des Atomkerns elektronenziehende Gruppen (N, O, Halogene), so wird die Elektronendichte am Kern wieder verringert. Es erfolgt Entschirmung des Atoms wie man sagt und die Resonanzfrequenz wird wieder größer.

Bedeutung für die Strukturanalytik:

Die Kerne “spüren“ ihre intramolekulare Umgebung. Mit der genauen Lage des Resonanz- Übergangs kann man verschiedenartig gebundene Kerne derselben Sorte im Molekül unterscheiden. Deshalb ist die Methode für die Strukturaufklärung so interessant.

Chemisch äquivalente Kerne

Chemisch äquivalente Kerne sind Kerne mit der gleichen elektronischen Umgebung. Sie ergeben im NMR-Spektrum nur ein Signal.

Beispiel: Im Tetrametylsilan (TMS) haben alle Protonen die gleiche elektronische Umgebung nur ein NMR-Signal.

induzierte Elektronen-

Atom

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Chemisch nicht-äquivalente Kerne

Chemisch nicht-äquivalente Kerne sind Kerne mit einer unterschiedlichen elektronischen Umgebung. Sie ergeben im NMR-Spektrum getrennte Signale.

Beispiel: Methyl-methyl-sulfoxid

Die Protonen der CH3- (rot), CH3- (blau) und CH2-Gruppe (grün) sind zueinander nicht-äquivalent, da deren elektronische Umgebung verschieden ist.

CH3-Gruppe (rot): S(O)CH2-Gruppe in der Nachbarschaft

CH3-Gruppe (blau): SCH2-Gruppe in der Nachbarschaft

Dagegen sind die Protonen in den jeweiligen Gruppen in sich chemisch äquivalent, z.B. die 3 Protonen der CH3-Gruppe (rot). Im 1H- Spektrum gibt es deshalb nur drei Signale: eins für die CH3-Gruppe (rot), eins für die CH3-Gruppe (blau) und eins für die CH2-Gruppe (grün).

5.2.1 Chemische Verschiebung

Die Frequenzverschiebung ist proportional zur Stärke des Magnetfeldes B0 ( 00 B ). Die Angabe der absoluten Frequenzverschiebung als Molekülparameter ist aber ungeeignet, da die Spektren nicht einheitlich mit einer Feldstärke B0 gemessen werden.

Deshalb wurde eine relative Größe, die chemische Verschiebung δ eingeführt.

ppm 106

Referenz

ReferenzProbe

f

ff Chemische Verschiebung in ppm

δ ist die relative Frequenzdifferenz der Resonanzsignale des betrachteten Kerns in der Probe (fProbe) und in einer Referenzsubstanz (fReferenz), geteilt durch die Referenzfrequenz fReferenz (bzw. f0).

TMS als Referenzsubstanz

TMS (siehe Beispiel) hat aufgrund seiner chemischen Struktur (12 äquivalente Protonen) nur ein scharfes Signal, welches zudem von den meisten anderen Resonanzsignalen deutlich getrennt ist.

Da die Protonen im TMS sehr stark abgeschirmt sind und es fast keine weiteren Gruppen mit derart hoher Abschirmung gibt, liegen die bekannten chemischen Verschiebungen fast alle im positiven Bereich. Die Entschirmung der Wasserstoffkerne ist hier kleiner als in den meisten anderen org. Verbindungen, da das zentrale Si-Atom eine geringe Elektronegativität besitzt.

TMS wird meist der Probe beigemischt oder bei Lösungsmittelproblemen in einem Röhrchen in die Probe gebracht. Es wird deshalb als innerer Standard bezeichnet.

Hinweis : chemische Verschiebung groß Abschirmung klein

liegt bei der 1H -NMR im Bereich von 0 ppm bis ca. 15 ppm. Die Frequenzverschiebung umfasst damit nur einen Bereich von 1/100000 der Messfrequenz.

Hohe Anforderungen an die Messgenauigkeit.

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Anisotropieeffekte

Ursachen für die chemische Verschiebung:

• induktive Abschirmung der Elektronenhülle des Atoms (diamagnetisch Abschirmung) • Elektronegativität (polare Bindungen) der Nachbargruppen (paramagnetisch Entschirmung)

Weiterer Effekt: • Richtungsabhängigkeit der chem. Verschiebung Anisotropie Protonen, die sich in bestimmten Bereichen um die π-Systeme ungesättigter Verbindungen (Alkene, Alkine, Aromaten, Carbonyl-Verbindungen) befinden, werden durch Ringströme entschirmt oder abgeschirmt.

- Protonen an C = C Doppelbindungen - Protonen an C C Dreifachbindungen - Protonen an Carbonylgruppen - Protonen an Aromaten

Anisotropie bei Benzol:

Das äußere Magnetfeld B0 induziert einen Ringstrom im aromatischen -System, der seinerseits ein Magnetfeld hervorruft. Dieses verstärkt die magnetische Flußdichte am Ort der Protonen (“Entschirmung“).

Anisotropie bei Mehrfachbindungen

Anisotropieeffekte führen zu einer Entschirmung der Protonen von Alkenen und Carbonylverbindungen (Aldehyden), jedoch zu einer Abschirmung im Fall von Alkinen.

Atome innerhalb der Abschirmungskegel sind stärker abgeschirmt (kleinere Entschirmung).

Chemische Verschiebung einiger Verbindungen

zunehmende Entschirmung zunehmende Abschirmung Beff nimmt zu Beff nimmt ab

- Ringstrommodell - Abschirmkegel

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Chemische Verschiebung verschiedener Arten von H-Atomen im 1H-NMR-Spektrum

Chemische Verschiebung von H-Atomen in Methylgruppen (-CH2-) mit unterschiedlicher Nachbarschaft

Abhängigkeit der Entschirmung vom Abstand funktioneller Gruppen.

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5.2.2 Spin-Spin-Kopplung (Signalaufspaltung in Spinsystemen mit I = ½)

Die benachbarten Kernspins (zu einem Kern X in Resonanz) in dem gleichen Molekül treten über die Polarisation der Bindungselektronen miteinander in Wechselwirkung (indirekte Spin-Spin-WW).

Dadurch können Kopplungen über größere Abstände wirken, als durch die unmittelbare oder direkte “räumliche Spin-Spin-WW“ möglich wäre. Dies führt in einer Probe mit mehr als einer chemisch äquivalenten Kernsorte (gleiche chemische Verschiebung) zu einer Feinstrukturaufspaltung der Resonanzlinien3.

Wegen der diskreten Einstellmöglichkeiten der Kerndipole ergeben sich nur diskrete Kombinationen von zusätzlichen Feldstärken an einem Kernort (Kern X).

Modellbeispiel: Aufgrund der beiden praktisch gleich wahrscheinlichen Orientierungen der Kerne A relativ zu X ist das Resonanzsignal der Kerne X in zwei Signale von gleicher Intensität aufgespalten (Dublett; gilt für I = ½).

5.2.2.1 Aufspaltungsmuster von I = ½ Kernen

Befinden sich nun zwei äquivalente Kerne (d.h. Kerne mit der gleichen chemischen Verschiebung, AA) in Nachbarschaft zum Kern X, so sind drei unterschiedliche Magnetfelder am Ort von X möglich.

Daraus resultiert eine Aufspaltung des Resonanzsignals vom Kern X (oder untereinander äquivalenten X-Kernen) in ein Triplett.

Intensitätsverhältnis 1:2:1, da gleichwertige mittlere Konfiguration doppelt so häufig ist.

Für die beiden äquivalenten Kerne AA verändert sich die Situation jedoch im Vergleich zum AX-System nicht (AA-Kerne Duplett)

Bei drei koppelnden äquivalenten Kernen AAA ergibt sich ein Quartett mit dem Intensitätsverhältnis 1:3:3:1 (Pascalsches Dreieck).

3 Kerne eines Moleküls heißen chemisch äquivalent, wenn sie die gleiche Umgebung im Molekül besitzen. magnetisch äquivalent, wenn sie chemisch äquivalent sind und jeder Kern X in Resonanz dieselben Kopplungen zu jedem einzelnen chemisch äquivalenten Kern A im Molekül hat isochron, wenn sie dieselbe Resonanzfrequenz besitzen.

mögliche Orientierungen der Kerne A relativ zu X

X

X

A A

A A A

Kern X Kern A Kern X Kern A (in Resonanz) (nicht in Resonanz)

Beff - BA Beff + BA

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Die direkte Spin-Spin-WW zwischen magnetisch äquivalenten Kernen (z.B. zwischen den H-Atomen in -CH3) tritt im NMR-Spektrum nicht in Erscheinung (obwohl vorhanden).

Aufspaltungsregeln:

(N+1) Regel: Bei N benachbarten A-Kernen spaltet die X-Linie in (N+1) Niveaus auf.

Äquivalente Kerne (X) mit 1 benachbarten H-Atom (A) geben ein Duplett-Signal.

Äquivalente Kerne (X) mit 2 benachbarten, untereinander äquivalenten H-Atomen (AA) geben ein Triplett-Signal.

Äquivalente Kerne (X) mit 3 benachbarten, untereinander äquivalenten H-Atomen (AAA) geben ein Quartett-Signal.

Beispiel:

Tribrom-ethan Br-CH2-CHBr2

Die Methylenprotonen sind chemisch äquivalent und ergeben ein Signal bei 4,10 ppm. Das Signal des Protons der CHBr2 -Gruppe erscheint bei 5,67 ppm

Das Signal der Methylenprotonen ist ein Dublett, da sich in der Nachbarschaft eine CH-Gruppe befindet. Das Proton der CH-Gruppe ergibt ein Triplett, hervorgerufen durch die CH2-Gruppe.

Kopplungskonstante J Der Abstand zwischen den Resonanzlinien in einem durch Spin-Spin-Kopplung hervorgerufenen Multiplett heißt Kopplungskonstante J [Dimension Hz] und ist unabhängig vom angelegten Magnetfeld B0.

(skalare) Kopplung

Kopplung über eine Bindung 1J

geminale Kopplung

Kopplung über zwei Bindungen 2J = -30 bis +6 Hz

vacinale Kopplung

Kopplung über drei Bindungen 3J = 0 bis 14 Hz

Fernkopplung

Kopplung über mehr als drei Bindungen nJ = 0 bis 10 Hz

H C

H

H H

C C H

C H C

C

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Intensitätsregel Die Intensitäten der einzelnen Linien eines Multipletts lassen sich aus dem Pascalschen Dreieck herleiten. Die Intensität ergibt sich aus der Fläche unter der Resonanzlinie und ist proportional zur Anzahl der Protonen der betreffenden Sorte.

Beispiel 1: Feinstruktur im 1H-NMR-Spektrum von Ethanol in CDCl3

Ethanol : Drei Sorten verschieden gebundener H-Atome in HO-CH2-CH3 drei Signale plus Feinstruktur wegen J-Kopplung.

Die Integration der Resonanzpeaks ergibt ein Zahlenverhältnis von 1:2:3.

5.2.2.2 Spektren höherer Ordnung*

Die in 5.2.2 diskutierten einfachen Spinsysteme werden AX-Systeme genannt. Es handelt sich dann um Spektren erster Ordnung.

• Signalaufspaltung nach diesen einfachen Regeln nur, wenn der Unterschied der Resonanzfrequenzen (der koppelnden Kerne) f mindestens 10 mal größer ist als die Kopplungskonstante J.

10)(

AXJ

AXf

• Bei zu großer Kopplungskonstante, bzw. zu kleinem Frequenzunterschied ergeben sich Spektren höherer Ordnung mit komplizierten Aufspaltungsmustern (Feinstruktur). Eine Auswertung ist dann oftmals nicht mehr einfach möglich.

• Bei Kopplung eines Protons M mit zwei chemisch nicht äquivalenten Protonen A und X erhält man (vorausgesetzt Δf(MA)/JMA > 10 und Δf(MX)/JMX > 10) ein sog. AMX-System. Darin wird das Signal von M durch die Kopplung mit A zu einem Dublett aufgespalten und die beiden Linien dieses Dubletts werden durch die Kopplung mit X erneut aufgespalten. Als Resultat erhält man ein Dublett vom Dublett.

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Beispiel 2: 1H-NMR-Spektrum von Ethylbenzol (Spektrum 1. Ordnung)

aus: Dominik, Steinhilber: Instrumentelle Analytik

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5.3 Gerätetechnik

5.3.1 CW (Continuous Wave) Spektrometer

CW-NMR-Spektrometer haben nur noch geringe Bedeutung. Prinzip: Kontinuierliche Einstrahlung mit konstanter Radiofrequenz (z.B. 60 MHz für 1H) und langsame Erhöhung der angelegten Magnetfeldstärke B0. Nur in dem Moment, wenn die eingestrahlte Frequenz mit der Larmorfrequenz ωL genau übereinstimmt, kommt es zur Resonanz.

Detektiert wird die Absorption (Leistungsaufnahme in der Sendespule) oder die Strahlung, die von den in Resonanz geratenen Atomen wieder emittiert wird.

B-Scan: f-Scan:

5.3.2 PFT-(Puls-Fourier-Transform) NMR-Spektrometrie

Wichtige Kennzeichen:

• homogenes Magnetfeld. (große Polschuhe)

• Feldstärke ab 1-2 Tesla (supraleitend bis 18,8 T = 800 MHz für 1H)

• Probenröhrchen dreht sich, um Feldinhomogenitäten auszumitteln

• Probenvolumen klein (0,5 mL)

• Deuterierte Lösungsmittel oder protonenfreie Lösungsmittel (CCl4, CS2, CDCl3 ..)

Messprinzip der PFT-NMR

Bei konstantem Magnetfeld werden in der Probe sämtliche Kerne einer Sorte (z.B. 1H) durch einen sehr kurzen Radiofrequenz-Impuls gleichzeitig angeregt.

Durch den Anregungsimpuls werden die Kerne in einen kohärent präzedierenden Zustand versetzt und induzieren anschließend beim freien Induktionszerfall einen schwachen Wechselstrom in der Empfangsspule (A).

Dieses FID-Signal wird durch mathematische FOURIER-Transformation in die entsprechende Frequenzdomäne (d.h. in das NMR-Spektrum) umgerechnet(B).

B

hfSender

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Wenn alle Kerne in der Probe dieselbe Frequenz (chemische Verschiebung) haben, dann enthält das detektierte Signal (Wechselstrom in der Empfängerspule) nur eine einzige Frequenz, d.h. es besteht aus einer einfachen, exponentiell abklingenden Sinuskurve (Free Induction Decay FID).

Wenn mehrere Kerne mit unterschiedlichen Frequenzen vorliegen (unterschiedlichen chemischen Verschiebungen), besteht der FID aus mehreren sich überlagernden Frequenzen.

Verbesserung des Signal-Rauschverhältnisses

Akkumulation vieler FID-Signale und dann erst Fouriertransformation.

(SNR n½ )

Berechnung des B1-Feldes:

Spektrale Breite des Anregungsimpulses

Bei kurzer Pulsdauer (tP) im µs-Bereich entsteht ein kontinuier- liches Anregungsfrequenzband mit einer Breite von 1/tP . Dieses deckt das gesamte Spektrum der leicht unterschiedlichen Frequenzen der Kerne ab. ( chemische Verschiebung)

Vorteile der PFT-NMR-Spektrometrie

Das gesamte Spektrum wird gleichzeitig erhalten: Zeitgewinn! Mehrere FID-Signale können summiert werden: besseres Signal-Rausch-Verhältnis

weitergehend (nicht Inhalt der VL):

Gepulste NMR erlaubt mehrdimensionale Spektren: Korrelationen zwischen Signalen Mehrdimensionale Spektren (homo / heteronuklear): Strukturaufklärung von Biomolekülen

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Weitere Beispiele von 1H-NMR-Spektren

NMR-Spektrum der Propionsäure (Propansäure)

Ganz rechts, im Nullpunkt der δ-Skala, das mit TMS bezeichnete Signal des Tetramethylsilans. Zur Zuordnung sind die Protonengruppen in der chemischen Formel und die entsprechenden Liniengruppen im Spektrum mit Buchstaben gekennzeichnet.

NMR-Spektrum von Propionsäuremethylester

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NMR-Spektrum von Propionsäurechlorid (Warum ist die Gruppe (b) im Vergleich zur Propionsäure etwas nach links verschoben ? bewirkt durch Austausch von -OH gegen -Cl)

NMR-Spektrum von Propionsäureanhydrid

NMR-Spektrometrie in der Praxis:

Große Tabellenwerke bzw. Datenbanken erleichtern die Zuordnung der Peaks. Ebenso sind verschiedene Computerprogramme auf dem Markt, die dieses Puzzlespiel automatisieren. Beides ersetzt jedoch nicht die Erfahrung des Analytikers!

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5.4 Grundlagen der Kernspin-Tomographie (ortsaufgelöste NMR)

Mit Hilfe eines inhomogenen Magnetfeldes erfolgt eine räumliche Zuordnung des NMR-Signals. Dem statischen Magnetfeld B0 wird ein Gradientenfeld überlagert, das linear in x-Richtung zunimmt.

xx

BBxB

0)( .constx

B

Die Präzessionsfrequenz bzw. die Resonanzfrequenz wird dann ortsabhängig.

)()( 0 xx

BBxL

Links ist die Resonanzfrequenz niedriger als rechts.

Es erfolgt eine räumliche Zuordnung des Signals über die Frequenz des Signals (Frequenzkodierung).

Die Fouriertransformation (Frequenzanalyse) ergibt dann unmittelbar die Zuordnung der Frequenzskala auf die Ortsskala.

Die Signalhöhe wird bestimmt durch die Zahl der Kernspins, die sich senkrecht zur Achse x befinden. Alle Signale aus dieser Senkrechten werden auf einen Punkt auf x-Achse projiziert.

Man weiß deshalb nicht aus welcher “Tiefe“ das Signal kommt (das Signal ist eindimensional).

Projektions-Rekonstruktions-Verfahren (zweidimensionales Signal)

Um ein zweidimensionales Bild zu erhalten, misst man das Kernsignal über mindestens zwei Richtungen. Dazu wird das Gradientenfeld gedreht, so dass der Gradient z.B. in y-Richtung liegt.

)()( 0 yy

BByL

Die Signale der so erhaltenen Projektionen werden überlagert und zu einem Bild rekonstruiert.4

Phasenkodierung

In modernen Kernspin-Tomographen wird mit Hilfe einer sog. Phasenkodierung des Kerninduktionssignals eine dreidimensionale Bildgebung erreicht. Dazu benutzt man Gradientenfelder in den drei Koordinatenrichtungen x, y und z . Die drei Gradientenfelder werden nacheinander kurz eingeschaltet und mit einem Hf-Impuls für jede Koordinate das richtungskodierte Kernresonanzsignal gemessen.

4 Dieses sog. Projektions-Rekonstruktions-Verfahren wurde auch von der Röntgen-Computertomographie übernommen.

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Schema des Prinzips der Kernspin-Tomographie.

Die Signale von vier Experimenten mit verschiedenen Feldgradienten-Richtungen (Pfeile) liefern vier verschiedene Projektionen der mit Wasser gefüllten Kapillaren. Diese spektralen Daten dienen zur Rekonstruktion einer zweidimensionalen Repräsentation.

Zweidimensionales NMR-Bild, das mit der experimentellen Anordnung erhalten wurde.

Zwei mit H2O gefüllte Kapillaren von 1 mm Durchmesser wurden in einer zylindrischen Messzelle von 4,2 mm Innendurchmesser, die als Medium eine Mischung von D2O und H2O enthielt, angebracht.

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Aufgabe NMR (AMX-System)*:

Ordnen Sie die Protonensignale im Spektrum der Substanz zu.

Geben Sie die chemische Verschiebung der Wasserstoffkerne in Hz an, wenn die Spektren mit einer 100-MHz Anlage gemessen wurden (ein ppm ist dann genau 100 Hz).