13
Vs. GVILIELMVS . DEI . GRATIA . - . EPISCOPVS . BASILIEN[sis]. Wilhelm von Gottes Gnaden Bischof von Basel . Der vierfeldige Schild mit den Wappen von Basel und der Familie Rinck von Baldenstein (Baslerstab / gestürzter Turm) in der Bildmitte wird von wallenden Helmdecken um- rahmt. Die Helmzierde links in Form eines Männchens ohne Arme weist auf die Familie derer von Rinck hin; die Zierde auf dem rechten Helm stellt einen Hahn dar (Stift); in der Mitte eine Mitra und das Ende ei- nes Bischofsstabs; ganz unten die Jahreszahl 16 - 08 . Rs. TVRRIS . COLVMNA . ET . FIRMAMENTVM . MEVM . NOMEN . DOMI- NI . Der Name des Herrn ist mein Leuchtturm, meine Zierde und mei- ne Stärke . In einem Strahlenkranz das Christusmonogramm IHS , dar- unter ein Herz, in dem drei Kreuznägel stecken. Jakob Christoph Blarer von Wartensee, Onkel des Bi- schofs Wilhelm Rinck von Baldenstein, gab 1606 zwei sehr ähnlich aussehende Medaillen heraus (40 und 32 mm). Da sie aber als Schulprämien für das Jesu- itenkolleg in Pruntrut bestimmt waren (Michaud Nr. 3 und 5) und somit keine Beziehung zu rechtsrhei- nischen Basler Besitzungen in Baden hatten, werden sie hier nicht behandelt. Bischof Wilhelm Rinck von Baldenstein stand den Je- suiten nahe und wählte für die Rückseite ein bei die- sem Orden beliebtes Motiv: Der Strahlenkranz um das Jesusmonogramm soll für den Glanz stehen, der vom Leib Christi ausgeht. Die drei Kreuznägel un- ter dem Monogramm werden als Symbol für die drei grundlegenden Ordensgelübde Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam gedeutet. Wilhelm Rinck von Baldenstein folgte seinem Onkel Jakob Christoph Blarer von Wartensee. 1608 wähl- te das Kapitel den 42jährigen zum Bischof von Basel. Seine Amtszeit dauerte 20 Jahre. Er wirkte geistlich und politisch in der Reformtradition seines Vorgän- gers. Die aus dem Bündnerland stammende Familie Rinck von Baldenstein stellte später noch zwei wei- tere Basler Fürstbischöfe: Wilhelm Jakob (1693– 1705) und Joseph Wilhelm (1744–1762). 17 BASEL HOCHSTIFT 16 BASEL HOCHSTIFT 6 Literatur 1846 Berstett, Baden, S. 76, Nr. 15 1912 Michaud, S. 159, Nr. 3 Versteigerung Slg. Bally 1910, Nr. 352; Button 119/1972, Nr. 794 (Galvano) Silber, Guss vergoldet, 42 mm Silber, Guss, 40 mm Galvano*, 39,5 mm, 21,9 g Basel (Galvano) Vs. WILHELMVS + DEI GRATIA + EPISCOPVS BASILENSIS * Wilhelm von Gottes Gnaden Bischof von Basel . Das Brustbild des Bischofs in geist- lichem Gewand ist in der Ansicht von vorn dargestellt. Er trägt einen Knebelbart und halblanges Haar. Rs. COLVMNA . ET . FIRMAMENTVM MEVM . NOMEN DOMINI . Der Name des Herrn ist meine Zierde und Stärke . Über dem vierteiligen Wappen des Stifts und der Familie steht eine Bischofsmütze mit Krummstab, links und rechts davon Stechhelme mit den Helmzierden von Familie (links) und Stift (rechts). Die goldene Medaille besitzt eine Fassung, die aus Rankenwerk besteht, dem auf den vier Ecken der Vorder- und Rückseite je vier kleine Wappen aufge- legt sind. Auf der Porträtseite beziehen sie sich auf die väterlichen Ahnen des Bischofs (Reihenfolge ent- gegen dem Uhrzeigersinn): von Rinck (oben), von Stetten, zu Krusek und von Zobel-von Giebelstadt; die rückseitigen Wappen gehören zu den Ahnen der Mutter: Blarer von Wartensee (oben), von Hallwyl, von Sirgenstein und von Hohenlandenberg. 7 Gold, mit Fassung: 57 x 48 mm, ohne 35 mm, 35 g Galvano*, mit Fassung 50,5 mm, ohne 33,3 mm, 18,7 g Basel* Literatur 1846 Berstett, Baden, S. 76, Nr. 14b, Tf. 20 1912 Michaud, S. 160, Nr. 4 1981 Börner: - Versteigerung Slg. Bally 1910, Nr. 351 („Nachbildung“); Button 119/1972, Nr. 793 (Galvano)

6 7 - Michael Imhof Verlag - Startseite · 2018-08-27 · ne Stärke . In einem Strahlenkranz das Christusmonogramm IHS , dar-unter ein Herz, in dem drei Kreuznägel stecken. Jakob

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Page 1: 6 7 - Michael Imhof Verlag - Startseite · 2018-08-27 · ne Stärke . In einem Strahlenkranz das Christusmonogramm IHS , dar-unter ein Herz, in dem drei Kreuznägel stecken. Jakob

Vs. GVILIELMVS . DEI . GRATIA . - . EPISCOPVS . BASILIEN[sis]. Wilhelm

von Gottes Gnaden Bischof von Basel . Der vierfeldige Schild mit den

Wappen von Basel und der Familie Rinck von Baldenstein (Baslerstab

/ gestürzter Turm) in der Bildmitte wird von wallenden Helmdecken um-

rahmt. Die Helmzierde links in Form eines Männchens ohne Arme weist

auf die Familie derer von Rinck hin; die Zierde auf dem rechten Helm

stellt einen Hahn dar (Stift); in der Mitte eine Mitra und das Ende ei-

nes Bischofsstabs; ganz unten die Jahreszahl 16 - 08 .

Rs. TVRRIS . COLVMNA . ET . FIRMAMENTVM . MEVM . NOMEN . DOMI-

NI . Der Name des Herrn ist mein Leuchtturm, meine Zierde und mei-

ne Stärke . In einem Strahlenkranz das Christusmonogramm IHS , dar-

unter ein Herz, in dem drei Kreuznägel stecken.

Jakob Christoph Blarer von Wartensee, Onkel des Bi-schofs Wilhelm Rinck von Baldenstein, gab 1606 zweisehr ähnlich aussehende Medaillen heraus (40 und32 mm). Da sie aber als Schulprämien für das Jesu-itenkolleg in Pruntrut bestimmt waren (Michaud Nr.3 und 5) und somit keine Beziehung zu rechtsrhei-nischen Basler Besitzungen in Baden hatten, werdensie hier nicht behandelt.

Bischof Wilhelm Rinck von Baldenstein stand den Je-suiten nahe und wählte für die Rückseite ein bei die-sem Orden beliebtes Motiv: Der Strahlenkranz umdas Jesusmonogramm soll für den Glanz stehen, dervom Leib Christi ausgeht. Die drei Kreuznägel un-ter dem Monogramm werden als Symbol für die dreigrundlegenden Ordensgelübde Armut, Ehelosigkeitund Gehorsam gedeutet.

Wilhelm Rinck von Baldenstein folgte seinem OnkelJakob Christoph Blarer von Wartensee. 1608 wähl-te das Kapitel den 42jährigen zum Bischof von Basel.Seine Amtszeit dauerte 20 Jahre. Er wirkte geistlichund politisch in der Reformtradition seines Vorgän-gers. Die aus dem Bündnerland stammende FamilieRinck von Baldenstein stellte später noch zwei wei-tere Basler Fürstbischöfe: Wilhelm Jakob (1693–1705) und Joseph Wilhelm (1744–1762).

17BASEL HOCHSTIFT16 BASEL HOCHSTIFT

6

Literatur

1846 Berstett, Baden, S. 76, Nr. 15

1912 Michaud, S. 159, Nr. 3

Versteigerung

Slg. Bally 1910, Nr. 352; Button 119/1972,

Nr. 794 (Galvano)

Silber, Guss vergoldet, 42 mm

Silber, Guss, 40 mm

Galvano*, 39,5 mm, 21,9 g

Basel (Galvano)

Vs. WILHELMVS + DEI GRATIA + EPISCOPVS BASILENSIS * Wilhelm von

Gottes Gnaden Bischof von Basel . Das Brustbild des Bischofs in geist-

lichem Gewand ist in der Ansicht von vorn dargestellt. Er trägt einen

Knebelbart und halblanges Haar.

Rs. COLVMNA . ET . FIRMAMENTVM MEVM . NOMEN DOMINI . Der Name

des Herrn ist meine Zierde und Stärke . Über dem vierteiligen Wappen

des Stifts und der Familie steht eine Bischofsmütze mit Krummstab,

links und rechts davon Stechhelme mit den Helmzierden von Familie

(links) und Stift (rechts).

Die goldene Medaille besitzt eine Fassung, die ausRankenwerk besteht, dem auf den vier Ecken derVorder- und Rückseite je vier kleine Wappen aufge-legt sind. Auf der Porträtseite beziehen sie sich aufdie väterlichen Ahnen des Bischofs (Reihenfolge ent-gegen dem Uhrzeigersinn): von Rinck (oben), vonStetten, zu Krusek und von Zobel-von Giebelstadt;die rückseitigen Wappen gehören zu den Ahnen derMutter: Blarer von Wartensee (oben), von Hallwyl,von Sirgenstein und von Hohenlandenberg.

7

Gold, mit Fassung: 57 x 48 mm, ohne 35 mm,

35 g

Galvano*, mit Fassung 50,5 mm,

ohne 33,3 mm, 18,7 g

Basel*

Literatur

1846 Berstett, Baden, S. 76, Nr. 14b, Tf. 20

1912 Michaud, S. 160, Nr. 4

1981 Börner: -

Versteigerung

Slg. Bally 1910, Nr. 351 („Nachbildung“);

Button 119/1972, Nr. 793 (Galvano)

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33BREISACH32 BREISACH

Vs. HEROIS HUIUS NOMINA IN CUNCTA CLARENT SECULA : Die Namen

dieses großen Helden sind in alle Ewigkeit berühmt. In einem mit Roll-

werk reich verzierten Rahmen mit Engelsgesichtern die Halbfigur Bern-

hards mit Knebelbart und schulterlangem Haar von vorn, leicht nach

rechts gedreht; er trägt einen Prunkharnisch mit Feldbinde und Spit-

zenkragen, in der linken Hand ein Feldherrnstab. Kursive Inschrift ent-

lang einer inneren Zierlinie: Magni Ducis Bernhardi Saxon : Weim : Ef-

figies . Abbild Bernhards des Großen, Herzog von Sachsen-Weimar Unten

am Perlreif die Signatur J . - Blum :

Rs. Sehr detaillierte Ansicht der befestigten Stadt Breisach von Westen:

Im Zentrum der Rhein mit seinen Nebenarmen, Kanälen, Inseln und der

Rheinbrücke. Der Vordergrund wird beherrscht von der vorgelagerten

Bastion auf der linken Rheinseite. Die Silhouette der Stadt zeigt eine

Vielzahl von Kirch- und Tortürmen; am Ufer Wasserräder von vier Müh-

len. Jedes Haus der Stadt scheint im Detail erfasst zu sein. Im Hinter-

grund die Schwarzwaldberge, links die Burg Höhingen, rechts der Eck -

hardsberg im Kaiserstuhlgebiet. Über der ganzen Szene vier Zeilen

Schrift: BRISACH / FORTIS, SED FORTI / OR DEUS FVIT ET WEI / MARIUS

16 . 38. Breisach ist stark, aber stärker waren Gott und der Herzog zu

Weimar.

Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) war ei-ner der berühmtesten Heerführer des Dreißigjähri-gen Krieges. Seit 1622 diente er sowohl dem Kaiser,als auch des dänischen, schwedischen und französi-schen Königen. Er war entscheidend am SiegeszugKönig Gustavs II. Adolf beteiligt. Sein aus Bamber-gischen und Würzburgischen Gebieten 1633 zusam-mengestelltes Herzogtum Franken verlor er aller-dings bereits ein Jahr später nach der schwerenNiederlage in der Schlacht bei Nördlingen. Mit derEroberung Breisachs 1638 war er auf dem bestenWeg, sich mit Unterstützung Frankreichs ein unab-hängiges, oberrheinisches Territorium zu schaffen.Sein überraschender Tod 1639, von Gerüchten einesGiftmordes begleitet, ließ diesen Plan nicht zur Aus-führung kommen. Markgraf Friedrich V. von Baden-Durlach (1594–1659) war einer der Gewinner derBreisacher Eroberung. Er konnte seine von den Trup-pen der katholischen Liga besetzten Lande wiederin Besitz nehmen.

22

Johann Blum

Gold, 52,0 mm, 59,9 g

Silber vergoldet, 52,2 u. 52,8 mm, 51,5 g

Silber, 52,4 bis 53 mm, 45,4 bis 57,6 g

Karlsruhe*, Privatsammlung

Literatur

1705 Tentzel III, S. 547, Tf. 39,III

1846 Berstett, Baden, S. 91, Nr. 96, Tf. 24

1875 Jungk, S. 386, Nr. 2

1970 Wielandt, Münzen und Bauten, vgl.

S. 18

1998 Röblitz, S. 15

2000 Martin, Staatliche Kunstsammlun-

gen, Band 37, S. 166–168

Versteigerungen

Slg. Hartmann 1900, Nr. 217; Helbing

18/1900, Nr. 2015; Slg. Baer 1906, Nr. 3664;

Slg. Blankenhorn 1909, Nr. 160–162; Slg. Bal-

ly 1910, Nr. 410; Zschiesche & Köder 1912,

Nr. 10172; Rosenberg 1912, Nr. 1480; Slg.

Walter 1919, Nr. 457; Slg. Jäger 1927, Nr. 317;

Slg. Wolff 1929, Nr. 1161, Nr. 1162; Slg. Beil

1955, Nr. 1127; Slg. Goppel 1960, Nr. 2050;

Button 119/1972, Nr. 820, Nr. 821; Auctiones

Basel 11/1980, Nr. 1173; Slg. Duke of

Northumberland 1981, Nr. 229; Slg.

Schulthess-Rechberg 1989, Nr. 941; SBV

24/1990, Nr. 562; Slg. Zeitz 1993, Nr. 799 (ex

Northumberland); Künker 36/1997, Nr. 5292;

Slg. Hermann 1999, Nr. 630 (Expl. in Gold,

jetzt Karlsruhe); Slg. der Freiherren Bonde II

2008, Nr. 7124; Slg. Etzkorn 2012, Nr. 365,

Nr. 366

Obwohl der Jülich-Klevische Erbfolgestreit 1614 alsbeendet erklärt worden war, drückt das Haus Sach-sen bis heute seine Ansprüche auf Teile dieser Erb-schaft weiterhin dadurch aus, dass die HerrschaftenJülich, Kleve, Berg, Mark, Ravensberg und Raven-stein in ihrer Titulatur erscheinen.

Breisach war die wichtigste Festung im Südwestendes Reiches; sie galt als uneinnehmbar. Ende Mai be-gann Herzog Bernhard mit der Belagerung. VersuchteEntsetzungen durch kaiserliche Truppen vereitelteer durch seine Siege bei Wittenweier am 09.08.1638und zwei weitere im Oktober. Nachdem der Fes-tungskommandant Hans von Reinach Forderungen

zur Kapitulation Ende Oktober und Ende Novem-ber noch abgelehnt hatte, wurde die Festung am17.12.1638 von der völlig ausgehungerten Besat-zung übergeben. Von 4.000 Bewohnern überlebtennur 150.

Wahrscheinlich war es Herzog Bernhard selbst, derdie Medaillen bei dem Bremer Medailleur JohannBlum bestellte, der auch den königlichen Hof vonSchweden belieferte. H. Jungk (1875) macht auf ei-ne Variante dieser Prägung aufmerksam, bei der diekursive Umschrift innerhalb der Schnurlinie und na-he dem Porträt fehlt (siehe auch Slg. Goppel 1960,Nr. 2051).

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Georg Pfründt

Geprägt in der Hammerschiede von Hirsch-

horn

Rheingold, 72 mm, 170,2 g (Slg. Enrico

Caruso, heute Heidelberg)

Silber, geprägt, 72 bis 74 mm, 86, 87 g,

137,1 g, 141,8 g (10 Lot)

Blei, 72 mm

Berlin, Heidelberg*, Karlsruhe, Stuttgart,

Wien

Literatur

1760 Exter I, S. 125, Nr. 134 und Tf. 76 b

1907 Domanig, S. 50, Nr. 314

1925 Bechtold, S. 44, Nr. 29 u. Tafel VI

1937 Roller, S. 22, Nr. 1

1969 Bad. Landesmuseum, Nr. 40

1970 Wielandt, Münzen und Bauten, S. 22

1973 Kirchheimer, Festvortrag, S. 95

1981 Bachmayer/Martin, Barock in Baden-

Wttbg., S. 505, Nr. J 48

1992 Frese/Kollnig, S. 81, Nr. 22

1997 Stemper, S. 228, Nr. 217

Versteigerungen

Slg. Bally 1910, Nr. 585 (Silber, ex Leo Ham-

burger 1900, Auktion 91, ,Raritätenkabinett

IV‘); Slg. Wolff 1929, Nr. 276 (Silber, ex Slg.

Bally); Slg. Julius III 1959, Nr. 311 (Gold, ex

Slg. Enrico Caruso, jetzt Heidelberg); 1981

Spink Zürich 6/1981, (Silber); KPM 22/1982,

Nr. 639; KPM 32/1987, Nr. 832

101HEIDELBERG

Georg Pfründt, Wachsmodell

Nicolaus Fury, Gussarbeit

Silber, Guss, 73 mm, 92,2 g

Dresden*

Literatur

1759 Exter: -

1925 Bechtold: -

1997 Stemper, S. 228, Nr. 216 A

92

Vs. CAR : LUD : D : G : COM : PAL : RHEN : ELECT : BAV : DUX Der Me-

dailleur zeigt ein sehr ähnliches Hüftbild wie bei dem zuvor beschrie-

benen Guss. Neben Änderungen der Umschrift und Zeichnung fehlt der

Hosenbandorden. Auch sind die Haarlocken kürzer, Perlrand.

Rs. Wie bei zuvor beschriebenen Medaille Nr. 91 : Oben auf einem brei-

ten, flatternden Band: DOMINUS PROVIDEBIT . Der Herr wird Vorsorge

treffen (Bibelzitat aus Genesis 22, 8). Der Betrachter wirft seinen Blick

von Norden auf die wiederaufgebaute Stadt mit allen wichtigen Ge-

bäuden, mit ihrem damals unzerstörten Schloss, mit dem Neckar und der

Neckarbrücke und den Ausläufern des Odenwalds; im Abschnitt zeigt

eine große, barockverzierte Kartusche die Jahreszahl MDCLX . 1660.

Perlrand.

93

Vs. CAR[olus] : LUD[ovicus] : D[ei] : G[ratia] : COM[es] : P[alatini] :

RHEN[i] : ELECT[or] : B[avariae] : D[ux] : Karl Ludwig, von Gottes Gna-

den Pfalzgraf bei Rhein, Kurfürst und Herzog von Bayern. Das Dreivier-

telporträt des Kurfürsten in eiserner Rüstung ist nach rechts ausge-

richtet. Langes lockiges Haar fällt über die rechte Schulter bis zur gut

sichtbaren Kette des englischen Hosenbandordens mit dem Heiligen

Georg als Kleinod. Wie bei Medaille Nr. 92 trägt Karl Ludwig einen Ober-

lippenbart und ein kleines Unterlipenbärtchen. Mit festem Griff hält die

rechte Hand einen Feldherrnstab, mit dem linken Arm wird ein Kurhut und

ein mächtiger Helm mit Federbusch umfasst . Beide Herrschaftssym-

bole liegen auf einem Podest mit einer Tischdecke, die mit C L als Mo-

nogramm und gespiegeltem Monogramm verziert ist. Der Medailleur

signiert am unteren Bildrand mit G P. Der Rand ist glatt.

Rs. Oben auf einem schmalen Schriftband die Devise des Kurfürsten:

DOMINUS PROVIDEBIT . Der Herr wird Vorsorge treffen (Genesis 22, 8).

Von Norden fällt der Blick des Betrachters auf die Stadt Heidelberg mit

all ihren wichtigen Gebäuden, mit ihrem damals unzerstörten Schloss,

mit dem Neckar und der Neckarbrücke und den Ausläufern des Oden-

walds. Schiffe auf dem Fluss und ein Karren auf der Uferstraße brin-

gen Leben in die Szene. Im Abschnitt halten zwei Löwen eine Kartusche

mit dem kurpfälzischen Wappen, das mit dem Spruchband des Hosen-

bandordens umgeben ist: HONI SOIT QUI MAL Y PENSE . Schmach

über den, der Schlechtes dabei denkt , links und rechts die Jahreszahl

16 - 61. darunter die Signatur G.P.

Die Gussmedaillen Pfründts von 1660, Nr. 91 und92, haben dem Kurfürsten derart gefallen, dass erbefahl, gleiche Prägestempel anfertigen zu lassen,

mit denen in einer Hammerschmiede in Hirschhornnahe Heidelberg Prägungen vorgenommen wurden.Wahrscheinlich hat Georg Pfründt selbst die Stem-pel gestochen. „Karl Ludwig ist der Sohn Friedrichs V. und der en-glischen Königstochter Elisabeth Stuart und ist inHeidelberg geboren, das er 1619 als zweijährigesKind verlassen musste. Im Jahre 1612 hatte die pro-testantische Union ein Bündnis mit England ge-schlossen, das durch die Vermählung Friedrich V.,des Führers der Union, mit der englischen Prinzessin1613 besiegelt worden war. Die reformierte Pfalzwurde somit in die politische Auseinandersetzungzwischen Protestantismus und Katholizismus einbe-zogen und hatte von allen deutschen Landen amschwersten unter den Folgen der inneren Spaltungund des Dreißigjährigen Krieges zu leiden. 1619 wur-de Friedrich V. zum König von Böhmen gewählt undgekrönt, 1620 mußte er fluchtartig Prag verlassenund seiner Familie nach England in die Emigrationfolgen. Tilly eroberte am 6. September 1622 Stadtund Schloß Heidelberg; Kunst- und Kulturwerke wiedie Bibliotheca Palatina wurden dabei geraubt. Erstam 7. Oktober 1649, mit 32 Jahren, konnte Ludwigsein Erbe antreten. Er kam zurück in eine verwais-te, ihrer vielen Schönheiten beraubte, trostlose Resi-denz ... Eifrig widmete er sich dem Wiederaufbauvon Stadt und Schloß , deren Zustand er im Jahre1661 auf einer der schönsten Medaillen dieser Zeitdarstellen ließ.“ (Friedrich Wielandt 1970)

Vergrößerung von Kat. 92links und Kat. 93 rechts

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Vs. ANDREAS AVSTRIVS CARDINALIS . Kardinal Andreas von Öster-

reich. Das Brustbild des Kardinals ist von vorn, vom Betrachter aus

leicht nach links gedreht, dargestellt. Der Kirchenfürst trägt einen Kar-

dinalshut, eine Mozzetta, darüber eine Pelzschaube.

Rs. MVNIMENTVM . S . ANDREÆ . Die Festung St. André. In der Ansicht

von schräg oben wird die ummauerte Festungsanlage mit ihren fünf

Bastionen im Innern gezeigt; gut erkennbar ist ihre Lage auf einer Flus-

sinsel zwischen Maas und Waal.

Die Datierung der Medaille auf 1599 geschieht durchGerard von Loon; dort und bei Marquard Herrgottauch Abbildung eines ähnlichen einseitigen Por-traitstücks, jedoch die Büste nach halbrechts gedreht.

Seit 1598 war Andreas von Österreich Statthalter derspanischen Niederlande. Die strategisch wichtige Festung St. André in Holland war 1599/1600 unterseiner maßgeblichen Beteiligung erbaut worden. Zweiraffiniert angelegte Kanäle, die die naheliegendenFlußschleifen von Maas und Wall verbanden, bil -deten eine wassergeschützte Insel, auf der das Fortentstand. Zu Ehren des Kardinals Andreas wurde esdem heiligen Andreas anvertraut, dem Schutzpatronvon Burgund. Andreas von Österreich regierte (oder ließ regieren)über große Gebiete, die gut 200 Jahre später Teiledes Großherzogtums Baden wurden: als Graf vonNellenburg, als Guberantor von Vorderösterreich (seit1579) und als Fürstbischof von Konstanz (1589-1600).

Vs. ANDREAS . S[anctae] . R[omanae] . E[cclesiae] . DIAC[onus] . CA -

RD[inalis] . AB . AVSTRIA . 1600 . Andreas von Österreich Kardinaldia-

kon der Heiligen Römischen Kirche . Das Brustbild des Kirchenfürsten

ist nach rechts gerichtet. Er trägt einen Knebelbart und kurzes Haar und

ist bekleidet mit Schultermantel und Kardinalsbirett.

Rs. Oben drei Buchstaben: D[eus] F[ortitudo] M[ea] . Gott ist meine

Stärke . Dargestellt ist der Plan des Forts St. André in Geldern mit den

beiden Flussarmen von Maas und Waal.

Die prächtige, ovale Goldmedaille ist von Rollwerkmit aufwendiger Emaillearbeit umrahmt und ist andrei Goldkettchen aufgehängt. Drei kleine emaillier-te Kartuschen sind Teil der Umrahmung. Auf derVorderseite oben, unter einem roten Kardinalshut mitzwei Mal sechs Quasten an den Hutschnüren, ist daspersönliche Wappen des hohen Prälaten dargestellt,links oben das gelb-weiß-rote geometrische Wappenfür die Markgrafschaft Burgau, rechts oben das rot-weiße ebenfalls geometrische Wappen für die Graf-schaft Hohenberg, links unten drei Geweihstangenfür die Landgrafschaft Nellenburg und rechtsunten die Fahne von Montfort. In der Mitte, alskleines, geteiltes Herzschildchen aufgelegt,sieht man links den rot-weiß-roten Bin-denschild für Österreich und rechts denLöwen von Habsburg. Die Kartusche links auf der Vorder-seite zeigt zwei Mal ein Kreuz für dasHochstift Konstanz, ein Opferlammfür das Hochstift Brixen, dann einen

Adler, über den ein Bischofsstab quergelegt ist, für das Domkapitel von Brixen.

Die Kartusche rechts auf der Vs. zeigt daskombinierte Wappen der Abteien von Murbach

im Elsass, einen hetzenden schwarzen Hund aufweissem Feld, und jenes von Lüders in der Freigraf-schaft Burgund, ein rot gekleideter Arm, dessen Handin Schwurstellung steht. Auf der Rückseite finden sich auf den emailliertenWappenkartuschen Embleme und Wahlsprüche. Aufder oberen wird ein längliches Gefäß dargestellt (ir-dische Hülle?), dem ein Engel (die Seele?) entsteigt,darum herum die Anfangsbuchstaben einer Inschrift:S[upremus] . P[ontifex] . I[pse] . F[ecit] . T[est.?] .A[ed?] . Eine genaue Übersetzung fehlt noch.Die zweite Kartusche der Rs., jene links, zeigt vierBuchstaben: S[acrum] . C[ollegium] . V[enerabili-um] . C[ardinalium] . Das geheiligte Kardinalskol-legium . Dazu ist eine Krone dargestellt, die über ei-

nem Palmwedel liegt. Bei der Kartusche rechts stehteine abgekürzte Umschrift um eine Kirchenfassadeherum: I[n] . P[ace] . R[equiescat] . S[ancta] . A[ni-ma] . Seine heilige Seele ruhe in Frieden . In Spruchund Bild steckt eine Anspielung auf die römische Kir-che Santa Maria dell’ Anima in Rom, in der KardinalAndreas seine letzte Ruhe fand.

Stein und Perlen unten fehlen bei dem von Nahuys(1876) beschriebenen Stück. Offensichtlich sind zweioder mehr Exemplare geschaffen worden.

Am 23. Oktober 1600 begab sich Kardinal Andreasnach Neapel, von wo er schwer erkrankt nach Romzurückkehrte. Er verstarb am 12. November 1600im Alter von nur 42 Jahren, nachdem ihm Papst Kle-mens VIII. persönlich das Abendmahl gegeben hat-te – der kryptische Inhalt der Kartusche auf derRückseite oben spielt auf diese besondere Gnade an.

Die strategisch wichtige Festung St. André in Hol-land war erst 1599/1600 unter maßgeblicher Betei-ligung des Kardinals erbaut worden. Zwei raffiniertangelegte Kanäle, die die naheliegenden Flußschlei-fen von Maas und Wall verbanden, bildeten eine was-sergeschützte Insel, auf der das Fort entstand. ZuEhren des Kardinals Andreas wurde es dem heiligenAndreas anvertraut, dem Schutzpatron von Burgund.Das vorliegende auf 1600 datierte Kleinod bildet diekurz vor dem unerwarteten Tod des Kardinals fertiggestellte Festung ab. Sollte die wichtige Festung dereigentliche Grund für die Herstellung des Gnaden-pfennigs gewesen sein ?Andreas von Österreich regierte über große Gebiete,die gut 200 Jahre später Teile des GroßherzogtumsBaden wurden, als Graf von Nellenburg und Gube-rantor von Vorderösterreich (seit 1579) sowie alsFürstbischof von Konstanz (1589–1600).

167KONSTANZ

Literatur

1732 van Loon I, S. 518

1753 Herrgott Teil 2, Bd. 2, Tafel XI, Nr. XXII

1995 van Loon Appendix, S. 209

166 KONSTANZ

169

Goldguss, Maße mit Fassung 108 mm x

54 mm

Kunstgewerbemuseum der Staatl. Museen

Berlin*

Literatur

1876 Nahuys, Kap. XIX, S. 52–56

1981 Börner, Abb. 48 und S. 157, Nr. 94Vergrößerungvon Kat. Nr. 169

Abbildung bei van Loon 52 mm

168

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181KONSTANZ

Johann Martin Bückle

Geprägt in der Münze zu Durlach

Gold, 46 mm, 55,45 g

Silber, 45,0 bis 46 mm, 36,62 g

Zinn, 45 und 46 mm, 36,5g und 39,5 g

Frankfurt*, Mainz

Literatur

1840 Trésor de Numismatique Vol. 18, S.

43, Nr. 4 u. Tf. 19

1896 Joseph u. Fellner, S. 397, Nr. 983

1904 Forrer I, S. 306

1910 Forster, S. 26 (im Anhang), Nr. 1138

1932 Slg. Julius, S. 105, Nr. 1721 u. Tf. 24

1951 Wielandt, Bückle, S. 200

2001 Spies, Titulaturänderung Dalbergs,

S. 235–240

Versteigerungen

Slg. Walther 1971, Nr. 688; Button 130/1981,

Nr. 673; KPM 22/1982, Nr. 553; Peus 360/

1999, Nr. 3910

Ausschnitt aus einer signiertenWachsminiatur des 22 jährigen Dalbergim Jahr 1776 von J. M. Bückle,Stadtarchiv Mainz

180 KONSTANZ

Vs. Auf glatter Bildfläche ohne Umschrift ist die Büste Dalbergs im Pro-

fil nach rechts dargestellt, in geistlichem Ornat und mit Hermelinman-

tel. Auf der Brust hängt an einem breiten Band eine juwelenbesetzte

Brosche und ein Bischofskreuz. Die Perücke ist streng frisiert mit einer

festgesteckten Außenrolle, die das Ohr freilässt aber weit in den Na-

cken reicht. Unten auf den Falten des Hermelins signiert der Medail-

leur: 1805 . - Bückle . f[ecit].

Rs. Zehn Zeilen Schrift: CAROLVS / D[ei] . G[ratia] . PRIMAS / GERMA-

NIAE / S[anctae] . SED[is] . RATISBON[ensis] / ARCHIEPISCOPVS / S[acri]

. R[omani] . I[mperii] . ARCHICANCELLARIVS / ET. PRINCEPS. ELECTOR

/ PRINCEPS . ASCHAFFENB[urgensis] / ET . RATISBON[ensis] / COMES .

WEZLAR . Carl, von Gottes Gnaden Primas von Deutschland, Erzbischof

auf dem heiligen Stuhl zu Regensburg, Erzkanzler und Kurfürst des Hei-

ligen Römischen Reichs, Fürst von Aschaffenburg und Regensburg, Graf

von Wetzlar.

Beispiele eingravierter Randschriften: UNSEREM AGENTEN HOFFR. VON

KIRCHBAUR. und Randpunze „A“ Expl. Frankfurt; oder BENET. BUECH-

NER SCHOL. UTR. LEXUS. OPT. MERITO. DIR. ebenfalls Expl. Frank-

furt; oder FÜR AUSZEICHNUNG BEY DEM BRANDE ZU REGENSBURG

AM 5. OKTOBER 1805 . (nach Joseph u. Fellner)

Die Erzbischöfe von Mainz waren seit dem 11. Jahr-hundert Primas Germaniae mit dem Recht der Krö-nung des Königs. Seit dem 14. Jahrhundert stelltensie einen der sieben Kurfürsten.

Der markgräflich-badische Hofmedailleur JohannMartin Bückle erledigte neben seinen offiziellen Ver-pflichtungen auch private Aufträge, wie die vorlie-gende Arbeit von 1805 mit dem schönsten aller in

Stahl gestochenen Porträts des Kurerzkanzlers Dal-berg. Die von Bückle genannten Titel sind korrektund geben den Stand der geistlichen und weltlichenÄmter Dalbergs im Frühjahr 1805 wieder. Ein Jahrspäter wurde er Fürstprimas des Rheinbundes und1810 Großherzog von Frankfurt. Die Autoren Josephund Fellner verwechseln das uralte kirchliche Amteines PRIMAS GERMANIAE mit dem von Napoleonerst 1806 neu geschaffenen politischen Posten einesFÜRSTPRIMAS DES RHEINBUNDES.

Nachdem 1805 der Erzbischofssitz von Mainz nachRegensburg verlegt worden war, verblieben die gro-ßen, aber durch Zeitläufe ausgehöhlten Titel einesPrimas Germaniae und Erzkanzlers des Heiligen Rö-mischen Reichs bei Carl von Dalberg. 1802/3 wurdedie Reichsstadt Regensburg mit einigen Klöstern undReichsstiften zum Fürstentum Regensburg vereinigtund Dalberg übertragen, zusammen mit dem aus al-ten Mainzer Gebieten bestehenden geschaffenen Für-stentum Aschaffenburg und der ebenso aus dergleichnamigen Stadt gebildeten Grafschaft Wetzlar.1805 wurde er Erzbischof von Regensburg. 1810 bis1813 war er Großherzog von Frankfurt.

1800 bis 1802 war Carl von Dalberg auch Fürstbi-schof von Konstanz, 1802 bis 1803 Erzbischof vonMainz und gleichzeitig Bischof von Worms. So warder als Freiherr geborene und zum Kirchenfürstenaufgestiegene Carl Theodor von Dalberg 1800 bis1803 Landesherr von später badisch gewordenenTerritorien (rechtsrheinische Gebiete der HochstifteWorms und Konstanz). Keine der vielen Dalberg-Me-daillen weist auf Konstanz oder Worms hin, wedermit Inschrift noch mit Wappen.

Nach Auflösung des Römisch Deutschen Reichs imJuli 1806 wurde aus dem Erzkanzler und PrimasGermaniae der Fürstprimas des Rheinbundes. Alssolcher war er ein treuer Anhänger Kaiser Napole-ons mit dem Ruf der Unbestechlichkeit. Dalbergs An-strengungen um die Familie seiner Nichte Amalie vonder Leyen mit Gebietsvergrößerungen, mit Erhebungin den Fürstenstand und der Einheirat in die napo-leonische Dynastie, sind der Nachwelt jedoch nichtverborgen, siehe Med. Nr. 134. Carl von Dalberg ist1744 in Mannheim geboren und verstarb 1817 inRegensburg.

185

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303RASTATT

Kleinere Ausführung der zuvor beschriebener Me-daille mit kleinen Unterschieden.

Um 1714 stand einem Stempelschneider noch keineReduktionsmaschine zur Verfügung, um verschiedengroße Stempel mit gleichem Bild anzufertigen. ZurHerstellung der kleineren Friedensmedaille mussteder Graveur mit bloßem Auge zwei neue Stempel fürVorder- und Rückseite nachempfinden.

322

302 RASTATT

321

Georg Wilhelm Vestner, Nürnberg

Gold, 44 mm, 34,4 g (10 Dukaten)

Silber, 43 bis 44 mm, 28,3 bis 40,5 g

Bronze und Bronze vergoldet, 45 mm

Zinn mit Kupferstift, 44,8 mm, 28 und 29,9 g

Augustinermuseum Freiburg, Karlsruhe,

Rastatt*, Privatsammlungen

Literatur

1765 Schöpflin III, S. 330 f.

1828 Heraeus Tf. 48.10

1846 Berstett, Baden, S. 25, Nr. 133

1971 Wielandt, Rastatt, S. 319 u. 336,

Nr. 35

1980 Wielandt/Zeitz, S. 56, Nr. 52

1981 Bachmayer/Martin, Barock in Baden-

Wttbg., S. 499, Nr. J 26

1984 Bernheimer II, S. 26, Nr. 45 u. 46

2014 Katalog Rastatt, S. 175, Nr. 3.23.1

Versteigerungen

Slg. Hartmann 1900, Nr. 371; Helbing

19/1901, Nr. 2062; Slg. Rainer 1903, Nr.

8431; Slg. Aus altem Besitz 1903, Nr. 3841;

Slg. Baer 1906, Nr. 859 und 860; Slg. Blan-

kenhorn 1909, Nr. 210; Slg. Erbstein 1909,

Nr. 7612; Slg. Bally 1910, Nr. 34 und 35;

Zschiesche & Köder 1912, Nr. 7294; Rosen-

berg 1912, Nr. 1580; Slg. Le Maistre 1913,

Nr. 466; Slg. Kenzler 1920, Nr. 86 und 87;Slg.

Jäger 1927, Nr. 24; Slg. Wolff 1929, Nr. 876;

Slg. Beil 1955, Nr. 109 bis 112; Julius I 1958,

Nr. 1225; Slg. Goppel 1960, Nr. 1346–1348;

Button 119/1972, Nr. 983; KPM 12/1977, Nr.

761; Auctiones Basel 11/1980, Nr. 1016; SBV

30/1992, Nr. 1042; Slg. Zeitz 1993, Nr. 43 und

44; Slg. Lorenz 1997, Nr. 2958; UBS 61/2004,

Nr. 156; Slg. Etzkorn 2012, Nr. 16 u. 17; Slg.

Vollrath 2015, Nr. 2648

Vs. LUDOVICVS MARCHIO BAADENSIS * FRANCISCA SIBYLLA AVG[us-

ta]: GUBERNATRIX * Ludwig Markgraf von Baden, Franziska Sibylle Au-

guste Regentin . Innerhalb eines Perlkreises eine zweite Zeile Umschrift:

DABO PACEM IN FINIBVS VESTRIS Levi[ticus]: 26 . Ich werde Frieden

geben in euren Grenzen, 3. Buch Mose, 26, 6 . Auf einem Sockel stehen

die beiden blütenumkränzten Medaillons der Regentin mit Witwenschleier

und des fünfjährigen Markgrafen im Brustpanzer, darüber eine Taube

mit einem Kranz im Schnabel. Im Vordergrund unter einem Fürstenhut

lehnen die verzierten Wappenschilde von Baden-Sponheim und Sach-

sen-Lauenburg an der Sockelleiste, rechts am Rand unter der Leiste

signiert Vestner mit V .

Rs. PAX RASTADII IN ARCE COMPOSITA EST Der Friede von Rastatt

wurde in diesem Schloss ausgehandelt . Innerlalb eines Perlkreises

eine weitere Zeile Umschrift: NIDUM PACIS HIC INSTRUO . Das

Nest des Friedens richte ich hier ein ... Das Chronogramm,

d.h. die Summe der vergrößert dargestellten römischen

Zahlen, zugleich Buchstaben der Umschrift, ergibt

die Jahreszahl 1714, sowohl in der ersten als auch

in der zweiten Zeile der Umschrift. Eine Taube,

die ein Nest trägt, schwebt über dem Ehrenhof

und den Seitenflügeln des Rastatter Schlos-

ses. Der Text der Umschrift wird auf einer

reich verzierten Kartusche im Vordergrund

fortgesetzt: ET IN LOCO ISTO / DABO PA-

CEM / Agg[äus]: 2. ... und an diesem Ort

werde ich den Frieden geben. Aggäus 2.10.

Der in der Inschrift der Rs. er-wähnte Aggäus ist einer der klei-neren christlichen Propheten um630 v.Chr.

Architekt der Rastatter Schlossanlagewar Egidio Rossi (1659–1715). Beinahenoch konnte der Bauherr Markgraf LudwigWilhelm die Vollendung des barocken Pracht-baus, begonnen 1698, erleben. Im Alter von 52,

im Juli 1707, ist er in seinem unfertigen Schloss aneiner Blutvergiftung gestorben, Spätfolge einer altenKriegsverletzung.Markgräfin Sibylle Auguste (1675–1733) war diejüngere von zwei reichen Erbinnen des herzoglichenHauses Sachsen-Lauenburg. Neben viel Geld brach-te sie die Herrschaften Schlackenwerth und Gossen-grün in Böhmen in die Ehe mit dem Türkenlouis ein.Ihr Sohn Ludwig Georg (1702–1761), der als 12-jähriger neben seiner Mutter auf der Medaille dar-gestellt ist, regierte mehr als 50 Jahre in seinem Länd-chen und bleibt als Jägerlouis der Nachwelt inschlechter Erinnerung. Seine Tochter Augusta Ma-ria Johanna (1704–1726) heiratete Louis Philippe,den (3.) Herzog von Orléans (1703–1752). Sie istdadurch Vorfahrin des letzten französischen KönigsLouis Philippe. Sie (und damit das Haus Baden-Ba-den) ist in allen Stammbäumen der großen Adelsfa-milien Europas zu finden.

Georg Wilhelm Vestner, Nürnberg

Gold, 35 bis 35,3 mm, 17,2 bis 17,5 g

(5 Dukaten)

Slber, 35 und 36 mm, 14 bis 16 g

Silber vergoldet, 35 mm, 14,6 g

Bronze, 35 mm

Zinn mit Kupferstift, 35 mm

Augustinermuseum Freiburg, Karlsruhe*,

Privatsammlung

Literatur

1971 Wielandt, Rastatt, S. 320 und Nr. 35a

1980 Wielandt/Zeitz, S. 57, Nr. 53

1984 Bernheimer II, S. 27, Nr. 46

2014 Katalog Rastatt, S. 175, Nr. 3.23.2

Versteigerungen

Slg. Hartmann 1900, Nr. 370; Helbing

18/1900, Nr. 2294; Slg. Rainer 1903, Nr.

8432; Slg. Aus altem Besitz 1903, Nr. 3842;

Slg. Baer 1906, Nr. 860; Slg. Weiss 1908, Nr.

3442 u. 3443; Slg. Blankenhorn 1909, Nr.

211; Slg. Bally 1910, Nr. 32 u. 33; Zschiesche

& Köder II 1912, Nr. 7295 u. 7296; Slg. Le

Maistre 1913, Nr. 467; Slg. Walter 1919, Nr.

643; Slg. Kenzler 1920, Nr. 88; Slg. Jäger

1927, Nr. 25; Slg. Wolff 1929, Nr. 877; Hel-

bing 64 1931, Nr. 374–376; Slg. Beil 1955,

Nr. 113 bis 115; Slg. Julius I 1958, Nr. 1226

u. 1227; Slg. Goppel 1960, Nr. 1345, 1349

u.1350; Button 119/1972, Nr. 984; KPM

12/1977, Nr. 760; Auctiones Basel 11/1980,

Nr. 1017; KPM 42/1992, Nr. 1000; Slg. Zeitz

1993, Nr. 45 u. 46 ; Slg. Lorenz 1997, Nr.

2959; UBS 61/2004, Nr. 156 u. 157; WAG

66/2013, Nr. 61; Münzzentrum 171/2015, Nr.

3063

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Vs. IMP[erator] . CAES[ar] . CAROLUS . VI . AVG[ustus] . P[ius] . FEL[ix]

. P[ater] . P[atriae] . Herrscher und Kaiser Karl VI., der Erhabene, From-

me, Glückliche, Vater des Vaterlands. Das Brustbild des Kaisers ist im

Profil nach rechts dargestellt, den Schultergürtel abgewandt. Karl ist

durch die Schulterarmatur mit Löwenmaske als römischer Feldherr ge-

kleidet – er trägt auch einen Feldherrnumhang, der an der rechten Schul-

ter mit einer Agraffe zusammengehalten wird, darunter in Kursivschrift

die Signatur: Richter.

Rs. PAX AVGVSTI . Friede des erhabenen Kaisers . Kriegsgott Mars

bringt der Friedensgöttin, die sich an einen Säulenstumpf lehnt, einen

Schlüssel. Mit links hält er sein nicht mehr gebrauchtes Schwert, mit

dem linken Fuß steht er auf einem Kriegshelm am Boden. Die Frie-

densgöttin ist angewiesen, den Janustempel im Hintergrund zu schlie-

ßen, der in feinem Stempelschnitt ausgeführt ist. Links auf der Ab-

schnittsleiste ein R für den Medailleur Richter, unter der Leiste:

RASTAD[ii]. / MDCCXIV Zu Rastatt 1714 . Am Oberrand Spuren von

mehreren Stempelrissen, ansonsten gleicher Stempel wie bei der fol-

genden Medaille Nr. 331.

Vs. IMP[erator] . CAES[ar] . CAROLUS . VI . AVG[ustus] . P[ius] . FEL[ix]

. P[ater] . P[atrieae] . Herrscher und Kaiser Karl VI., der Erhabene, From-

me, Glückliche, Vater des Vaterlands. Die nackte Büste Kaiser Karls ist

im Profil nach rechts dargestellt. Er trägt eine Perücke mit Lorbeerkranz,

unten kursiv die Signatur: Richter.

Rs. Gleicher Stempel wie bei zuvor beschriebener Medaille, jedoch oh-

ne Spuren eines Stempelrisses: PAX AVGVSTI . Friede des erhabenen

Kaisers. Kriegsgott Mars bringt der Friedensgöttin, die an einem Säu-

lenstumpf lehnt, einen Schlüssel. Mit links hält er sein nicht mehr ge-

brauchtes Schwert. Der linke Fuß steht auf einem Kriegshelm. Die Frie-

densgöttin ist angewiesen, den Janustempel im Hintergrund zu

schließen, der in feinem Stempelschnitt skizziert ist. Links auf der Ab-

schnittsleiste ein R für den Medailleur Richter. Im Abschnitt: RAS-

TAD[ii]. / MDCCXIV Zu Rastatt 1714 .

Im Katalog Lemaistre von 1913 wird als Nr. 1247eine weitere Variante der Porträtseite vorgestellt, diedurch die Signatur MB auf Martin Brunner als Stem-pelschneider hinweist.

311RASTATT310 RASTATT

331

Benedikt Richter

Geprägt in der Wiener Münze

Silber, 43,0 mm, 35,6 g und 43,4 mm,

35,5 g

Zinn, 43,5 mm

Privatsammlung*

Literatur

1971 Wielandt, Rastatt, S. 339, vergl. mit

Nr. 41

Versteigerungen

Slg. Bally 1910, Nr. 821; Slg. Lemaistre 1913,

Nr. 1248; Peus 397/2008, Nr. 3061

330

Benedikt Richter

Geprägt in der Münze von Wien

Silber, 43 mm, 35,5 g

Bronze, 43,0 mm, 33,1 g; 42 mm, 31,4 g

Bronze, goldplattiert

Zinn, 43 mm

Augustinermuseum Freiburg, Karlsruhe,

Privatsammlung*

Literatur

1971 Wielandt, Rastatt, S. 339, Nr. 41

1981 Bachmayer/Martin, Barock in Baden-

Wttbg., S. 499, Nr. J 27

2014 Katalog Rastatt, S. 177, Nr. 3.23.8

Versteigerungen

Helbing 18/1900, Nr. 2295; Slg. Bally 1910,

Nr. 822; Zschiesche & Köder 1912, Nr. 7302;

Rosenberg 1912, Nr. 1583; Slg. Le Maistre

1913, Nr. 1248; Slg. Walter 1919, Nr. 2098;

Slg. Jäger 1927, Nr. 549; Slg. Wolff 1929, Nr.

1264; Slg. Beil 1955, Nr. 1577 u.1578; Slg.

Julius I 1958, Nr. 1219; Slg. Goppel 1960, Nr.

1361; Slg. Zeitz 1993, Nr. 966; Slg. Etzkorn

2012, Nr. 20

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321RASTATT

Vs. NOMINE & OMINE Dieser Name soll Omen sein (Rastatt / Frie-

denstatt) . Ein Kriegsveteran mit Stelzfuß und Reiter im Galopp bewe-

gen sich im Hof des Rastatter Schlosses. Im Abschnitt: RASTADT . VI.

MART[ii] / MDCCXIV . Rastatt am 6. März 1714. Darunter eine nicht auf-

gelöste Signatur, die als V oder W lesbar ist.

Rs. Zwölf Zeilen Schrift: MONSIEUR / MARESCHAL / DE LA CANDATE /

KOMMT HIER, / BRINGT FRIED�/ MIT VIEL PARADE, / WIE ABER SICH

/ DIE LAUFF-ABWEIST / WOHL MANCHER / NOCH DRÜBER / DIE KRAU-

SE / ZERREIST .

Friedrich Wielandt nimmt die etwas undeutliche Sig-natur V (oder W) als Vestners Signum an. CordulaWohlfahrt andererseits schreibt in ihrer Dissertationdas Stück, nicht ganz gesichert, dem sächsischen Me-daillenverleger Christian Wermuth zu, der auch sa-tirische Gepräge herstellte. Der Name Contard desfranzösischen Gesandten, der sehr geräuschvoll inRastattt einzog, bot sich an, mit demWort Kantateverballhornt zu werden.

342

Georg Wilhelm Vestner

oder Christian Wermuth

Silber, 43 und 44 mm, 29 g, und 44 mm,

28 g

Rastatt, Privatsammlung*

Literatur

1970 Wielandt, Rastatt, S. 342, Nr. 55

1992 Wohlfahrt, S. 330, Nr. 14019

2014 Katalog Rastatt, S. 178, Nr. 3.2.13

Versteigerungen

1885 Slg. Fieweger 1885, Nr. 71; Slg. Bally

1910, Nr, 827; Slg. Julius I 1958, Nr. 1203;

Slg. Zeitz 1993, Nr. 975; Peus 397/2008,

Nr. 3060

320 RASTATT

Vs. CONVENERE DVCES PRO PALMIS JUNGERE PALMAS . Die Führer

kamen zusammen, um vor Friedenspalmen sich die Hände zu reichen.

Prinz Eugen und Marschall Villars, als römische Feldherrn dargestellt,

geben einander die Hände. Sie sitzen vor einer großen Palme und auf

Teilen abgelegter Rüstung und Waffen. (Wortspiel mit dem lateinischen

Wort PALMA , das zwei Bedeutungen besitzt, Hand und Palme.

Rs. IVNGVNTVR IVPITTER ET SOL . Jupiter und Sonne verbinden sich

... Eine Tafel in der Bildmitte zeigt symbolisch zwei Fische für das Stern-

bild der Fische, daneben die astronomischen Zeichen für Jupiter und

die Sonne; darunter: VI. MARTII. / A[nno]: MDCCXIIII ... am 6. März

des Jahres 1714. Im Abschnitt: PAX RASTADIEN- / SIS . Rastatter Friede.

Auf der Medaille wird bezug auf die Konstellationder Sterne und Planeten in der Nacht vom 6. März1714 genommen, wo Jupiter und Sol, alias Karl VI.und Ludwig XIV, zusammen im Zeichen der Fischestanden. In dieser Nacht fand auch die Unterzeich-nung des Friedensvertrags statt. Nach dem lateini-

schen Dichter Hyginus stehen außerdem die Fischefür die Gottheiten Venus und Cupido, Gottheiten derLiebe und Freundschaft. In diesem komplexen as-tronomischen Zusammentreffen in der Stunde derVertragsunterzeichnung sahen die Beteiligten undZeitgenossen ein glückliches Omen.

(nach Friedrich Wielandt 1971)

341

Süddeutscher Künstler

Silber, 44,0 und 44,1 mm, 29,1 bis 30,5 g

Bronze, 43 mm, 28,2 g

Zinn mit Kupferstift, 44,0 mm, 24,2 und

27,9 g

Blei, 44 mm

Karlsruhe*, Rastatt

Literatur

1737 van Loon V, S. 240

1846 Berstett, Baden, S. 172, Nr. 532

1971 Wielandt, Rastatt, S. 320 u. 342,

Nr. 53

1987 Eugenius in Nummis, S. 166, Nr. 185

2014 Katalog Rastatt, S. 178, Nr. 3.23.12

Versteigerungen

Slg. Hartmann 1900, Nr. 367 u. 368; Slg.

Baer 1906, Nr. 872 u. 873; Slg. Weiss 1908,

Nr. 3823 u. 3824; Slg. Blankenhorn 1909, Nr.

214; Slg. Erbstein, Nr. 7618; Slg. Bally 1910,

Nr. 812–814; Zschiesche & Köder 1912, Nr.

7300; Rosenberg 1912, Nr. 1586; Slg. Le

Maistre 1913, Nr. 451 u. 452; Slg. Walter

1919, Nr. 639; Slg. Kenzler 1920, Nr. 803; Slg.

Jäger 1927, Nr. 543 u. 544; Slg. Wolff 1929,

Nr. 1261; Slg. Beil 1955, Nr. 1562 u. 1563;

Slg. Julius I 1958, Nr. 1217 u. 1218; Slg. Gop-

pel 1960, Nr. 1363 u.1364; Button 119/1972,

Nr. 978;KPM 27/1984, Nr. 1051; Slg. Zeitz

1993, Nr. 958 u. 959; Slg. Lorenz 1997, Nr.

2965; Rauch 82/2008, Nr. 2205; Slg. Etzkorn

2012, Nr. 27 u. 28; WAG 66/2013, Nr. 60

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Vs. CAROLUS THEODORUS . D[ei] : G[ratia] . ELECTOR PALATINUS . Karl

Theodor von Gottes Gnaden Kurfürst von der Pfalz. Der jugendliche Kur-

fürst mit Hermelinumhang und eisernem Harnisch trägt an breitem

Band den Hubertusorden, der unten auf der Randleiste aufliegt. Sein

Brustbild ist im Profil nach rechts ausgerichtet. Eine kleine Perücke mit

langem, eingebundenem Nackenhaar, ziert das Haupt; unten ganz klein

S als Künstlersignatur.

Rs. PHOEBI RHENI NECCARI CONIVNCTO FELIX . Glückliche Verbindung

von Apoll, Rhein und Neckar. In einer Uferlandschaft mit Schilf räkeln

sich die Flussgötter Rhein und Neckar. Dahinter, auf einem hohen Fel-

sen thronend, umgeben von einem großen Strahlenkranz, sitzt Kurfürst

Karl Theodor, dargestellt als Apoll mit Leier. Im Abschnitt in drei Zeilen:

ACAD[emia] . SCIENT[iarum] . THEOD[oro] . PALAT[ina] / INAVG[urata]

. XX. OCT[obris] / MDCCLXIII. Die Akademie der Wissenschaften Theo-

doro Palatina am 20. Oktober 1763 gegründet.

Am Entwurf der Medaillenrückseite waren als Ideen-geber der berühmte Historiker Johann Daniel Schöp-flin (1694–1771), der Universitäts-Bibliothekar underste Ständige Sekretär der Akademie, Andreas La-mey (1726–1802), der Kupferstecher Johann Mar-tin Weiss (1738–1807) und der badische HofmalerJoseph Melling (1724–1796) beteiligt. Die Medaillelag bei der Einweihungsfeier der Akademie am 20.Oktober 1763 noch nicht vor. Erst anfang 1764 ge-schah das Ausprägen. Der eindrucksvolle Porträt-stempel mit seinem hohen Relief fand auch bei an-deren kurpfälzischen Medaillen Anwendung.Die Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften wur-de 1763, angeblich auf Anregung des PhilosophenVoltaire, von Kurfürst Karl Theodor gegründet.Mannheim wurde damit – zumindest für 30 Jahre –zu einem deutschen Zentrum von Kunst und Wis-senschaft. Obwohl nach und nach wichtige Instituteangegliedert wurden, bedeutete 1778 die Verlegungder Residenz von Mannheim nach München eine Zä-sur, die schließlich 1803 zum Ende der großartigenKultureinrichtung führte.

361RHEIN

384

360 RHEIN

Vs. MARIA IOSEPHA CAROLI VII.

CAES[aris] . AUG[usti] . FIL[ia] .

LUDOV[ici] . M[archionis] .

BAD[ensis] . CONIUX . Maria

Josepha, Tochter Kaiser Karls

VII., des Erhabenen, Gattin des

Markgrafen Ludwig von Baden.

Die junge Prinzessin in tief aus-

geschnittenem Kleid ist im Profil

nach links dargestellt. Ihr langes lo-

ckiges Haar ist mit Perlenketten und einem

Band geschmückt, am linken Ohr hängt eine große

Perle. Ein Hermelin bedeckt die linke Schulter, ihr spitzenbesetztes Kleid

kann nur knapp den prallen Busen verhüllen. Im Armabschnitt die Sig-

natur: SCHEGA .

Rs. Zwei Wappenschilde unter einem Fürstenhut lehnen aneinander,

links der von Baden-Baden, rechts jener von Pfalz-Bayern. Beide Wap-

pen werden durch ein sog. Liebesseil zusammengehalten, dessen Kno-

ten unter der Krone und unter dem badischen Wappenschild sichtbar

sind, links ein Palmwedel, rechts ein Lorbeerzweig. Flussgott Rhenus

mit seinem wirren Haar aus Schwertlilien liegt halbnackt im Vorder-

grund. Mit dem rechten Arm hält er den bayrischen Schild, mit links

kippt er seine wasserspeiende Urne mit der Aufschrift RHENUS . Im Ab-

schnitt in zwei Zeilen: NATA VII AUG[usti]. MDCCXXXIV. / NUPTA X

IUL[ii]. MDCCLV. Geboren am 7. August 1734, vermählt am 10. Juli 1755.

Der Medailleur F.A. Schega hat mit seinem einfühl-samen Porträt nicht nur Prinzessin Maria Josephaein Denkmal gesetzt. Die Tatsache einer rein dynas-tisch begründeten Ehe mit einem 32 Jahre älterenMann, eine Ehe, die zudem nur Monate nach demTod der ersten Ehefrau geschlossen wird, ist in jenerZeit nicht ungewöhnlich. Die Darstellung traurigerResignation in den Gesichtszügen von Maria Josephakann generell als Hinweis auf das Schicksal derartverheirateter Prinzessinnen aufgefasst werden. Deraufwändige Kopfputz und der fürstliche Hermelinkönnen nicht über die zu erwartende Zukunft trös-ten. Die Ehe blieb kinderlos. 1776, im Alter von nur 42Jahren, verstarb Maria Josepha auf ihrem Witwen-sitz in Ettlingen als vorletzte Markgräfin von Baden-Baden.

Obwohl im Jahr 1755 die Markgrafschaft Baden-Ba-den in der Höhe von Rastatt nur ca. 40 Kilometerrechtsrheinisches Ufer besaß, dazu Rheinufer zwi-schen Lahr und Kehl, wird auf der Medaille Fluss-gott Rhenus als Symbol der neuen Heimat der Brautbezeichnet.

383

Franz Andreas Schega

Geprägt in der Münze zu München

Gold, 44 bis 45 mm, 41,7 bis 42,1 g

(12 Dukaten)

Silber, 44 bis 45 mm, 33,5 bis 44,2 g

Bronze, 44 mm

Zinn mit Kupferstift, 44 mm

Karlsruhe*, München

Literatur

1846 Berstett, Baden, S. 26, Nr. 137

1970 Wielandt, Rastatt, S. 345, Nr. 67

1971 Grotemeyer, S. 29 und S. 67, Nr. 66

1980 Wielandt/Zeitz, S. 59, Nr. 55

Versteigerungen

Slg. Rainer 1903, Nr. 8435; Slg. Aus altem

Besitz 1903, Nr. 3844; Slg. Bally 1910, Nr. 41;

Slg. Kenzler 1920, Nr. 92; Helbing 1931, Nr.

1755; Slg. Beil 1955, Nr. 120 u. 121; Slg. Gop-

pel 1960, Nr. 1384; Slg. Zeitz 1993, Nr. 48;

Slg. Hermann 1999, Nr. 26; UBS 61/2004, Nr.

158

Anton Schaeffer

Münze von Mannheim

Gold, 52 mm, 86,7g (25 Dukaten)

Silber, 52 bis 53 mm, 53,3 bis 57,9 g

Zinn, 53 mm, mit Kupferstift

Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, München*,

Speyer

Literatur

1767 Exter I, S. 558, Nr. 511u. II S. 506, auch

Tf. 190a

1846 Berstett, Baden, S. 165, Nr. 509

1887 Laverrenz, S. 101, Nr. 4

1972 Haas/Gesche, S. 26, Nr. 11

1974 Haas, S. 73, Nr. 224

1981 Kirchheimer, Akademie, S. 8, Nr. 1a

1981 Bachmayer/Martin, S. 518, Nr. J 81

1985 Portenlänger, Pfälzische Porträts, S.

134

1997 Stemper, S. 498, Nr. 510

Versteigerungen

Slg. Rainer 1903, Nr. 10372; Doubletten Ber-

lin 1903, Nr. 4807; Slg. Weiss 1908, Nr. 3783;

Slg. Bally 1910, Nr. 1109; Slg. Wolff 1929, Nr.

601 u. Tafel 12; Slg. Beil 1955, Nr. 1477; Slg.

Duke of Northumberland 1981, Nr. 224; KPM

26/1984, Nr. 1017; Slg. Kömmerling 2006, Nr.

481

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Vs. LOTHAR[ius] : FRIDERIC[us] : D[ei] : G[ratia] : EPISC[opus] : SPI-

RENSIS PRÆPO[situs] : WEISSENB[urgensis] . Lothar Friedrich von Got-

tes Gnaden Bischof von Speyer Propst von Weissenburg . Das Brustbild

des Bischofs mit Schnurbart und langem Haar, mit hohem Kragen und

Brustkreuz ist nach rechts gerichtet. Ein breiter Laubkranz mit Blumen,

vier Spangen und einer Tragöse bildet die mitgegossene Fassung.

Rs. Der vierteilige Schild mit den Wappen Speyer/Weissenburg, Weis-

senburg/Speyer ist mit dem Metternich�schen Herzschild belegt, darü-

ber vierfacher Helmschmuck mit den Attributen der Stifte und der Fa-

milie Metternich; seitlich flatternde Helmdecken. Laubkranz ähnlich der

Vorderseite.

Lothar Friedrich von Metternich wurde 1617 gebo-ren und verstarb 1675. Schon im Alter von 35 Jah-ren wurde er 1652 Fürstbischof von Speyer, 1673bis zu seinem Tod auch Erzbischof und Kurfürst vonMainz und Bischof von Worms.

„ ... seine Politik hatte mit der seines Vorgängersnichts gemein. Er blieb dem Kaiser und dem Vater-lande auch in einer Zeit getreu, wo sich fast alle deut-schen Fürsten, ja sogar zum Theil die kaiserlichenMinister und Generale, durch das Gold Frankreichsbestechen ließen. Ludwig XIV. konnte ihnen unterdem Versprechen der Schonung seiner armen Un-terthanen und seines aus tausend Wunden bluten-den Landes höchstens zur Neutralität bewegen unddas nur auf kurze Zeit; denn als der französische

Herrscher zu Anfang des Jahres 1675 das Neutrali-tätsbündnis mit ihm zu erneuern wünschte, wies ersolches mit dem Bemerken zurück, seine Stifte seiengenug verwüstet und er habe über die Worttreue derFranzosen traurige Erfahrungen gemacht.“

(Hieronymus Nopp 1881)

407

431

406 SPEYER HOCHSTIFT

Vs. PHILIP[pus] . CHRIST[opherus] . ARCH[iepiscopus] . TREV[eris] .

PR[inceps] . ELECT[or] . EP[i]S[copus] . SPIR[ensis] . Philipp Christoph

Erzbischof von Trier, Kurfürst, erwählter Bischof von Speyer. Sein Brust-

bild in spitzenbesetztem Mantel und hohem Kragen ist nach rechts ge-

richtet. Das Haupt ist vorne kahl, nach hinten aber von schütterem, ge-

locktem Haar bedeckt. Ein Knebelbart ziert das Gesicht. Im

Schulterabschnitt die Signatur des Medailleurs Bommaert IDB .

Rs. Die Bildfläche ist ausgefüllt von einem reich verzierten, vierfeldi-

gen Wappen mit zusätzlichem Herzschild. Drei Helme, die äußeren

der Familie von Soetern und in der Mitte ein Bischofshut mit

Flügeln, bilden die Helmzier, darunter die Wappendschilde

von Trier/ Soetern und Soetern / Speyer, in der Mitte als

Herzschild ein Opferlamm, Wappen der Fürstabtei Prüm,

die seit 1576 dem Kurfürstentum Trier einverleibt war.

Ganz unten die Jahreszahl: 16 - 23 .

Der Anlaß zur Schaffung des Gna-denpfennigs war die Erlangung desTrierer Kurstuhls 1623. Mit dem aus-drucksvollen Porträt ist dem Medail-leur Jean de Bommaert ein besondersschönes Porträt des willensstarken 56-jährigen Kirchenfürsten gelungen, des-sen schwerste Schicksalsprüfungen 1623noch vor ihm lagen. Philipp Christoph vonSoetern, geboren 1567, verstarb hochbetagt1652 in seinem doppelten Amt. Er war seit1610 Fürstbischof von Speyer und seit 1623 Kur-fürst und Erzbischof von Trier.

„Bis 1627 war der neue Kurfürst ein loyaler Anhän-ger des spanisch-kaiserlichen Lagers. Es kam jedochzu Streitigkeiten um die Benediktinerabtei St. Maxi-min in Trier, deren Reichsunmittelbarkeit Kaiser Fer-dinand II. unter allen Umständen erhalten wollte,während Philipp Christoph, dem sie 1625 als Kom-mende zugesprochen worden war, seine Rechtedurchsetzen wollte. Spanien als Inhaber des be-nachbarten Herzogtums Luxemburg suchte im Stiftebenfalls Einfluß zu nehmen. Als es Truppen ein-marschieren ließ, vollzog Philipp Christoph eineKehrtwendung und wandte sich Frankreich zu. AufBetreiben der kaiserlichen Partei, die auch im Trie-rer Domkapitel Anhänger hatte, wurde er 1634 inTrier festgenommen und schließlich in Wien gefan-gengesetzt. Nach zehnjähriger Haft gegen Ehrenwortwieder entlassen, gab er seine pro-französische Po-litik nicht auf, brach sein Gelöbnis und lieferte Trierund die speyerische Festung Philippsburg an dieFranzosen aus.“ (Konrad Schneider und Gerd Martin Forneck 1993)

Jean de Bommaert

Silberguss, vergoldet, 55,4 x 46 mm (incl.

Fassung und Öse), 25,1 g

Fassung aus reichverzierten Blätterkranz, der

mit der Medaille in einem Stück gegossen ist,

Größe ohne Fassung 40,5 x 33 mm

Berlin*

Silber vergoldet, 50 x 45 mm, 38,2 g

Silber vergoldet, 50 x 41 mm, 22,1 g

Silber vergoldet, 57 x 42 mm, 26,4 g

Bronzeguss vergoldet, 50 x 45 mm, 22.2 g

Berlin, Koblenz, Nürnberg, Trier

Literatur

1828 Heraeus Tf. 2.5

1882 Harster: -

1930 Günzburger, S. 132, Nr. 275

1932 Habich II/1, S. 456, Nr. 3161 u.

Tf. 300, 3

1993 Schneider u. Forneck, S. 41, Nr. 17

2005 Ehrend, S. 274, Nr. 6/16

Versteigerung

Slg. Bally 1910, Nr. 876 (mit Fassung)

430

SPEYER HOCHSTIFT

Bronze, mit Fassung und Öse in einem Guss,

50,3 mm x 40 mm, 23,5 g

Historisches Museum Speyer

Bleiguss, 50 x 40 mm, auch 53,5 x 40 mm

inkl. Öse, 16,5 g

München*

Literatur

1882 Harster, S. 142, Nr. 131

1930 Günzburger, S. 134, Nr. 279 u. Tf. 11

2005 Ehrend, S. 298, Nr. 6/64

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153KEHL

Michel Molart

Geprägt in der Monnaie des Médailles, Paris

Bronze, 85 mm

Blei, Rs. einseitig, 82 mm, 94,0 g

Straßburg BNU*

Literatur

1691 Menestrier, S. 27, 3

1705 Médailles du Règne, vgl. S. 390 f.

1712 Goeree, vergl. S. 195

1723 Médailles du Règne entier, vergl. Blatt

195

1858 T.N.G. Bd. 16, vergl. Tf. XXIII, 1

1887 Engel und Lehr S. 225, Nr. 671

152 KEHL

Vs. LVDOVICVS . MAGNVS . – REX . CHRISTIANISSIMVS Ludwig der Gro-

ße, Allerchristlichster König . Die gepanzerte Büste mit großer Perücke

und Lorbeerkranz wird im Profil nach rechts gezeigt, eine strahlende

Sohne mit menschlichen Gesicht ziert die Brustplatte des Panzers. Der

König trägt einen Feldherrnumhang. Unter dem Armabschnitt die Sig-

natur MOLART F.

Rs. CLAVSA GERMANIS GALLIA. Frankreich ist den Deutschen ver-

schlossen. Plan der Zitadellen von Straßburg (links) und Kehl (rechts

des Rheines), dazwischen Rheininseln und die berühmte Brücke; ganz

rechts und parallel zum Rhein die Schutter und die Kinzig, die die Schut-

ter aufnimmt, bevor sie selbst in den Rhein mündet. Im Abschnitt in

drei Zeilen: ARGENTORATI / ARCES AD. RHENVM. / M.DC. LXXXIII. Die

Festungen Straßburgs am Rhein 1683. Rand glatt.

Bei dem Brustbild Ludwigs auf der Vorderseite han-delt es sich um den 23. Porträttyp (von 85) des Ka-talogs I/1977 der Monnaie des Médailles in Paris.

„Eben die Ursachen / so der König gehabt von seinemRecht an Straßburg nicht länger nachzugeben / diehatte er auch / sich der Besitzung dieses Orths durchdie geschwindeste Mittel / als man finden konnte /zu versichern. Man hatte auf seinen Befehl in demOber=Elsaß alle zu einer erbauenden Citadell gehö-rige Materialien zur Hand geschaft / und die Steinegehauen / welche man so dann auf dem Rhein bißStraßburg gebracht / und daraus eine solche Cita-dell erbauet / die nebst einer grossen Anzahl ande-rer angelegter Vestungs=Wercker / den Feinden dieLust / mit dem König um diese neue Conquére zustreiten / benommen / und ihnen allen Einbruchschlechter Dings hinführo unmüglich gemacht.“(Académie Royale ,Médailles du Règne 1705‘ in ih-rer eigenen Deutschübersetzung)

Geschichte von Kehl nach dem Brockhaus-Conversations-Lexikon von 1845: „Im Mittelrhein-kreis, etwa 1000 Einwohner zählend, liegt Kehl, dort wo die Kinzig in den Rhein mündet. Hierführt auch eine Brücke nach dem eine halbe Stunde entfernt gelegenen Straßburg. Der Ort warfrüher eine bedeutende Festung. Sie wurde von den Franzosen Ende des 17. Jahrhunderts er-baut, um als Stützpunkt für Eroberungen zu dienen, die Ludwig XIV. auf dem rechten Rheinu-fer beabsichtigte. Kehl kam durch den Frieden von Ryswijk 1697 an den Markgrafen LudwigWilhelm von Baden-Baden, wobei sich Kaiser und Reich das Besatzungsrecht vorbehielten. Nach-dem die Wälle um die Mitte des 18. Jahrhunderts abgetragen worden waren, wurde Kehl ein an-sehlicher Fabrik- und Handelsort. Der berühmte Beaumarchais gründete hier eine Druckerei, ausder seine Voltaireausgabe und andere Prachtwerke hervorgingen. Während des Revolutionskrie-ges stellte man die Festungswerke wieder her. Kehl musste danach mehrere Belagerungen übersich ergehen lassen. Die Stadt brannte drei Mal nieder und war abwechselnd in deutschen undfranzösischen Händen. 1808 wurde Kehl von Napoleon mit dem Département Niederrhein ver-bunden, 1814 an Baden zurückgegeben, worauf 1815 die Festungswerke endgültig abgetragenwurden.“

152

Vs. . LVDOVICVS . MAGNVS . REX . CHRISTIANISSIMVS . Ludwig der Gro-

ße, Allerchristlichster König - die Worte der Umschrift sind durch klei-

ne Liliensymbole getrennt. König Ludwig mit Feldherrnmantel, mit klei-

nem Oberlippenbart und großer Perücke, ist nach rechts gewandt, unter

dem Schulterabschnitt die Signatur: H[ieronymus]. ROVSSEL . F[ecit].

Von Jerôme Roussel angefertigt.

Rs. Ähnlich wie bei zuvor beschriebener Medaille: CLAVSA GERMANIS

GALLIA. Frankreich den Deutschen verschlossen. Plan der Zitadellen

von Straßburg (links) und Kehl (rechts des Rheines), dazwischen Rhein-

inseln und die berühmte Brücke über den Rhein; ganz rechts und pa-

rallel zum Rhein die Schutter und auch die Kinzig, die die Schutter auf-

nimmt, bevor sie sich selbst in den Rhein ergießt. Im Abschnitt in drei

Zeilen: ARGENTORATI ARCES / AD. RHENVM. / M.DC. LXXXIII. Die Fes-

tungen Straßburgs am Rhein 1683.

Porträt 42 (von 85) im Katalog derMonnaie des Médailles Paris 1977.Bei Josèphe Jacquiot (1968) Band1, Tafel Di, Porträt 4.

153

Literatur

1691 Menestrier, S. 27, 3

1712 Goeree, vergl. mit S. 195

1887 Engel und Lehr S.225, Nr. 672

Auktion

Künker 116/2006, Nr. 4049

Henri Roussel (Vs.)

Geprägt in der Monnaie des Médailles, Paris

Bronze, 68,4 mm, 139,1 g (späterer

Abschlag)

Privatsammlung*

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459VORDERÖSTERREICH

Vs. * FERDIN[andus] D[ei] G[ratia] AR[chidux] - . AVST[riae] . Ferdi-

nand von Gottes Gnaden Erzherzog vom Österreich. Das Brustbild Fer-

dinands mit Knebelbart und kurzem Haar ist nach rechts ausgerichtet.

Er trägt eine Mütze, den sog. böhmischen mit einer Reiherfeder und ei-

nen hochgeschlossenen Panzer, auf dem Glieder der Vlieskette aufliegen.

Perlrand.

Rs. Unter einer erzherzoglichen Krone, umrahmt von der Kette des Or-

dens vom Goldenen Vlies, ist das vierfeldige Wappen Ferdinands (mit

weiteren Unterteilungen und mit dem Tiroler Adler als Herzschild) dar-

gestellt, das auf Herkunft und Herrschaften hinweist, 1. Ungarn, 2.

Habsburg, 3. Kastilien und Leon, 4. Vorlande und Markgrafschaft Bur-

gau. Perlrand.

Die farbig emaillierte Fassung in der Art eines Roll-werks scheint mit der Medaille in einem Guss ent-standen zu sein. Von drei Ösen gehen nach oben dreiKettchen zu einer farbigen Agraffe, in der drei Sym-bole zusammengefasst sind: eine erzherzogliche Kro-ne, ein Bündel Flammen und (nur vorne) der öster-reichische Wappenschild.

481

Gold, Guss (der hier beschriebene Gnaden-

pfennig des Historischen Museums Basel),

Maße z.Zt. nicht zugänglich

Silber, Guss, 29 mm x 26 mm (Medaille ohne

Fassung)

Literatur

1753 Herrgott Teil 2, Bd. 2, Tafel XI, Nr.XIV

(keine Fassung)

1934 Habich II/2, S. 512, Nr. 3502 und Abb.

542 (keine Fassung)

458 VORDERÖSTERREICH

Vs. FERDIND[us] . D[ei] G[ratia] : ARCHIDV[x] . - AVSTRIÆ . ÆT[atis] .

SV[a]E 40 . 1568 . Ferdinand, von Gottes Gnaden Erzherzog von Ös-

terreich, 1568 im Alter von 40 Jahren. Das bärtige Brustbild Ferdinands

ist nach rechts gerichtet. Er trägt den böhmischen Hut mit einer Rei-

herfeder, eine Halskrause und eine gestickte Jacke, die einen Brust-

panzer bedeckt. Auf der Brust hängt an einem langen Band das Klei-

nod des Vliesordens.

Rs. IMPONIT . BELLIS . LAETVM . VICTORIA . FINEM . Der Sieg gibt den

Kriegen ein glückliches Ende . Victoria lenkt eine Biga nach links, die

mit einem Pelikan geschmückt ist. Sie führt im Wagen Waffen mit sich.

Im Hintergrund sind Prunkzelte, Felsen und Bäume dargestellt.

Erzherzog Ferdinand II. von Tirol war 1549 bis 1567Statthalter in Böhmen, auch war seine Mutter einekönigliche Prinzessin von Böhmen. Auf vielen seinerMedaillen trägt er den sog. schwarzen böhmischenHut, geschmückt mit einer Reiherfeder.

Die Medaille feiert den Frieden von Adrianopel, der1568 den Zweiten österreichischen Türkenkrieg be-endete. Adrianopel heißt heute Edirne und ist aufeuropäischem Boden die westlichste Großstadt derTürkei.

Alexander Colin?

Silber, Guss, 62,6 mm

Wien*

Literatur

1934 Habich II/2, S. 512, Nr. 3501und Abb.

541

2013 Winter, im Katalog ,Wettstreit in Erz‘,

S. 221, Nr. 130

480

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523KONSTANZ522 KONSTANZ

Vs. * SANCTI IOANNIS NEPOMUCENI * In der Ansicht von vorn schwebt

der Heilige mit einem großen Kruzifix auf einer Wolke zum Himmel. Als

bischöflicher Generalvikar trägt er über dem Chorhemd ein halblanges

Cape (Mozetta) aus Hermelin. Fünf Sterne bilden seinen

Heiligenschein. Vier Engelchen, zwei aus dem Himmel schauend, das

rechte mit einem Totenschädel, das linke mit Kranz und Palmwedel,

umgeben ihn. Rechts unten ist eine Brücke angedeutet als Hinweis

auf sein Schicksal und seinen Ruf als Brückenheiliger. Im Abschnitt

die Fortsetzung der Umschrift: CONFRATERNI / TAS Bruderschaft des

heiligen Johannes Nepomuk. Am linken Rand die Signatur des

Medailleurs I.T

Rs. IN ECCLESIA CATHEDRALI CONSTANTIENSI . Im Münster von

Konstanz. Das Bistumswappen von Konstanz auf einer schwungvoll

gestalteten Kartusche, umgeben von einer Blumengirlande; unten an

der Randleiste neben einer Verzierung aus fünf Kügelchen die kaum

erkennbare Signatur von J. Thiébaud I - T .

14

Jonas Thiébaud, Augsburg

Silber vergoldet, Guss?, oval, 52 x 46,5 /

47 mm, 39,7 g

Silber, Guss?, oval, 51 x 45,5 mm, 61,5 g

Silber, Guss?, oval, 53 x 47 mm, 45,5 g

oder 42,5 g

Bronze vergoldet, Guss?, oval, 53,2 x 47,0

mm, 37,0 g

Bronze versilbert, Guss?, oval, 52 x 46 mm

alle Längenmaße ohne die angeprägte Öse

Freiburg (Erzbischöfliches Archiv), dort

auch Stempel der Rs.

Karlsruhe

Konstanz

Privatsammlung*

Literatur

1846 Berstett, Baden, S. 149, Nr. 423

1910 Forster, S. 80, Nr. 596

1916 Forrer VI, S. 65

1930 Günzburger, S. 40, Nr. 71, Nr. 71a u.

Tf. 2

Versteigerungen

Slg. Bally 1910, Nr. 438; Slg. Kenzler 1920,

Nr. 510; Slg. Jäger 1927; Slg. Lanz 1935,

Nr. 267; Nr. 458; Slg. Peus 1982, Nr. 1335;

Slg. Zeitz 1993, Nr. 903; Slg. Schulthess-

Rechberg 1989, Nr. 926

Um 600 wurde das Bistum Konstanz errichtet. Bis zu dessen Aufhebung 1821 war das erstmals780 urkundlich erwähnte Münster Unserer Lieben Frau die Kathedrale der Bischöfe. Die hierbeschriebene Medaille belegt die Existenz einer Johann-Nepomuk-Bruderschaft im zweiten Drit-tel des 18. Jahrhunderts an der Kathedrale. Zu deren Geschichte ist jedoch fast nichts bekannt.Außer einem Abrechnungspapier, das auf die Existenz der Bruderschaft noch im Jahr 1806 hin-weist, wurden keine schriftlichen Quellen ausgemacht.

Johannes aus dem böhmischen Nepomuk war Generalvikar in Prag. Er wurde in Auseinander-setzungen zwischen dem Erzbischof und König Wenzel IV. verwickelt. 1393 ließ ihn der Könignach schwerer Folter von der Prager Karlsbrücke stürzen. Seine nach seiner Ermordung einset-zende Verehrung erfuhr im 17. Jahrhunderte als Landespatron einen Aufschwung. Die bei derGraböffnung 1719 aufgefundene unversehrte Zunge wurde eines seiner Symbole. Die Seligspre-chung 1721 (Heiligsprechung 1729) führte zu einer schnellen und weiten Ausbreitung des Kul-tes weit über Böhmen hinaus. Es entstanden an zahlreichen Orten Bruderschaften unter seinemPatronat. Die Jesuiten förderten ihn als Wahrer des Beichtgeheimnisses. Sein Fest wurde 1730im Bistum Konstanz, eingeführt. Er ist neben Maria der einzige Heilige, dessen Heiligenschein

als Sternenkranz gestaltet wird. Nach dem Vorbild der Sta-tue auf der Moldaubrücke (1683) stellte man 1709 in derKonstanzer Stephanskirche eine der ersten Nepomukssta-tuen Südwestdeutschlands auf.

Wir kennen ein Bruderschaftsabzeichen der KonstanzerJohann-Nepomuk-Bruderschaft in mehreren Varianten;angefertigt von Jonas Thiébaud. Ein Rückseitenstem-pel befindet sich im Archiv der Erzdiözese Freiburg imBrsg. 1761 arbeitete Thiébaud für den Konstanzer Bi-schof Franz Konrad von Rodt, im gleichen Jahr fandin der Stadt eine Feier zu Ehren des Heiligen statt.Vielleicht entstand auch das Abzeichen 1761.

Rückseitenstempel der Johann-Nepomuk-Bruderschaftsmedaille