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SPO04 Fußball-Europameisterschaft 2012: Noch 356 Tage müssen Fußballfans warten, bis die besten europäischen Mannschaften in acht Stadien Polens und der Ukraine gegeneinan- der antreten. Dem polnischen Gdansk kommt für die DFB-Elf besondere Bedeutung zu. Steilpass für den Aufschwung EM-Perspektiven: Mit dem neuen Fußballstadion verknüpfen die polnische Stadt Gdansk und ihr Umland Hoffnungen für anhaltenden Tourismus GDANSK. An den Zufahrtsstraßen wird noch gebaut, die Straßenbahnlinien sind allenfalls skizziert, das neue Flug- hafenterminal ist noch ein Skelett – aber das Wichtigste, das Stadion, wird Anfang Juli bespielbar sein: Da ist sich Jakub Glombiowski ganz sicher. Der Bauleiter der neuen Fußball- arena von Gdansk freut sich denn auch schon auf das Freundschaftsländer- spiel Polen : Deutschland, das erste von internationaler Bedeutung in dieser Arena. Dieses Treffen sollte am 6. Sep- tember im neuen Warschauer Natio- nalstadion ausgetragen werden, aber selbst Polens Fußballverbands-Präsi- dent Grzegorz Lato geht mittlerweile davon aus, dass »das Spiel nach Dan- zig vergeben wird«. Denn in Warschau sind die Bauarbeiten in Verzug, die für 30. Juni vorgesehene Eröffnung des Stadions ist nicht zu halten. Bernstein und Schiffsbau Alles im Plan ist dagegen im Gdansker Stadtteil Letnica, wo seit 2008 die 44 000 Zuschauer fassende Arena nach einem Entwurf des Düsseldorfer Architek- turbüros Rhode, Kellermann, Waw- rowsky (RKW) bis in 45 Meter Höhe gezogen wird. 2000 Arbeiter sind es jetzt – in der Endphase – des Baus, die Jakub Glombiowski Tag für Tag vor, an und in dem goldgelben Koloss von 228 Meter Länge Klarschiff machen lässt: Denn anknüpfend an die Ge- schichte Gdansks als Ostseehafen- stadt – an ein Schiff erinnern soll das Stadion genauso wie es mit sei- ner goldgelben Haut die Bernstein- Kultur dieses Landstrichs spiegelt. Groß, edel, bedeutungsvoll: Nicht nur wegen des Erscheinungs- bilds des Stadions mit sei- nen 1384 VIP-Plätze misst Marta Chelkow- ska der ursprünglich Baltic Arena und nun nach dem Haupt- sponsor dem polnischen Energie-Un- ternehmen PGE – getauf- ten Spielstätte besonderen Wert für die Stadt und den sie umgeben- den Regierungsbezirk zu. Die Tourismus-Ma- nagerin der Wojwod- schaft Pommern verweist auf eine Ar- beitslosenquote von zehn Prozent in der Region und auf einen dramati- schen Niedergang des einstigen In- dustriestandorts: Allein in der Danzi- ger Werft – die einstige Keimzelle der polnischen Freiheitsbewegung Soli- darnosc in den 70er und 80er Jahren – wurden in den vergangenen Jahren 14 000 Stellen abgebaut, gerade noch 2000 Schiffsbauer sind hier vor allem mit Reparaturen beschäftigt. Erstklassige Adresse Insofern betrachtet Marta Chelkowska die Arena nicht nur wegen der Inves- titionen von knapp 800 Millionen Zloty – umgerechnet etwa 200 Millionen Eu- ro – als schwergewichtigen Beitrag für die polnische Bauwirtschaft, die bis auf wenige slowakische und portugiesi- sche Ausnahmen den Bau in nationa- ler Einheit stemmte. Und natürlich ab- gesehen vom holländischen Beitrag: 550 Rollen Rasen, die in den vergan- genen Tagen verlegt wurden. Die Fremdenverkehrsexpertin sieht die Vergabe nach Gdansk als EM-Spiel- stätte eher als Steilpass für den tou- ristischen Aufschwung: Die PGE-Are- na soll zum Juwel für den Kurzurlaub an der pommerschen Ostseeküste werden. Denn wer ein Fußballspiel besucht, hat möglicherweise auch Zeit für die Se- henswürdigkeiten der Stadt und eine Über- nachtung in einem der im Zuge des Stadion- baus aus dem Boden schießenden Drei- und Vier-Sterne-Spa-Ho- tels. Gut trifft sich da, dass der einhei- mische Verein Lechia Gdansk aus der Zweit- aufgetaucht ist und die Arena für Fußball- fans somit nicht nur bei Länderspielen eine erstklassige Adresse geworden ist. Stefan Reis Zuversichtlicher Blick: Ja- kub Glombiowski ist Bau- leiter in der PGE-Arena. Waldesruh’ im Freudental EM-Quartier: Die deutsche Mannschaft wohnt im Fünf-Sterne-Hotel Dwor Oliwski GDANSK. Nein, verbindlich zugeben mag Maja Lubomanska nicht gegenüber der Journalistengruppe am Dienstag die- ser Woche, dass das Dwor-Oliwski- Hotel Quartier des DFB-Trosses wäh- rend der Fußball-EM 2012 ist: Schließ- lich sei die deutsche Nationalelf noch nicht endgültig qualifiziert, argumen- tiert die Marketing-Managerin des Fünf-Sterne-Hauses am Rande des Gdansker Stadtteils Oliwa – und auch Teammanager Oliver Bierhoff verweist ja immer noch unverbindlich auf »zwei, drei Optionen. Eine davon ist Danzig«. »Weder furchtsam, … Das Organisationskomitee des Deut- schen Fußballbundes ist da allerdings weniger unentschlossen: Trotz allem offiziellem Wenn und Aber haben die DFB-Planer das 70 Zimmer und Sui- ten – davon einige mit an Fußbälle er- innernden Rundbetten zählende Dwor Oliwski für die gesamten vier Wochen der Europameisterschaft komplett gebucht: Kein Fremder soll die Spieler und ihre Betreuer in der Abgeschiedenheit des zwischen einer Datschen-Siedlung und ei- nem ausgedehnten Waldgebiet liegenden und nur über eine ein- zige Straße erreichbaren Hotels stören. Ein »ausgezeichnetes Klima« hat Bundestrainer Joachim Löw wenige Kilometer hinter der pol- nischen Ostseeküste ausgemacht, in dem die Spieler »ihren Kopf frei- bekommen« dürften – zumal das Haus einen großdimensionierten Wellness- und Spa-Bereich bietet und wie die beiden Restaurantkellner Karol und Kamil die meisten der 70 Bediensteten die deutsche Sprache beherrschen und als un- aufdringlich aufmerksame Geister jeden Gäs- tewunsch nicht nur sofort erfüllen, sondern oft genug sogar erahnen. … noch unüberlegt« Nur ein Manko hat das Dwor Oliwski: Nirgends auf dem 1,8 Hektar großen Gelände um das Privathotel gibt es die Möglichkeit, mit dem Ball zu üben – da bleibt Lahm, Schweinsteiger und Co. nur die 20 Minuten dauernde Fahrt über die kopfsteinpflasterholprige uli- ca Bytowska heraus aus dem Wald und vorbei an den eigens für die EM reno- vierten und farblich aufgehübschten Jugendstilhäusern Oliwas und den Plattenbausiedlungen des benachbar- ten Przymorze zum östlich gelegenen PGE-Stadion. Wenig Ablenkung also für die Mannschaft von der eigentlichen Auf- gabe: Selbst die im Spa-Bereich über- all zu findenden Fresken nackter an- tiker Athleten sollten Löws Jungen nicht ablenken – genau so wenig wie der Bundestrainer als gebürtiger Ba- dener sich irritieren lassen dürfte, dass das Dwor Oliwski vor neun Jahren auf den Überresten eines Herrensitzes aus dem 16. Jahrhundert in einen Land- strich hinein gebaut wurde, der von der früheren deutschen Bevölkerung der Region »Freudental« und »Schwa- bental« – allerdings nach einem Dan- ziger Stadtrat, nicht nach der Lands- mannschaft – genannt wurde. Die Nationalelf eher stimulieren könnte dagegen der Wahlspruch der einstigen Freistadt Danzig, der bis heute seine Gültigkeit hat: »Weder furchtsam, noch unüberlegt« – denn dieses Motto kennen sie ja ohnedies aus dem Training des Mannes, dessen konzeptionelle und taktische Qualitä- ten so unumstritten sind und der den- noch als Leitwolf der deutschen Fuß- ballnationalmannschaft noch keinen internationalen Titel vorzuweisen hat. Und das ist wirklich die einzige noch nicht gesicherte Option für Joachim Löw, wenn er Anfang Juni kommen- den Jahres seine Suite mit der Zim- mernummer 252 im Dwor Oliwski be- zieht. str Fünf Sterne für die deutsche Fußballnationalmannschaft: das Hotel Dwor Oliwski liegt abge- schieden – und eignet sich damit hervorragend als Quartier, in dem die DFB-Elf während der Eu- ropameisterschaft 2012 ungestört von Zaungästen ist. Stilechte Übernach- tung für einen Fußballer: Das Bett in Zimmer 141 des Hotels Dwor Oliwski. Hintergrund: Die Stadien der Euro 2012 In Polen werden mit dem Nationalstadion in Warschau, der PGE-Arena in Gdansk (Dan- zig) und dem städtischen Stadion in Wroc- law (Breslau) für die Fußball-EM 2012 drei vollkommen neue Arenen gebaut. Lediglich in Poznan (Posen) wird das Stadion Miejski – die Heimstatt von Lech Posen – umge- baut. Das Warschauer Stadion – dem Ort des Eröffnungsspiels – hat eine Kapazität von 55 000 Zuschauern, die anderen drei Arenen zwischen 42 000 und 44 000. In der Ukraine werden für die EM das Olympiastadion Kiew und das Metalist Sta- dium in Charkiw umgebaut, neue Stadien entstehen in Donezk und in Lwiw (Lem- berg). Das Kiewer Stadion mit 69 000 Zu- schauern ist Austragungsort des EM-Finales am 1. Juli 2012. Gdansk wartet auf die Fußball-EM: Das städ- tische Logo der PGE-Arena in der histori- schen Langgasse. Stimulation für die Löw-Elf: Fresken antiker Athleten im Spa-Bereich des Dwor Oliwski. Die letzten Steine werden gesetzt, die Hüllen müssen noch von den Sitzschalen: Anfang Juli soll aus der goldgelben Riesenhülle im Gdansker Stadt- teil Letnica die EM-Spielstätte PGE-Arena erstehen. Fotos: Stefan Reis Stichwort: Die EM 2012 Die 14. Fußball-Europameisterschaft (Uefa Euro 2012) ist von 8. Juni bis 1. Juli 2012 in Polen und der Ukraine. Es ist die letzte Fußball-Europameisterschaft, die mit 16 Mannschaften ausgetragen wird. Ab 2016 wird die Endrunde mit 24 Mann- schaften ausgetragen. Ursprünglich hatten sich zehn nationale Fußballverbände für EM-Endrunde 2012 beworben. Aserbaidschan, Griechenland, Italien, Rumänien, Russland und die Türkei bewarben sich einzeln, Kroatien und Un- garn sowie Polen und die Ukraine gaben jeweils Gemeinschaftsbewerbungen ab. Am 18. April 2007 gab das Uefa-Exeku- tivkomitee gab bei seiner Sitzung am 18. April 2007 in Cardiff (Wales) den Zuschlag an die Bewerbung Polen / Ukraine. Sauberer Schnitt für künftige Europameister: der Rasen in der PGE-Arena. Fußball gucken bedeutet heutzutage: selbst unter Beobachtung stehen. 12 BLICKPUNKT SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. JUNI 2011

6WHLOSDVV I°U GHQ $XIVFKZXQJold.prot.gda.pl/upload/files/18_06_SPO04 9385749.pdf · titionen von knapp -illionen :loty m umgerechnet etwa -illionen %u ro m als schwergewichtigen

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SPO04

Fußball-Europameisterschaft 2012: Noch356 Tage müssen Fußballfans warten, bis diebesten europäischen Mannschaften in acht

Stadien Polens und der Ukraine gegeneinan-der antreten. Dem polnischen Gdansk kommtfür die DFB-Elf besondere Bedeutung zu.

Steilpass für den AufschwungEM-Perspektiven: Mit dem neuen Fußballstadion verknüpfen die polnische Stadt Gdansk und ihr Umland Hoffnungen für anhaltenden Tourismus

GDANSK. An den Zufahrtsstraßen wirdnoch gebaut, die Straßenbahnliniensind allenfalls skizziert, das neue Flug-hafenterminal ist noch ein Skelett –aber das Wichtigste, das Stadion, wirdAnfang Juli bespielbar sein: Da ist sichJakub Glombiowski ganz sicher.Der Bauleiter der neuen Fußball-

arena von Gdansk freut sich denn auchschon auf das Freundschaftsländer-spiel Polen : Deutschland, das erste voninternationaler Bedeutung in dieserArena. Dieses Treffen sollte am 6. Sep-tember im neuen Warschauer Natio-nalstadion ausgetragen werden, aberselbst Polens Fußballverbands-Präsi-dent Grzegorz Lato geht mittlerweiledavon aus, dass »das Spiel nach Dan-zig vergeben wird«. Denn in Warschausind die Bauarbeiten in Verzug, die für30. Juni vorgesehene Eröffnung desStadions ist nicht zu halten.

Bernstein und SchiffsbauAlles im Plan ist dagegen im GdanskerStadtteil Letnica, wo seit 2008 die 44 000Zuschauer fassende Arena nach einemEntwurf des Düsseldorfer Architek-turbüros Rhode, Kellermann, Waw-rowsky (RKW) bis in 45 Meter Höhegezogen wird. 2000 Arbeiter sind esjetzt – in der Endphase – des Baus, dieJakub Glombiowski Tag für Tag vor, anund in dem goldgelben Koloss von 228Meter Länge Klarschiff machen lässt:Denn – anknüpfend an die Ge-schichte Gdansks als Ostseehafen-stadt – an ein Schiff erinnern solldas Stadion genauso wie es mit sei-ner goldgelben Haut die Bernstein-Kultur dieses Landstrichs spiegelt.Groß, edel, bedeutungsvoll: Nicht

nur wegen des Erscheinungs-bilds des Stadions mit sei-nen 1384 VIP-Plätzemisst Marta Chelkow-ska der ursprünglichBaltic Arena und nunnach dem Haupt-sponsor – dempolnischenEnergie-Un-ternehmenPGE – getauf-ten SpielstättebesonderenWert für die Stadtund den sie umgeben-den Regierungsbezirkzu. Die Tourismus-Ma-nagerin der Wojwod-

schaft Pommern verweist auf eine Ar-beitslosenquote von zehn Prozent inder Region und auf einen dramati-schen Niedergang des einstigen In-dustriestandorts: Allein in der Danzi-ger Werft – die einstige Keimzelle derpolnischen Freiheitsbewegung Soli-darnosc in den 70er und 80er Jahren –wurden in den vergangenen Jahren14 000 Stellen abgebaut, gerade noch2000 Schiffsbauer sind hier vor allemmit Reparaturen beschäftigt.

Erstklassige AdresseInsofern betrachtet Marta Chelkowskadie Arena nicht nur wegen der Inves-titionen von knapp 800 Millionen Zloty– umgerechnet etwa 200 Millionen Eu-ro – als schwergewichtigen Beitrag fürdie polnische Bauwirtschaft, die bis aufwenige slowakische und portugiesi-sche Ausnahmen den Bau in nationa-ler Einheit stemmte. Und natürlich ab-gesehen vom holländischen Beitrag:550 Rollen Rasen, die in den vergan-genen Tagen verlegt wurden. DieFremdenverkehrsexpertin sieht dieVergabe nach Gdansk als EM-Spiel-stätte eher als Steilpass für den tou-ristischen Aufschwung: Die PGE-Are-na soll zum Juwel für den Kurzurlauban der pommerschen Ostseeküstewerden.

Denn wer ein Fußballspielbesucht, hat möglicherweiseauch Zeit für die Se-henswürdigkeiten derStadt und eine Über-nachtung in einem derim Zuge des Stadion-baus aus dem Bodenschießenden Drei- undVier-Sterne-Spa-Ho-

tels. Gut trifft sich da,dass der einhei-mische VereinLechia Gdanskaus der Zweit-aufgetaucht istund die Arenafür Fußball-fans somitnicht nur bei

Länderspieleneine erstklassigeAdresse gewordenist. Stefan Reis

Zuversichtlicher Blick: Ja-kub Glombiowski ist Bau-leiter in der PGE-Arena.

Waldesruh’ im FreudentalEM-Quartier: Die deutsche Mannschaft wohnt im Fünf-Sterne-Hotel Dwor OliwskiGDANSK. Nein, verbindlich zugebenmagMaja Lubomanska nicht gegenüber derJournalistengruppe am Dienstag die-ser Woche, dass das Dwor-Oliwski-Hotel Quartier des DFB-Trosses wäh-rend der Fußball-EM 2012 ist: Schließ-lich sei die deutsche Nationalelf nochnicht endgültig qualifiziert, argumen-tiert die Marketing-Managerin desFünf-Sterne-Hauses am Rande desGdansker Stadtteils Oliwa – und auchTeammanager Oliver Bierhoff verweistja immer noch unverbindlich auf »zwei,drei Optionen. Eine davon ist Danzig«.

»Weder furchtsam, …Das Organisationskomitee des Deut-schen Fußballbundes ist da allerdingsweniger unentschlossen: Trotz allemoffiziellem Wenn und Aber haben dieDFB-Planer das 70 Zimmer und Sui-ten – davon einige mit an Fußbälle er-

innernden Rundbetten – zählendeDwor Oliwski für die gesamten vierWochen der Europameisterschaftkomplett gebucht: Kein Fremder solldie Spieler und ihreBetreuer in derAbgeschiedenheit des zwischeneiner Datschen-Siedlung und ei-nem ausgedehnten Waldgebietliegenden und nur über eine ein-zige Straße erreichbaren Hotelsstören.Ein »ausgezeichnetes Klima«

hat Bundestrainer Joachim Löwwenige Kilometer hinter der pol-nischen Ostseeküste ausgemacht,in dem die Spieler »ihren Kopf frei-bekommen« dürften – zumal das Hauseinen großdimensionierten Wellness-und Spa-Bereich bietet und wie diebeiden Restaurantkellner Karol undKamil die meisten der 70 Bedienstetendie deutsche Sprache beherrschen und

als un-aufdringlichaufmerksame Geister jeden Gäs-tewunsch nicht nur sofort erfüllen,sondern oft genug sogar erahnen.

… noch unüberlegt«Nur ein Manko hat das Dwor Oliwski:Nirgends auf dem 1,8 Hektar großenGelände um das Privathotel gibt es dieMöglichkeit, mit dem Ball zu üben – dableibt Lahm, Schweinsteiger und Co.nur die 20 Minuten dauernde Fahrtüber die kopfsteinpflasterholprige uli-ca Bytowska heraus aus demWald undvorbei an den eigens für die EM reno-vierten und farblich aufgehübschtenJugendstilhäusern Oliwas und denPlattenbausiedlungen des benachbar-ten Przymorze zum östlich gelegenen

PGE-Stadion.Wenig Ablenkung also für die

Mannschaft von der eigentlichen Auf-gabe: Selbst die im Spa-Bereich über-all zu findenden Fresken nackter an-tiker Athleten sollten Löws Jungennicht ablenken – genau so wenig wieder Bundestrainer als gebürtiger Ba-dener sich irritieren lassen dürfte, dassdas Dwor Oliwski vor neun Jahren aufden Überresten eines Herrensitzes ausdem 16. Jahrhundert in einen Land-strich hinein gebaut wurde, der von derfrüheren deutschen Bevölkerung derRegion »Freudental« und »Schwa-bental« – allerdings nach einem Dan-ziger Stadtrat, nicht nach der Lands-mannschaft – genannt wurde.

Die Nationalelf eher stimulierenkönnte dagegen der Wahlspruch dereinstigen Freistadt Danzig, der bisheute seine Gültigkeit hat: »Wederfurchtsam, noch unüberlegt« – denndiesesMotto kennen sie ja ohnedies ausdem Training des Mannes, dessenkonzeptionelle und taktische Qualitä-ten so unumstritten sind und der den-noch als Leitwolf der deutschen Fuß-ballnationalmannschaft noch keineninternationalen Titel vorzuweisen hat.Und das ist wirklich die einzige noch

nicht gesicherte Option für JoachimLöw, wenn er Anfang Juni kommen-den Jahres seine Suite mit der Zim-mernummer 252 im Dwor Oliwski be-zieht. str

Fünf Sterne für die deutsche Fußballnationalmannschaft: das Hotel Dwor Oliwski liegt abge-schieden – und eignet sich damit hervorragend als Quartier, in dem die DFB-Elf während der Eu-ropameisterschaft 2012 ungestört von Zaungästen ist.

StilechteÜbernach-

tung für einenFußballer: Das

Bett in Zimmer 141des Hotels Dwor

Oliwski.

Hintergrund: Die Stadien der Euro 2012In Polen werden mit dem Nationalstadion inWarschau, der PGE-Arena in Gdansk (Dan-zig) und dem städtischen Stadion in Wroc-law (Breslau) für die Fußball-EM 2012 dreivollkommen neue Arenen gebaut. Lediglichin Poznan (Posen) wird das Stadion Miejski

– die Heimstatt von Lech Posen – umge-baut. Das Warschauer Stadion – dem Ortdes Eröffnungsspiels – hat eine Kapazitätvon 55000 Zuschauern, die anderen dreiArenen zwischen 42000 und 44000.In der Ukraine werden für die EM das

Olympiastadion Kiew und das Metalist Sta-dium in Charkiw umgebaut, neue Stadienentstehen in Donezk und in Lwiw (Lem-berg). Das Kiewer Stadion mit 69000 Zu-schauern ist Austragungsort des EM-Finalesam 1. Juli 2012.

Gdansk wartet auf die Fußball-EM: Das städ-tische Logo der PGE-Arena in der histori-schen Langgasse.

Stimulation für die Löw-Elf: Fresken antikerAthleten im Spa-Bereich des Dwor Oliwski.

Die letzten Steine werden gesetzt, die Hüllen müssen noch von den Sitzschalen: Anfang Juli soll aus der goldgelben Riesenhülle im Gdansker Stadt-teil Letnica die EM-Spielstätte PGE-Arena erstehen. Fotos: Stefan Reis

Stichwort: Die EM 2012Die 14. Fußball-Europameisterschaft (UefaEuro 2012) ist von 8. Juni bis 1. Juli 2012in Polen und der Ukraine. Es ist dieletzte Fußball-Europameisterschaft, die mit16 Mannschaften ausgetragen wird. Ab2016 wird die Endrunde mit 24 Mann-schaften ausgetragen.Ursprünglich hatten sich zehn nationaleFußballverbände für EM-Endrunde 2012beworben. Aserbaidschan, Griechenland,Italien, Rumänien, Russland und die Türkeibewarben sich einzeln, Kroatien und Un-garn sowie Polen und die Ukraine gabenjeweils Gemeinschaftsbewerbungen ab.Am 18. April 2007 gab das Uefa-Exeku-tivkomitee gab bei seiner Sitzung am 18.April 2007 in Cardiff (Wales) den Zuschlagan die Bewerbung Polen / Ukraine.

Sauberer Schnitt für künftige Europameister:der Rasen in der PGE-Arena.

Fußball gucken bedeutet heutzutage: selbstunter Beobachtung stehen.

12 BLICKPUNKT SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. JUNI 2011