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701 7. Instationäre Wärmeleitung Unter instationärer Wärmeleitung wird die Erwärmung und Kühlung von festen Kör- pern verstanden, die Temperatur ist also abhängig von der Zeit. Unterschieden wird zwischen thermisch dünnen und thermisch dicken Körpern. Bei ersteren können die örtlichen Temperaturdifferenzen im Körper vernachlässigt werden, so dass nur die zeitliche Temperaturänderung betrachtet zu werden braucht. Bei thermisch dicken Körpern müssen dagegen zusätzlich auch die Temperaturprofile im Körper berück- sichtigt werden. 7.1 Thermisch dünne Körper 7.1.1 Newtonsches Kapazitätsmodell Körper können als thermisch dünn bezeichnet werden, wenn die Biotzahl λ α = 2 / s Bi (7-1) kleiner als 0,1 ist. thermisch dünn: 1 , 0 Bi < . (7-2) Dieser Wert wird an späterer Stelle noch begründet werden. Die Biotzahl kann phy- sikalisch gedeutet werden als übertragener Wärmestrom Bi im Körper geleiteter Wärmestrom = . Sie ist folglich mit der halben Körperdicke und der Wärmeleitfähigkeit des Festkör- pers definiert. Man beachte, dass die Nusseltzahl zwar formal gleich definiert ist fluid L Nu λ α = , die geometrische Abmessung jedoch die Überströmlänge (ungleich der Körperdicke) und die Wärmeleitfähigkeit die des Fluids ist. Die zeitliche Temperaturänderung des thermisch dünnen Körpers ist im Bild 7-1 qualitativ für die Erwärmung dargestellt, dass also die Umgebungstemperatur höher als die Anfangstemperatur ist. Zur Berechnung des Temperaturverlaufes geht man von der Energieerhaltung (1. Hauptsatz der Thermodynamik) aus Q dt dH ɺ = . (7-3) Die übertragene Wärme bewirkt eine Erhöhung der im Körper gespeicherten Enthal- pie. Mit der kalorischen Zustandsgleichung

7. Instationäre Wärmeleitung 7.1 Thermisch dünne Körper 7 ... · nau messen zu können. Allgemein kann man jeden periodischen Temperaturverlauf mit Hilfe einer Fourier- reihe,

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7. Instationäre Wärmeleitung Unter instationärer Wärmeleitung wird die Erwärmung und Kühlung von festen Kör-pern verstanden, die Temperatur ist also abhängig von der Zeit. Unterschieden wird zwischen thermisch dünnen und thermisch dicken Körpern. Bei ersteren können die örtlichen Temperaturdifferenzen im Körper vernachlässigt werden, so dass nur die zeitliche Temperaturänderung betrachtet zu werden braucht. Bei thermisch dicken Körpern müssen dagegen zusätzlich auch die Temperaturprofile im Körper berück-sichtigt werden. 7.1 Thermisch dünne Körper 7.1.1 Newtonsches Kapazitätsmodell Körper können als thermisch dünn bezeichnet werden, wenn die Biotzahl

λ

⋅α=

2/sBi

(7-1)

kleiner als 0,1 ist. thermisch dünn: 1,0Bi < . (7-2) Dieser Wert wird an späterer Stelle noch begründet werden. Die Biotzahl kann phy-sikalisch gedeutet werden als

übertragener WärmestromBi

im Körper geleiteter Wärmestrom= .

Sie ist folglich mit der halben Körperdicke und der Wärmeleitfähigkeit des Festkör-pers definiert. Man beachte, dass die Nusseltzahl zwar formal gleich definiert ist

fluid

LNu

λ

⋅α= ,

die geometrische Abmessung jedoch die Überströmlänge (ungleich der Körperdicke) und die Wärmeleitfähigkeit die des Fluids ist. Die zeitliche Temperaturänderung des thermisch dünnen Körpers ist im Bild 7-1 qualitativ für die Erwärmung dargestellt, dass also die Umgebungstemperatur höher als die Anfangstemperatur ist. Zur Berechnung des Temperaturverlaufes geht man von der Energieerhaltung (1. Hauptsatz der Thermodynamik) aus

QdtdH ɺ= .

(7-3)

Die übertragene Wärme bewirkt eine Erhöhung der im Körper gespeicherten Enthal-pie. Mit der kalorischen Zustandsgleichung

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dTcdh ⋅= (7-4) ergibt sich für die Änderung der Enthalpie

dtdT

cVdtdh

MdtdH

⋅⋅⋅ρ=⋅= . (7-5)

Wärme wird durch Konvektion und Strahlung übertragen, so dass

( ) ( )44ueffu TTATTAQ −⋅⋅σ⋅ε+−⋅⋅α=ɺ , (7-6)

gilt. Damit erhält man als Differentialgleichung für den zeitlichen Temperaturverlauf

( ) ( )44ueffu TTATTA

dtdT

cV −⋅⋅σ⋅ε+−⋅⋅α=⋅⋅⋅ρ (7-7)

mit der Anfangsbedingung

( ) 0tT0tT === . (7-8)

Diese Dgl lässt sich für einige Fälle analytisch lösen, falls jeweils der Wärmeüber-gang durch Strahlung oder der durch Konvektion vernachlässigt werden kann. Für die erste Bedingung hat Newton die Dgl erstmalig gelöst. Diese wird daher als New-tonsches Kapazitätsmodell bezeichnet.

Bild 7-1: Erwärmung eines thermisch dünnen Körpers bei konstanter Umgebungs-

temperatur 7.1.2 Konstante Umgebungstemperatur Zunächst wird der Fall betrachtet, dass die Umgebungstemperatur konstant ist. Die Stoffwerte, der Wärmeübergangskoeffizient und der effektive Strahlungsaustausch-grad werden ebenfalls als konstant vorausgesetzt. Bei ausschließlich konvektiver Wärmeübertragung erhält man als Lösung

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⋅ρ⋅

⋅⋅α−=

= VctA

expTT

TT

u0t

u . (7-9)

Führt man die dimensionslose Temperatur

u0t

u

TTTT−

−=θ

=

(7-10)

und die Stantonzahl

VctA

St⋅ρ⋅

⋅⋅α=

(7-11)

ein, so lässt sich die obige Lösung als

( )Stexp −=θ (7-12) darstellen. Diese dimensionslosen Darstellungen werden im Folgenden zur Verein-fachung benötigt. Die Stantonzahl lässt physikalisch wiederum als Verhältnis zweier Energieströme deuten:

konvektiv übertragene WärmeSt

gespeicherte Energie= .

Die Gleichung (7-9) für die Temperaturänderung des festen Körpers ist analog auf-gebaut zu der des Fluids in einem beheizten Kanal (siehe Abschnitt 5.2). Ein mit dem Fluid mitfahrender Beobachter erlebt die Erwärmung instationär. Mit der Ge-schwindigkeit

tx

w = (7-13)

lassen sich die Lösungen ineinander überführen. Das Fluid ist ebenfalls ein „ther-misch dünner Körper“, da die Temperaturunterschied im Querschnitt des Kanals in der Regel vernachlässigbar sind. Der Einfluss der Körperform auf die Erwärmungs- oder Abkühlzeit hängt nur vom Verhältnis Oberfläche zu Volumen ab. Diese spezifische Oberfläche beträgt für die drei Grundkörper: - beidseitig beheizte unendlich ausgedehnte Platte der Dicke s

2/s1

VA

= , (7-14)

- unendlich langer Zylinder mit dem Durchmesser d

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2/d2

VA

= , (7-15)

- Kugel mit dem Durchmesser d

2/d3

VA

= . (7-16)

(Die unendliche Ausdehnung wird hier benötigt, um in der Körperoberfläche A die Stirnseiten vernachlässigen zu können.) Führt man den Formfaktor 1

2b = , 3

für Platte für Zylinder für Kugel

(7-17)

ein, so lässt sich die spezifische Oberfläche durch

2/sb

VA

= (7-18)

beschreiben, wobei der Durchmesser ebenfalls mit s = d bezeichnet wird. Bei gleicher Körperabmessung s erwärmt sich also eine Kugel schneller als ein Zy-linder und dieser wiederum schneller als eine Platte. Körper mit beliebiger Geomet-rie liegen in ihrem Erwärmungsverhalten mit 3b1 ≤≤ stets zwischen den beiden Grenzfällen der unendlich ausgedehnten ebenen Platte und der Kugel. Entspre-chend Gleichung (7-9) ist die Erwärmungszeit proportional zur spezifischen Wärme-kapazität c, zur Dicht ρ und zur Körpergröße s und umgekehrt proportional zum Wärmeübergangskoeffizienten α . Anhaltswerte für die Dichte und spezifische Wärmekapazität sind im Anhang für ei-nige Stoffgruppen dargestellt. Die Werte für die spezifische Wärmekapazität werden kurz diskutiert. Bei Metallen betragen diese 0,1 bis 1 kJ/(kg K), bei mineralischen Stoffen 0,8 bis 1,5 kJ/(kg K) bei Ölen und den meisten organischen Flüssigkeiten 1,5 bis 3 kJ/(kg K) und bei anorganischen Flüssigkeiten 1 bis 5 kJ/(kg K) an. Bei Gasen ist die spezifische Wärmekapazität umgekehrt proportional zur Molmasse. Wasser-stoff besitzt mit 14 kJ/(kg K) die höchsten, hochmolekularen organische Dämpfe mit ca. 0,3 kJ/(kg K) die niedrigsten Werte. Die spezifische Wärmekapazität ist bei Ga-sen und Flüssigkeiten druckabhängig. Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität kann bei vielen Stoffen und insbesondere bei kleinen Temperatur-differenzen vernachlässigt werden. Andernfalls muss mit mittleren spezifischen Wär-mekapazitäten gerechnet werden. Wird die Wärme ausschließlich durch Strahlung übertragen, so erhält man als Lö-sung der Dgl. (7-7)

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( )

−⋅θ−⋅+

−⋅θ−

⋅+

+⋅θ

−⋅θ−

===

=

=

=

ε

u

0t

u

0t

u

0t

u

0t

u

0t

TT

11T

T1

TT

11

arctan2

TT

1

TT

12

lnSt .

(7-19)

mit

VctAT4

St3ueff

⋅ρ⋅

⋅⋅⋅σ⋅ε⋅=ε .

(7-20)

Diese Stantonzahl bedeutet

durch Strahlung übertragene WärmeSt

gespeicherte Enthalpieε = .

Der Temperaturverlauf ist hierbei nicht nur von der Stantonzahl, sondern zusätzlich noch vom Temperaturverhältnis Tt=0/Tu abhängig. Unterscheiden sich die absoluten Temperaturen nur relativ wenig von einander, so folgt aus dem Grenzübergang Tt=0/Tu → 1

( )ε−=θ Stexp , (7-21)

wobei

3ueff T4 ⋅σ⋅ε⋅=αε (7-22)

als Wärmeübergangskoeffizient durch Strahlung entsprechend Abschnitt 1.4 gedeu-tet werden kann. Dadurch werden die Lösungen für beide Wärmeübertragungsarten formal gleich. 7.1.3 Lineare Änderung der Umgebungstemperatur Im Folgenden wird der Fall betrachtet, dass sich die Umgebungstemperatur linear mit der Zeit ändert, wie im Bild 7-2 gezeigt ist. Die Wärme werde nur durch Konvek-tion übertragen. Falls Wärme auch durch Strahlung übertragen wird, kann diese durch einen Strahlungswärmeübergangskoeffizienten entsprechend Gleichung (7-22) angenähert und dem konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten addiert wer-den. Für die Umgebungstemperatur gilt

twTT 0utu ⋅+= =, (7-23)

wobei w die Aufheizgeschwindigkeit und 0utT = die Anfangstemperatur der Umgebung

ist. Aus der Dgl. (7-7) folgt damit

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( )TtwTcV

AdtdT

0ut −⋅+⋅⋅⋅ρ

⋅α= = .

(7-24)

Mit der Randbedingung (7-8) erhält man als Lösung

( )tCexpTTC

w

C

wtwTT 0t0ut0ut ⋅−⋅

+−+−⋅+= ===

(7-25)

mit der Abkürzung

cVA

C⋅⋅ρ

⋅α= .

(7-26)

Bild 7-2: Linearer Anstieg der Umgebungstemperatur Bei linearer Änderung der Umgebungstemperatur stellt sich nach langer Zeit zwi-schen dem Körper und seiner Umgebung eine feste Temperaturdifferenz

( )TTlimT ut

t −=∆∞=

∞= (7-27)

ein, die sich aus Gleichung (7-25) mit Gleichung (7-23) zu

AVcw

Cw

Tt⋅α

⋅ρ⋅⋅==∆ ∞=

ergibt. Mit dieser festen Temperaturdifferenz können folgende dimensionslose Tem-peraturen definiert werden Körpertemperatur

∞=

=

−=θ

t

0ut

TTT

, (7-28)

Anfangstemperatur des Körpers

∞=

===

−=θ

t

0ut0t0t T

TT (7-29)

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Asymptotische Körpertemperatur

∞=

=

−=θ

t

0utasas T

TT

(7-30)

Umgebungstemperatur

∞=

=

−=θ

t

0utuu T

TT . (7-31)

Aus der Gleichung (7-23) erhält man für die dimensionslose Umgebungstemperatur

Stu =θ . (7-32)

Aus der Gleichung (7-25) ergibt sich

( ) ( )Stexp11St 0tu −⋅θ++−=θ =. (7-33)

Aufgrund des Exponentialterms wird der letzte Summand für größere Zeiten und damit größere Werte von St sehr klein. Daher gibt er nur zu Anfang der Erwärmung, im sogenannten „thermischen Anlauf“, einen Beitrag zum Temperaturverlauf. Kann dagegen der Anlaufvorgang gegenüber der gesamten Erwärmungszeit vernachläs-sigt werden, wie beispielsweise bei sehr langsamer Erwärmung oder bei der Erwär-mung auf sehr hohe Temperaturen, so genügt es, zur Berechnung der dimensions-losen Körpertemperatur die sehr viel einfachere „asymptotische Näherung“

1Stas −=θ (7-34)

zu verwenden. Bei St > 2 beträgt die Abweichung der wahren von der asymptoti-schen Lösung weniger als 12 %, bei St > 3 bereits weniger als 2,5 %. Die asymptoti-sche Näherung verläuft parallel zur Umgebungstemperatur. Folglich erwärmt sich der Körper nach dem Anlaufvorgang mit fast der gleichen Geschwindigkeit wie die Umgebung. Bild 7-3 zeigt die dimensionslosen Temperaturen der Umgebung und des Körpers sowie deren asymptotische Näherung für verschiedene Anfangstempe-raturen 0t =θ in Abhängigkeit von der Stantonzahl.

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Bild 7-3: Zeitlicher Temperaturverlauf eines Körpers bei linearer Erhöhung der

Umgebungstemperatur Die strichpunktierte Kurve stellt die linear ansteigende Umgebungstemperatur dar. Parallel dazu verläuft die asymptotische Lösung, die mit der dimensionslosen Kör-pertemperatur bei 10t =θ = zusammenfällt. In diesem Grenzfall folgt die Körpertem-

peratur der Umgebungstemperatur verzögerungsfrei. Je weniger 0t =θ von -1 ab-

weicht, um so kürzer ist der Anlaufvorgang. Für dimensionslose Anfangstemperatu-ren 00t >θ = ist die Anfangstemperatur des Körpers höher als die der Umgebung.

Folglich fällt die Körpertemperatur erst auf Umgebungstemperatur ab, bevor sie ge-meinsam mit dieser ansteigt. 7.1.4 Schwingung der Umgebungstemperatur In diesem Abschnitt wird die Zeitverzögerung (Phasenverschiebung) und Dämpfung der Körpertemperatur betrachtet, mit der diese einer Schwingung der Umgebungs-temperatur folgt. Diese Zusammenhänge sind z. B. wichtig zur Auswahl von Ther-moelementen, um mit ihnen Temperaturänderungen ihrer Umgebung möglichst ge-nau messen zu können. Allgemein kann man jeden periodischen Temperaturverlauf mit Hilfe einer Fourier-reihe, also einer Reihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen, beschreiben. Betrachtet wird jedoch nur der einfachere Fall einer Sinusschwingung

( )tsinTTT uuu ⋅ω⋅∆=− . (7-35)

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Bild 7-4: Sinusförmige Schwingung der Umgebungstemperatur Entsprechend Bild 7-4 bedeuten Tu die Umgebungstemperatur, uT deren Mittelwert,

uT∆ die Amplitude der Schwingung, ω deren Frequenz und t die Zeit. Die Tempera-

tur des Körpers ist wieder durch Gleichung (7-7)

( )[ ]TtsinTTcdtdT

uu −⋅ω⋅∆+⋅= (7-36)

beschrieben. Die Integration dieser Gleichung ergibt

( ) ( )( )

( )tCexpC

TCTT

tcosCtsinCC

TTT

22u

u0t

222

uu

⋅−⋅

∆⋅ω⋅+−+

+⋅ω⋅ω⋅−⋅ω⋅⋅+ω

∆+=

=

.

(7-37)

Mit der Stantonzahl die hier mit der Dauer ω/1 einer Periode definiert ist, der Zeit der Körpertemperatur der Anfangstemperatur des Körpers der asymptotischen Körpertemperatur und der Umgebungstemperatur

ω⋅⋅ρ⋅

⋅α=

VcA

Stw,

(7-38)

t⋅ω=τ , (7-39)

u

u

TTT

−=θ ,

(7-40)

u

u0t0t T

TT∆

−=θ =

=,

(7-41)

u

uasas T

TT∆

−=θ ,

(7-42)

u

uuu T

TT∆

−=θ

(7-43)

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erhält man die Gleichung (7-37) in dimensionsloser Form

( )τ⋅−⋅

++θ+τ⋅

+−τ⋅

+=θ = Stexp

Stl

Stcos

Stl

Stsin

Stl

St2w

w0t2

w2w

2w .

(7-44)

Für längere Zeit τ wird der Exponentialterm ( )τ⋅− Stexp sehr klein, während das Schwingungsverhalten der anderen beiden Summanden unverändert bleibt. Bei Stantonzahlen größer als 0,5 ist die Abweichung der wahren von der asymptoti-schen Lösung bereits nach einer Schwingungsperiode kleiner als 5 % und nach zwei Perioden kleiner als 0,2 %. Der asymptotische Verlauf der Körpertemperatur wird also durch

τ⋅+

−τ⋅+

=θ cosStl

Stsin

StlSt

2w

w2w

2w

as

(7-45)

wiedergeben. Um sie mit der Umgebungstemperatur vergleichen zu können, wird auch diese dimensionslos geschrieben

τ=θ sinu. (7-46)

Die Zeitabhängigkeit der asymptotischen Körpertemperatur asθ ist in Bild 7-5 für

verschiedene Stantonzahlen dargestellt.

Bild 7-5: Asymptotische Temperaturverläufe eines Körpers in sinusförmig schwin-

gender Umgebungstemperatur Für ∞→St erhält man aus der Gleichung (7-45)

uasSt

sinlim θ=τ=θ∞→

. (7-47)

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In diesem Grenzfall, der näherungsweise z. B. für Körper mit sehr kleiner Masse gilt, ist also die Körpertemperatur gleich der Umgebungstemperatur. Je kleiner die Stan-tonzahl wird, desto stärker hinkt die asymptotische Körpertemperatur asθ der Umge-

bungstemperatur uθ hinterher. Gleichzeitig wird mit abnehmender Stantonzahl die

Amplitude von asθ kleiner. Bei 0St → bleibt die Körpertemperatur konstant: 0t =θ=θ

bzw. 0as =θ . Die Temperaturschwingung der Umgebung wird nicht mehr mitge-

macht. Daraus folgt beispielsweise, dass sich mit Thermoelementen kleiner Masse (also großer Stantonzahl) Momentanwerte, mit Thermoelementen großer Masse dagegen Mittelwerte besser messen lassen. Schreibt man die asymptotische Näherung in der Form

( )asasas sin τ∆−τ⋅θ∆=θ , (7-48)

so ergibt sich durch Vergleich mit der Gleichung (7-45) für die Amplitude

2w

was

St1

St

+=θ∆ ,

(7-49)

und für die Verzögerung

Stcotarcas =τ∆ . (7-50)

Sie sind im Bild 7-6 grafisch dargestellt.

Bild 7-6: Amplitude und Phasenverschiebung der asymptotischen Temperatur-

schwingung eines Körpers in Abhängigkeit von der Stantonzahl

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7.1.5 Körper mit inneren Wärmequellen Wird in dem Körper Wärme erzeugt, wie beispielsweise in einem von einem elektri-schen Strom durchflossenen Leiter oder bei chemischen Reaktionen, so lautet die Energieerhaltung bei konvektiver Wärmeübertragung zwischen dem Körper und sei-ner Umgebung

( ) VwTTAdtdT

Vc umu ⋅+−⋅⋅α=⋅⋅ρ⋅ ɺ , (7-51)

wobei umwɺ der pro Volumeneinheit in Wärme umgewandelte Energiestrom bedeutet.

Die Anfangsbedingung lautet wiederum

( ) 0tT0tT === . (7-52)

Ist der Körper adiabat, d. h. 0=α , so ergibt sich als Lösung

tc

wTT um

0t ⋅⋅ρ

+= =

ɺ.

(7-53)

Die Temperatur des Körpers steigt also linear mit der Zeit an. Im nichtadiabaten Fall lässt sich die Dgl. (7-51) in der Form

α

+θ−=θ

Qu1

dStd

(7-54)

dimensionslos darstellen, wobei neben der bereits eingeführten dimensionslosen Temperatur θ und der Stantonzahl

( )Vw

ATTQu

um

u0t

⋅−⋅α= =

αɺ

(7-55)

die Wärmequellenzahl für die Wärmeübertragung durch Konvektion bedeutet. Diese hat die physikalische Bedeutung

durch Konvektion übertragener WärmestromQu ~

erzeugter Wärmestromα .

Mit der dimensionslosen Anfangsbedingung

( ) 10t ==θ (7-56) ergibt sich als Lösung der Dgl.

( )StexpQu

11

Qu1

−+=θ

αα

. (7-57)

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Die Temperatur nähert sich für große Zeiten dem asymptotischen Wert

α

=θQu

1as

(7-58)

oder in dimensionsbehafteter Schreibweise

b2/sw

TT umuas

⋅α

⋅+=ɺ

. (7-59)

Die Körpertemperatur steigt also solange an, bis deren Differenz zur Umgebung ausreicht, die im Volumen erzeugt Wärme wieder konvektiv abzuführen.

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7.2 Thermisch dicke Körper Sind die Temperaturunterschiede in einem Körper nicht mehr vernachlässigbar, so wird dieser, wie eingangs bereits erwähnt, als thermisch dick bezeichnet. 7.2.1 Herleitung der Fourierschen Differentialgleichung Zur Beschreibung des Wärmeleitvorganges in einem Körper wird dieser in kleine Volumenelemente unterteilt mit – in kartesischen1 Koordinaten ausgedrückt – den Kantenlängen dz, dy, dx, den Seitenflächen dzdydA x ⋅= , dzdxdA y ⋅= , dydxdAz ⋅=

und dem Volumen dzdydxdV ⋅⋅= (siehe Bild 7-7).

Bild 7-7: Zur Energiebilanz am Volumenelement Die Energiebilanz lautet für das Volumenelement in differentieller Form

QddHdtd ɺ= ,

(7-60)

d. h. die zeitliche Änderung der gespeicherten Enthalpie des infinitesimalen Elemen-tes ist gleich der Änderung des über die Systemgrenze geleiteten Wärmestroms. Die Richtung der Wärmeleitung in diesem Element wird beschrieben durch die Wärmestromdichten zyx q,q,q ɺɺɺ senkrecht zu den Flächenelementen. Sie bilden die

Komponenten des Vektors qɺ . Die Änderung xqdɺ der Wärmestromdichte in x-

Richtung des infinitesimalen Volumenelementes beträgt

1 René Descartes (1596-1650), französischer Philosoph und Naturwissenschaftler

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715

dxx

qdx

xq

qqqd xxxxx ⋅

∂−=

∂+−=

ɺɺɺɺɺ .

(7-61)

Entsprechendes gilt für die beiden anderen Koordinatenrichtungen. Die Stellung und die Größe der Flächen des Volumenelementes im Raum gibt der Vektor

( )zyx dA,dA,dAAd =

an. Die Änderung des Wärmestroms Qd ɺ setzt sich dann aus

dVzq

y

q

xq

dydxdzzq

dzdxdyy

qdzdydx

xq

AdqdQd

zyx

zyx

∂+

∂+

∂−=

=⋅⋅

∂−+⋅⋅

∂−+⋅⋅

∂−=

=⋅=

ɺɺɺ

ɺɺɺ

ɺɺ

(7-62)

zusammen. Der Ausdruck in der Klammer stellt die auf das Volumen des Elementes bezogene Änderung des Wärmestroms dar. Man kann diese Größe also als eine spezifische Ergiebigkeit ansehen und bezeichnet sie mit Divergenz der Wärme-stromdichte. Aus Gleichung (7-62) folgt somit

dVqdivQd ⋅−=ɺɺ . (7-63)

Die Wärmestromdichte wird durch den Fourierschen Ansatz beschrieben, der in all-gemeiner Form

Tgradq ⋅λ−=ɺ (7-64)

lautet. In diesem Zusammenhang werden nur isotrope Körper behandelt, deren Stoffeigenschaften, also insbesondere die Wärmeleitfähigkeit, von der Richtung un-abhängig sind. Bei anisotropen Körpern (beispielweise Kristalle, Sedimentgestein, Holz) muss die Wärmeleitfähigkeit für jeweilige Richtungen eingesetzt werden. Für die zeitliche Änderung der Enthalpie des Elementes folgt mit der kalorischen Zustandsgleichung

∂+

∂⋅⋅⋅ρ=

th

tT

cdVdHdtd um .

(7-65)

Die Enthalpie des Elementes setzt sich aus der inneren Energie und der gegebe-nenfalls durch die Temperaturänderung hervorgerufenen Umwandlungsenthalpie hum durch Phasenänderung oder Reaktion zusammen. Definiert man noch eine auf das Volumen bezogene Wärmequelldichte

th

w umq

∂⋅ρ−=ɺ ,

(7-66)

so erhält man aus der Energiebilanz (7-60) mit den Gleichungen (7-63) bis (7-66) die allgemeine Form der Fourierschen Dgl unabhängig vom Koordinatensystem

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716

( ) qwTgraddivtT

c ɺ+⋅λ−−=∂

∂⋅ρ⋅ .

(7-67)

Da die Fouriersche Dgl aus einer Bilanz am infinitesimalen Volumenelement hervor-geht, steht in ihr die wahre, nicht die mittlere spezifische Wärmekapazität c. Insbe-sondere lautet die Fouriersche Dgl - in kartesischen Koordinaten (x, y, z)

qwzT

zyT

yxT

xtT

c ɺ+

∂⋅λ

∂+

∂⋅λ

∂+

∂⋅λ

∂=

∂⋅ρ⋅ .

(7-68)

- in Zylinderkoordinaten (r, ϕ , z)

qwzT

zT

r1

r1

rT

rrr

1tT

c ɺ+

∂⋅λ

∂+

ϕ∂

∂⋅λ⋅

ϕ∂

∂⋅+

∂⋅λ⋅

∂⋅=

∂⋅ρ⋅ .

(7-69)

- und in Kugelkoordinaten (r, ϕ , ψ )

.wT

rsin

sinr1

Tsinr1

sinr1

rT

rrr

1tT

c

q

22

ɺ+

ψ∂

∂⋅λ⋅

ψ

ψ∂

∂⋅

ψ⋅+

+

ϕ∂

∂⋅λ⋅

ψ⋅ϕ∂

∂⋅

ψ⋅+

∂⋅λ⋅

∂⋅=

∂⋅ρ⋅

(7-70)

Bei konstantem Wärmeleitkoeffizienten vereinfachen sich die Dgln. Mit dem „Tempe-raturleitkoeffizienten“

ca

⋅ρ

λ=

(7-71)

ergibt sich z. B. in kartesischen Koordinaten

c

w

z

T

y

T

x

Ta

tT q

2

2

2

2

2

2

⋅ρ+

∂+

∂+

∂⋅=

∂ ɺ

. (7-72)

Im Folgenden wird bis auf wenige Ausnahmen nur noch die eindimensionale Wär-meleitung betrachtet. Sie liegt bei einer in y- und z-Richtung unendlich ausgedehn-ten Platte in x-Richtung vor oder beim (gegenüber seinem Radius) sehr langen Zy-linder und bei der Kugel jeweils in radialer Richtung. Die Ableitungen in Richtung der anderen Koordinaten entfallen dann. Für die drei Grundkörper (Platte, Zylinder, Ku-gel) lässt sich bei eindimensionaler Wärmeleitung und konstantem Wärmeleitkoeffi-zienten die Fouriersche Dgl in einheitlicher Schreibweise darstellen

c

w

xT

x1b

x

Ta

tT q

2

2

⋅ρ+

∂⋅

−+

∂⋅=

∂ ɺ

(7-73)

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717

mit der von geometrischen Form abhängenden und künftig als Formfaktor bezeich-neten Größe

1 für die Platte b = 2 für den Zylinder, 3 für die Kugel. Bei Zylinder und Kugel wird die radiale Ortskoordinate häufig mit x = r bezeichnet. Grenzbedingungen: Zur eindeutigen Bestimmung der Temperaturentwicklung in einem Körper müssen dessen thermischer Ausgangszustand und zusätzlich die Beeinflussung durch die Umgebung bekannt sein. Da die Fouriersche Dgl Ableitungen nach der Zeit (1. Ord-nung) und dem Ort (2. Ordnung) enthält, sind eine zeitliche („Anfangs“-) und zwei örtliche („Rand“-)Bedingungen erforderlich. Bei n-dimensionaler Wärmeleitung ( 3,2,1n = )werden entsprechend n2 ⋅ Randbedingungen benötigt. a) Anfangsbedingung Die gesuchte Temperaturfunktion ( )t,z,y,xT muss zum Zeitpunkt t = 0, von dem aus die Änderung des Temperaturfeldes betrachtet wird, gleich einer über die gesamte Ausdehnung des Körpers bekannten Temperaturverteilung ( )z,y,xT 0t= sein

( ) ( )z,y,xT0t,z,y,xT 0t=== . (7-74)

In vielen Fällen wird die Anfangstemperatur 0tT = im Körper als konstant angesehen

werden können. b) Randbedingungen (kurz: „RB“) Man unterscheidet bei Dgln zweiter Ordnung im Wesentlichen drei Arten örtlicher Randbedingungen. Eine RB erster Art liegt vor, wenn die gesuchte Funktion auf dem Rand vorgeschrieben ist. Falls der Gradient der gesuchten Funktion auf dem Rand gegeben ist, spricht man von einer RB zweiter Art. Eine Kombination dieser beiden Fälle nennt man eine RB dritter Art. Die Randbedingungen werden im Folgenden für Wärmeübertragungsvorgänge näher erläutert.

1. Art: (Dirichletsche2 Randbedingung): Auf dem Rand des Körpers ist die Temperatur als Funktion der Zeit gegeben

„Für Randpunkt ist T = Tw“. (7-75)

Dies ist in der Praxis dann der Fall, wenn die Oberflächentemperatur durch Messung bekannt ist (etwa mit Strahlungspyrometer oder Infrarotthermografie) oder bei einer

2 Peter Gustav Lejeune-Dirichlet (1805-1859), Professor für Mathematik in Breslau, Berlin und Göttin-gen

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718

Phasenumwandlung (die Oberfläche hat dann z. B. Schmelz- oder Kondensations-temperatur) oder bei idealer Berührung zweier Körper. 2. Art: (Neumannsche3 Randbedingung):

Auf dem Rand ist der Temperaturgradient gegeben oder die wärme-stromdichte an der Oberfläche und der Wärmeleitkoeffizient, aus de-nen dann der Gradient berechnet werden kann

ww qxT

ɺ=∂

∂⋅λ− .

(7-76)

Diese Randbedingung liegt vor, wenn die Wärmestromdichte an der Oberfläche auf-geprägt wird, etwa bei elektrischer Beheizung wie Infrarotbestrahlung. 3. Art: (Cauchysche4 Randbedingung):

Der Zustand der Umgebung (Index u) und der Wärmeübertragungsme-chanismus zwischen dem Rand des Körpers und der Umgebung sind bekannt

( ) ( )4u

4weffuww TTTT

xT

−⋅σ⋅ε+−⋅α=∂

∂⋅λ− .

(7-77)

Der Temperaturgradient an der Körperoberfläche ist also im Gegensatz zur Glei-chung (7-76) nicht als unabhängige Funktion vorgegeben, sondern verändert sich mit der Oberflächentemperatur des Körpers. Das Vorzeichen beim Newtonschen Ansatz und beim Stefan-Boltzmann-Ansatz muss jeweils so gewählt werden, dass die Wärmestromdichte in Richtung des Temperaturgefälles fließt. Für einen unendlich guten Wärmeübergang ( ∞=α ) gehen Umgebungs- und Ober-flächentemperatur ineinander über (Tu = Tw). Aus der Lösung der Fourierschen Dgl mit der RB 3. Art erhält man also mit dem Grenzübergang ∞→α auch als Tempe-raturfeld für die RB 1. Art. Die Fouriersche Dgl kann nur numerisch gelöst werden. Hierzu existiert kommerziel-le Software, die auf der Finite-Element-Methode beruht. Auf diese Verfahren wird hier nicht weiter eingegangen. Im Folgenden wird vielmehr auf einige Näherungslösungen eingegangen. Die zeitli-chen Temperaturprofile hängen von den drei Stoffwerten c,,ρλ , von der Körperdicke s (über die Randbedingung), von der Anfangstemperatur Tt=0, der Umgebungstem-peratur Tu und mit α vom Wärmeübergang ab. Dieses sind sieben Parameter. Der Einfluss dieser Parameter lässt sich durch die Näherungslösungen anschaulich be-schreiben. Für solche Näherungslösungen wird die Fouriersche Dgl. dimensionslos dargstellt. Hierzu werden der Wärmeübergangskoeffizient, die Stoffwerte und die Anfangstemperatur als konstant angenommen. Die Wärme wird nur konvektiv über-tragen. Der Wärmeübergang durch Strahlung muss gesondert behandelt werden, da

3 Carl Gottfried Neumann (1832-1925), Professor für Mathematische Physik in Halle, Basel, Tübingen und Leipzig 4 Augustin Louis Cauchy (1789-1857), Ingenieur und Professor für Mathematik in Paris, Turin und Prag

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719

dieser nicht linear ist. Eine Wärmequelle wird nicht betrachtet, da diese bei instatio-nären Wärmeleitproblemen nur sehr selten auftritt. 7.2.2 Dimensionslose Darstellung Zur dimensionslosen Schreibweise der Fourierschen Dgl sowie ihre Grenzbedin-gungen müssen die Koordinaten und die Temperaturen auf geeignete Größen be-zogen werden. Dies wird im Folgenden beispielhaft für die eindimensionale Wärme-leitung bei symmetrischer Wärmeübertragung gezeigt. Bei symmetrischen Vorgän-gen wird als kennzeichnende Länge bei der Platte ihre halbe Dicke s/2 und beim Zylinder sowie bei der Kugel der halbe Durchmesser d/2 gewählt. Für die dimensi-onslose Ortskoordinate erhält man somit

2/dr

2/sx

X == . (7-78)

Liegt der Nullpunkt des Koordinatensystems in der Körpermitte, so ist 1X0 ≤≤ . Zur dimensionslosen Darstellung der Temperatur wird die für die Wärmeübertragung maßgebende Temperaturdifferenz T – Tu auf die maximale, die treibende Tempera-turdifferenz Tt=0 – Tu bezogen

u0t

u

TTTT−

−=θ

=

. (7-79)

Damit gilt für alle auftretenden Temperaturen 10 ≤θ≤ : Am Anfang ist 10t =θ=θ =

und nach völligem thermischen Ausgleich mit der Umgebung 0u =θ=θ . Um x und T

durch die diemensionslosen Größen X und θ zu ersetzen, formt man die Dgl (7-73) um in ( )0wq =ɺ

( ) 2/sx

TTTT

2/sx

1b

2/sx

TTTT

2/s

taTT

TT

u0t

u

2u0t

u2

2

u0t

u

−∂

⋅−

+

−∂

=⋅

−∂

=== .

(7-80)

Entsprechend wird die RB (7-77) zu

u0t

uw

w

u0t

u

TT

TT2/s

2/sx

TTTT

−⋅

λ

⋅α=

−∂

=

=

(7-81)

und die Anfangsbedingung (7-74) zu

( )1

TTT0t,xT

u0t

u =−

−=

=

. (7-82)

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720

Dieses Gleichungssystem zeigt, dass es sinnvoll ist, außer X und θ noch die fol-genden dimensionslosen Kennzahlen einzuführen

( )22/s

taFo

⋅=

Fourierzahl, (7-83)

und

λ

⋅α=

2/sBi

Biotzahl5. (7-84)

Hiermit erhalten schließlich die Dgl und ihre Grenzbedingungen die folgende einfa-che Form:

XX

1b

XFo 2

2

θ∂⋅

−+

θ∂=

θ∂,

(7-85)

ww

BiX

θ⋅=∂

θ∂−

(7-86)

und

( ) 10Fo,X ==θ . (7-87)

Die dimensionslose Temperatur hängt also außer vom Ort nur noch von der Fourier- und der Biotzahl ab. Diese hier eingeführten Kennzahlen lassen sich physikalisch folgendermaßen deuten:

im Körper geleitete WärmeFo ~

im Körper gespeicherte Enthalpie,

konvektiv übertragende Wärme

Bi ~in den Körper geleitete Wärme

.

7.2.3 Lösung für konstante Umgebungstemperatur Eine analytische Lösung der Fourierschen Dgl. (7-85) existiert für die drei Grundkör-per unendlich ausgedehnte Platte, unendlich langer Zylinder und Kugel jeweils bei konstanter Umgebungstemperatur und konvektivem Wärmeübergang. Die prinzipiel-len Temperaturprofile im Körper sind in Bild 7-8 beispielhaft für die Erwärmung dar-gestellt.

5 Jean Baptiste Biot (1774-1862), Physiker in Paris

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721

Bild 7-8: Örtliche Temperaturprofile für die Erwärmung bei konstanter Umge-

bungstemperatur (links) sowie die zeitlichen Verläufe der Oberflächen- und Kerntemperatur (rechts)

Im Folgenden wird nur die Lösung für die Platte vorgestellt. Bei konstanter Anfangs-temperatur erhält man für die dimensionslose Temperatur

u0t

u

TTTT−

−=θ

=

(7-88)

als Funktion der Zeit und des Ortes

( )∑∞

=

⋅−⋅⋅⋅⋅+

⋅=θ

1k

Foqk

kkk

k2keXqcos

qcosqsinqqsin2

, (7-89)

wobei die Eigenwerte qK aus der Gleichung

Biqtanq =⋅ (7-90) berechnet werden müssen. Diese Gleichung besitzt unendlich viele Lösungen. In Bild 7-9 ist die Abhängigkeit des ersten Eigenwertes von der Biotzahl dargestellt. Für die beiden Grenzwerte Bi = 0 und ∞=Bi ist der Eigenwert stets gerades bzw. unge-rades Vielfache von π .

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722

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000

Bi

q

π/2

Bild 7-9: Verlauf des ersten Eigenwertes bei einer Platte und konstanter Umge-

bungstemperatur Wie in folgenden Abschnitten noch gezeigt werden wird, reicht der erste Eigenwert als Näherungslösung in der Regel aus. Da die Eigenwerte qK nur eine Funktion der Biotzahl sind, hängt die Temperatur von den drei Größen Bi, Fo und X ab

( )X,Fo,Biθ=θ .

Diese Abhängigkeit ist grafisch nur sehr aufwendig darstellbar. In der Praxis genügt es jedoch häufig, lediglich die zeitlichen Verläufe bestimmter Temperaturen zu ken-nen, beispielsweise die der Oberfläche, die des Kerns und die gemittelte. Aus der Oberflächentemperatur

∑∞

=

⋅−= ⋅

⋅+

⋅⋅=θ

1k

Foq

kkk

kk1X

2ke

qcosqsinq

qcosqsin2

(7-91)

und der Kerntemperatur

∑∞

=

⋅−= ⋅

⋅+

⋅=θ

1k

Foq

kkk

k0X

2ke

qcosqsinqqsin2

(7-92)

können die maximalen Temperaturdifferenzen im Körper berechnet werden

( )∑∞

=

⋅−== ⋅

⋅+

−⋅⋅=θ−θ=θ∆

1k

Foq

kkk

kk0X1X

2ke

qcosqsinq1qcosqsin2

. (7-93)

Für die dimensionslose gemittelte (kalorische) Temperatur gilt

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723

( )∑∞

=

⋅−⋅⋅+⋅

⋅=θ

1k

Foq

kkkk

k2

2ke

qcosqsinqq

qsin2.

(7-94)

Die Änderung dieser Temperatur ist proportional der Enthalpieänderung und der damit insgesamt übertragenen Wärme. Diese drei Temperaturen 1X0X , == θθ und θ werden in Diagrammen in der Form

( )Bi,FoBif 2 ⋅=θ angegeben (Bild 7-10). Die Kombination ( )ρ⋅⋅λ⋅α=⋅ c/tFoBi 22 hat den Vorteil, dass in ihr die Körperabmessung s/2 herausfällt und diese nur noch im Kurvenparameter Bi vorkommt. Die in diesem Bild dargestellten Temperaturkurven gelten nach dem oben Gesagten sowohl für symmetrische Erwärmungs- und Abkühlvorgänge als auch für eine ein-seitig adiabate Platte (siehe Bild 7-11), wenn in diesem letzteren Fall bei der Defini-tion von X, Fo, Bi die gesamte Plattenbreite s als charakteristische Länge verendet wird. Der im mittleren Teilbild Bild 7-10 abgelesene Wert ist dann nicht mehr die Temperatur der Plattenmitte, sondern die an der adiabaten Seite. Sind an beiden Seiten der Platte die Umgebungstemperaturen unterschiedlich, so existiert ebenfalls eine analytische Lösung. Hierauf wird jedoch nicht eingegangen. In Bild 7-12 sind vielmehr die prinzipiellen Temperaturverläufe dargestellt. Nach un-endlicher Zeit stellt sich ein linearer Verlauf entsprechend dem Wärmedurchgang durch eine Wand ein.

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724

Bild 7-10: Temperaturen 0X=θ in der Mitte, 1X=θ an der Oberfläche und mittlere

Temperaturen θ einer Platte bei konstanten Anfangs- und Umge-bungstemperaturen sowie konvektivem Wärmeübergang

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725

Bild 7-11: Temperaturverläufe in einer Platte bei beidseitiger symmetrischer Wär-

meübertragung und in einer vergleichbaren einseitig adiabaten Platte halber Dicke

Bild 7-12: Temperaturverläufe in einer Wand bei unterschiedlichen Umgebungs-

temperaturen

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726

7.2.4 Lösung für konstante Oberflächentemperatur Im Folgenden wird die Temperaturverteilung in der Platte bei konstanter Oberflä-chentemperatur betrachtet. Diese ergibt sich, wie schon erwähnt, als Sonderfall aus den vorherigen Gleichungen, wenn man die Biotzahl unendlich setzt, da dann die Temperaturen der Oberfläche und der Umgebung gleich sind. Mit den Eigenwerten aus Gleichung (7-90) erhält man für die dimensionslose Temperatur

1X0t

1X

TTTT

==

=

−=θ

(7-95)

die Beziehung

( )∑∞

=

⋅π

−−+

⋅π⋅

−⋅

−⋅

π=θ

1k

Fo21

k1k 2

2

eX2

1kcos

21

k

12,

(7-96)

also eine Funktion nur noch zweier Variablen ( )Fo,Xθ=θ . Diese ist in Bild 7-13 dar-gestellt.

Bild 7-13: Temperaturverlauf in der Platte bei konstanter Oberflächentemperatur Aus dieser Beziehung ergibt sich als Kerntemperatur

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727

( )Fo

21

k

1k

1k

0X

2

2

e

21

k

12⋅π⋅

−−∞

=

+

= ∑ ⋅

−⋅

π=θ

(7-97)

und als mittlere Temperatur

Fo21

k

1k22

2

2

e

21

k

12⋅π⋅

−−∞

=∑ ⋅

⋅π

=θ .

(7-98)

Diese sind im Bild 7-14 in Abhängigkeit von Fo dargestellt. Da die Abhängigkeit von der Biotzahl entfällt, handelt es sich jeweils um eine einzige Kurve.

Bild 7-14: Mittlere Temperatur θ und Kerntemperatur 0X=θ einer Platte bei kon-

stanten Anfangs- und Oberflächentemperaturen 7.2.5 Näherungslösung bei konstanter Umgebungstemperatur Sind bei Erwärmungs- und Kühlungsprozessen Zeiten von Interesse, bei denen auch der Kern eine merkliche Temperaturänderung erfahren hat, so reicht das erste Reihenglied aus. In Bild 7-15 sind die Fehler gezeigt, die sich nach Abbruch nach dem ersten und nach dem zweiten Reihenglied für die Oberflächentemperatur, die Kerntemperatur und die kalorische Temperatur ergeben. Je höher die Biotzahl ist, desto höher ist bei gleicher Fourierzahl der Fehler. Bei Fourierzahlen größer als 0,2 ist der Fehler bereits nach dem 1. Reihenglied und bei Fourierzahlen größer als 0,1

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728

nach dem 2. Reihenglied bei allen drei Temperaturen vernachlässigbar. Nach Bild 7-13 hat sich die Temperatur im Kern von 1 auf 0,8 erst um 20 % verändert. Wenn der Kern bei Fo = 0,1 gerade eine Temperaturänderung bemerkt, ist der Fehler bei der Berechnung der kalorischen Temperatur bereits kleiner als 2 %. In das Bild sind ge-strichelt die Fourierzahlen eingezeichnet, nach denen der Kern eine Temperaturän-derung erfährt. Hieraus ist ersichtlich, dass die Körpermitte noch relativ kalt ist, wenn die Reihe schon gut nach dem ersten oder zweiten Reihenglied abgebrochen wer-den kann.

Bild 7-15: Fehler durch Abbruch nach dem 1. Reihenglied In Tabelle 7-1 ist eine Näherungsgleichung für den ersten Eigenwert nach Bild 7-9 angegeben, so dass dieser nicht aus Gleichung (7-90) iterativ ermittelt werden muss. Die Gleichungen zur Berechnung der Temperaturen sind ebenfalls in der Ta-belle zusammengefasst. Temperaturprofile

( )Foqexp2/s

xqcos

qcosqsinqqsin2

TT

TT 2

g0

g⋅−⋅

⋅⋅

⋅+

⋅=

(7-99)

Mittlere kalorische Temperatur

( )( )Foqexp

qcosqsinqqqsin2

TT

TT 22

g0

g⋅−⋅

⋅+⋅

⋅=

(7-100)

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729

Differenz zwischen Oberfläche Ts(x = s/2) und Kern Tc (x = 0)

( ) ( )Foqexpqcosqsinqqcos1qsin2

TTTT 2

g0

sc ⋅−⋅⋅+

−⋅⋅=

(7-101)

Näherung für 1. Eigenwert

⋅−⋅=

π

−π

8,0Bi

lnAtanh121

2/q2/

A = 0,342 for Bi ≤ 0,8 A = 0,460 for Bi > 0,8 Näherung für 2. Eigenwert

⋅−⋅=

π

−π⋅

0,4

Biln528,0tanh1

2

1

2/

q2/3

(7-102)

∞→Bi gs TT = 2/q π=

π−⋅

π=

−Fo

4exp

4TT

TT 2

g0

gc

π−⋅

π=

−Fo

4exp

8TT

TT 2

2g0

g

(7-103) (7-104)

0qTT0Bi cs →≈→

( ) ( )StexpFoBiexpTT

TT

g0

g−=⋅−=

(7-105)

Tabelle 7-1: Näherungsgleichungen für die Temperaturverläufe bei konstanter

Umgebungstemperatur Aufgeführt sind auch die Gleichungen für die beiden Grenzfälle ∞=Bi und 0Bi = . Für 0Bi → gelten die Näherungen qqsin ≈ , 1qcos ≈ und qqtan ≈ . Aus der Ei-

genwertgleichung (7-90) folgt damit Biq2 = . Damit wiederum ergibt sich aus Glei-chung (7-100) für die kalorische Temperatur

( )FoBiexp ⋅−=θ . (7-106)

Wegen

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730

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

0.01 0.1 1 10 100

Bi

Fo = 0.20.4

1

0.6

0.8

( )St

2/s

tc

2/sFoBi

2p

=⋅ρ

λ⋅

λ

⋅α=⋅

(7-107)

geht also Gleichung (7-100) für kleine Biotzahlen in das Newtonsche Kapazitätsmo-dell über. Der Fehler wird mit Gleichung (7-101) abgeschätzt. Als Beispiel sei eine Biotzahl von 0,1 angenommen. Für diese erhält man als Eigenwert

( ) 311,01,0Biq == . (7-108)

Damit ergibt sich als dimensionslose Temperaturdifferenz zwischen Oberfläche und Kern

1,0Bifür05,0TTTT

g0

sc ≤<−

−.

(7-109)

Die Temperaturdifferenz ist also kleiner als 5 % der maximalen Temperaturdifferenz. Die relative Temperaturdifferenz zwischen Kern und Oberfläche ist in Bild 7-16 dar-gestellt. Hieraus ist ersichtlich, dass für 1,0Bi < die Differenz für alle Fourierzahlen stets kleiner als 5 % ist. Bei großen Biotzahlen nimmt die Differenz für große Fou-rierzahlen wieder ab, da sich der gesamte Körper der Umgebungstemperatur bereits weit angenähert hat.

go

csTT

TT

Bild 7-16: Relative Temperaturdifferenz zwischen Kern und Oberfläche In Bild 7-17 sind beispielhaft Dicken für Bi = 0,1 gezeigt, aus denen ersichtlich ist, wann ein Körper als thermisch dünn oder als dick anzusehen ist.

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731

1

10

100

10 100 1000

αααα in W/(m2K)

s in

mm

2

5

20

50

20 50 200 500

λλλλ = 1 W/(mK)λλλλ = 2 W/(mK)

λλλλ = 20 W/(mK)

λ λ λ λ = 200 W/(mK)

Bi = 0.1

thermalthin

thermalthick

Bild 7-17: Näherungsgrenze zwischen thermisch dicken und thermisch dünnen

Körpern Aus den Näherungslösungen lassen sich die Einflussgrößen anschaulich beschrei-ben. Aus Gleichung (7-104) erhält man für die Zeit bei thermisch dicken Körpern

( ) ( )

−⋅

π⋅

λ

⋅ρ⋅⋅

π=∞→

gc

g02

2 TT

TT8ln

2/sc4Bit

(7-110)

und aus Gleichung (7-105) bei thermisch dünnen Körpern

( )g

g0

TT

TTln

2/sc0Bit

−⋅

α

⋅ρ⋅=→ .

(7-111)

Damit folgt als Wirkung der Einflussgrößen parameter Bi → 0 Bi → ∞ ρ c λ α

s

ρ~t c~t

- α/1~t

s~t

ρ~t c~t

λ/1~t -

s~t 2. Die Erwärmungs- oder Abkühlzeit ist also stets proportional pc⋅ρ , der sogenannten

Wärmekapazität. Bei thermisch dünnen Körpern geht die Körperdicke linear, bei di-cken Körpern quadratisch ein. Die Zeit kann bei thermisch dünnen Körpern über den Wärmeübergangskoeffizienten beeinflusst werden, jedoch nicht bei thermisch dicken Körpern.

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732

7.2.6 Näherungslösung für Wärmeübergang durch Strahlung Wird die Wärme durch Strahlung übertragen, so ist eine analytische Lösung der Fourierschen Dgl nicht möglich. Auf Basis der Lösung für den konvektiven Wärme-übergang lässt sich jedoch eine Näherungslösung angeben. Hierzu wird die Spar-rowzahl

λ

⋅⋅σ⋅ε⋅=

2/sT4Sp

3geff ,

(7-112)

eingeführt, die analog zur Biotzahl definiert ist

durch Strahlung übertragene WärmeSp ~

im Körper geleitete Wärme,

und das Temperaturverhältnis

g

0

TT

=τ , (7-113)

das entsprechend Gleichung (1-26) bei Strahlung zusätzlich von Einfluss ist. Die Fourierzahl bei Strahlung setzt sich aus der Fourierzahl für den konvektiven Wär-meübergang entsprechend den vorherigen Abschnitten und einem Korrekturterm zusammen, wobei die Biotzahl durch die Sparrowzahl ersetzt werden muss

( ) ( ) ( )Spf182lnFoFo 3⋅τ−⋅⋅Θ−+= αε .

(7-114)

Die dimensionslose Temperatur ist wiederum durch

g0

g

TT

TT

−=Θ

(7-115)

definiert. Die Korrekturfunktionen für die Sparrowzahl sind in Tabelle 7-2 zusam-mengefasst. Sind die Temperaturunterschiede relativ gering, so dass das Temperaturverhältnis

g0 T/T näherungsweise eins gesetzt werden kann ( 1→τ ), so kann die Strahlung

durch die Konvektion beschrieben werden, soweit in der Sparrowzahl der Wärme-übergangskoeffizient durch Strahlung verwendet wird.

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733

gemittelt Kern Oberfläche 0,1 < Sp < 1

Sp423

−⋅ 1

Sp5

41

( ) 72

1e7

8Sp

+−⋅

1 < Sp < 10

34

Sp

1

8

34

9Sp

1

+

( ) 72

1e7

8Sp

+−⋅

10 < Sp < 100

60Sp143

−⋅

52Sp81

−⋅ ( ) 7

2

1e7

8Sp

+−⋅

Tabelle 7-2: Korrekturfunktion für Wärmeübergang durch Strahlung 7.2.7 Linearer Anstieg der Umgebungstemperatur Wird ein Festkörper im Gegenstrom zu einem Fluid erwärmt, wobei das Kapazitäts-stromverhältnis eins ist, so steigt die Umgebungstemperatur entsprechend Abschnitt 7.1.3. linear an. Der prinzipielle Temperaturverlauf ist in Bild 7-18 gezeigt. Nach ei-nem thermischen Anlauf stellen sich wiederum näherungsweise asymptotische Tem-peraturprofile ein. Auf die analytische Lösung für den thermischen Anlauf wird hier nicht eingegangen. Ist der Anstieg der Fluidtemperatur

tvTT g0,gg ⋅+= (7-116)

so erhält man für das asymptotische Temperaturprofil

( )

+

⋅−⋅

⋅−=

Bi1

2/sx

21

21

2s

a

vTxT

22g

g . (7-117)

Als Profil ergibt sich also eine Parabel. Das asymptotische Profil ist nach einer Fourierzahl von etwa eins erreicht. Die Differenz der Oberflächen- und Kerntempera-tur beträgt

2g

cs 2s

a

v

21

TT

⋅⋅=− .

(7-118)

Für den Verlauf der mittleren Temepratur

( )∫ ⋅⋅=2/s

0

dxxT2/s

1T

(7-119)

folgt

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734

+⋅

⋅−=

Bi1

31

2s

a

vTT

2g

g . (7-120)

Die übertragene Wärmestromdichte ist

2s

cvq g ⋅ρ⋅⋅=ɺ (7-121)

Bild 7-18: Prinzipielle Temperaturverläufe bei linearem Anstieg der Umgebungs-

temperatur 7.2.9 Näherungslösung für kalorische Temperatur Ist bei thermisch dicken Körpern nur die kalorische Temperatur von Interesse, so lässt sich diese ebenfalls durch das Newtonsche Kapazitätsmodell annähern:

⋅ρ⋅

⋅⋅α−=

−λ

VctA

expTT

TT

g0

g . (7-122)

Hierzu wird ein modifizierte Wärmeübergangskoeffizient eingeführt, der auch den Transportwiderstand durch die Wärmeleitung enthält

λ⋅κ+

α

=αλ 2/s11

(7-123)

Hierin ist κ der sogenannte Transientenfaktor, für den sich aus dem ersten Reihen-glied für die analytische Lösung

Page 35: 7. Instationäre Wärmeleitung 7.1 Thermisch dünne Körper 7 ... · nau messen zu können. Allgemein kann man jeden periodischen Temperaturverlauf mit Hilfe einer Fourier- reihe,

735

Bi1

q

b1

2−

=κ (7-124)

ergibt. Dieser ist in Bild 7-19 in Abhängigkeit von der Biotzahl gezeigt. Auf die analy-tischen Lösungen von Zylinder und Kugel wird hier nicht näher eingegangen. Die drei Verläufe lassen sich durch

( )

+

⋅⋅

π−⋅κ−κ+κ=κ ∞==∞= 4b

Bi2lnarctan

121

Bi0BiBi (7-125)

annähern. Für eine linear veränderliche Umgebungstemperatur ist der Transientenfaktor bei Fo > 0,2 stets b + 0, also von der Biotzahl unabhängig. Für Kapazitätsstromverhält-nisse zwischen 1 (linear veränderliche Umgebungstemperatur) und ∞ (konstante Umgebungstemperatur) müssen daher die Transientenfaktoren zwischen den durch die Gln. (7-124) und (7-125) gegebenen Grenzwerten liegen. In diesen Fällen kann für alle drei Geometiren der Trnasientenfaktor weiterhin aus Gl. (7-125) berechnet werden, wenn in dieser für Bi=∞κ die Werte

( ) ( ) ( )−

=∞ =∞ = =∞ κ = κ Ω = ∞ + κ − κ Ω = ∞ ⋅ Ω 1,1

Bi Bi Bi 0 Bi (7-126)

eingesetzt werden. Für das Kapazitätsstromverhältnis gilt bei Gegen- und Gleichstrom

G pG G pGgegen gleich

S S S S

M c M c, ,

M c M c

⋅ ⋅Ω = Ω = −

⋅ ⋅

ɺ ɺɺ ɺɺ ɺɺ ɺ

ɺ ɺɺ ɺɺ ɺɺ ɺ

(7-127)

wobei Mɺɺɺɺ der Massenstrom des Gases bzw. des Solids bedeutet. Die Erwärmung und Kühlung fester Körper im Gegenstrom oder auch im Gleich-strom kann folglich mit den in Abschnitt 5.3.2 und 5.3.3 angegebenen Gleichungen relativ einfach berechnet werden, wenn dort der Wärmedurchgangskoeffizient durch den effektiven Wärmeübergangskoeffizienten entsprechend Gl. (7-123) ersetzt wird.

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736

Bild 7-19: Transientenfaktor für Fo > 0,2 7.2.10 Mehrdimensionale Wärmeleitung Die in den vorherigen Abschnitten gezeigten Lösungsmöglichkeiten der Fourierschen Dgl. bezogen sich auf die eindimensionale Wärmeleitung. Die mitgeteilten Lösungen lassen sich jedoch auch auf zwei- und dreidimensionale Temperaturfelder anwenden, wie sie etwa im Zylinder endlicher Länge, in einer rechteckigen Säule, im Quader und ähnlichen Körpern auftreten. In Bild 7-20 ist ein solcher Körper als Beispiel gezeigt. Bei mehrdimensionaler Wärmeleitung setzt sich nämlich die Temperatur als Produkt aus den eindimensionalen Temperaturfunktionen zusammen, wenn die Anfangstem-peratur und die Umgebungstemperatur konstant sind.

Bild 7-20: Geometrisch mehrdimensionaler Wärmefluss

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737

Die Wärmeübergangskoeffizienten zyx ,, ααα sind ebenfalls konstant, können jedoch

für jede Koordinatenrichtung verschiedene Werte besitzen. Mit den drei charakteristi-schen Längen b, c, d gemäß dem Bild 7-20 werden folgende Größen definiert: die dimensionslosen Temerpaturen

go

gxx TT

TT

−=Θ ,

go

gyy TT

TT

−=Θ ,

go

gzz TT

TT

−=Θ

(7-128)

die Fourierzahlen

2xb

taFo

⋅= ,

2yc

taFo

⋅=

2zd

taFo

⋅=

(7-129)

und die Biotzahlen

λ

⋅α=

bBi x

x , λ

⋅α=

cBi y

y , λ

⋅α=

dBi z

z . (7-130)

Geht man von kartesischen Koordinaten aus, so kann die Temperatur in jeder der drei Richtungen mit Gleichung (7-89) berechnet werden. Für die Eigenwerte gilt je-weils Gleichung (7-90). Betrachtet man Zeiten, bei denen die Temperaturänderung bis in den Kern vorgedrungen ist, so reicht wiederum das erste Reihenglied als Nä-herung aus. Für die drei Richtungen folgt dann entsprechend Gleichung (7-99)

( )x2xx

xxx

xx Foqexp

bx

qcosqcosqsinq

qsin2⋅−⋅

⋅⋅

⋅+

⋅=Θ ,

(7-131)

( )y2yy

yyy

yy Foqexp

cy

qcosqcosqsinq

qsin2⋅−⋅

⋅⋅

⋅+

⋅=Θ ,

(7-132)

( )z2zz

zzz

zz Foqexp

dz

qcosqcosqsinq

qsin2⋅−⋅

⋅⋅

⋅+

⋅=Θ .

(7-133)

Die drei Eigenwerte erhält man aus

xxx Biqtanq =⋅ , yyy Biqtanq =⋅ , zzz Biqtanq =⋅ . (7-134)

Für die dimensionslose Temperatur an einer beliebigen Stelle im Körper

( )go

g

TT

TTz,y,x

−=Θ

(7-135)

gilt, dass diese das Produkt der drei eindimensionalen Temperaturfunktionen ist

zyx Θ⋅Θ⋅Θ=Θ . (7-136)

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738

Hieraus kann man nun die Temperaturen an speziellen Punkten berechnen (siehe Bild 7-19). So folgt für die Kerntemperatur

0z0y0xc === Θ⋅Θ⋅Θ=Θ , (7-137)

für die Oberflächentemperatur in der Mitte

0z0ybxcs === Θ⋅Θ⋅Θ=Θ , (7-138)

für die Kantentemperatur in der Mitte

0zcybxedge === Θ⋅Θ⋅Θ=Θ , (7-139)

und für die Temperatur der Ecke

dzcybxco === Θ⋅Θ⋅Θ=Θ . (7-140)

Da stets 1<Θ gilt, ist also die zeitliche Temperaturänderung im Kern am langsams-ten und an der Ecke am schnellsten. Die anderen Temperaturen liegen in der aufge-führten Reihenfolge dazwischen. Die Kerntemperatur bestimmt also die Erwärmungs- bzw. Abkühlzeit. Für diese folgt

( ) ( ) ( )z2zzy

2yyx

2xxc FoqexpcFoqexpcFoqexpc ⋅−⋅⋅⋅−⋅⋅⋅−⋅=Θ (7-141)

mit

xxx

xx qcosqsinq

qsin2c

⋅+

⋅= ,

yyy

yy qcosqsinq

qsin2c

⋅+

⋅= ,

zzz

zz qcosqsinq

qsin2c

⋅+

⋅= .

(7-142)

Diese Gleichung lässt sich dann explizit nach der Zeit auflösen

ad

q

c

q

b

q

lnclnclnclnt

2

2z

2

2y

2

2x

czyx

++

Θ−++= .

(7-143)

7.2.11 Temperaturausgleich in adiabaten Körpern Bei der Erwärmung mit konstanter Umgebungstemperatur dauert es unendlich lange, bis der Kern diese erreicht. Daher stellt man zeitlich oder örtlich unterschiedliche Umgebungstemperaturen ein, wie dies mit Bild 7-21 veranschaulicht wird.

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739

Bild 7-21: Verlauf der Umgebungstemperatur zur Erwärmung von Körpern in In-

dustrieöfen Ein Körper soll auf eine möglichst einheitliche Prozesstemperatur TP erwärmt wer-den, beispielsweise um diesen anschließend zu walzen. Die Umgebungstemperatur wird zunächst auf einen höheren Wert eingestellt. Wenn die kalorische Temperatur den Sollwert annähernd erreicht hat, wird die Umgebungstemperatur auf diesen Soll-wert abgesenkt. Die Oberflächentemperatur nimmt dann ab während der Kern sich weiterhin erwärmt. Im Bereich dieser Ausgleichszone kann der Körper als adiabat angesehen werden, da die kalorische Temperatur der Umgebungstemperatur ent-spricht. Im Körper läuft jetzt lediglich ein Ausgleichsvorgang der Temperatur ab. In Bild 7-22 ist qualitativ der Temperaturausgleich bei einer achsensymmetrischen Ver-teilung (links) und einer punktsymmetrischen Verteilung (rechts) der Anfangstempe-ratur dargestellt. Die maximale Temperatur ist zum Beginn des Ausgleiches an der Oberfläche und die minimale Temperatur ein Kern.

Bild 7-22: Temperaturausgleich in einem adiabaten Körper bei achsensymmetri-

scher (links) und punktsymmetrischer (rechts) Anfangstemperatuvertei-

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740

lung

Bild 7-23: Profile von Anfangstemperaturverteilungen und zugehörige Ausgleich-

zeit für 01,0=Θ bei Achsensymmetrie Für den Temperaturausgleich gilt die Fouriersche Differentialgleichung (es wird ver-einfachend eindimensionale Wärmeleitung angenommen)

∂⋅

−+

∂⋅=

xT

x1b

x

Ta

tT

2

2

. (7-73)

Da der Körper als annähernd adiabat angesehen werden kann gilt als Randbedin-gung

0dx

dT

sy

=⋅λ−=

. (7-144)

Als Anfangsbedingung liegt in diesem Fall jedoch eine Temperaturverteilung ent-sprechend dem Erwärmungsvorgang vor

( ) ( )xT0tT 0t=== . (7-145)

Im Folgenden werden wiederum für typische Beisiele Näherungslösungen angege-ben. Dabei wird zwischen einer achsensymmetrischen und einer punktsymmetri-schen Anfangstemperaturverteilung unterschieden. Achsensymmetrie Die Fouriersche Dgl mit den vorherigen beiden Grenzbedingungen lässt sich analy-tisch lösen wie bei Specht et al. (1990) hergeleitet wurde, falls die Anfangstemperatur durch eine Potenzfunktion der Art

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741

( )n

minmaxmin0t 2/sx

TTTT

⋅−+==

(7-146)

beschrieben werden kann. Der prinzipielle Verlauf der Anfangstemperatur für ver-schiedene Exponenten n ist in Bild 7-23 dargestellt. Damit ergibt sich für den Tempe-raturverlauf

( )[ ] ( )∑∞

=

⋅π⋅−−⋅⋅π⋅−⋅=Θ2k

Fo1kkc

22

eX1kcosC , (7-147)

wobei die dimensionslose Temperatur durch

minmax

ctc TT

TT−

−=Θ ∞=

(7-148)

definiert ist. Hierin ist ∞=tT die kalorische Temperatur, die sich nach unendlicher Zeit

an jedem Ort einstellt. In der obigen Gleichung ist die dimensionslose Koordinate X wieder durch Gleichung (7-78) definiert. Für die Koeffizienten gilt

( )[ ]∫ ⋅⋅π⋅−⋅⋅=

1

0

nk dXX1kcosX2C .

(7-149)

Die Integration dieser Gleichung liefert die Rekursionsformel

( )( )

( ) ( ) ( )[ ]2nC1n121k

nnC k

1k22k −⋅−−−⋅⋅

π⋅−=

+ (7-150)

mit

( ) ( ) ( )( ) 22

1k

kk1k

1121Cund00C

π⋅−

−−⋅==

+

. (7-151)

Bei Temperaturausgleichsvorgängen interessieren solche Zeiten, für die die Tempe-raturunterschiede im Körper sehr klein werden, d. h. 0→θ . Für diese großen Zeiten kann die Reihe in der Gleichung (7-147) bereits nach dem ersten Glied (k = 2) ab-gebrochen werden, da gegenüber diesem alle weiteren Reihenglieder vernachlässigt werden können. Bei den Fourierzahlen Fo > 0,1 beträgt die Abweichung der gesam-ten Reihe vom ersten Summanden weniger als 6 %, für Fo > 0,2 nur noch 0,3 %. Die dann übrigbleibende Gleichung lässt sich nach der Ausgleichszeit auflösen

( )θ

⋅π⋅⋅

π=

XcosCln

1Fo 2

2.

(7-152)

Die größten Unterschiede zwischen der örtlichen Temperatur und der Ausgleichs-temperatur und damit die maximalen Beträge für θ treten am Rand X = 1 und in der Mitte X = 0 auf. An diesen Stellen wird ( )Xcos ⋅π mit cos 0 = 1 und 1cos −=π be-

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742

tragsmäßig am größten. (Auf Grund ihrer Definition (7-148) wechselt auch die dimen-sionslose Temperatur zwischen X = 0 und X = 1 ihr Vorzeichen, so dass das Argu-ment des Logarithmus in der Gleichung (7-152) immer positiv bleibt.) Für die höchs-ten Temperaturunterschiede im Körper braucht also nur entweder die Mitte oder der Rand betrachtet zu werden. Es gilt somit

0X

22

Cln

1Fo

=θ⋅

π= .

(7-153)

Aus dieser Gleichung kann man mit C2 aus der Gleichung (7-150) entsprechend der Anfangstemperaturverteilung die Zeit Fo berechnen, nach der die Temperaturdiffe-renz zwischen Kern und Oberfläche auf den Wert θ abgenommen hat. In der Tabel-

le 7-3 sind einige Koeffizienten für das erste Reihenglied (k = 2) angegeben

( ) 00nc2 ==

( ) 22 /41nc π==

( ) ( ) ( )[ ]2nc1n2n

2nc 222 −⋅−+⋅π

=≥

( ) 22 /42nc π== 41,0≈

( ) 422 /24/63nc π+π== 85,0≈

( ) 422 /48/84nc π+π== 30,1≈

( ) 6422 /480/120/105nc π+π+π== 74,2≈

(7-154)

Tabelle 7-3: Koeffizienten für das erste Reihenglied bei Temperaturausgleich Im Bild 7-23 ist die Ausgleichszeit in Abhängigkeit vom Exponenten n der Anfangs-temperaturverteilung grafisch dargestellt. Dabei wurde angenommen, dass mit

01,0=θ die Temperaturdifferenz im Körper nur noch 1 % der anfänglichen Differenz beträgt. Das linke Teilbild zeigt qualitativ die sich für verschiedene Exponenten n er-gebenden Anfangstemperaturverläufe. Bei kleinem Exponenten (O < n < 1) besitzt der anfängliche Temperaturgradient nahe der Körpermitte sehr große und an der Oberfläche sehr kleine Werte. Bei großem n ist dagegen der Anfangstemperaturgra-dient in der Mitte null und an der Oberfläche am größten. In beiden Fällen geht die Ausgleichszeit gegen null. Dazwischen gibt es eine Anfangstemperaturverteilung, für die der Temperaturausgleich am längsten dauert. Die Temperatur gleicht sich also umso schneller aus, je steiler zu Beginn der Temperaturgradient, d. h. je geringer die Eindringtiefe der Temperaturänderung ist. Werden plattenförmige Körper im Gegenstrom erwärmt, so stellt sich bei einem Ka-pazitätsstromverhältnis von eins ein parabolisches Temperaturprofil ein (n = 2), wie in den Abschnitten 7.2.7 und 7.2.8 erklärt wurde. Für diesen Fall ergibt sich also na-hezu die längste Ausgleichszeit. Für zylindrische und kugelförmige Körper lassen sich analoge analytische Lösungen für die Ausgleichszeiten herleiten. Hierauf wird nicht eingegangen sondern auf Specht et al. 1990 verwiesen. Die Ausgleichszeiten sind jedoch im Bild 7-23 eben-falls dargestellt. Hieraus ist ersichtlich, dass bei solchen Körpern die Ausgleichszeit kürzer ist als bei plattenförmigen Körpern.

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743

Punktsymmetrie Eine punktsymmetrische Verteilung der Anfangstemperatur im Körper (siehe Bild 7-22) liegt vor, wenn der Körper einseitig erwärmt worden ist, bei halbunendlichen Kör-pern (siehe folgendes Kapitel), oder wenn zwei Körper ungleicher Anfangstemperatur sich ideal berühren. Auch für diesen Fall lässt sich eine analytische Lösung für die zeitabhängigen Temperaturprofile herleiten, falls sich die Anfangstemperaturvertei-lung wiederum die ein Polynom der Art

( )nminmaxt0t TT21

TT −+= ∞== . (7-155)

annähern lässt. In Bild 7-24 sind die sich für verschiedene Exponenten n ergebende Verläufe dargestellt.

Bild 7-24: Verläufe von punktsymmetrischen Anfangstemperaturverteilungen und

zugehörige Ausgleichszeiten für 01,0=θ Die maximale Temperaturdifferenz bezogen auf die Ausgleichstemperatur tritt stets am Rand auf, da die Mitte des Körpers bereits die Ausgleichstemperatur besitzt. Ver-wendet man wiederum nur das erste Reihengleid, so erhält man

1X

12

Dln

4Fo

=θ⋅

π=

(7-156)

mit den Koeffizienten D1 nach Tabelle 7-3. In Bild 7-24 sind Zeiten für 1 %, 2 % und 5 % Ausgleich gezeigt. Man erkennt, dass die Ausgleichzeit umso länger dauert je klei-ner der Exponent ist. Je kürzer also die Temperatureindringtiefe von der Oberfläche her im Körper ist, desto schneller gleicht sich die Temperatur aus. Mit Exponenten größer als drei können Temperaturprofile in halbunendlichen Körpern angenähert werden. Solche Körper werden im folgenden Kapitel behandelt. 7.3 Instationäre Wärmeleitung in halbunendlichen Körpern 7.3.1 Temperaturverlauf

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744

Unter halbunendlichen Körpern werden solche Körper verstanden, in denen es Orte mit noch nahezu unveränderter Temperatur gibt, z. B. die Körpermitte nach unmittel-barer Änderung der Oberflächentemperatur. Wie man z. B. dem Bild 7-13 entnehmen kann, ist dies etwa für Fourierzahlen Fo < 0,05 der Fall. Ein halbunendlicher Körper kann also auch endlich dick sein, wenn die Temperaturänderung sehr kurzzeitig ist, wie dies im Bild 7-25 qualitativ dargestellt wird. Bei einer sehr kleinen Zeit t1 hat sich die Temperaturänderung der Oberfläche nur in deren Nähe wesentlich bemerkbar gemacht. Die Eindringtiefe nimmt mit der Zeit zu. Bis etwa zum Zeitpunkt t3, von dem ab auch die Mittentemperatur sich merklich ändert, entsprechen sich die Tempera-turverläufe in einer Hälfte eines endlich dicken Körpers und in dem einseitig unend-lich ausgedehnten Körper. Solche halbunendlichen Körper sind auch Fluide, die feste Körper überströmen. Die im Abschnitt 3.2.1 behandelte reibungsfrei überströmte Platte ist analog zu den halbunendlichen festen Körpern.

Bild 7-25: Temperaturverläufe in einer Platte bei kleinen Zeiten und in einem halb-

unendlich ausgedehnten Körper Für halbunendliche Körper (kleine Fourierzahlen) konvergieren die unendlichen Rei-hen für das Temperaturfeld sehr schlecht. Die Fouriersche Dgl

2

2

x

Ta

tT

∂⋅=

(7-157)

kann jedoch auf Grund ihres parabolischen Charakters mit dem Ansatz (analog Glei-chung 3-13)

ta2

x

⋅⋅=η ,

(7-158)

in dem die beiden Variablen x und t zu einer dimensionslosen Koordinate zusam-mengefasst sind, gelöst werden. Hiermit lässt sich die partielle Dgl in eine gewöhnli-che Dgl (analog Gleichung 3-18)

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745

+ ⋅ η⋅ =η η2

dT dT2 0

d d

(7-159)

umformen. Ihre Lösung ist

η⋅+= erfBAT (7-160) mit der Funktion (Gleichung 3-22)

( )∫η

η⋅η−⋅π

=η0

2 dexp2

)(erf , (7-161)

die als Gaußsches Fehlerintegral6 oder als error function bezeichnet wird. Im Bild 7-26 ist dieses Integral als Funktion der laufenden oberen Integrationsgrenze aufgetra-gen. Die Integrationskonstanten A und B werden aus der Anfangs- und der Randbe-dingung bestimmt. Die Anfangstemperatur wird als konstant vorausgesetzt

( ) konstT0t,xT 0t === = . (7-162) Diese Temperatur liegt auch bei ∞=x vor. Weiterhin wird angenommen, dass die Oberflächentemperatur konstant ist. Damit lautet die zweite Randbedingung

( ) konstTt,0xT 0x === = . (7-163) Da 00erf = ist, folgt für 0=η

0tTA == . (7-164) Für ∞→η , also ∞→x oder 0t → , gilt (siehe Bild 7-25)

1erf →η . (7-165) Damit ist

0tTBA ==+ (7-166) und folglich

0x0t TTB == −= . (7-167)

6 Carl Friedrich Gauß (1777-1855), Mathematiker, Astronom, Physiker in Göttingen

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Bild 7-26: Gaußsches Fehlerintegral Da A und B konstant sein müssen, darf dieser Lösungsweg nur bei konstanten An-fangs- und Oberflächentemperaturen eingeschlagen werden. Setzt man A und B in die allgemeine Lösung (7-160) ein, so ergibt sich

ta2

xerferf

TT

TT

go

g

⋅⋅=η=

−.

(7-168)

Folglich zeigt die Kurve im Bild 7-25 zugleich den Temperaturverlauf im halbunendli-chen Körper abhängig von der dimensionslosen Koordinate η und insbesondere die Ortsabhängigkeit der Temperatur zu einem festen Zeitpunkt. Mit der Funktion für die Temperaturverteilung lässt sich der Wärmefluss durch jeden beliebigen Querschnitt der Platte berechnen. Aus dem Fourierschen Ansatz

xT

xT

q∂

η∂⋅

η∂

∂⋅λ−=

∂⋅λ−=ɺ

(7-169)

erhält man mit der Gleichung (7-168) die von x und t abhängige Wärmestromdichte

( )

⋅⋅−⋅−

⋅π

⋅ρ⋅λ−= == ta4

xexpTT

tc

q2

0x0tɺ . (7-170)

Für x = 0 ergibt sich die Wärmestromdichte die je Zeit- und Flächeneinheit durch die Oberfläche fließt

( )os0x TTtc

q −⋅⋅π

⋅ρ⋅λ==

ɺ . (7-171)

Ihr Betrag nimmt also proportional t/1 mit der Zeit ab. Die insgesamt während der Dauer t durch die Oberfläche fließende Wärmedichte nimmt betragsmäßig proportio-nal t zu

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747

( ) ( ) ( ) tTTc

2dttqtq 0x0t

t

0

0x0x ⋅−⋅π

⋅ρ⋅λ⋅−=⋅= ==== ∫ ɺɺ .

(7-172)

Für Kühlvorgänge gilt Entsprechendes. Die in einen halbunendlichen Körper fließen-de Wärme hängt also von der Größe c⋅ρ⋅λ ab, die daher als Wärmeeindringkoeffi-

zient bezeichnet wird. Liegt eine RB 3. Art vor (mit α und Tu jeweils konstant), so lautet die Lösung der Fourierschen Dgl für die halbunendliche Platte

( )[ ] ( )2***

go

g BiBi2expBierf1erfTT

TT+⋅η⋅⋅+η−+η=

(7-173)

mit

c

tBi*

⋅ρ⋅λ

⋅α= .

(7-174)

Die Biotzahl Bi* ist hier wie der dimensionslose Wandabstand zeitabhängig definiert. Auch für Zylinder und Kugel existieren entsprechende Lösungen. Sie werden aber hier nicht angegeben. 7.3.2 Kontakttemperatur Im Folgenden wird die Kontakttemperatur zweier halbunendlicher Körper unter-schiedlicher, aber konstanter Anfangstemperaturen bestimmt (siehe Bild 7-27). Die angegebenen Gleichungen gelten wiederum auch für endlich dicke Körper in der ers-ten Zeit des Berührungsvorgangs. Bei idealem thermischem Kontakt, der allerdings häufig beispielsweise durch Rauhigkeiten oder Oxidschichten gestört sein kann, sind die Temperaturen an den sich berührenden Oberflächen gleich.

( ) ( )1 2 sT x 0 T x 0 T= = = = . (7-175)

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748

Bild 7-27: Berührung zweier halbunendlicher Körper Da ferner die Trennfläche keine Wärmekapazität besitzt, sind zusätzlich die Wärme-stromdichten gleich

0x2

20x1

1 xT

xT

==∂

∂⋅λ=

∂⋅λ .

(7-176)

Die Temperaturverläufe in den beiden Körpern sind gegeben durch

ta2

xerf

TTTT

1s10

s1

⋅⋅−=

(7-177)

und

ta2

xerf

TTTT

2s20

s2

⋅⋅=

−.

(7-178)

Sie erfüllen die Bedingung (7-175), da für x = 0 auch 0=η und erf 0 = 0 ist. Setzt man die obigen beiden Gleichungen in die Bedingung (7-176) ein, so erhält man für die Kontakttemperatur

222

111

222

1111020

s

c

c1

c

cTT

T

⋅ρ⋅λ

⋅ρ⋅λ+

⋅ρ⋅λ

⋅ρ⋅λ⋅+

= .

(7-179)

Diese ist nur von den Anfangstemperaturen und dem Verhältnis der beiden Wärme-eindringkoeffizienten abhängig und liegt näher bei der Anfangstemperatur des Kör-pers mit dem höheren Wärmeeindringkoeffizienten.