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Tagungsdokumentation 8. Fachtagung „Strategisches Personalmanagement – Kompetenzmanagement im Mittelstand“ 23.02.2016 13 – 18 Uhr Haus Dacheröden I Erfurt

8. Fachtagung „Strategisches Personalmanagement ... · Sozialarbeiter leer ist“. Sowohl der Sozial- als auch Pflegebereich umfasst immer Dienstleistungen am Mensch, die somit

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Tagungsdokumentation8. Fachtagung „Strategisches Personalmanagement –Kompetenzmanagement im Mittelstand“

23.02.2016

13 – 18 Uhr

Haus Dacheröden I Erfurt

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Standen in der vorangegangenen Veranstaltung die

„jungen Leute“ im Mittelpunkt, so fokussierte die 8. Fach-

tagung der Reihe „Strategisches Personalmanagement“

auf die Kompetenzen der gesamten Belegschaft, wie

Frank Krätzschmar, Geschäftsführer der Landesentwickl-

ungsgesellschaft Thüringen mbH (LEG Thüringen) bei der

Begrüßung verdeutlichte. Die gängigen Zahlen und statis-

Eröffnung

„Demografischer Wandel: jeder kennt die Zahlen. (…) Doch was heißt das für die jetzige Belegschaft – was kann man tun, um brachliegende Kompetenzen zu heben?“

tischen Größenordnungen, die den demografischen Wandel belegen, sind jedem, der

Personal- und Führungsverantwortung innehat, geläufig. Jedoch besteht für alle Wirtschafts-

akteure die Frage, wie man den wirtschaftlichen Erfolg vor dem Hintergrund dieser

Entwicklungen halten bzw. sogar steigern kann. Die Suche nach Antworten auf diese Frage

richtet den Blick auf die Belegschaften und somit – aus verschiedenen Gründen – auf

brachliegende Kompetenzen. Auch sollten sich Personalverantwortliche durchaus fragen, ob

sie wirklich „im Bilde darüber sind“, welche Kompetenzen ihre Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter tatsächlich haben.

Die LEG Thüringen hat z.B. eine Belegschaft mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,

die älter als 50 Jahre sind. Das bedeutet u.a., sich um den Nachwuchs zu kümmern: aus

diesem Grund führte die LEG bereits eine Beschäftigtenbefragung durch. Wie es

andere Thüringer Unternehmen machen – dazu hatte die Veranstaltung mit dem

Titel „Kompetenzmanagement im Mittelstand“ eingeladen: siebzig Gäste aus ganz

Thüringen interessierten sich für diese Thematik.

„Wir haben viel Potenzial in Thüringen, das zuvorderst genutzt und ausgebaut werden muss. Gerade KMU müssen begleitet und unterstützt werden.“

treiben. Mit dem Verweis auf den prognostizierten Fachkräftebedarf der Fachkräftestudie*

und die Analyse der Bundesagentur für Arbeit zu den Engpassberufen von November 2015

benannte Frau Feierabend konkrete Berufsfelder mit hohem Fachkräftebedarf, wie z.B. aus

der Fertigung oder dem medizinischen Bereich. Zudem ging sie auf die aktuelle Bewerber-

situation bzgl. der Ausbildungsstellen ein. Vor diesem Hintergrund betonte Frau Feierabend,

dass gerade Thüringer KMU begleitet werden müssen. Hierbei machte sie auf die Thüringer

Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF), angesiedelt bei der LEG und gefördert vom

Freistaat aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds, aufmerksam. Mit diesem Projekt

unterstützt die Landesregierung die Fachkräftegewinnung und -bindung. Ebenso wird

mit den Qualifizierungsentwicklern/-innen sowie Projekten zur Qualifizierung von

Beschäftigten geförderte Unterstützung angeboten.

(*TMWAT (2013): Fachkräfteperspektive Thüringen 2025.)

Staatssekretärin Ines Feierabend, Thüringer Ministerium

für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

(TMASGFF) griff die Thematik aus der Perspektive des

Verantwortungsbereiches „Arbeit und Qualifizierung“ des

Ministeriums auf. Intelligente Kompetenzorientierung und

damit einhergehendes Personalmanagement zählt zu den

wichtigen Maßnahmen, um Fachkräftegewinnung zu be-

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Fachvortrag

„Kompetenzen entwickeln – Fachkräftelücke schließen: Wie ostdeutsche

Unternehmen gezielt Mitarbeiterpotenziale schöpfen. Erkenntnisse aus dem

BIBB-Qualifizierungspanel“

Christian Gerhards, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn

„Fachkräfte, die der Markt nicht bietet, bilde ich selber aus – Fachkräfte, die leichter zu erreichen sind, die hole ich mir vom Arbeitsmarkt.“

Deutschland. Seit 2011 wird sie jährlich durchgeführt. Das Panel hat zum Ziel, „detaillierte

Informationen über die Strukturen, Entwicklungen und Zusammenhänge betrieblicher Qualifi-

zierungsmaßnahmen und betrieblich-qualifikatorischer Arbeitskräftenachfrage zu liefern.

Schwerpunkt der Befragung bilden die Aktivitäten, die Betriebe in den Bereichen Aus- und

Weiterbildung leisten“. (vgl. www.bibb.de)

Ausgehend von der sogenannten Überalterung der Belegschaft und dem gleichzeitig

schwieriger werdenden Generationswechsel (inkl. zurückgehender betrieblicher Ausbildung)

sowie der Wanderung von (jungen) Fachkräften bevorzugt in große Städte (Metropolen) und

in „bekannte“ Berufe, stellt sich für viele KMU die Frage nach Wissenserhalt und -weiter-

gabe. Ein Weg, Stellenbesetzungsproblemen wirksam entgegenzutreten, ist die Weiter-

bildung und die damit verbundene Kompetenzentwicklung der Belegschaft.

Das heißt, eine Voraussetzung dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist die Nutzung

von Instrumenten im Unternehmen, mit denen Kompetenzen erfasst werden können, damit

Potentiale bereitgehalten werden können, um den Marktanforderungen dann entsprechen zu

können. Als Investitionsstrategie lohnt sich Weiterbildung in der Regel aber nur dann, wie

Herr Gerhards deutlich machte, wenn langfristige Strategien vorhanden sind. Am Beispiel

der Aufstiegsfortbildung zeigte er in seinem weiteren Vortrag auf, wie Stellen mit speziellem

Fachkräftebedarf besetzt werden können. Aufstiegsfortbildung bietet einen „Leitereffekt“, mit

dessen Hilfe aus mittleren Qualifikationsbereichen Personal für einen höheren Bereich

qualifiziert werden kann. Zudem beinhalten sie einen anerkannten Fortbildungsabschluss,

der die Übernahme von Fach- und Führungsaufgaben ermöglicht, z.B. in medizinischen

Berufen und Pflege, im öffentlichen Dienst, aber auch im Verarbeitenden Gewerbe.

Weitere Informationen zum BIBB-Qualifizierungspanel finden sich unter www.bibb.de unter

dem Stichwort Qualifikations- und Kompetenzentwicklung. Die Folien zum Vortrag stehen

unter http://www.leg-thueringen.de/personalmanagement (Rückblicke) zum Download bereit.

Den fachlichen Input leistete Christian Gerhards vom

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn. Das BIBB

ist eine renommierte Einrichtung zum Forschungsfeld

„Berufliche Aus- und Weiterbildung“ und führt u.a. das

„BIBB-Qualifizierungspanel“ durch. Dieses Betriebspanel

zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung des BIBB

ist eine repräsentative Befragung von 3.500 Betrieben in

Deutsch

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Impressionen

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Gewusst wie – Kompetenzmanagement konkret Fazit aus den branchenspezifischen Workshops

Workshop 1: Gesundheit und Soziales

„Im Pflegebereich gibt es viele gesetzliche Regelungen: wir müssen das Fachkräftegebot (Stichwort Personalschlüssel) einhalten. Es gibt viele Pflichtweiterbildungen, die z.B. das Verarbeitende Gewerbe nicht hat.“

Im Podium v.l.n.r.: Michael Backhaus, Jugendberufshilfe Thüringen e.V., Christine Fiedler, Gemeinnützige Gesell-schaft PARITÄTISCHE Soziale Arbeit Thüringen gGmbH – PARISAT, Moderation: Dr. Ulrike Jaeger, Institut für Potenzialmanagement, Erfurt

Christine Fiedler, PARISAT, erläuterte mit Rückbezug auf ihre eigene Lernbiografie sehr

eindrucksvoll, nicht nur die An- und Herausforderungen, die in Bezug auf eine so

große Organisation wie der PARITÄTISCHE Thüringen bestehen. Sie berichtete auch

offen über die vielfältigen Instrumente, Methoden und Maßnahmen, die sie bei sich

bereits umsetzen und ausprobieren, um Wissensmanagement und

Kompetenzentwicklung zu realisieren. Entscheidend sind dabei, die Erfahrungen „Es ist

viel Kommunikation“ und „Für diesen gesamten Prozess muss man sich Zeit geben“

bzw. „Wenn ich die Mitarbeiter/-innen mitnehmen will, dann ist das ein Prozess“ bzgl. des

Verlaufs solcher Organisationsprozesse anzuerkennen. Aus der Perspektive der

Jugendberufshilfe Thüringen konstatierte Michael Backhaus in Bezug auf die

gegenwärtigen großen Herausforderungen im Personalbereich, dass der „Markt für

Sozialarbeiter leer ist“. Sowohl der Sozial- als auch Pflegebereich umfasst immer

Dienstleistungen am Mensch, die somit immer individuell und persönlich sind und bestimmte

Kompetenzen voraussetzen. Hinzu kommen spezifische gesetzliche Rege-lungen in

diesen Berufsfeldern (Pflege) bzgl. der erforderlichen Qualifikationen. Die intensive

Diskussion mit den Gästen bestätigte die geschilderten bespielhaften Erfahrungen,

dass Kompetenzentwicklung Zeit braucht – dass es dazu „oft einen langen Atem braucht“.

Workshop 2: Verarbeitendes Gewerbe

„Man kann nur weiterkommen, wenn man bereit ist, flexibel zu sein (…) Führungskräfte haben eine hohe personelle Verantwortung.“

Im Podium v.l.n.r.: Moderation: Roswitha Weitz, Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH (IWT), Sandra Parobeck, Avery Dennison Materials GmbH, Angela Schicke, Siemens AG Generatorenwerk Erfurt

Nach einem kurzen Input zur Bevölkerungsentwicklungsentwicklung und zur Altersstruktur

der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Thüringen sowie zu den Vakanzzeiten

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zwischen Ausschreibung der Stelle bis zu ihrer Besetzung stellten die Vertreterinnen zweier

Unternehmen mit international geprägten Strukturen ihre Aktivitäten vor. Sandra Parobeck,

Avery Dennison Materials GmbH zeigte auf, welche Philosophie unternehmensintern

umgesetzt wird, um die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt

verfügbar zu haben. Das heißt, es gilt aus Sicht ihres Unternehmens, Schwerpunkte da zu

setzen, wo der Fachkräftebedarf aktuell liegt (z.B. im gewerblich-technischen oder im

kaufmännischen Bereich). Qualifizierungen betreffend werden oft eigene Konzepte

entwickelt und Mitarbeiter/-innen als Trainer oder Coach gewonnen. Das beinhaltet auch die

Förderung begleitender Studiengänge und Kontaktpflege zu regionalen Schulen und Hoch-

schulen. Zudem wird die überregionale Infrastruktur genutzt, d.h. u.a. Netzwerke und

Arbeitsgemeinschaften u.ä., um sich mit Gleichgesinnten zur Entwicklung geeigneter

Strategien zusammenzusetzen. Ganz wesentlich ist auch, die Unternehmenskultur erlebbar

zu machen und die Mitarbeiter/-innen zu Mitdenkern und Gestaltern der eigenen Entwicklung

zu machen. Angela Schicke, Siemens AG Generatorenwerk Erfurt stellte das Kompetenz-

entwicklungsmodell „EFA - Entwickeln, Fördern, Anerkennen“ vor. Die „Macher“ im

Entwicklungsprozess sind hier die Führungskräfte. Sie werden so darauf vorbereitet und

qualifiziert, dass sie die Entwicklung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst steuern und

lenken können. Intern sichert ein Controllingsystem, die Kompetenzen und Entwicklungs-

schritte der Mitarbeiter/-innen zu erfassen und nach strategischem Bedarf einzusetzen. Die

anschließende Diskussion griff die Schwerpunkte Arbeitgeberattraktivität, Unternehmens-

kultur, kollegiale Weiterbildung und Fachkräfte als Anker für Veränderungen auf.

Workshop 3: Unternehmensnahe Dienstleistungen

„Die Botschaft an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lautet: Eure Perspektive ist uns wichtig - wir brauchen euch im Unternehmen.“

Im Podium v.l.n.r.: Tobias Kallinich, Kallinich Media GmbH & Co. KG, Anke Kalb, Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH (LEG Thüringen), Moderation: Patrick List, LEG Thüringen, Francis Linde, Q-SOFT GmbH

Nach der Vorstellung der Gäste im Podium, die aus verschiedenen Thüringer Dienstlei-

stungsunternehmen kamen, gab Dr. Martin Lampert, Lampert Organisationsentwicklung,

einen Input zur Begriffsklärung „Kompetenz“. Anke Kalb, LEG Thüringen, berichtete über die

Gründe und Ziele, weshalb die LEG ihren Beschäftigten angeboten hat, z.B. an einer Poten-

zialanalyse teilzunehmen. Dieses Angebot basierte auf einer internen Strategiefindung unter

der Fragestellung: welche Fachkräfte mit welchen Kompetenzen passen zum Unternehmen

bzw. „Wie können wir alle mitnehmen“. Zusammen mit einem externen Partner, dem

Betriebsrat und ausgewählten Mitarbeiter/-innen wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, u.a. um

als Personalabteilung mittels eines Instrumentenmixes aktiv die demografisch bedingten

Veränderungsprozesse in Angriff nehmen zu können. Tobias Kallinich, Kallinich Media

GmbH, stand vor einigen Jahren vor der Herausforderung eines Strategiewechsels im

Personalbereichs, der einen radikalen Umbau erforderte und die Frage nach sich zog, wie

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dabei das bisher gute Betriebsklima aufrechterhalten werden kann. Auch er bestätigte in

seinem interessanten Erfahrungsbericht die Bedeutung einer klaren Personal- und Unter-

nehmensstrategie und die kontinuierliche Mitnahme der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei

solchen Veränderungsprozessen (Stichwort Kommunikation). Francis Linde, Q-SOFT

GmbH, machte anhand des Beispiels der Einstellung von Absolventen – im Vergleich zu

einer „fertigen“ Führungskraft – noch einmal deutlich, wie es möglich ist, diese im eigenen

Unternehmen aufzubauen und ihnen schrittweise Verantwortung zu übertragen.

Ausblick

Die 9. Veranstaltung zu aktuellen Fragen des strategischen Personalmanagements findet

am 20.09.2016 unter der Überschrift „Studium statt Berufsausbildung – Schadet der

Trend zur Akademisierung der Thüringer Wirtschaft?“ statt. Weitere Informationen finden

Sie dazu unter: www.leg-thueringen.de/personalmanagement

Bildnachweis: Alle Fotos: LEG Thüringen (Fotograf Andreas Hultsch)