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Chemie lngenieur Technik (68) 9 I 9 6 1119 these); in der Erdol- und Erdgas-Industrie (z. B. bei der tertiaren Erdolforderung); fur einige moderne Trennverfahren wie etwa der Fluidexbaktion (Supercritical Fluid Extraction - SFE, z. B. bei der Entkoffeinierung von Kaffee und Tee, der Extraktion von Hopfen, Gewiirzen, Pflanzeninhaltsstoffen, Aroma- und Duftstof- fen, Olen, Fetten, Naturfarbstoffen) und der Fluidchromatographie (Supercritical Fluid Chromatography - SFC, z. B. bei analytischen und praparativen Trennungen vorzugsweise schwerfluchtiger und/ oder thermolabiler Substanzen, bei der Bestimmung physikalisch- chemischer Daten, z. B. Kapazitatsverhaltnissen, Diffusionskoeffi- zienten). Uberkritische Fluide sind auch erfolgversprechende Lo- sungsmittel fur das Farben von synthetischen Fasern, bei der Ab- scheidung fester Mikropartikel (z.B. fur pharmazeutische Substan- Zen, Explosivstoffe, Coatings) oder fur chemische Reaktionen (z. B. Abbau von Abfallstoffen in uberkritischem Wasser). In dem vorlie- genden Vortrag werden diese und andere Anwendungen kurz zu- sammengestellt mit Schwerpunkt auf der SFE und SFC. Bei radikalischen Fluidphasenpolymerisationen ergibt sich als weiterer bedeutungsvoller Aspekt, daB - aufgrund der Kopplung von Kinetik und Produkteigenschaften -- durch die in uberkritisch fluider Phase erhebliche Variationsmljglichkeit von Konzentrationen und kinetischen Koeffizienten Polymere mit in weiten Bereichen variierbaren Eigenschaften herstellbar sind. Der bei ProzeBfuhrung in uberkritisch fluider Phase zugangliche ausgedehnte Zustandsbereich macht allerdings das experimentelle Auffinden optimaler ProzeRbedingungen schwie- rig und aufwendig. Modellierungen zur Kinetik, zur Thermodyna- mik sowie zur Beschreibung von Transportkoeffizienten sind des- halb sehr wichtig. Es werden Methoden zum detaillierten Studium der Kinetik chemischer Reaktionen in einem weiten Temperatur- und Druckbereich gezeigt und zum AbschluB des Vortrags Bei- spiele neuartiger Fluidphasenprozesse vorgestellt. Chemische Prozesse in uberkritisch fluider Phase PROF. DR. M. BUBACK Lehrstuhl fur Technische und Makromolekulare Chemie, Universitat Gottingen, D-37077 Gottingen. In uberkntisch fluider Phase kann die Dichte eines Stoffes zw- schen gasformigen und flussigkeitsahnlichen Zustanden variiert werden. Dabei lassen sich auch andere Stoffeigenschaften wie Dif- fusionskoeffizient, Viskositat, Stoff- und Warmeubertragungskoef- fizienten, relative Permittivitat und vor allem das Losungsvermo- gen in weiten Bereichen durchstimmen. Die chemische Kinetik ist daruber hinaus in formal bekannter Weise von Temperatur und Druck abhangig, so daR bei Reaktionen im uberkritisch fluiden Zu- standsbereich die Geschwindigkeit und die Selektivitat chemischer Prozesse in erheblichem Umfang verandert und dabei optimiert werden konnen. Die wesentliche Aufgabe bei der Ausgestaltung von Fluidphasenprozessen liegt im Auffinden vorteilhafter Reak- tionsbedingungen unter Beriicksichtigung der Einflusse von Kine- tik, Selektivitat, Lagevon Phasengrenzflachen sowie von Stoff- und Warmetransportkoeffizienten. Den Losungseigenschaften uber- kritisch fluider Phasen kommt besondere Bedeutung zu. So lassen sich auch bei Umsetzungen rnit gasformigen und festen Ausgangs- stoffen vielfach eine Reaktionsfuhrung in homogener Phase und gleichzeitig, aufgrund der effektiven Steuerbarkeit des Losungs- vermogens, eine leichte Produktabtrennung erreichen. Ein wichti- ger Gesichtspunkt richtet sich auf die Durchfuhrung chemischer Prozesse in unbedenklichen Losungsmitteln, z. B. in uberkriti- schem Kohlendioxid. Die gunstigen Transporteigenschaften in fluider Phase lassen sich bei diffusionskontrollierten Reaktionen in homogener Phase und auch bei heterogen katalysierten Prozessen nutzen. Das hohe Warmeubertragungsvermogen ist besonders vorteilhaft, wenn Temperaturbereiche ungiinstiger Selektivitat sehr schnell durchschritten werden miissen. Stofftrennung m it uberkri tisc hen kom p r i m i e rt e n G a sen (G a sextra kt i o n) PROF. DR. G. BRUNNER Arbeitsbereich Thermische Verfahrenstechnik, Technische Universitat Hamburg-Harburg, D-2 107 I Hamburg. Die Gasextraktion ist ein TrennprozeB mit einem Losungsmittel wie auch die Flussig/Flussig-Extraktion oder die Absorption. Zur Abschatzung des Potentials der Gasextraktion rnussen die Ei- genschaften uberkritischer Gase wie PVT-Verhalten, Viskositat, Warmeleitfahigkeit, ihre Eigenschaften als Losangsmittel fur schwerfluchtige Komponenten, aber auch die Veranderung der Ei- genschaften eines zweiten Stoffes wie Dichte, Viskositat, Diffu- sionskoeffizient und Oberflachenspannung betrachtet werden. Fur bestimmte Falle konnen auch Losungsmittelgemische, z. B. zur Erhohung der Polaritat, in Frage kommen. Die Anwendungsmoglichkeiten ergeberi sich aus der Losungsfahigkeit uberkritischer Gase fur schwerfllichtige Stoffe, aus der Veranderung der Stoffeigenschaften, wenn uberkritische Gase einem System zugefugt werden und aus der Veranderung der Phasenubergange. Verfahrensauslegungen in unterschiedlichen MaBsta- ben und aufgrund von ProzeBmodellierungen sind fur die Feststoff- extraktion, die Gegenstromtrennung und neuerdings die Fluid- chromatographie (SFC) mit unterschiedlichem Erfahrungshinter- grund verfugbar. Am Beispiel der Gegenstromtrennung wird die Vorgehensweise dargestellt. Ziel ist es, die Zahl der Trennstufen, die Hohe der Trennstufen, die Hohe der Trennkolonne, deren ZKapazitat und den Durchmesser der Trennkolonne festzulegen. Hinzu kommen Uberlegungen zur Gestaltung der Produktabscheidung und des Gaskreislaufs. Zunachst ergeben Gleichgewichtsrnessungen den Trennfaktor, nach Moglichkeit auch in Abhangigkeir von der Kon- zentration. Eine erste vereinfachte Auslegung mit verfahrenstech- nischen Grundmethoden wie nach M C C A B E und T H I E L E oder PO N - C H 0 N und 5 AVAR I T Wanecke-Diagramm) auf quasibinarer oder Pseudokomponenten-Basis geben wesentliche Aufschlusse fir den Betrieb der Trennkolonnen. Trennexperiment,. werden zu-

84. Chemische Prozesse in überkritisch fluider Phase

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Chemie lngenieur Technik (68) 9 I 9 6 1119

these); in der Erdol- und Erdgas-Industrie (z. B. bei der tertiaren Erdolforderung); fur einige moderne Trennverfahren wie etwa der Fluidexbaktion (Supercritical Fluid Extraction - SFE, z. B. bei der Entkoffeinierung von Kaffee und Tee, der Extraktion von Hopfen, Gewiirzen, Pflanzeninhaltsstoffen, Aroma- und Duftstof- fen, Olen, Fetten, Naturfarbstoffen) und der Fluidchromatographie (Supercritical Fluid Chromatography - SFC, z. B. bei analytischen und praparativen Trennungen vorzugsweise schwerfluchtiger und/ oder thermolabiler Substanzen, bei der Bestimmung physikalisch- chemischer Daten, z. B. Kapazitatsverhaltnissen, Diffusionskoeffi- zienten). Uberkritische Fluide sind auch erfolgversprechende Lo- sungsmittel fur das Farben von synthetischen Fasern, bei der Ab- scheidung fester Mikropartikel (z. B. fur pharmazeutische Substan- Zen, Explosivstoffe, Coatings) oder fur chemische Reaktionen (z. B. Abbau von Abfallstoffen in uberkritischem Wasser). In dem vorlie- genden Vortrag werden diese und andere Anwendungen kurz zu- sammengestellt mit Schwerpunkt auf der SFE und SFC.

Bei radikalischen Fluidphasenpolymerisationen ergibt sich als weiterer bedeutungsvoller Aspekt, daB - aufgrund der Kopplung von Kinetik und Produkteigenschaften -- durch die in uberkritisch fluider Phase erhebliche Variationsmljglichkeit von Konzentrationen und kinetischen Koeffizienten Polymere mit in weiten Bereichen variierbaren Eigenschaften herstellbar sind.

Der bei ProzeBfuhrung in uberkritisch fluider Phase zugangliche ausgedehnte Zustandsbereich macht allerdings das experimentelle Auffinden optimaler ProzeRbedingungen schwie- rig und aufwendig. Modellierungen zur Kinetik, zur Thermodyna- mik sowie zur Beschreibung von Transportkoeffizienten sind des- halb sehr wichtig. Es werden Methoden zum detaillierten Studium der Kinetik chemischer Reaktionen in einem weiten Temperatur- und Druckbereich gezeigt und zum AbschluB des Vortrags Bei- spiele neuartiger Fluidphasenprozesse vorgestellt.

Chemische Prozesse in uberkritisch fluider Phase

P R O F . D R . M . B U B A C K

Lehrstuhl fur Technische und Makromolekulare Chemie, Universitat Gottingen, D-37077 Gottingen.

In uberkntisch fluider Phase kann die Dichte eines Stoffes z w - schen gasformigen und flussigkeitsahnlichen Zustanden variiert werden. Dabei lassen sich auch andere Stoffeigenschaften wie Dif- fusionskoeffizient, Viskositat, Stoff- und Warmeubertragungskoef- fizienten, relative Permittivitat und vor allem das Losungsvermo- gen in weiten Bereichen durchstimmen. Die chemische Kinetik ist daruber hinaus in formal bekannter Weise von Temperatur und Druck abhangig, so daR bei Reaktionen im uberkritisch fluiden Zu- standsbereich die Geschwindigkeit und die Selektivitat chemischer Prozesse in erheblichem Umfang verandert und dabei optimiert werden konnen. Die wesentliche Aufgabe bei der Ausgestaltung von Fluidphasenprozessen liegt im Auffinden vorteilhafter Reak- tionsbedingungen unter Beriicksichtigung der Einflusse von Kine- tik, Selektivitat, Lagevon Phasengrenzflachen sowie von Stoff- und Warmetransportkoeffizienten. Den Losungseigenschaften uber- kritisch fluider Phasen kommt besondere Bedeutung zu. So lassen sich auch bei Umsetzungen rnit gasformigen und festen Ausgangs- stoffen vielfach eine Reaktionsfuhrung in homogener Phase und gleichzeitig, aufgrund der effektiven Steuerbarkeit des Losungs- vermogens, eine leichte Produktabtrennung erreichen. Ein wichti- ger Gesichtspunkt richtet sich auf die Durchfuhrung chemischer Prozesse in unbedenklichen Losungsmitteln, z. B. in uberkriti- schem Kohlendioxid.

Die gunstigen Transporteigenschaften in fluider Phase lassen sich bei diffusionskontrollierten Reaktionen in homogener Phase und auch bei heterogen katalysierten Prozessen nutzen. Das hohe Warmeubertragungsvermogen ist besonders vorteilhaft, wenn Temperaturbereiche ungiinstiger Selektivitat sehr schnell durchschritten werden miissen.

Stofftrennung m it u berkri tisc hen ko m p r i m i e rt e n G a se n (G a sext ra kt i o n)

P R O F . D R . G . B R U N N E R

Arbeitsbereich Thermische Verfahrenstechnik, Technische Universitat Hamburg-Harburg, D-2 107 I Hamburg.

Die Gasextraktion ist ein TrennprozeB mit einem Losungsmittel wie auch die Flussig/Flussig-Extraktion oder die Absorption. Zur Abschatzung des Potentials der Gasextraktion rnussen die Ei- genschaften uberkritischer Gase wie PVT-Verhalten, Viskositat, Warmeleitfahigkeit, ihre Eigenschaften als Losangsmittel fur schwerfluchtige Komponenten, aber auch die Veranderung der Ei- genschaften eines zweiten Stoffes wie Dichte, Viskositat, Diffu- sionskoeffizient und Oberflachenspannung betrachtet werden. Fur bestimmte Falle konnen auch Losungsmittelgemische, z. B. zur Erhohung der Polaritat, in Frage kommen.

Die Anwendungsmoglichkeiten ergeberi sich aus der Losungsfahigkeit uberkritischer Gase fur schwerfllichtige Stoffe, aus der Veranderung der Stoffeigenschaften, wenn uberkritische Gase einem System zugefugt werden und aus der Veranderung der Phasenubergange.

Verfahrensauslegungen in unterschiedlichen MaBsta- ben und aufgrund von ProzeBmodellierungen sind fur die Feststoff- extraktion, die Gegenstromtrennung und neuerdings die Fluid- chromatographie (SFC) mit unterschiedlichem Erfahrungshinter- grund verfugbar. Am Beispiel der Gegenstromtrennung wird die Vorgehensweise dargestellt.

Ziel ist es, die Zahl der Trennstufen, die Hohe der Trennstufen, die Hohe der Trennkolonne, deren ZKapazitat und den Durchmesser der Trennkolonne festzulegen. Hinzu kommen Uberlegungen zur Gestaltung der Produktabscheidung und des Gaskreislaufs. Zunachst ergeben Gleichgewichtsrnessungen den Trennfaktor, nach Moglichkeit auch in Abhangigkeir von der Kon- zentration. Eine erste vereinfachte Auslegung mit verfahrenstech- nischen Grundmethoden wie nach M C C A B E und T H I E L E oder P O N -

C H 0 N und 5 A V A R I T Wanecke-Diagramm) auf quasibinarer oder Pseudokomponenten-Basis geben wesentliche Aufschlusse f i r den Betrieb der Trennkolonnen. Trennexperiment,. werden zu-