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978-3-476-02379-7 Baines, Lexikon der Musikinstrumente ... · darauf, daß auf dem Instrument Akkorde und nicht nur ein einzelner Ton durch einen Knopfdruck er-klingen, wodurch sich

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Foerster
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978-3-476-02379-7 Baines, Lexikon der Musikinstrumente © 2010 Verlag J.B. Metzler (www.metzlerverlag.de)

1 Afrika

AAbriß Beim Gitarrespiel das Binden abwärts

führender Töne auf einer Saite, so daß der erste Tonangeschlagen wird und der zweite durch Abziehendes Fingers erklingt.

Abzüge, Abzugssaiten (engl.: off-board strings,diapasons). Die freien, neben dem Griffbrett verlau-fenden Baßsaiten bei der →Theorbe und dem →Chi-tarrone.

Accordatura (ital.). Die normale Stimmung ei-nes Saiteninstruments (im Unterschied zur Scorda-tura; →SKORDATUR).

Acht-Fuß (8') (engl.: eight foot; ital.: ottopiedi; fr.: huit-pieds). Orgel, Cembalo, Harmoniumusw. Zur Bedeutung der Ausdrücke Acht-Fuß, Sech-zehn-Fuß, Vier-Fuß und Zwei-Fuß hinsichtlich derverschiedenen Register bei Orgel, Cembalo, Harmo-nium u.a. →ORGEL, 2 und FUSS.

Äolsharfe (engl.: Aeolian harp; ital.: arpa eolia;fr.: harpe éolienne). Zitherartiges Saiteninstrument,bei dem die Saiten durch den natürlichen Wind inSchwingungen versetzt werden und einen schweben-den Zusammenklang hervorbringen. Der horizontaloder vertikal plazierte Schallkörper ist bis zu einemMeter lang und groß genug für bis zu zwölf gleich-lange Darm- oder Metallsaiten, die über einen nied-rigen Steg an beiden Enden geführt sind. Alle Saitensind auf denselben Ton gestimmt, aber von unter-schiedlicher Saitenstärke.

Obwohl die akustischen Verläufe noch nicht ganzgeklärt sind, scheint es, daß der Luftstrom Wirbelausbreitet, die die Saite hin und her schwingen las-sen. Und wenn die Wirbelfrequenz sich einer Ober-tonfrequenz der Saite nähert, schwingt diese auf je-nem Oberton. Je nach Windgeschwindigkeit verän-dert sich die Intensität der Obertöne, und da die Sai-ten verschieden dick sind, treten unterschiedlicheObertöne hervor. Da alle Saiten auf den gleichenGrundton gestimmt sind, ist der entstehende Akkordrein und verändert sich je nach Windstärke. Bei stär-kerem Wind können die dünneren Saiten in der Re-gion oberhalb des achten Teiltons schwingen. Wenndie Teiltöne einen Ganz- oder Halbton differieren,kommt ein spezifischer Klangeffekt ins Spiel. EinigeÄolsharfen haben einen zweiten Saitenbezug, dereine Oktave tiefer steht, um dem Klang mehr Tiefezu geben.

Die Äolsharfe ist mindestens seit dem 17. Jahr-hundert bekannt, als Athanasius Kircher auf sieaufmerksam machte (Musurgia universalis, 1650).In Europa war sie in der ersten Hälfte des 19. Jahr-hunderts sehr beliebt und ist häufiger auch Toposfür das Überirdische und die Weltharmonie in Ge-dichten jener Zeit (Coleridge 1795, Goethe 1822,Herder 1803, Shelley). Jean-Georges Kastner veröf-fentlichte 1856 eine Abhandlung über das Instru-ment.

Äolsklavier →KLASSIFIKATION DER MUSIKINSTRU-

MENTE, 1. Verschiedene andere Erfindungen um1820, die mit der Silbe »Äol-« beginnen, sind Tasten-instrumente mit →durchschlagenden Zungen.

Aerophone Oberbegriff aus der Hornbostel/Sachs’schen Systematik für Musikinstrumente, beidenen die Luft selbst primär in Schwingung gerät(Peitsche, Zungenpfeife, Harmonium, Flöte, Klari-nette etc.). →auch KLASSIFIKATION DER MUSIKINSTRU-

MENTE.Lit.: Hornbostel/Sachs 1914.

Aetherophon →THEREMIN-VOX.

Afrika Das diesen Kontinent beherrschendeMusikinstrument ist die Trommel, oder vielmehr das»symphonische« Zusammenspiel von Trommelnmit anderen Schlaginstrumenten, Gesängen undTänzen, wobei sich die rhythmische Differenzie-rungskraft als das besondere Merkmal der afrikani-schen Musik erweist.

1. Instrumente

(a) Idiophone. Rasseln: an einer Schnur aufgezo-gene Muscheln, Nüsse usw., die geschüttelt oder umdie Füße gebunden werden (Fußrasseln); aus Kale-bassen oder Flechtwerk (Flechtrasseln), häufig paar-weise mit unterschiedlicher Tonhöhe (→MARACAS),auch solche mit Perlennetz (Axatse in Notenbeispiel1, →auch CABAZA). Schrapinstrumente: eingekerbteHölzer und Einkerbungen in einem →Musikbogenoder einer Trommel. →Schlitztrommeln, häufig alsSignalinstrumente. →Xylophon mit zwei und mehrStäben. Glocken: aus Holz oder Metall, mit Klöppeloder Schlegel, einfache oder doppelte Glocke (gan-kogui wie in Notenbeispiel 1, →auch AGOGO BELL.)Lamellophone (→SANSA) mit gezupften, meist eiser-nen Zungen sind ein speziell afrikanischer Instru-mententyp. Neben den festen Instrumententypenwerden improvisierte Klangerzeuger (Töpfe, Löffel,Teller usw.) ad hoc verwendet.

(b) Trommeln. Alle Arten von einfachen, aus Ka-lebassen, Tontöpfen, Blecheimern usw. mit einer dar-

Afrika 2

Notenbeispiel 1. Ghana, Nyayito-Begräbnistanz; kurzer Ausschnitt, wenn die Trommeln beginnen (Auszug aus dem NOCM,S.32–33; Transkription nach Jones 1959).

3 Akkordeon

übergespannten Membran hergestellten Trommelnbis zu Holztrommeln in allen Formen (→TROMMEL,4), die mit Schlegeln oder mit der Hand geschlagenwerden und häufig auch zusätzlich mit Muschelnoder Glocken versehen sind.

(c) Saiteninstrumente. →Musikbogen: →Gora,→Bogenlaute (mehrere Musikbogen an einem Kor-pus). Harfe: Bogenharfen (→HARFE, 10a), meistnördlich des Äquators auftretend. →Leier, haupt-sächlich in Ostafrika. →Kora in Westafrika. →Erd-bogen über einer Erdgrube. →Idiochorde Saitenin-strumente, →MVET und SESE. →Spiellauten mit einbis drei Saiten zum Zupfen oder Streichen.

(d) Blasinstrumente. Flöten: hauptsächlich→Längsflöten, häufig mit Kerbe und mit drei odervier Grifflöchern (→FLÖTE); Pfeifen aus geschnitz-tem Holz oder Horn, die häufig wie Flöten in En-sembles gespielt werden (→NANGA). Hörner: aus El-fenbein, Antilopenhorn, Kalebassen usw. mit seit-lichem Anblasbloch, ebenfalls häufig im Ensemble;größere Typen (Trompeten) aus Holz, Rohr undKalebassen. Rohrblattinstrumente: selteneres Auf-treten, einige von arabischer Abstammung wieghaita (→SURNA). Das →Schwirrholz wird nochimmer bei Initiationsriten im Kongogebiet verwen-det.

2. Rhythmen

Notenbeispiel 1 ist eine bearbeitete Transkription ei-nes Nyayito-Begräbnistanzes des Eve-Stammes inGhana. Der Ausschnitt beginnt, wenn die Trommelneinsetzen. Kurz zuvor haben bereits Gesang undHändeklatschen angefangen, und das eiserne Glok-kenpaar gankogui (mit hölzernem Schlegel gespielt)gibt zusammen mit der Perlenrassel axatse einen fe-sten Rhythmus vor, der sich metronomisch exaktdurch das gesamte Stück zieht. Der oberste Tromm-ler beginnt auf der großen Trommel atsiméuu mit ei-nem rhythmischen Muster, das zu diesem Tanz dazu-gehört. Der unterlegte Text besteht aus Silben, dieTonhöhe und Schlagart bezeichnen, die sich derTrommler als Gedächtnisstütze merkt. Sein Einsatzbesteht aus der rhythmischen Struktur 5 + 7; auf die-sen »additiven« Rhythmus antworten die kleinerenTrommeln sogo und kidi mit einem rhythmischenStandardmotiv. Die kleinste Trommel kagang setztals letztes der Instrumente ein und spielt einen einfa-chen ostinaten Rhythmus, der polyrhythmisch gegendas Metrum der eisernen Glocken läuft. Es wäre einleichtes, alle Stimmen im 12/8-Takt zu notieren.Doch eine solche vertikale Spartierung würde demRezeptionsverhalten der afrikanischen Musikernicht entsprechen, da jeder Spieler seinen rhythmi-schen Part eigenständig wahrnimmt. Die Synkopen,das Übereinanderschichten verschiedener Rhythmen

und das unnachgiebige Metrum schaffen die faszi-nierende Spannung und Lebendigkeit der afrikani-schen Musik.

Lit.: Ankermann 1901; Brandel 1961; Hyslop 1975;Kubik 1988; Simon 1983; Wachsmann 1953; Wegner1984.

Afuchê →CABAZA.

Agogo Bell Afro-brasilianisches und afro-ku-banisches Schlaginstrument, das vorwiegend in la-teinamerikanischer Tanzmusik gespielt wird. Zweikleine konische Glocken aus geschwärztem dünnenMetall, die an einem Metallbogen miteinander ver-bunden sind und mit einem Metallstab angeschlagenwerden. Die größere, ca. 15 cm lange Glocke klingtetwa eine Quinte tiefer.

Das westafrikanische Ursprungsinstrument agogoist aus einem Stück Eisenblech geschmiedet und ge-lötet. Es ist in Tänzen häufig das führende Rhyth-musinstrument (wie bei Notenbeispiel 1 von AFRIKA,dort gankogui bezeichnet).

Ahlborn-Orgel Eine in den 1950er Jahren vonHeinz Ahlborn konstruierte →elektronische Orgelfür Heim- und Kirchenzwecke.

Aida-Trompete →TROMPETE, 3c.

Ajaeng Die ca. 1 m lange koreanische →Wölb-brettzither, auf der die Saiten mit einem mit Kolo-phonium bestrichenen Stab aus Forsythienholzgestrichen werden. Die vom Spieler aus gesehenrechte Seite steht auf Füßen (→CHINA UND KOREA,Abb. 2, Mitte vorn). Der »Bogen« wird mit Ober-griff gehalten und erzeugt tiefe Töne auf sieben,pentatonisch gestimmten Saiten aus Seide oder Ny-lon. Jede Saite ist über einen beweglichen Steg inForm eines umgedrehten Y geführt (wie auch beim→Koto).

Eine chinesische Quelle aus dem 10. Jahrhundertnennt bereits ein solches Instrument unter dem Na-men yazheng, das mit einem Bambusstreifen gestri-chen wurde.

Akkordeon (engl.: accordion; ital.: fisarmo-nica; fr.: accordéon). Instrument mit →durchschla-genden Zungen, das besonders in der Volks-, Tanz-und Unterhaltungsmusik verbreitet ist.

Das Akkordeon wird zwischen den Händen ge-halten und hat zwei Griffbretter: das – vom Spieleraus – rechte mit einer klavierähnlichen (beim Piano-Akkordeon) oder einer mit Knopfgriffen (beimKnopfgriff-Akkordeon) ausgestatteten Tastatur, aufder die Melodie gespielt wird (Melodieseite, auch

Akkordeon 4

Diskantseite genannt), das linke mit Knöpfen oderlöffelförmigen Tasten für Baßnoten und Begleitak-korde (Baßseite). Mit der linken Hand betätigt derSpieler außerdem den Faltenbalg, wozu er mit seinerHand durch den Führungsriemen greift (Abb. 1).

Der Name des Instruments taucht erstmalig 1829in einem in Wien erteilten Patent für Cyrillus De-mian (1772–1847) und Söhne auf und bezieht sichdarauf, daß auf dem Instrument Akkorde und nichtnur ein einzelner Ton durch einen Knopfdruck er-klingen, wodurch sich das Akkordeon von der→Konzertina unterscheidet.

1. Wechseltöniges und Gleichtöniges Akkordeon

Da die Metallzungen nur auf eine Windrichtung an-sprechen, sind pro Melodieknopf oder -taste eineZunge auf jeder Seite der viereckigen Stimmplatte (Ain Zeichnung 1) aufgenietet. Unter jeder Zunge be-findet sich ein Schlitz. Die Stimmplatten sind auf dieKanzellen der hölzernen Stimmstöcke gesetzt. EineZunge schwingt, wenn der Wind über sie hinwegdurch einen Schlitz geleitet wird. In die Gegenseiteziehender Wind biegt lediglich die Zunge ohne peri-odisch zu schwingen. Deshalb ist ein Leder- oderPlastikstreifen (C in Zeichnung 1) auf jeden Schlitzauf der der Zunge gegenüberliegenden Seite aufge-setzt, um unnötigen Verlust an Wind zu vermeiden.Die auf der Außenseite der Stimmplatte aufgesetzte

Zeichnung 1

Zunge B (Zeichnung 1) spricht an, wenn der Balgzusammengedrückt wird, die unterhalb des Leder-streifens befindliche Zunge hingegen, wenn der Balggezogen wird.

(a) Wechseltöniges Akkordeon (Diatonisches Ak-kordeon). Die ursprüngliche Bauweise. Die zweiZungen einer Stimmplatte geben unterschiedlicheTöne, in den meisten Fällen die benachbarten Töneeiner Dur-Skala. Deshalb benötigt man für den Um-fang einer Oktave nur fünf Knöpfe – z.B. C, E, G, cbeim Drücken, D, F, A, H beim Ziehen. Melodien er-fordern daher kurze Hin-und-her-Bewegungen desBalges, was rhythmische Akzentuierungen nach sichzieht, die besonders in der Tanzmusik effektvoll sind.

(b) Gleichtöniges Akkordeon (Piano-Akkor-deon, Chromatisches Akkordeon, 2 und 3 weiterunten). Beide Zungen sind auf den gleichen Ton ge-stimmt, deshalb erzeugt derselbe Knopf auf Zug undDruck den gleichen Ton.

Sowohl beim wechsel- als auch beim gleichtöni-gen Akkordeon gibt es häufig mehrere Zungen-paare, die mit Registerknöpfen oder -kipptasten ge-schaltet werden. So lassen sich an der Melodieseitefolgende Register beliebig kombinieren: eine Grund-reihe, Verstimmung der Grundreihe etwas nachoben (Tremolo), Verstimmung der Grundreihe etwasnach unten (Tremolo), Oktavverdoppelung nachoben (4'), Oktavverdoppelung nach unten (16'). Je-des Akkordeon hat einen Knopf (die sog. Luft-klappe) für den linken Daumen, um den Balg zu be-wegen, ohne daß ein Ton erklingt.

2. Knopfgriff-Akkordeon

Ein gleichtöniges Instrument, das von vielen als dasAkkordeon mit idealer Spielweise angesehen wird.In Frankreich ist es das Instrument der berühmten»Musette«-Schule. Die Baßseite entspricht der des

Abb. 1. Ein Akkordeonbegleitet die Violinebei irischer Volksmusik.

5 Akkordeon

Zeichnung 2

Piano-Akkordeons (siehe 3.). Die rechte Hand be-dient Knöpfe in mindestens drei Reihen. DieseKnöpfe sind nach dem Schema der Zeichnung 2 an-geordnet. Der Intervallabstand in jeder horizontalenReihe beträgt eine kleine Terz, in jeder schräg vonoben links nach unten rechts laufenden Reihe einenGanzton. Alle Tonarten lassen sich mit drei Finger-sätzen spielen: einer gilt für die Dur-Tonarten auf A,C, Es und Fis. In diesen vier Tonarten wird die auf-steigende Skala mit folgendem Fingersatz gespielt(wobei der Zeigefinger mit 1 beziffert ist): 1 2 3 2 3 43 4. Entsprechende Fingersätze gelten für die ande-ren zwei Gruppen von je vier Dur-Tonarten. Grö-ßere Instrumente haben zwei weitere Reihen vonKnopfgriffen, die die unteren zwei in der Zeichnung2 duplizieren. Bei fünf Reihen genügt ein einzigerFingersatz für alle Tonarten. Es gibt außerdem einumgekehrtes Griffschema, das besonders inDeutschland verbreitet ist.

3. Piano-Akkordeon

Das Piano-Akkordeon hat immer eine gleichtönigeMechanik, weil zu jeder Taste der klavierähnlichenTastatur immer nur ein Ton gehört. Allerdings ist dieBaßseite stets mit Knöpfen versehen, deren Anzahl –bis zu 140 – die Größe des Instruments bestimmen.Kindermodelle haben bis zu 32 Knöpfe auf der Baß-seite. Bei 120 Baßknöpfen umfaßt die Tastatur 31/2Oktaven vom f und hat bis zu 11 Registerkippta-sten. Die Baßknöpfe sind in sechs Reihen angeord-net, der Intervallabstand von Knopf zu Knopf be-trägt in jeder Reihe eine Quinte. Von der dem Balgam nächsten liegenden Reihe aus gesehen sind dieReihen wie folgt angeordnet: Terzbässe (auch Wech-selbässe genannt), Grundbässe, Dur-Dreiklänge,Moll-Dreiklänge, Dominantseptakkorde, Vermin-derte Septakkorde. Jeder Akkord besteht aus drei

Tönen (solange nicht die Oktavkoppelung einge-schaltet ist) eines chromatisch gestimmten SatzesZungenstimmen von g bis fis1. Der Knopf eines be-stimmten Akkordes drückt eine Metallstange inner-halb des Gehäuses nieder, und durch einen Übertra-gungsmechanismus werden drei von zwölf mögli-chen Verbindungssträngen eingeschaltet, die dieKanzellen anheben, um den Wind an die entspre-chenden Zungen weiterzuleiten. (Dieses System erin-nert an das »Wellenbrett« bei der mechanischenTraktur einer Orgel (→auch ORGEL, Zeichnung 4).

Piano-Akkordeons wurden gegen Ende des19. Jahrhunderts entwickelt, so z.B. von MarianoDallapé, Stradella (bei Mailand). Einige neuere soge-nannte Kombimodelle haben ein zusätzliches Einzel-baßwerk, das jede Art von Baßbegleitung in Einzel-tönen ermöglicht. Die Knöpfe des Einzelbaßwerkssind ähnlich der Melodieseite des Knopfgriff-Akkor-deons angeordnet (siehe 2). Solche Instrumente ha-ben die Spielmöglichkeiten für neue Kompositionenentscheidend erweitert.

4. Elektronisches Piano-Akkordeon

Es gibt zwei Arten: Eines hat einen normalen Balgund Zungenstimmen; mit einem Schalter kann einelektronischer Tongenerator geregelt werden, sodaß Zungenstimmen und elektronische Klänge ge-trennt oder zusammen erklingen können, z.B. so,daß die linke Hand Klänge einer Baßgitarre erzeugt.Die andere Art ist vollelektronisch, bei ihr dient derBalg ausschließlich zur dynamischen Gestaltung.

5. Frühe Akkordeons

Instrumente kurz nach der Patentierung von 1829weisen eine schmale viereckige Form auf und liegenleicht in der Hand; sie haben zehn runde, perlmutt-besetzte Tasten für die rechte Hand und zwei einfa-

Akkord-Symbolschrift 6

che Druckventile für die linke. Der seit etwa 1840bis zum ersten Weltkrieg hergestellte französischeAkkordeontyp, genannt »Flutina«, hat ein ähnlichesÄußeres. Auf ihm basiert die »Musette«-Schule. InMahagoni furniert, ist das sorgfältig gearbeitete, mitPerlmutt-Tasten versehene Instrument häufig in Agestimmt und hat eine zweite Tastenreihe, die einenHalbton darunter steht. Die Tonika erklingt beimZug (nicht bei Druck) und es gibt zwei Knöpfe fürdie linke Hand.

6. Repertoire

Wie bei vielen im 19. Jahrhundert erfundenen In-strumenten gibt es ein reichhaltiges Solorepertoire,das allerdings vorwiegend aus Bearbeitungen ro-mantischer Salonmusik besteht. Im Orchester hatsich das Akkordeon nicht durchgesetzt, wenngleiches Peter Tschaikowsky in seiner Orchestersuite Nr. 2C-dur op. 53 (1883) einsetzt. Weitere Orchester-kompositionen mit Akkordeon sind u.a. Wozzeck(1922) von Berg, die Kantate zum 20. Jahrestag derOktoberrevolution op.74 (1936) von Prokofieff so-wie Werke von Roy Harris, Hindemith, RobertoGerhard, Ives und Virgil Thomson. Die seit den1920er Jahren sporadisch aufkommenden Versuche,für das Akkordeon ein Konzertsaal-Repertoire zuetablieren, haben sich nicht durchsetzen können.Erst in jüngeren Jahren hat das Instrument wiederfür Komponisten wie Kagel und Krenek einen gewis-sen Reiz entwickelt.

Lit.: Eichelberger 1964; Harmonika-Revue. Zeitschriftfür Unterhaltung, Musik und Freunde der Harmonika.(1934ff.); Herrmann 1956; Richter 1990; Wagner1993 (zur Sozialgeschichte); Wagner 2001.

Akkord-Symbolschrift (engl.: chord symbolnotation). Im 20. Jahrhundert hat sich in der westli-chen Unterhaltungsmusik eine der →Generalbaß-Notation ähnliche Kurzschrift für Akkorde heraus-gebildet, die das harmonische Gerüst definiert unddem Musiker genügend Spielraum zum individuellenBegleiten läßt. Ausgangspunkt ist der Durdreiklang,der mit dem Buchstaben seines Grundtons abgekürztwird. Einem Pianisten oder Gitarristen würde bei-spielsweise »Am7 / D7 /« genügen, um den erstenTakt von Tea for two in G-Dur zu begleiten.

Bezogen auf C als Grundton sind die häufigsten Ak-korde (abweichende Symbole sind – leider – häufig):

C = C-Dur-Akkord = c – e – gC6 = C-Dur-Akkord mit hinzugefügter Sexte

= c – e – g – aC7 = Dominantseptakkord mit kleiner Sept

= c – e – g – bC7maj = Dominantseptakkord mit großer Sept

= c – e – g – h

Lit.: Ziegenrücker 1972, S. 44–54.

Akkordzither (engl.: autoharp). Eine →Zither(Abb. 1), die akkordisches Spiel auf dem Instrumenterleichtert. Die Akkordzither wurde um 1870 inMarkneukirchen erfunden und war besonders inden USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertsweit verbreitet.

Abb. 1. Akkordzither mit sechs Dämpferleisten.

Der flache, etwa 33 cm lange und rechts abge-knickte Resonanzkasten, der auf den Schoß oder ei-nen Tisch gelegt wird, ist mit bis zu 32 Metallsaitenbespannt, die in C gestimmt sind und als chromati-sche Töne Fis und häufig auch Cis haben. Recht-winklig über den Saiten befinden sich 6 bis 13Dämpferleisten, die durch Spiralfedern an jedemEnde oberhalb der Saiten gehalten werden. JedeDämpferleiste hat Filzplättchen, die, sobald sie nie-

C9 = Dominantseptakkord mit hinzu-gefügter None = c – e – g – b – d

C9– = Dominantseptakkord mit hinzu-gefügter kleiner None

= c – e – g – b – desCm = c-Moll-Akkord = c – es – gCm6 = c–Moll-Akkord mit hinzugefügter Sexte

= c – es – g – aCm7 = c-Moll-Akkord mit kleiner Sept

= c – es – g – bCo = verminderte Sept = c – es – ges – heses

(= enharmonisch verwechselt:c – es – fis – a)

Cm7/5– = »Tristan-Akkord« (f – h – dis1 – gis1

in Takt 2 von Tristan und Isolde)= c – es – fis – b

C+ = übermäßige Quinte = c – e – gisC7+ = übermäßige Quinte mit hinzugefügter

Sept = c – e – gis – bC9+ = übermäßige Quinte mit hinzugefügter

None = c – e – gis – d

7 Alphorn

dergedrückt wird, all jene Saiten dämpfen, die nichtzu dem Akkord gehören, der auf der Dämpferleistegenannt ist (oder durch eine Nummer symbolisiertwird). Die Saiten werden mit der rechten Hand,normalerweise mit einem Plektrum am Daumen, ge-zupft. Modelle mit zwölf Dämpferleisten haben vierDur-Akkorde, fünf Moll-Akkorde und drei Sept-akkorde.

Akustik der Musikinstrumente Das vorlie-gende Buch behandelt die Musikinstrumente vorwie-gend nach ihrem Aussehen bzw. nach ihrer Spiel-weise. Übergreifende akustische Fragen werden unterfolgenden Stichworten abgehandelt: CENT, FORMANT,HERTZ, HOHLKÖRPERRESONATOR, OBERTONREIHE,SCHWEBUNGEN UND DIFFERENZTÖNE, STIMMTON, TEIL-

TÖNE, TEMPERATUR. Siehe ebenso unter folgendenStichworten: BLASINSTRUMENTE, 1, 3; BOGEN, 1; FLA-

GEOLETT-TÖNE; GABELGRIFFE; GEDACKTE PFEIFE; MO-

NOCHORD; PAUKEN, 5; RÖHRENGLOCKEN, 2; SAITEN-

INSTRUMENTE, 1; ÜBERBLASEN; XYLOPHON, 2.Lit.: Dickreiter 1976; Fletcher/Rossing 1991; Helm-holtz 1863; Physik 1988; Real-Lexikon 1982; Sche-minsky 1935; Taylor 1994.

Akustisch Die stürmische Entwicklung bei denelektrischen bzw. elektronischen Instrumenten hatvielfach zu einem Benennungszwang nicht-elektri-scher bzw. nicht-elektronischer Typen einer Instru-mentengattung wie Gitarre und Schlagzeug als»akustische« Gitarre etc. geführt.

Ala (lat. »Flügel«). Mittelalterlicher Name fürein →Psalterium mit flügelförmig geschwungenemUmriß.

Lit.: Kurfürst 1985.

Albisiphon →BASSFLÖTE, 1.

Alboka →HORNPIPE.

Alghaita →SURNA.

Alghoza Nordindische, von Hirten gespielte→Kernspaltflöte oder →Flageolett aus Holz oderBambus. Das ca. 35 cm lange Instrument hat fünfGrifflöcher und ein enges Labium, das einen schril-len Ton erzeugt, der sich leicht →überblasen läßt.Der Spieler bläst meist zwei Flöten zusammen, in-dem er jede in einer Hand hält und die unteren Griff-löcher offenläßt, worauf die Flöten fast geigenähnli-che Klänge von sich geben.

Allen-Orgel Eine in den 1930er Jahren kon-struierte →elektronische Orgel der Allen OrganCompany für Heim- und Kirchenzwecke, späterauch für Konzertzwecke.

Alphorn Das lange hölzerne Horn aus derSchweiz; auch allgemein für ähnliche volkstümlicheInstrumente europäischer Hirten, wie sie in Deutsch-land (Thüringen und Schwarzwald), Frankreich (Vo-gesen), Skandinavien, Teilen von Rußland, Rumä-nien, Tschechien sowie der Slowakei vorkommenund dort jeweils einen eigenen regionalen Namentragen (z.B. bucium in Rumänien).

Abb. 1. Rumänische Hirten mit Alphörnern.

Für die Herstellung des Alphorns wird der Stammeiner jungen Fichte oder eines ähnlichen Baumeslängs in zwei Hälften gespalten oder gesägt, jedeHälfte wird ausgehöhlt, und anschließend werdenbeide mit Borke oder Wurzeln – heute nimmt manmeistens Peddigrohr – luftdicht zusammengebun-den. Die Bohrung kann konisch bis fast zylindrischsein. In den Alpen und Karpaten wird häufig einBaum ausgewählt, dessen Stamm sich am unterenEnde nach oben biegt (Abb. 1). In vielen Regionenwird das Instrument auch in trompetenähnlich ge-wundener Form gebaut (in der Schweiz Büchel ge-nannt). Das Mundstück ist entweder eine in dasschmale Ende geschnitzte Aushöhlung (→ZINK, 4)oder ein separates Teil; die Lippen des Spielers vi-brieren wie bei Blechblasinstrumenten, weswegendas Alphorn zu den →Polsterzungeninstrumentenzählt. Die Länge des Rohres beträgt zwischen 120und 500 cm (und mehr) und ermöglicht das Blasenvon Signalen und Melodien allein mit den →Natur-tönen, bis zum 6. Oberton bei einem kurzen Alp-horn oder gar bis zum 12. Oberton (und darüberhinaus) bei einem Alphorn von ca. 380 cm Länge,wie es in der Schweiz üblich ist (d.h. mit derselbenklingenden Länge eines Waldhorns in F).

Alt 8

Die Herkunft des Alphorns ist unbekannt. Bereitsim 16. Jahrhundert wird ein ca. 335 cm langes Alp-horn von einem Schweizer Autor erwähnt. In derKunstmusik kommen mehrfach Alphornzitate vor,u.a. bei Beethoven (6. Sinfonie, Finalsatz, Kuhrei-gen, gespielt von der Klarinette), Rossini, Ouvertürezu Wilhelm Tell (erste Phrase des Englisch Horn-So-los), Brahms (1. Sinfonie, Finalsatz, Hornmelodie,bei der das Fis den 11. Oberton des Alphorns dar-stellt), Wagner (Tristan und Isolde, der zweite Hir-tenruf im 3. Akt, für den Wagner eine Holztrompetemit metallenem Mittelstück für ein Ganzton-Piston-Ventil vorgesehen hat und der manchmal auf dem→Tárogató geblasen wird).

Auch auf anderen Erdteilen kann man langeTrompeten aus Holz oder anderen natürlichen Ma-terialien finden, die längsten davon in Südamerika(→CLARÍN, →ERKE, →TRUTRUCA).

Alt (von lat. alto »hoch«; engl.: contralto; ital.:contralto, alto; fr.: haute-contre). Die tiefere der bei-den Arten von Frauen- und Knabenstimmen, mit ei-nem normalen Tonumfang von f bis f2, bei Männer-altisten von c bis c2. Dementsprechende Lage in den→ Stimmwerken von Instrumenten des 16. und17. Jahrhunderts und in den Familien von Blechblas-instrumenten des 19. Jahrhunderts (Flügelhörner,Saxhörner). Im allgemeinen stehen die Altinstru-mente eine Quarte oder Quinte unter den Sopranin-strumenten.

Alta (ital., eigentlich alta musica, »starke Mu-sik«; fr.: haute musique). Im 15. Jahrhundert die Be-zeichnung für ein Instrumentalensemble aus lautenBlasinstrumenten wie →Pommern, →Zugtrompeteund →Posaune.

Altflöte, Flöte in G (engl.: alto flute; fr.: flûtecontralto en sol). Die in G, also eine Quarte unterder normalen Querflöte (der »Großen Flöte«) ste-hende Querflöte, deren tiefster Ton, ein notiertes c1,als g erklingt. Ihre Länge beträgt 87 cm, der Durch-messer ihrer Bohrung bewegt sich zwischen 24 und26 mm, d.h., daß die Bohrung im Verhältnis 4:3 zurBohrung der Großen Flöte (19 mm) steht. →QUER-

FLÖTE, Abb. 1. Ihr Klang ist unverwechselbar undvoll in allen Registern.

Theobald Boehm (1794–1881) hat sie erstmalig1858 gebaut und sie wegen ihres Klanges, der sei-nem Ideal des Vokalen am ehesten entsprach, in spä-teren Jahren als sein Lieblingsinstrument bezeichnet.Das bewog ihn auch, (unpublizierte) Liedtranskrip-tionen für die Altflöte vorzunehmen.

Lit.: Ventzke 1957.

Altertum Die nachfolgende kurze Tabellenennt die wichtigsten Typen der Musikinstrumentedes Altertums in chronologischer Folge. →auch BI-

BLISCHE MUSIKINSTRUMENTE.

Lit.: Anderson 1994; Fleischhauer 1964; Hickmann1961; Michaelides 1978; Rimmer 1969a; Sachs 1940;Wegner 1963.

Althorn (am.: alto horn; engl.: tenor horn; it.:genis; fr.: saxhorn alto). Ventilflügelhorn (→BÜGEL-

HORN sowie CLAVICOR) in Es, eine Quinte unter dem→Kornett stehend.

Altklarinette (engl.: alto clarinet; ital.: clari-netto contralto; fr.: clarinette-alto). In Es, also eineQuinte tiefer als die normale Klarinette in B stehen-des Instrument mit nach oben gebogenem Becher(wie bei der →Baßklarinette) und einem kurzen ge-bogenen Mundrohr, an dem das Mundstück aufge-setzt ist. Die Altklarinette sieht im wesentlichen wiedas →Bassetthorn aus (→KLARINETTE, Abb. 1 c), nurist sie etwas kürzer. Sie wird in den größeren Militär-kapellen und Blaskapellen in Amerika und Frank-reich gespielt. In britischen Kapellen ist sie im frühen20. Jahrhundert vom Saxophon abgelöst worden. InFrankreich und den USA gibt es auch Modelle mitnach unten gerichtetem hölzernen Becher.

Als die Altklarinette um 1810 von Iwan Müller(1786–1854) in Paris erfunden wurde, wurde sie zu-nächst in F gebaut und bestand in dieser Stimmunglange Zeit parallel zu der in Es. Das Bassetthornsteht auch in F, reicht aber bis zum klingenden F – ei-

v. Chr. Mesopotamien Ägypten

2600 Bogenharfe(HARFE, 10a)Leier (LEIER, 2)Rohrblattinstru-ment (auseinander-laufend)(ROHRBLATTINSTRU-

MENT, 2; AULOS)

Tempelklappern(KLAPPER)→SistrumBogenharfeLängsflöte (NAY)ROHRBLATTINSTRU-

MENT (parallel)

2000 GefäßrasselRahmentrommel(TROMMEL, 4e)Winkelharfe(HARFE, 10b)Langhalslaute(LAUTE, 7)

Faßtrommel(TROMMEL, 4b)Leier

1500 Winkelharfe (hori-zontal)Kleine Becken

SistrumRahmentrommelWinkelharfeLanghalslauteRohrblattinstru-ment (auseinander-laufend)kurze Trompete(TROMPETE, 7)

9 Angklung

nem Ton, den weder die in Es noch die in F stehendeAltklarinette erreicht. (Die Stimme für Altklarinettein F in der gedruckten Partitur von StrawinskysThreni verlangt diesen Ton und sollte demnach vomBassetthorn gespielt werden.)

Alto (fr.). Im Französischen der Name für die→Bratsche sowie für das Altsaxophon (→SAXHORN).

Amboß (engl.: anvil; ital.: incudine; fr.: en-clume). Das Hämmern der Schmiede haben Kompo-nisten von Auber (Le macon, 1825) bis Britten (Theburning fiery furnace, 1966) eingesetzt. BekannteBeispiele sind bei Verdi (Il trovatore, Zigeuner-schmiede im 2. Akt), Wagner (Das Rheingold mitder berühmten Verwandlung in die Nibelungen-schmiede, bei der 18 Ambosse, auf F in drei ver-schiedenen Oktaven notiert, erklingen), Walton(Belshazzar’s feast). Für Das Rheingold verwendeneinige Opernhäuser echte Ambosse, während andereschwere Stahlplatten mit einer Stärke von mehr als2,5 cm einsetzen.

American Musical Instrument Society 1971gegründete internationale Vereinigung, die sich zurAufgabe gemacht hat, das Studium der Geschichte,des Baus und Gebrauchs von Musikinstrumenten al-ler Kulturen und Zeiten zu fördern. Sie veranstaltetjährliche Treffen und publiziert die wichtige Jahres-schrift Journal of the American Musical InstrumentSociety (JAMIS). Nähere Informationen unter: http://www.amis.org.

Ampico Markenzeichen für →Reproduktions-klaviere der American Piano Company.

Amzad → IMZAD.

Anata (Tarca) Argentinische hölzerne →Kern-spaltflöte (→FLÖTE, 1c), die aus zwei ausgehöhltenHolzhälften besteht und sechs Grifflöcher hat. Sie istzwischen 22 und 65 cm lang und wird besonders zurKarnevalszeit gespielt.

Angelica (engl.: angelic; ital.: angelica; fr.: angé-lique).

1. Eine ca. 1650 bis 1750 gebräuchliche Laute,die als Besonderheit ihre Saiten in diatonischerFolge gestimmt hat, so daß der volle, resonanzreicheKlang der leeren Saiten charakteristisch für das In-strument ist. Da leere Saiten nachklingen und so un-gewollte Dissonanzen auftreten können, eignete sichdie Angelica am besten für langsame Stücke. Von 16einchörigen Darmsaiten, die von D bis e1 diatonischgestimmt sind, führen die sechs längsten wie bei der

→Erzlaute in einen zweiten, oberen Wirbelkasten.Ein besonders schönes Exemplar unter den sechsnoch erhaltenen Angelicas stammt von dem be-rühmten Hamburger Lautenmacher Joachim Tielke(1641–1719) und ist 1704 datiert (Mecklenburgi-sche Landesbibliothek, Schwerin). Das 127 cmlange Instrument hat ein Griffbrett mit Bünden, wo-bei der erste Bund für die alterierten Halbtöne istund die weiteren vier Bünde das Spiel auf der höch-sten Saite bis zum a1 (der höchsten Note in zeitge-nössischen Manuskripten für die Angelica) ermögli-chen.

Lit.: Hellwig 1980; Pohlmann 1968.

2. Ein barockes Orgelregister mit weichem Klang.

Angklung1. Indonesisches Musikinstrument, das aus in ei-

nem aufrechten Rahmen frei hängenden Bambus-röhren besteht (Zeichnung 1). Mehrere (meist drei)senkrechte Röhren stecken in einer horizontalen, mitSchlitzen versehenen Röhre. Die senkrechten Auf-schlagröhren sind am oberen Ende zungenförmigabgeschnitten, und durch ein Loch ist ein dünnerQuerstab, der Teil des Rahmens ist, gezogen. Amunteren Ende jeder Aufschlagröhre sind zwei Zinkeneingeschnitten, die die Röhre innerhalb der Spalte inder horizontalen Röhre halten. Wenn das Instru-ment seitlich angestoßen wird, wackeln die lockersitzenden Aufschlagröhren hin und her und schlagenan die Enden der Spalten in der unteren horizontalenRöhre an. Zusätzlich entstehen Töne aus →gedack-ten Pfeifen wegen der in den unteren Rohrabschnit-

Zeichnung 1

Ansatz 10

ten schwingende Luft. Da die Anschlagröhren Rohr-abschnitte im Verhältnis 1 : 2 : 4 haben, erklingen siein Oktaven (→OBERTONREIHE).

Angklungs werden auch zu Ensembles aus zwölfoder mehreren Instrumenten zusammengestellt, umpentatonische Skalen spielen zu können, und sinddie Grundlage eines dörflichen →Gamelans.

Ein westliches Angklung, 240 cm hoch, aus chro-matisch gestimmten Stahlröhren in zwei übereinan-der angeordneten diatonischen Reihen, die im Halb-tonabstand stehen, entwickelte um 1900 die Fa.Deagan, Chicago, für die Varietébühne. Ein Exem-plar davon befindet sich im Shrine to Music Mu-seum, Vermillion, SD, USA (→MUSIKINSTRUMENTEN-

SAMMLUNGEN).2. In Ostjava kann angklung auch ein aus Bam-

bursröhren gebautes →Xylophon sein. →CHALUNG

und GAMELAN.Lit.: Kunst 1949.

Ansatz (engl.: embouchure; ital.: imboccatura;fr.: embouchure). Die Art und Weise, wie der Bläsermit seinem Mund, den Zähnen, den Lippen und derZunge den Kontakt zum Instrument hält.

Antara Panflöte in Peru und benachbarten Län-dern. →PANFLÖTE, 2.

Antike Zimbeln Cymbales antiques. →BEK-

KEN, 4.

Apache fiddle Einsaitiges Streichinstrumentder Apache-Indianer Nordamerikas.

Apache flute →Kernspaltflöte der Apache-In-dianer Nordamerikas.

Appalachian dulcimer NordamerikanischesVolksmusikinstrument; eine →Zither mit länglichem8-förmigen Korpus (siehe Abb. 1) und drei oder vierMetallsaiten, ähnlich dem →Scheitholz. Eine Saiteist die Melodiesaite, die übrigen sind →Bordunsai-ten. Die Melodiesaite wird mit einem Holzstöckchenan den diatonischen Bünden (→BUND) abgegriffen,das Instrument wird mit einem →Plektron aus einemTruthahn- oder Gänsefederkiel gespielt. Jean Ritchie

hat das Instrument auch außerhalb seiner Heimat(Kentucky und Alabama) bekannt gemacht.

Lit.: Ritchie 1963.

Applikatur (18. Jahrhundert) →FINGERSATZ.

Archi Ital. für Streicher (d.h. Violinen, Brat-schen, Violoncelli und Kontrabässe).

Arcicembalo →KLAVIATUR, 4 (mikrotonale Kla-viaturen).

Arciviolata lira →LIRA DA GAMBA.

Arco (ital., span.) Der →Bogen eines Streichin-struments.

Arghul Doppelrohrblattinstrument des NahenOstens, mit einer Pfeife als →Bordun; →ZUMMARA.

Arpa (ital., span.) →HARFE.

Arpa doppia →HARFE, 9b.

Arpanetta1. (ital.) →SPITZHARFE.

2. Von der Fa. Ludwig Hupfeld, Leipzig, 1895konstruierte mechanische →Zither mit Lochstreifen.→auch MECHANISCHE MUSIKINSTRUMENTE.

arpeggio Das Brechen, d.h. das Nacheinander-spielen der Töne eines Akkordes.

Lit.: →AUFFÜHRUNGSPRAXIS.

Arpeggione Eine gestrichene Gitarre (mitMerkmalen von Gitarre und Violoncello), die derWiener Gitarrenbauer Johann Georg Staufer 1823erfunden hat und guitare d’amour nannte. Im fol-genden Jahr komponierte Schubert für dieses Instru-ment, das er Arpeggione nannte, und Klavier seineSonate a-Moll D 821. Nachdem die Sonate 1871 imDruck erschien, wurde dies der übliche Name fürdas äußerst seltene Instrument, das in Aufführungenvon Schuberts Sonate meistens von einem →Violon-cello ersetzt wird. Das Arpeggione hat Cellogröße,gebogene Decke und Steg, aber Gitarrenumriß und

Abb. 1. Appalachian dulcimer von Billy Reed Hampton (1982).

11 Aulos

keine →Stimme. Die sechs Saiten stehen in Gitarren-stimmung, das Griffbrett hat 24 Metallbünde, diebis zum e3 reichen. In der Instrumentalschule vonVincenz Schuster (für den Schubert seine Sonateschrieb) wird das Arpeggione »Guitarre-Violoncell«genannt. Das Musikinstrumenten-Museum desStaatlichen Instituts für Musikforschung PK, Berlin,besitzt ein Arpeggione, das dem Staufer-Schüler An-ton Mitteis zugeschrieben wird, ebenso das PragerNationalmuseum.

Askaules (altgr.). →SACKPFEIFE, 7.

Aufführungspraxis (engl.: performance prac-tice). Die Art und Weise, wie Musik aufgeführt wird,und im speziellen, wie sie in vergangenen Epochenaufgeführt wurde. Der Begriff der Aufführungspra-xis entstand in Zusammenhang mit dem Besinnenauf verlorengegangene Aufführungsweisen bei derAufführung von Kompositionen, die über einen län-geren Zeitraum aus dem Bewußtsein des aktuellenMusiklebens weitgehend entschwunden waren. In-sofern führt die Anwendung der Erkenntnisse einerhistorischen Aufführungspraxis immer zu einer hi-storisierenden Aufführungspraxis, die ihrerseits we-gen ihres beständigen Wandels interessante Studiennahelegt, die sich dank der Tonträger direkt am mu-sikalischen Klang orientieren können. Von Anfangan hat sich die historisierende Aufführungspraxismit der Verwendung historischer Instrumente bzw.Instrumententypen beschäftigt und darin den wich-tigsten Aspekt gesehen. In den letzten Jahrzehntenhat sich die praktische Beschäftigung mit der histori-schen Aufführungspraxis in Hinblick auf die Ver-wendung eines historisch authentischen Instrumen-tariums auch auf das 19. und frühe 20. Jahrhundertausgeweitet, obwohl bisher nur wenige Studien dazuerschienen sind.

→auch BAROCK, RENAISSANCE-INSTRUMENTARIUM.Lit.: Allgemeine Studien: Dolmetsch 1915; Donington1975; Dreyfus 1983; Elste 1990; Frotscher 1963; Gut-knecht 1993; Haas 1931; Herrmann-Bengen 1959;Hohe Schule 1935; Kolneder 1970; Koury 1986; Musi-kalische Interpretation 1992; Performance 1971 (wich-tige Bibliographie); Reidemeister 1988; Schering 1975;Schriftenverzeichnis (wichtige jährliche Bibliographieseit 1977).Spezialstudien: Altenburg 1973 (zur Clarinblaskunst)Boyden 1965 (zur Violine); Pietsch 1987 (zum Cem-balo); Stowell 1985 (zur Violine); Terry 1932 (zu BachsOrchester); Tromlitz 1791 (zur Querflöte); Türk 1789(zum Clavichord); Violinspiel 1975.Wichtige Primärquellen: Adlung 1758; Altenburg1795; Bach 1753; Eisel 1738; Geminiani 1751; Hotte-terre 1707; Mace 1676; Mattheson 1731, 1735, 1739;Mozart 1756; Mozart 1787; Ortiz 1553; Petri 1782;Prelleur 1731; Quantz 1789; Türk 1789; Walther1732. →auch unter BAROCK, GENERALBASS, RENAIS-SANCE-INSTRUMENTARIUM.

Aufschlag Beim Gitarrenspiel das Bindenzweier aufwärtsgehender Töne auf einer Saite, wo-bei nach dem Anschlag des unteren Tons der Fingerfür den oberen Ton aufgesetzt und die Saite ange-schlagen wird.

Aufschnitt (engl.: cut-up; ital.: bocca; fr.: bou-che). Bei einer →Labialpfeife der Orgel ebenso wiebei der →Blockflöte das Fenster im Pfeifenkörper.

Aulos (gr., »Röhre«). Heutzutage bezeichnet imGriechischen Aulos (gesprochen »Awlos«) einevolkstümliche Flöte verschiedener Arten. Doch dasantike Griechenland verstand unter Aulos (abgese-hen von der allgemeinen Bedeutung als »Röhre«) einRohrblattinstrument, aber auch jede einzelne Pfeifedes schlanken Pfeifenpaars, das zusammen von ei-nem Spieler geblasen wurde und bei weitem das be-deutendste Blasinstrument der westlichen Antikewar (in lat.: tibia) und bei öffentlichen und privatenFesten und Zeremonien jeglicher Art erklang und inGriechenland im Theater den Chor anführte.

Abb. 1. Aulos und Krotala (→KROTALON)(British Museum, London; Vase E 38).

1. Griechischer Aulos (Abb. 1)

Jede Hand hält eine Pfeife mit einer abziehbarenhölzernen Hülse, in der das Doppelrohrblatt(→ROHRBLATT, 4) steckt. Im Britischen Museum,London, gibt es ein originales Aulos-Paar (sog. »El-gin-Aulos« aus einem Grab aus dem 5. Jahrhundertv. Chr.), das ein typischer Aulos zu sein scheint.Seine Pfeifen (ohne Blatt) sind 35 und 31 cm langund haben je fünf sorgfältig unterschnittene Grifflö-cher und ein Daumenloch zwischen den ersten bei-