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Sehr geehrte Damen und Herren,
mit der Einführung des Teils 1 der DIN EN 1997 – bezeichnet als Eurocode 7 (Kurzform EC 7) – in die
Bauregelliste liegen klare, verpflichtende Vorgaben zu Entwurf, Berechnungen und Bemessungen in
der Geotechnik, also zu allen Baugrundfragen vor. Diese Regelwerke bilden somit also auch eine
wesentliche Grundlage für die Beurteilung von Schadensfällen und Rechtsstreitigkeiten.
Damit die Vorgaben des sehr umfangreichen und komplexen Eurocodes EC 7 auch tatsächlich
Eingang in die Praxis finden, sind im vorliegenden Informationsschreiben für Architekten, Fachplaner
und Behörden die wichtigsten Aussagen und Vorgaben der aktuellen geotechnischen Regelwerke
zusammengefasst.
Mit dieser Zusammenstellung können die am Bau Beteiligten nun auch leichter ihrer obligatorischen
Pflicht nachkommen, die Qualität von angebotenen und erbrachten geotechnischen Ingenieur–
leistungen zu beurteilen.
Seite 2 von 7
A: Allgemeines
DIN EN 1997-1:2014-03 und DIN EN 1997-2:2010-10 ersetzen als Teile 1 und 2 des EC 7 teilweise
die Normen DIN 1054:2010-12 und DIN 4020:2010-12. Andererseits ergänzen diese deutschen
Normen mit den jeweiligen nationalen Anwendungsdokumenten den Eurocode dort, wo er nationale
Festlegungen und Regelwerke zulässt.
Aus der Vereinigung von Eurocode EC 7 und nationalen Normen ist als Gesamtregelwerk für die
praktische Anwendung das so genannte Normen-Handbuch Eurocode 7 entstanden. Band 1 dieses
Handbuches mit Ausgabedatum vom Mai 2011 enthält die allgemeinen Regeln zur geotechnischen
Bemessung. In Band 2 vom Juni 2011 sind die Richtlinien zur Erkundung und Untersuchung
zusammengefasst.
B: Sinn und Zweck geotechnischer Untersuchungen
Geotechnische Untersuchungen, die landläufig als Baugrunduntersuchungen bezeichnet werden,
haben insbesondere folgende Aufgaben:
- Sie dienen als Planungs- und Entscheidungsgrundlagen für den Architekten und den
Tragwerksplaner.
- Sie bilden eine wesentliche Grundlage für Planungs- und Kostensicherheit. Dadurch wird
auch das Risiko von Mehrkosten und Bedenkenanmeldungen deutlich reduziert.
- Sie schaffen die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Bemessung der Gründung. Mit
ihnen kann nämlich die Gründung optimal an die Tragfähigkeit des Baugrunds angepasst
werden. Dadurch können Aufwendungen für unnötige Gründungsmaßnahmen (z.B. zu große
Fundamente) und Bauschäden durch Fehldimensionierungen vermieden werden.
- Sie bilden die Grundlage und liefern die bodenmechanischen Kennwerte für wichtige
Standsicherheitsnachweise (Grundbruch, Gleiten, Geländebruch, Verformungen), denn in
den Baugrund werden alle Bauwerkslasten abgetragen. Ohne diese Kennwerte können die im
Eurocode EC 7 geforderten Nachweise zur Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit nicht
geführt werden!
- Sie stellen sicher, dass die Wechselwirkung zwischen Untergrund und Bauwerk nach dem
Stand der Technik und angemessen beurteilt wird. (Hinweis: anderweitige Fachplaner und
auch Architekten mit umfangreicher Berufserfahrung, sind in juristischer Hinsicht nicht mit
einem Sachverständigen für Geotechnik gleich zu setzen !) Erst die Berechnung der zu
erwartenden Setzungen und Setzungsdifferenzen ermöglicht die Wahl einer wirtschaftlichen
Konstruktion und die Beurteilung von Setzungsrisiken.
- Sie liefern die notwendigen Angaben zur Grundwassersituation, so dass die richtigen
Abdichtungssysteme für unterirdische Bauteile gewählt werden.
- Sie schaffen Rechtssicherheit vor allem für den Bauherrn. Die Befolgung des Eurocode
EC 7 ist nämlich für alle am Bau Beteiligten verpflichtend.
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C: Der Begriff der Geotechnischen Kategorien
Nach DIN 1054:2010-12 ist jedes geotechnische Projekt nach dem Schwierigkeitsgrad des Bauwerks,
den Baugrundverhältnissen sowie den zwischen dem Projekt und der Umgebung bestehenden
Wechselwirkungen in eine der Geotechnischen Kategorien GK 1 (geringe Schwierigkeit), GK 2
(mittlere Schwierigkeit) oder GK 3 (höchste Schwierigkeit) einzustufen. Die Einstufung ist vor Beginn
der geotechnischen Erkundung unter Beachtung der Regeln der DIN 1054 vorzunehmen. Maßgebend
für die Einstufung ist jenes Kriterium, das die höchste Geotechnische Kategorie ergibt. Die Einstufung
und die daraus resultierenden Anforderungen sind im Zuge der Projektbearbeitung aufgrund der
Ergebnisse geotechnischer Untersuchungen, Berechnungen und der Bauausführung zu überprüfen
und gegebenenfalls anzupassen.
Nach DIN 1054:2010-12, Anhang, Tabelle AA.1 erfolgt die Einteilung in die entsprechende
Geotechnische Kategorie anhand von bestimmten Situationsmerkmalen:
- Baugrund
- Grundwasser
- Bauwerk allgemein
- Besondere Bauwerke
(unterirdisch aufgefahrene Hohlraumbauten, Tunnel, Stollen, tiefe Baugruben, kerntechnische
Anlagen, Chemiewerke und Anlagen, in denen gefährliche Stoffe erzeugt, gelagert oder
umgeschlagen werden, etc.)
- Sonstige Baumaßnahmen und Bauverfahren
(Deponien, Horizontalbohrungen, Microtunneling, Verfahren des Spezialtiefbaus, wie Schlitzwände,
Einpressarbeiten und Düsenstrahlarbeiten)
- Flächengründungen
- Pfahlgründungen
- Stützbauwerke
- Hydraulisch verursachtes Versagen
- Gesamtstandsicherheit
- Erddämme
Anlage 1 dieses Schreibens enthält eine tabellarische Übersicht dieser Situationsmerkmale und der
sich jeweils ergebenden Geotechnischen Kategorien.
Bei der intensiven Beschäftigung mit den Situationsmerkmalen wird man feststellen, dass Objekte der
Geotechnischen Kategorie GK 1 eher die Ausnahme bilden und selbst Einfamilienhäuser meist in die
Geotechnische Kategorie GK 2 einzustufen sind.
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D: Die Konsequenzen der Geotechnischen Kategorien
Aus der Geotechnischen Kategorie ergeben sich Vorgaben für die Baugrunderkundung und die
Geotechnische Berichterstattung gemäß den beiden nachfolgenden Tabellen:
Konsequenzen hinsichtlich der Untersuchungen: GK 1 GK 2 GK 3
Art und Umfang der geotechnischen Untersuchungen müssen die
Überprüfung der vorausgesetzten Baugrundverhältnisse ermöglichen (ggf.
reichen Kartenstudien und / oder visuelle Abnahmen aus).
x
Einschaltung eines Sachverständigen für Geotechnik
(bereits bei der Grundlagenermittlung und Vorplanung)
x x
Baugrunderkundung mit direkten Baugrundaufschlüssen (Bohrungen
oder Schürfe) mit Höchstabständen und Mindestaufschlusstiefen nach DIN
EN 1997-2
x x
Die für die Beurteilung und die Berechnung notwendigen
Baugrundkenngrößen müssen versuchstechnisch und / oder mit Hilfe
von Korrelationen bestimmt werden.
x x
Prüfung, ob weitere Untersuchungen notwendig sind, die sich aus den
besonderen Abmessungen, Eigenschaften und Beanspruchungen des
Bauwerks oder aus Sonderfragen des Baugrunds, des Grundwassers oder
der Umgebung ergeben. Es sollte im Allgemeinen nach anspruchsvolleren
Vorgaben und Regeln, als den in den Normen genannten, untersucht
werden.
x
Konsequenzen hinsichtlich der Berichterstattung: GK 1 GK 2 GK 3
Erstellung eines Geotechnischen Berichts x (!) x x
Erstellung des Geotechnischen Berichts durch einen Sachverständigen
für Geotechnik
x x
Geotechnischer Bericht, der inhaltlich darauf beschränkt ist, dass die GK 1
vorliegt, wobei die Ergebnisse der Erkundungen und Untersuchungen zu
beschreiben, darzustellen und zu kommentieren sind
x
Der Geotechnische Bericht muss neben dem Geotechnischen
Untersuchungsbericht die Bewertung der Ergebnisse des Untersuchungs–
berichts, Gründungsempfehlungen sowie die Folgerungen für das Bauwerk
und die Ausführung enthalten. Charakteristische Werte der Baugrund–
kenngrößen und Grundwasserstände sind in Abhängigkeit vom Bauwerk
anzugeben. Der Bericht muss das Führen aller relevanten Standsicher–
heitsnachweise ermöglichen.
x x
Erstellung eines Geotechnischen Entwurfsberichts
(Der Geotechnische Bericht ist dann Teil des Geotechnischen Entwurfs–
berichts.)
x x
Die Projektbearbeitung erfordert vertiefte geotechnische Kenntnisse
und Erfahrungen auf dem jeweiligen Spezialgebiet.
x
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E: Die Formen der geotechnischen Berichterstattung
Der Geotechnische Untersuchungsbericht:
Bei Projekten der GK 2 und GK 3 müssen die Ergebnisse der Baugrunderkundung in einem
Geotechnischen Untersuchungsbericht zusammengefasst werden, der Teil des Geotechnischen
Entwurfsberichts sein soll (s.u.). Dieser Geotechnische Untersuchungsbericht enthält somit eine
Dokumentation aller zum Baugrund und zum Grundwasser gewonnenen Informationen sowie eine
Nennung der mitwirkenden Personen und der eingesetzten Verfahren. Dabei soll auch eine
Bewertung der Ergebnisse auf Plausibilität vorgenommen werden.
Der Geotechnische Bericht:
Im geotechnischen Bericht sind die Ergebnisse Baugrunderkundung zu beschreiben, darzustellen und
zu kommentieren.
Bei den Geotechnischen Kategorien GK 2 und GK 3 enthält der Geotechnische Bericht über den
Inhalt des Geotechnischen Untersuchungsberichts (s.o.) hinaus die Bewertung der Ergebnisse des
Untersuchungsberichts, Gründungsempfehlungen sowie die Folgerungen für das Bauwerk und die
Ausführung. Die charakteristischen Werte der Baugrundkenngrößen und Grundwasserstände sind in
Abhängigkeit vom Bauwerk anzugeben. Der Geotechnische Bericht ist Teil des Geotechnischen
Entwurfsberichts. Vom Inhalt her entspricht der Geotechnische Bericht dem klassischen
„Baugrundgutachten“, wobei dieser Begriff nicht mehr zeitgemäß ist.
Bei der Geotechnischen Kategorie GK 1 sind im Geotechnischen Bericht die Ergebnisse der
Erkundungen und Untersuchungen zu beschreiben, darzustellen und zu kommentieren und es ist
nachzuweisen, dass die Geotechnische Kategorie GK 1 vorliegt.
Der Geotechnische Entwurfsbericht:
Die Voraussetzungen, Vorgaben, Rechenverfahren und die Ergebnisse der Nachweise der Stand–
sicherheit und Gebrauchstauglichkeit müssen im Geotechnischen Entwurfsbericht dokumentiert
werden. Der Geotechnische Entwurfsbericht muss einen Plan für eine geeignete Überwachung und
Kontrolle durch Messungen enthalten. Umstände, die während der Bauausführung zu prüfen sind oder
die eine Instandhaltung nach der Fertigstellung erfordern, müssen in dem Bericht klar herausgestellt
werden. Eine Kurzfassung des Geotechnischen Entwurfsberichts, welche die Überwachung, die
Kontrollmessungen und die Instandhaltungsbedingungen für das fertige Bauwerk enthält, muss dem
Eigentümer bzw. Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Der Geotechnische Entwurfsbericht hat
im Wesentlichen die Funktion einer prüffähigen Statik, in der die Modellbildungen zusammen mit ihren
Grundlagen dargestellt und die Berechnungsergebnisse für das Zusammenwirken von Baugrund und
Gründungselementen dargestellt werden. Er enthält also die ingenieurmäßige Bearbeitung und die
rechnerischen Nachweise der Standsicherheit und Gebrauchssicherheit. Die Praxis hat gezeigt, dass
der Geotechnische Entwurfsbericht vor allem bei kleinen und mittleren Bauvorhaben von
Bauherrschaften meist deshalb nicht veranlasst wird, weil die Meinung vorherrscht, dass dieser
Bericht keinen Nutzen hat bzw. mit unnötigem Aufwand verbunden ist. Beim Verzicht auf die
Veranlassung eines Geotechnischen Entwurfsberichts durch die Bauherrschaft hat der
Sachverständige für Geotechnik eine Hinweispflicht auf die normativen Vorgaben.
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Bild A 7.1 aus DIN 4020:2010-12 (Übersicht zu Formen der geotechnischen Berichterstattung):
F: Der Umfang der Baugrunderkundung
Die Untersuchungen des Baugrundes müssen eine Beschreibung der Untergrundverhältnisse liefern,
die für die vorgesehene Baumaßnahme maßgebend sind und eine Grundlage für die Festlegung der
geotechnischen Kennwerte eröffnen, die für alle Bauzustände maßgebend sind.
Die maximal zulässigen Untersuchungsabstände und Mindestuntersuchungstiefen für Projekte der
geotechnischen Kategorien GK 2 und GK 3 ergeben sich auf Grundlage des Anhangs B.3 der DIN EN
1997-2:2010-10. Bei diesen Werten handelt es sich nach DIN 1997-2/NA:2010-12 nicht um
Richtwerte, sondern um normative Vorgaben !
Eine Übersicht zu den einzuhaltenden Untersuchungsabständen und -tiefen enthält Anhang 2.
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G: Fazit für die Praxis:
- Alle Bauvorhaben sind bereits im Zuge der Grundlagenermittlung oder der Vorplanung in eine
Geotechnische Kategorie einzustufen. Wenn sich während der Planung oder der Bauarbeiten zeigen
sollte, dass die Voraussetzungen für die ursprüngliche Einstufung nicht mehr gegeben sind, ist das
Objekt in die entsprechend höhere Geotechnische Kategorie einzustufen und der
Untersuchungsumfang sowie die Berichterstattung anzupassen.
- Für alle Bauvorhaben ist ein Geotechnischer Bericht zu erstellen.
- Für die Einstufung in GK 1 sind in den Regelwerken abgrenzende Voraussetzungen definiert. In
diesem Fall darf sich der Geotechnische Bericht auf den Nachweis beschränken, dass diese
Voraussetzungen eingehalten sind. Die Einschaltung eines Sachverständigen für Geotechnik und
besondere Baugrunderkundungen sind dann nicht vorgeschrieben.
- Bei Bauwerken der GK 2 und GK 3 ist zwingend ein Sachverständiger für Geotechnik hinzuzuziehen.
- Für Projekte der GK 2 und GK 3 muss eine Baugrunderkundung durchgeführt werden, wobei
zulässigen Untersuchungsabstände und Mindestuntersuchungstiefen zu berücksichtigen sind
Verfasst am 18.07.2017,
Dipl.-Ing.(FH) Jens Schopphoven
(stellvertr. Vorsitzender der Fachgruppe Geotechnik
der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz)
Haftungsausschluss und Datenschutz:
Der Autor übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten
Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch
die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger
Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen, sofern seitens des Autors kein nachweislich vorsätzliches
oder grob fahrlässiges Verschulden vorliegt.
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2017-07 Anlage 1
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Tabelle zur Ermittlung der Geotechnischen Kategorie gemäß DIN 1054:2010-12, Tabelle AA.1
Situation GK 1 GK 2 GK 3
1 Baugrund
(Aus Abschnitt 2 der
DIN 1054)
Baugrund in waagerechtem oder schwach
geneigtem Gelände, der nach gesicherter
örtlicher Erfahrung als tragfähig und
setzungsarm bekannt ist
Durchschnittliche Baugrundverhältnisse, die
nicht in GK 1 oder GK 3 fallen
Ungewöhnliche oder besonders schwierige
Baugrundverhältnisse wie:
- geologisch junge Ablagerungen mit regelloser
Schichtung bzw. geologisch wechselhafte
Formationen;
- Böden, die zum Kriechen, Fließen, Quellen oder
Schrumpfen neigen;
- bindige Böden, bei denen die Restscherfestigkeit
maßgebend sein kann;
- bindige Böden ohne ausreichende Duktilität, z. B.
strukturempfindliche Seetone;
- weiche organische und organogene Böden
größerer Mächtigkeit;
- Fels, der zur Auflösung oder zu starkem Zerfall
neigt, z. B. Salz, Gips und verschiedene
veränderlich feste Gesteine;
- Fels, der in Bezug auf das Bauvorhaben ungünstig
verlaufende Störungszonen oder Trennflächen
enthält
- Bergsenkungsgebiete oder Gebiete mit Erdfällen
oder Baugrund mit ungesicherten Hohlräumen
- unkontrolliert geschüttete Auffüllungen.
2 Grundwasser
(Aus Abschnitt 2 der
DIN 1054)
Grundwasser liegt unterhalb der Baugruben-
bzw. Gründungssohle
Freie Grundwasseroberfläche liegt höher als
die Bauwerkssohle
Grundwasserzutritte bzw. die Wasserhaltung
sind mit üblichen Maßnahmen beherrschbar
Durch diese Maßnahmen sind keine
ungünstigen Einflüsse auf die Umgebung zu
befürchten
Gespanntes Grundwasser kann durch Bodenaushub
zu artesischem Grundwasser werden
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2017-07 Anlage 1
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Situation GK 1 GK 2 GK 3
3 Bauwerk allgemein
(Aus Abschnitt 2 der
DIN 1054)
Setzungsunempfindliche, flach gegründete
Bauwerke mit Stützenlasten bis 250 kN und
Streifenlasten bis 100 kN/m wie Einfamilien–
häuser, eingeschossige Hallen, Garagen
Bauwerke, bei denen nach DIN EN 1998-5/NA
im Hinblick auf Erdbebenbelastung kein Nach-
weis der Standsicherheit erforderlich ist
Benachbarte Gebäude, Verkehrswege,
Leitungen usw. werden durch das Bauwerk
selbst oder durch die für seine Errichtung
notwendigen Bauarbeiten nicht in ihrer
Standsicherheit gefährdet oder in ihrer
Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt
Übliche Hoch- und Ingenieurbauten auf
Einzelfundamenten, Streifenfundamenten,
Gründungsplatten oder Pfahlgründungen
Leitungsgräben bis 5 m Tiefe
Bauwerke der Bedeutungskategorien I und II
nach DIN EN 1998-5/NA, bei denen im
Hinblick auf Erdbebenbelastung ein Nachweis
der Standsicherheit erforderlich ist
Durch konstruktive Maßnahmen, z. B. dichte
und steife Baugrubenumschließung, ist ein
schädlicher Einfluss der Baumaßnahme auf
Nachbarschaft und Umgebung nicht zu
erwarten
Bauwerke mit hohem Sicherheitsanspruch oder hoher
Verformungsempfindlichkeit
Bauwerke mit ungewöhnlichen Lastkombinationen, die
für die Gründung maßgebend werden
Bauwerke, die durch Wasser mit einer Druckhöhe von
mehr als 5 m belastet sind
Einrichtungen und Baumaßnahmen, die den
Grundwasserspiegel vorübergehend oder bleibend
verändern, sofern damit ein Risiko für benachbarte
Bauten entsteht
Bauwerke der Bedeutungskategorie III und IV nach
DIN EN 1998-5/NA, bei denen im Hinblick auf
Erdbebenbelastung ein Nachweis der Standsicherheit
erforderlich ist
Bauwerke oder Baumaßnahmen, bei denen die
Beobachtungsmethode zum Nachweis der
Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit
angewendet wird
4 Besondere Bauwerke
(Aus Abschnitt 2der
DIN 1054)
GK 1 entfällt Unterirdisch aufgefahrene Hohlraumbauten,
Tunnel, Stollen und Schächte in festem, wenig
geklüftetem Fels
Senkkastengründungen mit Druckluft
Unterirdisch aufgefahrene Hohlraumbauten, Tunnel,
Stollen und Schächte, in Lockergestein oder in
geklüftetem Fels
Kerntechnische Anlagen
Offshore-Bauten
Chemiewerke und Anlagen, in denen gefährliche Stoffe
erzeugt, gelagert oder umgeschlagen werden
5 Sonstige Baumaß–
nahmen und Bauver–
fahren
(Aus Abschnitt 2 der
DIN 1054)
GK 1 entfällt Boden- und Felsdeponien ohne
Kontamination
Übliche Horizontalbohrungen für den
Leitungsbau
Deponien aller Art, ausgenommen nicht kontaminierte
Böden und Felsaushübe
Horizontalbohrungen mit hohen Spülungsdrücken
z. B. im HDD-Verfahren (Horizontal Direction Drilling),
Microtunneling
Verfahren des Spezialtiefbaus wie Schlitzwände,
Einpressarbeiten und Düsenstrahlarbeiten
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2017-07 Anlage 1
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Situation GK 1 GK 2 GK 3
6 Flächengründungen
(Aus Abschnitt 6 der
DIN 1054)
Einzel- und Streifenfundamente von
Bauwerken entsprechend A 2.1.2 A (16c), bei
denen die Voraussetzungen für den
vereinfachten Tragfähigkeitsnachweis nach A
6.10 A (1) a) bis c) erfüllt sind
Gründungsplatten für maximal
zweigeschossige, gut ausgesteifte Bauwerke.
Übliche Einzelfundamente,
Streifenfundamente und Fundamentplatten,
soweit sie nicht in die Geotechnische
Kategorie GK 1 eingestuft werden dürfen
Bauwerke mit besonders hohen Lasten
Gründungen für Brücken mit großen Spannweiten, z.B.
über 40 m, und mit statisch unbestimmt gelagerten
Überbauten, die bei Setzungsunterschieden der
Stützen und Widerlager maßgebende
Zwangsbeanspruchungen erfahren; auch für integrale
Brücken
Maschinenfundamente mit hohen dynamischen Lasten
Gründungen für hohe Türme wie Sendemasten,
Industrieschornsteine
Ausgedehnte Plattengründung auf Baugrund mit
unterschiedlichen Steifigkeiten im Grundriss
Gründungen neben bestehenden Gebäuden, wenn die
in DIN 4123:2000-09, 7.1, 8.1 und 9.1 angegebenen
Voraussetzungen nicht zutreffen
Gründung eines Bauwerks bei teils hoch, teils tief
liegender Gründungsebene oder mit unterschiedlichen
Gründungselementen
7 Pfahlgründungen
(Aus Abschnitt 7 der
DIN 1054)
GK 1 entfällt Ermittlung der Pfahlwiderstände auf Druck
aus Erfahrungswerten nach DIN EN 1997-
1:2009-09, 7.6.2.3
Übliche zyklische, dynamische oder stoßartige
Einwirkungen nach 2.4.2.1 A (8a)
Einwirkungen auf Pfähle quer zur Pfahlachse
am Pfahlkopf
Pfähle mit negativer Mantelreibung
Erhebliche zyklische, dynamische oder stoßartige
Einwirkungen nach 2.4.2.1 A (8b) und 2.4.2.1 A (8c)
Geneigte Zugpfähle mit einer Neigung flacher als 45°
Ermittlung der Pfahlwiderstände auf Zug aus
Erfahrungswerten nach DIN EN 1997-1:2009-09,
7.6.3.3
Beanspruchung quer zur Pfahlachse aus Seitendruck
oder Setzungsbiegung
Hoch ausgelastete Pfähle in Verbindung mit sehr
geringen zulässigen Setzungen
Pfähle mit einer Mantel- und / oder Fußverpressung
Kombinierte Pfahl-Plattengründungen
8 Verankerungen
(Aus Abschnitt B der
DIN 1054)
GK 1 entfällt Schwellbeanspruchungen und dynamische
Beanspruchungen, sofern ausreichende
Erfahrungen vorliegen
Kurzzeitanker
Schwellbeanspruchungen und dynamische
Beanspruchungen, sofern keine ausreichenden
Erfahrungen vorliegen
Daueranker
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2017-07 Anlage 1
Seite 4 von 5
Situation GK 1 GK 2 GK 3
9 Stützbauwerke
(Aus Abschnitt 9 der
DIN 1054)
Stützbauwerke bis 2,0 m Höhe des
Geländesprungs, wenn hinter den Wänden
keine hohen Auflasten wirken
Gräben für Leitungen oder Rohre bis 2 m
Tiefe, die nicht in das Grundwasser
einschneiden
Stützung von Grabenwänden durch
Grabenverbaugeräte nach DIN 4124:2002-10,
Abschnitt 5
Normverbau nach DIN 4124:2002-10, 6.2 und
7.3
Stützbauwerke und Baugrubenwände bis
10 m Geländesprung
Stützbauwerke und Baugrubenwände von mehr als
10 m Tiefe
Baugruben in weichen Böden
Stützbauwerke neben dicht angrenzenden,
verschiebungs- oder setzungsempfindlichen
Bauwerken
10 Hydraulisch
verursachtes Versagen
(Aus Abschnitt 10 der
DIN 1054)
GK 1 entfällt Bauvorhaben, bei denen ein Nachweis der
Sicherheit gegen Aufschwimmen von nicht
verankerten Konstruktionen erforderlich ist
Bauvorhaben, bei denen ein Nachweis der
Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch
erforderlich ist
Bauvorhaben, bei denen ein Nachweis der Sicherheit
gegen Aufschwimmen von verankerten Konstruktionen
erforderlich ist
Bauvorhaben, bei denen die Berücksichtigung der
räumlicher Zuströmung beim Nachweis der Sicherheit
gegen hydraulischen Grundbruch erforderlich ist
11 Gesamtstand–
sicherheit
(Aus Abschnitt 11 der
DIN 1054)
Geböschte Baugruben und nicht verbaute
Gräben nach DIN 4124 ohne Einwirkung aus
Grundwasser
Böschungshöhen bis 10 m bei nichtbindigen
Böden, bindigen Böden mit mindestens steifer
Konsistenz oder Fels mit bekannten
geotechnischen Eigenschaften
Hänge, Böschungen und Dämme, nicht verankerte
Stützbauwerke und Baugrubenwände sowie
konstruktive Böschungssicherungen in folgenden
Fällen:
- allgemein bei mehr als 10 m Höhe
- bei ausgeprägter Kriechfähigkeit des Bodens
- bei Gefahr von Setzungsfließen
- bei Nichtausreichen ebener Betrachtungen von
Bruchkörpern im Boden
- bei maßgeblichem Einfluss von Erdbeben
Gesamtstandsicherheit bei einfach oder mehrfach
verankerten Stützbauwerken und Baugrubenwänden
mit dicht angrenzenden, verschiebungs- oder
setzungsempfindlichen Bauwerken
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2017-07 Anlage 1
Seite 5 von 5
Situation GK 1 GK 2 GK 3
12 Erddämme
(Aus Abschnitt 12 der
DIN 1054)
Dämme auf tragfähigem Baugrund bis 3 m
Höhe, gegebenenfalls mit Verkehrsflächen auf
der Dammkrone
Ständig oder zeitweise wasserbelastete
Dämme mit einer Höhe des maßgebenden
Stauwasserspiegels von bis zu 2 m über dem
luftseitig anschließenden Gelände auf
tragfähigem Baugrund
Dämme bis 20 m Höhe in ebenem oder flach
geneigtem Gelände auf tragfähigem
Untergrund, gegebenenfalls mit einer Höhe
des maßgebenden Stauwasserspiegels bis
höchstens 4 m über dem luftseitig
anschließenden Gelände
Dämme auf stark geneigtem Gelände
Dämme auf wenig tragfähigem Baugrund, die eine
Prognose der zeitlichen Entwicklung der Verformungen
erfordern
Dämme, die Setzungen an verformungsempfindlichen
Bauwerken auslösen
Dämme, bei denen die Tragfähigkeit und/oder das
Setzungsverhalten des Baugrunds durch
Zusatzmaßnahmen verbessert wird
Dämme in Bergsenkungsgebieten und bei der Gefahr
von Tagesbrüchen oder Erdfällen
Ständig oder zeitweise wasserbelastete Dämme mit
einer Höhe des maßgebenden Stauwasserspiegels
von mehr als 4 m über dem luftseitig anschließenden
Gelände und / oder einem hohen Schadenspotential,
z.B. bei einem Stauvolumen von mehr als 100 000 m³
Maßgeblicher Einfluss von Erdbeben
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2015-01 Anlage 2
Übersicht: zulässige Untersuchungsabstände und Mindestuntersuchungstiefen für Projekte
der geotechnischen Kategorien GK 2 und GK 3 nach DIN EN 1997-2, Anhang B.3
Zulässige Höchstabstände:
Mindestuntersuchungstiefen:
Fachgruppe Geotechnik, Informationsschreiben 2014-12 Anlage 3
Gerichtsurteile:
OLG München, Urteil vom 30.09.2008 – 9 U 5366/07
Inhalt: Der Auftraggeber hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Architekten, wenn
dieser unwirtschaftlich plant, sofern die Planung mittlerer Art und Güte ist. Es gibt keine
Pflicht möglichst billig zu bauen. Bei marktkonformer Planung liegt kein Schaden vor.
Fazit: Ein beauftragter Planer schuldet nicht die wirtschaftlichste Planungsleistung. Das gilt
auch für Baugrunduntersuchungen und Baugrundbeurteilungen. Daraus ergibt sich
auch, dass die Qualität sowie der wirtschaftliche Nutzen geotechnischer
Untersuchungen und Beratungen von der Vergütung abhängt (Wer sich günstig
beraten lässt baut meist teuer).
OLG Jena, Urteil vom 27.07.2011 - 7 U 937/10
Inhalt: Es ist nicht Sache des Statikers, sondern des Architekten, ein Baugrundgutachten
einzuholen oder seitens des Bauherrn einholen zu lassen. Weicht der Statiker
allerdings von den Werten des Baugrundgutachtens ab, obwohl kein anders lautendes
Baugrundgutachten vorliegt und weist er nicht auf die Notwendigkeit eines solchen
Gutachtens hin, haftet er dem Bauherrn auf Schadensersatz.
Fazit: Der Entwurfsverfasser, bzw. der Architekt muss (bei Projekten der Geotechnischen
Kategorien GK 2 und GK 3) einen Sachverständigen für Geotechnik hinzuziehen.
Der Tragwerksplaner muss die Vorgaben des Sachverständigen für Geotechnik
befolgen und auf die Notwendigkeit von ggf. erforderlichen ergänzenden
Untersuchungen hinweisen.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.03.2005 - 23 U 308/03
Inhalt: Der Tragwerksplaner haftet neben dem Bodengutachter gesamtschuldnerisch, wenn er
auf erkennbare Fehler des Bodengutachtens nicht hingewiesen hat und es dadurch zu
einem Schaden gekommen ist. Der Tragwerksplaner muss ungeeignete
Untersuchungsmethoden des Baugrundgutachters erkennen können.
Fazit: Der Tragwerksplaner muss die Qualität der geotechnischen Beratung beurteilen und
auf erkennbare Fehler hinweisen.