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Westdeutscher Rundfunk Köln Appellhofplatz 1 50667 Köln Tel.: 0221 220-3682 Fax: 0221 220-8676 E-Mail: [email protected] www.quarks.de Script zur wdr-Sendereihe Quarks & Co Asteroide, Kometen, Meteorite Die Gefahr aus dem All?

A steroide, K om eten , M eteorite D ie G efahr au s dem A ll? · D ie S u ch e n a ch e rd n a h e n A ste ro id e n E s ist e in fu rch te rre g e n d e s S ze n a rio : E in g

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Asteroide, Kometen, MeteoriteDie Gefahr aus dem All?

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Herausgeber: Westdeutscher Rundfunk Köln; verantwortlich: Öffentlichkeits-arbeit; Text: Reinhart Brüning, Jens Hahne, Daniel Münter, Gabriele Rose, RangaYogeshwar; Redaktion: Claudia Heiss; Copyright: wdr, Januar 2008; Gestaltung:Designbureau Kremer & Mahler, Köln

Bildnachweis: alle Bilder Freeze wdr 2007 außer S. 1 kleine Bilder 2. v. r. und 4. v. r. –Rechte: mauritius, S. 5, 6, 12, 13 – Rechte: NASA, S. 18-23 – Rechte: WDR/ Julian undRanga Yogeshwar, S. 7, 8, 9 – Rechte: Public Domain, S. 9 und S. 15 Chicxulub-Krater – Rechte: ICDP (International Continental Scientific Drilling Program),GeoForschungsZentrum Potsdam, S. 25 und S. 26 – Rechte: WDR/Elke Baulig

Ein Asteroid oder Komet rast auf die Erde zu und droht sie zu zerstören – das ist der Stoff, ausdem Spielfilme sind. Doch wie sieht die Realität aus? 2004 hat ein Asteroid weltweit Astrono-men in Atem gehalten: Der 350 Meter große Brocken sollte nach ihren ersten Berechnungen2029 auf die Erde stürzen. Der Asteroid Apophis würde bei einem Einschlag einen Krater vonvier Kilometern Durchmesser schlagen, möglicherweise in einer der bevölkerungsreichstenRegionen der Erde. Quarks & Co hat die Astronomen besucht, die den Asteroiden in Arizona ent-deckt haben.

Viele Hobbyastronomen machen aus Überzeugung die Nacht zum Tage. Die einen wollen ein-fach einen fantastischen Sternenhimmel beobachten, die anderen sind auf der Jagd nachneuen Asteroiden oder Kometen. Einer von ihnen ist Ranga Yogeshwar. Quarks & Co hat eineNacht mit ihm in seiner Sternwarte verbracht und spricht mit ihm über seine schlafraubendeLeidenschaft.

Wie groß ist die Gefahr, dass ein großer Asteroid oder Komet mit der Erde kollidiert? MehrereWissenschaftlerteams rund um den Globus haben sich auf die Suche nach den bedrohlichenBrocken im All gemacht. Wie bereiten sich die Forscher auf den eventuellen Ernstfall vor? Woherkommen die Himmelsbrocken eigentlich, und was genau sind Asteroiden, Kometen undMeteorite? Wie konnte ein Asteroid vor 65 Millionen Jahren 70 % allen Lebens, darunter auchdie Dinosaurier, auf der gesamten Erde komplett vernichten? Die Spurensuche beginnt auf derHalbinsel Yukatan in Mexiko am Chicxulup-Krater. Quarks & Co hat Antworten auf viele Fragen,und berichtet über eindrucksvolle Einschlagskrater auf der Erde.

4 Apophis: Der Brocken, der die Erde bedroht

7 Einschlagskrater auf der Erde

10 Steckbrief: Meteoritenkrater auf der Erde

12 Die Entstehung von Asteroiden und Kometen

15 Das Ende der Saurier

18 Rangas Sternwarte – Ein nächtliches Tagebuch

24 Asteroidenabwehr

Weitere Informationen, Lesetipps und interessante Links finden Sie auf unseren Internetseiten. Klicken Sie uns an: www.quarks.de

InhaltInhalt AsteroidenAsteroiden, Kometen, Meteorite

Die Gefahr aus dem All?

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Die Suche nach erdnahen Asteroiden

Es ist ein furchterregendes Szenario: Ein großerFelsbrocken aus dem All stürzt auf die Erde, ver-wüstet ganze Landstriche, tötet viele Menschen.Um diese Bedrohung frühzeitig zu erkennen,sind einige der großen Teleskope der USA aus-schließlich der Suche nach Asteroiden gewid-met. Die Astronomen halten vor allem nach erd-nahen Brocken Ausschau – den sogenanntenNEAs (Near-Earth Asteroids). Die Suchpro-gramme spürten bis heute über 5.000 Astero-iden auf, deren Flugbahn in die Nähe der Erdeführt. Mehr als 700 davon haben einen Durch-messer von mehr als einem Kilometer – ihrEinschlag könnte sogar eine globale Katastropheauslösen.

Jeden neuen Kollisionskandidaten nehmen dieAsteroidenjäger genau unter die Lupe. Dafürbeobachten sie einen neu entdeckten NEAimmer wieder, um seine Flugbahn möglichstgenau zu ermitteln. Nur dann können sie seineBahn schon Jahrzehnte im Voraus genau berech-nen und so das Risiko einer Kollision mit der

Erde abschätzen. In den meisten Fällen gebendie Asteroidenjäger nach einer Entdeckung baldEntwarnung. Doch 2004 kam es anders!

Die Entdeckung – ein Zufall

Als der Astronom Roy Tucker am 18. Juni 2004seine Beobachtungsnacht am Kitt-Peak-Obser-vatorium in Arizona (USA) beginnt, ist er nichtauf der Suche nach erdnahen Asteroiden. Er willein Objekt untersuchen, das er weiter von derErde entfernt vermutet. Doch Tucker wendeteeine Technik an, die auch bei der NEA-SucheStandard ist. Mit der Kamera des riesigenTeleskops nimmt er denselben Himmelsab-schnitt dreimal im Abstand von rund zehnMinuten auf. Durch einen Vergleich solcherBilder lassen sich Objekte finden, die schnellüber den Himmel wandern. Roy Tucker ist nurmäßig überrascht, als er auf seinen Aufnahmeneinen NEA entdeckte. Er widmete der Ent-deckung noch eine zweite Beobachtungsnachtund meldete die Daten dann an das Minor PlanetCenter der Harvard-Universität. Dort wird das

Objekt unter dem Namen 2004 MN4 registriert.Roy Tucker verliert den Asteroiden aus denAugen: Das Wetter ist zu schlecht. Die wenigenBeobachtungen reichten nicht aus, um die Bahnvon 2004 MN4 berechnen zu können.

Die Ereignisse überschlagen sich

Erst im Winter 2004 gerät der Asteroid 2004 MN4wieder in das Visier der Asteroidenjäger. Wiedersind Astronomen aus Arizona beteiligt. Eines derTeleskope, das ganz der NEA-Suche gewidmet ist,entdeckt den Asteroiden am 18. Dezember 2004und übermittelt die Daten an das Zentralregister inHarvard. Weil diese Beobachtung Monate nach derersten Entdeckung liegt, können sich das MinorPlanet Center und das Near Earth Objects Officeder NASA endlich an die Berechnung der Flugbahnmachen. Das Ergebnis, das wenige Tage spätervorliegt, birgt ein schreckliches Szenario. Denersten Berechnungen zufolge könnte der Asteroid2004 MN4 die Erde treffen, und das auch noch aneinem Freitag, den 13. – nämlich am 13. April 2029mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:300.

Obwohl der 250-Meter-Brocken der gefährlichsteAsteroid ist, den die Astronomen jemals beobach-tet haben, sind sie zunächst nicht übermäßigbesorgt. In der Vergangenheit hat sich dieEinschlagwahrscheinlichkeit eines NEAs stetsdurch weitere Beobachtungen verkleinert. Dochdiesmal ist es anders. Teleskope auf der ganzenWelt verfolgen die Bahn des Asteroiden und mitjeder Beobachtung steigt die berechnete Wahr-scheinlichkeit einer Kollision mit der Erde. Am27. Dezember liegt der Wert bei 1:37.

Knapp vorbei ist auch daneben

Während einige Asteroidenjäger an Weihnachten2004 jede Nacht am Teleskop verbringen, um denFlug des Asteroiden 2004 MN4 weiter zu beobach-ten, sichten andere die Aufnahmen in ihrenArchiven. Vielleicht haben sie den Asteroiden inden zurückliegenden Monaten aufgenommen,ohne ihn bemerkt zu haben? Wieder sind es dieAsteroidenjäger aus Arizona, die einen Volltrefferlanden. Sie hatten den Asteroiden 2004 MN4schon im März 2004 am Himmel fotografiert. Mit

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Apophis: Der Brocken...Apophis: Der Brocken, der die Erde bedrohtDie Geschichte einer unwahrscheinlichen Katastrophe

Links:Am Kitt-Peak-Observatorium in Arizona wurde der Asteroid Apophis zum ersten Mal gesichtet

Mitte:Am 18. Juni 2004 sieht ein Astronom den AsteroidenApophis zum ersten Mal über den Himmel wandern

Rechts:Diese Grafik veröffentlicht die NASA am 23.12.2004. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision beziffert sie auf 1:300

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den neu berechneten Daten wird klar: Die Erdeliegt nicht mehr auf der Bahn des Asteroiden.Wenige Wochen später bestätigen Aufnahmeneines Radarteleskops die Entwarnung: Der großeAsteroid wird die Erde 2029 knapp verfehlen – umgerade mal 30.000 Kilometer.

Ist die Katastrophe nur aufgeschoben?

Trotz der Entwarnung wird dem Asteroiden eineseltene Ehre zuteil: 2004 MN4 erhält im Sommer2005 einen Namen: Er wird nach dem ägyptischenGott für Zerstörung und Chaos Apophis benannt.Das ist treffend, denn bei einem Einschlag würdeer eine ganze Region verwüsten und einen Kratervon rund vier Kilometer Durchmesser schlagen.

Apophis hat noch zwei weitere Chancen, seinemNamen gerecht zu werden. In den Jahren 2036 und2037 kommt er der Erde wieder gefährlich nahe –jeweils wieder am 13. April, da sich Apophis undErde in dieser Phase synchronisiert um die Sonnebewegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Apophis

2036 auf die Erde stürzt, beziffern die Experten imMoment auf 1:45.000. Die Berechnungen legen dieLinie der Bedrohung weitgehend in den Pazifik.Dort könnte er zwar nicht unmittelbar Menschentöten, aber stattdessen einen großen Tsunamiauslösen. Der Asteroid steht weiter unter Beob-achtung.

Der jüngste Meteoriteneinschlag ereignete sicham 15. September 2007 in der Nähe von Carancasin Peru. Der Himmelskörper hat einen Krater vonrund 13 Meter Länge hinterlassen. Einwohner derbetroffenen Gegend klagten nach dem Ereignisüber gesundheitliche Beschwerden. Ein Zusam-menhang zwischen Einschlag und Krankheits-symptomen konnte jedoch nicht nachgewiesenwerden. Forscher haben inzwischen festgestellt,dass hier ein Asteroid aus Stein mit einem hohenEisenanteil eingeschlagen ist.

Einschlagskrater ...der die Erde bedrohtEinschlagskrater auf der ErdeZeugen der Erdgeschichte

Irgendwo auf dieser Linie wäre Apophis 2029 eingeschlagen, wenn sich die ersten Berechnungen bewahrheitet hätten

Die vernarbte Oberfläche des Mondes ist Ergebniszahlloser Einschläge in der Vergangenheit

Die Erde wurde seit ihrer Entstehung von einer Vielzahl kosmischer Geschosse getroffen. Dies kann mansich gut vorstellen, wenn man den Mond betrachtet. Er ist übersäht mit Kratern. 95 Prozent derMondkrater sind älter als 3,4 Milliarden Jahre. Sie sind noch heute zu erkennen, weil der Mond keineAtmosphäre besitzt und kaum geologische Aktivität aufweist. Einschläge bleiben so über Jahrmilliardensichtbar. Auf der Erde werden die Kraterspuren hingegen durch ständig ablaufende Prozesse wie Erosion,also Wind und Wasser, Vulkanismus und Kontinentalverschiebung verwischt. Dabei gilt: Um so älter einMeteoritenkrater ist, desto schwerer ist er zu erkennen. Jüngere Einschlaglöcher hingegen haben oft nochdeutliche Spuren hinterlassen.

Der Carancas-Krater in Peru. Den mit Wasser gefüll-ten Krater haben die Bewohner umzäunt

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Vor 65 Millionen Jahren soll in Mexiko derMeteorit eingeschlagen sein, der das Ende derDinosaurier und vieler anderer Lebewesen be-deutete. Der 180 Kilometer große Chicxulub-Krater liegt am Ostrand der Halbinsel Yucatan inMexiko. Heute ist oberflächlich nichts mehr vondem Krater zu sehen. Erst durch Magnet- undSchwerefeldmessungen wird der Krater tief imGestein erkennbar.

Ein noch älterer Einschlag ist auch aus der Luftkaum zu erkennen: Der Siljan-Krater in Schweden,250 Kilometer nordwestlich von Stockholm, ist dergrößte Einschlagskrater Europas. Der eingesunke-ne Rand ist heute teilweise durch Seen aufgefüllt.Sein Durchmesser beträgt etwa 55 Kilometer. DerEinschlag ereignete sich vor etwa 370 MillionenJahren.

Der Vredefort-Krater in Südafrika gilt als dergrößte und älteste Einschlagskrater der Erde. Erbefindet sich rund 120 Kilometer südwestlich vonJohannesburg. Vor etwa 2 Milliarden Jahren isthier ein Meteorit eingeschlagen und hinterließeinen Krater, der größer ist als Nordrhein-West-falen.

Der Barringer-Krater (auch Meteor-Krater ge-nannt) liegt in Arizona, USA. Er entstand vor rund50.000 Jahren durch den Einschlag eines Nickel-Eisen-Meteoriten und gehört mit einem Durch-messer von 1,5 Kilometern zu den kleinerenMeteoritenkratern. Der Barringer-Krater ist dererste Einschlagskrater, der auf der Erde identifi-ziert wurde. Daniel Barringer hatte bereits 1905die These aufgestellt, dass der Krater durch einkosmisches Geschoss entstanden ist.

Der Bosumtwi-Krater im westafrikanischen Ghanagehört ebenfalls zu den jüngeren Meteoriten-kratern der Erde. Er ist vor etwa 1 Million Jahrendurch den Einschlag eines etwa ein Kilometergroßen Steinmeteorits entstanden. Heute wirdder Krater mit einem Durchmesser von elf Kilo-metern fast vollständig von einem See ausgefüllt.

Auch in Deutschland ist ein kosmisches Geschosseingeschlagen. Die Stadt Nördlingen in Bayernliegt mitten in einem Krater. Mit einem Durch-messer von 25 Kilometern ist das Nördlinger Riesheute nur noch aus der Luft als Krater zu erken-nen. Bei dem Einschlag vor 15 Millionen Jahrenwurden riesige Gesteinstrümmer bis zu 70 Kilo-meter weit ausgeworfen.

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Einschlagskrater auf der Erde

Der Barringer-Krater aus der Luft. Er liegt in derWüste Arizonas in den USA

Der Bosumtwi-Krater in Ghana hat einen Durchmes-ser von elf Kilometern

Das Nördlinger Ries – zusammen mit dem SteinheimerBecken der einzige nachgewiesene Meteoritenein-schlag in Deutschland

Nur mit speziellen Messverfahren konnten Wissenschaft-ler den Chicxulub-Krater tief im Gestein nachweisen

Der 370 Millionen Jahre alte Siljan-Krater ist selbstaus der Luft kaum noch zu erkennen

Der älteste bekannte Einschlag eines Meteoriten: der Vredefort-Krater in Südafrika

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1. Indiz: Der Krater

Auf dem Mond kann man die verdächtigen Ein-schlagskrater schon mit einem einfachen Teleskopentdecken und überführen. Aber die Erde ist einäußerst schwieriger Spezialfall. Das Aufspüren vonKratern erfordert jede Menge Fachwissen unddetektivischen Spürsinn. Die Kriminalisten, dieMeteoritenkrater überführen wollen, haben zweimächtige natürliche Feinde, und beide spielen aufZeit – genauer gesagt über sehr lange Zeiträume:Der erste Feind ist die Plattentektonik der Erde. Dieoberste Schicht unseres Planeten wird im Laufe derJahrmillionen in das Erdinnere geschoben. Dabeiwerden etwaige Meteoritenkrater eingeschmolzenund alle Spuren für immer ausgelöscht.

Den übrig gebliebenen Kratern setzt der zweiteFeind zu: Erosion, also Wasser und Wind, verwischtim Laufe der Zeit die Spuren der Einschlagskraterauf der Erde. Die Kriminalisten müssen außerdemnoch mit zahlreichen falschen Fährten kämpfen.Kraterformen können nämlich auch auf andere Wei-se entstehen, beispielsweise durch Eismassen, diesich während der immer wiederkehrenden Eiszei-ten auf großen Teilen der Kontinente auftürmten.

2. Indiz: Gesteinstrümmer

Die große Energie eines Einschlags zerstört undzertrümmert Gestein in gewaltigem Ausmaß. Esmüsste also doch ein Leichtes sein, anhand dieservielen Trümmer, den Meteoritenkratern auf dieSchliche zu kommen! Doch weit gefehlt: Gesteinwird ganz ähnlich zerstört, wenn sich im Laufe derJahrmillionen beispielsweise Gebirge auffalten.

3. Indiz: Strahlenkegel

Um wirklich hieb- und stichfeste Beweise zu fin-den, muss der Kriminalist das Gestein im Bereichdes vermeintlichen Meteoritenkraters genauuntersuchen. Es gibt nur eine Struktur, die man mitbloßem Auge erkennen kann und die ein stichhal-tiger Beweis ist: sogenannte Strahlenkegel (eng-lisch: shutter cones). Das sind rillenförmige Struk-turen, die sich längs über den Stein ziehen. Siekönnen nur entstehen, wenn eine gewaltigeSchockwelle durch das Gestein läuft.

4. Indiz: Verdächtige mikroskopische Strukturen

Das entscheidende Werkzeug, um Meteori-tenkrater zu überführen, ist das Mikroskop. Diemeisten der eindeutigen Beweise sind nur mit die-sem Instrument zu entdecken. Am wichtigstensind sogenannte planare Deformationsstrukturen.Sie können sich nur bilden, wenn eine Stoßwellemit hoher Energie durch das Gestein läuft.Dadurch entstehen winzige Rissstrukturen, die fürMeteoriteneinschläge charakteristisch sind. Aufder Erde hätte sonst höchstens noch eine Atom-bombe genügend Energie, um so etwas hervorzu-bringen.

Bisher wurden auf der Erde 175 Meteoritenkraterüberführt. Es gibt eine umfangreiche englischspra-chige Datenbank, die alle diese Krater beschreibt.Verwaltet wird sie von anerkannten Impakt-Forschern. Nur was in dieser Earth Impact Data-base auftaucht, gilt als gesicherter Einschlags-krater. Es gibt auf der Erde immer noch viele ver-dächtige Strukturen, die bisher nicht eindeutig alsMeteoriteneinschläge nachgewiesen werdenkonnten.

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Wanted!

Links:Wer Meteoritenkrater entdecken will, kommt ohne Mikroskop nicht aus

Mitte:Solche sogenannten planaren Deformationsstrukturen lassensich nur unter dem Mikroskop erkennen. Sie können außerdurch einen Meteoriten nur durch eine Atombombe entstehen

Rechts:Solche strahlenförmigen Gebilde sind die einzigen harten Beweise für einen Meteoriteneinschlag. Mit bloßemAuge lassen sich hier Rillen auf dem Gestein erkennen

Wanted!Steckbrief: Meteoritenkrater auf der Erde

Impakt

Als Impakt bezeichnet man in der Astronomie oder Geologie denEinschlag eines Himmelskörpers auf die Oberfläche eines meist sehr vielgrößeren Körpers.

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Am Anfang waren nur Gas und Staub

Vor seiner Geburt war unser Sonnensystem vorrund 4,7 Milliarden Jahren Teil einer riesigen Wolke– mehrere Hundert Lichtjahre im Durchmesser. Siebestand hauptsächlich aus Wasserstoff undHelium, Gasen so alt wie das Universum selbst.Doch in die Gase war eine Prise ultrafeinen Staubsgemischt, aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Aluminium,Eisen und schweren Elementen. Diese und nochweitere Stoffe waren zuvor in Sternen erzeugt undin gewaltigen Supernova-Explosionen ins Allgeschleudert worden.

Supernova-Explosionen

Am Ende ihres Lebens vergehen schwere Sterne in gewaltigenExplosionen. Dabei stoßen sie einen großen Teil ihrer Hülle ab undschleudern ihn in das Weltall hinaus. Eine Supernova leuchtet imMoment der Explosion so hell wie mehrere Milliarden gewöhnlicherSterne zusammen.

Astronomen glauben, dass die Entstehung unse-res Sonnensystems dann so abgelaufen seinkönnte: Durch die Druckwelle einer nahenSupernova bilden sich in der Wolke zufällige Ver-dichtungen. Sie haben mehr Masse und ziehen

mehr Teilchen an – von ihnen geht eine erhöhteAnziehungskraft (Gravitation) aus. Gas und Staubaus der Umgebung fliegen auf die Klumpen zu, siewachsen und verdichten sich weiter. An vielenStellen fällt die Wolke deshalb in Kerne zusam-men, aus denen jeweils ein Sonnensystem gebo-ren wird.

Die Sonne: Schwerkraft gegen Druck

Auch der Teil der Wolke, der später unser Sonnen-system bildet, fällt unter seiner eigenen Schwer-kraft zusammen. Wegen Turbulenzen hat er sichschon vor dem Zusammenstürzen leicht gedreht,während des Kollapses wird er immer schneller –wie ein Schlittschuhläufer, der bei der Pirouettedie Arme anzieht. Die Wolke flacht deshalb immerweiter ab, bis sie die Form einer Scheibe annimmt.Astronomen nennen sie die protoplanetarischeScheibe. Ein großer Teil der Materie stürzt unterder Wirkung der Schwerkraft ins Zentrum dieserScheibe. Dort verdichtet sie sich immer mehr,Druck und Temperatur steigen an. Schließlich wirdes so heiß und dicht, dass die Verschmelzung vonWasserstoff- zu Heliumkernen beginnt: UnsereSonne hat gezündet.

Im jungen Sonnensystem zündet die Sonne im Zentrumder Scheibe aus Gas und Staub

Noch heute werden neue Sterne geboren, indem sichGas- und Staubwolken verdichten. So auch im Adler-nebel, rund 7.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, aufeinem Bild des Hubble-Teleskops

Die Planeten: aus Staub geboren

Nicht nur im Zentrum, sondern auch in den ande-ren Bereichen der protoplanetarischen Scheibewurde damals an unserem Sonnensystem gebaut:Während sich in der Mitte die Sonne bildet, wir-beln die Turbulenzen im Gas die winzigenStaubteilchen außen ständig durcheinander. Siestoßen immer wieder zufällig zusammen, bleibenaneinander kleben und wachsen so nach und nachzu immer größeren Klumpen. Nach rund einerMillion Jahren sind aus diesen Klumpen Brockengeworden, die schon einen Durchmesser von biszu einem Kilometer haben. Jetzt beschleunigt sichdas Geschehen: Die Brocken ziehen sich gegen-seitig an, die größeren schlucken die kleinen.Nach weiteren 10.000 Jahren ist das Feld schonziemlich bereinigt; die meisten Brocken sindschon so groß wie unser Mond! Abertausende vonihnen ziehen auf regelmäßigen Bahnen um dieSonne und kommen sich nur noch ab und zu in dieQuere. Das große Fressen geht deshalb nur mitgebremster Geschwindigkeit weiter. Rund 100Millionen Jahre nach dem Kollaps der Gas- undStaubwolke ist das Sonnensystem so, wie wir esheute kennen: acht große Körper, die um einen rie-sigen Gas-Stern, die Sonne, kreisen.

Asteroiden: Brocken aus Stein und Metall

In der Nähe der Sonne kreisen die massivenGesteinsplaneten: Merkur, Venus, Erde und Mars.Außerhalb der Marsbahn gibt es einen Streifen, indem es Planetenkeime nicht geschafft haben, wei-ter zu wachsen: der Asteroidengürtel. In ihm krei-sen über 100.000 Stein- und Metallbrocken – mitGrößen von einigen Metern bis zu einigen Kilo-metern Durchmesser. Der riesige Planet Jupiter, dernoch weiter außerhalb kreist, verhindert vermut-lich ihr weiteres Wachstum mit seiner Schwerkraft.

Durch Zusammenstöße oder durch den Einfluss dergroßen Planeten können Asteroiden auf Umlaufbah-nen näher zur Sonne geraten. Dabei besteht auchdie Möglichkeit, dass sie immer wieder die Bahnder Erde kreuzen. Ab einer Größe von einigen Hun-dert Metern ist der Zusammenstoß mit einem sol-chen erdnahen Asteroiden eine Gefahr für die Erde.

Kometen: schmutzige Schneebälle

Jenseits des Asteroidengürtels kreisen die großenGasplaneten: Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.Sie sind so schnell gewachsen, dass sie eine Hülle

Die Entstehung von Asteroiden und KometenDie Entstehung von Asteroiden und Kometen

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Das Ende der Saurier aus dem Gas des frühen Sonnensystems um sichversammeln konnten, ehe der Sonnenwind es zwi-schen den Planeten hinwegfegte. Hinter der Bahndes achten Planeten, Neptun, gibt es noch einenweiteren Gürtel mit großen Brocken, die nicht zuPlaneten herangewachsen sind: den Kuipergürtel.Von den Objekten, die hier kreisen, ist Pluto dasbekannteste.

Sonnenwind

Die Sonne schleudert ständig geladene Teilchen ins All. DieserSonnenwind besteht vor allem aus Protonen und Elektronen.

Dort – weit von der Sonne entfernt – war es immerkalt. Pluto und auch die kleineren Brocken be-stehen zu einem großen Teil aus Eis. Wenn zweisolcher Eisbrocken zusammenstoßen, kann einBruchstück Richtung Sonne geschleudert werden:Das ist die Geburtsstunde eines Kometen.

Ein Komet beginnt zu leuchten

In der Nähe des Jupiters ist die Sonne schon sonah, dass das Eis eines Kometenkerns zu ver-dampfen beginnt. Es bildet sich eine äußere Hülleaus Staub, Wasserdampf und Gasen: die Koma.

Sie ist ungefähr 1.000-mal größer als der Kern. Siewird durch das Sonnenlicht angestrahlt und istdeshalb auch mit bloßem Auge am Nachthimmelzu erkennen.

Der Sonnenwind bläst Staubteilchen aus der Komaheraus und es entsteht ein Schweif. Er ist immervon der Sonne abgewandt und verläuft in einerleicht gekrümmten Bahn. Die meisten Kometenfliegen in einem Bogen um die Sonne und entfer-nen sich wieder von ihr. Der Schweif bildet sichdann zurück und der Komet hört auf zu leuchten.Sogenannte periodische Kometen kehren imAbstand von einigen Jahren wieder in die Nähe derSonne zurück.

Neben dem Kuipergürtel gibt es wahrscheinlichnoch ein zweites Reservoir von Kometenkernen:die Oort’sche Wolke. Sie liegt vermutlich weitaußerhalb des eigentlichen Sonnensystems undumschließt es wie eine Kugel aus Eisbrocken.

Vor 65 Millionen Jahren kam es zu einem gewalti-gen Massenaussterben auf der Erde. Auch dieDinosaurier zählen zu den Arten, die am Ende derKreidezeit ausstarben. Seit Jahrhunderten gab esein Rätselraten um die Ursache: Die unterschied-lichsten Theorien wurden aufgestellt. Als Gründewurden unter anderem Vulkanausbrüche, Strah-lung aus dem All und Asteroideneinschläge disku-tiert. Heute favorisieren die Wissenschaftler einenAsteroideneinschlag als Erklärung. 1980 wurdediese Theorie von dem Nobelpreisträger und Phy-siker Luis Alvarez und seinem Sohn, dem Geo-logen Walter Alvarez, vertreten. Zunächst heftigumstritten, wurde die Theorie erst akzeptiert, alszu Beginn der 1990er-Jahre im Golf von Mexiko beiYukatan der langgesuchte Krater entdeckt wurde,der den Einschlag eines Himmelskörpers belegte:der Chicxulub-Krater. Er ist nach einem kleinenFischerdorf in der Nähe benannt und liegt mehr alsein Kilometer unter der Erdoberfläche. Sein Durch-messer: gut 180 Kilometer.

Die Entstehung des Chicxulub-Kraters

Im Jahr 2002 begann ein wissenschaftlichesBohrprojekt im Chicxulub-Krater. Ergebnis: DasGestein im Krater ist eindeutig durch einen

Einschlag entstanden. Aber was für ein Himmels-körper kann einen solchen Krater verursachthaben?

Wissenschaftler gehen von einem etwa zehnKilometer großen Asteroiden aus. Er durch-schlug mühelos die Erd-Atmosphäre und stürztemit mehr als 90.000 km/h (25 km/s) in den nurwenige Meter tiefen Golf vor Mexiko. Bei Tempe-raturen von einigen 10.000 Grad Celsius bohrteer sich ins Erdgestein, bis er in zehn KilometerTiefe zum Stillstand kam. Dort explodierte derAsteroid und erzeugte einen 90 Kilometer brei-ten und 35 Kilometer tiefen Krater. Der Kraterkollabierte sofort und erweiterte sich zu einemflachen, aber 180 Kilometer breiten Krater. Mitdem Aufschlag wurde Gestein mehr als 1.000Kilometer weit geschleudert – alles Leben imUmkreis war schlagartig ausgelöscht.

Fossile Zeugen des Asteroideneinschlags

Auch für die weiterreichenden Folgen des Ein-schlags gibt es Beweise: Eine Arbeitsgruppe desPaläontologen Wolfgang Kiessling vom Museumfür Naturkunde in Berlin untersucht das Aus-sterben von Muscheln und Schnecken im Süden

Im Asteroidengürtel kreisen über 100.000Brocken aus Stein und Metall

Durch Magnetfeldmessungen wird derChicxulub-Krater tief im Gestein erkennbar. Er entstand vor 65 Millionen Jahren

Das Ende der Saurier Ein Asteroideneinschlag löschte 70 Prozent allen Lebens ausDie Entstehung...

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Argentiniens – mehr als 8.000 Kilometer vomChicxulub-Impakt entfernt. Dort fanden sie in einer65 Millionen Jahre alten Gesteinsschicht alle An-zeichen eines Tsunamis. Als Folge des Einschlagsim Golf von Mexiko muss eine gut 100 Meter hoheFlutwelle um die Erde gerast sein. Die fossilenFunde in Patagonien zeigen zudem einen dras-tischen Rückgang des Lebens im Wasser und eingewaltiges Artensterben am Ende der Kreidezeit.Überlebt haben vor allem kleinere Arten und sol-che, die nicht auf Meeresplankton als Nahrungangewiesen waren. Der Zugang zur Nahrung hatdemnach bei der Frage nach Überleben oderAussterben vor 65 Millionen Jahren eine entschei-dende Rolle gespielt.

Der Fund außerirdischen Materials

Bereits 1980 legte Luis Alvarez für seine Theoriedes Asteroideneinschlags Beweise vor: In derErdschicht, welche die Gesteine der Kreidezeit vonjenen jüngerer Erdzeitalter trennt, finden sichungewöhnlich große Mengen des chemischenElements Iridium. Das Metall Iridium kommt aufder Erde höchst selten vor. Die Arbeitsgruppe umAlvarez nahm daher an, dass die ungewöhnlichhohe Konzentration außerirdischen Ursprungs

sein muss. Auf der gesamten Erde wurde Iridium in65 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten nach-gewiesen. Diese Schicht markiert die Kreide-Tertiär-Grenze markieren. Durch den Einschlagdes Asteroiden wurde das Iridium demnach welt-weit verteilt – aber wie ist das möglich? Wissen-schaftler gehen davon aus, dass eine Glutwolkeaus geschmolzenem und verdampftem Gestein,Wasserdampf und Staub in eine Höhe von mehrals 200 Kilometer schoss, als der Asteroid sich inden Meeresboden vor Yukatan bohrte und dabeiexplodierte. Die Glutwolke muss sich dann um denganzen Erdball verteilt haben.

Der Einschlag, der die Umwelt völlig veränderte

Aber nicht der Mega-Tsunami und auch nicht dieGlutwolke allein können das Massenaussterbenerklären. Das eigentliche Unheil lag in dem Ge-stein, auf das der Asteroid aufschlug: Es bestandaus Karbonaten und Kalziumsulfaten. Als derAsteroid darin einschlug, löste er eine todbringen-de Kettenreaktion aus: Es entwichen massenhaftKohlenstoffdioxid und Schwefeldioxid in dieAtmosphäre. Die Ozonschicht wurde wahrschein-lich zu einem großen Teil zerstört.

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Durch den Staub in der Atmosphäre herrschteüber Monate völlige Dunkelheit auf der Erde. Dieshatte gravierende Folgen – sowohl kurz- als auchlangfristig: Zunächst wurde es durch das fehlendeSonnenlicht schlagartig kalt und die Pflanzen

Kreidezeit

Die Kreide oder Kreidezeit ist die Bezeichnung für ein erdgeschichtlichesZeitalter. Auf der geologischen Zeitskala der Erde liegt die Kreidezeitam Ende des sogenannten Erdmittelalters. Sie begann vor etwa 135Millionen Jahren nach der Jurazeit und endete vor etwa 65 MillionenJahren. Danach beginnt die sogenannte Erdneuzeit mit dem Paläogen,ehemals Tertiär genannt.

Kreide-Tertiär-Grenze

Die Kreide-Tertiär-Grenze bezeichnet den erdgeschichtlichen Übergangvon der Kreide- zur Tertiärzeit und damit vom Erdmittelalter zurErdneuzeit. Teile dieser Grenzschicht sammelte 1978 der US-amerika-nische Geologe Walter Alvarez in den italienischen Apenninen undbestimmte das Alter dieser Proben auf etwa 65 Millionen Jahre. Diesenur sehr dünne kalkarme Tonschicht liegt zwischen zwei kalkreichenSchichten und zeigt einen unterschiedlichen Fossilbestand, welcher aufein Massenaussterben hindeutet. Typisch für die Kreide-Tertiär-Grenzeist zudem die hohe Konzentration des chemischen Elements Iridium,das auf einen Meteoriteneinschlag schließen lässt.

konnten in der Dunkelheit keine Photosynthesemehr betreiben. Danach wirkte das TreibhausgasKohlenstoffdioxid: Das Klima wurde überJahrhunderte wärmer. Diese lang andauerndeNahrungs- und Klimakatastrophe überlebten nurwenige. Ob an Land oder im Meer – mehr als zweiDrittel aller Tierarten starben aus – darunter auchdie Dinosaurier.

Links:Forscher erkennen in den fossilen Funden ehemaligerMeeresbewohner die Folgen des Einschlags

Mitte:Für Monate verdunkelte sich die Sonne: Eine Wolke ausverdampftem und geschmolzenem Gestein breitete sichnach dem Einschlag aus

Rechts:Der Einschlag löste eine Umweltkatastrophe aus: In nurwenigen Minuten wurden Milliarden Tonnen Kohlenstoff-dioxid und Schwefeldioxid in die Atmosphäre geschleudert

Das Ende der Saurier

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1918

Ranga Yogeshwar guckt gerne in die Sterne. DieAstronomie ist sein Hobby: In seinem Gartenbetreibt er eine anerkannte Sternwarte. In einerNacht im November 2007 nimmt er uns mit in seinkleines Reich unter dem Sternenhimmel. Draußenist es zwar kalt aber dafür ist die Nacht lang!

Achteinhalb Stunden in Rangas SternwarteEin nächtliches Tagebuch von und mit RangaYogeshwar

20:15 Uhr

Draußen ist es kalt, doch der Winter hat fürAstronomen einen großen Vorteil: Die Nächte sindlang! Früher habe ich mein Teleskop jedes Mal neuaufgebaut. Ein enormer Aufwand, denn bis allesbereit ist, vergeht schnell eine Stunde. Deshalbhabe ich auf unserem Gartenschuppen ein Roll-dach installiert. Der Vorteil solcher Rolldachhüttenist, dass alles an Ort und Stelle ist und man schnellloslegen kann. Manche Freunde nutzen auchKuppeln, doch ich mag den offenen Himmel übermir. Heute Abend habe ich mir vorgenommen,unter anderem den Kometen Holmes zu verfolgen.

20:30 Uhr

Ich öffne das Dach und nehme zunächst dasTeleskop in Betrieb. Bevor die Messungen begin-nen können, muss man das Teleskop genau aus-richten. Da sich die Erde dreht, scheint sich derSternenhimmel zu bewegen. Teleskope nutzendaher besondere Stative; der Fachmann nennt sieMontierungen. Mit einer präzisen Mechanik glei-chen sie die Erddrehung aus. Dadurch kann manSterne über einen langen Zeitraum verfolgen,ohne dass sie sich bewegen. Wenn man die Mon-tierung ausschaltet, oder die Genauigkeit nichtstimmt, dann erscheinen die Sterne auf denAufnahmen als Striche (vgl. mittleres Bild).

Die Spezialstative für Astronomen zeigen miteiner Achse parallel zur Erdachse. Durch eineGegendrehung zur Erdbewegung bleibt das resul-tierende Bild stabil und die Sterne erscheinendann auf den Bildern als Punkt. Die Theorie klingtzwar einfach, doch es ist eine Menge Arbeit, eineMontierung genau auszurichten. Viele Amateur-astronomen verwenden eine halbe Nacht, bis dieMontierung steht. Erst dann kann das Messenbeginnen.

20:40 Uhr

Das Dach ist geöffnet, die Messapparaturen undder Computer laufen. Die Kamera wird eingebaut.

Unser Auge ist für viele Objekte am Himmel zu un-empfindlich. Mit guten Teleskopen kann man Ga-laxien oder entfernte Nebel zwar erkennen, dochsie erscheinen als kleiner grauer Fleck. Sobald esdunkel wird, sehen wir keine Farben mehr undalles erscheint grau (daher auch die Redensartnachts sind alle Katzen grau). Unser Farbsehenwird durch die Zapfen erreicht. Das sind Rezepto-ren im Auge, die jedoch nicht sehr lichtempfindlichsind. Nachts spielt der zweite Rezeptortyp, dieStäbchen die Hauptrolle. Sie sind für das Hell-Dun-kel-Sehen verantwortlich und bestimmen das Nacht-sehen. Unser Auge muss sich jedoch an die Dunkel-heit gewöhnen. Mit der Zeit vergrößert sich unse-re Pupille und lässt mehr Licht hinein. Sie könnendas leicht testen, wenn sie aus einem hellen Zim-mer nach draußen gehen und den Sternenhimmelbetrachten. Je länger sie in der Dunkelheit verwei-len, umso mehr Sterne können sie erkennen. Umdiese Anpassung an die Dunkelheit nicht zu stören,sieht man in den Sternwarten häufig rotes Licht.

In der Astronomie verwendet man sogenannteCCD-Kameras. Digitale Fotokameras funktionierenähnlich: Statt Film zu belichten, fällt das Licht aufeinen Halbleiter. Die Empfindlichkeit dieser CCD-Kameras ist grandios und so kann man auch nochsehr schwach leuchtende Objekte erfassen. Einwichtiger Punkt ist die Lichtverschmutzung. Dievielen Straßenlampen und Werbeleuchten hellenden Himmel auf. Die Nacht ist nicht schwarz, son-dern grau. In Städten kann man kaum noch Sternebeobachten. Unter Astronomen gibt es viele, diesich dafür einsetzen, dass die Lichtverschmut-zung aufhört. Ich gebe den Kollegen recht, dennleuchtende Reklamen mitten in der Nacht sindUnsinn!

20:50 Uhr

Ich beginne mit der Fokussierung der CCD-Kamera. Das Scharfstellen ist gar nicht so ein-fach. An einem hellen Stern wird scharfgestellt.Ich habe dafür extra ein Programm geschriebenund nach langer Entwicklung geht das jetzt beimir automatisch: Hierbei wird eine Serie vonBildern gemacht und dabei der Sterndurch-

Ein nächtliches Tagebuch...Rangas Sternwarte –Ein nächtliches Tagebuch

Links:Vorteil einer Sternwarte mit Rolldach: Man sitzt dieganze Nacht unter freiem Himmel. Nachteil: Es kannsehr kalt werden

Mitte:Beispiel einer schlechten Nachführung: das Sieben-gestirn (Plejaden, M45) im Sternbild Stier. Die Sterneerscheinen als Striche (Belichtungszeit: 30 Sek.)

Rechts:Früher habe ich ohne Hütte im Freien gearbeitet. Ein mühsames Auf- und Abbauen!

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2120

ist jede Menge freigesetzter Staub. Diese Staub-hülle hat heute einen Durchmesser von etwa 2Millionen Kilometer. Holmes war im November2007 sogar mit bloßem Auge zu erkennen.

Der Komet hat eine bewegte Entdeckungsge-schichte: Im November 1892 wurde er vom briti-schen Amateurastronomen Edwin Holmes erstmalsgesichtet. Dann tauchte er 1899 und 1906 erneutauf. Holmes gehört somit zu den Kometen, die inkurzen Perioden wiederkehren. Der Komet kommtder Sonne niemals näher als der Planet Mars, dochseine Helligkeitsausbrüche verraten ihn. FürAstronomen ist es entscheidend, die Bahn des Ob-jekts immer wieder genau zu vermessen unddaran beteilige ich mich: Es geht darum, genau zuermitteln, wann der Komet welche Position hatte.Meine Sternwarte nutzt dafür die über das Internetverfügbare Atomzeit der Physikalisch-TechnischenBundesanstalt in Braunschweig. Die exakte Zeit istwichtig und wird sekundengenau für jede Aufnah-me protokolliert.

Um auch die kleinsten Schwankungen bei derNachführung zu kompensieren, nutze ich daszweite Fernrohr. Mit einer zweiten Kamera bestim-me ich die Position eines vorher ausgewähltenLeitsterns und nehme im Sekundentakt eineAufnahme. Im Idealfall sollte das Licht exakt die-

selbe Stelle auf dem Lichtsensor treffen. Bei derkleinsten Abweichung steuert das System auto-matisch das drehbare Teleskopstativ nach. DiesesAutoguiding war noch vor zehn Jahren den Profisvorbehalten, doch immer mehr Amateurastro-nomen nutzen diese Methode, um noch genauereAufnahmen zu machen.

Per Computer starte ich eine Serie von 30 Auf-nahmen mit jeweils zwei Minuten Belichtungszeit.Ab jetzt läuft alles automatisch und ich habe etwaeine Stunde Zeit.

Gerade im Winter friert man schnell, denn in derSternwarte bewege ich mich nur wenig. Zum Glückhabe ich noch meine alte Daunenjacke, die ichfrüher beim Bergsteigen nutzte. Sie ist sicherlichnicht sehr modern, aber warm.

23:12 Uhr

Die Bilder der Holmes-Messung sind alle abge-speichert. Der Himmel ist inzwischen leicht be-deckt, doch noch kann ich weiterarbeiten. (DerHimmel über Deutschland ist für Astronomenohnehin grausam! Es gibt nur wenige klare Nächteund häufig muss ich gerade dann am nächstenMorgen früh raus ...)

Links:Sternwarten sind ein besonderes Rotlichtmilieu!

Mitte:Die größten Teleskope besitzen einen Durchmesser von 10Metern. Mein Teleskop ist im Vergleich ein Winzling mit nur30 cm Durchmesser

Rechts:Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl für den Nachthimmelund erlebt die Sternbilder und Galaxien ganz anders als beider Suche per Knopfdruck

von und mit Ranga Yogeshwarmesser erfasst. Der Fokus wird elektrisch be-wegt. Der optimale Schärfepunkt ist erreicht,wenn der Sterndurchmesser minimal ist.

21:15 Uhr

Die CCD-Kamera ist nun scharf gestellt. Im Laufe derNacht muss ich das jedoch mehrmals wiederholen,denn aufgrund der Abkühlung zieht sich dasFernrohr etwas zusammen. Hierdurch verändertsich die Geometrie und der Fokus muss nachgeführtwerden. In vielen Nächten habe ich die genaueAbhängigkeit zwischen Temperatur und Fokusver-schiebung ermittelt und kann diese jetzt sogar perComputer nachregeln. Eine große Erleichterung!

21:20 Uhr

Die Kinder müssen ins Bett ... Gute Nacht!

21:40 Uhr

Wo genau zeigt das Teleskop hin? Bei der Suchenach lichtschwachen Objekten sieht man mit blo-ßem Auge nichts. Oft hilft man sich mit Sternkartenund versucht, sich Schritt für Schritt dem gesuchten

Objekt zu nähern. Diese manuelle Suche wirdeinem durch einen Steuerungscomputer abgenom-men. Mit einer GoTo-Steuerung kann man ein Ob-jekt eingeben und das Spezialstativ richtet dasTeleskop auf die gewünschte Position. Das ist prak-tisch und funktioniert sehr genau. Dennoch habe ichlange Zeit bewusst auf solche elektronische Hilfenverzichtet. Man muss den Himmel Schritt für Schrittkennenlernen und das geht am besten mit Fernglasund Sternkarte.

21:50 Uhr

Nach etwa einer Stunde, die ich mit einstellen undüberprüfen verbracht habe, kann ich nun endlichmit der eigentlichen Messung beginnen: Diegenaue Position des Kometen 17P/Holmes erfahreich über eine Datenbank im Internet. Dann wirddas Objekt angefahren; d.h. das Teleskop wirdexakt auf den Kometen ausgerichtet.

Es handelt sich um einen Kometen, der im Oktober2007 für Aufsehen sorgte. In wenigen Stundensteigerte der Komet seine Helligkeit um das500.000 fache! Die Ursachen für diesen Hellig-keitsausbruch sind unklar. Es spricht vieles dafür,dass die innere Struktur des Kometen gestört istoder der Kern sogar auseinanderbricht. Die Folge

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Ich schwenke das Teleskop nun auf einigeKleinplaneten: die Asteroiden. Auch hier macheich eine Bilderserie. Bei der späteren Auswertungwerden die Bilder, wie beim Taschenkino nachein-ander abgespielt. Sterne bleiben fix, doch Astero-iden verraten sich durch ihre Bewegung. Währenddas Teleskop weiter misst, entdecke ich eineVerschlechterung der Bilder: Die Außentempe-ratur liegt unter dem Gefrierpunkt und die Optikbeschlägt und vereist mit der Zeit. Mit Föhn undHeizung versuche ich mehrmals während derNacht die Optik wieder herzustellen – man mussdabei sehr behutsam sein, denn durch die Tempe-ratur verformt sich alles. Im Extremfall könnte derSpiegel reißen!

1:33 Uhr

Inzwischen macht mir die Kälte zu schaffen, dochder Himmel über mir klart wieder auf. Immer wie-der sehe ich Satelliten, die sich wie kleine Sternerasch bewegen. Auf den Aufnahmen erkennt mansie dann als Strich. Draußen ist es jetzt absolutstill und während das Teleskop fleißig seinProgramm abspult, wandere ich durch dieSternbilder. Die Milchstraße ist als klares Band zuerkennen; der seitliche Blick auf unsere eigeneGalaxie. Blickt man exakt nach oben, dann sehe

ich nur Sterne und Planeten und mit der Zeit begin-ne ich zu schweben. Es ist als hätte ich die Erde alsRucksack auf dem Rücken!

3:22 Uhr

Inzwischen habe ich mit der Auswertung einigerBilder begonnen. Durch das Aufsummieren derEinzelaufnahmen ergibt sich beim KometenHolmes ein Summenbild mit einer Gesamt-aufnahmezeit von 40 Minuten. Das Bild gefälltmir und ich sende es in Kopie an die Kollegen desARD-Wetterstudios. Sie haben mir bei derVorhersage geholfen und eine klare Nacht pro-phezeit. (Am nächsten Tag wird Sven Plöger dasBild im Tagesthemenwetter zeigen – für micheines der schönsten Fernseherlebnisse! (MeineFreude erinnert mich an selbst gemachteMarmelade – wenn man jeden einzelnen Schrittkennt, ist die Freude um so größer!)

Während der Nacht stehe ich mit Guido, einembefreundeten Astronomen, in Kontakt. Manchmalbeobachten wir die gleichen Objekte und tau-schen uns aus. Er hat oft hilfreiche Tipps und über-haupt erlebe ich Astronomen als offene und sehrhilfsbereite Menschen. Der Himmel gehört ebenuns allen.

Meine Messdaten werte ich mit Spezialprogram-men aus und ermittle dabei die exakte Position derKleinplaneten. Die Ergebnisse sende ich dann andas Minor Planet Center, wo sie gemeinsam mitden anderen Messdaten anderer Astronomen zuForschungszwecken verwendet werden. In diesemSommer, nachdem ich eine Reihe von Messer-gebnissen eingesandt hatte, bekam ich einen offi-ziellen Sternwarten-Code. Mein kleines Observa-torium ist seitdem eine offizielle Sternwarte.

Manche Astronomen haben Glück und entdeckenein noch unbekanntes Objekt – einen Kometen odereinen Asteroiden. Manchmal geben sie dem neuenKleinplaneten dann einen Namen. Auf diese Weisewurde ein Asteroid auch nach mir benannt. Der Ent-decker André Knöfel hat mir damit eine große Freudebereitet, doch wahrscheinlich weiß der Kleinplanetnichts davon! Die Namen der Sterne sind ohnehinabhängig von den verschiedenen Kulturen.

Der Himmel über uns ist voller arabischer Namen:Aldebaran, Algol, Atair, Rigel... In den Wüstenlän-dern hat man den Himmel zuerst verstanden.Mohammed ibn Dschâbir al-Battânî war ein Genie derAstronomie. Im 9. Jahrhundert legte er die Grundla-gen für viele spätere Theorien. Er ermittelte zum Bei-spiel die exakte Dauer eines Sonnenjahres bis auf 2Minuten Genauigkeit! Warum kennt ihn keiner?

4:37 Uhr

Der Nachthimmel hat sich im Laufe der Stundengedreht. Die Sternbilder sind dabei von Ostennach Westen gewandert, nur der Polarstern ist aufseiner Stelle geblieben – er ist die Achse unseresHimmels. Ich beschließe, meine Beobachtungenfür diese Nacht zu beenden.

Gerade in diesen morgendlichen Stunden muss ichmich besonders konzentrieren, um keine Fehler zumachen. Das Abschalten des Teleskops und derGeräte ist klar festgelegt; aber man darf nichts ver-gessen.

4:48 Uhr

Meine Rolldachhütte verwandelt sich wieder ineinen normalen Gartenschuppen. Ausgekühlt aberzufrieden gehe ich schlafen.

Am nächsten Morgen werde ich meiner Familie mitBegeisterung von den Aufnahmen vorschwärmenund mit einem Augenzwinkern werden Sie mirerneut entgegnen: „Du und deine Punkte ...“

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Links:Meine Aufnahme vom Kometen Holmes. Belichtungszeitinsgesamt fast eine Stunde!

Mitte:Ein Satellit verrät sich durch die lange Strichspur, am rechten Bildrand (Oft verwende ich eine Negativ-Darstellung: Die hellen Sterne erscheinen dann alsschwarze Punkte)

Rechts:Der Pelikannebel – Geburtsort neuer Punkte!

...von und mit Ranga YogeshwarEin nächtliches Tagebuch...

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In den letzten Jahren wurden jeweils 15 bis 20große Asteroiden entdeckt, deren Bahn dieUmlaufbahn der Erde kreuzt. Bisher gab es kaumfundierte Untersuchungen darüber, wie sich solchein gefährliches Geschoss aus dem All am effektiv-sten bekämpfen lässt, falls sich eines Tages her-ausstellen sollte, das es tatsächlich auf Kolli-sionskurs mit der Erde ist. Deshalb beauftragteder US-Kongress die NASA mit einer umfangrei-chen Untersuchung. Im Frühjahr 2007 lag dasErgebnis vor. Fast alle Abwehrtechniken werden indiesem Bericht als unwirksam oder noch zu unreifkritisiert, bis auf eine: Atombomben. Doch dieseEmpfehlung der NASA stieß auf Kritik. Im Novem-ber 2007 kam es zu einer Anhörung in einemAusschuss des Kongresses. Dabei waren nicht nurNASA-Vertreter geladen, sondern auch ein Kriti-ker: der Apollo-Astronaut und Astrophysiker RustySchweickart.

Quarks & Co war bei dieser Anhörung dabei undhat mit Schweickart und dem NASA-VertreterDonald Yeomans gesprochen.

Die Empfehlung des NASA Berichts

Dr. Donald K. Yeomans, Astrophysiker und Ver-treter der NASA: „Wir haben die Möglichkeit,Kernwaffen einzusetzen. Wir verfügen nun einmalüber ein ausgereiftes Waffenarsenal. Und das kön-nen wir im Weltraum einsetzen.“

Die NASA empfiehlt Atomwaffen, weil sie so guterprobt und reichlich verfügbar seien. Darüber hin-aus könnten sie die größte Energiemenge (inBezug auf das Ladegewicht) bereitstellen. DreiMöglichkeiten, mit Kernwaffen Asteroiden oderKometen zu bekämpfen, werden diskutiert:

1.) Eine Atombombe wird von einem roboter-ähnlichen System unter der Oberfläche des Asteroiden vergraben und dort zur Explosion gebracht.

2.) Explosion auf der Oberfläche: Ein unbe-manntes Raumschiff mit dem Kernspreng-satz landet auf dem Asteroiden. Dann wird die Bombe gezündet.

3.) Explosion vom Raumschiff aus – ganz in der Nähe des Himmelskörpers.

Obwohl die ersten beiden Varianten die Energieeffektiver übertragen, schlägt die NASA die dritteVariante vor. Sie sei technisch am leichtesten um-setzbar, und der Asteroid zerbreche nicht so leicht,wie bei den anderen Varianten. Ein Schwarm vonBruchstücken wäre nämlich eine noch viel wenigerbeherrschbare Bedrohung für die Erde als derunbeschädigte Asteroid.

Der Einwand der Kritiker

Rusty Schweickart, Astrophysiker und Apollo-Astronaut: „Es ist völlig unsinnig, mit Kernwaffendie Erde vor Asteroiden zu schützen.“ Gegen dieVorschläge der NASA hat er eine ganze Reihe vonEinwänden. Rusty Schweickart ist der Vorsitzendeder B612 Foundation, einer unabhängigen Orga-nisation, die sich für die Sicherheit der Menschheitangesichts der Bedrohung durch Asteroiden undKometen einsetzt.

Er schlägt eine andere einfache Methode vor, umgefährliche Himmelskörper vom Kurs abzubringen:Ein schweres Raumschiff aufprallen lassen. Durchdiese bloße Bewegungsenergie lassen sich etwa99 Prozent aller Bedrohungen durch Asteroidenoder Kometen bekämpfen, hat er errechnet. Nur

die ganz schweren Brocken mit einem Durch-messer von über 400 Metern lassen sich auf dieseWeise nicht von ihrem Kollisionskurs abbringen,denn die Nutzlast von Raumschiffen hat Grenzen.Trotzdem stehe der Nutzen für diesen unwahr-scheinlichen Fall in keinem Verhältnis zu denRisiken von Atomwaffen, sagt Schweickart: „Wennman Kernwaffen bereitstellt, gegen Asteroiden, dienur alle 100.000 Jahre kommen, könnten Tausendevon Nuklear-Unfällen passieren, lange vor derersten Abwehr.“

Egal ob bloßer Aufprall oder Kernwaffe: Beide Me-thoden könnten einen Asteroiden zerstückeln. Umdas zu verhindern, müsste in beiden Fällen eineVorbereitungsmission losgeschickt werden, umden Himmelskörper vorher genau zu untersuchen –idealerweise bereits 20 oder 30 Jahre vor der mög-lichen Kollision. Viele Asteroiden sind nämlichbereits durch zahllose Zusammenstöße gebeutelt.Sie sind eher wandelnde Schutthaufen als massiveKörper. Solche fragilen Gebilde abzuwehren istbesonders schwer.

Es gibt noch ein juristisches Hindernis beim PlanAtomwaffen im Weltall einzusetzen: Der Einsatzvon Kernwaffen ist verboten! Der Weltraumvertragvon 1967 und der Vertrag zum Verbot von

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AsteroidenabwehrAsteroidenabwehrKann man Geschosse aus dem All abwehren?

Diskussion vor einem Ausschuss des US-Kongresses: Sollman Asteroiden und Kometen mit Atomwaffen bekämpfenoder nicht?

Rusty Schweickart weiß als Astrophysiker und Apollo-Astronaut, wovon er spricht. Er versucht, ganz pragma-tische Vorschläge für die Asteroiden- und Kometenabwehrzu machen

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ein Asteroid zieht über die Gravitation einRaumschiff an. Trotz seiner vergleichsweise gerin-gen Masse zieht das Raumschiff auch denAsteroiden ein klein wenig an. Das Raumschiffmüsste nun über einen längeren Zeitraum in einergenau kontrollierten Entfernung und Ausrichtungzum Asteroiden fahren. Die winzige Ablenkung,die dadurch erzielt wird, würde ausreichen, um einNadelöhr zu umschiffen.

Gravitation

Der Begriff Gravitation ist aus dem Lateinischen abgeleitet (gravitas,die Schwere). Es ist die am weitesten reichende der vier Grundkräfte derPhysik und beschreibt die gegenseitige Anziehung von Massen. DieGravitation bestimmt die Bahn der Erde und der anderen Planeten umdie Sonne. Sie bewirkt beispielsweise auch, dass Gegenstände zu Bodenfallen, weil sie von der Erde angezogen werden. Andersherum zieht einGegenstand auch an der Erde, nur fällt das wegen der vergleichsweisegeringen Masse nicht ins Gewicht. Im Fall des Gravitations-abschleppseils reicht jedoch die im Vergleich zum Asteroiden geringeGravitationskraft aus, die durch das Raumschiff verursacht wird.

Nuklearwaffentests in der Atmosphäre, im Welt-raum und unter Wasser von 1963 verbietenKernwaffen im All. Dazu NASA-Mann Yeomans:„Wenn Kernwaffen erforderlich sind, können inter-nationale Vereinbarungen auch geändert werden.“

Das gefährliche Nadelöhr

Sowohl der Nuklearsprengsatz als auch derAufprall sind problematisch. Beides sind unge-naue Methoden. Die Ablenkung, die sie erreichen,lässt sich nicht genau vorausberechnen. Nichtimmer, wenn ein Asteroid die Erde verfehlt, bedeu-tet das Entwarnung. Es kann durchaus vorkom-men, dass der Brocken beim Vorbeiflug durch dieErde gerade so stark angezogen wird, dass er nocheinen Bogen fliegt und die Erde dann ein paarJahre später wie ein Bumerang trifft. Allerdingssind es meist nur winzige eng umrissene Bereiche,durch die ein Asteroid fliegen muss, damit dieserBumerang-Effekt eintritt. Beispielsweise wurde fürden Asteroiden Apophis (siehe Seite 4) ein solchesNadelöhr mit nur 600 Metern Durchmesser errech-net. (Das kann man sich wie eine einige TausendKilometer entfernte Zielscheibe vorstellen, die 600

Meter breit ist. Wenn der Asteroid die trifft, wird eseinige Jahre später brenzlig.) Um einen Vorbeiflugdurch diesen Bereich zu verhindern, ist ein genaukontrollierbares Instrument nötig. Dabei brauchtdie Energie, die übertragen wird, gar nicht großsein. Denn eine winzige Auslenkung reicht schonaus, um das Objekt aus dem gefährlichenNadelöhr herauszuhalten. Dabei gilt: Je weiter ent-fernt das Objekt noch von der Erde entfernt ist,desto weniger Energie muss übertragen werden.Entsprechend wichtig ist deshalb auch eine früh-zeitige Ortung der gefährlichen Brocken. Es gibteine ganze Reihe von Wissenschaftlern, die sichGedanken über eine kontrollierte Ablenkunggemacht haben. Doch die von ihnen vorgeschlage-nen Methoden seien noch zu unreif, moniert derNASA-Bericht.

Astronaut Schweickart ist Pragmatiker. Er schlägtzu diesem Zweck ein Raumschiff vor, das denHimmelskörper quasi an die Leine nimmt und ihnnach und nach aus dem Gefahrenbereich weg-schleppt. Der Clou seiner Methode: Ein solchesAbschleppseil gibt es gar nicht, aber die Technikfunktioniert trotzdem. Das Verfahren nutzt dieMassen-Anziehungskraft (Gravitation). Nicht nur

Asteroidenabwehr

Die konventionelle Alternative: Ein schweres Raumschiffsoll durch den Aufprall 99 Prozent aller Asteroiden undKometen von ihrem Kollisionskurs abbringen

Die bevorzugte Abwehrtechnik der NASA: Atombomben.Eine Kernwaffe bringt die größtmögliche Energie zumEinsatz, um Asteroiden abzulenken

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