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35 ABENDZEITUNG SAMSTAG, 29. 10. 2016 WWW.AZ-MUENCHEN.DE FAMILIE UND LEBEN Den richtigen Draht zum Partner (wieder-)finden D as kann so weit gehen, dass Beziehungen daran zerbrechen. Das muss nicht sein, sagt der Diplom- Psychologe Michael Harder, der seit 25 Jahren als Ehe- und Paarberater tätig ist. Wichtig sei die Bereitschaft, an der Partnerschaft zu arbeiten. Und: Es muss eine gemeinsame Ba- sis vorhanden sein. AZ: Herr Harder, der Novem- ber gilt ja als der Monat, in dem viele Menschen mit psy- chischen Problemen zu kämp- fen haben. Macht sich das auch in Beziehungen bemerkbar? MICHAEL HARDER: Natürlich ist in der Psychologie die typi- sche Novemberdepression be- kannt. Dies hat teilweise auch medizinische Ursachen, da das Glückshormon Serotonin, des- sen Ausschüttung auch von der Sonneneinstrahlung abhängt, nicht mehr so stark produziert wird. Stattdessen nimmt in der dunklen Jahreszeit die Aus- schüttung des Schlafhormons Melatonin zu, was zu Müdig- keit, Antriebslosigkeit, Abge- spanntheit und Gereiztheit führen kann. Kommen jetzt noch Probleme in der Bezie- hung hinzu, entstehen hieraus viel schneller Konflikte. Mit welchen Problemen kom- men die Paare zu Ihnen? Der Streit entzündet sich oft zunächst an der Organisation des Alltags. Es kommt vor, dass sich die Partner darin derart verbeißen, dass sie den Blick fürs Wesentliche verlieren. Sprich: Sie streiten sich täglich darüber, dass er seine schmut- zigen Socken herumliegen lässt und sie die Zahnpastatube nicht ordentlich ausdrückt. Ich hatte auch einen Fall, in dem Mann und Frau je zwei Hunde hatten. Da gab es regelmäßig Vorhaltungen wie: „ Dein Hund hat schon wieder die Blumen- SIE spült die Teller vor, damit sie in der Maschine richtig sauber werden, ER hält das für sinnlose Ressourcenverschwendung: Es sind die kleinen Dinge im Leben, die beim Zusammenleben nerven zwiebeln ausgegraben“ oder „Aber nur, weil du nicht auf ihn aufgepasst hast!“. Die tägliche Kommunikation besteht prak- tisch nur noch aus Vorwürfen. Was fehlt, ist die gegenseitige Wertschätzung und die positi- ve Kommunikation. Welche Rolle spielen Kinder? Es wird häufig unterschätzt, welche dramatischen Verände- rungen Kinder bedeuten. Man träumt von glücklichen, gluck- senden Babygesichtern und ist dann völlig überfordert, wenn man merkt, dass es sich dabei um einen stressigen 24-Stun- den-Job handelt. Wenn dann auch noch die Vorstellungen über Kindererziehung unter- schiedlich sind, sind Konflikte vorprogrammiert. Kinder werden ja älter und selbstständiger. Kann man nicht einfach abwarten, bis sich die Beziehung von selbst wieder einrenkt? Definitiv nein! Viele Paare, die zu mir kommen, erzählen mir, dass sie eigentlich schon seit Jahren Probleme haben, aber immer meinten, „das wird schon wieder“. In einer Bezie- hung entwickeln sich Kommu- nikations- und Verhaltensmus- ter, die den beteiligten Perso- nen in der Regel gar nicht be- wusst sind. Entstehen hierbei negative Kommunikations- und Verhaltensmuster, werden diese sich im Laufe der Zeit im- mer mehr verstärken. Man steckt in einer Art Hamsterrad und kommt keinen Schritt vor- wärts. Im Gegenteil – es wird immer schlimmer! Und daher raten Sie, sich Hilfe von außen zu holen? Ja, richtig. Denn die Partner selbst sind oft nicht in der Lage, zu erkennen, warum sie sich ständig streiten. Dass der eine vielleicht – bewusst oder unbe- wusst – den anderen provo- ziert. Oft höre ich bei Paaren den Satz: „Also, wenn du schon wieder so schaust, dann weiß ich schon, was los ist!“ So ver- härten sich negative Verhal- tensweisen, die hauptsächlich darauf ausgerichtet sind, dem anderen Vorwürfe zu machen und dabei selbst im Recht zu sein. Erst mit Hilfe von außen erkennen die Paare, welche Fehler sie in der Kommunikati- on machen. Auf diese machen Sie die Part- ner aufmerksam, und dann wird alles wieder gut? So leicht geht es natürlich nicht. Der Paartherapeut hilft dem Paar dabei, wieder positiv zu kommunizieren, Gemein- samkeiten und positive Seiten der Beziehung neu zu entde- cken und zu vertiefen. Und: Ehe- und Paarberatung ist im- mer ergebnisoffen. Das heißt, dass es manchmal durchaus sein kann, dass ein Paar im Lau- fe der Therapie feststellt, dass es doch nicht zusammenpasst und dass eine Trennung für beide Seiten das Richtige ist. Wer passt eigentlich gut zu- sammen? Was ist wichtig für eine erfüllte Partnerschaft? Mit dieser Frage beschäftigen sich Psychologen und Forscher seit vielen Jahren, ohne dass je eine vernünftige Liste mit all- gemeingültigen Regeln ent- standen wäre. Versuchen wir’s mal mit dem Volksmund: „Gleich zu gleich gesellt sich gern“ ist ein be- kanntes Sprichwort. Stimmt es? Dies würde bedeuten, dass möglichst viele Gemeinsam- keiten bei den Hobbys, Interes- sen oder auch der Weltan- schauung eine wesentliche Vo- raussetzung für eine glückliche Partnerschaft wären. Natürlich ist es vorteilhaft, wenn viele gemeinsame Interessen vor- handen sind, da man dann zum Beispiel auch eine gemeinsame Freizeitgestaltung planen kann – ein Garant ist es leider trotz- dem nicht. Warum? Das wird auch daran deutlich, dass auf dieser Basis viele Part- nervermittlungen und Inter- net-Partnerbörsen arbeiten. Es wird eine Liste von Eigenschaf- ten und Interessen zusammen- gestellt und dann ein Partner gesucht, bei dem viele Überein- stimmungen zu finden sind. Dass daraus nicht zwangsläufig immer auch langfristig funktio- nierende Beziehungen hervor- gehen, haben verschiedene Weil die Menschen oft recht unvorbereitet in Beziehungen reingehen. Man ist verliebt und hat romantische Vorstellungen – und wird dann recht schnell mit dem ganz normalen Alltag konfrontiert, wo der Himmel eben nicht immer voller Geigen hängt... Hier gilt es, Konflikte, die zwangsläufig entstehen, positiv zu meistern. Diese Kon- fliktlösungskompetenz haben viele Menschen eben leider nicht. Stattdessen kommt es sehr oft zu immer weiter eska- lierenden Machtkämpfen. Es geht dann nicht mehr um die Problemlösung, sondern nur noch um die Frage, wer im Recht ist. Das Problem in Bezie- hungen ist nicht, das es Kon- flikte gibt – das ist völlig nor- mal! Die Frage ist vielmehr: Wie gehe ich damit um? Interview: Patrizia Burgmayer Michael Harder, geboren in Düsseldorf, hat Diplom-Psycho- logie in Stuttgart und Tübingen studiert. Nach einer Angestell- tentätigkeit in einer neurologi- schen Klinik folgte der Sprung in die Selbstständigkeit mit einer Praxis zunächst nahe Hamburg, später in München und seit 1991 im niederbayerischen Rain in der Nähe von Straubing. Neben Ehe- und Paarberatung gehört die Tätigkeit als Trainer, Berater und Coach bei Unternehmen zu Fragen der Kommunikation, Teamentwicklung, Konfliktma- nagement und Mitarbeiterfüh- rung zu seinen Spezialgebieten. Internet: www.ehe-paarbera- tung.com Ursprungsfamilie ist schließ- lich diejenige soziale Gruppe, zu der wir die engsten und langandauerndsten Beziehun- gen haben. Ich höre in meinen Beratungen oft Beschwerden darüber, dass der eine Partner von der Familie des anderen vielleicht nicht voll akzeptiert und an ihm rumgemäkelt wird. Was Probleme bereitet. Ja, denn dann wird natürlich vom Partner Unterstützung ge- genüber den rummäkelnden Familienmitgliedern erwartet. Bleibt diese aus, kann auch dies zu heftigen Konflikten führen. Andererseits ist es für jeden der Partner natürlich nicht leicht, sich gegen seine eigene Familie zu positionieren. Sol- che Konfliktsituationen und der Umgang damit ist häufiger Bestandteil einer Ehe- und Paarberatung. Wann sollte man sich besser trennen? Wenn man feststellt, dass kein Vertrauen mehr da ist oder dass man nicht mehr vernünf- tig miteinander kommunizie- ren kann. Sollte der Alltag nur noch aus Misstrauen oder aus offener Konfrontation beste- hen, nimmt der Streit, in der Regel vorzugsweise um Klei- nigkeiten, solche Ausmaße an, dass das Zusammenleben zur Qual wird, dann rate ich, wie man so schön sagt, lieber zu ei- nem „Ende mit Schrecken, als zu einem Schrecken ohne Ende“! Warum, glauben Sie, haben die Paare geheiratet, wenn sich letztlich herausstellt, dass sie keine gemeinsame Basis haben? wissenschaftliche Untersu- chungen gezeigt. Wie wäre es dann mit „Gegen- sätze ziehen sich an“? Auch das ist kein Garant für eine glückliche Beziehung. Die Theorie, dass Partner, die un- terschiedliche Interessen ha- ben, sich ergänzen und der eine vom anderen profitieren kann, wird in vielen Fällen tatsäch- lich funktionieren – ein Garant ist es allerdings leider auch nicht. Es muss also andere Din- ge geben, die in der Persönlich- keitsentwicklung der Partner zu finden sind. Ach ja? Welche denn? Interessant dabei ist, dass ver- schiedene wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema in den letzten Jahren immer wieder einen einzigen Punkt gefunden haben, der eine Rolle spielen könnte: der Humor. Offenbar spielt es eine große Rolle, ob man über die gleichen Dinge lachen kann, ob man den gleichen Sinn für Hu- mor hat. Hier scheint eine Per- sönlichkeitseigenschaft zu- grunde zu liegen, die ein tiefe- res Verständnis füreinander und eine tiefere Bindung un- terstützt. Trotz allem kann man allgemein sicherlich sagen, dass für eine funktionierende Partnerschaft das gegenseitige Interesse aneinander, die offe- ne Kommunikation, auch über „Tabuthemen“ wie Sexualität, gehören, aber auch gemeinsa- me Interessen wichtig sind. Meine Familie – deine Familie: Wie wichtig ist es eigentlich, sich mit der Familie des Part- ners zu verstehen? Das ist sehr wichtig! Die eigene Schreien und Vorwürfe: Bei manchen Paaren sind negative Verhaltensweisen schon so verhärtet, dass sie erst mit Hilfe von außen erkennen, welche Fehler sie in der Kommunikation machen. Foto: imago AZ-INTERVIEW mit Michael Harder Der 59-Jährige Düsseldorfer ist Diplom-Psychologe. In München hat er seine Frau kennengelernt, zusammen haben sie sich vor rund 25 Jahren in Niederbayern niedergelassen So funktioniert Partnerschaft: Tipps von Michael Harder Kommunikation/Interesse zei- gen: Paare sollten Interesse am anderen zeigen, zum Beispiel beim Abendessen mit Fragen wie: „Wie war Dein Tag?“, „Wo brauchst Du meinen Rat?“. Das Verbindende fördern und nicht das Trennende: Es gibt Paa- re, da weiß der eine nicht, was der andere verdient, jeder hat sein eigenes Konto, jeder ist für bestimmte Ausgaben zustän- dig – hierdurch wird das Tren- nende gefördert. Besser sind ein gemeinsames Konto und eine gemeinsame Haushalts- kasse. Oder auch Freunde: Manchmal heißt es: Meine Freunde/deine Freunde… Bes- ser ist es, einen gemeinsamen Freundeskreis aufzubauen. Lernen Sie, auch einmal einen Fehler zuzugeben, den Sie viel- leicht gemacht haben oder von einer vorher geäußerten Mei- nung abzurücken, wenn sie sich als falsch herausgestellt hat. Entschuldigen Sie sich beim Partner für Fehler oder Irrtümer – dies ist ein ganz starkes Mittel – danach kann Ihnen keiner mehr böse sein! Unterstützen Sie Ihren Partner in allen Lebenslagen, egal, wo- rum es geht. Stehen Sie hinter ihm und verteidigen ihn gegen Angriffe von außen – hierdurch wird der Zusammenhalt enorm gestärkt! Verschaffen Sie sich gemein- sam positive Erlebnisse – dies kann durch gemeinsamen Sport, Ausflüge oder Kunstinte- resse geschehen. Frauen neigen oft dazu, Un- zufriedenheiten und Frustra- tionen zu lange mit sich rum- zuschleppen , bis sie immer do- minanter geworden sind. Ir- gendwann läuft das Fass über und es kommt zum Knall. Da- her mein Tipp für die Frauen: Werden Sie früher aktiv, spre- chen Sie Unzufriedenheiten an und drängen Sie auf externe Hilfe. Aber versuchen Sie auch nicht, Ihren Partner zu erzie- hen, nach dem Motto: Den kriege ich schon so hin, dass er passt! Das funktioniert nicht. Männer sind oft mit dem Status quo zufrieden – und völ- lig überrascht, wenn die Frauen plötzlich „rumzicken“. Mein Tipp für die Männer: Versu- chen Sie, mehr Einfühlungsver- mögen zu zeigen und gehen Sie emotional auf Ihre Partnerin ein. Sehen Sie, wenn Konflikte auftreten, die Schuld nicht au- tomatisch nur bei der Partne- rin, sondern kalkulieren Sie auch Ihren eigenen Beitrag ein.

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35ABENDZEITUNG SAMSTAG, 29. 10. 2016 WWW.AZ-MUENCHEN.DE FAMILIE UND LEBEN

Den richtigen Drahtzum Partner (wieder-)finden

D as kann so weit gehen,dass Beziehungen daranzerbrechen. Das muss

nicht sein, sagt der Diplom-Psychologe Michael Harder,der seit 25 Jahren als Ehe- undPaarberater tätig ist. Wichtigsei die Bereitschaft, an derPartnerschaft zu arbeiten. Und:Es muss eine gemeinsame Ba-sis vorhanden sein.

AZ: Herr Harder, der Novem-ber gilt ja als der Monat, indem viele Menschen mit psy-chischen Problemen zu kämp-fen haben. Macht sich das auchin Beziehungen bemerkbar?MICHAEL HARDER: Natürlichist in der Psychologie die typi-sche Novemberdepression be-kannt. Dies hat teilweise auchmedizinische Ursachen, da dasGlückshormon Serotonin, des-sen Ausschüttung auch von derSonneneinstrahlung abhängt,nicht mehr so stark produziertwird. Stattdessen nimmt in derdunklen Jahreszeit die Aus-schüttung des SchlafhormonsMelatonin zu, was zu Müdig-keit, Antriebslosigkeit, Abge-spanntheit und Gereiztheitführen kann. Kommen jetztnoch Probleme in der Bezie-hung hinzu, entstehen hierausviel schneller Konflikte.Mit welchen Problemen kom-men die Paare zu Ihnen?Der Streit entzündet sich oftzunächst an der Organisationdes Alltags. Es kommt vor, dasssich die Partner darin derartverbeißen, dass sie den Blickfürs Wesentliche verlieren.Sprich: Sie streiten sich täglichdarüber, dass er seine schmut-zigen Socken herumliegen lässtund sie die Zahnpastatubenicht ordentlich ausdrückt. Ichhatte auch einen Fall, in demMann und Frau je zwei Hundehatten. Da gab es regelmäßigVorhaltungen wie: „ Dein Hundhat schon wieder die Blumen-

SIE spült die Teller vor, damit sie in der Maschinerichtig sauber werden, ER hält das für sinnloseRessourcenverschwendung: Es sind die kleinenDinge im Leben, die beim Zusammenleben nerven

zwiebeln ausgegraben“ oder„Aber nur, weil du nicht auf ihnaufgepasst hast!“. Die täglicheKommunikation besteht prak-tisch nur noch aus Vorwürfen.Was fehlt, ist die gegenseitigeWertschätzung und die positi-ve Kommunikation.Welche Rolle spielen Kinder?Es wird häufig unterschätzt,welche dramatischen Verände-rungen Kinder bedeuten. Manträumt von glücklichen, gluck-senden Babygesichtern und istdann völlig überfordert, wennman merkt, dass es sich dabeium einen stressigen 24-Stun-den-Job handelt. Wenn dannauch noch die Vorstellungenüber Kindererziehung unter-schiedlich sind, sind Konfliktevorprogrammiert.

Kinder werden ja älter undselbstständiger. Kann mannicht einfach abwarten, bissich die Beziehung von selbstwieder einrenkt?Definitiv nein! Viele Paare, diezu mir kommen, erzählen mir,dass sie eigentlich schon seitJahren Probleme haben, aberimmer meinten, „das wirdschon wieder“. In einer Bezie-hung entwickeln sich Kommu-nikations- und Verhaltensmus-ter, die den beteiligten Perso-nen in der Regel gar nicht be-wusst sind. Entstehen hierbeinegative Kommunikations-und Verhaltensmuster, werdendiese sich im Laufe der Zeit im-mer mehr verstärken. Mansteckt in einer Art Hamsterradund kommt keinen Schritt vor-wärts. Im Gegenteil – es wirdimmer schlimmer!Und daher raten Sie, sich Hilfevon außen zu holen?Ja, richtig. Denn die Partnerselbst sind oft nicht in der Lage,zu erkennen, warum sie sichständig streiten. Dass der einevielleicht – bewusst oder unbe-wusst – den anderen provo-ziert. Oft höre ich bei Paarenden Satz: „Also, wenn du schonwieder so schaust, dann weißich schon, was los ist!“ So ver-härten sich negative Verhal-tensweisen, die hauptsächlichdarauf ausgerichtet sind, demanderen Vorwürfe zu machenund dabei selbst im Recht zusein. Erst mit Hilfe von außenerkennen die Paare, welcheFehler sie in der Kommunikati-on machen.Auf diese machen Sie die Part-ner aufmerksam, und dannwird alles wieder gut?So leicht geht es natürlichnicht. Der Paartherapeut hilftdem Paar dabei, wieder positivzu kommunizieren, Gemein-samkeiten und positive Seitender Beziehung neu zu entde-cken und zu vertiefen. Und:Ehe- und Paarberatung ist im-mer ergebnisoffen. Das heißt,

dass es manchmal durchaussein kann, dass ein Paar im Lau-fe der Therapie feststellt, dasses doch nicht zusammenpasstund dass eine Trennung fürbeide Seiten das Richtige ist.Wer passt eigentlich gut zu-sammen? Was ist wichtig füreine erfüllte Partnerschaft?Mit dieser Frage beschäftigensich Psychologen und Forscherseit vielen Jahren, ohne dass jeeine vernünftige Liste mit all-gemeingültigen Regeln ent-standen wäre.Versuchen wir’s mal mit demVolksmund: „Gleich zu gleichgesellt sich gern“ ist ein be-kanntes Sprichwort. Stimmtes?Dies würde bedeuten, dassmöglichst viele Gemeinsam-keiten bei den Hobbys, Interes-sen oder auch der Weltan-schauung eine wesentliche Vo-raussetzung für eine glücklichePartnerschaft wären. Natürlichist es vorteilhaft, wenn vielegemeinsame Interessen vor-handen sind, da man dann zumBeispiel auch eine gemeinsameFreizeitgestaltung planen kann– ein Garant ist es leider trotz-dem nicht.Warum?Das wird auch daran deutlich,dass auf dieser Basis viele Part-nervermittlungen und Inter-net-Partnerbörsen arbeiten. Eswird eine Liste von Eigenschaf-ten und Interessen zusammen-gestellt und dann ein Partnergesucht, bei dem viele Überein-stimmungen zu finden sind.Dass daraus nicht zwangsläufigimmer auch langfristig funktio-nierende Beziehungen hervor-gehen, haben verschiedene

Weil die Menschen oft rechtunvorbereitet in Beziehungenreingehen. Man ist verliebt undhat romantische Vorstellungen– und wird dann recht schnellmit dem ganz normalen Alltagkonfrontiert, wo der Himmeleben nicht immer voller Geigenhängt... Hier gilt es, Konflikte,die zwangsläufig entstehen,positiv zu meistern. Diese Kon-fliktlösungskompetenz habenviele Menschen eben leidernicht. Stattdessen kommt essehr oft zu immer weiter eska-lierenden Machtkämpfen. Esgeht dann nicht mehr um dieProblemlösung, sondern nurnoch um die Frage, wer imRecht ist. Das Problem in Bezie-hungen ist nicht, das es Kon-flikte gibt – das ist völlig nor-mal! Die Frage ist vielmehr:Wie gehe ich damit um?

Interview:Patrizia Burgmayer

Michael Harder, geboren inDüsseldorf, hat Diplom-Psycho-logie in Stuttgart und Tübingenstudiert. Nach einer Angestell-tentätigkeit in einer neurologi-schen Klinik folgte der Sprung indie Selbstständigkeit mit einerPraxis zunächst nahe Hamburg,später in München und seit 1991im niederbayerischen Rain in derNähe von Straubing. Neben Ehe-und Paarberatung gehört dieTätigkeit als Trainer, Berater undCoach bei Unternehmen zuFragen der Kommunikation,Teamentwicklung, Konfliktma-nagement und Mitarbeiterfüh-rung zu seinen Spezialgebieten.Internet: www.ehe-paarbera-tung.com

Ursprungsfamilie ist schließ-lich diejenige soziale Gruppe,zu der wir die engsten undlangandauerndsten Beziehun-gen haben. Ich höre in meinenBeratungen oft Beschwerdendarüber, dass der eine Partnervon der Familie des anderenvielleicht nicht voll akzeptiertund an ihm rumgemäkelt wird.Was Probleme bereitet.Ja, denn dann wird natürlichvom Partner Unterstützung ge-genüber den rummäkelndenFamilienmitgliedern erwartet.Bleibt diese aus, kann auch dieszu heftigen Konflikten führen.Andererseits ist es für jedender Partner natürlich nichtleicht, sich gegen seine eigeneFamilie zu positionieren. Sol-che Konfliktsituationen undder Umgang damit ist häufigerBestandteil einer Ehe- undPaarberatung.Wann sollte man sich bessertrennen?Wenn man feststellt, dass keinVertrauen mehr da ist oderdass man nicht mehr vernünf-tig miteinander kommunizie-ren kann. Sollte der Alltag nurnoch aus Misstrauen oder ausoffener Konfrontation beste-hen, nimmt der Streit, in derRegel vorzugsweise um Klei-nigkeiten, solche Ausmaße an,dass das Zusammenleben zurQual wird, dann rate ich, wieman so schön sagt, lieber zu ei-nem „Ende mit Schrecken, alszu einem Schrecken ohneEnde“!Warum, glauben Sie, haben diePaare geheiratet, wenn sichletztlich herausstellt, dass siekeine gemeinsame Basishaben?

wissenschaftliche Untersu-chungen gezeigt.Wie wäre es dann mit „Gegen-sätze ziehen sich an“?Auch das ist kein Garant füreine glückliche Beziehung. DieTheorie, dass Partner, die un-terschiedliche Interessen ha-ben, sich ergänzen und der einevom anderen profitieren kann,wird in vielen Fällen tatsäch-lich funktionieren – ein Garantist es allerdings leider auchnicht. Es muss also andere Din-ge geben, die in der Persönlich-keitsentwicklung der Partnerzu finden sind.Ach ja? Welche denn?Interessant dabei ist, dass ver-schiedene wissenschaftlicheUntersuchungen zu diesemThema in den letzten Jahrenimmer wieder einen einzigenPunkt gefunden haben, dereine Rolle spielen könnte: derHumor. Offenbar spielt es einegroße Rolle, ob man über diegleichen Dinge lachen kann, obman den gleichen Sinn für Hu-mor hat. Hier scheint eine Per-sönlichkeitseigenschaft zu-grunde zu liegen, die ein tiefe-res Verständnis füreinanderund eine tiefere Bindung un-terstützt. Trotz allem kann manallgemein sicherlich sagen,dass für eine funktionierendePartnerschaft das gegenseitigeInteresse aneinander, die offe-ne Kommunikation, auch über„Tabuthemen“ wie Sexualität,gehören, aber auch gemeinsa-me Interessen wichtig sind.Meine Familie – deine Familie:Wie wichtig ist es eigentlich,sich mit der Familie des Part-ners zu verstehen?Das ist sehr wichtig! Die eigene

Schreien und Vorwürfe: Bei manchen Paaren sind negative Verhaltensweisen schon so verhärtet, dass sie erst mit Hilfe von außen erkennen, welcheFehler sie in der Kommunikation machen. Foto: imago

AZ-INTERVIEWmit

Michael Harder

Der 59-Jährige Düsseldorferist Diplom-Psychologe. InMünchen hat er seine Fraukennengelernt, zusammenhaben sie sich vor rund 25Jahren in Niederbayernniedergelassen

So funktioniert Partnerschaft: Tipps von Michael Harder➊ Kommunikation/Interesse zei-gen: Paare sollten Interesse amanderen zeigen, zum Beispielbeim Abendessen mit Fragenwie: „Wie war Dein Tag?“, „Wobrauchst Du meinen Rat?“.

➋ Das Verbindende fördern undnicht das Trennende: Es gibt Paa-re, da weiß der eine nicht, wasder andere verdient, jeder hatsein eigenes Konto, jeder ist fürbestimmte Ausgaben zustän-

dig – hierdurch wird das Tren-nende gefördert. Besser sindein gemeinsames Konto undeine gemeinsame Haushalts-kasse. Oder auch Freunde:Manchmal heißt es: MeineFreunde/deine Freunde… Bes-ser ist es, einen gemeinsamenFreundeskreis aufzubauen.

➌ Lernen Sie, auch einmal einenFehler zuzugeben, den Sie viel-leicht gemacht haben oder von

einer vorher geäußerten Mei-nung abzurücken, wenn siesich als falsch herausgestellthat. Entschuldigen Sie sichbeim Partner für Fehler oderIrrtümer – dies ist ein ganzstarkes Mittel – danach kannIhnen keiner mehr böse sein!

➍ Unterstützen Sie Ihren Partnerin allen Lebenslagen, egal, wo-rum es geht. Stehen Sie hinterihm und verteidigen ihn gegen

Angriffe von außen – hierdurchwird der Zusammenhalt enormgestärkt!

➎ Verschaffen Sie sich gemein-sam positive Erlebnisse – dieskann durch gemeinsamenSport, Ausflüge oder Kunstinte-resse geschehen.

➏ Frauen neigen oft dazu, Un-zufriedenheiten und Frustra-tionen zu lange mit sich rum-

zuschleppen , bis sie immer do-minanter geworden sind. Ir-gendwann läuft das Fass überund es kommt zum Knall. Da-her mein Tipp für die Frauen:Werden Sie früher aktiv, spre-chen Sie Unzufriedenheiten anund drängen Sie auf externeHilfe. Aber versuchen Sie auchnicht, Ihren Partner zu erzie-hen, nach dem Motto: Denkriege ich schon so hin, dass erpasst! Das funktioniert nicht.

➐ Männer sind oft mit demStatus quo zufrieden – und völ-lig überrascht, wenn die Frauenplötzlich „rumzicken“. MeinTipp für die Männer: Versu-chen Sie, mehr Einfühlungsver-mögen zu zeigen und gehen Sieemotional auf Ihre Partnerinein. Sehen Sie, wenn Konflikteauftreten, die Schuld nicht au-tomatisch nur bei der Partne-rin, sondern kalkulieren Sieauch Ihren eigenen Beitrag ein.