12
Wilhelm t~oux' Archiv 165, 91--102 (1970) by Springer-Verlag 1970 Abh der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese HO~ST G~u~z Institut fª Physiologische Chemie der Freien Universit Berlin Eingegangen am 2. Februar 1970 Relationship between Competence and Protein Synthesis in Amphibian Ectoderm Summary. Isolated Amphibian gastrula ectoderm was pretreated in different ways and induced with a mesodermal/neural (Series I) or a mesodermal/endodermal (Series II) frac- tion ("sandwich" method). In the controls (K0) the inducer was implanted directly into early gastrula ectoderm. The explants of series K 1 were cultured in vitro for 20 (Series I) or 24 hours, respectively (Series II), and then combinated with the inducer. In series Ak the explants were treated with an inhibitor of protein synthesis (2 ~g/ml Actidion = Cycloheximid) for 20 or 24 h0urs and then eultured with inducer for 12 days. Ectoderm, cultured for 24 hours in vitro (Series 1{1) lost its ability to respond to in- ducing faetor. There is no loss of competence when ectoderm is treated with aetidion for the same time and then treated with inducer. Zusammen]assung. Isoliertes Gastrula-Ektoderm des Amphibienkeimes wurde nach unter- schiedlicher vorhergehender Behandlung mit einer mesodermal/neura] induzierenden Roh- fraktion (Versuchsreihe I) und einer mesodermal/entodermal induzierenden Fraktion (Ver- suchsreihe II) behandelt (Sandwieh-Methode). In der Kontrollserie (K0) wurde frª Gastrula-Ektoderm sofort mit dem Induktor versehen. Die Explantate der Serie K z wurden 20 Std (Versuchsreihe I) bzw. 24 Std (Versuchs- reihe II) in vitro kultiviert und dann erst mit dem Induktor versehen. In einer dritten Serie wurden die Explantate ª 20 bzw. 24 Std mit einem Hemmer der Proteinsynthese (2 ~zg/ml Aktidion = Cyeloheximid) behandelt und anschlie“ mit Induktor in normaler Holtfreter-L¦ aufgezogen. W gealtertes Ektederm (Serie Kl) seine Reaktionsf (Kompetenz) nach 24stª in vitro-Kultivierung verliert, weisen die ebensolange mit Aktidion behandelten Explantate keinen Kompetenzvertust auf. Einleitung Eine Reihe frª Untersuchungen besch sich mit der Kl der Kompetenzverh des Ektoderms im Laufe der frª Amphibien- entwicklung. Es konnte nachgewiesen werden, da“ bei Induktionsprozessen die Reaktionsbereitschaft des Ektoderms (im Ganzkeim oder als Sandwieh) von ebensogro“ Bedeutung ist wie das induzierende System. Im Laufe der frª embryonalen Amphibienentwiek]ung geht die Reaktionsbereitschaft des Ekto- derms fª Induktionsreize, die zu neuraler, mesodermalcr oder entodermaler Differenzierung fª verloren. Maximale mesoderma]e Induktionsleistungen wurden bei Anwendung verschiedener Methoden (Toivonen, 1953; Engl 1962, Leikola, 1963, 1965; Gebhardt und N'ieuwkoop, 1964; Grunz, 1968)von der 7 Wilhelm l~oux' Arch., Bd. l¦

Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Wilhelm t~oux' Archiv 165, 91--102 (1970)

�9 by Springer-Verlag 1970

Abh�8 der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

HO~ST G~u~z

Institut fª Physiologische Chemie der Freien Universit�8 Berlin

Eingegangen am 2. Februar 1970

Relat ionship between Competence and Pro te in Synthesis in Amph ib i an Ectoderm

Summary. Isolated Amphibian gastrula ectoderm was pretreated in different ways and induced with a mesodermal/neural (Series I) or a mesodermal/endodermal (Series II) frac- tion ("sandwich" method).

In the controls (K0) the inducer was implanted directly into early gastrula ectoderm. The explants of series K 1 were cultured in vitro for 20 (Series I) or 24 hours, respectively (Series II), and then combinated with the inducer. In series Ak the explants were treated with an inhibitor of protein synthesis (2 ~g/ml Actidion = Cycloheximid) for 20 or 24 h0urs and then eultured with inducer for 12 days.

Ectoderm, cultured for 24 hours in vitro (Series 1{1) lost its ability to respond to in- ducing faetor. There is no loss of competence when ectoderm is treated with aetidion for the same time and then treated with inducer.

Zusammen]assung. Isoliertes Gastrula-Ektoderm des Amphibienkeimes wurde nach unter- schiedlicher vorhergehender Behandlung mit einer mesodermal/neura] induzierenden Roh- fraktion (Versuchsreihe I) und einer mesodermal/entodermal induzierenden Fraktion (Ver- suchsreihe II) behandelt (Sandwieh-Methode).

In der Kontrollserie (K0) wurde frª Gastrula-Ektoderm sofort mit dem Induktor versehen.

Die Explantate der Serie K z wurden 20 Std (Versuchsreihe I) bzw. 24 Std (Versuchs- reihe II) in vitro kultiviert und dann erst mit dem Induktor versehen.

In einer dritten Serie wurden die Explantate ª 20 bzw. 24 Std mit einem Hemmer der Proteinsynthese (2 ~zg/ml Aktidion = Cyeloheximid) behandelt und anschlie“ mit Induktor in normaler Holtfreter-L¦ aufgezogen.

W�8 gealtertes Ektederm (Serie Kl) seine Reaktionsf�8 (Kompetenz) nach 24stª in vitro-Kultivierung verliert, weisen die ebensolange mit Aktidion behandelten Explantate keinen Kompetenzvertust auf.

Einleitung Eine Reihe frª Un te r suchungen besch�8 sich mit der Kl �8 der

Kompetenzverh �8 des Ektoderms im Laufe der f r ª Amphibien- entwicklung. Es konnte nachgewiesen werden, da“ bei Indukt ionsprozessen die Reakt ionsberei tschaf t des Ektoderms (im Ganzkeim oder als Sandwieh) von ebensogro“ Bedeutung ist wie das induzierende System. I m Laufe der frª embryona len Amphib ienentwiek]ung geht die Reakt ionsberei tschaf t des Ekto- derms fª Indukt ionsreize , die zu neuraler, mesodermalcr oder entodermaler Differenzierung fª verloren. Maximale mesoderma]e Induk t ions le i s tungen wurden bei Anwendung verschiedener Methoden (Toivonen, 1953; Engl �8 1962, Leikola, 1963, 1965; Gebhard t u n d N'ieuwkoop, 1964; Grunz, 1968)von der

7 Wilhelm l~oux' Arch., Bd. l¦

Page 2: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

92 H. Grunz:

mi t t le ren Blastnla bis zur mi t t le ren Gastrula erzielt. I m sp/~teren Gas t ru las tad ium (Harrison 12c) geht die F�8 des Ektoderms, sich mesodermal zu differen- zieren, aber verloren (Leikola, 1963, 1965; Grunz, 1969).

Durch unsere Un te r suchungen sollte gekl�8 werden, ob die Reaktionsf�8 keit des Ektoderms (Kompetenz) nach Behandlung mit einem Inh ib i to r der Prote insynthese (Aktidion = Cycloheximid) noch erhal ten ist, wenn unbehan- deltes Ek toderm seine Kompetenz bereits verloren hat.

Hierzu wurde Gas t ru la -Ektoderm explantier t , mi t oder ohne Aktidion- Zugabe in Holt f re ter-L¦ gealtert und anschlie“ mit einer aus Hª embryonen isolierten Rohfrakt ion mit mesodermaler u n d neuraler Indukt ions- wirkung oder einem angereieherten vegetalisierenden Fak tor behandel t , der im Ek toderm neben mesodermalen auch entodermale Gewebe induziert .

Material und Methode

Darstellung der induzierenden Fraktionen1: 1. Mesodermal und neural induzierende Roh]raktion. Zur Gewinnung der t~ohfraktionen

wurden die Rª von 10--11 Tage alten Hª mit 2 Vol. 0,5% NaC1 homo- genisiert und 2 Std bei 105000 g zentrifugiert. Der • wurde 5 min bei 60 ~ C mit Phenol extrahiert. Das Protein wurde mit Alkohol aus der Phenolschicht ausgefi~llt und im Vakuum getrocknet (Tiedemann und Tiedemann, 1956).

2. Angereicherter mesoder~naler.Faktor. Die Rª von l l Tage alten Hª wurden homogenisiert. Nach der Extraktion mit Phosphatpuffer und Fmktionierung mit Ammoniumsulfat folgte eine Behandlung mit Phenol. Die Proteinfraktion wurde chromato- graphisch an Carboxylmethylcellulose in Gegenwart von 6 ~ Harnstoff aufgetrennt. Das im pH-Bereich von 6,0--7,2 eluierte Protein wurde mit y-Globulin im Verh~Lltnis 1.1 ver- dª (Tiedemann, 1966).

Als Versuchsmaterial diente Ektoderm vom Alpenmolch (Triturus alpestris). Das Ekto- derm wurde aus der frª Gastrula isoliert, mit Induktor versehen und als Sandwieh auf- gezogen (Kontrolle K0). In einer zweiten Serie wurden die Explantate 20 (Versuchsreihe I) bzw. 24 Std (Versuchsreihe II) als Sandw]eh kultiviert und erst dann mit Induktor versehen (gealtertes Ektoderm Kl). Unter gleichen Bedingungen (Temperatur, gleiche Kultur]¦ aufgezogene Ganzkeime befanden sich naeh 20 Std im Stadium des mittleren bis kleinen Dotterpropfes (Harrison 12c), nach weiteren 4 Std setzte die Neurulation ein.

In einer dritten Versuchsserie wurden die Explant~te ª 20 Std in Holtfreter-L¦ kultiviert, die 2 ~g/ml Aktidion (Cycloheximid) enthielt. Bei dieser Konzentration hemmt Aktidion die Proteinsynthese zu ª 90% (Grunz, 1969). Nach zweimaligem Waschen der Explantate in je 40 ml Aktidion-freier Holtfreter-L¦ wurde der Induktor implantiert (Serie Ak).

Um zu ª252 welche Effekte Aktidion allein auf das Ektoderm ausª wurden die Explantate in einer weiteren Versuehsserie nur mit Aktidion behandelt und anschlie“ ohne Induktor in normaler Ho]tfreter-L¦ weiter aufgezogen (Serie Ak0).

Die Kultivierung aller Explantate erfolgte ª 12--14 Tage bei 18~ in Holtfreter- L¦ mit 300 mg/1 Cibazol bei einem pH-Wert von 7,3 unter sterilen Bedingungen. :Die Fixierung erfolgte in Bouinsehem Gemisch; Stª mit Boraxcarmin; Schnittfierbung mit Anilinblan-Orange G; Schnittdicke 8 tx. Fª die Auswertung stand Material von zwei Laichperioden zur Verfª (1968, Versuchsreihe I; 1969, Versuchsreihe II).

Bei der Berechnung der Induktionsraten wurden nur F�8 berª bei denen histologisch das Implantat zu erkennen war.

1 Fª die Pr�8 der Fraktionen m¦ ich den Herren Boezek, Born und Gelthe vielmals danken.

Page 3: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Abh�8 der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese 93

Ergebnisse Versuehsreihe I : Di//erenzierungsleistungen des E]ctoderms nach Behandlung mit

einer neural und mesodermal induzierenden Fra]ction ( Roh/raktion)

Serie K o. Frª Gastrula-Ektoderm ohne Alterung und ohne Aktidion- Behandlung sofort mit Induktor versehen.

Fast alle Explantatc hatten sich gut differenziert und waren stets von Epi- dermis umhª (Tabelle und Abb. 1). Pigment t ra t immer in Begleitung von Mesenchym auf. In 20 % der F�8 konnte Hinterhirn identifiziert werden, das au“ des Teetums leicht zu analysieren ist. Meist wurden gleichzeitig Ohr- blasen (18 % ) ge“ 61% der E xp]antate enthielten neurale Differenzierungen, die keine genaue Aussage ª die Regionalit�8 zulie“ Es ist jedoch anzu- nehmen, da“ es sich bei einer Reihe dieser Strukturen um Vorderhirn, das im Explantat schwierig zu bestimmen ist, und Neuralrohr handelt. Dagegen konnte Neuralrohr in 18 % der F�8 eindeutig nachgewiesen werden. Chorda war mit 68 % im Gegensatz zu Muskulatur (8 %) recht h�8 vertreten.

Die Induktionsleistungen umfassen vorwiegend den Bereich der Kopfregion. An Differenzierungen des Rumpfbereiches wurden in 68% der F�8 Chorda- bildungen und in 18 % Neuralrohr beobachtet.

Serie K 1. Frª Gastru]a-Ektoderm, 20 Std in vitro ohne Aktidion gealtert und dann mit Induktor versehen.

Im Vergleich zu Serie K 0 ist die Anzahl der differenzierten Explantate ge- ringer, und die Gewebe sind weniger gut ausgebildet. 23 % hat ten sich zu atypi- scher Epidermis entwickelt. Chorda war nur noch in 23 % der F�8 zu verzeichnen. In 41% der F�8 wurden nicht eindeutig k]assifizierbare Gehirnstrukturen ge- bildet. Ein Explantat wies Hinterhirn auf.

Serie A]c. Frª GastrulaMEktoderm, 20 Std in Aktidion-ha]tiger Holtfreter- L¦ in vitro gealtert, dann mit Induktor versehen.

Im Gegensatz zu Ektoderm, das in normaler Holtfreter-L¦ 20 Std bis fast zum Ende der Kompetenzphase gealtert ist, zeigt Ektoderm, das 20 Std in Aktidion-haltiger Holtfrctcr-L¦ (2 ~g/ml) kultiviert wurde, keinen Kompe- tenzverlust. Nur 2 % der F�8 hat ten sich nicht differenziert.

Die Induktionsleistungen erreichen bzw. ª sogar die Prozentwertc die in der Kontrolle (K0) verzeichnet werden. Au“ ist eine gewisse Ver- schiebung der Induktionslcistung von Kopforganen zu l~nmpf-Schwanzorganen zu beobachten. So wurde h�8 Hinterhirn (33%, Kontrolle K 0 20%), meist begleitet von Geh¦ festgestellt. W�8 die Prozentwerte fª Chorda etwa in der gleichen Gr¦223 liegen (57%, Kontrolle K 0 68%) wurde Muskulatur h�8 festgestellt (28 %, K 0 8 % ). Die Prozentwerte fª Mesenehym und Pigment nahmen zu. Au“ wurde in dieser Serie auch Flossensaum (35 % ) beobachtet.

Serie AI%. Frª Gastrula-Ektoderm, 20 Std in Aktidion-haltiger Holtfreter- L¦ (2 ~g/ml) kultiviert und anschlie“ ohne Induktor in normaler Holt- freter-L¦ aufgezogen.

In dieser Serie sollte geprª werden, ob durch Aktidionbehandlung allein schon Induktionen hervorgerufen werden. In allen F�8 hat ten die Explantate

T*

Page 4: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

94 H. Grunz:

Tabelle. Di/]erenzierungslegstungen des Triturus-E#toderms unter dem Einflu“ einer neural/ induzierenden Faktor

Serie K0: sofort mit Induktor versehen. Serie Kl: nach 20stª (VersuchsreiheI) 20stª (Versuchsreihe I) bzw. 24stª (Versuehsreihe II) in vitro-Kultur in Aktidion- mit Aktidion-haltiger Holt~reter-L¦ behandelt, ohne Induktorzugabe aufgezogen.

�9 ~ ~ ~ -

B~ .~.~ ~ :~,

Versuchsreihe I Serie K 0 40 97 3 - - 90 70 61 20 18 Serie K 1 22 77 23 - - 77 18 41 5 - - Serie Ak 46 98 2 - - 89 54 44 33 22 Serie Ak 0 44 9 9l - - 9 . . . .

Versuchsreihe 1!7

Serie K 0 26 Serie K 1 18 Serie Ak 22

100 - - 65 38 4 - - 4

6 94 - - 6 - - - - - - 100 - - 64 64 - - - - - -

Behim (insgesa~ff) unbesf. NeL~ralstrukf. Hin[erhirn 6eh5rblase

Epidermis y Epidermb

Mesench~m Pigment Neuralrohr FIossens~um S~hw~nz

Chord~. f~uskuly Goelomepithel H~rz Blutzel[en Niere

Darm peripheres Dorm

e~ifbel

50 % I

I i

--H

I _J

_J

]

5~ % 100

I i

I

I

J

50 % lOO I I

I I

I

I _ _ J

3-

Serie Ko Serie K1 Serie Ak n= #o n= zz n= #6

I I

Abb. 1. Versuchsreihe I (neural/mesodermtl induzierende RohIraktion). Prozentuale Hgufig- keit der im unterschiedlich behandelten Ektoderm realisierten Organkomp]exe

a b e r a t y p i s c h e E p i d e r m i s geb i lde t . I n 2 v o n 44 a u s w e r t b a r e n F � 8 h a t t e n s ich

a u “ k le ine B e r e i c h e des E x p ] a n t a t s zu E p i d e r m i s u n d M e s e n e h y m d i f fe ren-

z ier t .

Versuchsreihe I I : Dif/erenzierungsleistuny des Ektoderms nach Behandlung mi t einer mesodermal und entodermal induzierenden Fra]ction

Serie K o. F r ª G a s t r u l a - E k t o d e r m o h n e A l t e r u n g u n d o h n e A k t i d i o n -

B e h a n d l u n g so fo r t m i t I n d u k t o r v e r s e h e n .

Page 5: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Abh�8 der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese 95

mesodermal induzierenden Ro“ (Versuchsreihe I) und einem mesodermal/entodermal (Versuchsreihe II) bzw. 24stª (Versuehsreihe II) in vitro Kultur mit Induktor versehen. Serie Ak: nach haltiger Holtfreter-L¦ (2 izg/ml) mit Induktor versehen. Serie Ak o : 20 Std (Versuchsreihe I)

(ProzentzaMen, bezogen auf die auswertbaren F~lle (n) pro Serie).

r

4 ~

80 23 18 - - - - 68 8 - - 50 5 5 - - - - 23 5 - - 93 59 59 35 4 57 28 - -

9 . . . . . . .

r

E

r

46 12 12 4 4 42 31 27 23 19 15 6 . . . . . . . .

45 23 9 14 14 45 45 32 23 5 9

19 15

41 59

Oehirn (insgesy [] ~nbesf, Neur~Isfrukf. I Hinterhirn OehSrblose

Epidermis ~typk~h~ ~pid.erm~s I Nesench~m I Pigment Neury FIossens~um Sohwanz

Ghorda Muskulatur 6o~Iomepffhel Herz Blutzellen ~ierg

Darm peripher~s Do.r m -

epithel

? ~176 7 6oi ~ T

--7,

I

I

- l

510 ~ lO0

]

Serie Ko Serie K l ~erle ~m n=Z6 n=18 n=?_Z

Abb. 2. VersuchsreihelI (mesodermal/entodermal induzierende Fraktion). Prozentuale HKufigkeit der im unterschiedlich behandelten Ektoderm realisierten Organkomplexe

Die E x p l a n t a t e ha t t en sich unterschiedhch differenziert (Tabelle u n d Abb. 2). 65 % waren dotterreich u n d kompak t u n d sind deshalb t rotz des geringen Differen- zierungsgrades n icht mi t a typiseher Epidermis zu verwechseln (Abb. 3). W�8 rend die Zellen atypiseher Epidermis viele Vakuolen aufweisen u n d der Dot ter bereits wei tgehend verbrauch t ist, s ind die Zellen dieser kompa k t e n E x p l a n t a t e dotterreich u n d frei von Vakuolen. Einige zeigen neben nicht differenzierten Bereichert analysierbare S t ruk tu ren wie Chorda oder Darm. Die resthchen Ex- p lan ta te zeigen gut differenzierte mesodermale u n d entodermale S t ruk turen .

Page 6: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

96 H. Grunz:

Abb. 3. VersuchsreiheII, Scrie K o. Kompakter, dotterreicher Gcwebeverband. An der Peripherie ist der Induktor sichtbar. Vergr. : 160 •

Gehirn (4%) und Neuralrohr (12%) wurden nur in wenigen F�8 gebildet. Neben Chorda (42%) und Muskulatur (31%) wurden auch ventral-mesodermale Differenzierungen wie Herz (23 % ), Blutzellen (19 % ) und Nierenkan�8 (15 % ) verzeichnet (Abb. 4). t terzstrukturen von unterschiedlichem Differenzierungs- grad waren stets von Coelomepithel begleitet, das die Epidermis als dª ein- sehiehtiges Gewebe unterlagert. Mesenehym (46%) und Pigment (12%) wurden nur in gut umhguteten Explantaten gefunden. In 19% der F�8 wurden Darm- strukturen festgestellt. Peripher gelegenes Darmepithel differenzierte sieh in 15 % der Fglle. Es handelt sich bei dieser Differenzierung um einsehiehtiges Zylinder- epithel, das das Explantat teilweise oder ganz umhª

Ser ie K 1. Frª Gastrula-Ektoderm, 24 Std in vitro ohne Aktidion gealtert und darm mit Induktor versehen.

Page 7: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

AbhS~ngigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese 97

Abb. 4. Versuchsreihe II , Serie K 0. Gut mnh�8 Explan ta t mi t Nierenkan~lehen, Mesen- ferien und Induktor . Ind Induktor , Mes Mesenterien, Ni Vornierenkan~lehen

Vergr. : 120 •

Abb. 5. Versuchsreihe II , Serie K 1. Undifferenziertes Gewebe (atypisehe Epidermis) mit Induktor . Vergr. : 120 x

Page 8: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

98 H. Grunz:

Abb. 6. Versuehsreihe II, Serie Ak. Gut differenziertes Explantat. Chorda und Muskulatur werden von Epidermis umkleidet. Ch Chorda, Mes Mesentherien, Mu Muskulatur. Vergr. :

160•

Nach 24stª Alterung ist die Kompetenz des Ektoderms erloschen. Alle Explantate haben sich zu atypischer Epidermis entwickelt (Abb. 5). Lediglich in 1 von 18 F�8 haben sich neben atypischer Epidermis auch Mescnchym und Epidermis differenziert.

Serie Ak. Frª Gastrula-Ektoderm, 24 Std in Aktidion-haltiger Holtfreter- L¦ in vitro gealtert, dann mit Induktor versehen.

Nach Behandlung des Ektoderms ª einen Teil der Kompetenzphase (frª Gastrula bis zum Beginn der Neurulation) mit Aktidion (2 9g/tal) konnte die Reaktionsbereitschaft des Ektoderms erhalten werden (Abb. 6). Einige Gewebe traten sogar in hSherem Prozentsatz auf als in Serie K 0 . Eine deutliche Zunahme wurde fª regional nicht klassifizierbare Darmstrukturen (41%) und peripher gelegenes Darmepithel (59 % ), das die Explantate teilweise oder v¦ umhª verzeichnet (Abb. 7). Dieses peripher gelegene Darmepithel wurde auch in den kompakten, dotterreichen Explantaten beobachtet, deren Differenzierungs- richtung nicht eindeutig zu beurteilen ist. Ein einsehichtiges Zylinderepithel um- hª in diesen F�8 das kompakte zentrale Gewebe.

Diskussion Durch frª Untersuchungen (Chuang, 1955; Nieuwkoop, 1958; Tseng, 1963;

Leikola, 1963, 1965) konnte gezeigt werden, da“ Amphibien-Ektoderm im Laufe

Page 9: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Abh�8 der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese 99

Abb. 7. Versuchsreihe II, Serie Ak. Dotterreieher Gewebeverband mit Chorda, Muskulatur und peripher gelegenem Darmepithel. Die Hohlr~ume werden zum peripheren Darmepithel hin von Coelomepithel begrenzt. Ch Chorda, Coel Coelomepithel, Da Peripheres Darmepithe|,

M u Muskulatur. Vergr. : 160 •

der Gastrnlation die Fghigkeit, sich zu neuralem, mesodermalem oder ento- dermalem Gewebe zu differenzieren, verliert. Geringe Unterschiede in den Be- runden ª den Kompetenzverlust des Ektoderms sind auf die verschiedenen Methoden zurª252 (Molchart, Entwieklungsstadinm, Induktionsmaterial usw.). Im spgten Do%erpfropfstadinm (Harrison 12e) dª jedoch die Kompe- tenz des Ektoderms weitgehend erloschen sein, unabhgngig davon, welche Methode angewandt wird (in vivo und in vitro gealtertes Ektoderm oder Einsteckversuch im Ganzkeim). Meist wurden die besten Differenziernngsleistnngen mit frª Gastrula-Ektoderm erzielt. Es konnte jedoch gezeigt werden, da“ bereits mittleres Blastnla-Ektoderm nach Behandlung mit LiCl-haltiger Holtfreter-L¦ in der Lage ist, sich mesoderma] zu differenzieren (Gebhardt und Nieuwkoop, 1964; Grunz, 1968). Dagegen kann sich Ektoderm selbst im spiiten Dotterpffopfstadium (Harrison12 c) nach Induktion mit einem angereicherten vegetalisierenden Faktor aus Hª (Tiedemann und Tiedemann, 1964; Tiedemaml et al., 1965) nur noch zu Mesenehym und Pigment entwickeln (Grunz, 1969).

Page 10: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

100 H. Grunz:

In den jetzigen Untersuchungen konnte nun gezeigt werden, da“ die Kompe- tenz des Ektoderms nach Behandlung mit einem Hemmcr der Proteinsynthese noch zum Zeitpunkt des Ncurulationsbcginns erhalten ist, wenn unbehandeltes, unter sonst gleichen Bedingungen in vitro gealtertes Ektoderm bereits jegliche Reaktionsf~higkeit verloren hat (VersuchsreihelI, Serie K1). Explantiertes Gastrula-Ektoderm, 24 Std in vitro ohne Aktidion kultiviert und dann mit angereichertem mesodermalisierenden Faktor behandelt (Serie Kz), entwickelte sich in allen F/~llen zu atypischer Epidermis. Wurde das Ektodcrm jedoch ª den gleichen Zeitraum unter sonst gleichen Bedingungen mit Aktidion behandelt, so differenzierte es sich zu Chorda, Muskulatur, Niere und Darm. Der prozentuale Anteil der induzierten Gewebe unterschied sich in der mit Aktidion behandelten Serie Ak nicht wesentlich von der Kontrollscrie, in der explantiertes Ektoderm sofort und unbehandelt mit dem Induktor versehen wurde.

�96 Ergebnisse ergab die Versuchsreihe I bei Anwendung einer neural und mesodermal induzierenden Rohfraktion. Das Ektoderm wurde jedoch nur einer 20stª Alterung ausgesetzt. Zum Zeitpunkt der Implantation des Induktors war deshalb auch die Kompetenz der nicht mit Aktidion behandelten Kontrollserie K 1 noch nicht v¦ erloschen, so da“ sich das Ektoderm in wenigen Fª zu Gehirn, Chorda, Muskulatur und Ganglienleistendcrivaten differen- zieren konnte. Auch in dieser Versuchsreihe bleibt die Kompetenz nach Behand- lung mit Aktidion erhalten. Das in Aktidion-haltiger Holtfreter-LŒ gealterte Ektoderm (Serie Ak) weist ebensoviel Induktionen auf wie nicht gealtertes, sofort mit Induktor versehenes Ektoderm der Kontrollserie K 0.

Besonders erw~hnenswcrt sind die in der Versuchsreihe II nach Behandlung mit hochgereinigtem Induktor (Serie K 0 und Ak) auftretenden kompakten, rela- tiv dotterreichen Explantate. �96 aussehende Explantate wurden bereits bei frª Untersuchungen beobachtet, in denen frª Blastula-Ektoderm mit LiC1 behandelt wurde (Grunz, 1968). Vergleichbare Gebilde hatte Takata (1960) in Experimenten mit Meerschweinchen-Knochenmark als Induktor gefunden. Es ist m¦ da“ das Zelhnaterial trotz genª langer Aufzucht nach erfolgter Induktion zu weiterer Differenzierung nicht mehr in der Lage ist, da sekund~tre Prozesse nicht ablaufen k¦ Auff�8 ist, dag bei unseren Versuchen nach verkª Einwirkungszeit des gleichen Indnktors das Ektoderm sich zu Nieren- kan~lchen, Blutzellen und Coelomepithel differenzierte (Grunz, unverŒ

Wie der Kompetenzverlust zustande kommt, ist noch nicht bekannt. Ver- schiedene Faktoren k¦ dabei eine Rolle spielen. Es ist anzunehmen, dag gerade Prozesse in der Zelle fª den Kompetenzverlust verantwortlich sind. So entwickelt sich der Bereich des unterlagernden Chordamesoderms im Ganzkeim im Gegensatz zum Explantat (Holtfreter, 1965) immer in mesodermaler Richtung, obwohl in diesem Gewebe der nenralisierende Faktor vorhanden ist. Dieser Faktor bewirkt bekanntlich im dorsalen Ektodcrm die Induktion der Neuralanlage.

Wahrscheinlich werden in verschiedenen Keimteilen Inhibitoren gebildet, welche bestimmte Differenzierungsvorg~nge hemmen. Einer dieser Inhibitoren, der die Wirkung des vegetalisierenden Faktors hemmt, konnte partiell gereinigt werden (Tiedemann, 1968; Born, Tiedemann und Tiedemann, 1969). Es handelt sich um ein saures Protein. Die Hemmwirkung dieses Proteins kann durch Er-

Page 11: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

Abh�8 der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese 101

h ¦ der Induk to rkonzen t ra t ion wieder aufgehoben werden. Dagegen war es bisher aber nicht m¦ den Kompetenzver lus t im gealterten Ek tode rm durch Erh ¦ der Induk to rkonzen t ra t ion zu durchbrechen. M¦ spielt beim Kompetenzver lus t auch die Permeabilit/~t der Zelle fª Indukt ionsfak toren eine Rolle. So k ¦ eine begrenzte Permeabi l i t �8 fª Indukt ionsfaktoren und die Bildung von Inhibi toren zusammenwirken. Das Erhal tenbleiben der Kompe- tenz nach H e m m u n g der Proteinsynthese lie“ sich dann durch H e m m u n g der weiteren Synthese von Inhibi toren erkl�8 Eine direkte Blockierung von Genen durch Synthese spezieller Chromatinproteine als Ursache des Kompetenzver lustes ist aber noch nicht auszuschlie“

In diesem Zusammenhang mu“ darauf hingewiesen werden, da“ durch Akt idion (1 ~g/m]) neben der Proteinsynthese auch die DNS- und RNS-Synthese gehemmt wird. Die DNS-Synthese ist bereits nach 5stª Behandlung weit- gehend gehemmt. Die RNS-Syn these wird in etwas geringerem Ma“ gehemmt. Es wg, re denkbar, da“ durch eine verminderte Synthese von His tonen und anderen Chromosomenproteinen die Replikat ion der DNS beeintr �8 wird. Eine verminderte Synthese von Spindelproteinen k ¦ zu einer St ¦ des normalen Mitose-Ablaufs fª Welche Rolle solchen Sekundareffekten zu- k o m m t und welche Mechanismen im einzelnen fª den Kompetenzver lus t ver- antwort l ich sind, kann nur durch weitere Untersuchungen, insbesondere auch ª die Permeabil i tgt des Ektoderms, geklart werden 2.

L i t e r a t u r

Born, J., Tiedemaim, H., Tiedemann, H. : Activation of a morphogenetic futter by electro- phoresis. FEBS Letters 2, 4, 251--254 (1969).

Chuang, H.-H. : Untersuchungen ª die Reaktionsf�8 des Ektoderms mittels sub- letaler Cytolyse. J. Acad. Sinica 4, 151--186 (1955).

Engl�8 H. : Die Differenzierungsleistungen des Triturus- und Amblystoma-Ektoderms unter der Einwirkung von Knochenmark. Wilhehn t~oux' Arch. Entwickl.-)s Org. 154, 143--159 (1962).

Gebhardt, D. 0. E., Nieuwkoop, P. D. : The influence of lithium on the competence of the eetoderm in Amblystoma mexicanum. J. Embryol. exp. Morph. 12, 327--331 (1964).

Grunz, H.: Experimentelle Untersuchungen ª die Kompetenzverh�8 frª Ent- wicklnngsstadien des Amphibien-Ektoderms. Wilhelm l~oux' Archiv 160, 344--374 (1968).

- - ttemmung der Reaggregation dissoziierter Amphibienzellen durch Inhibitoren der P~NS- und Proteinsynthese. Wilhelm Roux' Archiv 161~, 184--196 (1969).

- - UnverΠErgebnisse (1969). Holtfreter, Hiroko Ban: Differentiation capacities of Spemann's organizer investigated in

explants of diminishing size. Dissertations abstraets, vol. 26, No 6 (1965). Dissertation of the University of Rochester.

Leikola, A.: The mesodermal and neural eompetenee of isolated gastrula ectoderm studied by heterogeneous induetors. Ann. zool. Soc. ,Vanamo" 25, No 2, 1--50 (1963).

- - On the loss of mesodermal competence of the Triturus gastrula eetoderm in vivo. Ex- perientia (Basel) 21, 458--459 (1965).

Nieuwkoop, P. D. : Neural eompetence of the gastrula ectoderm in Amblystoma mexicanum. An attempt at quantitative analysis of morphogenesis. Acta Embryol. Morph. exp. 2, 13--53 (1958).

Takata, C. : The differentiation in vitro of the isolated endoderm under the influence of the mesoderm in Triturus pyrrhogaster. Embryologia (Nagoya) 5, 38--70 (1960).

2 Herrn Prof. Dr. Dr. H. Tiedemann danke ich fª anregende Diskussionen.

Page 12: Abhängigkeit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms von der Proteinsynthese

102 H. Grunz: Abh/ingigkcit der Kompetenz des Amphibien-Ektoderms

Tiedemann, H. : The molecular basis of differentiation in early development of amphibian embryos. In: Current topics in developmental biology, vol. I, p. 85--112 (A. Monroy and A.A. Moscona, cds.). :New York and London: Academic Press 1966.

- - Faetors determfiling embryonic differentiation. J. cell. Physio]. 72, Suppl. 1, 129--144 (1968).

- - B o r n , J., Kocher-Beckcr, U., Tiedemann, H.: Anreicherung des mesodermalen Induk- tionsfaktors durch Elektrophorese in Dextragelen. Z. Naturforsch. 20 b, 6, 608--609 (1965).

- - Tiedemann,/4. : Versuche zur chemischen Kennzeichnung von embryonalen Induktions- stollen. Hoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 806, 7--32 (1956).

- - Tiedemann, H. : Das Induktionsverm¦ gereinigter Induktionsfak~oren im Kombinations- versuch. Rer. suisse Zoo]. 71 (Hommages ~ Fritz Baltzer), No 5, 117--137 (1964).

Toivonen, S. : Knochenmark als mesodermaler Induktor im Implantatsversuch bei Triturus. Arch. Soc. zool.-bot, renn. ,Vanamo" 7, 113--121 (1953).

Tseng, M.-P. : On the reactivc capacity of the urodelian ectoderm during gastrulation. Acta Biol. exp. Sinica 8, 230--242 (1963).

Dr. Horst Grunz Insti tut fª Physiologische Chemie der ~Frcien Universit�8 I) 1000 Berlin 33, Arnimallee 22