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Abschlussarbeit

ÖÄK Diplomlehrgang Geriatrie

Wissenschaftliche Leitung:

Prof. Dr. Franz Böhmer

Prim. Univ. Prof . Dr. Monika Lechleitner

Rückfragen:

Österreichische Akademie der Ärzte GmbH Weihburggasse 2/5 A-1010 Wien Tel.: +43 1 512 63 83

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Dr. Bernadette Stögerer 2011/2012

I

Die Anämie beim geriatrischen

Patienten

Abschlussarbeit von Dr. Bernadette Stögerer

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Dr. Bernadette Stögerer 2011/2012 II

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung .................................................................................... 1

2 Zielsetzung .................................................................................. 1

3 Definition ..................................................................................... 1

4 Prävalenz und Epidemiologie .................................................... 2

5 Ursachen von Anämien bei geriatrischen Patienten ................ 3

5.1 Eisenmangelanämie ................................................................................ 4

5.2 Anämie bei chronischen Entzündungen bzw. Erkrankungen

(Anemia of Chronic Inflammation, ACI bzw. Anemia of Chronic

Disease, ACD) .......................................................................................... 7

5.3 Anämie bei renaler Insuffizienz .............................................................. 9

5.4 Anämie bei Vitamin B12- und Folsäuremangel .................................. 11

5.5 Anämie bei Myelodysplastischem Syndrom (MDS) ........................... 12

5.6 Anämie bei Schilddrüsenerkrankungen .............................................. 12

5.6 Anämie ungeklärter Ursache ................................................................ 13

6 Zusammenfassung ................................................................... 14

7 Literaturverzeichnis .................................................................. 15

Anhang

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Dr. Bernadette Stögerer 2011/2012

1

1 Einleitung

Die Anämie ist ein häufiges Problem der älteren Population, wird aber häufig als

harmlos bzw. zum normalen Alterungsprozess gehörend eingestuft. Doch die

Anämie im Alter ist weder „normal“ noch harmlos, sie kann vielmehr ein akutes oder

chronisches medizinisches Problem darstellen bzw. ein Grund für die

Verschlechterung des klinischen Zustandes von älteren, chronisch kranken

Menschen sein [2,3]. Die Anämie beim geriatrischen Patienten kann aber auch einen

wichtigen Hinweis auf eine ernsthafte und möglicherweise behandelbare Erkrankung

darstellen [1, 2].

Oft sind die typischen Symptome zu Beginn sehr unspezifisch und für den Patienten

subjektiv wenig belastend. Aber gerade ein chronischer Blutmangel kann im Alter

weitreichende Konsequenzen haben, von verschieden kardiovaskulären

Komplikationen bis hin zu einer verminderten Lebensqualität. Japanische Studien

zeigten, dass bei einer unbehandelten Anämie die Fünf-Jahres-Überlebensrate mit

der Höhe des Hämoglobinspiegels korreliert [2].

Wird eine Anämie bei einem älteren Menschen festgestellt, macht dies eine genaue

Anamnese, eine körperliche sowie eine Laboruntersuchung erforderlich [1].

Nicht immer muss eine Anämie abgeklärt werden: Wenn sie zum Beispiel nur

leichten Grades ist und/oder wenn sich die Ursache aufgrund der Anamnese und der

Klinik ausreichend erklären lässt [10].

2 Zielsetzung

Diese Arbeit soll nicht nur einen kurzen Überblick, über Anämieformen, die im Alter

gehäuft vorkommen, geben, sondern auch Unterstützung hinsichtlich der Abklärung

bzw. der Therapie bieten. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Eisenmangelanämie,

da sie die häufigste Form der Blutarmut bei geriatrischen Patienten darstellt.

3 Definition

Die World Health Organisation (WHO) spricht von einer Anämie, wenn die

Hämoglobinkonzentration kleiner 12,0 g/dl bei Frauen und kleiner als 13,0 g/dl bei

Männern ist [4]. Die Gültigkeit dieser Werte wurde jedoch in Frage gestellt, nachdem

Publikationen der Woman Health and Aging studies (WHAS) gezeigt hatten, dass bei

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Frauen ab 65 Jahren bereits ein Hämoglobinwert unter 13,5 g/dl mit einem erhöhten

Mortalitätsrisiko und einer Funktionseinschränkung assoziiert ist [13].

Auch die Zahl der Erythrozyten (red cell mass – RCM) und der Hämatokrit werden für

die Beurteilung einer Blutarmut herangezogen.

Normwerte [18] Frauen Männer

Hämoglobin (g/dl): 12,0 – 16 13,0 - 17

Hämatokrit (%): 38 – 44 42 – 50

Erythrozyten (Mill/µl) 4,0 – 5,4 4,3 – 5,6

Der Hämoglobingehalt und der Hämatokrit sind die entscheidenden Parameter für

die Anämie-Diagnostik. Die Erythrozytenzahl korreliert nicht immer mit dem

Hämoglobin und ist daher kein empfindlicher Parameter [18].

4 Prävalenz und Epidemiologie

Die Anämie ist ein häufiges Problem bei Patienten über 65 Jahre. Bezugnehmend

auf die National Health and Nutrition Examination Survey III (NHANES III) sind in den

USA 9,5 % der geriatrischen Personen davon betroffen [13]. Häufiger wird dieses

Krankheitsbild bei hospitalisierten und/oder bei den hochbetagten Patienten

gefunden (siehe Tab. 1). Im Gegensatz zur Anämie beim jüngeren Menschen ist die

Blutarmut bei Älteren häufiger bei Männern als bei Frauen anzutreffen [5].

Neben dem Geschlecht spielt auch die Ethnizität eine Rolle. So leiden schwarze

ältere Menschen dreimal häufiger an einer Anämie als Weiße. Diesen Umstand kann

man zum Teil durch das erhöhte Vorkommen von Thalassämien und strukturellen

Hämoglobinopathien erklären (siehe Tab. 2) [6, 7].

Zusätzlich kann man feststellen, dass die ältere Population sehr heterogen ist (siehe

Tab. 1) [5].

Tab. 1: Prevalence of anemia in persons 65 years and older [5]

Age Population Prevalence

> 65 Community-dwelling eldery, American 10, 6 %

> 65 Community-dwelling eldery, Italian 11 %

> 71 Community-dwelling 24 %

> 65 Hospitalized 24 %

> 65 nursing home 48 %

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Tab. 2: Prevalence of persons age 65 and older who are anaemic, by race/ethnicity and sex [8, 9]

5 Ursachen von Anämien bei geriatrischen Patienten

Anämien bei geriatrischen Patienten sind immer multifaktoriell [2]. Bezugnehmend

auf die NHANES III Studie können aber drei Hauptursachen für die Anämie beim

älteren Menschen genannt werden (vgl. Tab. 4) [9, 5].

-) Anämie aufgrund von Blutverlust bzw. Mangelernährung,

-) Anämie assoziiert mit chronischen Erkrankungen/Entzündungen,

-) Anämie bei chronischer Niereninsuffizienz

Tab 4: Ursachen der Anämie im Alter

Ursache: Prävalenz (%)

Eisenmangel 15-23

Chronische Erkrankung/Entzündung 15-35

Chronische Nierenerkrankung 8

Endokrinopathien 0-5

Vitamin B12- oder Folsäuremangel 0-14

Hämatologische Krankheiten 5

Ungeklärte, idiopathische Anämie 17-45

Selten tritt im Alter eine akute Anämie auf (z. B. durch Blutung oder Hämolyse).

Meistens ist es ein langsam fortschreitender Prozess, der zu einer Blutarmut führt.

Wichtig hierbei wäre es, die Hämoglobin-Werte vor einer etwaigen Hospitalisierung

zu kennen, da bei älteren Personen bereits multiple Phlebotomien zu einer Anämie

führen können [5].

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5.1 Eisenmangelanämie

Die Diagnose eines Eisenmangels bei älteren Menschen spielt eine große Rolle, da

sich die daraus resultierende Anämie leicht behandeln lässt. Darüber hinaus kann

ein Eisenmangel Hinweis auf eine gastrointestinale Erkrankung sein [5].

Die Bestimmung von Ferritin hat hierbei eine wichtige diagnostische Bedeutung, da

der Eisenmangel die einzige Ursache für ein erniedrigtes Ferritin darstellt. Man muss

aber bedenken, dass dieser Wert bei Patienten mit chronischer Entzündung,

maligner oder Lebererkrankung normal bzw. falsch erhöht sein kann. Bei einem

Ferritin-Wert von über 100 ng/ml kann aber auch bei vorliegender Entzündung ein

Eisenmangel ausgeschlossen werden.

Das Serumeisen hat wegen der starken tageszeitlichen Schwankungen bei der

Diagnostik eine untergeordnete Rolle wie auch die übrigen Eisenparameter, z. B.

Transferrin und Transferrinsättigung [10, 11, 12].

Meistens ist die Eisenmangelanämie die Folge einer okkulten gastrointestinalen

Blutung, hervorgerufen durch Magen- oder Duodenalulcerazionen, NSAR-Einnahme,

Colonkarzinome bzw. Polypen, Magenkarzinome, Angiodysplasien oder entzündliche

Darmerkrankungen. In einer Studie mit 100 Patienten mit Eisenmangelanämie hatten

37 % eine obere gastrointestinale Blutung (peptisches Ulkus), und bei 26 % konnte

eine Ursache im Colon gefunden werden [12]. Eine weitere Ursache kann eine

mangelnde Eisenresorption bei z. B. Zustand nach Magenresektion sein oder eine

chronische Gastritis (Typ A oder B) [18, 24].

Symptome

Die Symptome hängen davon ab, wie schnell sich die Anämie entwickelt, wie stark

der Hämoglobinwert absinkt und ob Komorbiditäten vorhanden sind [1,5].

Treten Symptome eines Eisenmangels noch vor Auftreten einer Anämie auf, spricht

man von Sideropenie oder latentem Eisenmangel [18].

1. Allgemeine Anämiesymptome:

-) Blässe der Haut und Schleimhäute

-) Schwäche, Belastungsdyspnoe (verminderte Zahl von

Sauerstoffträgern)

-) evtl. Systolikum über dem Herzen durch Strömungsturbulenzen bei

verminderter Viskosität und erhöhtem Herzzeitvolumen

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-) Tachykardie (Kompensation des Sauerstoffmangels), Palpitationen

-) Tinnitus, Depression

2. Haut- und Schleimhautsymptome (siehe Bilder im Anhang):

-) Rillenbildung und Brüchigkeit der Nägel, Hohlnägel, Haarausfall, Aphten der

Mundschleimhaut, trockene Haut, Pruritus

-) Plummer-Vinson-Syndrom: Sideropenische Schleimhautatrophie von Zunge,

Oropharynx, Ösophagus mit Zungenbrennen und schmerzhafter Dysphagie

-) Mundwinkelrhagaden

3. evtl. unspezifische psychische oder neurologische Störungen:

-) Kopfschmerzen

-) Konzentrationsstörungen

-) Restless legs

-) Pica (abnorme Essgelüste auf z.B. Kalk, Erde) [18]

Diagnostik:

-) Anamnese/Klinik

-) Labor: Hämoglobin, Erythrozytenzahl, Erythrozytenmorphologie (Anisozytose,

Poikilozytose, Fragmentozyten, Sphärozyten), Retikulozyten, Blutausstrich,

MCH/MCV, Thrombozyten, Ferritin, evtl. Eisen und Transferrin [5, 18]

-) Klärung der Ursache: Stuhl auf Blut untersuchen (Hämoccult-Test®,

endoskopische Magen-Darm-Diagnostik), Ausschluss einer Blutung im Bereich

der Urogenitalorgane (urologische, gynäkologische Untersuchung), andere

Blutungsquellen ausschließen (Zahnfleischbluten, Nasenbluten, große

Hämatome…), Ausschluss einer Eisenresorptionsstörung – Durchführung eines

Eisenresorptionstestes.

Eisenresorptionstest: Messen des Serumeisens vor und 2 Stunden nach oraler Einnahme von 200

mg Eisen(II): normal ist ein Ansteigen des Serumeisens auf mindestens das Doppelte des

Ausgangswertes

Behandlung Eisenmangelanämie

Durch eine adäquate Behandlung der zugrunde liegenden Ursache sollte ein weiterer

Eisenverlust verhindert werden [12]. Die Therapie sollte so lange fortgesetzt werden,

bis die Anämie korrigiert und das Ferritin auf 100 ng/ml angestiegen ist, wobei

höhere Ferritinwerte vor einem Anämierückfall schützen [24].

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Die Berechung des Eisenbedarfs mit Hilfe der Ganzoni-Formel ist in der Praxis nur

schwer einsetzbar [25].

Ganzoni-Formel: Körpergewicht x (Ziel-Hb – aktuelles Hb) x 2,4 + 500 (Eisenspeicher)

Die Therapie kann peroral oder intravenös erfolgen. Da zweiwertige Eisenpräparate

(z. B. Aktiferrin®, Ferretab®) schlecht resorbiert werden, müssen sie nüchtern

eingenommen werden. Dreiwertige Produkte sind in Österreich nur für die

parenterale Gabe zugelassen (z.B. Venofer®) [10].

Bei der oralen Therapie werden nur 10% aufgenommen, der Rest wird über den

Darm ausgeschieden. Die schwarze Stuhlverfärbung ist dafür ein Indiz. Durch die

niedrige Bioverfügbarkeit kommt es zu hohen Eisenkonzentrationen im Darm was zu

Dünndarmulzerationen, gastrointestinalen Nebenwirkungen (Bauchschmerzen,

Obstipation) und bei langfristiger Eisensubstitution zu einer Veränderung der

Darmflora führen kann, wodurch das Risiko für kolorektale Tumore zunimmt [24, 25].

Die Regel lautet „Small is beautiful“. Also kleine Einzeldosis ohne speziellen

galenischen Mantel, wie z. B. Aktiferrin ® [24]

Bei älteren Menschen kann Eisen aufgrund z. B. einer Helicobacter-pylori-Infektion

zusätzlich schlechter resorbiert werden [9].

Ohne nachgewiesenen Eisenmangel sollte keine Substitution erfolgen, da der

menschliche Körper über keine Regulationsmechanismen verfügt, das

überschüssige Eisen auszuscheiden [9].

Indikationen für eine i.v. Therapie [10, 12]:

-) schlechte Verträglichkeit der peroralen Therapie

-) schwere Anämie

-) anhaltender Verlust, der sich peroral nicht kompensieren lässt (z.B. bei CED)

-) mangelnde Adhärenz

-) Anämie bei chronischer Erkrankung

-) enterale Eisenresorptionsstörung

Zur parenteralen Gabe stehen zur Verfügung [14]:

-) Venofer® mit 100 mg Eisen pro Ampulle

(Kosten: 5 Ampullen ca. € 94,00), max. 200 mg 3mal wöchentlich

-) Ferinject® mit 100 mg bzw. 500 mg Eisen pro Durchstechflasche

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(Kosten: 5 DSF € 240,00 bzw. € 1.067,00), Gabe von bis zu 1000 mg Eisen in

einer Kurzinfusion einmal pro Woche, bis zur kumulativen Gesamtdosis gemäß

Tabelle (siehe Tab 5.)

Tab. 5: Dosierungsschema, Ferinject [25]

Hb (g/dl) KG < 70 kg KG > 70 kg

≥ 10 1000 mg 1500 mg

7 – 10 1500 mg 2000 mg

Durch die parenterale Gabe von Eisen wird der Eisenmangel bzw. die Anämie

schneller und effektiver als durch die orale Substitution behoben (nahezu 100%ige

Bioverfügbarkeit), die Therapie ist aber teuer und kann anaphylaktische Reaktionen

und Thrombophlebitiden hervorrufen [15, 24]. Ob die Therapie erfolgreich ist, erkennt

man an einem Ansteigen der Retikulozyten nach 3-4 Tagen und der

Hämoglobinkonzentration von ca. 2 g/dl nach ca. 3-4 Wochen. Weiters kann man im

Blutausstrich erkennen, dass die mikrozytären Erythrozyten zusehends durch

normozytäre ersetzt werden. Zu bedenken ist, dass die i.v.-Eisengabe die

Ferritinsynthese stimuliert, daher kann ein verwertbarer Ferritinwert frühestens 4

Wochen nach der letzten Eiseninfusion gemessen werden (vorher falsch zu hohe

Werte möglich) [10, 12, 24].

5.2 Anämie bei chronischen Erkrankungen bzw. Entzündungen

(ACI – Anemia of Chronic Inflammation, ACD – Anemia of Chronic

Disease)

Da ältere Menschen häufig unter multiplen chronischen Erkrankungen leiden, ist es

nicht überraschend, dass die ACD die zweithäufigste Ursache der geriatrischen

Anämie ist.

Komorbiditäten können indirekt zu einer ACD führen:

-) NSAR´s bei Osteoarthritis gastrointestinale Blutung Eisenmangel

-) arterielle Hypertonie renale Funktionseinschränkung Anämie bei chronischer

Niereninsuffizienz [1].

Die ACD ist eine Auschlussdiagnose, jedoch können Kombinationen von ACD und

anderen Anämien, z.B. Eisenmangelanämie, die Diagnosestellung erschweren [18].

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Die ACD bzw. ACI kann mit Entzündungen jeglicher Art assoziiert sein (siehe Tab. 5)

[13].

Tab. 5: Morbiditäten, die mit ACD assoziiert sind

1) Akute und chronische Infektion (viral, bakteriell, protozoal)

2) Autoimmunerkrankungen (z.B. Rheumatoide Arthritis)

3) Gewebeverletzungen (z.B. durch Operation, Trauma, Myokardinfarkt, Menstruation)

4) Neoplasien

5) Chronische Niereninsuffizienz

Der Hauptmechanismus der zu einer ACI führt, ist eine beeinträchtigte Erythropoese

durch inflammatorische Zytokine (TNF-alpha, Interleukin 1 und 6, Interferon gamma),

die im Rahmen der Grunderkrankung vermehrt gebildet werden. Durch diese

Zytokine wird der Eisenstoffwechsel, die Proliferation der roten Progenitorzellen und

die Synthese von Erythropoetin (EPO) gestört sowie die Überlebenszeit der

Erythrozyten verkürzt. In diesem Zusammenhang spielt Hepcidin eine wichtige Rolle

(Hepcidin ist ein Typ II-Akute-Phase-Protein) [16, 18].

Klinisch stehen meist die Symptome der Grunderkrankung im Vordergrund.

Zusätzlich findet man allgemeine Anämiesymptome (siehe 5.1), die durch die

Grunderkrankung weniger deutlich erscheinen können [18].

Die ACI ist eine hypoproliferative Anämie - gekennzeichnet durch niedriges

Serumeisen, normalen bis erhöhten Speicherwerten (Ferritin) und ist meist

normochrom und normozytär. Eine hypochrome und mikrozytäre Form ist aber

möglich. Im Blutausstrich präsentiert sich eine Anisozytose und Poikilozytose, die

Retikulozytenzahl ist normal bis vermindert. Laborchemisch erhöht sind die

Blutsenkung, das CRP, Haptoglobin, Ferritin und Hepcidin. Der EPO-Spiegel kann

noch im Normbereich liegen, der für Anämien typische Anstieg der EPO-Produktion

fehlt jedoch [17, 18].

Die Therapie der Grunderkrankung stellt die beste Therapie der ACD dar. Ist die

Grunderkrankung unheilbar, ist jene der ACD auch als palliativ anzusehen.

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Symptomatische Therapie:

-) Erythrozyten-Konzentrate

-) parenterale Eisengabe bei Eisenmangel (perorale Eisengabe bringt keinen

Erfolg, da Hepcidin die Aufnahme verhindert)

-) Gabe von EPO (Erythropoetin) bzw. ESA (Erythropoese-stimulierende

Wirkstoffe): bei Tumorpatienten unter Chemotherapie mit symptomatischer

Anämie (Hb < 10 g/dl), vorher Ausschluss anderer Anämieursachen,

Ziel-Hb 12 g/dl (bei höheren Werten steigt die Letalität) [18]

5.3 Anämie bei renaler Insuffizienz

Im Alter nimmt die renale Funktion ab. Eine Studie in einem Altersheim zeigte, dass

43 % der Bewohner eine chronische Nierenerkrankung mit einer Kreatinin-Clearance

kleiner 60 ml/min hatten [19]. Eine chronische Niereninsuffizienz kann zu einer

hyperregenerativen Anämie führen und stellt einen Risikofaktor für erhöhte Mortalität

und verminderte Lebensqualität von Nierenpatienten dar [5, 18]. Jedoch kann diese

Anämie übersehen werden, da eine Diskrepanz zwischen hochnormalem

Serumkreatinin und verminderter Kreatinin-Clearance bei älteren und

untergewichtigen Patienten besteht. [10].

Als Hauptursache für die renale Anämie gilt ein Erythropoetin-Mangel durch

verminderte Produktion infolge der Niereninsuffizienz. Begleitfaktoren können eine

verkürzte Erythrozytenüberlebenszeit, ein Eisenmangel, eine inadäquate Dialyse,

eine Aluminiumüberladung sowie eine Knochenmarkfibrose durch den

Hyperparathyreotismus bzw. die myelotoxische Wirkung von harnpflichtigen

Substanzen sein [10, 18].

Neben den allgemeinen Anämiesymptomen (siehe oben) kann auch eine Café-au-

lait-Farbe der Haut auffallen (anämische Blässe und Ablagerung von Urochromen).

Im Labor findet man meist normochrome, normozytäre Erythrozyten, die Zahl der

Retikulozyten ist vermindert und der EPO-Spiegel kann noch im Normbereich liegen

(das für Anämien typische Ansteigen des EPO-Spiegels fehlt jedoch) [18].

Differentialdiagnostisch muss an die Eisenmangelanämie gedacht werden, welche

bei Patienten mit Niereninsuffizienz auch gehäuft vorkommt (Blutverluste durch

häufige Blutabnahmen, Hämodialyse und ev. gastrointestinale Blutungen).

Dialysepatienten haben im Schnitt einen Blutverlust von ca. 2,5 l im Jahr – das

entspricht etwa 1000 mg Eisen bei einem Hämoglobingehalt des Blutes von 12 g/dl.

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Deshalb ist es wichtig, vor Therapiebeginn der renalen Anämie einen etwaigen

Eisenmangel auszuschließen und bei Bedarf zu therapieren (Ziel-Wert des Serum-

Ferritins > 200 bis max. 500 µg/l) [18, 20].

Zur Therapie der renalen Anämie stehen Erythropoese-stimulierende Wirkstoffe

(=ESA) zur Verfügung.

ESA: Therapie und Dosierung [14, 18]

-) Epoetin alfa HEXAL® 1000- 40000IE (Epoetin alfa): 50IE/kgKG dreimal

wöchentlich in der Korrekturphase, 17-33IE/kgKG dreimal wöchentlich in der

Erhaltungsphase bei nicht dialysepflichter Niereninsuffizienz

-) Retacrit® 1000-40000IE (Epoetin zeta): 50IE/kgKG dreimal wöchentlich in der

Korrekturphase, 17-33IE/kg/KG dreimal wöchentlich in der Erhaltungsphase bei

nicht dialysepflichtiger Niereninsuffizienz

-) Aranesp® 10-500µg (Darbepoetin alfa): 0,45µg/kgKG einmal wöchentlich in der

Korrekturphase, in der Erhaltunsphase einmal pro Woche bzw. einmal alle 2

Wochen

-) NeoRecormon® 500-30000IE (Epoetin beta): 20IE/kgKG dreimal wöchentlich in

der Korrekturphase, in der Erhaltungsphase je nach Hämoglobin (zw. 10-12 g/dl)

-) Eporatio® 1000-30000IE (Epoetin theta): 20IE/kgKG dreimal wöchentlich in der

Korrekturphase, in der Erhaltungsphase ein- bis dreimal wöchentlich

Biosimilars sind biotechnologisch hergestellte Substanzen, die den Originalpräparaten ähnlich sind.

Sie haben die gleiche Aminosäurenstruktur wie humanes Erythropoetin. Biosimilars für Erypoetin alfa

sind: Abseamed®, Binokrit®, Epoetin alfa Hexal®, Silapo® und Retacrit®.

Der Ziel-Hb sollte 12 g/dl nicht überschreiten, da bei höheren Werten das

kardiovaskuläre und Mortalitätsrisiko ansteigt.

Vor Therapiebeginn mit ESA sollte der Blutdruck gut eingestellt sein, da,

insbesonders bei höheren Dosen, sich eine vorbestehende arterielle Hypertonie

verschlechtern kann.

Eine Anämie kann auch bei einem relativen EPO-Mangel bestehen. Das bedeutet,

dass die endokrine Funktion der Niere bei normaler Nierenfunktion beeinträchtigt ist,

z. B. bei Diabetikern [21]. Auch eine ACE-Hemmer-Therapie kann die EPO-

Produktion hemmen und zu einer EPO-Mangel-bedingten Anämie führen [1, 5].

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5.4 Anämie bei Vitamin B12- und Folsäuremangel

Bei älteren Menschen kann häufig ein Vitamin B12- und/oder Folsäuremangel

festgestellt werden, jedoch liegt nur bei wenigen Anämien die Ursache in einem

solchen Mangel. Durch eine atrophe Magenschleimhaut (Perniziöse Anämie bei

Autoimmungastritis mit Antikörperbildung gegen Parietalzellen und Intrinsic Factor),

nach einer Magenresektion, bei intestinalen Erkrankungen mit Malabsorption, bei

einer chronischen Helicobacter-pylori-Infektion sowie durch Medikamente (PPI bzw.

Metformin-Langzeittherapie) wird die Resorption von Vitamin B12 beeinträchtigt [5,

18]. Die häufigste Ursache für einen Folsäure-Mangel liegt in einer einseitigen

Ernährung (z.B. bei Alkoholikern, älteren Menschen).

Bei schwerem Vitamin B12-Mangel findet man neben allgemeinen

Anämiesymptomen (siehe oben) auch neurologische (Funikuläre Myelose mit

Gangunsicherheit, Ataxie, Paresen) und gastrointestinale Symptome

(Autoimmungastritis, atrophe Glossitis). Bei einem Folsäuremangel liegt nur eine

megaloblastäre Anämie ohne funikuläre Myelose vor.

Im Labor findet man makrozytäre (MCV = Mean corpuscular volume > 98 fl) und

hyperchrome (MCH = Mean corpuscular hemoglobin > 34 pg) Erythrozyten bei

normalem MCHC (= Mean corpuscular hemoglobin concentration). Häufig ist eine

Leuko- und Thrombopenie anzutreffen. Die Retikulozyten sind vor der Vitamin B12-

Therapie normal bis erniedrigt, nach Therapiebeginn erhöht. Eventuell kann als

Zeichen einer ineffektiven Erythropoese mit Hämolyse der Eisenwert, das LDH und

das indirekte Bilirubin erhöht sein [18]. Ein Vitamin B12-Mangel ist bei Werten unter

150 pmol/l anzunehmen und sicher bei Werten unter 100 pmol/l [10].

Die Therapie des Vitamin-B12-Mangels erfolgt parenteral (i.m., i.v.)

Zur Therapie stehen zur Verfügung [14]

-) Hepavit® 500 µg und 1000 µg: initial 1000 µg zwei- bis dreimal wöchentlich bis zur

Normalisierung des Blutbildes, Erhaltungsdosis: 1000 µg alle 2 Monate

-) Erycytol Depot® 1g: bei neurologischer Indikation 1 mg zwei- bis dreimal

wöchentlich, Erhaltungsdosis: 0,5 mg alle 5-6 Wochen

Da nach ca. vier Tagen die Zahl der Retikulozyten enorm steigt, sollten in dieser

Phase nach Laborkontrolle Folsäure, Kalium und Eisen substituiert werden

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(vermehrter Bedarf durch gesteigerte Erythropoese). Vorübergehend kann es zu

einer Thrombozytose mit gesteigertem Thromboserisiko kommen [18].

Bei einem Folsäuremangel steht mit Folsan®, um ein Beispiel zu nennen, ein

perorales Produkt zur Verfügung (5 mg/Tag).

5.5 Anämie bei Myelodysplastischem Syndrom (MDS)

MDS betrifft häufig Menschen über 60 Jahre und umfasst eine heterogene Gruppe

von Knochenmarkserkrankungen, die durch eine ineffektive und dysplastische

Hämatopoese sowie eine periphere Zytopenie charakterisiert ist, wobei eine, zwei

oder alle drei Zellreihen betroffen sein können [5, 10].

Die Symptome entstehen infolge der Zytopenie: Anämiesymptome (siehe 5.1),

Infekte, evtl. Fieber und Blutungsneigung [18].

Durch eine Jamshidi-Punktion kann die Diagnose gestellt werden. Das Knochenmark

ist zellreich, weist dysplastische Zellen und einen erhöhten Blastenanteil auf [18]. Im

Blutbild findet man neben einer Mono-, Bi-oder Panzytopenie meist auch eine

hyperchrome oder normochrome Anämie (die MCH-Werte können durch allfällige

Transfusionen oder bei einer Kombination mit Eisenmangel verfälscht sein) [10,18].

Supportive Therapie [18]:

-) Transfusionen mit leukozytendepletierten Erythrozytenkonzentraten

-) Eisenchelate bei drohender und manifester sekundärer Siderose (z. B.: Exjade®)

-) Transfusionen mit Thrombozytenkonzentraten bei schweren Blutungen

-) Breitbandantibiotika nach Abnahme von Blutkulturen bei unklarem Fieber

-) Gabe von Wachstumfsfaktoren der Hämatopoese (z.B. EPO und/oder

Granulozyten-Colony stimulating factor = G-CSF)

-) keine Steroide, keine NSAR

-) Pneumokokken-Impfung

Auf die spezifische Therapie des MDS wird hier nicht näher eingegangen.

5.6 Anämie bei Schilddrüsenerkrankungen

Durch eine Schilddrüsenunterfunktion nimmt die Zahl der roten Blutkörperchen ab,

was zu einer normozytären Anämie, seltener auch zu einer Makrozytose ohne

Anämie führen kann [10]. Mit einer perniziösen Anämie kann sowohl ein Hyper- , als

auch ein Hypothyreoidismus assoziiert sein [22].

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Bei den meisten Patienten mit Schilddrüsen-Dysfunktionen liegt jedoch keine Anämie

vor [22].

Wie thyroidale Störungen mit Anämie zusammenhängen, ist nicht bekannt. Man weiß

aber, dass mit dem Grad der Dysfunktion, die Wahrscheinlichkeit einer Anämie

zunimmt [10].

5.7 Anämie ungeklärter Ursache

Ging man früher davon aus, dass eine Anämie im Alter immer mit einer

Grunderkrankung einhergeht, zeigen nun diverse Studien, dass bei 15-45 % aller

Anämien im Alter keine Ursache gefunden werden kann [10].

Die Abnahme von Muskelmasse (z.B. Sarkopenie bei älteren Menschen) könnte zu

Veränderungen der Erythrozytenzahl und der Sauerstoffverwertung führen und

möglicherweise auch die Eryhtropoetin-Produktion beeinflussen. Ebenso relevant für

die Entwicklung einer ungeklärten Anämie bei älteren Patienten könnten

Veränderungen bzw. eine Abnahme der Stammzellen sein [9].

Hinter einer ungeklärten Anämie kann auch ein okkultes myelodysplastisches

Syndrom stecken. Guralnik et al konnten nachweisen, dass 17% aller Patienten mit

einer ungeklärten Anämie hämatologische Auffälligkeiten hatten, welche auf ein MDS

deuteten [10, 23].

Weiters konnte gezeigt werden, dass sich die unerklärte Anämie klar von der ACD

unterscheidet. Bei 27 % der Heimbewohner war das CRP erhöht, wohingegen dieser

Befund nur bei 9 % der Patienten mit ungeklärter Anämie zu finden war [10, 23].

Drei weitere Aspekte müssen in Zusammenhang einer ungeklärten Anämie

berücksichtigt werden:

-) ein veränderter Östrogen- bzw. Testosteron-Spiegel im Alter,

-) Polypharmazie (inkl. Alkohol): viele Medikamente können die Erythropoese

negativ beeinflussen,

-) Auflistung aller signifikanten Erkrankungen, welche nicht typischerweise mit einer

Entzündung assoziiert sind, z.B. Hypothyreoidismus; [4]

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6 Zusammenfassung

Anämie im Alter ist eine häufige und häufig unterschätzte Erkrankung, die aber

weitreichende Folgen bzw. Konsequenzen haben kann, wie z. B. eine erhöhte

Morbidität und Mortalität, verminderte Lebensqualität und erhöhte Sturzneigung.

Nach Definition der WHO spricht man von einer Anämie, wenn die Hb-Konzentration

kleiner 12 g/dl bei Frauen und kleiner 13 g/dl bei Männern ist. Nach der NHANES III

Studie findet man bei 9,5 % der geriatrischen Personen in den USA eine Anämie,

wobei Männer häufiger als Frauen betroffen sind.

Die häufigsten Ursachen einer Anämie im Alter sind ein Eisenmangel, eine

chronische Erkrankung bzw. Entzündung sowie eine chronische Niereninsuffizienz.

Da sich eine Eisenmangelanämie leicht behandeln lässt, ist es wichtig, einen

Eisenmangel im Alter zu diagnostizieren. Schwieriger ist dies bei der Anämie bei

chronischen Erkrankungen. Hier handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose, und

die Therapie der Grunderkrankung stellt die beste Therapie der ACD dar.

Im Alter nimmt die renale Funktion ab, womit sich auch das häufige Vorkommen

einer renalen Anämie im Alter erklärt. Zur Therapie stehen Erythropoese-

stimulierende Wirkstoffe zur Verfügung.

Obwohl bei älteren Menschen häufig ein Vitamin-B12- und/oder Folsäuremangel

festgestellt werden kann, liegt nur bei wenigen Anämien die Ursache in einem

solchen Mangel. Während ein Vitamin-B12-Mangel parenteral substituiert wird, kann

die Gabe von Folsäure auch peroral erfolgen.

Das Myelodysplastische Syndrom ist selten für eine Anämie im Alter verantwortlich,

bei 15-44% aller Anämien kann überhaupt keine Ursache gefunden werden.

Die Weltbevölkerung wird immer älter, und so werden wir auch immer häufiger mit

der Anämie des geriatrischen Patienten konfrontiert sein. Wir können nicht alle

Ursachen für die Anämie beheben, aber wir können die Symptome behandeln und

somit mehr Lebensqualität für ältere Menschen erreichen. Denn wie sagt ein

Sprichwort:

„Ein frohes Herz und gesundes Blut ist besser als viel Geld und Gut."

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7 Literaturnachweis:

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Anämietherapie, Geriatrie-Praxis, 04/2007 3) World Health Organisation: Worldwide Prevalence of Anemia 1993-2005: WHO

Global Database on Anemia. Edited by Bruno de Benoist, Erin McLean, Ines Egli and Mary Cogswell

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5) Huber A: Anämie im Alter, Der informierte Arzt, 10/2011 6) Weiss GM, Goodnough LT: Anemia of chronic disease, N Engl J Med 2005; 352

(10): 1011-23 7) M. Tettamati et al: Prevalence, incidence and types of mild anemia in the

eldery: the “Health and Anemia” population-based study, Haemtologia 11/2010 8) NHANES III, Phases I and II, 1988-1994; 9) Guralnik J et al: Anemia in the Eldery: A Public Health Crisis in Hematology,

American Society of Hematology, Education Program Book 10) Merlo CM: Diagnostik und Therapie der Anämie in der Praxis, Praxis 2009; 98:

191-199 11) Joosten: Strategies for the laboratory diagnosis of some common causes of

anaemia in eldery patients, Gerontology 2004; 50: 49-56 12) Mukhopadhyay D.: Iron deficiency anaemia in older people: investigation,

management and treatment, Age and Ageing 2002: 31: 87-91 13) Balducci L. et al: Anemia in the Elderly, 2007 14) MEDIS online 15) Goddard et al: Guidelines for the management of iron deficiency anaemia, GUT

2000 16) Artz A.: Anemia in Eldery Persons, emedicie.medscape.com, 2011 17) Means RT, Jr, Krantz SB: Progress in Understanding the Pathogenesis of the

Anemia of Chronic Disease, Blood 1992; 80(7): 1639-47 18) Herold et al: Innere Medizin, 2012 19) Robinson B, Artz AS, Culleton B, et al: Prevalence of anemia in the nursing

home: contribution of chronic kidney disease, J Am Geriatr. Soc. 2007;55(10): 1566-70

20) Vijil J: Anemia in the Elderly with CKD, American Society of Nephrology – Geriatric Nephrology Curriculum, Chapter 15

21) Thomas MC, Cooper ME, Tsalamandris C et al: Anemia with impaired Erythropoietin Response in Diabetic Patients, Arch Intern Med 2005; 165(4): 466-469

22) Nightingale S., Vitek PJ, Hemsworth RL: The haematology of hyperthyroidism, Q J Med 1978;47(185): 35-47

23) Guralnik JM, Eisenstaedt RS, Ferric L et al: Prevalence of anemia in persons 65 years and older in the United States: evidence for a high rate of unexplained anemia, Blood 2004;104(8): 2263-8

24) Evstatiev R, Kulnigg-Deutsch S, Gasche C: Eisenmangel: Gastroenterologen sind gefragt!, Gastro & Hepa 01/2012, 19-21

25) Gasche A, Gasche C: Die injizierte Eisenersatztherapie, Universum Innere Medizin 01/2011, 24-25

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8 Anhang:

Hohlnagel:

http://imageshack.us/photo/my-images/210/lffelnagelkoilonychieli1.jpg/

Rillenbildung der Nägel

http://imageshack.us/photo/my-images/158/lffelnagelkoilonychie1ir7.jpg/

Zungenatrophie

http://dermis.net/bilder/CD046/100px/img0027.jpg

Mundwinkelrhagaden

http://dermis.net/bilder/CD071/550px/img0041.jpg

Bild Deckblatt:

Eisenmangelanämie: Erythrozyten klein und blass http://www.apotheken-umschau.de/multimedia/291/250/135/5820751889.jpg

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Blutausstrich bei normalem Blutbild:

http://www.kgu.de/zmorph/histopatho/histo4/pub/data/bg/s001_e.jpg

Blutausstrich bei Eisenmangelanämie: Mikrozyten, Anulozyten, Poikilozyten, zigarrenförmige Ovalozyten:

http://www.onkodin.de/zms/content/e8/e7248/e7249/e7250/0101.jpg

Blutausstrich bei megaloblastärer Anämie: Ausgeprägter Größenunterschied (Anisozytose) und unterschiedliche Gestalt (Poikilozytose) der Erythrozyten (Pfeile)

http://www.onkodin.de/zms/content/e8/e12933/e12934/e12939/0102.jpg