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5. SEPTEMBER 1936 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 15 . J A H R G A N G . Nr. 36 1271 sation manifest. Diese Erscheinung ist ffir S~uerung bewei- send. Mannigfaltige Versuche an Hundea zeigten regelmXl3ig sowohl nach peroraler als auch intraven6ser Ammoniak- darreichung eine Senkung des Basenbestandes des Blutes, welche in langer dauernden Versuchen besonders ausgepr~gt war und seIbst nach Unterlassen der Injektionen lange an- hielt. Bei 5ienschen wurde nach peroraler Darreichung yon Liq. am. anis., evtl. Ammoniak, auBerdem Senkung der Kohlen- s~urespannung der Alveolafluft festgestellt. Spirometrische Untersuchungen schliegen eine Ventilationsalkalose aus. Ob- gleich Base, fibt Ammoniak auf den Organismus eine aus- gesprochene sauernde ~Virkung aus, was ffir die Therapie yon Nutzen sein kann. Literatur: APFELBAU~, Potskie Arch. 3~ed. wewn. xo, 262 (1933). -- ]3ARLOW, Amer. J. Physiol. 91 (I929), zit. n. A~FEL- BAIJ~I. -- W. FRAY, t,21in. Wschr. 1926, 249..-- GO~BEL, Potskie Arch. ~{ed. wewn. 9, 848 (1931) . -- HRo~, Polskie Arch. Ned. wewn. Io, 546 (1932). -- PARNAS, Warszaw. Czas. lek. 1934, 4- -- REIN, Klin. \~schr. x932, 219. -- Set~RF, Z. exper. Med. 73, 382 (193o). -- VE~ULt~T, ~rarszaw. Czas. lek. x934, i. -- V~ULET, GOEBEL U. TISLOWI's C. r. Soc. Biol. I2o, 1139 (1935) -- Warszaw. Czas. lek. 1936, I. ANDERUNGEN DER CAPILLARFUNKTION DURCH ROHKOST UND SALZARME KOST. Von I)r. FRIEDRICH SPICKMANN, Oberarz~ in der II. Sanit~tsabteilung, z. Z. kommand, zur Klinik. Aus der ~edizinischen Universit~tskIinik K6nigsberg i. Pr. (Direktor: Prof. H. ASSMANN). Bei bestimmten Krankheiten ist die Form der Ern~hrung yon augerordentlich groBer therapeutischer %Vichtigkeit. So bedienen wir uns bei Erkrankungen des Blntgef~Bsystems, Arteriosklerose, Hypertonie, angioneurotischen Zust~nden, als therapeutischen Hilfsmittels der Rohkost bzw. der salz- armen oder fleischfreien Kost. VON NOORDEN ffihrte die reine Obstkost bei urXmiebedrohten Nierenerkrankungen durch. VOL~IARI) empfiehlt Rohkost oder salzarme vegetarische Kost bei gewissen Formen der Nrephritis und weist darauI hin, dab das Ernahrungsproblem der Nephritis nicht lediglich vom Standpunkt der Schonung der gereizten Niere betrachtet wet- den dfirfe, sondern dab Einwirkungen der Di~t auf das GefaB- system in Betracht gezogen werden mfissen. Hierbei denkt ervor atlem an krampfsteigernde Eiweil3abbauprodukte im Blu~ und deren Fehlen bei vegetarischer Ern~thrung. Im folgenden hat Verf. auf Veranlassung yon Prof. HOFF es unternommen, experimentelle Untersuchungen fiber die Frage der Einwirkungen yon Rohkost und salzarmer Kost auf das Capillarsystem anzustellen. Es wurde die Funktion der Hautcapillaren mittels der dermographischen Latenzzeit (DLZ.) geprfift, d. h. der Zeit, die zwischen einem bestimmten mechanischen Reiz auI die Haut und dem Beginn einer R6tung der gereizten Hautstelle liegt. AuBerdem wurde laufend der Blutdruck kontrolliert. t3isherige Untersuchungen haben weitgehende Gesetzm~Big- keiten im Verhalten der DLZ. ergeben. Es wurde eine gesetzm~Bige AbhXngigkeit der DLZ. vom Lebensalter festgestellt (Ho~F und KESSLER), yore FIormonhaushalk, insbesondere vom Schilddrflsen- hormon (NOTHHAAS, HOFF), vom Innervationszustand durch die vasomotorisehen Zentren und Nerven des vegetativen Nerven- systems (Ho~). Blutdrucksteigerungen gehen regelm~tBig mit einer Verl~ngerung der DLZ. einher (LIPPERT). Ferner wurden yon Hoof und SZON~LL gesetzm~gige Beziehungen zum S~ure-Basen- haushMt festgestellt, insbesondere eine Abh~,ngigkeit der Capiltar- funktion yon acidotischer und alkalotiseher Di~t nachgewiesen. Bei 21 Pafienten, die weder fieberhaft waren noch eine Kreislauferkrankung zeigten, fiihrten wit eine 3 tXgige Roh- kostern~hrung durch. Die Untersuchungen wurden mit dem yon NOT~HAAS angegebenen Apparat vorgenommen, bei dem ein stumpfer Stiit mit konstantem Federdruck yon t5o g einen I-Iautreiz in Form eines Striches ausfibt. Mit einer an dem Apparat angebrachten Stoppuhr wird die Zeit zwischen Ausfibung des Reizes und lokaler R6tung der Haut festgestellt. Die Untersuchungen nahmen wir an v6Ilig ausgeruhten, im Bert liegenden Patienten stets zur gleichen Tageszeit und unter den gleichen Beleuchtungsbedingungen vor. Es warden in den meisten Fallen je 24 Einzelmessungen an verschiedenen K6rperstellen durchgeffihrt, aus denen der Durchschnittswert erreehnet wurde, t3ei einzelnen Patienten, die wegen starker Behaarung an den unteren Extremitaten schlechte t~eaktion zeigten, begnfigten wir uns mit 18 Einzelmessungen. Von dell 21 untersuchten Patienten zeigten 2o w~thrend der 3tagigen Rohkostern~hrung ein deutliches Absinken der W'erte der DLZ. tlierbei ist in 14 F~tllen das Absinken der DLZ. besonders ausgepragt und betr~gt im Durchschnitt 2, 3 Sekunden bis zu 3,5 Sekunden. 6 Falle lassen eine ge- ringere Verkfirzung der DLZ. yon o,8 Sekunden durchschnitt- lich erkennen, und nur I Fall zeigt keine Reaktion. Der tiefste Punkt in den Kurven der DLZ. zeigt sich durchschnittlich am 3- Rohkosttag. 6 F~lle zeigen bereits am t. oder 2. I~oh- kosttag den gr6Bten Tiefstand, 2 F~Llle am I. Tag nach be- endeter Rohkostern~hrung. Die jugendlichen Patienten im Alter von 1i--2o Jahren (insgesamt 5) zeiehnen sich gegen- tiber den ~lteren durch besonders deutliche Verkfirzungen der DLZ. aus. Es besteht iiberhaupt die Tendenz, dab mit zu- nehmendem Alter die Beeinflussung der DLZ. weniger ans- gepr~tgt wird; so stellt den einzigen nieht reagierenden Fall, wo die Kurve der DLZ. fast eine grade horizontale Linie bil- det, ein 59j~hr. Patient dar. Die Messungen wurden bis zum 2. Tag naeh beendeter Rohkostern~hrung fortgesetzt. In Ii F~lten hat die DLZ. 2 Tage nach Rfickkehr zu gew6hnticher Kost wieder ihren Ausgangswert erreicht, in den iibrigen Fallen bleibt sie etwas unter dem Ausgangswert. Aueh bier zeigt es sich, dab die jugendlichen Patienten eine viel gr6Bere Anpassungs- Iahigkeit ihres GefXgsystems besitzen, da sie alle bis auf I Fall in 2 Tagen wieder den Ausgangswert ihrer DLZ. erreiehten. Ein gesetzm~Biges Parailelgehen der ~Verte des systolischen und diastolischen Blutdruekes mit der DLZ. konnte nicht ge- funden werden. Es f~llt zuweilen sogar ein Anstieg des Blut- druckes mit einer Yerkfirzung der /)LZ. zusammen. Aber der Durehschnitt alter F~lle laBt doch die deutliche Tendenz eines Absinkens des systolisehen und auch besonders des diastolischen Blutdrueks w/ihrend der Rohkosttage erkennen, wie es nach den Untersuehungen LIPPI~RTS der Verkfirzung der DLZ. entspricht. Die beigeffigte Abbildung veranschaulicht als 13eispiel in Form einer IZurve DLZ. und systolischen t~tutdruek bei einem 18jahr. Patienten. Die Rohkostuntersuchungen fiihren also zu dem SchluB: i. Es besteht die Neigung zum Sinken des Blutdrucks ~r I- ,SeA w~thrend der Rohkostern~h- ~Ir M rung; '~ r 7 2. die Hauteapitlaren zei- gen auf mechanischen Reiz ~s-- hin eine raschere Erweiterung; ~ s 3-bei jugendlichen Per- sonen ffihrt Rohkostern~hrung eine st~rkere Beeinflussung der Reaktion der Hautcapil- laren herbei als bei alteren Menschen. __ . /#e,4may 4 t \~,," ~a~enzze# Zohk~t 2. 2, g 5. g T~ Abb, I. Verhalten der dermographischen Latenzzelt told des systolischen Blut- drucks bei Rohkost. Da die Rohkost eine ausgesprochen salzarme Diat darstellt, haben wir ahnliche Untersuchungen mit aalzarmer _Kost an- gestellt. Es wurde I2 Patienten 3 Tage lang kochsalzarme, gemisehte Kost gereicht und in den folgenden 3 Tagen die gleiche Kost weitergegeben mit einer Zulage yon I<ochsalz, tells in fibernormalen Dosen yon 20 g taglieh, zum gr613eren TeiI wegen schlechter VertrXglichkeit der hohen Dosen in einer Menge yon 12 g taglich. Kontrolliert wurde die I<ochsalz- zufuhr durch NaC1-Bestimmungen im Urin, wobei w/thrend der kochsalzarmen Ern~hrung die NaC1-Werte im Urin bis auf I g pro Tag sanken. Im Vergleich zu den Rohkostuntersuehungen waren die Ergebnisse ganz unregelm~tBig. Der gr613te Teit zeigte bei Salzentzug eine Neigung zum Blutdruckabfall, vereinzelt zeig- ten sich aber auch Anstiege. Die DLZ. blieb etwa in der H~tlfte

Änderungen der Capillarfunktion Durch Rohkost und Salzarme Kost

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5. SEPTEMBER 1936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15 . J A H R G A N G . Nr. 36 1271

sation manifest. Diese Erscheinung ist ffir S~uerung bewei- send. Mannigfaltige Versuche an Hundea zeigten regelmXl3ig sowohl nach peroraler als auch intraven6ser Ammoniak- darreichung eine Senkung des Basenbestandes des Blutes, welche in langer dauernden Versuchen besonders ausgepr~gt war und seIbst nach Unterlassen der Injekt ionen lange an- hielt. Bei 5ienschen wurde nach peroraler Darreichung yon Liq. am. anis., evtl. Ammoniak, auBerdem Senkung der Kohlen- s~urespannung der Alveolafluft festgestellt. Spirometrische Untersuchungen schliegen eine Ventilationsalkalose aus. Ob- gleich Base, fibt Ammoniak auf den Organismus eine aus- gesprochene sauernde ~Virkung aus, was ffir die Therapie yon Nutzen sein kann.

L i t e r a t u r : APFELBAU~, Potskie Arch. 3~ed. wewn. xo, 262 (1933). -- ]3ARLOW, Amer. J. Physiol. 91 (I929), zit. n. A~FEL- BAIJ~I. -- W. FRAY, t,21in. Wschr. 1926, 249..-- GO~BEL, Potskie Arch. ~{ed. wewn. 9, 848 (1931) . - - HRo~, Polskie Arch. Ned. wewn. Io, 546 (1932). -- PARNAS, Warszaw. Czas. lek. 1934, 4- -- REIN, Klin. \~schr. x932, 219. -- Set~RF, Z. exper. Med. 73, 382 (193o). -- VE~ULt~T, ~rarszaw. Czas. lek. x934, i. -- V~ULET, GOEBEL U. TISLOWI's C. r. Soc. Biol. I2o, 1139 (1935) -- Warszaw. Czas. lek. 1936, I.

ANDERUNGEN DER CAPILLARFUNKTION DURCH ROHKOST UND SALZARME KOST.

V o n

I)r. F R I E D R I C H SPICKMANN, Oberarz~ in der I I . Sanit~tsabteilung, z. Z. kommand, zur Klinik.

Aus der ~edizinischen Universit~tskIinik K6nigsberg i. Pr. (Direktor: Prof. H. ASSMANN).

Bei bes t immten Krankhei ten ist die Form der Ern~hrung yon augerordentl ich groBer therapeutischer %Vichtigkeit. So bedienen wir uns bei Erkrankungen des Blntgef~Bsystems, Arteriosklerose, Hypertonie, angioneurotischen Zust~nden, als therapeutischen Hilfsmittels der Rohkost bzw. der salz- armen oder fleischfreien Kost. VON NOORDEN ffihrte die reine Obstkost bei urXmiebedrohten Nierenerkrankungen durch. VOL~IARI) empfiehlt Rohkost oder salzarme vegetarische Kost bei gewissen Formen der Nrephritis und weist darauI hin, dab das Ernahrungsproblem der Nephritis nicht lediglich vom Standpunkt der Schonung der gereizten Niere betrachtet wet- den dfirfe, sondern dab Einwirkungen der Di~t auf das GefaB- system in Betracht gezogen werden mfissen. Hierbei denkt e r v o r atlem an krampfsteigernde Eiweil3abbauprodukte im Blu~ und deren Fehlen bei vegetarischer Ern~thrung.

Im folgenden hat Verf. auf Veranlassung yon Prof. HOFF es unternommen, experimentelle Untersuchungen fiber die Frage der Einwirkungen yon Rohkost und salzarmer Kost auf das Capillarsystem anzustellen.

Es wurde die Funkt ion der Hautcapil laren mittels der dermographischen Latenzzeit (DLZ.) geprfift, d. h. der Zeit, die zwischen einem best immten mechanischen Reiz auI die H a u t und dem Beginn einer R6tung der gereizten Hautstel le liegt. AuBerdem wurde laufend der Blutdruck kontrolliert.

t3isherige Untersuchungen haben weitgehende Gesetzm~Big- keiten im Verhalten der DLZ. ergeben. Es wurde eine gesetzm~Bige AbhXngigkeit der DLZ. vom Lebensalter festgestellt (Ho~F und KESSLER), yore FIormonhaushalk, insbesondere vom Schilddrflsen- hormon (NOTHHAAS, HOFF), vom Innervationszustand durch die vasomotorisehen Zentren und Nerven des vegetativen Nerven- systems (Ho~). Blutdrucksteigerungen gehen regelm~tBig mit einer Verl~ngerung der DLZ. einher (LIPPERT). Ferner wurden yon Hoof und SZON~LL gesetzm~gige Beziehungen zum S~ure-Basen- haushMt festgestellt, insbesondere eine Abh~,ngigkeit der Capiltar- funktion yon acidotischer und alkalotiseher Di~t nachgewiesen.

Bei 21 Pafienten, die weder fieberhaft waren noch eine Kreislauferkrankung zeigten, fiihrten wit eine 3 tXgige Roh- kostern~hrung durch. Die Untersuchungen wurden mit dem yon NOT~HAAS angegebenen Apparat vorgenommen, bei dem ein stumpfer St i i t mit konstantem Federdruck yon t5o g einen I-Iautreiz in Form eines Striches ausfibt. Mit einer an dem Appara t angebrachten Stoppuhr wird die Zeit zwischen Ausfibung des Reizes und lokaler R6tung der Hau t festgestellt.

Die Untersuchungen nahmen wir an v6Ilig ausgeruhten, im Bert liegenden Pat ienten stets zur gleichen Tageszeit und unter den gleichen Beleuchtungsbedingungen vor. Es warden in den meisten Fallen je 24 Einzelmessungen an verschiedenen K6rperstellen durchgeffihrt, aus denen der Durchschnittswert erreehnet wurde, t3ei einzelnen Patienten, die wegen starker Behaarung an den unteren Ext remi ta ten schlechte t~eaktion zeigten, begnfigten wir uns mit 18 Einzelmessungen.

Von dell 21 untersuchten Pat ienten zeigten 2o w~thrend der 3tagigen Rohkostern~hrung ein deutliches Absinken der W'erte der DLZ. t l ierbei ist in 14 F~tllen das Absinken der DLZ. besonders ausgepragt und betr~gt im Durchschnit t 2, 3 Sekunden bis zu 3,5 Sekunden. 6 Falle lassen eine ge- ringere Verkfirzung der DLZ. yon o,8 Sekunden durchschnitt- lich erkennen, und nur I Fall zeigt keine Reaktion. Der tiefste Punkt in den Kurven der DLZ. zeigt sich durchschnittlich am 3- Rohkosttag. 6 F~lle zeigen bereits am t. oder 2. I~oh- kosttag den gr6Bten Tiefstand, 2 F~Llle am I. Tag nach be- endeter Rohkostern~hrung. Die jugendlichen Patienten im Alter von 1 i - -2o Jahren (insgesamt 5) zeiehnen sich gegen- tiber den ~lteren durch besonders deutliche Verkfirzungen der DLZ. aus. Es besteht i iberhaupt die Tendenz, dab mit zu- nehmendem Alter die Beeinflussung der DLZ. weniger ans- gepr~tgt wird; so stellt den einzigen nieht reagierenden Fall, wo die Kurve der DLZ. fast eine grade horizontale Linie bil- det, ein 59j~hr. Pat ient dar. Die Messungen wurden bis zum 2. Tag naeh beendeter Rohkostern~hrung fortgesetzt. In I i F~lten ha t die DLZ. 2 Tage nach Rfickkehr zu gew6hnticher Kost wieder ihren Ausgangswert erreicht, in den iibrigen Fallen bleibt sie etwas unter dem Ausgangswert. Aueh bier zeigt es sich, dab die jugendlichen Pat ienten eine viel gr6Bere Anpassungs- Iahigkeit ihres GefXgsystems besitzen, da sie alle bis auf I Fall in 2 Tagen wieder den Ausgangswert ihrer DLZ. erreiehten.

Ein gesetzm~Biges Parailelgehen der ~Verte des systolischen und diastolischen Blutdruekes mit der DLZ. konnte nicht ge- funden werden. Es f~llt zuweilen sogar ein Anstieg des Blut- druckes mit einer Yerkfirzung der /)LZ. zusammen. Aber der Durehschnit t alter F~lle laBt doch die deutliche Tendenz eines Absinkens des systolisehen und auch besonders des diastolischen Blutdrueks w/ihrend der Rohkosttage erkennen, wie es nach den Untersuehungen LIPPI~RTS der Verkfirzung der DLZ. entspricht.

Die beigeffigte Abbildung veranschaulicht als 13eispiel in Form einer IZurve DLZ. und systolischen t~tutdruek bei einem 18jahr. Patienten.

Die Rohkostuntersuchungen fiihren also zu dem SchluB: i. Es besteht die Neigung

zum Sinken des Blutdrucks ~r I- ,SeA w~thrend der Rohkostern~h- ~Ir

M rung; '~ r 7 2. die Hauteapitlaren zei-

gen auf mechanischen Reiz ~ s - - hin eine raschere Erweiterung; ~ s

3 - b e i jugendlichen Per- sonen ffihrt Rohkostern~hrung eine st~rkere Beeinflussung der Reaktion der Hautcapil- laren herbei als bei alteren Menschen.

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Zohk~t

2. 2, g 5. g T~

Abb, I. Verhalten der dermographischen Latenzzelt told des systolischen Blut-

drucks bei Rohkost.

Da die Rohkost eine ausgesprochen salzarme Diat darstellt, haben wir ahnliche Untersuchungen mit aalzarmer _Kost an- gestellt. Es wurde I2 Pat ienten 3 Tage lang kochsalzarme, gemisehte Kost gereicht und in den folgenden 3 Tagen die gleiche Kost weitergegeben mit einer Zulage yon I<ochsalz, tells in fibernormalen Dosen yon 20 g taglieh, zum gr613eren TeiI wegen schlechter VertrXglichkeit der hohen Dosen in einer Menge yon 12 g taglich. Kontroll iert wurde die I<ochsalz- zufuhr durch NaC1-Bestimmungen im Urin, wobei w/thrend der kochsalzarmen Ern~hrung die NaC1-Werte im Urin bis auf I g pro Tag sanken.

Im Vergleich zu den Rohkostuntersuehungen waren die Ergebnisse ganz unregelm~tBig. Der gr613te Teit zeigte bei Salzentzug eine Neigung zum Blutdruckabfall, vereinzelt zeig- ten sich aber auch Anstiege. Die DLZ. blieb etwa in der H~tlfte

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de r B e o b a c h t u n g e n bet s a l z a r m e r K o s t und Salzzulage ohne verwertbure Ver~nderungen. Die fibrigen F/ille zeigten teils Anstiege, tells Abf~/le ohne durchgehende Gesetzmgl3igkeit.

Es finder sich in der Literatur eine Reilie yon Untersuchungen fiber das Rohkostproblem, deren Ergebnisse in ~hnlicher Richtung liegen. EIMI~I~ und VOlOT fanden bei Rohkos~ern~hrnng in den ersten Tagen eine Tendenz zum Abfall des Blutdrucks. WILLI be- obachtete bet einem xowOchigen Selbstversuch mit l;[ohkost ein betr~chtliches Sinken des Blutdrucks. SAILE stellte bet Unter- snchungen an fleischessenden und fleischlos lebenden ~6nchen fest, dal3 die fleischlos lebenden ~{6nche welt tietere Bh td ruckwer t e aufwiesen als die ersteren. GXNSSL~I~ machte capillarmikroskopisehe lJntersuchungen bet extremer Fleischern~hrung und vegetarischer I~ost, die bet Fleischern~hrung eine hochgradige Atonie des Capillar- netzes mit Erweiterung der Capillaren und s tarker S t6 rung ihrer Funkt ion ergaben, wghrend vegetarische Ern~thrung diese Er- scheinungen v61Iig rflckgXngig machte. Er ffihrt diese GefXg- erscheinungen bet reiner FIeischern~hrung auf His taminwirkung zurfiek infolge.mangethafter Eiweigverbrennung und glaubt, dai~ bei lactovegetabiler IZost die I lerabsetznng des Stoffwechsets tin periphersten Gef~.13system und such pflanzliche Vitamine eine Rotle spielen. Auch set auf die capitlarmikroskopischen Untersuchungen v o n DORFFEL u n d BOMMER bet der yon SAUERBRUCH u n d HERR- I~fANNSDORF1~R angegebenen Di~t verwiesen.

Die R o h k o s t ze i chne t s ich n u n gegenf iber d e r s a u r e n F te i sch- k o s t d u r c h e inen e r heb l i chen Basenf ibe r schuB aus. W i t g lau- ben, d a b in d ieser a l k a l o t i s c h e n W i r k u n g , w e n n a u c h n i c h t de r alleinige, so doch ein w ich t i ge r F a k t o r de r B e e i n f l u s s u n g des Cap i l l a r sy s t ems d u r c h R o h k o s t zu s u c h e n ist, Es s p r e c h e n h ier f f i r die U n t e r s u c h u n g e n y o n HoFF u n d SZO~:LL, die bei a lka lo t i s ehe r K o s t u n d uuch bet n o r m a l e r K o s t m i t Alkal i - s i e rung d u r c h Z u f i i h r u n g yon N a t r . b ica rb , g le ichs innige Ver- X n d e r u n g e n f u n d e n wie w i r bei R o h k o s t . Die N a e h p r f i f u n g de r A lka l i r e se rve im B l u r in e inze lnen F~ l l en u n s e r e r Ver - s u e h s a n o r d n u n g e r g a b m i t de r V e r k f i r z u n g de r DLZ. e in g le ichs inn iges ger inges Ans te igen de r Alka l i reserve . Diese U n t e r s u c h u n g e n mt i s sen n o c h f o r t ge s e t z t werden ,

Zusan~me%fcvssu;ng. Es w u r d e n m i t de r M e t h o d e de r ~[es- s u n g de r d e r m o g r a p h i s c h e n L a t e n z z e i t U n t e r s u c h u n g e n f iber die B e e i n f l u s s u n g des Cap i l l a r sys t ems de r H a u t d u r c h R o h - k o s t u n d k o c h s a I z a r m e Di~ t v o r g e n o m m e n . H i e rbe i f und sich, d a b bet 3 t~g ige r Z u f u h r y o n R o h k o s t e ine N e i g u n g z u m S inken des sys to l i schen u n d d i a s to l i s chen B l u t d r u c k s b e s t e h t u n d die H a u t c a p i l t a r e n s ich au f m e e h a n i s c h e n Reiz h i n be- s c h l e u n i g t e rwei te rn . Bei j u g e n d l i c h e n P e r s o n e n f f ihr t die R o h k o s t e r n ~ h r u n g eine s t~ rke re B e e i n f l u s s u n g de r R e a k t i o n de r H a u t c a p i l l a r e n h e r b e i als bet ~ l t e r en Menschen . Es wi rd in de r u lka io t i s ehen W i r k u n g de r R o h k o s t ein wich t ige r F u k t o r ffir die A n d e r u n g im V e r h a l t e n des Cap i l l a r sys t ems gesehen . K o e h s a l z a r m e Di~ t f f ih r te zu ke inen gesetzm'~gigen V e r ~ n d e - r u n g e n de r d e r m o g r a p h i s c h e n La tenzze i t , dagegen w a r in den m e i s t e n F~l len eine N e i g u n g zu B l u t d r u c k a b f a l l e r k e n n b a r .

L i t e r a t u r : B ~ G , Die Vitamine, 2. Auflage, Leipzig. - - BoN- N ~ , Mflnch. med. ~Vschr. ~935, 1683. - - D6RFFEL, Arch. f. Der- mat . 162, 621 (1931). - - I?;I~ER u. Vomw, Z. exper. Med. 69, 689 (193o). -- GX~SSLEN, I~tin. ~Vschr. 1927, 786. -- HER~M~X'~S- DORTe~ER, Mfmch. reed. "Wschr. I926, 48. - - HOFF, Z. Nervenheilk. z33, 98 (I934) - - Verh. dtsch. Ges. inn. IVied. ~936- -- HoFF u. KESSLER, Klin. ~Vschr. I933, 1413- -- LIPPERT, Klill. Wschr. I935, 645. - - voI~ NOORDE~, Samml. klin. Abhandl. H. 2. Berlin 19o2. -- NOTHI~AAS, Klin. Wschr. 1929, 82o - - Z. exper. Med. 80, 53 (1931). - - SAILE, Meal. I~lin. I93o, 929. - - ST6tIR, Z. exper. Med. 95, 55 (1934). - - SZONELL, Dissertation, K6nigsberg I936. - - VOL- HARD, Handb, d. inn. Med. 6, 1466. Berlin: Julius Springer I93 I. - - WILLI, Dtsch. Arch. Min. Med. 168, I56 (I93o).

U B E R D I E W I R K U N G DES PROSTIGMIN BEI M Y A S T H E N I E .

Won

Dr , J E N 6 FRIESZ u n d D r . S~RI MARNO, Aus der I. Medi~nischen Ktinik der kgI. ung. P~ter P~zm~ityJJniversit~t in Budapest

(Direktor: Prof. FRANZ HERZOG),

t3ei M y a s t h e n i a g rav i s h a t WALKER im J a h r e 1934 als e r s t e r P h y s o s t i g m i n gegeben u n d s p a r e r f iber 2 F/d ie b e r i c h t e t , be/ we lchen ~ er P r o s t i g m i n (Roche) m i t f i b e r r a s c h e n d g u t e m

E r f o l g v e r a b r e i c h t ha t . BLAKE PRITCHARI) v e r 6 f f e n t l i c h t e 7 FXlle, be t d e n e n er m i t P r o s f i g m i n u n d A t r o p i n ebenso g u t e E r f a h r u n g e n m a c h t e wie \u Das gleiche b e r i c h t e t s u c h LAUR~NT. N e u e s t e n s v e r S f f e n t l i c h t e KOSeAKOW 2 F~lle, bei we lchen er P r o s t i g m i n ebenfa l l s m i t g u t e m E r g e b n i s a.n- g e w a n d t h u t t e .

A u c h wir h a t t e n Gelegenhei t , die W i r k u n g des P r o s t i g m i n a n 4 M y a s t h e n i k e r n zu e rp roben . W i r g a b e n j e d e m K r a n k e n i m g P r o s t i g m i n u n d 1/~ m g A t r o p i n s u b c u t a n . U n m i t t e ] b a r v o r u n d n a c h de r E i n s p r i t z u n g z~h l t en wir zu gewissen Zei t - p u n k t e n , wie of t de r K r a n k e die A r m e h o c h f iber d e n K o p f e r h e b e n k a n n u n d b e s t i m m t e n die D r u c k k r a f t de r r e c h t e n u n d l i n k e n H a n d m i t d e m D y n a m o m e t e r . Das P r o s t i g m i n w i r k t e in j e d e m Ful le seh r gut . Die K r a n k e n b e w e g t e n s ich be re i t s n a c h 5 ~{ inu ten viel le ichter , s c h w e n k t e n die A r m e t e i ch t in die H6he , u n d es n u h m s u c h die D r u c k k r a f t de r H ~ n d e zu.

1. F. L , 22 j ah re al ter Mann. I s t seit I I J ah ren krank. Zuerst t r a t Doppeltsehen auf~ spXter ermfideten die ExtremitXten bet Arbei t sehr rasch. Noeh sp~ter konnte er im Zustande der Er- mfidung die Augen n ieht offen halten, sehr selten t r a t en such Schluekbeschwerden auf, In den vergangenen Jahren war sein Zu- s tand ver~nderl ich und er verspfirte t ro tz mannigfalt iger Beband- lung kaum eine Bessernng. Am besten ffihlte er sich w~hrelld der E innahme yon Ephedr in und Glykokoll.

Bet der Aufnahme war sein Gang verlangsamt, er konnte nur mt~hsam Treppen steigen. Die Arme vermochte er nu t mi t groBer Anstrengung und h6chstens iomal fiber den ~op f zu erheben. Beim Blick nach aul3en ents tehen Doppelbilder, bei Ermfidung h~ngen die Augenlider etwas herab, t~au- und Schluckbewegungen gut. Kein pathologischer Befund an den innerell Organen und am Nervell- system. WaR. negativ. An den Muskeln typische myasthenisehe Reaktion. Drnckkraf t der HXnde am Dynamometer gemessen: rechts 8, l inks 9 kg.

Nach der Prosfigmilleinspritzung (I mg Prost igmin + t/~ mg Atropin) bessert sich der Zustand bereits nach 5 M~nuten auffallend. Er bewegt sich leichter, kann die Arme 26mal hoch fiber den Kopf heben, drfickt mi t der rechten Hand :~7, mi t der t inken 2~ kg am Dynamometer . Die 13esserung des Zu- standes h~lt welter an und erreicht den H6hepunkt in 3 ~ Minuten. Der Kranke geht je tzt ganz leicht, steigt such Treppen leicht, heb t die Arme mit Leichtigkeit Ioomal fiber den Kopf nnd drfickt mi t der rechten Hand 35, mit der linkell 36 kg. Die Ptose ist verschwnnden, er kann mit den Augen gut fixieren. Beim angestreng- ten Blicken nach den Seiten t re ten such jetzt Doppelbilder auf. Dieser gute Zu- s tand wXhrte insgesamt etwa 2 Stunden lung, dann verschlechterte er sich all- m~Mieh und 6 Stunden naeh der Ein- spritzung des Prostigmin war die Besse- rung vollstXndig verschwunden. Unan- genehme Nebenwirkungen t ra ten sozu- sagen gar llicht auf. Es meIdete sich ein spannendes Geffihl in den Augen, ein gerlnges Zitterll in den Musketn nnd ein kurzdauernder Sehmerz im Bauehe. Das

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Abb. I.

Verhat ten der Druckkraf t der rechten Hand is t in I<urve I all- gegeben.

2. E. F., 5IjMlr, Frau. [s t seit 9 Jah ren krank, Das Leiden begani1 mi t Doppeltsehen, welches anch seither yon Zeit zu Zeit auffri t t . Sparer ermfidete sie beim Sprechen raseh, such das Schlucken war erschwert, die Flfissigkeit floB oft durch die Nase zurfick. Am Abend nahmen die t3eschwerden immer zu. Die Extre- mit~ten ermfideten verh~ltnism~Big bedeutend weniger.

]3el der Aufnahme ist der Gang normal und ~nder t sieh such nach l~ngerem Gehen nieht. Sie hebt beide Arme mi t gleicher Kraf t 35mal fiber den t{opf. Sprache normal, wird aber beim Lesen bereits nach 3 ~ Sekunden stockend und bald darauf ganz un- verst~ndlich. Nach einer kurzen Rust kann sie wieder eine kurze Zeit l an t lesen. ]Beim Blicken nach oben ents tehen Doppelbilder, das Iinke Oberlid ist ptotisch. Innere Organe, Nervellsystem ohne pathologische Veranderung, Druekkraf t tier HAnde gut erhal ten, rechts 22, links 20 kg. WaR. negativ. Deutliche myasthenische Reakt ion an den Muskeln des Gesichtes.

Nach der Einspr i tzung yon Yrostigmin (i mg Prost igmin + ~/~ mg Atropin) w~rd die Sprache bereits nach 5 Milluten auf eine l~ngere Zeit gut, naeh 3 ~ Minuten kann sie bereits fiber 7 Minu-