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Auszug aus der Aprilausgabe 2010 des Blickwinkels

Afrika am Ball

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Afrika am Ball

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Auszug aus der Aprilausgabe 2010 des Blickwinkels

I n t e r n a t i o n a l

Seit dem Sturz der Apartheid haben viele, insbesonde-re die positiv eingestimmten Reformer der neuen Nation von einem Regenbogenland gesprochen. Südafrika das Regenbogenland, ein Land in dem es die unterschied-lichsten ethnischen Gruppen gibt. Und die Hoffnung, dass diese durch einen Prozess der Versöhnung friedlich miteinander werden leben können. Das Miteinander funktioniert nicht, ja nicht einmal das Nebeneinander ist von wirklichem Erfolg gekrönt. Diese unschöne Bilanz ist es, die man nun, sechzehn Jah-re nach dem Regierungsende der „National Party“ zieht. Das wirklich Erschreckende daran ist jedoch, dass die größten Pessimisten die Südafrikaner selbst sind. Weni-ge glauben, dass der eingeschlagene Weg ihrer Regierung der richtige für das Land ist.

Zwar ist Südafrika das wirtschaftsstärkste Land des Konti-nents, es gibt gute Universitäten und einen florierenden Tourismus. Dem gegenüber jedoch stehen nach wie vor hohe Arbeitslosenzahlen, eine große Kriminalitätsrate und die noch größere Schwelle zwischen Arm und Reich. Bekannt sind sie, diese schlimmen Aufnahmen aus den Townships, wo Familien dicht an dicht in Wellblechver-

schlägen hausen, wo Aids, Drogen und Vergewaltigungen auf der Tagesordnung stehen. Statistisch gesehen muss auch heute noch jede zweite Frau in Südafrika damit rechnen einmal in Ihrem Leben vergewaltigt zu werden.

Zwar ging die Mordrate im letzten Jahr auf ein Rekordmi-nimum zurück, dafür jedoch stiegen die Drogendelikte um 89% an. 34% der Bürger dieser jungen Republik sind arbeitslos. Und dennoch kommen mehr und mehr Menschen in das Land, nicht etwa als Touristen, sondern als Flüchtlinge. Denn im Gegensatz zu Somalia oder anderen Krisen-herden Afrikas herrschen in Südafrika immer noch ver-gleichsweise gemäßigte Zustände. Und so ist es ein stetiger Strom an, von Hoffnung getrie-benen Afrikanern, die ihr Glück im eigenen Land nicht mehr finden können.

Nur um dann von einem Übel ins nächste zu geraten. Denn man begegnet diesen unfreiwilligen Besuchern skeptisch. Übergriffe auf Ausländer sind keine Selten-heit. Die armen Bewohner der Townships fühlen sich um ihre Arbeit betrogen, sehen in den Flüchtlingen eine ernste Konkurrenz und erwehren sich dieser. Lassen ihre

FRIKAM BALLA

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Ausgabe 03 / 2009B L I C K W I N K E L

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Die Fußball-Weltmeisterschaft ist nur noch wenige Wochen entfernt und in der Geschichte dieses Sportes wird es das erste Mal sein, dass dieses Turnier auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet. Wie gut ist Südafrika vorbereitet, und was bedeutet dieses Ereignis für die Menschen?

Ausgabe 1 / 2010B L I C K W I N K E L

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Frustration an den Ärmsten der Armen aus und so sterben Menschen. Es geht längst nicht mehr nur um „Weiß gegen Schwarz“. die Reichen und zu Wohlstand gekommenen Afrikaner verschanzen sich in hochgesicherten Siedlungs-komplexen, während rund herum das Elend wuchert und sich selbst zu verzehren beginnt.

Die Regierung steht dem oft ratlos gegenüber, es fehlt an Erfahrung, an Mitteln und Initiative. Zwar gibt es Programme zum Wohnungsbau um den Bewohnern der Townships ein menschenwürdiges Heim zu bieten, doch das reicht nicht aus. Es gibt Projekte, in denen Familien verwaistes Farmland, Mittel und Geld zugesprochen werden, um die Urbarma-chung des Landes voranzutreiben. Doch das reicht nicht aus.

Es gibt die Fußball-Weltmeisterschaft, die dem Land zwar keine großen finanziellen Sprünge bringen wird, doch

vielleicht etwas Anderes. Die Frage ist nur: was und reicht das aus? Was wohl auf jeden Fall ausreichen wird ist die Kapazität, die das Land aufbringen muss, um diesen Wett-kampf ausrichten zu können. Die zehn Stadien stehen, Polizei und Sicherheitskräfte sind laut der FIFA optimal auf das Ereignis vorbereitet.

Tausende Freikarten an diejenigen die sich ein Spiel nie würden leisten können sind verschenkt. Die Inspektoren-gruppe der FIFA spricht von guter Telekommunikation, Hotellerie, medizinischer Versorgung und einem Trans-portwesen auf hohem Niveau.

„Wir wollen von dieser Weltmeisterschaft auch im Nachhinein noch profitieren (...) Viele Dinge bleiben. Dies ist eine bemerkenswerte Errungenschaft, die auch nach dem Turnier ohne Zweifel zu einer besseren Sicherheit in Südafrika beitragen wird.“

Sagt Bheki Cele, Landeskommissar der Südafrikanischen Polizei. Ihm stehen 188.00 Polizisten zur Verfügung, wo-mit Südafrika beim Verhältnis von Bevölkerung zu Polizis-ten auf dem dritten Platz weltweit rangiert. Dazu kommt die zugesicherte intensive Hilfe Interpols, bestehend aus

Personal, aber auch Informationen über Aktivitäten ge-waltbereiter Organisationen oder deren Mitglieder.

Dennoch bleibt Skepsis, ob all das auch ausreichen wird um einen friedlichen Ablauf zu garantieren. Vielerorts werden Stimmen laut, die es nicht gutheißen ein so labi-

Das „First-National-Bank“ oder auch „Soc-

cer City“ Stadion ist das größte in Afrika.

Im Messezentrum von Johannesburg gelegen, befindet es im Südwe-

sten der Stadt.Als reines Fussballsta-

dion für die Weltmei-sterschaft komplett

umgebaut fasst es nun 94.700 Zuschauer.

Architekt für den Umbau ist das südafri-

kanische Architektur-büro „Boogertman +

Partner“.

shanediaz120 / Wikipedia Commons

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les Land wie Südafrika solch ein Turnier ausrichten zu las-sen. Das ist allerdings nur ein Teil der Stimmen die sich Gehör verschaffen. Eine der Reaktionen darauf stammt von Joseph S. Blatter, Präsident der FIFA. Er sagte dazu im Rahmen der Vorstellung des Sicherheitsplanes für die Weltmeisterschaft am 5. März:

„Wir ziehen nicht in den Krieg, wir sprechen über ein Fest.“

Und wirklich ist Fußball für die Südaf-rikaner ein wichtiger Lebensinhalt. Es gibt kaum ein so gutes Ventil um Frus-tration oder Stress abzubauen, wie mit Anderen auf einen Ball einzutreten. Fußball ist eine urmenschliche Kom-ponente, Kampfgeist, Kampfsport; wenn alles so gut und glatt über den Rasen geht, wie es die Veranstalter voraussagen und nicht müde werden zu beteuern, so ist dieser Wettkampf eine gute, ja sehr gute Gelegenheit für den Zusammenhalt der Menschen in Afrika. Die Vorstellung, dass es die Mannschaft um Carlos A. Parreira, welche von ihren Landsleuten liebevoll „Bafana bafana“ genannt wird, was so viel wie „unsere Jungs“ bedeutet, schaffen könnte. Eine nicht sehr realisti-

sche Vorstellung, aber dennoch, vielleicht überrascht der momentan Weltranglisten 81. Fakt bleibt, Südafrika ist ein Land voller Probleme. Daran wird selbst dieses sportliche Großereignis nichts Gravierendes ändern. Auch wenn es auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung ist, Län-

der die im Weltgeschehen eher abseits stehen, durch die Ausrichtung sol-cher Spektakel, etwas mehr teilhaben zu lassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, nicht nur durch negative Schlagzeilen auf sich aufmerksam zu machen. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Zum Land Seit dem Anbeginn der Menschwer-dung leben Menschen in Südafrika. Es wurden dort einige der ältesten menschlichen Fossile überhaupt ent-deckt. So fand man etwa in den Höh-

len von Sterkfontein Überreste des Australopithecus af-ricanus, dessen älteste Knochen auf etwa 3,5 Millionen Jahre datiert werden. Abgesehen von diesen Vormenschen lebten noch andere Gattungen Homo wie Homo erectus, Homo habilis und der moderne Mensch, Homo sapiens. Es gibt auch heute noch ansässige Jäger und Sammler,

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Südafrika

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Hauptamtssprache

Hauptstadt

Regierungssitz

Staatsform

Staatsoberhaupt

Fläche

Einwohnerzahl

Bevölkerungsdichte

BIP

BIP/Einwohner

HDI

Währung

Unabhängigkeit

Zeitzone

Kfz-Kennzeichen

Internet-TLD

Telefonvorwahl

die sich San und Khoikhoi nennen. Sie wurden mit der Zeit durch die Bantuvölker aus Zentralafrika verdrängt und siedelten sich weiter im Süden an.

Der Beginn der modernen Geschichtsschreibung in Südafrika wird mit dem Eintreffen und Siedeln der Nie-derländer Anno Domini 1652 gleichgesetzt. Am 6. April diesen Jahres errichtete Jan van Riebeeck im Auftrag der Ostindien-Kompanie am Kap der Guten Hoffnung eine Versorgungsstation. Mehr als zwei Jahrhunderte blieb die Region unter holländischem Einfluss. Sie brachten zahl-reiche Sklaven, zumeist aus Indonesien, Indien und Ma-dagaskar ins Land, was ein Hauptargument für die heute herrschende ethnische Vielfalt ist.

Im 19. Jahrhundert besetzten, nach dem Bankrott der nie-derländischen Ostindien-Kompanie, Truppen des König-reichs Großbritannien die Regionen am Kap. Die Nach-kommen der niederländischen Siedler, die sich selbst Buren nennen, revoltieren gegen die Besatzer, es kommt zu den sog. Burenkriegen und Gründung einiger Frei-staaten.

Nach erfolgreichen Widerständen gegen die Briten kommt es 1910 zur Gründung der Südafrikanischen Union. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges festigt die weiße Be-völkerung in Form der Nation Party ihre Macht und er-richtet das Apartheid-System, mit dem Ziel die schwarze Bevölkerung in Reservate zu verdrängen. Eine Zeit der Isolation begann. Die Widerstände erreichten 1976 mit dem Mord an 176 protestierenden Studenten und Schü-lern ihren Höhepunkt.

Die ersten freien Wahlen wurden 1994 abgehalten, in denen Nelson Mandela, einer der bekanntesten Wider-standskämpfer, als erster schwarzer Präsident des Landes gewählt wurde. Seitdem haben sich die Zustände gebes-sert, dennoch leben noch immer Millionen Südafrikaner, hauptsächlich Schwarze, in Armut.

Hubertus J. Schwarz

Afrikaans,Englisch

Pretoria

Exekutive:Pretoria

Legislative:Kapstadt

Judikative:Bloemfontein

Präsidialrepublik

PräsidentJacobZuma

1.219.912km²

48.782.756

40Einwohnerprokm²

255Mrd.US-Dollar

5.384US-Dollar

0,674(121.)

Rand

31.Mai1910

UTC+2

ZA

.za

+27