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50 Jahre Befreiung Afrikas vom Kolonialismus Und heute? Deutsche Eroberungsstrategien für Afrika entlarven, benennen und bekämpfen!

Afrika Faltblatt 2010 Deutscher Imperialismus

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Inhalt:Der deutsche Imperialismus und Afrika S. 5Äthiopien: Auf dem Weg zum Vorposten S. 17Golf von Guinea: Kampf um Öl und Gas S. 19Südafrika: Juniorpartner deutscher Außenpolitik S. 21Kongo/Ruanda: Deutsch-Französische Rivalitäten Blutiger Rohstoffkrieg S. 25Die Festung Europa, Deutsche Baumeister am Werk, S. 30Lager und Deportation, Deutschland Lagerland überall, S. 33Kämpfen in der Höhle des Löwen, S. 36Revolutionäre Afrikas, S. 40

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50 Jahre Befreiung Afrikas vom KolonialismusUnd heute? Deutsche Eroberungsstrategien fr Afrika entlarven, benennen und bekmpfen!

Brechen wir gemeinsam die Ketten der KolonialisierungVielen afrikanischen Lndern gelang 1960 der Schritt in die Unabhngigkeit. Damit wurde ein Jahrhunderte langes Kapitel blutiger Unterdrckung und Ausbeutung durch die Kolonialmchte beendet. Wir wollen zum 50. Jahrestag dieser historischen Errungenschaft, die keineswegs geschenkt wurde, sondern ebenfalls blutig gegen die Kolonialherren erkmpft werden musste, die aktuelle Afrikapolitik Deutschlands beleuchten, um zu verdeutlichen, dass der Kolonialismus eine neue Form angenommen, aber nicht an Brutalitt verloren hat. Es gibt heute keine direkten Kolonien mehr, alle Lnder Afrikas sind formell unabhngig und souvern. Und dennoch werden sie in Abhngigkeit gehalten, sind den Anweisungen aus Paris, Berlin oder Washington unterworfen und mssen den Programmdirektoren des Internationalen Whrungsfonds (IWF) gehorchen. Eine eigenstndige Entwicklung wird systematisch verhindert, Afrika soll dem Westen als billiger Rohstofflieferant dienen und billige Arbeitskrfte zur Verfgung stellen. Der Kontinent blutet weiter aus und bezahlt den Preis fr den Reichtum in Europa und Nordamerika. und Kreditvergabe ein, um viele Lnder in Abhngigkeit zu halten und dabei viel Geld zu verdienen.

In dieser kleinen Broschre richten wir deshalb unseren Blick auf die Rolle Berlins in Afrika. Nach einem berblick ber die deutsche Afrikapolitik, haben wir einige Meldungen aus ausgewhlten afrikanischen Lndern zusammengestellt, die die Strategien der deutschen Regierung, fhrender Institute und Unternehmen beleuchten. Die Meldungen, sowie der einleitende Artikel sind mit freundlicher Genehmigung der Website www. german-foreign-policy.com entnommen, deren Besuch und Lektre wir empfehlen.Die Ketten der Kolonialisierung sind noch immer nicht zerbrochen. Sie haben eine andere Form angenommen, aber sie unterdrcken Afrika nicht weniger brutal und ruberisch, als die alten. Alle, die versuchen den Ketten zu entfliehen und sich auf den Weg nach Europa machen, erwartet Kriminalisierung, Rassismus und Tod. Die Festung Europa hat dicht gemacht. Nach Auen sichern sie Kriegsschiffe und im Innern werden afrikanische Flchtlinge (ebenso wie aus anderen Kontinenten) ausgebeutet, diskriminiert und verfolgt. Das Mittelmeer ist zu einem Massengrab geworden, das von den Gesellschaften in Europa mit Stillschweigen geduldet wird. Der Baumeister der Festung Europa ist Deutschland, das die Abschottung und Miltiarisierung der EU mageblich vorantreibt.

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Die alten Kolonialmchte sind weiter prsent und einflussreich. ber Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungshilfe und internationale Organisationen wie die UNO setzen sie ihre Interessen in Afrika durch. Dabei geraten sie aneinander und sich gegensei- Kampf gegen Kolonialismus und die Entrechtung und Vertig ins Gehege. Die Aufteilung Afrikas folgung von Flchtlingen: Die auf der Berliner Konferenz 1884 zog Karawane fr die Rechte der die Grenzen entsprechend der Kom- Flchtlinge und MigrantInnen promisse unter den Kolonialmchten. Seitdem wird stndig neu aufgeteilt Im Innern des Kontinents sind Lager und um Einfluss, Rohstoffe und Handelswege geranfr Flchtlinge zur Normalitt geworden. In abgelegelt. Im nchsten Jahr wird vermutlich seit langer Zeit genen Wldern versteckt, sind die Lager vielen nicht auch wieder eine Grenze neu gezogen, wenn das Rebekannt. Die Karawane fr die Rechte der Flchtlinge ferendum in Sdsudan zur Abspaltung des Landesteils und Migranten kmpft seit Jahren gegen die Lager fhren wird. Mit China ist ein ernstzunehmender Konmit wachsendem Erfolg. Die Anregung fr die Erinkurrent fr Europa und die USA auf den Plan getreten. nerung an afikanische Revolutionre entstand beim Besuch des Karawane-Festivals 2010 in Jena, das unDeutschland reagiert darauf und tritt mit verstrktem ter dem Motto Vereint gegen koloniales Unrecht - In Engagement in Afrika auf. Dieses Engagement Erinnerung an die Toten der Festung Europa stattverheit fr die betroffenen Lnder nichts Gutes. Das fand. Die Karawane fr die Rechte der Flchtlinge Gerangel mit anderen Industrielndern um Rohstofund Migranten hat den Kampf gegen Kolonialismus fe und Abbaurechte hinterlt nicht nur Zerstrung, und gegen die Entrechtung von Flchtlingen hier in sondern fhrt zu den Kriegen mit den meisten Toten der Hhle des Lwen aufgenommen. Deshalb dokuder Nachkriegszeit, wie in Kongo. Auch die Bundesmentieren wir den Aufruf zum Festival. republik ist im Geschft mit Milizen, spaltet Bevlkerungsgruppen entlang ethnischer Linien und setzt Die Anregung fr die Erinnerung an afikanische seine konomische Macht durch Direktinvestitionen Revolutionre entstand beim Besuch des Kar-

awane-Festivals 2010 in Jena, das unter dem Motto Gegen koloniales Unrecht - In Erinnerung an die Toten der Festung Europa stattfand. Die Karawane fr die Rechte der Flchtlinge und Migranten hat den Kampf gegen Kolonialismus und gegen die Entrechtung von Flchtlingen hier in der Hhle des Lwen aufgenommen. Deshalb dokumentieren wir den Aufruf zum Festival. Am Ende der Broschre sind schlielich vier Portraits von afrikanischen Revolutionren zu finden, mit denen wir stellvertretend an alle UnabhngigkeitskmpferInnen erinnern wollen. Ihre

Schicksale und Kmpfe spiegeln die Macht und Tcke der Ketten des Kolonialismus, aber auch die Energie, die Kraft und die Unsterblichkeit des Kampfs um Unabhngigkeit, Freiheit und Wrde. Die Erinnerung an die Unabhngigkeitskmpfe vor 50 Jahren ist fr uns eine Aufforderung gegen die Ketten der Kolonialisierung heute einzutreten. Die Ketten, die von Berlin aus gelegt werden, sind diejenigen an denen wir rtteln knnen. Brechen wir gemeinsam die Ketten, hier und in Afrika.

InhaltDer deutsche Imperialismus und Afrika S. 5 thiopien: Auf dem Weg zum Vorposten S. 17 Golf von Guinea: Kampf um l und Gas

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Sdafrika: Juniorpartner deutscher Auenpolitik S. 21 Kongo/Ruanda: Deutsch-Franzsische Rivalitten Blutiger Rohstoffkrieg S. 25 Die Festung Europa Deutsche Baumeister am Werk S. 30 Lager und Deportation Deutschland Lagerland berall S. 33 Kmpfen in der Hhle des Lwen S. 36 Revolutionre Afrikas S. 40

Weitere Informationen: German Foreign Policy www.german-foreign-policy.com Karawane fr die Rechte der Flchtlinge thecaravan.org Informationsstelle Militarisierung www.imi-online.de

Impressum: Zusammen e.V. Alt-Rdelheim 12 60489 Frankfurt www.zusammen-ev.de [email protected] 069/37300389

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Jrg Kronauer (German Foreign Policy - www.german-foreign-policy.com)

Der deutsche Imperialismus und AfrikaEs ist immer ein bisschen schwierig, Afrika insgesamt zu behandeln. Afrika ist ein schwieriger Begriff: Er klingt nach einem kompakten Kontinent, den man einfach so in einem Aufwasch abhaken knnte. Tatschlich aber ist Afrika hchst ausdifferenziert, vielleicht noch strker als Europa und auch Europa ist ja eigentlich schon ein Begriff, der wegen der Unterschiedlichkeit der europischen Lnder nicht viel aussagt. Auf Afrika trifft das in vielleicht noch strkerem Mae zu. Entsprechend muss man, wenn man sich mit dem Kontinent beschftigt, sorgfltig differenzieren. Ich mchte exemplarisch vorgehen, das heit: Ich mchte einige Beispiele herausgreifen, an denen man wichtige Grundzge der deutschen Afrikapolitik recht gut beobachten kann. Ich mchte dabei erstens einige politische Grundkonstanten herausarbeiten, die insgesamt fr die deutsche Expansion nach Afrika wichtig sind, die einem in der deutschen Afrikapolitik immer wieder begegnen. Dabei mchte ich zweitens Lnder aus verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen politischen Konstellationen herausgreifen, damit auch die Vielfalt der Entwicklung in Afrika deutlich wird. Ich mchte mich auf Afrika sdlich der Sahara konzentrieren, weil die afrikanischen Mittelmeeranrainer eine ganz eigene, von Subsahara-Afrika abweichende Dynamik haben. Speziell eingehen mchte ich auf Kongo und Ruanda, auf Simbabwe, Nigeria, den Sudan, der ja immer wieder in die Schlagzeilen gert, auf die Lnder am Horn von Afrika und auf Madagaskar, das ein recht unbekanntes Land ist, an dem man aber einige Aspekte der deutschen Afrikapolitik sehr gut beobachten kann. Drittens sollen auch die unterschiedlichen Mittel der deutschen Politik in Afrika deutlich werden. Es ist ja nicht so, dass die deutsche Afrikapolitik ausschlielich vom Auswrtigen Amt und vom Entwicklungsministerium direkt implementiert oder allenfalls noch durch das Militr erzwungen wrde; es gibt sehr viele Mittel der Auenpolitik, etwa die parteinahen Stiftungen oder auch sogenannte Nichtregierungsorganisationen, die ja sehr hufig im Sinne der Regierung handeln. Zumindest ansatzweise mchte ich dieses Spektrum behandeln. Vielleicht vorab zwei Hinweise darauf, wie breit dieses Spektrum ist. Ich mchte zuerst eine Passage aus einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zitieren. Die Stiftung Wissenschaft und Politik ist der vielleicht wichtigste auenpolitische Think Thank in Berlin. Sie verffentlichte im Mrz 2009 ein neues Strategiepapier fr Afrika, welches darlegt, wie die deutsche Afrikastrategie in den nchsten Jahren aussehen soll. Unter anderem gibt es dort eine Auflistung der Mittel der deutschen Politik in Afrika, die deutlich macht, wie breit gefchert die Einflussmittel der deutschen Politik sind. Deutschland wendet pro Jahr nahezu 2,5 Milliarden Euro an bilateraler Entwicklungshilfe fr Afrika sdlich der Sahara auf. Erhebliche Teile der verschiedenen operativen Budgetlinien des Auswrtigen Amtes (kulturelle Zusammenarbeit, Nothilfe, Frderung, Probleme der Umsetzung von Frieden und Sicherheit etc.) und anderer Ministerien flieen nach Afrika. Deutschland unterhlt in der Region insgesamt 44 Botschaften und Konsulate in 30 afrikanischen Staaten. Seitdem das Tabu einer Entsendung von Soldaten nach Afrika gebrochen wurde (DR Kongo), stehen im Prinzip auch militrische Ressourcen fr eine effektive Afrikapolitik bereit. Hinzu kommen zahllose NGOs, allen voran die parteinahen politischen Stiftungen und kirchlichen Entwicklungsdienste, die sich erheblich in Afrika engagieren. Zhlt man Botschaftspersonal, die Vertreter staatlicher Entwicklungsdienste, die Mitarbeiter wissenschaftlich-kultureller Einrichtungen und nichtstaatlicher Organisationen zusammen, ergibt sich eine personelle und politiknahe Prsenz Deutschlands, die sich durchaus mit jener Grobritanniens und Frankreichs messen lsst. In Rechnung zu stellen ist auch der beachtliche Einfluss, den Deutschland auf die Entscheidungsfindung der europischen GASP [Gemeinsame Auen- und Sicherheitspolitik] und ESVP [Europische Sicherheitsund Verteidigungspolitik], bei der Verwendung von Mitteln des Europischen Entwicklungsfonds (EDF) und in weiteren multilateralen Organisationen ausben kann.11 Stefan Mair, Denis M. Tull: Deutsche Afrika

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Die genannten Mittel sind zahlreich, und die Autoren sind tatschlich der Ansicht, es handele sich von staatlichen Apparaten ber Entwicklungsorganisationen bis hin zu anderen NGOs durchweg um Mittel, mit denen man deutschen Einfluss im Sinne der deutschen Auenpolitik geltend machen kann. Ein zweiter Aspekt, den ich vorab erwhnen mchte, ist, dass die staatlichen Stellen sich durchaus darber im Klaren sind, welches soziale Desaster sie anrichten bzw. in welchem sozialen Desaster sie operieren. Es gibt in dem zitierten SWP-Strategiepapier, das gerade zwei Monate alt ist, eine Passage, in der das beschrieben wird. In mittelund langfristiger Perspektive ist in Afrika keine grundstzliche Verbesserung der sicherheitspolitischen Situation zu erwarten... Die strukturellen Ursachen von Konflikten beruhen auf Missstnden und Problemen extreme Armut, niedriges Pro-KopfEinkommen, schwache Staatlichkeit , die weder in den unmittelbar betroffenen Staaten noch in den meisten anderen afrikanischen Lndern an Schrfe verloren haben... Ungeachtet der Verbesserung einiger soziokonomischer Indikatoren (z.B. Rckgang der Kindersterblichkeit) bleibt Afrika die mit Abstand rmste Region der Welt. Ein erheblicher Prozentsatz der Bevlkerung ist sogar rmer, als dies zur Zeit der Unabhngigkeit der Fall war. Zwischen 1981 und 2001 stieg der Anteil der unterhalb der Armutsgrenze lebenden Bevlkerung von 42 auf 47 Prozent. Das Einkommen dieser rmsten Bevlkerungsschicht (2001: 0,60 US-Dollar pro Tag) ist sogar rcklufig. Nach gegenwrtigem Stand werden gerade einmal vier Lnder zumindest vier der acht Millennium Development Goals erreichen.2 Die Milliennium Development Goals sind immerhin Entwicklungsziele, die offiziell immer wieder als wichtige Richtfaktoren der deutschen Afrikapolitik benannt werden. Die vier Lnder in Afrika, die wenigstens einen Teil dieser Ziele erreichen knnen, sind die Kapverden,politik. Eckpunkte einer strategischen Neuausrichtung, SWP-Studie S10, Berlin, Mrz 2009. Stefan Mair, Denis M. Tull: Deutsche Afrika politik. Eckpunkte einer strategischen Neuausrichtung, SWP-Studie S10, Berlin, Mrz 2009.

Mauritius, die Seychellen und Namibia, also meist kleinere oder weniger bekannte Lnder. Die groen Lnder Afrikas haben berhaupt keine Aussichten, die Entwicklungsziele auch nur annhernd zu erreichen. Darber hinaus, schreibt die SWP weiter, sind knapp 35 Millionen von 800 Millionen Menschen auf Nahrungshilfe angewiesen, vor allem am Horn von Afrika und im sdlichen Afrika. Diese Passage beschreibt recht gut das soziale Desaster, das die westliche Politik in Afrika anrichtet und auch aufrecht erhlt. Die SWP hlt ausdrcklich fest: Das soziale Desaster ist schlimm, es ist in den letzten Jahrzehnten schlimmer geworden, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass es besser wird. Die SWP fhrt dann im Folgenden aus, es gebe mglicherweise einzelne Staaten, die es schaffen knnten, sich - etwa aufgrund Rohstoffreichtums - zumindest eine reiche Elite zu schaffen. Dass aber die Mehrheit unter den Bedingungen der westlichen Einflussnahme weiter arm bleiben bzw. vllig verarmen wird, das steht offenbar vollkommen auer Frage. Ich finde diese Feststellung durchaus aufschlussreich. Sie zeigt, dass das staatliche Handeln in bzw. gegenber Afrika einfach zynisch ist: Die zustndigen Fachleute und daher auch die handelnden Politiker wissen ganz genau, welches Desaster in Afrika herrscht, zu welchem Desaster sie beigetragen haben und auch weiter beitragen werden. Trotzdem hlt Berlin seine Machtpolitik in Afrika aufrecht. In Afrika sind aus Sicht der deutschen Industrie und der deutschen Politik natrlich Rohstoffe das vielleicht bedeutendste Thema. Besonders wichtig ist zum einen - vor allem an der westafrikanischen Kste, aber auch im Sudan - das l. Es gibt aber auch eine ganze Anzahl anderer Rohstoffe in Afrika, zum Beispiel Kupfer - in der Demokratischen Republik Kongo oder in Sambia, im sogenannten Kupfergrtel. Daneben gibt es noch viele weitere metallische Rohstoffe - fr Afrika ein ganz wichtiger Aspekt, wenn man sich mit den wirtschaftlichen Interessen befasst. Allerdings darf man sich nicht in die Irre leiten lassen. Wenn man sich anschaut, woher die deutsche Industrie insgesamt ihre metallischen Rohstoffe bezieht, so stellt man fest, dass diese zum grten Teil berhaupt nicht aus Afrika kommen. Der berwiegende Teil des in Deutschland verbrauchten Kupfers zum Beispiel kommt aus Sdamerika. Zink kommt hauptschlich aus EU-Lndern, etwa aus Irland oder Schweden, ein Teil kommt auch aus Australien; Zink ist sehr wichtig fr die Automobilindustrie. Ganz bestimmte Metalle aber kommen aus Afrika, weil es sie fast nur dort

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gibt. Dazu spter. Es gibt Konfliktlinien, die immer wieder auftauchen. Wenn man sich mit der deutschen Afrikapolitik beschftigt, stellt man natrlich fest, dass die koloniale Vergangenheit des Kontinents bis heute eine auerordentlich wichtige Rolle spielt. Nicht nur oder vielleicht auch nur in einem geringeren Mae deswegen, weil es auch deutsche Kolonien gab im Sdwesten Afrikas das heutige Namibia, das frhere DeutschSdwest-Afrika, die deutsche Kolonie in Ostafrika, Tansania plus Ruanda und Burundi, und das heutige Kamerun bzw. Togo. Ganz entscheidend fr die deutsche Afrikapolitik sind aber weniger die ehemaligen deutschen denn die ehemaligen franzsischen Kolonien. Um sie gibt es immer wieder Konflikte. Es gibt in den frheren franzsischen Kolonien bis heute eine sehr starke politische Einflussnahme Frankreichs, auch der franzsischen Wirtschaft, die dort ihre Pfrnde hat diese nicht verlieren will, die auch sehr eng mit den dortigen Eliten vernetzt ist. Beispiele hierfr sind die Elfenbeinkste oder auch Gabun, daneben viele weitere Lnder in Westafrika, aber auch Madagaskar. Die Rivalitt gegenber Frankreich spielt fr die deutsche Afrikapolitik immer eine groe Rolle. Wenn man in einer Studie der Deutschen Gesellschaft fr Auswrtige Politik (DGAP) aus dem Jahr 2007 nachliest, dann findet man folgende Aussage: Aus der Sicht deutscher Entscheidungstrger wird oft moniert, es sei fast nicht mglich, im frankophonen Afrika strker konomisch und politisch prsent zu sein.3 Gemeint ist damit, dass sich Frankreich in dieser Region in hohem Mae festgesetzt hat und Einflussbemhungen anderer Staaten abzudrngen versucht. Bei den Gestaltern deutscher Afrikapolitik gibt es gegenwrtig eine starke Zurckhaltung zur engeren Kooperation mit Frankreich, heit es weiter bei der DGAP. Die Befrchtung, wie in der Vergangenheit als Juniorpartner oder Zahlmeister gefragt zu sein, aber nicht mitreden zu drfen, sitzt tief.4 Gemeint ist, dass Frankreich und das ist tatschlich der Fall versucht, seine Afrikapolitik auch in der EU durchzusetzen. Die EU ist nun aber ein Instrument, mit dem auch Deutschland seine Politik machen will; deutsche Zielsetzung ist es, die eigene Politik ber die EU zu verstrken. Insofern geraten sich im Falle Afrikas Deutschland und Frankreich gewaltig in die3 Andreas Mehler: Aller Anfang ist schwer: Frankreich auf der Suche nach einer neuen Afrika-Politik, DGAPanalyse Frankreich Nr. 5, Dezember 2007. Andreas Mehler: Aller Anfang ist schwer: Frankreich auf der Suche nach einer neuen Afrika-Politik, DGAPanalyse Frankreich Nr. 5, Dezember 2007.

Haare: Paris will in der EU seine eigene Afrikapolitik durchsetzen, Berlin kmpft fr die eigene Hegemonie und damit auch fr die deutsche Afrikapolitik. Deswegen kommt es zu den von der DGAP beispielhaft beschriebenen Rivalitten. Da frchtet man dann, als Juniorpartner oder Zahlmeister fr eine auf EU-Ebene bertragene franzsische Afrikapolitik benutzt zu werden. Weiter im Zitat: Sollte sich der humanitre Interventionismus la

Kouchner durchsetzen... Hier wird der franzsische Auenminister angesprochen, der frher fr rzte ohne Grenzen arbeitete und dort eine sich humanitr gebende Politik vertrat; man rechnete 2007 damit, er werde dort, wo es zu franzsischen Interessen passe, zumindest versuchen, dies als franzsischer Auenminister weiterzufhren. Sollte sich der humanitre Interventionismus la Kouchner durchsetzen, wird sich in der ffentlichen Meinung Deutschlands eventuell deutliche Sympathie mobilisieren lassen, in den Apparaten des Auswrtigem Amts, des Bundesministeriums fr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie des Verteidigungsministeriums aber kaum. Das bedeutet faktisch: Die Franzosen knnen ruhig mal mit der humanitren Masche kommen, da fallen wir berhaupt nicht darauf rein. Natrlich ist mitgedacht: Diese Masche kennen wir auch, wir nutzen sie ja auch immer, wir behaupten ja auch bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten, wir betrieben unsere Afrikapolitik aus humanitren Motiven. Diesen Konflikt, das lsst die DGAP deutlich erkennen, wird man nicht zurckstellen, sondern austragen. Welche Folgen das in der konkreten Praxis haben kann, das wrde ich gerne am Beispiel Madagaskar zeigen. Madagaskar ist ein Land, das konomisch fr Europa keine herausragende Bedeutung hat. Es ist nicht ganz unwichtig, weil es

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ber eine groe Biodiversitt verfgt, und die ist fr die Wirtschaft natrlich interessant - einmal fr die Pharmaindustrie, dann aber auch fr andere Biotechnologien, die sich aus dem genetischen Reichtum in Madagaskar bedienen wollen. Es gibt also durchaus konomische Interessen der deutschen Industrie in Madagaskar, aber sie sind nicht allzu stark ausgeprgt. Madagaskar gehrt eigentlich zum franzsischen Einflussgebiet; es ist eine ehemalige franzsische Kolonie, dort wird Franzsisch gesprochen. Tatschlich war Madagaskar bis zum Jahr 2001 sehr eng an Frankreich gebunden, insbesondere der damalige Prsident galt als Gefolgsmann Frankreichs. Die Deutschen hatten keine groen Chancen. Das hatte zur Folge, dass Berlin auf die Opposition setzte. Die Opposition erreichte bei Wahlen 2001 die Mehrheit; es kam zu Auseinandersetzungen und zu greren Demonstrationen der Opposition fr ihren Prsidentschaftskandidaten, der endlich ins Amt eingesetzt werden sollte. Schlielich kam es dazu. Es gibt ein Vorkommnis, das recht gut ausdrckt, was sich im Hintergrund abgespielt hat. Bei der Amtseinsetzung - die Sache war damals national wie international noch umstritten - schwenkte ein Mitarbeiter eines deutschen Kulturinstituts die deutsche Nationalflagge und machte damit klar: Hier, auf der Seite der Opposition, steht der deutsche Staat. Seit dem Jahr 2002 gab es dann, bis vor kurzem, einen prodeutschen Prsidenten in Madagaskar, Marc Ravalomanana, der brigens ein enger Freund von Horst Khler wurde. Khler war damals noch beim IWF ttig, beschftigte sich mit Afrika, unter anderem auch mit Madagaskar. Der madegassische Prsident steuerte einen sehr deutlich neoliberalen Kurs ganz auf der Linie von Khler. Der war begeistert, freundete sich mit Ravalomanana an, und die beiden bauten spter, als Khler Bundesprsident war, das deutsch-madegassische Verhltnis systematisch aus. Dies uerte sich auch in Kleinigkeiten, etwa darin, dass Air France ausgebootet wurde und die deutsche Lufthansa Flge nach Madagaskar bernahm. Das sind, wie gesagt, Kleinigkeiten, die aber ein Hinweis auf einen Hegemoniewechsel sind. Ein solcher Wechsel deutete sich in der Kooperation zwischen Khler und Ravalomanana an. Das Ganze ging mehr oder weniger gut - bis letztes Jahr. Damals startete Ravalomanana ein Privatisierungswelle, die zu greren sozialen Unruhen in Madagaskar fhrte. Im Zuge dieser Unruhen verlor Ravalomanana sein Amt, und es kam erneut ein Prsident der profranzsischen Seite ans Ruder. Natrlich wurde er hinter den

Kulissen von Frankreich untersttzt, whrend Ravalomanana bis zum Schluss von Deutschland gedeckt wurde. Man sieht an diesem Beispiel, wie sich die deutsch-franzsischen Rivalitten in einem afrikanischen Land auswirken knnen. Es gibt andere Beispiele; auf zwei komme ich spter noch im einzelnen zu sprechen, sie sind um einiges tragischer als das Beispiel Madagaskar. Der deutsch-franzsische Streit ist jedenfalls eine Grundkonstante der deutschen Afrikapolitik sptestens seit den 1990er Jahren. Eine zweite Grundkonstante der deutschen Afrikapolitik ist die Rivalitt zu China. China baut bekanntermaen seit den 1990er Jahren, verstrkt seit dem Jahrtausendwechsel seine Beziehungen nach Afrika sehr stark aus. Dies gilt neben den politischen vor allem auch fr die Handelsbeziehungen. Dazu stellt die Stiftung Wissenschaft und Politik in ihrem im Mrz 2009 erschienen Strategiepapier fest: Der chinesischafrikanische Handel erreicht im Jahr 2008 ein Volumen von 106 Milliarden US-Dollar. Fest steht, dass westliche Staaten und die von ihnen dominierten Finanzinstitute nicht lnger die allein tonangebenden externen Krfte in Afrika sind. Es wchst also mit China eine Konkurrenz heran bzw. ist eigentlich schon lngst herangewachsen, die man nicht mehr ignorieren kann. Zum Vergleich die aktuellen Zahlen aus dem deutschafrikanischen Handel, wie sie der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft herausgibt: Wenn man Importe und Exporte zusammenrechnet, kommt man im deutsch-afrikanischen Handel (einschlielich Nordafrika) gerade einmal auf ein Handelsvolumen von 40 Milliarden Euro, also deutlich weniger als das chinesisch-afrikanische Handelsvolumen. Das heit: konomisch, im Wirtschaftaustausch, spielen die Deutschen inzwischen eine deutlich geringere Rolle als die Chinesen. Das passt Berlin natrlich berhaupt nicht in den Kram; daher gibt immer wieder Versuche, nicht nur die politischen, sondern auch die wirtschaftlichen Beziehungen nach Afrika zu strken. Ein Beispiel, an dem man das recht gut ablesen kann, ist der Sudan. Der Sudan ist ein sehr groes, relativ bevlkerungsreiches Land, das durchaus eine Menge Einfluss haben knnte, wenn es nicht von auen so sehr bedrngt wrde. Das bedeutet: Der Sudan ist in Afrika durchaus ein Machtfaktor. Zur Zeit der Systemkonfrontation gab es deswegen eigentlich immer eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und dem Sudan. In einer Promotion zum Thema deutsch-sudanesische Kooperationen,

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vor allem auch zu den Militrkooperationen, heit es, die alte Bundesrepublik sei ein Hauptpartner des sudanesischen Militrs und der Polizei und des Geheimdienstes5 gewesen. Tatschlich gab es nicht nur Waffenlieferungen in den Sudan; es wurden im Sudan ganze Munitionsfabriken in deutscher Lizenz gebaut. Es wurden Militrfahrzeuge geliefert, es gab eine breite Rstungskooperation, die whrend der Zeit der Systemkonfrontation auch durchgehalten wurde. Hintergrund war einfach, dass der Sudan als Verbndeter Bedeutung besa. Eine Reihe afrikanischer Staaten standen der Sowjetunion nahe und waren keine Verbndeten; also war es wichtig, die eigenen Verbndeten zu halten. 1990 nderte sich die Lage dramatisch: Man brauchte den Sudan als Verbndeten in der Systemkonfrontation nicht mehr. In dieser Zeit vollzog sich ein Politikwechsel, den man in zwei Lndern parallel beobachten kann: in den USA und im grer gewordenen Deutschland. Am Beispiel Sudan kann man eine bemerkenswerte Parallele zwischen der deutschen und der amerikanischen Politik erkennen, die fr Afrika insgesamt Bedeutung hat. Das ist ein Unterschied etwa zu Osteuropa und Asien. Ich halte die Rivalitten zwischen Deutschland und den USA global gesehen fr einen ganz entscheidenden Faktor; in Afrika jedoch spielen sie keine derart herausragende Rolle. Die Frontstellung richtet sich hier vielmehr vor allem gegen China - der Westen hlt gegen China zusammen, um gegen die asiatische Gromacht bestehen zu knnen. Daneben hat Deutschland in Afrika gleichzeitig seine Rivalitten mit Frankreich, so dass kein groer Spielraum fr eine harte Konkurrenz gegenber den USA bleibt. Meine These wre, dass die entscheidenden Rivalitten in Afrika nicht die transatlantischen sind, zumindest im Moment nicht. Es fand 1990 im Westen insgesamt ein Umdenken statt. Vor allem in den USA gab es strategische berlegungen, wer denn wohl der nchste Gegner sei. Es kam damals beispielsweise das Buch von Huntington ber den Kampf der Kulturen auf den Markt, in dem die Auseinandersetzungen mit arabischen bzw. islamischen Staaten schon in den Blick genommen wurden. Es stellte sich dann unter anderem heraus, dass die USA tatschlich damit begannen, sich gegen Khartum zu richten. Wenn man sich mit dem Sudan beschftigt, muss man wissen, dass der Sudan ein recht heterogenes Land ist. Der Norden ist von der5 Dissertation von Roman Deckert, zitiert nach: Erich Schmidt-Eenboom: BND. Der deutsche Geheimdienst im Nahen Osten, Mnchen 2007.

Sprache her arabisch und von der Religion her islamisch geprgt; der Sden ist nichtarabisch und von der Religion her teilweise christlich, teilweise durch alte afrikanische Glaubensstrmungen geprgt. 1989 kam im Sudan eine islamistische Regierung an die Macht. Die USA schlugen in den 1990er Jahren eine Politik ein, die sich klar gegen die islamistische Regierung im Nordsudan, in Khartum, richtete; Washington versuchte, die islamistischen Krfte einzuhegen, einzudmmen, einzuzingeln, sie einfach auf jeden Fall zu schwchen. Diese Form der Politik wurde spter auch am Golf deutlich. Tatschlich gab es bereits in den 1990er Jahren Luftangriffe auf den Sudan. Unter anderem wurde damals schon argumentiert, der Sudan untersttze terroristische Netzwerke. Ein Schub fr diesen Politik-Schwenk lsst sich relativ genau auf 1993 datieren. Es gibt eine Reihe von Anzeichen, die darauf hindeuten, dass die USA exakt 1993 einen schrferen Kurs einschlugen. Sie zogen zu diesem Zeitpunkt aus Somalia ab, weil sie die eigenen Toten dort nicht mehr in Kauf nehmen wollten. Man sagte zugleich aber: Wenn wir aus Somalia rausgehen und unsere Soldaten tendenziell nicht mehr nach Afrika schicken, dann mssen wir zuverlssige Stellvertreter haben, die unsere Arbeit dort bernehmen. Seit 1993 richtet sich die Politik der USA zumindest in Ostafrika darauf, solche Kooperationspartner zu finden, die sich ihrerseits auch gegen Khartum in Stellung bringen lassen. 1993 ist denn auch das letzte Jahr, in dem der Sudan Rstungslieferungen aus Deutschland bekam. Damals gab es im Sudan schon lange einen Brgerkrieg zwischen dem arabisch-islamisch geprgten Norden und dem nichtarabischchristlich geprgten Sden. In den 1990er Jahren bemhte sich die deutsche Auenpolitik auch hier in bereinstimmung mit den USA strker um den Sden. Es wurden Entwicklungshilfemanahmen fr den Sden veranlasst, unter anderem Rechtsberatungsprojekte. So kam es, dass entscheidende Rechtsdokumente der damaligen sdsudanesischen Rebellen, die heute die Regionalregierung im Sdsudan stellen, vom Max-Planck-Institut geschrieben wurden; das gilt besonders auch fr die sdsudanesische Verfassung. Unter anderem wird das deutsche Interesse auch daran deutlich, dass die KonradAdenauer-Stiftung im eher christlich geprgten Sdsudan ab 1999 ein Programm zum Aufbau und zur Strkung der Zivilgesellschaft entwickelte. Die Adenauer-Stiftung richtete dann und daran kann man sehen, wie die unterschiedlichen Rdchen der deutschen Auenpolitik ineinandergreifen ein Besuchsprogramm fr

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sdsudanesische Politiker ein. Diese wurden nach Deutschland, nach Berlin geholt, ihnen wurden hier verschiedene Techniken der deutschen Justiz nahegebracht - etwa wie man ein Rechtssystem aufbauen kann, am besten nach deutschem Modell. Derartige Kooperationen gab es eine ganze Reihe. Der Sdsudan setzte dann schlielich in Verhandlungen - mit deutschamerikanischer Untersttzung - durch, dass er eine weitreichende Autonomie zugesprochen bekam. Es ist heute tatschlich so, dass der Sdsudan ein weitgehend autonomes Gebiet ist, weitreichende Autonomierechte besitzt. Vororaussichtlich im Jahr 2011 wird es ein Referendum darber geben, ob sich der Sdsudan vom Nordsudan trennt. Ein recht aufschlussreiches Einzelprojekt, das im Jahr 2004 an die ffentlichkeit drang, verdeutlicht die deutsche Sudanpolitik schlaglichtartig. Es ist klar, dass der Sdsudan, wenn er sich vom Nordsudan abspalten und ein eigener Staat werden will, eine Finanzierung braucht. Im Sdsudan gibt es viel Erdl und auch etliche andere Rohstoffe, zum Beispiel Gold. Das Problem der sdsudanesischen Regionalregierung ist, dass sie auf vielen Rohstoffen sitzt (und somit ber viel Geld verfgen knnte), diese aber ber den Norden verkaufen muss, da Pipelines und andere Transportwege durch den Nordsudan gehen. Wenn man sich von einem Staat abtrennen will, dann ist es natrlich ein Problem, wenn man seinen Handel gerade ber den Reststaat abwickeln will, von dem man sich gerade trennen mchte. Deswegen gab es ab 2004 den Plan, den Handel nicht mehr ber den Nordsudan, sondern in Richtung Sden abzuwickeln. Ein deutsches Unternehmen wollte eine Eisenbahnlinie zu bauen, und zwar von Juba, der Hauptstadt des Sdsudan, durch Kenia in die kenianische Hafenstadt Mombasa. Von dort knnten die Rohstoffe dann verschifft werden. Viele wenden ein, ltransport mit der Bahn sei umstndlich, wenn nicht sogar unmglich, aber Vertreter der mit der Bauplanung beauftragten deutschen Firma haben schon vor Jahren besttigt: Eine Pipeline ist immer besser als die Bahn, aber auch mit der Bahn kann man ltransporte abwickeln, und genau das ist auch geplant. Die Bahnstrecke soll es ermglichen, auch Erdltransporte ber sie abzuwickeln. Der Plan war es also, dem Sdsudan praktisch eine Wirtschaftsader zu schaffen, ber die er seine Rohstoffe transportieren und auf dem Weltmarkt verkaufen und damit praktisch seine Eigenstaatlichkeit finanzieren kann. Die Trennung des Sdsudan vom Nordsudan, die sptestens im Jahr 2011 auf der Tagesordnung stehen wird, ist also auch ein

Projekt der deutschen Auenpolitik, das Berlin gemeinsam mit den USA vorantreibt. Hier wird auch recht deutlich, welche Rolle die vlkische Separierungspolitik spielt - eine Spezialitt der deutschen Auenpolitik. Auch in Afrika wird sie angewandt, es heit dann - Beispiel Sudan -: Im Sden leben irgendwelche afrikanischen Stmme, whrend der Norden von arabischen Stmmen bevlkert ist und afrikanische und arabische Stmme vertragen sich nicht. Also muss man sie einfach trennen. Das politische Ziel ist es natrlich, die islamistische Regierung im Norden des Sudan, die ja auch eine antiwestliche Storichtung hat, einzudmmen und ihr eben auch dadurch jede Kraft zu nehmen, dass man den Sdsudan abtrennt. China ist im Sudan brigens stark in der Erdlfrderung involviert. 2006 importierte China 7% seiner gesamten Erdleinfuhren aus dem Sudan. Daran sieht man, welche Bedeutung der Sudan inzwischen fr China hat. China ist auch an Pipelineprojekten im Sudan beteiligt und versucht mittlerweile, auch im Sdsudan mitzumischen. So versuchte China auch, in das gerade eben beschriebene deutsche Eisenbahnprojekt einzusteigen, um es den Deutschen abzunehmen und die separatistische Spitze zu mildern. China hat kein Interesse an einer Teilung des Sudan, schon allein deswegen nicht, weil es so viel Erdl von dort bezieht. Das liegt daran, dass China in den 1990er Jahren gute Zugangsmglichkeiten im Sudan hatte, weil der Westen den Sudan ja wegen seiner islamistischen Regierung auf die Abschussliste gesetzt hatte und nicht nur keine Rstungsgter mehr lieferte, sondern auch den Einstieg in die boomende sudanesische Erdlwirtschaft verpasste. Die deutsche und die US-amerikanische Politik gehen im Sudan eng zusammen. Die Stiftung Wissenschaft und Politik schreibt ber das Verhltnis zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten in Afrika insgesamt: Bilaterale Zielkonflikte zwischen der Bundesrepublik und den USA sind in den kommenden Jahren nicht zu erwarten.6 Es ist interessant, wenn man diese Einschtzung mit dem Erdlexport afrikanischer Lnder abgleicht. Die Stiftung Wissenschaft und Politik stellt fest: Der Anteil Sub-Sahara-Afrikas an den amerikanischen leinfuhren wchst stetig und betrgt gegenwrtig 18 Prozent (zum Vergleich: die Einfuhren aus der Region des Persischen Golfs, einschlielich SaudiArabiens, haben einen Anteil von 21 Prozent). Afrika ist also in Bezug auf Erdl fr die USA fast genauso wichtig wie der Golf, und es ist erklrtes6 Stefan Mair, Denis M. Tull: Deutsche Afrika politik. Eckpunkte einer strategischen Neuausrichtung, SWP-Studie S10, Berlin, Mrz 2009.

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Ziel Washingtons, diesen Anteil noch strker auszubauen. Die USA verlegen ganz eindeutig ihre Erdlbezge nach Afrika, vor allem nach Westafrika. Das passt im Prinzip recht gut zu den deutschen Strategien. Denn in der deutschen Versorgung spielt Russland nicht nur fr Erdgas, sondern auch fr l eine groe Rolle, daneben vor allem Nordafrika, besonders Libyen, sowie Zentralasien, etwa Kasachstan. Westafrika oder andere Staaten Afrikas sdlich der Sahara spielen in den deutschen Erdlplanungen keine besondere Rolle (im Gegensatz zu den Erdgasstrategien). Von daher ergnzen sich die deutschen und die amerikanischen Erdlplanungen in Afrika recht gut, und es sind auf diesem Gebiet keine groen Konflikte zu erwarten. Anders verhlt es sich mit China und den USA, weil China genauso wie die USA versucht, aus Westafrika - vor allem aus Nigeria und Angola - Erdl zu beziehen. Dabei gert es in direkten Konflikt zu den USA.

Gas, LNG - ist Deutschland noch ein bisschen rckstndig, obwohl in Wilhelmshaven ein LNGTerminal gebaut werden soll. Zum anderen gibt es den Plan, eine Pipeline quer durch die Sahara zu bauen. Diese Pipeline soll dann von Nigeria durch halb Afrika hindurch das Erdgas bis ans Mittelmeer leiten. Auch hier versucht E.ON mitzumischen. Es gibt also wegen des Erdgases ein klares deutsches Interesse an Nigeria. Jedoch bleibt das Problem - unter anderem fr E.ON -, dass es vor allem im Nigerdelta unterschiedliche Rebellionen, Rebellen- und Aufstandsbewegungen gibt. Hier kommt der militrische Aspekt wieder ins Spiel. Die Piratenbekmpfung, die gegenwrtig vor dem Horn von Afrika betrieben wird, wird nicht auf alle Ewigkeit nur dort stattfinden. Es gibt durchaus berlegungen, solche Manahmen zur Piratenbekmpfung auch vor Nigeria durchzufhren; es gab auch schon grere Manver vor der nigerianischen Kste. Vor eineinhalb Jahren etwa fand ein groes NATOManver statt, am dem sich auch Deutschland beteiligt hat. Wie wir gesehen haben, stimmen in Afrika - Beispiel Nigeria - die deutschen und die US-Interessen berein, man will an die Rohstoffe. Die Amerikaner ans l, die Deutschen in diesem Fall ans Gas. Dieses groe NATOManver fand vor den Kapverden statt, die NATO probte die Landung an einer fremden Kste und die Bekmpfung von Aufstndischen dort. Ungefhr zu diesem Zeitpunkt sagte NATOSprecher Jamie Shea, es gebe Verhandlungen mit Energiekonzernen, unter anderem mit Shell, wie man etwa in Nigeria vorgehe, wenn es zu greren Unruhen an den Erdlbzw. Erdgasquellen kommen sollte und man diese militrisch niederschlagen wolle. Dass Anlandungsszenarien wie dasjenige, das die NATO vor den Kapverden probte, unumgnglich seien, war den Militrs vllig klar. Auch die Bundeswehr stellt sich inzwischen auf kriegerische Akte in Afrika ein. Die Bundesmarine umrundete vor nicht allzu langer Zeit im Rahmen mehrerer Kriegsbungen Afrika. Dabei ankerten die deutschen Kriegsschiffe auch vor der nigerianischen Kste und spielten dort Manver durch. Damals taten sie auch ganz ausdrcklich kund, dass sie diese Kriegsbungen auch mit dem Ziel veranstalteten, die Rebellen abzuschrecken. Man konnte damals ganz ffentlich auf der Website des Bundesverteidigungministeriums nachlesen: Wir sind hier nicht nur, um Manver durchzufhren, sondern auch um zu demonstrieren, dass wir auch anders knnen, wenn wir wollen. Anschlieend fuhren die deutschen Kriegsschiffe weiter und trainierten in Sdafrika gemeinsam mit der sdafrikanischen

Nigeria, am Golf von Guinea in Westafrika gelegen, gilt der deutschen Auenpolitik als eines der wichtigsten Lnder sdlich der Sahara, denn es ist flchenmig gro und bevlkerungsreich, weit ber 100 Millionen Menschen leben dort. Auerdem hat Nigeria mit seinen groen Erdlvorkommen ein erhebliches Wirtschaftspotential und dadurch auch gewisse Einflussmglichkeiten. Fr Deutschland gewinnt Nigeria vor allem im Hinblick auf sein Erdgas an Bedeutung. Genau an dieses Erdgas macht sich E.ON-Ruhrgas heran. Es gibt seit 2007 verstrkte Verhandlungen zwischen Deutschland und Nigeria ber eine Kooperation im Energiebereich. Das Auswrtige Amt begann im Sommer 2007, in grerem Mastab mit der Regierung in Abuja zu verhandeln. Die Gesprche zogen sich bis in den Sommer 2008 hin; sie fanden sowohl in Nigeria als auch in Deutschland statt. Im Sommer 2008 wurde dann eine sogenannte Nigerianisch-deutsche Energiepartnerschaft vereinbart. Und wie das so ist in der Politik, wenn man von einer Partnerschaft redet: Man will dort irgend etwas. Was die deutsche Seite in Nigeria will, ist, insgesamt einen Fu in die Energiebranche zu bekommen, durchaus auch in die Stromversorgung, denn das ist ein groer Markt, auf dem man sehr viel Geld verdienen kann. Nebenbei lsst sich mit Einfluss in der Energiebranche auch ein erhebliches Ma an Kontrolle aufbauen. Der zweite Punkt ist der, dass E.ON an das Erdgas will. Es gibt da zum einen den Plan, das nigerianische Erdgas in Form von Flssiggas abzutransportieren. Beim Flssiggas - englisch: Liquefied Natural

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Marine. Danach ging es am Horn von Afrika vorbei, wo Kameraden im Rahmen von OEF[Operation Enduring Freedom] im Einsatz waren - noch nicht als Antipiraten-Mission -, bis die Bundesmarine schlielich wieder im Mittelmeer ankam. Nigeria ist darber hinaus auch fr andere deutsche Kapitalzweige interessant. Ein schnes Beispiel hierfr ist Bilfinger Berger. Bilfinger Berger, ein groer Baukonzern, war in Nigeria zeitweise der grte Arbeitgeber des Landes. Ein gewisser Hans Wittmann, der von 1979 bis 1996 fr das internationale Geschft von Bilfinger Berger zustndig war, war ein guter Freund der jeweiligen nigerianischen Militrdiktatoren. Die Freundschaften hatten unter anderem zur Folge, dass Bilfinger Berger in Nigeria viele Auftrge bekam, zum Beispiel die Auftrge zum Bau des internationalen Flughafens in Abuja, eines Gebudes fr die Nationalversammlung oder des nigerianischen Nationalstadions vieles in der obersten Grenordnung. Hans Wittmann ist inzwischen fr den AfrikaVerein der deutschen Wirtschaft ttig. Wenn man Geschfte in Nigeria machen will, dann geht man zum Afrika-Verein, lsst sich mit Wittmann verbinden, und der kann einem sagen, wie mans anstellen muss, wenn man in Nigeria etwas verdienen will. Hans Wittmann begleitete noch letztes Jahr Horst Khler nach Nigeria. Bereits 2002 hatte er das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. ber Ttigkeiten von der Art, wie sie Hans Wittmann in Nigeria vermittelt, schreiben Entwicklungspolitiker in einer Studie, die das Deutsche Institut fr Entwicklungspolitik 2007 verffentlichte: Deutsche Firmen bzw. transnationale Konzerne mit Sitz des Stammhauses in Deutschland sind aktiv in die Korruptionskonomie Nigerias verstrickt... Notorisch gilt dies auch fr die prosperierende Baufirma Bilfinger und Berger. Das ist deswegen recht interessant, weil sich hier die deutsche Entwicklungspolitik mit dem deutschen Kapital in die Haare gert. Denn die deutsche Entwicklungspolitik hat auch zum Ziel, undurchsichtige, als korrupt bezeichnete Verhltnisse durchsichtig und damit fr die deutsche Seite behandelbar zu machen. Bilfinger Berger aber mischt schon gut mit, ohne der Entwicklungspolitik berhaupt zu bedrfen. Auch in Angola stimmen die deutschen und die amerikanischen Interessen in Bezug auf Rohstoffe recht gut berein und geraten gleichzeitig mit den chinesischen in Konflikt. Angola wurde vom Westen sehr lange durch dessen Untersttzung fr die Brgerkriegspartei Unita geplagt - eine bewaffnete Aufstandsbewegung. Seit einiger Zeit ist das Land nun dabei, Wirtschaft und

Infrastruktur aufzubauen und vor allem seine Erdlressourcen zu entwickeln, die in Angola wie in den meisten Staaten am Golf von Guinea reichlich vorhanden sind. China bezieht inzwischen sehr viel Erdl aus Angola, die USA wollen dort auch ans l. Deutschland will auf jeden Fall mitspielen - wie, das ist noch nicht ganz geklrt. Dabeisein ist alles, denn im Erdlstaat Angola gibt es eine Menge Geld zu verdienen. Originell ist, dass es Berlin irgendwie gelungen ist, der angolanischen Regierung einen deutschen Regierungsberater anzudrehen - einen gewissen Erich Riedl, der einst Staatssekretr im deutschen Verteidigungsministerium war und obskure Panzerdeals mit Saudi-Arabien abgeschlossen hat. Nach diesen Deals durfte Riedl nicht mehr richtig mitdealen, hat jetzt aber eine Ruhestandsbeschftigung in Angola gefunden und organisiert dort Geschfte - nicht mehr mit Panzern, dafr mit Ertrgen aus dem Erdlgeschft. Die deutschen Profitchancen erhht auch, dass ein deutsches Unternehmen, Gauff Engineering, in Angola relativ aktiv mit Ingenieursaktivitten ist. Gauff ist, wie in vielen anderen Staaten auch, ber deutsche Entwicklungsprojekte in den Genuss der Auftrge gekommen. Gauff gehrt zu einer Gruppe von Unternehmen, die immer dann in Erscheinung treten, wenn das deutsche Entwicklungsministerium aktiv ist. Dazu gehrt natrlich Siemens, aber auch Firmen wie Lahmeyer International aus dem Rhein-Main-Gebiet oder eben Gauff finden sich darunter. In Angola hat Gauff es inzwischen so weit gebracht, dass die Firma auch die Regierung bert, und zwar in Wirtschaftsfragen, insbesondere im Hinblick auf chinesische Projekte. Diese chinesischen Projekte in Angola werden von Gauff evaluiert. Man wird sehen mssen, was bei dieser Evaluation herauskommt. Von Gauff zum Berater der angolanischen Regierung Erich Riedl ist es brigens nicht allzu weit: Als Gauff im vergangenen Jahr das fnfzigjhrige Firmenjubilum feierte, wurde ein Foto aufgenommen und mit folgender Bildunterschrift in einer Pressemitteilung verbreitet: Firmengrnder Gauff dankt seinem langjhrigen Freund und Weggefhrten Doktor Erich Riedl fr seine Laudatio. Man sieht an solchen Beispielen recht gut, wie sich ber persnliche Kumpaneien - neudeutsch: Networking - im Entwicklungsbereich Einfluss sichern lsst, und auch das ist fr die deutsche Auenpolitik in Afrika recht wichtig. Man findet hnliche Beispiele in Afrika immer wieder. Korruption wird jedoch in aller Regel nur beklagt, wenn das deutsche Networking versagt. Die TabellePartner und Strer (Originalton) stammt aus einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik vom Mrz 2009.7 Sie stellt Bedeutung afrikanischer7 http://www.swp-berlin.org/common/get_do

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Staaten fr deutsche Politik und ihre Eignung als deren Partner fest. Es wird unterschieden zwischen Staaten, die eine groe Bedeutung haben - sie werden mit fnf Punkten bewertet -, und Staaten mit einer geringen Bedeutung - sie erhalten einen Punkt. Es gibt Staaten mit einer hohen Eignung als Partner von +2, Staaten mit einer mittleren Bewertung und Staaten mit einer niedrigen Bewertung bis zu -2. Lnder mit einer relativ hohen Bedeutung sind zum Beispiel Nigeria und der Sudan. Dennoch ist der Sudan laut Stiftung Wissenschaft und Politik berhaupt nicht als Partner geeignet,

das hat sich ja auch schon in der deutschen Politik gezeigt. Auch Nigeria wird hier relativ negativ eingestuft. Wahrscheinlich wird darauf angespielt, dass die nigerianische Regierung sich nicht wirklich von auen kontrollieren lsst, jedenfalls im Moment nicht von Deutschland aus. Die Skala kennt nur einen Staat, der eine hohe Bedeutung hat und gleichzeitig als Partner sehr geeignet ist, und das ist Sdafrika. Sdafrika ist ein Land, in dem es eine lange Tradition der Kooperation mit Deutschland gibt. Es ist bis heute noch so, dass Sdafrika mit groem Abstand der wichtigste Wirtschaftspartner der Bundesrepublik in Afrika sdlich der Sahara ist. Insgesamt haben mehr als 500 deutsche Unternehmen in Joint Ventures mit insgesamt mehr als 4 Milliarden Euro investiert. Das bilaterale Handelsvolumen lag 2006 schon bei 11 Milliarden Euro und ist seitdem deutlich gestiegen, 2007 sollte es schon 12 Milliarden Euro erreichen - das ist mehr, als jeder Golfstaat erreicht. Es gibt nach wie vor eine recht enge anderweitigecument.php?asset_id=5855 . Die Tabelle findet sich auf Seite 33.

Zusammenarbeit, unter anderem eine militrische. Die Zusammenarbeit hat natrlich Tradition, die Untersttzung deutscher Unternehmen fr das Apartheid-Regime ist bekannt. Auch die Rstungskooperation ist sehr alt, schon das Apartheid-Regime wurde mit Rstungslieferungen untersttzt. Die Rstungslieferungen dauern an, denn Sdafrika gilt als wichtiger strategischer Partner. U-Boote von HDW oder Marinegerte werden nach Sdafrika verkauft. Es gibt immer wieder gemeinsame Manver. Dahinter steht das Konzept, dass man in Afrika nicht jeden Konflikt, den man militrisch lsen mchte, selbst lsen kann, denn das wrde die deutschen Krfte berstrapazieren. Also sttzt man sich in Afrika auf einheimische Krfte, unter anderem auf die Afrikanische Union, die auch von Deutschland aus ganz gezielt aufgebaut wird, um Konflikte in Afrika lsen zu knnen, natrlich am besten entsprechend deutschen Zielen. Deshalb kmmert man sich um die Mchte, die in Afrika stark sind oder werden knnten. Das ist natrlich vor allem Sdafrika, das nach wie vor wirtschaftlich und militrisch der strkste Staat in Afrika ist und als solcher auch untersttzt und aufgebaut wird, ganz gezielt - als Juniorpartner. Der zweite Staat, der aus deutscher Sicht machtpolitisch gesehen eine groe Rolle spielen knnte, ist Nigeria. Und auch das ist ein Grund, warum die deutsche Auenpolitik versucht, recht eng an Nigeria heranzukommen, weil man sagt: Nigeria kann militrisch stark werden, Nigeria kann auch wirtschaftlich stark werden, und wenn man in Afrika die Dinge in seinem eigenen Sinne regeln will, indem man auch afrikanische Staaten dafr nutzt, dann muss man sich vor allem an Sdafrika orientieren, aber auch an Nigeria. Auch Zimbabwe im sdlichen Afrika spielt eine wichtige Rolle. Es gibt immer wieder Streit um Zimbabwe, um die Regierung von Robert Mugabe, die heftig bekmpft wird. Die Studie der SWP vom Mrz 2009 sagt zum ersten Mal offen, warum Zimbabwe bekmpft wird: Zimbabwe sei im Sinne der Klassifizierung von

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Staaten als Strer oder Partner eindeutig ein Strer: Simbabwe kann als Strer gelten, weil es gegenwrtig am offensivsten als Gegner westlich-liberaler Ordnungsmodelle auftritt und versucht, sich als Vorkmpfer gegen eine vermeintliche neokoloniale Unterdrckung Afrikas zu positionieren. So etwas geht natrlich nicht - wo kmen wir hin, wenn das alle so machten! Deswegen wird also Zimbabwe als einer der grten Strer bezeichnet, wobei die deutsche Politik das Machtpotential von Zimbabwe relativ hoch einstuft; deswegen kommt die Stiftung

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Wissenschaft und Politik auch zu dem Schluss, dass Zimbabwe sich in Zukunft als Partner der deutschen Politik eignen knnte - allerdings nur mit einer anderen Regierung. Um eine solche andere Regierung kmmert sich die deutsche Politik schon seit den neunziger Jahren. Ende der neunziger Jahre hat die FriedrichEbert-Stiftung damit angefangen. Die FriedrichEbert-Stiftung, auch ein wichtiges Instrument der deutschen Auenpolitik (Roman Herzog bezeichnete einst die parteinahen Stiftungen ausdrcklich als wichtigste Instrumente der deutschen Auenpolitik) begann in Zimbabwe ganz unscheinbar damit, mit den Gewerkschaften zu koopieren sie ist ja schlielich eine sozialdemokratische Stiftung. Sie kooperierte dann mit dem Gewerkschaftskongress in dem Land, organisierte ein Treffen und stie dabei auf Morgan Tsvangirai. Im Jahr 1999 gab es ein groes Treffen, auf dem die gewerkschaftlichen Bewegungen zusammengefhrt und ein Dachverband gegrndet wurde, organisiert mit Hilfe der Friedrich-Ebert-Stiftung nach bester sozialdemokratischer Tradition. Als Chef dieses Gewerkschaftsdachverbandes wurde damals

Morgan Tsvangirai bestimmt. Die FriedrichEbert-Stiftung arbeitete dann in diesem Milieu, das sie als zivilgesellschaftlich bezeichnet, weiter; es wurde auch ein Dachverband verschiedener sogenannter zivilgesellschaftlicher Organisationen gegrndet. In diesem Dachverband mischte Tsvangirai ebenfalls mit, er gewann also sowohl im gewerkschaftlichen als auch im linksliberalen, brgerbewegten Spektrum Bedeutung. Die Friedrich-EbertStiftung lud ihn gelegentlich nach Deutschland ein; diese Zusammenarbeit gedieh so weit, dass die Friedrich-Ebert Stiftung dann beobachten konnte, wie Tsvangirai die Oppositionspartei MDC (Movement of Democratic Change) aufbaute. Tsvangirai ist bis heute die groe Symbolfigur der Opposition gegen Mugabe und wird vom Westen sehr stark untersttzt. Tsvangirai sagte kurz vor den letzten Wahlen zu, dass er im Falle seiner Wahl Banker von der deutschen Bundesbank damit beauftragen wrde, die Finanzen in Zimbabwe zu regeln. Er wurde nicht Prsident, aber die deutsche Seite untersttzt Tsvangirai trotzdem nach wie vor. Dafr lassen sich brigens Ressentiments gegen China hervorragend nutzen. Es kam in Deutschland gelegentlich zu Kundgebungen mit Mottos wie: Simbabwe braucht Frieden, keine chinesischen Gewehre. Anlass dafr war, dass es chinesische Waffenlieferungen an die zimbabwische Armee gab und die prowestliche Opposition, z.B. die Tsvangirai-Partei, dagegen demonstrierte. Das ist aufschlussreich: China nutzt in der Tat das Faktum, dass der Westen hart gegen Zimbabwe vorgeht und auch mit wirtschaftlichen Sanktionen Mugabe zu strzen sucht, um sich selbst wirtschaftlich ein Standbein in dem Land zu verschaffen und die eigene Stellung im sdlichen Afrika zu strken. Insofern ist das genannte Kundgebungs-Motto nicht nur gegen chinesische Waffenlieferungen an Zimbabwe, sondern gegen China insgesamt gerichtet. Kurz noch zu Somalia und thiopien. Das deutsche Hauptinteresse an Somalia liegt gar nicht im Land selbst, sondern praktisch an seinen Ksten. Es ist so, dass ein Groteil des deutschen Ostasienhandels an den Seewegen vor Somalia entlang abgewickelt wird. Der krzeste und beste Weg aus China, Japan oder auch Indien nach Europa ist der Weg durch die Meerenge bei Djibuti, dann durchs Rote Meer und den Suez-Kanal ins Mittelmeer. Fhre man am sdlichen Afrika vorbei, wrde man pro Schiffsladung mehrere hunderttausend Euro verlieren. Deswegen sind die Seewege am Horn von Afrika sehr wichtig, unter anderem fr den boomenden deutschen Ostasienhandel. Es kommt also darauf an, die Kste zu kontrollieren

- daher die Piratenbekmpfung. brigens - das Auswrtige Amt hat inzwischen eine KinderWebsite eingerichtet - www.kinder.diplo.de -, auf der Kindern vermittelt wird, wie denn die deutsche Auenpolitik auszusehen hat. Ein Beispiel: Auf der Website findet man ein Bild, das einen Playmobil-Piraten zeigt. Mit dessen Hilfe sucht das Auswrtige Amt unbedarften Kindern die eigene staatliche Politik als das einzig richtige Mittel nahezubringen - Propaganda bereits fr die Kleinsten. Die Thematik hat auch fr die deutsche thiopienpolitik Bedeutung. thiopien ist ein wirklich skandalses Kapitel der deutschen Afrikapolitik. Dort gibt es massive Unruhen, die Regierung reagiert mit extremen Repressionen, vor allem nach den Wahlen 2005, die anders ausfielen als gedacht. Die Menschen wurden zu Zehntausenden in Lager gesperrt, teilweise in Malaria-Gebieten, was thiopien auch im Westen heftige Kritik einbrachte - allerdings kaum in Deutschland. Denn Deutschland kooperiert sehr eng mit thiopien, unter anderem mit dem Ziel, die Kontrolle in Ostafrika zu behalten. thiopien ist dafr recht hilfreich, denn thiopien hat eine relativ starke Armee und ist bereit, mit ihr in Somalia einzumarschieren, um dort die Dinge zu regeln - in Absprache mit dem Westen. Unter anderem zu diesem Zweck kooperiert Deutschland mit thiopien. Vielleicht das schlimmste Drama in den letzten Jahren in Afrika ist die Situation in der Demokratischen Republik Kongo und in Ruanda, und beides lsst sich nicht voneinander trennen. Wenn man sich die Entwicklung in dem Gebiet anschaut, dann gibt es ein paar Grundkoordinaten. Zum einen wurde Anfang der 1990er Jahre Mobutu, der Prsident Zaires (wie die Demokratische Republik Kongo damals noch hie), der lange als Partner im Kalten Krieg gebraucht wurde, unliebsam. Der Westen suchte damals nach jemandem, mit dessen Hilfe er Mobutu loswerden konnte. Zum anderen gab es in Ruanda Krieg zwischen der Hutu-Regierung und der aufstndischen Tutsi-Armee. Diese Tutsi-Armee kam aus dem Exil in Uganda, war englischsprachig und hatte auch eine Anbindung an die USA. Paul Kagame, damals Chef dieser Miliz, hatte seine militrische Ausbildung in Fort Leavenworth (USA) erhalten. Diese Miliz von Paul Kagame hatte aber auch Berhrungspunkte zu Deutschland - nicht zufllig, denn Paul Kagame ist ein Nachkomme des alten ruandischen Feudaladels, der eng mit den deutschen Kolonialherren kooperiert hat.8 De facto schtzten die Deutschen schon 1907 die Clans um Kagames Vorfahren vor einer Tutsi-Revolution.8 Helmut Strizek: Geschenkte Kolonien. Ruanda und Burundi unter deutscher Herr schaft, Berlin 2006.

Anknpfend an diese alten Linien gab es dann vor allem ab 1993 eine erneute Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit den Tutsi und Kagame. Der Grund war, dass zu dieser Zeit die USA - und in ihrem Gefolge auch Deutschland beschlossen hatten, Verbndete in Afrika zu suchen, statt selbst Soldaten zu schicken. Man hatte ja in Somalia gesehen, dass es schief gehen kann, dass es Tote gibt, wenn man dort interveniert; die USA und dann auch Deutschland zogen ihre Truppen zurck, sie argumentierten fr einheimische Stellvertreter. Unter anderem wurden diese gegen den Sudan bentigt, gegen die islamistische Regierung in Khartum, auf der anderen Seite aber auch, um Mobutu loszuwerden. Mit Kagame konnte man beides machen. Man sieht heute, dass Ruanda im Sudan den grten Teil der dortigen afrikanischen Truppen stellt. In Ruanda kamen nach dem frchterlichen Genozid der Hutu an den Tutsi im Jahre 1994 die TutsiRebellen an die Macht, woraufhin Ruanda im Kongo einmarschierte und Mobutu von der Regierung vertrieb. Tatsache ist, dass seit dieser Zeit die deutsche Politik in Ruanda mit den Tutsi um Paul Kagame kooperiert. Das hat Auswirkungen zum einen fr Ruanda selbst: Die Tutsi errichteten in Ruanda eine sehr repressive Herrschaft, die mit Demokratie nicht viel am Hut hat; es gibt da 99%-Ergebnisse bei Wahlen, und die ruandische Regierung wird auch innerhalb Afrikas recht scharf kritisiert. Sie hat dennoch eine gewisse Sicherheit dadurch, dass sie vom Westen gesttzt wird. Die ruandische Tutsi-Regierung hatte daneben fr den Ostkongo fatale Folgen, vor allem fr die Provinz Nord-Kivu. Nord-Kivu hat eine Besonderheit: Es ist eines der rohstoffreichsten Gebiete in Zentralafrika. Nord-Kivu grenzt direkt an Ruanda, das wiederum berhaupt keine Rohstoffe hat. In Ruanda gab es deswegen immer wieder Plne, in Nord-Kivu einzumarschieren und sich dort die Rohstoffe zu holen. Zum ersten Mal geschah dies, als die Regierung Ruandas mit westlicher Untersttzung Mobutu vertreiben sollte - sie setzte sich im Ostkongo fest. Zum zweiten Mal geschah es, als Kabila dann an der Macht war und klarstellte, die Demokratische Republik Kongo werde die ruandische de factoKontrolle ber Nord-Kivu nicht dulden; 1999 marschierten ruandische Militrs dann in Nordkivu ein und brachten die dortigen Rohstoffe unter ihre Kontrolle. ber Milizionre wie den inzwischen auch im Westen bekannten Warlord Laurent Nkunda sicherte sich Ruanda bis vor kurzem Zugriff auf die kongolesischen Rohstoffe. Und weil Ruanda ein Verbndeter Deutschlands

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ist, schritt Berlin nicht ein. Bestes Beispiel: Als die EU im Jahr 2006 in der Demokratischen Republik Kongo intervenierte, wurde die Provinz Nord-Kivu von der Intervention ausgespart; EU-Soldaten durften dort nicht ttig werden. Wren sie dort eingeschritten, dann wren sie womglich mit ruandischen Machenschaften oder den proruandischen Warlords wie Laurent Nkunda aneinander geraten und htten die Einflussnahme Ruandas gestrt. Der Krieg im Ostkongo hat bis heute mehr als fnf Millionen Menschen das Leben gekostet und ist damit einer der blutigsten, wenn nicht sogar der blutigste Krieg nach 1945. Ein Beispiel dafr, wie Berlin Ruanda sttzt, sind neue sogenannte Zertifizierungsverfahren. Diese Verfahren, die von der deutschen Entwicklungspolitik gefrdert werden, sollen dafr sorgen, die Herkunft von Rohstoffen zu bestimmen. Geologisch ist dies mglich. Man kann dann alle Rohstoffe mit einem Stempel versehen, auf dem dann steht: Dieser Rohstoff kommt aus der Demokratischen Republik Kongo oder Dieser Rohstoff kommt aus Ruanda. Der Hintergedanke bei den Zertifizierungsverfahren ist: Wenn man die Herkunft der Rohstoffe ganz eindeutig markieren kann, dann kann man vielleicht den Konflikt um die Rohstoffe ein bisschen entschrfen, weil die Feststellung der Herkunft jeden Schmuggel auffliegen lsst. Nun wurden vom deutschen Entwicklungsministerium tatschlich solche Zertifizierungsverfahren in Zentralafrika in die Wege geleitet, und es wird krftig zertifiziert eigenartigerweise aber in Ruanda, nicht in der Demokratischen Republik Kongo. Ruanda exportiert jhrlich mehr Rohstoffe, als es nach Auskunft von Geologen jemals in seinem Boden gehabt haben kann, und diese eigentmliche Praxis wird mit deutschen Zertifizierungsverfahren nun noch zementiert. Alles in allem lassen sich ein paar Punkte festhalten. Fr die deutsche Afrikapolitik, die von staatlichen Institutionen ber Wirtschaftsunternehmen bis zu sogenannten NGOs zahlreiche unterschiedliche Mittel nutzt, sind die afrikanischen Rohstoffe zum Teil durchaus von Bedeutung. Einen Schwerpunkt bilden etwa die Staaten am Golf von Guinea, deren Erdgas das Interesse der deutschen Energiekonzerne weckt. Daneben zielt Berlin darauf ab, seine Beziehungen zu Staaten zu verbessern, denen zugetraut wird, eine Vormachtrolle in Afrika zu bernehmen; Sdafrika, aber in geringerem Mae auch Nigeria und thiopien werden als Juniorpartner aufgebaut. Dabei rivalisieren vor allem Deutschland und Frankreich Berlin behauptet, Paris wolle die EU fr seine Afrikapolitik einspannen, was nicht falsch ist,

aber in der deutschen Argumentation nur verdeckt, dass die Bundesrepublik dieselbe EU fr deutsche Zwecke nutzen will, auch in Afrika. Eher konform geht die deutsche Afrikapolitik mit den Manahmen Washingtons auf dem Kontinent. Der groe Rivale jedoch ist eindeutig die Volksrepublik China. Die Konflikte um Sudan und Zimbabwe etwa sind in nicht geringem Mae erste Stellvertreterkonflikte zwischen dem Westen und der Volksrepublik - wobei der Konflikt jeweils nicht von Beijing, sondern vom Westen losgetreten wurde.

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thiopien - Auf dem Weg zum VorpostenGerman Foreign Policy 21.05.2010

Machtpolitisch ohne AlternativeADDIS ABEBA/BERLIN (Eigener Bericht) Vor den Wahlen in thiopien an diesem Sonntag erheben Menschenrechtsorganisationen schwere Vorwrfe gegen das dortige, von Berlin gesttzte Regime. Die Regierung in Addis Abeba greife im Vorfeld der Wahlen verstrkt politische Gegner, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten an, heit es in Berichten. Schwere Repressalien bis hin zu Mord htten demnach in den vergangenen Monaten zahlreiche Oppositionelle ins Exil gedrngt. Es gehe darum, den Wahlsieg von Ministerprsident Meles Zenawi zu sichern. Die Vorwrfe gegen das Regime in Addis Abeba treffen auch die Bundesrepublik, die zu Meles strksten Untersttzern zhlt. Mit einer entwicklungspolitischen Grooffensive hat die Bundesregierung vor einigen Jahren begonnen, ihren Einfluss in thiopien deutlich auszubauen. Dem Land wird wegen seiner Lage am Horn von Afrika groe geostrategische Bedeutung zugeschrieben; US-Experten stufen es als einen von vier Eckpfeilern der westlichen Politik in Afrika ein. Im Jahr 2005 sah die Bundesregierung umstandslos darber hinweg, dass das thiopische Regime offenkundig die Wahlen flschte und die Repressionskrfte anschlieend beinahe 200 Protestdemonstranten erschossen. Auch in diesem Jahr sei Gewalt nicht auszuschlieen, warnen Beobachter. von Entwicklungsprogrammen erhlt, zur Disziplinierung der Opposition genutzt werden, ist nicht bekannt. Unabhngig davon fordert Human Rights Watch, thiopiens auslndische Geldgeber sollten das Klima der Angst in thiopien verurteilen sowie ihren erheblichen finanziellen Einfluss nutzen, um Addis Abeba zuknftig von Schikanen gegen die Opposition abzuhalten. Hauptfinanziers Zu den mageblichen Finanziers des Regimes in Addis Abeba gehren Berlin und die EU. Wie das Bundesministerium fr wirtschaftliche Zusammenarbeit mitteilt, hat die Bundesregierung thiopien fr den Dreijahreszeitraum von 2009 bis 2011 Entwicklungsmittel im Umfang von 96 Millionen Euro zugesagt. Hinzu kommen Gelder der EU. Von den 644 Millionen Euro, die Addis Abeba 2008 bis 2013 aus Brssel erhlt, stammen 20,5 Prozent ebenfalls aus Deutschland. Im Jahr 2008 zahlten die EU und die einzelnen Mitgliedstaaten Addis Abeba zusammen rund 870 Millionen Euro. Damit ist thiopien der grte Empfnger europischer Entwicklungshilfe in Subsahara-Afrika. Vor allem die Bundesrepublik ist auch mit Personal uerst stark vertreten. Im Jahr 2005 hat Berlin begonnen, Hunderte Fachleute nach thiopien zu entsenden, um den Aufbau der Wirtschaft voranzutreiben.[3] Ohne die deutschen Experten knnte das Regime in Addis Abeba mutmalich eine ganze Reihe von Aufbauprogrammen nicht betreiben. Entsprechend verfgt die Bundesregierung ber betrchtlichen Einfluss.

Ein Klima der Angst

Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwrfe gegen die thiopische Regierung. Wie etwa Human Rights Watch schreibt, greift das Regime schon seit einiger Zeit verstrkt politische Gegner, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten an.[1] Vom Mord an einem Oppositionellen wird berichtet, Amnesty International verweist auf politische Gefangene, darunter die Anfhrerin einer bedeutenden Oppositionspartei. Die Repressionsmanahmen htten viele Aktivisten der Zivilgesellschaft und Journalisten in den letzten Monaten veranlasst, das Land zu verlassen, hie es schon im Mrz bei Human Rights Watch. [2] Die Regierung habe ihre fast totale Kontrolle ber die lokalen Behrden genutzt, um Anhnger der Opposition zu diskriminieren; ihnen wrden etwa landwirtschaftliche Untersttzung und Mikrokredite gezielt vorenthalten. Ob auch Agrarhilfen aus Deutschland, die thiopien im Rahmen

Primat der Geopolitik

Die Bundesregierung baut ihre EntwicklungsZusammenarbeit mit thiopien, die Ende der 1990er Jahre wegen des thiopisch-eritreischen Krieges eingeschrnkt worden war, seit dem Jahr 2001 systematisch aus. Hintergrund ist die geostrategische Bedeutung des Landes. thiopien, der grte und bevlkerungsreichste Staat am Horn von Afrika, gilt seit je als afrikanischer Vorposten gegenber der arabisch-islamischen Welt. Seit dem Beginn des sogenannten Anti-TerrorKrieges spielt es damit fr den Westen eine herausgehobene Rolle. Experten sprechen bei der Begrndung der engen Kooperation des Westens mit thiopien vom Primat der Geopolitik; ein 17

hochrangiger Mitarbeiter des US-Auenministeriums hat das Land im Jahr 2006 als einen von vier Ecksteinen der westlichen Politik in Afrika bezeichnet.[4] Das Regime Meles Zenawi stellt sich dem Westen unter anderem fr die Durchsetzung von dessen Interessen in Somalia zur Verfgung, was einige Bedeutung fr die Bundesrepublik besitzt: Vor Somalia verlaufen fr den deutschen Export und Rohstofflieferungen lebenswichtige Seehandelsstraen.[5] Die Kooperation mit thiopien ist durchaus angelegt. In vollem Bewusstsein Dabei konnte in Berlin und Brssel schon im Jahr 2001, als die Entwicklungsmittel fr thiopien wieder erhht wurden, keinerlei Zweifel ber den repressiven Charakter des Regimes bestehen. Im April 2001 tteten die thiopischen Repressionskrfte bei Studentenprotesten in Addis Abeba mehr als 30 Menschen. Im Mrz 2002 kamen bei Zusammensten mit den Repressionskrften mehr als 100 Personen ums Leben.[6] Im Mai 2002 erschossen rtliche Sicherheitskrfte mehrere Dutzend Demonstranten, die friedlich gegen eine administrative Gebiets-Neugliederung protestiert hatten. Die Bundesregierung, die damals von SPD und Bndnis 90/Die Grnen gebildet wurde, lie sich durch diese Vorflle nicht von weiterer Kooperation abhalten. Eine beim Militrgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr verffentlichte Analyse nennt als Ursache die von weiten Teilen der diplomatischen Community geteilte Auffassung, dass das Meles-Regime machtpolitisch auf lange Sicht ohne Alternative sei.[7] Diese Einschtzung hat offenbar auch die deutschen Reaktionen auf das brutale Vorgehen der thiopischen Repressionskrfte nach den offenkundig geflschten Wahlen 2005 bestimmt. Damals kam es zu Massenprotesten gegen das Regime, das hart zurckschlug: Beinahe 200 Demonstranten wurden umgebracht, Tausende - manchen Angaben zufolge Zehntausende - Regimegegner wurden in Lager gepfercht. Whrend die thiopischen Behrden gegen Oppositionelle vorgingen, begrte der Bundesprsident den thiopischen Ministerprsidenten Meles in Deutschland [8], Berlin setzte die Entsendung von Fachpersonal zum Aufbau der thiopischen Wirtschaft unverndert fort; unter anderem konnte man sich bei einer deutschen Entwicklungsorganisation auf einen Beraterposten beim thiopischen Parlamentssprecher bewerben.[9] 18 Lediglich die Leiterin der EU-Delegation, die zur

Wahlbeobachtung nach thiopien geschickt worden war, beklagte Wahlflschung und Gewalt ffentlich und hielt fest: Die europischen Regierungen handeln weiterhin so, als unterhalte man business as usual mit Herrn Meles.[10] Fr das Publikum Zahlreiche Beobachter blicken mit Sorge auf die Wahlen an diesem Sonntag. Mutmaungen ber Flschungen werden laut. Manche thiopienKenner meinen, mit greren Unruhen sei diesmal nicht zu rechnen, weil sich zu viele Oppositionelle im Gefngnis oder im Exil befnden. Andere schlieen erneute Massenproteste nicht aus. Sollte es wie schon 2005 wieder zu schwerer Gewalt der Repressionskrfte gegen Demonstranten kommen, ist in Berlin mit hnlichen Reaktionen wie damals zu rechnen: mit mahnenden Worten ber den unvergnglichen Wert von Demokratie und Menschenrechten, die weniger an das thiopische Regime als vielmehr an das deutsche Publikum gerichtet sind, und mit einer fortdauernden Untersttzung fr den machtpolitisch alternativlosen Herrscher in Addis Abeba. [1], [2] thiopien: Unterdrckung steigt vor den Wahlen im Mai; www.hrw.org 24.03.2010 [3] s. dazu Schlsselpositionen und Regionale Hegemonialmacht [4] Stefan Brne: Testfall thiopien: Die neue Afrikastrategie der Europischen Union; www. mgfa-potsdam.de [5] s. dazu Interessen der Supermchte und Ordnungsmchte [6], [7] Stefan Brne: Testfall thiopien: Die neue Afrikastrategie der Europischen Union; www.mgfa-potsdam.de [8] s. dazu Unveruerliche Rechte [9] Sie (...) entwickeln Instrumente zum internationalen Erfahrungsaustausch (Kontakte zu Parlamentariern anderer fderaler Staaten), wobei von Ihnen auch eine enge Koordination und Zusammenarbeit mit dem deutschen TZ-Vorhaben Kapazittsaufbau im Regierungs- und Verwaltungswesen (erwartet wird), hie es in der Stellenausschreibung. S. auch Berater [10] Urgent Appeal - Call on EU Governments and the Commission to act; www.mediaethiopia. com

Business as usual

Golf von Guinea - Kampf um l und GasGerman Foreign Policy 18.08.2008

Zentraler ZukunftsmarktESSEN/MALABO/ABUJA (Eigener Bericht) Die deutschen Energiekonzerne intensivieren ihren Zugriff auf die globalen Erdgasreserven und erreichen die Ksten Westafrikas. Wie ein Vorstandsmitglied der Essener Eon Ruhrgas AG besttigt, steigt das Unternehmen in die Flssiggasproduktion in quatorialguinea und Nigeria ein. Flssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) wird per Schiff transportiert; seine Herstellung wird mit Hochdruck gefrdert, um die Abhngigkeit von russischen Pipelinelieferungen zu vermindern. Das in Europa kaum bekannte quatorialguinea, ein autoritr gefhrter Staat, und Nigeria besitzen umfangreiche Vorrte und werden von der internationalen Konkurrenz stark umworben. Dabei gilt vor allem Nigeria als riskantes Einsatzgebiet: Frderanlagen westlicher Konzerne werden von Aufstndischen bedroht, schon jetzt kommt es immer wieder zur Entfhrung westlichen Firmenpersonals. Der Rohstoffausbeutung folgt die Bundeswehr. Die deutsche Kriegsmarine hat bereits an Manvern vor der nigerianischen Kste teilgenommen. Erklrtes Ziel: Eingriffe zum Schutz von Energiekonzernen. Erdgas.[2] Westafrika sei in Zukunft vielleicht einer der wichtigsten LNG-Mrkte, lie Eon Ruhrgas bereits Ende 2007 verlauten.[3]

Abhngigkeit verringern

Erhebliche Reserven

Mit verschiedenen Flssiggasprojekten ist Eon Ruhrgas in diesem Jahr der Einstieg in die Frderung der westafrikanischen Energieressourcen gelungen. Bislang bezog das Unternehmen Erdgas aus Russland und aus Westeuropa und hatte seine Aktivitten auerdem nach Nordafrika und in den Mittleren Osten ausgedehnt. Dem Einstieg in Westafrika kommt hohe Bedeutung zu, da der dortige Golf von Guinea erhebliche Reserven birgt. Interessiert sind vor allem die USA, die im vergangenen Jahr rund 15 Prozent ihrer Erdlimporte von dort bezogen - dieselbe Menge wie aus Saudi-Arabien. Auch die Volksrepublik China hat ihre Prsenz inzwischen deutlich verstrkt und sich wichtige Anteile am westafrikanischen l gesichert. Eon Ruhrgas ist seit Februar an einem integrierten Flssiggas-Projekt (LNG) in quatorialguinea beteiligt und hlt damit nach eigener Einschtzung eine prominente Ausgangsposition bei der Vermarktung der produzierten Mengen.[1] Auerdem kooperiert die Tochter des Dsseldorfer Eon-Konzerns mit Unternehmen in Nigeria; Ziel ist auch hier die Verflssigung von

Der Einfuhr von Flssiggas widmet die EU derzeit groe Aufmerksamkeit. LNG wird per Schiff transportiert und kann daher auch aus Lndern bezogen werden, aus denen keine Pipelines nach Europa fhren. Inzwischen sei es problemlos fr nahezu alle Regionen der Welt wirtschaftlich und wettbewerbsfhig herstellbar, berichtet Eon Ruhrgas.[4] LNG weitet damit das Spektrum mglicher Erdgaslieferanten deutlich aus. Mit seiner Hilfe sei es mglich, die Abhngigkeit von russischem Erdgas zu verringern, heit es in Brssel und Berlin. Der LNG-Anteil am Erdgasaufkommen der EU-Lnder soll von heute zehn Prozent auf mindestens 18 Prozent im Jahr 2020 steigen. Eon Ruhrgas treibt dies entschieden voran, hat vor kurzem in Algerien eine Reprsentanz erffnet, um die LNG-Kooperation mit dem nordafrikanischen Land auszuweiten [5], und will zudem LNG aus Qatar am Persischen Golf beziehen [6]. LNG ist einer der zentralen Zukunftsmrkte fr uns, erklrte der Ruhrgas-Vorstandsvorsitzende Bernhard Reutersberg auf der Jahrespressekonferenz des Unternehmens Ende Mai.[7]

Drittgrter lproduzent

Der Einstieg von Eon Ruhrgas in quatorialguinea geht mit einem Ausbau deutscher Geschfte dort einher. Das in Europa kaum bekannte Land hat sich seit den ersten lfunden in den 1990er Jahren zum drittgrten lproduzenten Afrikas sdlich der Sahara entwickelt (nach Nigeria und Angola). Mit den Staatserlsen aus der Rohstoffbranche werden voluminse Investitionen gettigt [8], deren Umfang auch bei deutschen Firmen Interesse weckt. Erst Ende Juli hielt sich zum dritten Mal seit 2003 eine deutsche Unternehmerdelegation in quatorialguinea auf, mit Untersttzung des Bundeswirtschaftsministeriums und inklusive einer Audienz beim Staatsprsidenten Teodoro Obiang. Das war wichtig, da Teodoro Obiang mehr oder weniger autokratisch herrscht; Menschenrechtsorganisationen stellen seiner Regierungsfhrung ein miserables Zeugnis aus. Die Zusammenarbeit mit quatorialguinea splt gu- 19

tes Geld in deutsche Kassen und verheit eine lukrative Zukunft, falls das Land sein strategisches Ziel erreicht: Bis 2020 will es mit Hilfe der Erdlund Erdgaserlse vom Armutsstaat zum Schwellenland aufsteigen.

deutschen Baukonzern Bilfinger Berger.[10]

Aufstandsbekmpfung

Energiepartnerschaft

In Nigeria profitiert Eon Ruhrgas von massiver Untersttzung der Bundesregierung. Der aktuelle Einstieg in die nigerianische Erdgasproduktion folgt Absprachen, die Auenminister Steinmeier im August 2007 bei einem Besuch in Abuja traf ber deutsche Aktivitten in der Energiebranche des Landes. Zwei Monate spter reiste der Staatssekretr im Auswrtigen Amt Georg Boomgarden in Begleitung deutscher Manager nach Nigeria; die Kooperation, die unter dem Schlagwort Energiepartnerschaft firmiert, dauert seitdem - unter Beteiligung der Eon Ruhrgas AG - unvermindert an. So trafen etwa im April Regierungsvertreter beider Lnder im Auswrtigen Amt mit Abgesandten deutscher Konzerne zusammen und kamen berein, knftig regelmig Kooperationsvereinbarungen abzuschlieen. Deutsche Energieversorger werden demnach umfassend in die Erdgasproduktion Nigerias einbezogen, ebenso in den Auf- und Ausbau der Energieinfrastruktur. In der Erdgasbranche gibt es in Nigeria noch einiges zu holen, da Abuja sich bislang auf die Frderung von Erdl konzentrierte und Erdgas meist abgefackelt wurde. Inzwischen ist nicht nur die Verflssigung des Rohstoffs geplant, sondern auch der Bau einer Gaspipeline durch die Sahara, die ber Niger und Algerien nach Europa gefhrt werden soll. In Algerien knnte die Energieressource in Anlagen der Eon Ruhrgas AG mnden. [9] Nicht auszuschlieen ist, dass Eon Ruhrgas in Nigeria auch weitergehende Untersttzung durch Berlin bentigen wird. Vor allem im Niger-Delta sind Aufstandsbewegungen aktiv, die sich gegen die uerst ungleiche Verteilung der nigerianischen Rohstofferlse und die Extraprofite westlicher Energiekonzerne wenden. Nicht selten kommt es zur Entfhrung westlichen Firmenpersonals, das dann, blicherweise gegen die Zahlung von Lsegeld, aufwendig befreit werden muss - unter tatkrftiger Untersttzung staatlicher Stellen. Erst am vergangenen Freitag konnte das Auswrtige Amt erneut die Freilassung zweier Deutscher vermelden, die zuvor im Niger-Delta verschleppt worden waren. Die beiden arbeiteten 20 dort, wie andere Entfhrungsopfer auch, fr den

Entfhrungsopfer

Selbst fr den Fall, dass die nigerianischen Aufstandsbewegungen ihre Ttigkeit ausweiten und von der Entfhrung Einzelner zu groangelegten Attacken bergehen sollten, hat die Bundesregierung inzwischen Vorsorge getroffen. Kriegsschiffe der Bundesmarine haben bereits Einstze vor der nigerianischen Kste gebt, etwa im Rahmen einer Afrika-Umrundung durch NATO-Einheiten, in deren Verlauf Operationen im Golf von Guinea durchgefhrt wurden - unweit des Niger-Deltas. [11] Kurz zuvor hatte der NATO-Direktor fr politische Planung, Jamie Shea, mitgeteilt: In der Nato denken wir sehr aktiv darber nach, wie wir unsere Marinekrfte mit lkonzernen verbinden knnen. Man stehe bereits in Verhandlungen mit einzelnen Unternehmen sowie mit den Frderlndern Nigeria und Qatar, hie es damals. In beiden Staaten steigt Eon Ruhrgas in die Gasproduktion ein. Die Militrplne zum Schutze der westlichen Ressourcenfrderung gehen mit Marineeinstzen zur Sicherung des Schiffshandels einher (german-foreign-policy.com berichtete [12]). Beides gewhrleistet die Versorgungskette von den Rohstoffquellen der Armutsstaaten Afrikas und Asiens bis in die westlichen Wohlstandsgebiete und trgt zur Verteidigung des transatlantischen Reichtums bei. [1] E.ON Ruhrgas gelingt Einstieg in erstes integriertes LNG-Projekt; Pressemitteilung von Eon Ruhrgas 21.02.2008 [2] Eon Ruhrgas vor dem Einstieg in Nigeria; Handelsblatt 22.01.2008 [3] E.ON will bei Erdgas mit Nigeria ins Geschft kommen; dpa 23.11.2007 [4] Einleitende Ausfhrungen von Dr. Jochen Weise, Mitglied des Vorstandes der E.ON Ruhrgas AG, anlsslich des LNG-Pressegesprches am 5. August 2008 in Essen [5] s. dazu Kriegsgert fr l [6] s. dazu Der nchste Schritt [7] Einleitende Ausfhrungen von Dr. Bernhard Reutersberg, Vorsitzender des Vorstandes der E.ON Ruhrgas AG, anlsslich der Jahrespressekonferenz der E.ON Ruhrgas AG am 27. Mai 2008 in Essen [8] s. auch Erdl-Golf und Unverdchtig [9] s. dazu Zweite Sule und Kriegsgert fr l [10] s. dazu Aufmerksam verfolgen [11] s. dazu Rund um Afrika [12] s. dazu Seekrieger (I), Seekrieger (II), Expeditionary Navy und Seemacht (I)

Sdafrika - Juniorpartner deutscher InteressenGerman Foreign Policy 08.06.2010

Juniorpartner Sdafrika - Teil 1PRETORIA/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit Blick auf die deutsch-sdafrikanische Kooperation bei der Vorbereitung der bevorstehenden Fuball-WM analysieren Berliner Regierungsberater den Nutzen Sdafrikas fr die deutsche Auenpolitik. Wie es in einer krzlich verffentlichten Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heit, habe Sdafrika zweifellos das Potential, die Hegemonie ber Afrika sdlich der Sahara auszuben. Auerdem verfge die Bundesrepublik in dem Land ber erheblichen Einfluss. Die beiden Faktoren zusammen erffneten die Mglichkeit, Pretoria als Ordnungsmacht in Afrika zu nutzen, um die dortigen Verhltnisse im Sinne deutscher Interessen zu beeinflussen. Etwas Vorsicht sei jedoch angebracht, denn schon jetzt werde in Afrika hufig die Meinung geteilt, Sdafrika nehme stellvertretend die Interessen des Westens auf dem Kontinent wahr. Die SWP rt, den zunehmenden Bestrebungen Sdafrikas entgegenzuwirken, sich mit anderen Staaten des Sdens zusammenzuschlieen und seine Kooperation mit der EU und den USA demgegenber zurckzustellen. Als geeignete Mittel dazu gelten der Ausbau der bereits jetzt recht engen Militrkooperation sowie gemeinsame kriegerische Ordnungsmanahmen in Afrika. komme die Omniprsenz sdafrikanischer Produkte in afrikanischen Supermrkten, aber auch die weite Verbreitung privater sdafrikanischer Fernsehsender. Im militrischen Bereich liege das Land sdlich der Sahara ebenfalls vorne: Es unterhalte dort zwar nicht die zahlenmig grte, aber die am besten ausgerstete und ausgebildete Armee.

Standortvorteile

Hegemoniales Potenzial

Wie die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer krzlich verffentlichten Studie urteilt, habe Sdafrika zweifellos das Potential, Hegemonie ber das sdliche Afrika, wenn nicht ber ganz Afrika sdlich der Sahara auszuben. [1] Sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) mache mehr als ein Fnftel des gesamten afrikanischen BIP aus, mehr als ein Drittel des gesamten Subsahara-BIP und sogar mehr als zwei Drittel des BIP im sdlichen Afrika. Sdafrika verfge ber die am strksten diversifizierte und industrialisierte Volkswirtschaft in ganz Afrika und besitze die wohl breiteste Palette strategisch bedeutsamer Ressourcen, etwa Platin (88 Prozent der Weltreserven), Mangan (80 Prozent) und Chrom (72 Prozent). Sdafrikanische Unternehmer htten in den letzten Jahren massiv in anderen afrikanischen Lndern investiert, dort zum Teil marktbeherrschende Stellungen erlangt und sich den Zugang zu wichtigen Ressourcen gesichert. Hinzu

Die kontinentale Fhrungsmacht Sdafrika ist ihrerseits der SWP zufolge fr Deutschland das mit Abstand wichtigste Land in Afrika sdlich der Sahara. Mit einem Handelsvolumen von rund 12,6 Milliarden Euro im Jahr 2008 liegt Sdafrika auf dem ersten Platz unter den Handelspartnern der Bundesrepublik in Afrika; zudem ist es bedeutendstes Zielland deutscher Direktinvestitionen auf dem Kontinent (Bestand Ende 2007: 4,7 Milliarden Euro). Darber hinaus betrachte die deutsche Wirtschaft die Kaprepublik als Eintrittstor in andere afrikanische Mrkte, berichtet die SWP. In dem Land geniee Deutschland seinerseits einige Standortvorteile. So werde die starke Prsenz deutscher Firmen - ungefhr 600 Unternehmen beschftigen mehr als 90.000 Personen - von der Bevlkerung berwiegend positiv wahrgenommen, die Entwicklungszusammenarbeit sei in den letzten Jahren massiv ausgebaut worden. Schlielich gebe es eine enge Kooperation in militrischen und rstungspolitischen Angelegenheiten. Die deutsch-sdafrikanische Kooperation war in der Tat bereits zu Apartheid-Zeiten eng; sie ist solide verankert und strategisch angelegt.

Kontinentale Ordnungsmacht

Berlin sucht Sdafrika entsprechend als Ordnungsmacht einzuspannen. Deutschland hat groes Interesse daran, dass Sdafrika eine Rolle als regionale und kontinentale Vormacht spielt, urteilt die SWP. Als gelungene Beispiele nennt die Studie die von Pretoria vermittelten Friedensschlsse in Burundi (2000) und der Demokratischen Republik Kongo (2002), vermerkt allerdings, dass das Land den europisch-amerikanischen Forderungen nicht immer Folge leistet. So schritt die sdafrikanische Regierung in Zimbabwe nicht wie gewnscht gegen Prsident Ro- 21

bert Mugabe ein.[2] Auerdem kritisiert die SWP, Sdafrika setze mehr auf weiche statt auf harte Macht. Die zweite bedeutende Macht in Afrika sdlich der Sahara, Nigeria, verlasse sich dagegen weitgehend auf den Einsatz harter Machtmittel, etwa auf das Militr. Aus dem Ansehen und den Erfolgen dieser Politik Nigerias, heit es in der Studie, resultiert die Forderung an die sdafrikanische Afrikapolitik, nigerianischer zu werden. Die Rolle des wohlwollenden Hegemons, der aus seinem Fhrungsanspruch keinen Hehl macht, bei dessen Einlsung vorrangig auf freiwillige Gefolgschaft setzt, aber auch nicht zgert, diese wenn ntig zu erzwingen, wird immer nachdrcklicher aus den verschiedenen Kreisen auenpolitischer Experten eingefordert, berichtet die SWP.

afrika. Aufgrund des zunehmenden deutschen Interesses an einer Stabilisierung Afrikas sdlich der Sahara sowie der wachsenden Bereitschaft, sich dafr auch militrisch zu engagieren, drnge sich eine engere Kooperation mi der Regionalmacht Sdafrika in der Sicherheitspolitik geradezu auf, schreibt die SWP: Sicherheitspolitische Fragen, vor allem die Bewltigung von Gewaltkonflikten, die Stabilisierung fragiler Staaten und die Bekmpfung organisierter Kriminalitt, eigneten sich auch zur Strukturierung der Partnerbeziehungen zu Sdafrika in dessen Rolle als Mittelmacht. Tatschlich sind gemeinsame deutsch-sdafrikanische Kriege in Afrika geeignet, Pretorias missliebige Sd-Sd-Allianzen zu beschdigen und das Land nach Norden auszurichten.

Die Frage der Positionierung

Auch auerhalb des afrikanischen Kontinents bemht sich Berlin, Sdafrika als Parteignger seiner Politik zu nutzen. Sdafrika sei eine klassische Mittelmacht, urteilt die SWP: Bei Mittelmchten sei es eine der zentralen Fragen, wie sie sich gegenber Gro- und Supermchten positioniert. Eine Mittelmacht knne versuchen, die Gromchte gemeinsam mit anderen auszubalancieren; sie knne sich ihnen jedoch auch unterordnen. Letzteres befrwortet Berlin: Das deutsche Interesse sei erheblich, Sdafrika als Partner fr die Mitgestaltung globaler Ordnungspolitik zu gewinnen. Wie die SWP mit Bedauern vermerkt, tendiert Sdafrika allerdings im Moment eher dazu, mit anderen Staaten des Sdens zu kooperieren. Auf globaler Ebene, heit es in der Studie daher, gilt es der Prferenz sdafrikanischer Diplomatie entgegenzuwirken, den Abbau globaler Ungleichgewichte zwischen Nord und Sd durch eine Verfestigung von Sd-SdAllianzen erreichen zu wollen. Als Mittel dazu empfiehlt die SWP nicht nur einen Ausbau der allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Einflussnahme, sondern vor allem eine engere militrpolitische Kooperation. In der Tat arbeiten die Bundesrepublik und Sdafrika schon jetzt militrisch eng zusammen (germanforeign-policy.com berichtete [3]). In den Jahren 2004 und 2005 war Pretoria der bedeutendste Abnehmer deutscher Rstungsprodukte auerhalb von EU, NATO und der NATO gleichgestellten Lndern. Laut SIPRI war die Bundesrepublik im Jahr 2007 zudem der - gemessen am Wert - be22 deutendste Lieferant von Kriegsgert nach Sd-

Innere Bedingungen

Die deutschen Plne, Sdafrika als Ordnungsmacht in Afrika und als Parteignger in der globalen Politik zu nutzen, setzen freilich voraus, dass die innenpolitische Lage des Landes einem offensiven Ausgreifen nicht im Wege steht. Welche konkreten Bedingungen nach Auffassung deutscher Regierungsberater dafr erfllt sein mssen und wie Berlin Pretoria bei ihrer Erfllung untersttzt, lesen Sie am morgigen Mittwoch an dieser Stelle. [1] Zitate hier und im Folgenden: Stefan Mair: Sdafrika - Modell fr Afrika, Partner fr Deutschland? SWP-Studie S12, Mai 2010 [2] s. dazu Noch nie so gnstig wie jetzt [3] s. dazu Kriegsszenarien fr Afrika

Gemeinsame Kriege

Sdafrika - Juniorpartner deutscher InteressenGerman Foreign Policy 09.06.2010

Juniorpartner Sdafrika - Teil 2PRETORIA/BERLIN (Eigener Bericht) - Berliner Regierungsberater empfehlen die Durchfhrung von Manahmen zur inneren Stabilisierung Sdafrikas. Die demokratisch-marktwirtschaftliche Ordnung msse konsolidiert, gesellschaftliche Desintegrationsprozesse mssten bekmpft werden, heit es in einer aktuellen Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Andernfalls sei der Nutzen Sdafrikas fr die deutsche Wirtschaft ebensowenig gesichert wie die Rolle des Landes als Juniorpartner der deutschen Auenpolitik. So knne etwa die Kluft zwischen Arm und Reich dazu fhren, dass die Regierungspartei sich radikalisiere und ernste Eingriffe in die Marktwirtschaft, insbesondere in das Recht auf privates Eigentum, vornehme. Dem msse mit Staatsprogrammen zur Verbesserung der Erwerbschancen von Unterschichten oder auch mit Mitteln der auswrtigen Kulturpolitik vorgebeugt werden. Verschiedene Ratschlge der SWP werden schon jetzt von der sogenannten deutschen Entwicklungspolitik befolgt; so untersttzt Berlin Verwaltungsreformen, durch die die Armutsbevlkerung bessere Lebenschancen erhalten soll. Andere Projekte wurden eigens zur Vorbereitung des Landes auf die Fuball-WM in Kraft gesetzt, dienen aber ebenso langfristigen deutschen Interessen. Konflikte nicht nur die internationale Attraktivitt Sdafrikas, sondern darber hinaus auch die materielle Ausstattung der sdafrikanischen Diplomatie deutlich beeintrchtigen. Schlielich werde Sdafrika auch gebraucht, um als Erfolgsmodell fr andere afrikanische Staaten und andere Schwellenlnder zu dienen. Eine positive Entwicklung im Innern werde den von Berlin gewnschten Status Sdafrikas als aufstrebende internationale Mittelmacht und afrikanische Regionalmacht dabei deutlich sttzen.[2]

Das Recht auf Eigentum

Innere Stabilitt

Eine zentrale Rolle in den Erwgungen der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zur inneren Lage Sdafrikas spielen zwei Faktoren: Das konomische Interesse deutscher Unternehmen an lukrativen Wirtschaftsbeziehungen zu dem Land und das politische Interesse Berlins, Pretoria als Juniorpartner fr seine auenpolitischen Ziele einzuspannen.[1] Innere Stabilitt in Sdafrika sei fr beides wichtig, urteilt die SWP. Darber hinaus wrden die politischen und konomischen Interessen Deutschlands am besten gewahrt, wenn Demokratie und Marktwirtschaft des Landes erhalten bleiben. Ein Mangel an Demokratie bringe Korruption und oft eine gewisse politische Trgheit mit sich; ein Mangel an Marktwirtschaft schade deutschen Geschften. Zudem wrden Rckschritte in der demokratischen Konsolidierung, wirtschaftliche Stagnation oder auch die Verschrfung innenpolitischer

Der SWP zufolge ist in Sdafrika die Untersttzung fr die Demokratie (...) deutlich grer als jene fr die marktwirtschaftliche Ordnung. Vor allem die schwarze Mehrheitsbevlkerung sei von der hohen Arbeitslosigkeit - die SWP beziffert sie auf 25 bis 40 Prozent - betroffen. Ihre Chancen auf ein geregeltes Beschftigungsverhltnis seien denkbar gering; in ihren Augen sei deshalb die