8
UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich Welche Bedingungen an Hochschu- len die Karriereentwicklung von Frauen behindern oder befördern, erläutert Prof. Dr. Ute Klammer, Pro- rektorin für Diversity Management an der Universität Duisburg-Essen. Seite 3 Gleichstellung als Strategie Wie Strukturen und Aktivitäten Wis- senschaftseinrichtungen dazu befähi- gen, Gendergerechtigkeit herbeizu- führen, skizziert Jutta Dalhoff, Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung CEWS. Seite 4 Weichen richtig stellen Wie durch genderorientierte Per- sonalentwicklung die Zahl der Pro- fessorinnen merkbar erhöht wer- den kann, verrät Anneliese Niehoff, Leiterin der Arbeitsstelle Chancen- gleichheit der Universität Bremen. Seite 6 Work-Life-Balance Was wir bei der Vereinbarkeit von Kar- riere und Familie von unseren europä- ischen Nachbarn lernen können, be- richten Frauke Gützkow und Roman George vom GEW-Hauptvorstand. Seite 7 Kleine Helfer Wenn Sie mehr zu dem Themenkom- plex Gendermanagement erfahren wollen, finden Sie am Ende der Aka- demie Literatur- und Seminartipps. Seite 8 Setzen Sie „Gender“ strategisch ein! Die Förderung der Chancengleichheit muss in der Hoch- schulpolitik einen hohen Stellenwert einnehmen. Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen, die etwas auf sich halten, sollten strukturelle Maßnahmen und praktische Instrumente etablieren, um attraktive Arbeitsplätze für Wissenschaftlerinnen bieten zu können. die monatliche Beilage des duz MAGAZINs Ohne überzeugende Genderstrategie fließt der Geldsegen für deutsche Hoch- schulen spärlicher. Wissenschaftsinstitu- tionen, die öffentliche Gelder einwerben wollen, müssen verstärkt nachweisen, dass sie ein konsequentes Genderma- nagement verfolgen und Gender-Main- streaming nicht nur eine Worthülse ist. Der Genderaspekt als Zünglein an der Waage: Das gilt nicht nur auf Bundes- und Länderebene, sondern auch bei EU- geförderten Projekten. Neben rein quan- titativen Aspekten, wie der Anzahl der im Forschungsteam involvierten Wissen- schaftlerinnen, nehmen die Antragsprü- fer auch die inhaltliche Berücksichtigung von Genderaspekten unter die Lupe. Der Grund für die striktere Vorgehens- weise: Die Spitzenpositionen in der Wis- senschaft sind nach wie vor fast aus- schließlich männlich besetzt. An dieser Bastion konnte weder die seit über 20 Jahren betriebene Frauenförderung und Frauenforschung noch die engagierte Ar- beit der Frauenbeauftragten rütteln. Ein Blick auf die Qualifikationsverläufe zeigt: Mit steigendem Status schrumpft die Präsenz von Frauen in der Wissen- schaft konstant. Während ihr Anteil bei den Hochschulabsolventen bei über 50 Prozent liegt und bei Promotionen bei etwa 40 Prozent, fällt er bei den Pro- fessuren mit etwa 14 Prozent und bei Fortsetzung auf Seite 2

AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager

AKADEMIE

2009

Gendermanagement

inhaltNoch immer hürdenreichWelche Bedingungen an Hochschu-len die Karriereentwicklung von Frauen behindern oder befördern, erläutert Prof. Dr. Ute Klammer, Pro-rektorin für Diversity Management an der Universität Duisburg-Essen. Seite 3

Gleichstellung als Strategie Wie Strukturen und Aktivitäten Wis-senschaftseinrichtungen dazu befähi-gen, Gendergerechtigkeit herbeizu-führen, skizziert Jutta Dalhoff, Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung CEWS. Seite 4

Weichen richtig stellenWie durch genderorientierte Per-sonalentwicklung die Zahl der Pro-fessorinnen merkbar erhöht wer-den kann, verrät Anneliese Niehoff, Leiterin der Arbeitsstelle Chancen-gleichheit der Universität Bremen. Seite 6

Work-Life-BalanceWas wir bei der Vereinbarkeit von Kar-riere und Familie von unseren europä-ischen Nachbarn lernen können, be-richten Frauke Gützkow und Roman George vom GEW-Hauptvorstand. Seite 7

Kleine Helfer Wenn Sie mehr zu dem Themenkom-plex Gendermanagement erfahren wollen, finden Sie am Ende der Aka-demie Literatur- und Seminartipps. Seite 8

Setzen Sie „Gender“ strategisch ein!

Die Förderung der Chancengleichheit muss in der Hoch-schulpolitik einen hohen Stellenwert einnehmen. Hoch-schulen und Forschungseinrichtungen, die etwas auf sich halten, sollten strukturelle Maßnahmen und praktische Instrumente etablieren, um attraktive Arbeitsplätze für Wissenschaftlerinnen bieten zu können.

d i e m o n a t l i c h e B e i l a g e d e s d u z M A G A Z I N s

Ohne überzeugende Genderstrategie fließt der Geldsegen für deutsche Hoch-schulen spärlicher. Wissenschaftsinstitu-tionen, die öffentliche Gelder einwerben wollen, müssen verstärkt nachweisen, dass sie ein konsequentes Genderma-nagement verfolgen und Gender-Main-streaming nicht nur eine Worthülse ist.

Der Genderaspekt als Zünglein an der Waage: Das gilt nicht nur auf Bundes- und Länderebene, sondern auch bei EU-geförderten Projekten. Neben rein quan-titativen Aspekten, wie der Anzahl der im Forschungsteam involvierten Wissen-schaftlerinnen, nehmen die Antragsprü-fer auch die inhaltliche Berücksichtigung von Genderaspekten unter die Lupe.

Der Grund für die striktere Vorgehens-weise: Die Spitzenpositionen in der Wis-senschaft sind nach wie vor fast aus-schließlich männlich besetzt. An dieser Bastion konnte weder die seit über 20 Jahren betriebene Frauenförderung und Frauenforschung noch die engagierte Ar-beit der Frauenbeauftragten rütteln.

Ein Blick auf die Qualifikationsverläufe zeigt: Mit steigendem Status schrumpft die Präsenz von Frauen in der Wissen-schaft konstant. Während ihr Anteil bei den Hochschulabsolventen bei über 50 Prozent liegt und bei Promotionen bei etwa 40 Prozent, fällt er bei den Pro-fessuren mit etwa 14 Prozent und bei

Fortsetzung auf Seite 2➜➜

Page 2: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

2

der höchsten Besoldungsstufe mit nur 10 Prozent dramatisch ab. Auffällig häufig steigen Frauen aus dem Wissen-schaftssystem aus statt in ihm auf.

Der Wissenschaft geht so das Potenzi-al hoch qualifizierter Frauen verloren – ein gravierendes Problem für die Quali-tät des deutschen Wissenschaftssystems. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bringt diesen Missstand in ihrer Empfeh-lung „Frauen fördern“ aus dem Jahr 2006 zum Ausdruck: „Die unzureichende Be-teiligung von Frauen bedeutet ein Effizi-enz- und Exzellenzdefizit für den Hoch-schulbereich […].“

Hingegen führt eine konsequente Gleichstellungsstrategie „zu einem

erheblichen Mehrwert“, wie es die Deut-sche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit den von ihr auf den Weg gebrachten „Forschungsorientierten Gleichstellungs-standards“ postuliert. Demnach wirkt sich Gleichstellung positiv aus, weil

Talente aus einer größeren Grundge-• samtheit geschöpft werden können, eine Vielfalt von Forschungsperspek-• tiven gefördert wird (Diversity), die blinden Flecken zur Bedeutung von • Gender in den Forschungsinhalten und -methoden beseitigt werden können.

Dank der von Wissenschaftsrat, HRK und DFG in den vergangenen Jahren ent-wickelten Handlungsempfehlungen und Kriterienkataloge für mehr Geschlechter-gerechtigkeit versuchen Hochschulen der Herausforderung durch vielerlei Maßnah-men gerecht zu werden. Dazu zählen:

Angebote zur Kinderbetreuung,• Dual-Career-Optionen, • Work-Life-Strategien,• flexible Arbeitszeiten, •

Peer-Coaching und Mentoring.• Doch ausreichend ist das nicht. Denn als Karrierebarrieren für Frauen erweisen sich auch die strukturellen Diskriminie-rungen, die in der Wissenschaftskultur und in den einzelnen Fachkulturen an-gelegt sind – so Dr. Andreas Keller, das für Hochschulen zuständige Vorstands-mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ähnlich sieht das Heidi Degethoff de Campos, Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin.

Der andere Blick von Frauen auf Natur-wissenschaft, Technik und Gesellschaft, wie bei der Debatte um Nachhaltigkeit, Wasserökologie oder Sozialökologie, müsste mehr Wertschätzung erfahren. „Die andere Sichtweise und die vielfäl-tigen Potenziale von Frauen müssen als Bereicherung der Wissenschaftskultur gefördert und nicht als Bedrohung be-kämpft werden. Das gehört zu einem mo-dernen Diversity Management“, fordert die TU-Frauenbeauftragte. fri/kes

T H E M A : G e n d e r m a n a g e m e n t AKADEMIE Nr. 12

Fortsetzung von Seite 1➜➜

Checkliste Genderpraxis

Qu

elle

: WiS

dat

abas

e D

G R

esea

rch

; Gra

fik:

ESM

Frauen werden von Männern abgehängt

EU-25 11,3 5,8 15,6 14,9 16,6 23,9

Österreich 4,4 3,7 8,9 5,6 9,6 19,1

Finnland 11,3 6,3 21,6 16,0 28,6 35,1

Frankreich 12,3 6,5 15,3 : 17,0 30,1

Deutschland 5,6 3,8 5,8 8,9 8,0 16,3

Italien 15,9 6,1 11,1 11,8 17,1 29,4

Polen 16,9 8,7 28,2 24,3 20,6 22,5

Portugal 27,5 5,0 26,2 27,0 20,4 X

Schweiz 7,3 10,1 18,1 12,8 23,4 19,9

Türkei 25,7 15,6 34,5 13,6 24,3 20,3

Natur- wissen-schaften

Ingenieur- wissen-schaften

Medizin-wissen-schaften

Agrar-wissen-schaften

Sozial-wissen-schaften

Geistes-wissen-schaften

Folgende Bausteine helfen, Gleichstellung zu verankern:

Gleichstellungspläne der Hoch-•schule, der Fakultäten und der zentralen Einrichtungen (gemäß Landesgesetzgebung)

Professionelle Gleichstellungsarbeit •auf zentraler und dezentraler Ebene

Bundesweite Gleichstellungs-•initiativen (Professorinnen-Programme von Bund und Ländern, Exzellenzinitiative, Gleichstellungsstandards)

So können Sie die Bausteine gewinnbringend einsetzen:

Qualität durch Controlling:• Etablieren Sie dezentrale Gleichstellungspläne für alle Sta tusgruppen, die Ausgleichsmaßnahmen und regelmäßige Evaluationen enthalten.

Integrative Planung:• Integrieren Sie fortlaufend Ziele und Maßnahmen aus dem Gleichstellungskonzept, der Stellungnahme zu den Gleichstellungsstandards und den Gleichstellungsplänen in die strategische Entwicklungsplanung.

Transparenz:• Sorgen Sie für eine regelmäßige Berichtspflicht über die Umsetzung von Gleichstellung in den Organisationseinheiten; informieren Sie öffentlich darüber. ssk

100 %

90 %

80 %

70 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %Studienanfänger

1989–1991Studierende

1993Studienabschluss

1995–1997Promotionen1999–2001

Habilitationen2005–2007

Hauptberufliches wiss. und künstl. Personal 2004

Professuren2008

Berufungen2005–2007

Qu

elle

: CEW

S; G

rafi

k: E

SM

Deutschland hinkt ganz schön hinterherFrauenanteile an den C4-/W3- und vergleichbaren Professuren im internationalen Vergleich (in Prozent, Stand 2004)

Idealtypische Karriereverläufe: Studienbeginn (1989) bis Berufungen (2007)

Männer

Frauen

Page 3: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

3 AKADEMIE Nr. 12

Bei den Studierenden haben Frauen längst aufgeholt, aber je höher die Positi-on, desto geringer ihr Anteil. Die Gründe dafür erläutert Prof. Dr. Ute Klammer.

duz: Warum gibt es noch immer so wenige Professorinnen?

Klammer: Das größte Problem in Deutschland ist der lange und unsichere Weg zur Professur: das Hangeln von ei-ner befristeten Stelle zur nächsten, die Habilitation – ein überholtes Relikt, das es in anderen Ländern kaum noch gibt. Frauen haben vielfältigere Lebensent-würfe, wollen nicht alles auf eine Karte setzen. Wir brauchen mehr dauerhafte Stellen und die Möglichkeit zum Tenure Track, wie bei einigen Junior-Profes-suren, um die Planbarkeit von Karrieren in der Wissenschaft zu verbessern.

duz: Ist die Kinderfrage ein Pro-blem?

Klammer: Als Professorin kann ich Beruf und Familie wunderbar verbin-den, aber bis dahin ist es sehr schwer. In anderen Ländern ist das Angebot für Kinderbetreuung viel besser. Ich möch-te Frauen ermutigen, früh Kinder zu be-kommen, eventuell schon im Studium. Es ständig hinauszuschieben, führt zu Un-zufriedenheit und zu der Erwartung des Doktorvaters, dass es nicht gerade wäh-rend der Promotion sein muss. Insgesamt muss sich die Einstellung zur Work-Life-Balance ändern. In Skandinavien etwa ist es viel stärker akzeptiert, dass Männer und Frauen ein Privatleben haben.

duz: Werden Frauen noch durch Vor-urteile behindert?

Klammer: Bei unserer Forschung in der Wirtschaft finden wir noch sehr

konservative Einstellungen – oft weni-ger an der Spitze von Unternehmen als im mittleren Management. Man glaubt, dass Frauen zumindest zeitweise wegen Kindern ausfallen. Daher erwartet man nicht so viel Return on Investment, bildet sie nicht fort. Für die Wissenschaft heißt das, dass Lehrstuhlleiter lieber männliche Mitarbeiter zu Konferenzen schicken.

duz: Was können Frauen tun?Klammer: Sie sollten vor lauter Loya-

lität zu Chef und Kollegen ihre eigenen Arbeiten und Projekte nicht zurückstel-len. Ein gesunder Egoismus und, damit einhergehend, das konsequente Verfolgen eigener Ziele könnten vielen Frauen in der Wissenschaft nicht schaden. Das hilft der Karriere ungemein auf die Sprünge. Dazu gehört unabdingar auch: Frauen müssen sich sichtbarer machen und sie müssen sich mehr und besser vernetzen. Sie sollten also zu Konferenzen fahren, dort möglichst auch Vorträge halten und Kontakte knüpfen. Nur so wird man ge-fördert und weitergereicht.

duz: Wie können die Hochschulen Frauen hier unterstützen?

Klammer: Etwa mit guter flexibler Kinderbetreuung oder einem „Feuerwehr-fonds“, über den Eltern Geld für kurzfris-tige Betreuungsbedarfe beantragen kön-nen – oder, indem bei Berufungen Frauen aktiv angesprochen werden.

duz: Wie hilft Coaching? Klammer: Es stärkt Frauen etwa bei

Besoldungsverhandlungen. Die W-Besol-dung droht wegen der zurückhaltenden Verhandlungsweise von Frauen und un-terschiedlicher Bewertung von Fächern zum Einfallstor für eine neue geschlechts-spezifische Differenz zu werden.

duz: Sind Gender-Mainstreaming-Pro-gramme sinnvoll?

Klammer: Ja, auf jeden Fall. Und die „Forschungsorientierten Gleichstellungs-standards“ der DFG sind ein Segen. Kol-legen, die das Thema bisher nicht in-teressiert hat, müssen sich jetzt darum kümmern, wenn sie Geld haben wollen. Das ist sehr erfreulich!

Das Interview führte Katharina Rüth.

Hintergrund

Coaching-Angebote für Professorinnen: Das sollten Hochschulen beachten

Frauen in der Wissenschaft

„Sich sichtbarer machen“

Prof. Dr. Ute Klammer ist seit 2007 Professorin für Politische Wissenschaften, seit 2008 auch Prorek-torin für Diversity Management an der Universität Duisburg-Essen. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Theorie und politische Ökonomie des Sozial-staates, Flexibilität und soziale Siche-rung (Flexicurity).

Mail:➜➜ klammer.prorektorin@ uni-due.de

Internet:➜➜ www.uni-due.de/de/organisation/leitung_klammer.php

Garantie von Vertraulichkeit: •Diskretion ist ein Muss: Dass eine Wissenschaftlerin ein Coaching wahrnimmt, sollte außer der koordinierenden Stelle in der Hochschule und dem beteiligten Coach niemandem bekannt sein.

Qualifikation der Coaches: • Die eingesetzten Coaches sollten über eine zertifizierte Ausbildung sowie über profunde Kenntnisse des

Wissenschaftssystems verfügen. Zur Qualitätssicherung der Arbeit sind Weiterbildungen, Supervision und kollegiale Beratung unabdingbar.

Zielklärung und Evaluation: • Zu Beginn des Coachings müssen konkrete Ziele formuliert werden, die abschließend auch überprüft werden. Zusätzlich ist eine Evaluation durch die verantwortliche Stelle an der Hochschule empfehlenswert.

Individuelle Ausgestaltung: • Je nach konkretem Anliegen und Ziel ist es ratsam, Zeit und Dauer des Coachings individuell zu gestalten.

Kontakt

Dr. Margarete Hubrath Sprecherin von Coachingnetz-

Wissenschaft Internet: www.coachingnetz-

wissenschaft.de

Foto

: Un

i Du

isb

urg

-Ess

en

Page 4: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

4 AKADEMIE Nr. 12T H E M A : G e n d e r m a n a g e m e n t

Geschlechtergerechtigkeit als überge-ordnetes gesellschaftpolitisches Ziel – was dies für das organisationelle Handeln von wissenschaftlichen Ein-richtungen bedeutet, skizziert Jutta Dal-hoff in ihrem Essay.

Dies gleich vorweg: Gleichstellung muss als Führungs- und Querschnittsaufgabe begriffen und gehandhabt werden. Das umfasst die konsequente und nachhal-tige Verankerung der Gleichstellungsziele in der Leitbildentwicklung, in der Pro-filbildung und in den Gremien und Re-gelwerken – durch konkrete Hochschul-planung und durch eine kontinuierliche Begleitung, Unterstützung und Überprü-fung der Aufgabenumsetzung durch die Leitungsgremien.

Um Antworten auf die Frage zu fin-den, welche Strukturen und Aktivitäten Wissenschaftseinrichtungen dazu befähi-gen, Gendergerechtigkeit herbeizuführen, sollte man vorab einen kritischen Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre werfen. Dabei ergeben sich folgende Er-gebnisse und Schlussfolgerungen:

Die geschlechtergerechte Teilhabe von • Wissenschaftlerinnen ist trotz der in-strumentell gut aufgestellten wissen-schaftsadäquaten Gleichstellungspoli-tik der vergangenen 20 Jahre immer noch nicht angemessen, darüber be-steht weitgehend Konsens.Die Ursachen der Marginalisierung • von Wissenschaftlerinnen sind im

Geschlechtergerechte Wissenschaftseinrichtungen

Die Hochschulen müssen Gleichstellung als Führungsaufgabe begreifen

Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards der DFG

Großen und Ganzen bekannt, sodass das Ausbleiben konkreter politischer Umsetzungen nur einer Rezeptions-sperre zugeschrieben werden kann.Die Frauenanteile an den Führungs- • und Entscheidungspositionen in der Wissenschaft steigen langsam und kontinuierlich, sind aber nicht geeig-net, um den dringend erforderlichen Kulturwandel im Wissenschaftsbetrieb voranzutreiben.Geschlechter-Gleichstellungspolitik • sollte nicht in die Bereiche „Diversity Management“ oder „Antidiskriminie-rungspolitik“ der Hochschule integriert werden, da das Ziel der Geschlechter-gerechtigkeit noch für einen längeren Zeitraum eine klare Schwerpunktset-zung benötigt. Die Erfahrung zeigt, dass die Geschlechtergleichstellung, die eine aktive Strategie erfordert, zu sehr in den Hintergrund tritt, wenn mögliche Diskriminierungstatbestän-de unter diesen Aspekt zusammenge-fasst werden..Geschlechtergerechtigkeit ist nicht • zum Nulltarif zu haben. Eine adäquate professionelle Stellenbesetzung, Aus-stattung und Entscheidungskompetenz der Hochschulfrauenbeauftragten, der entsprechenden Stabsstellen und der zuständigen Person im Rektorat oder Präsidium ist unerlässlich. Der mit der Durchsetzung der Gleichstellung ver-bundene teilweise männliche Macht-, Reputations- und Ressourcenverlust

wird nicht offen genug benannt. So-lange dies so bleibt, kann Gleichstel-lungspolitik nicht erfolgreich sein.Die zügige Durchsetzung verbindlicher • Ziel- und Quotenvereinbarungen zur Herstellung der Geschlechtergerechtig-keit ist im Rahmen von umfassenden Gleichstellungskonzepten ohne Alter-native.

Gleichstellung ist als strategische Auf-gabe der Hochschule zu begreifen, denn nur durch das weitere kontinuierliche Engagement des Bundes, der Länder, der Wissenschaftsorganisationen und der Hochschulen können die Herausforde-rungen im Bereich der Gleichstellung im Wissenschaftssystem entscheidend vo-rangebracht werden.

Der wissenschafts- und gleichstellungspolitische KontextIn den Jahren 2006 bis 2009 hat es in Deutschland wichtige Initiativen, Maß-nahmen und Beschlüsse der einfluss-reichen Wissenschaftsorganisationen und der Politik gegeben, die die wissen-schaftlichen Einrichtungen zum Handeln auffordern, sie allerdings noch nicht ver-bindlich genug verpflichten. Der Wett-bewerbscharakter der Exzellenzinitiative wurde auch auf den Gleichstellungsbe-reich – Professorinnen-Programm des Bundes und der Länder, Forschungs-orientierte Gleichstellungsstandards der DFG, NRW-Wettbewerb Geschlechter-gerechte Hochschule – übertragen. Im Rahmen des laufenden Professorinnen-Programms erhalten Hochschulen auf der Grundlage einer positiven Begutach-tung ihres Gleichstellungskonzeptes die Möglichkeit, bis zu drei Berufungen von Frauen auf unbefristete W2- und W3-Professuren für fünf Jahre mit einem Be-trag von bis zu 150 000 Euro pro Jahr finanziert zu bekommen.

2008 hat die Mitgliederversammlung der DFG Forschungsorientierte Gleich-stellungsstandards beschlossen (siehe auch Kasten links). Viele deutsche Hoch-schulen haben bereits Gleichstellungs-konzepte entwickelt und diese zum Teil im Rahmen der genannten Programme zur Begutachtung eingereicht. Die meis-ten Konzepte sind in ihren Zielvereinba-rungen jedoch nicht verbindlich genug,

Ende 2007 richtete das Präsidium der DFG eine Kommission zur Erarbeitung „For-schungsorientierter Gleichstellungsstan-dards“ ein. Das Ziel dabei: „die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen und nachhaltig zu sichern“. Im Juli 2008 verpflich-tete sich die Mehrheit der DFG-Mitglieds-einrichtungen dazu, die erarbeiteten – struk-turellen und personellen – Standards bis zum Jahr 2013 umzusetzen. Der Selbstanspruch lautet: „... dass es heute zu den Grundlagen der Gleichstellung in der Forschung gehört, durchgängig, transparent, wettbewerbsfä-hig und zukunftsorientiert und kompetent

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber auch schon Studierende auszuwählen, zu fördern, in ihren Leistungen anzuerken-nen und entsprechend chancengerecht Po-sitionen und Ressourcen zu vergeben“. Die DFG unterstützt ihre Mitglieder bei der Um-setzung durch Beratung und Koordination. Ein wichtiges Hilfsmittel stellt dabei der seit Juli 2009 online abrufbare Instrumentenkas-ten dar. Er bietet eine Sammlung qualitäts-gesicherter Chancengleichheitsmaßnahmen aus der Wissenschaft.

Internet:➜➜ www.instrumentenkasten.dfg.de.

Page 5: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

5 AKADEMIE Nr. 12

um als tatsächlich wirksames Steue-rungsinstrument im Entwicklungspro-zess zur geschlechtergerechten Hoch-schule wirken zu können.

Die Hürde der mangelnden Verbindlichkeit überwindenEin positives Beispiel stellt das Gleich-stellungskonzept der Universität Lüne-burg dar. Seine Gleichstellungsziele sind in den Gremien diskutiert, in den Re-gelwerken verankert und in der Profil-bildung im Zuge des Neuorganisations-prozesses der Fusion zweier Hochschulen mustergültig implementiert.

Die gleichstellungspolitischen Ziel-vereinbarungen basieren auf der ge-schlechtsdifferenzierten Datenerhebung und orientieren sich am Kaskadenmodell, nutzen die übergeordneten Programme und sind im Zuge der Entwicklungspla-nung durch das Präsidium abgesichert. Die geplanten Maßnahmen bauen auf bereits Erreichtem und zum Teil Evalu-iertem auf. Schwerpunkte liegen in der Implementierung von Genderaspekten in die Lehre und die Akkreditierungspro-zesse neuer Studiengänge, in der Perso-nalentwicklung und der internen Wei-terbildung. Die Universität steht für ein umfassendes Qualitätsmanagement un-ter Gleichstellungsaspekten und war mit diesem Konzept im Professorinnen-Pro-gramm des Bundes und der Länder er-folgreich.

Eckpunkte zur Entwicklung eines Hochschul-GleichstellungskonzeptesDamit Gleichstellungskonzepte zu einem erfolgreichen Instrument werden, sollten die Verantwortlichen in den Wissen-schaftseinrichtungen folgende Hand-lungsempfehlungen beachten:

Benennung, Autorisierung und ange-• messene Ausstattung der prozessver-antwortlichen Personen und Gremien durch das Hochschulmanagement.Formulierung und Terminierung der • Zielstellung durch die Leitung.Situationsanalyse aufgrund über-• sichtlich dargestellter geschlechts-spezifischer Daten zu Frauenantei-len in allen Bereichen und auf allen Qualifikationsstufen. Die Entwicklung der Daten in der vergangenen Dekade

sollte sich – grafisch gut aufbereitet – schnell erschließen lassen.Darstellung bisheriger gleichstellungs-• politischer Strukturen und Maßnahmen der Hochschule verbunden mit einer Stärken-Schwächen-Analyse. Vorlie-gende Evaluationsergebnisse zu diesen Maßnahmen sollten miteinfließen.Entwicklung einer umfassenden Ziel-• vereinbarung zur Durchsetzung der Gleichstellung auf Grundlage der in-dividuellen Stärken-Schwächen-Ana-lyse. Sie enthält die konkrete Beschrei-bung und geplante Budgetierung von zukünftigen Maßnahmen, Projekten und die Beteiligung an übergeordneten Programmen. Es sollte dabei um eine kluge, der jeweiligen Hochschule an-gemessene Bündelung der Ressourcen gehen, nicht um ein möglichst breit gefächertes Angebot.Die Vereinbarung sollte verbindliche • fachspezifische Zielquoten zu Frauen-anteilen auf allen Qualifikations- und Besoldungsstufen enthalten – ausge-hend vom aktuellen Stand und orien-tiert am Kaskadenprinzip. Das heißt, die gesetzte Zielquote basiert dabei auf dem Frauenanteil in der jeweils voran-gehenden Qualifikationsstufe des jewei-ligen Fachbereichs. Das heißt weiter: Liegt der Frauenanteil an den Promo-tionen bei 37 Prozent, so wird die Ziel-quote für die Habilitationen ebenfalls mit mindestens 37 Prozent festgelegt. Die (Nicht-)Erreichung zum vereinbar-ten Termin sollte mit positiven oder ne-gativen Konsequenzen für den betrof-fenen Bereich verbunden werden.

Geschlechtergerechte Wissenschaftseinrichtungen

Die Hochschulen müssen Gleichstellung als Führungsaufgabe begreifen

Organisation

<_Bildbeschriftung (max. 5 Zei-len = 185 Zeichen)

Foto

: CEW

S

Jutta Dalhoffist Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung CEWS, eines Arbeitsbereichs des GE-SIS Leibniz-Instituts für Sozialwis-senschaften in Bonn. Das CEWS ist der nationale Knotenpunkt zur Ver-wirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in Wissen-schaft und Forschung in Deutschland. Zudem ist die CEWS-Chefin als Gut-achterin für Gleichstellungskonzepte sowohl im Rahmen des Professorinnen-Programms als auch im NRW-Wett-bewerb Geschlechtergerechte Hoch-schule tätig.

Mail:➜➜ [email protected]:➜➜ www.cews.org

Gleichstellung muss an Hochschu-len zur Chefaufgabe werden, damit „Gender“ auf die Beine kommt.

Page 6: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

6 T H E M A : G e n d e r m a n a g e m e n t AKADEMIE Nr. 12

Genderanalyse mit der 3-R-Methode

Personalentwicklung

Genderspezifische Weichen stellen

Controlling

Gender Budgeting

Arbeitsschritte Anforderungen/Überlegungen

Repräsentation Wie groß ist der Anteil von Frauen und Männern? (quantitative Angaben)

Wie sind Frauen/Männer in Hochschulgremien, Förderprogrammausschüssen •etc. verteilt? Wie nutzen sie – auf die jeweiligen Hierarchiestufen verteilt – Angebote der Hochschule?Wie hoch ist der Anteil von Angelegenheiten, die hauptsächlich Frauen oder •Männer betreffen?Liegen entsprechende Daten (Statistiken, Untersuchungen etc.) vor?•

RessourcenWie werden die verschiedenen Ressourcen zwischen Frauen und Männern verteilt? (quantitative Angaben)

Wie viel Geld wird für weibliche/männliche Teilnahme an Konferenzen, Aus-•landsvorträgen oder Weiterbildungen zur Verfügung gestellt? Wie sind Gehälter zwischen Frauen/Männern verteilt? •In welchem Umfang werden Tätigkeiten von Frauen/Männern subventioniert? •Wie verteilen sich die Haushaltsmittel auf Ausgaben für Frauen/Männer?•

RealitätWarum ist die Situation so, wie sie ist? (qualitative Angaben)

Ausgehend von den zwei vorangegangenen Arbeitsschritten wird hier z. B. analysiert:Wer bekommt was zu welchen Bedingungen?•Warum werden Frauen und Männer unterschiedlich beurteilt, beteiligt etc.?•Werden die Interessen beider Geschlechter gleichwertig berücksichtigt?•

Die 3-R-Methode wurde von der schwedischen Wissenschaftlerin Gertrud Aström entwickelt. Sie gilt als wirksames Instrument der Genderanalyse. Die 3 Rs stehen für Repräsentation, Ressourcen und Realisierung – drei Kategorien, nach denen in Schweden politische Maßnahmen auf ihre Gendertauglichkeit hin überprüft und bei Bedarf korrigiert werden. Geeignet ist die Methode zur Planung, Durchführung und Auswertung von Beschlüssen und Projekten.

Qu

elle

: ww

w.g

end

er-m

ain

stre

amin

g.n

et; G

rafi

k: E

SM

Qu

elle

: ww

w.im

ag-g

end

erm

ain

stre

amin

g.a

t; G

rafi

k: E

SM

Gender Budgeting ist ein integrativer Pro-zess im Budgetkreislauf. Die wichtigsten Phasen: I. Erstellung: Formulierung von Gleichstellungszielen und dazugehörigen In-dikatoren. II. Vollzug: Ist-Analyse des Bud-gets bezüglich der Verteilungseffekte auf die Geschlechter. III. Prüfung: Kontrolle des Mitteleinsatzes mit Blick auf Gleichstellungs-wirkungen und Handlungsempfehlungen für den nächsten Budgetzyklus. fri

Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein Leitziel der Universität Bremen. Das Rektorat trägt die Verantwortung für die Umsetzung und hat zur Unterstüt-zung die Stabsstelle Chancengleichheit/Antidiskriminierung eingerichtet.

Ihre wichtigsten Aufgaben und Ziele: personell den Anteil von Frauen in Studi-um und Wissenschaft deutlich zu erhöhen sowie Konzepte für geschlechtergerechte Strukturen und Personalentwicklung in der Universität zu entwickeln und um-zusetzen.

Nicht zuletzt der vergleichsweise hohe Professorinnen-Anteil (25 Prozent) sowie das erfolgreiche Abschneiden der Uni-versität Bremen beim Professorinnen-Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (eine von sieben Best-Practice-Hochschulen) belegen den Erfolg des Bremer Modells.

Folgende Aktivitäten tragen unter anderem dazu bei: In enger Koopera-tion mit der Hochschulleitung, den zu-ständigen Experten und Expertinnen/Wissenschaftlern und Wissenschaftle-rinnen werden strukturelle Rahmenbe-dingungen für Geschlechtergerechtigkeit in der Personalauswahl geschaffen. Ein gutes Beispiel hierfür stellt die neue Be-rufungsordnung dar, deren weitgehende

Regelungen auf verschiedenen Ebenen dem Gender Bias (geschlechtsbezogenen Verzerrungseffekt) in den professoralen Auswahlverfahren begegnen sollen.

Zum anderen setzt die Universität Bre-men seit einigen Jahren auf eine gen-dersensible, hochqualitative Personal-entwicklung für Wissenschaftlerinnen. In den Nachwuchsförderprogrammen „plan m Mentoring in Science“ werden hervorragende Forscherinnen für das akademische Karrieremanagement pro-fessionalisiert und auf Führungspositi-onen vorbereitet.

Neben zentralen Mentoring-Angebo-ten konzipiert die Arbeitsstelle Chancen-gleichheit zudem geschlechtergerechte Personalentwicklungsmaßnahmen für Sonderforschungsbereiche und Exzel-lenzcluster, um mehr Frauen für die Wis-senschaft zu gewinnen.

Kontakt

Anneliese Niehoff Leiterin der Arbeitsstelle

Chancengleichheit der Universität Bremen

Mail: [email protected] Internet: www.chancengleichheit.

uni-bremen.de

Verwobene Prinzipien der Budgetpolitik • Sparsamkeit • Wirtschaftlichkeit • Zweckmäßigkeit • Gleichstellungsorientierung

Orientierungan

Gleichstellungs- zielen und

-indikatoren

II. VollzugIII. Prüfung

4. Soll-Ist-AbgleichWirkungsanalysen

&5. Handlungs- empfehlungen

1. Klassifizierung nach Gleichstel-lungsrelevanz &

2. Ziele/Indikationen

3. Ist-AnalysenVerteilungs-

effekte auf die Geschlechter und

Gleichstellung

I. Erstellung

Page 7: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

7 AKADEMIE Nr. 12

Kommunikation

Vorurteilen wirksam begegnenStereotype Vorstellungen und Vorurteile gegenüber Frauen und Männern prägen oft unbewusst das Denken und Handeln im Wissenschaftsbetrieb. Sie sind mit ein Grund dafür, warum Frauen in Füh-rungspositionen unterrepräsentiert sind und Forschung und Verwaltung an der Hochschule nicht diskriminierungsfrei gestaltet sind.

Deshalb ist eine aktive Aus einander-setzung und eine offene Kommunikati-on mit dem Thema Gleichstellung das A und O, um Benachteiligungen und Ver-zerrungseffekte (Gender Bias) in der ei-genen Hochschule zu verhindern. Die Umsetzung von Gleichstellung in der ei-genen Institution muss wichtige Impulse von der Führungsebene erhalten. Hoch-schulleitung sowie alle Hochschulange-hörigen tragen Verantwortung dafür, den Abbau von Vorurteilen und Diskrimi-nierungen konsequent und professio-nell anzugehen.

Als Führungskraft fördern Sie die Ak-zeptanz von Gleichstellung, indem Sie da-für sorgen, dass Gleichstellung als Quer-schnittsaufgabe der Hochschule sichtbar gemacht wird, zum Beispiel durch:

Commitment: Gleichstellung als Ziel • im Leitbild und im Internetauftritt eta-blieren;Qualität: Fachlichen Nutzen und indi-• viduellen Gewinn von Gleichstellung durch gute Beispiele in Hochschulor-ganen herausstellen;Wissen: Auf Websites und in Hoch-• schulgremien über rechtliche Vorga-ben, Umsetzungsschritte und aktuelle Planungen informieren;Expertise: In Berichten regelmäßig und • prominent auf die Arbeit des Zentralen Gleichstellungsbüros sowie der (De-)Zentralen Gleichstellungsbeauftrag-ten hinweisen.

Kontakt

Dr. des. Sandra Smykalla Mitbegründerin von gleichstellung

concret und Mitarbeiterin am GenderKompetenzZentrum der HUB.

Mail: [email protected]

Internet: www.gleichstellung-concret.de

Instrumente

Work-Life-Balance

Umdenken anstoßenKarriere und Familie in Einklang zu bringen – dieser Spagat glückt nur den wenigsten, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten. Um hier neue Impulse zu set-zen, betreibt die GEW (Vorstandsbereiche „Frauenpolitik“ und „Hochschule und Forschung“) das Projekt „Work-Life-Ba-lance and Gender-specific Career Pat-terns in Higher Education and Science“ – gemeinsam mit den Hochschulgewerk-schaften SULF (Schweden) und UCU (Großbritannien, GB). Ein erster Vergleich der unterschiedlichen Wissenschaftssys-teme und sozialstaatlichen Rahmenbe-dingungen zeigt: Work-Life-Balance beeinflusst die geschlechtsspezifischen Karrieremuster in der Wissenschaft. Fol-gende Aspekte spielen eine Rolle:

Mobilitätsanforderungen: Das deutsche Hausberufungsverbot erfordert hohe Mo-bilität. Dies erschwert die Familienplanung und dürfte gerade Frauen in der Wissen- schaft zusätzlich belasten. In Schweden und GB ist im Rahmen eines Tenure Track die Karriere innerhalb einer Hochschule problemlos möglich.

Personalstruktur: In GB und Schweden gibt es eine große Zahl von unbefristeten wissenschaftlichen Positionen unterhalb von Professuren (Junior und Senior Lec-turers), die auch im relativ jungen Alter erreichbar sind. Hierzulande – da die Be-rufung auf eine Professur oft erst ab 40 erfolgt – sind befristete Arbeitsverhält-nisse und unsichere Karriereperspektiven bis zur Berufung die Regel.

Karriereunterbrechungen: Der (längere) Ausstieg aufgrund von Mutterschafts-schutz und Elternzeit reduziert die Kar-rierechancen. Spezielle an Wiedereinstei-gerinnen adressierte Programme können deren Chancen erhöhen. Der britische Daphne Jackson Trust etwa bietet Natur- und Ingenieurwissenschaftlern nach einer längeren Karriereunterbrechung Unter-stützung beim Wiedereinstieg an.

Kinderbetreuung: Eine flächen-deckende Ganztagskinderbetreuung – wie in Schweden – ist elementar für die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Fa-milie. Die öffentliche Kinderbetreuung in GB und Deutschland aber weist große Lücken auf.

Kontakt

Frauke Gützkow und Roman George GEW-Hauptvorstand

Internet: www.gew.de/worklifebalance.html

Öffentliche Ausschreibungen

Genderansatz glaubhaft machenAnregungen für Förderanträge erge-ben sich direkt aus den „Forschungs-orientierten Gleichstellungsstandards“ der DFG, ebenso aus den Materialien des Wissenschaftsrates oder der HRK. Anträge sollten erkennen lassen, dass die vorhandene Expertise aus Literatur, Gen derforschung und von Gleichstel-lungsbeauftragten genutzt wurde.

Wichtig ist, dass Gleichstellung pro-minentes Ziel auf allen Ebenen ist: nicht delegiert wird, sondern Leitungsaufgabe ist, nicht nur Studierende mit Kindern meint, sondern alle Statusgruppen, den Blick sowohl auf Vereinbarkeit wie auch auf Diskriminierungen richtet.

Und: Gleichstellung meint auch Inhalte und Arbeitsweisen. Also bei scheinbar geschlechtsneutralen Themen an Frauen und an Männer denken, gleichzeitig auf die Vielfalt von Frauen und von Männern achten, um Stereotypen zu vermeiden.

Das Thema muss im gesamten Antrag deutlich werden. Es fällt auf, wenn Gleich-stellung nur in einem Kapitel vorkommt, bei Nachwuchsförderung oder Mittel-vergabe aber fehlt. Geschlechtergerechte

Sprache sollte selbstverständlich sein. Ein guter Antrag zeigt Professionali-

tät, indem er Ziele klar und konsistent benennt (Gleichstellung? Oder nur Ver-einbarkeit? Parität oder Mindestanteile?). Und er wählt die richtigen Maßnah-men aus – Unterstützung für junge For-schende, Publikations-Coaching, punk-tuelle Zielquoten usw.

Also: Lesen Sie das Material – es liegt alles Wichtige vor, auch von und für die EU. Holen Sie sich Rückmeldung von Gleichstellungsbeauftragten und Kolle-ginnen aus den Genderstudies. Werden Sie fit, dann glaubt man Ihnen auch den Antrag. Es geht um eine fachliche Kom-petenz, die sich Menschen aneignen kön-nen – und auch sollten.

Kontakt

Prof. Dr. Susanne Baer Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin

Mail: [email protected] Internet: http://baer.rewi.hu-berlin.de

Page 8: AKADEMIE - GESIS · 2015. 5. 26. · UNABHÄNGIGE DEUTSCHE UNIVERSITÄTSZEITUNG Für Forscher und Wissenschaftsmanager AKADEMIE 2009 Gendermanagement inhalt Noch immer hürdenreich

AKADEMIE Nr. 128 T H E M A : G e n d e r m a n a g e m e n t

Literaturempfehlungen

• Gender Mainstreaming. Gleichstellungsmanagement als Erfolgsfaktor

Gleichstellung hat großen Einfl uss auf den Erfolg und die Entwicklung einer Organisation. Doch wie, mit welchen In-strumenten kann sie verankert werden? Wer ist in öffent-lichen und privatwirtschaftlichen Einrichtungen dafür ver-antwortlich, dass Gender-Mainstreaming als strategische Aufgabe konsequent wahrgenommen wird? Antworten darauf bietet das Praxisbuch, das konkrete Instrumente zur Analyse und Umsetzung vorstellt.

Autorinnen: ➜ Doris Dolbhofer, Zita KüngBezugsdaten: ➜ Springer Verlag, 2008

Preis: ➜ 39,95 EuroBestellnummer: ➜ ISBN: 978-3-540-75419-0

• Gender im Experiment – Gender in Experience

Hochschulen mit vorwiegend natur- und ingenieurwissen-schaftlichem Profi l sind meist maskulin dominiert. Um ihre Attraktivität gerade auch für den weiblichen Nachwuchs zu erhöhen, müssen sie ein nachhaltiges Gendermanage-ment betreiben. Das Best-Practice-Handbuch zeigt, wie die TU Berlin erfolgreich Genderaspekte in die naturwissen-schaftliche und technische Lehre integriert.

Herausgeber: ➜ Jörg Steinbach, Bettina Jansen-Schulz Bezugsdaten: ➜ Universitätsverlag der TU Berlin, 2009

Preis: ➜ 5,00 EuroBestellnummer: ➜ ISBN 978-3-7983-2141-0

• Handbuch zur universitären Gleichstellungspolitik

Universitäre Gleichstellungspolitik bewegt sich im Span-nungsfeld von aktuellen geschlechtertheoretischen Debat-ten und den Reformbestrebungen an den Hochschulen. Dies erfordert von den Verantwortlichen: Sie müssen gut informiert sein über die Erkenntnisse aus der Geschlechter-forschung und sie müssen sich Instrumente für wirkungs-volles gleichstellungspolitisches Handeln aneignen. Eine gute Informationsbasis bietet dafür das von ehemaligen Frauenbeauftragten verfasste Handbuch.

Autorinnen: ➜ Blome/Erfmeier/Gülcher/Smasal/SmykallaBezugsdaten: ➜ VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2005

Preis: ➜ 34,90 EuroBestellnummer: ➜ ISBN 978-3-8100-4216-3

Die monatliche Beilage des duz MAGAZINs.

Redaktion: Redaktion + Recherche, Berlin: Angelika Fritsche (fri), Veronika Renkes (kes), Katharina Rüht (kar)Autoren: Prof. Dr. Susanne Baer, Jutta Dalhoff, Roman George, Frauke Gützkow, Dr. Margarete Hubrath, Anneliese Niehoff, Dr. des. Sandra Smykalla (ssk)Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. Ada Pellert, Prof. Dr. Hanns H. SeidlerSatz und Layout: ESM, Berlin Karikaturen: Reinhold Löffl erVerantwortlich gemäß Pressegesetz: Christine Prußky, Berlin (für den redakt. Inhalt)Redaktionsadresse: Kaiser-Friedrich-Straße 90, 10585 Berlin, Telefon: 030 212987-0, Fax: -30, ISDN: -50, E-Mail: duz-redaktion@ raabe.de, Internet: www.duz.de

AKADEMIE

Lesetipp

Gender und WissenschaftDokumentation der CEWS-Konferenz „Frauen für die Stärkung in Wissenschaft und Forschung“ vom 2./3. Juli 2009 in Berlin.

Internet: ➜ www.cews.org/cews/files/569/de/Bericht_CEWS-

Konferenz_2009.pdf

Links

Good PracticeFolgende Institutionen bieten umfassende Materialien zu Gleichstellungskonzepten und Good-Practice-Ansätzen:

Kompetenzzentrum Frauen in Wissen-• schaft und Forschung (CEWS)

Internet: ➜ www.cews.orgBundeskonferenz der Frauenbeauftrag-• ten und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF)

Internet: ➜ www.bukof.deInterministerielle Arbeitsgruppe Gen-• der Mainstreaming/Budgeting (IMAG GMB)

Internet: ➜ www.imag-gendermainstreaming.at

NetzwerkegFFZ – Gender- und Frauenforschungs-• zentrum der hessischen Hochschulen

Internet: ➜ www.gffz.deGMEI – Gender Mainstreaming Experts • International

Internet: ➜ www.gmei.orgNetzwerk Gender Training •

Internet: ➜ www.gender-netzwerk.de

Beratung und Coaching

Eine kleine Auswahl öffentlicher sowie privater Anbieter:

GenderKompetenzZentrum an der • Humboldt-Universität zu Berlin

Internet: ➜ www.genderkompetenz.info/zentrum/angebote

gleichstellung • concretInternet: ➜ www.gleichstellung-concret.

degenderbüro Berlin•

Internet: ➜ www.gender.de EQuality – Agentur für Gender Main-• streaming

Internet: ➜ www.gendermainstreaming.com